Jugendamt Hamburg: Ehrenmord an deutsch-afghanischem Mädchen Morsal
Re: Jugendamt Hamburg: Ehrenmord an deutsch-afghanischem Mädchen Morsal
Fall Morsal O.: Die SPD will Akteneinsicht beantragen
Der Fall der getöteten 16-jährigen Morsal O. beschäftigt erneut die SPD-Fraktion. Mit einem "Aktenvorlageersuchen" wollen die Sozialdemokraten jetzt Details aus den letzten Lebenstagen des Mädchens erfahren, um daran die Arbeit von Jugendamt und Kinder- und Jugendnotdienst zu überprüfen. Einen entsprechenden Antrag hat die SPD gestern bei ihrer Fraktionssitzung beschlossen, ebenso die Forderung, dass künftig alle "Altfälle", das heißt dem Jugendamt bereits bekannte Fälle von Gewalt in Familien, nach dem sogenannten "worst case"-Szenario neu bewertet werden sollen. Beide Anträge sollen demnächst in die Bürgerschaft eingebracht werden. https://www.abendblatt.de/daten/2008/07/08/903778.html
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Hamburg
Fall Morsal O.: SPD fordert vollständige Akteneinsicht
große Bildversion anzeigenTatort Parkplatz: Hier starb Morsal O. im vergangenen Mai.
Die SPD hat Hamburgs Senat aufgefordert, der Bürgerschaft Einsicht in alle Akten im Mordfall Morsal O. zu gewähren. Nach Informationen von NDR 90,3 geht aus dem Entwurf einer Senatsdrucksache hervor, dass die Landesregierung dem Parlament mehrere Akten vorenthalten will. Kommende Woche soll die Drucksache der Bürgerschaft vorgelegt werden.
Senat: Morsal hätte Datenweitergabe abgelehnt
Eine ganze Reihe von Dokumenten soll unter Verschluss bleiben. Dazu gehören dem Bericht zufolge Morsal-Akten vom Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung und vom Jugendamt Mitte. Zur Begründung nennt der Senat nicht nur, dass laufende Ermittlungen in dem Mordfall nicht gefährdet werden sollten. Er beruft sich auch darauf, dass Morsal selbst einer Weitergabe ihrer Daten vermutlich nicht zugestimmt hätte. "Im Kontext mit ihren fallzuständigen Sozialarbeitern hat Morsal stets zum Ausdruck gebracht, dass sie die über sich preisgegebenen Informationen als vertraulich betrachtet", heißt es in der Drucksache.
SPD: "Senat versteckt sich hinter dem toten Mädchen"
"Schwer zu ertragen" ist dieses Argument für die SPD-Jugendpolitikerin Carola Veit. "Der Senat versteckt sich hinter dem toten Mädchen, indem er sich anmaßt, für es zu sprechen", sagte sie dem "Hamburger Abendblatt" (Freitagsausgabe). Ihr Bürgerschaftskollege Thomas Böwer (SPD) appellierte an Schulsenatorin Christa Goetsch und Justizsenator Till Steffen (beide GAL) persönlich, "diesen Fall mit aller Transparenz aufzuklären".
Am 15. Mai 2008 war die 16-Jährige Deutsch-Afghanin Morsal O. auf einem Parkplatz in Hamburg-St. Georg erstochen worden. Im Dezember beginnt der Prozess gegen den 24 Jahre alten Bruder des Opfers. Er ist angeklagt, seine Schwester ermordet zu haben, weil sie sich dem strengen Lebensstil der Familie nicht länger unterwerfen wollte. Die oppositionelle SPD hatte den Behörden vorgeworfen, trotz eindeutiger Warnzeichen nicht genug zum Schutz des Mädchens getan zu haben.
In dem Prozess muss sich der Angeklagte auch wegen Bedrohung und gefährlicher Körperverletzung verantworten, weil er seine Schwester bereits 2006 und 2007 zusammengeschlagen haben soll. Er habe sich berufen gefühlt, das aus seiner Sicht über die Stränge schlagende Mädchen zu erziehen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Am Tatabend habe er es in einen Hinterhalt gelockt und heimtückisch erstochen. Er sprach von einem planvollen Vorgehen eines Einzeltäters. Hinweise auf die Verstrickung weiterer Verwandter gebe es nicht. "Wir haben keine Erkenntnisse, dass die Familie in irgendeiner Weise beteiligt sein könnte", sagte er.
Der Anwalt des 24-Jährigen sprach dagegen von einer "fast schon impulshaften Tat" seines laut Gutachtern psychisch kranken Mandanten. Die Tat habe "nichts mit dem zu tun, was man landläufig unter dem Begriff Ehrenmord versteht", sagte der Verteidiger: Die Dinge seien einfach komplizierter.
Für das bis Februar dauernde Verfahren sind zehn Verhandlungstage angesetzt. Allein die Anklage hat 33 Zeugen und drei Sachverständige benannt. Diskussion um Integration
Die Familie der 16-Jährigen war Medienberichten zufolge in den 1990er Jahren auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat nach Hamburg gekommen. Auch andere Familienangehörige sollen die Jugendliche unter Druck gesetzt und misshandelt haben. Das Mädchen war vor ihrem Tod mehrfach in Jugendschutzeinrichtungen geflohen, aber nach kurzer Zeit immer wieder zu ihrer Familie zurückgekehrt. Nach ihrem Tod waren Polizei, Schule und Behörden deshalb scharf kritisiert worden. Diese hätten nicht genug für ihren Schutz gesorgt, hieß es. Der Senat erließ kurz nach dem Verbrechen ein Maßnahmenpaket, um derartige Fälle künftig zu verhindern.
