Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen - Kinder- und Jugenddelinquenz

Jugendgewalt rückläufig, Mobbing weit verbreitet

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Studie
Jugendgewalt rückläufig, Mobbing weit verbreitet

Von Uta Rasche
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Szene aus dem Kinofilm “The House is Burning“

Szene aus dem Kinofilm "The House is Burning"

17. März 2009 Jugendgewalt ist in Deutschland leicht rückläufig. Mobbing an Schulen hingegen ist ein weit verbreitetes Phänomen. Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und Rechtsextremismus prägen das Weltbild einer Minderheit der Fünfzehnjährigen. Doch in rechtsextremen Gruppierungen und Kameradschaften sind mittlerweile mehr Jugendliche organisiert als in politischen Parteien. Das sind die Ergebnisse einer vom Bundesinnenministerium finanzierten Befragung von 44.610 Fünfzehnjährigen in den Jahren 2007 und 2008, die Innenminister Schäuble am Dienstag in Berlin vorgestellt hat.

In keiner der acht Städte, in denen das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen schon neun Jahre zuvor Schüler befragt hatte, ist die Quote jener Jugendlichen gestiegen, die im Jahr zuvor nach eigener Aussage eine Gewalttat begangen hatten. Aktuell liegt sie bei 13,5 Prozent. Auch Daten der Unfallversicherungen an Schulen belegen einen Rückgang der Gewalt unter Jugendlichen. Dass die Polizeiliche Kriminalstatistik einen Anstieg verzeichnet, hängt laut der Studie damit zusammen, dass auch kleinere Taten häufiger angezeigt werden.

Deutsche zeigen öfter an als Ausländer
Kriminologe Pfeiffer und Innenminister Schäuble stellen die Studie vor

Kriminologe Pfeiffer und Innenminister Schäuble stellen die Studie vor

In der Polizeistatistik sind Jungen fünfmal häufiger als Tatverdächtige von Gewalttaten registriert als Mädchen; nichtdeutsche Staatsangehörige dreimal häufiger als deutsche. Die Staatsangehörigkeit von Täter und Opfer hat allerdings auch einen gewissen Einfluss auf die Anzeigewahrscheinlichkeit: Sie ist dann am höchsten, wenn ein deutsches Opfer einen ausländischen Täter anzeigt, und dann am niedrigsten, wenn die Verhältnisse umgekehrt sind.

Drei Viertel der Fünfzehnjährigen erlebten in den zwölf Monaten vor der aktuellen Befragung keine Gewalt. 16,8 Prozent wurden mindestens einmal Opfer einer Gewalttat, 3,9 Prozent fünfmal oder öfter. Am häufigsten erlitten sie leichte Körperverletzungen (11 Prozent). 4,8 Prozent der Jugendlichen gaben an, einen Raub oder eine Erpressung erlebt zu haben. 3,2 Prozent erlitten schwere Körperverletzungen.
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Relativ oft erleben Jugendliche familiäre Gewalt: Jeder fünfte erhielt von seinen Eltern Ohrfeigen, jeder zwanzigste erlitt zu Hause schwere Gewalt wie zum Beispiel Fußtritte. Dabei ist Gewalt in Familien mit ausländischen Wurzeln deutlich weiter verbreitet als in deutschen. Etwa sieben Prozent der deutschen Jugendlichen berichten von Misshandlungen in der Kindheit, aber 18 Prozent der Jugendlichen mit türkischen und 19 Prozent derjenigen mit afrikanischen Wurzeln. Kinder und Jugendliche, die elterliche Gewalt erleben, haben ein deutlich höheres Risiko, selbst später Gewalt gegen andere anzuwenden.

Immer öfter ist die Kamera dabei

Konflikte innerhalb von Ethnien sind ebenfalls verbreitet: So werden russlanddeutsche Jugendliche häufiger Opfer russlanddeutscher Täter, türkische Jugendliche häufiger Opfer türkischer Täter.

Oftmals haben sich bei Gewalt unter Jugendlichen Täter und Opfer zuvor gekannt. Immer öfter werden Taten gefilmt - nach Opferangaben in neun Prozent der Fälle sexueller Gewalt und in ebenso vielen Fällen schwerer Körperverletzungen. Täter brüsten sich noch weit häufiger damit, ihre Opfer gefilmt zu haben. Die auseinanderklaffenden Zahlen können auch darin begründet liegen, dass dafür mehrere Täter gleichzeitig nötig sind.

Ein „ernstzunehmendes Problem“ ist nach Meinung der Autoren das Mobbing unter Schülern. 43 Prozent der Befragten berichteten, von ihren Mitschülern manchmal gehänselt zu werden. Drei Prozent erleben solche Situationen mehrmals die Woche. Jeder fünfte berichtete, im letzten Schulhalbjahr von anderen getreten oder geschlagen worden zu sein. Nur wenige Schüler (1,6 Prozent) berichteten, dass sie erpresst worden seien, Geld oder Dinge abzugeben.

Erstmals fragten die Forscher auch nach dem Fehlverhalten von Lehrern. Aus Schülersicht stellt es sich so dar: Jeder vierte gab an, im vergangenen Halbjahr von einem Lehrer vor seinen Mitschülern lächerlich gemacht oder gemein behandelt worden zu sein. Offenbar kommt es auch ab und zu vor, dass einer Lehrkraft die Hand ausrutscht: 2,5 Prozent der Befragten sagten, sie seien von einem Lehrer geschlagen worden. Die Forscher konnten feststellen, dass in Schulen, wo Gewalt unter Schülern geahndet wird und Lehrer bei sich anbahnenden Konflikten frühzeitig eingreifen, solche Verstöße seltener vorkommen. Für ein gutes, gewaltfreies Schulklima kommt es also ganz wesentlich auf ein beherztes Verhalten der Lehrer an.

Jeder siebte „in hohem Maße ausländerfeindlich“

Antisemitismus und Rechtsextremismus sind nur bei einer Minderheit der Fünfzehnjährigen verbreitet, wie die Wissenschaftler herausfanden. Fast jeder dritte stimmte der Aussage „In Deutschland gibt es zu viele Ausländer“ zu; als „in hohem Maße ausländerfeindlich“ klassifizierten die Autoren etwa jeden siebten befragten Fünfzehnjährigen (14 Prozent). „Stark antisemitisch“ hätten sich 4,3 Prozent geäußert.

Die deutschen Jugendlichen wurden auch nach ihrer Mitgliedschaft in einer rechtsextremen Gruppierung oder Kameradschaft befragt. Dabei trat ein alarmierendes Ergebnis zutage: Der Anteil der Jungen, die Mitglied einer rechtsextremen Gruppe oder Kameradschaft sind (4,9 Prozent) ist genauso hoch wie der Anteil, die sich in einer sozialen Organisation (etwa Rotes Kreuz oder Technisches Hilfswerk) oder in einer politischen Partei engagieren. Mädchen sind seltener Mitglieder rechtsextremer Organisationen; der Durchschnitt der rechtsextrem vernetzten Neuntklässler liegt bei 3,8 Prozent. In manchen Gebieten Ost- und Süddeutschlands liegt diese Quote jedoch deutlich höher.

Der zweite Teil des Forschungsberichts, der Ende dieses Jahres vorliegen soll, will die Ursachen für die großen regionalen Unterschiede beleuchten. Die Wissenschaftler konnten auch nachweisen, dass die Zugehörigkeit zu rechtsextremen Organisationen in hohem Maße schulformabhängig ist: An den Hauptschulen sind durchschnittlich 7,6 Prozent der Schüler organisierten Rechtsextreme, an den Gymnasien im Schnitt 1,4 Prozent.

Leider fragen die Autoren der Studie nicht nach den Motiven jugendlicher Gewalttäter. Sie weisen aber nach, dass Täterschaft zumeist mit Schuleschwänzen und einem ebenfalls delinquenten Freundeskreis einhergeht. Der Besuch eines Gymnasiums verringert für Jugendliche aller Nationalitäten das Risiko der Täterschaft; Bildung schützt also vor Konflikten mit dem Gesetz. Die Autoren weisen aber auch darauf hin, dass es Verfehlungen Jugendlicher in jeder Epoche und in jeder Gesellschaft gegeben habe, sie also keine aktuelle „Verfallserscheinung“ seien. Zugleich hätten die Taten Jugendlicher oftmals Bagatellcharakter; die Bereitschaft zum Normbruch sinke mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter quasi von selbst.



Text: FAZ.NET
Bildmaterial: AP, Reverse Angle/Cinetext
https://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~E9361216077EE4E158F59B0F70B8D18F9~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_aktuell