Mit einer Demonstration vor dem Hamburger Landgericht will "Terres des Femmes" anlässlich des Prozessauftakts ihre Forderung nach einem stärkeren Kampf gegen Verbrechen im Namen der Ehre und häusliche Gewalt in Deutschland unterstreichen. "Wir brauchen viel mehr Wohnungen und Mädchenhäuser für gefährdete junge Frauen aus Einwanderfamilien", sagte eine Sprecherin. Stand: 10.10.2008 11:13
Re: Jugendamt Hamburg: Ehrenmord an deutsch-afghanischem Mädchen Morsal
Ehrenmord-Prozess in Hamburg Wichtiger Zeuge verweigert Aussage DruckenVersendenSpeichernVorherige Seite linkfurloneviewyiggwebnewsfacebookwongdeliciousdigg Der als Zeuge geladene Cousin des Opfers vor der Vernehmung
Der als Zeuge geladene Cousin des Opfers vor der Vernehmung
19. Dezember 2008 Im Prozess um den sogenannten Ehrenmord an der 16 Jahre alten Deutsch-Afghanin Morsal hat der vermutlich wichtigste Tatzeuge die Aussage verweigert. Der Cousin von Morsal und des angeklagten 24 Jahre alten Bruders berief sich am Freitag vor dem Landgericht Hamburg erfolgreich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht.
Nach Ansicht des Vorsitzenden Richters sei nicht ausgeschlossen, dass sich der 17-jährige Zeuge der Beihilfe zu einem Tötungsdelikt oder der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht habe. In dem Verfahren muss sich der Bruder von Morsal wegen Mordes verantworten. Er soll sie aus aus Wut über ihren Lebenswandel erstochen haben.
Cousin hatte das tödliche Treffen arrangiert
Der 17 Jahre alte Jugendliche hatte bei der Polizei ausgesagt, das tödliche Treffen zwischen Morsal und ihrem Bruder am 15. Mai arrangiert zu haben und auch bei der Tat anwesend gewesen zu sein. Trotzdem hatte die Staatsanwaltschaft ihn nicht als möglichen Mittäter angeklagt. Zum Thema
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Der Vorsitzende Richter äußerte in diesem Zusammenhang scharfe Kritik an der Anklagebehörde. Ich verstehe nicht, dass hier noch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Wenn man die Akten liest, drängt sich das förmlich auf, sagte er.
Das Gericht unterbrach die Verhandlung am Vormittag. Danach soll der Prozess mit weiteren Zeugenvernehmungen fortgesetzt werden.
Erleichterung auf der Anklagebank: Der Bruder der ermordeten Deutsch-Afghanin Morsal O. ist nach Ansicht einer Gerichtsgutachterin nicht voll schuldfähig. Die Staatsanwaltschaft sieht das anders, sie will die Gutachterin sogar vom Prozess ausschließen.
Der wegen Mordes an seiner Schwester Morsal angeklagte 24 Jahre alte Deutsch-Afghane aus Hamburg ist nach Ansicht einer Gutachterin psychisch gestört und beging die Tat während einer emotionalen Krise im Affekt. "Früher hätte man solche Leute Psychopathen genannt", sagte die Psychiaterin am Freitag vor dem Landgericht Hamburg. Sie halte den Angeklagten für vermindert schuldfähig. Dieser reagiere auf kleinste Kränkungen mit Gewalt. Auch das Verbrechen an seiner Schwester sei vor diesem Hintergrund zu verstehen, sagte die Expertin. Ihrer Meinung nach sei es "keine gezielte Tötung" gewesen. Anzeige
Der 24-Jährige muss sich unter anderem wegen Mordes verantworten. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat er seine 16 Jahre alte Schwester am 15. Mai 2008 auf einem Parkplatz in Hamburg-St. Georg in eine Falle gelockt und erstochen, weil er ihren Lebensstil ablehnte. Schon in den Jahren und Monaten davor soll er sie geschlagen haben. Das Verbrechen sorgte bundesweit für Entsetzen. Der Bruder war am Tag nach der Tat festgenommen worden. Vor Gericht schwieg er bislang. Er hatte den Angriff aber bei der Polizei gestanden. Nach Meinung seiner Anwälte handelte der Angeklagte ungeplant und war nicht voll steuerungsfähig.
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Gestörtes narzisstisches Gefüge Der 24-Jährige sei ein "explosiver Charakter", der sich vor allem unter Alkoholeinfluss kaum mehr unter Kontrolle habe, sagte die 64 Jahre alte Gutachterin. Dies zeigten seine vielen Vorstrafen wegen Gewaltdelikten, und dies sei offensichtlich auch für den Tatablauf entscheidend. Der Angeklagte hatte erklärt, er habe zunächst nur mit Morsal reden wollen. Zugestochen habe er, nachdem sie sich dabei jede Einmischung verbeten habe. In diesem Moment sei das ohnehin gestörte "narzisstische Gefüge" des Beschuldigten zusammengebrochen, erläuterte die Expertin. Kulturelle Wertvorstellungen spielten bei der Tat ihrer Meinung nach dagegen höchstens indirekt eine Rolle.
Die Verteidiger des 24-Jährigen äußerten sich nach der Aussage der Gutachterin zufrieden. "Ich gehe davon aus, dass nach diesem Gutachten keine Verurteilung wegen Mordes erfolgt", sagte Thomas Bliwier, einer seiner beiden Anwälte. Die Staatsanwaltschaft hält die Gutachterin dagegen für befangen. Bereits in einer früheren Sitzung hatte der Vertreter der Anklagebehörde beantragt, sie aus dem Prozess auszuschließen. Darüber wollte das Gericht erst nach deren Aussage entscheiden. Am kommenden Dienstag, dem nächsten Verhandlungstag, erhalten Verteidigung und Anklage zunächst Gelegenheit zu Nachfragen.