Steinmarken - Planung Steinmarken 4

Anreise Teil 5

Anreise Teil 5

Im Nebelruf der Moore – Cormawr
Teil 5

Der Morgen des dreiundzwanzigsten Tages ist der schwerste für euch in den letzten drei Wochen. Es ist der Tag an dem ihr alle Annehmlichkeiten zurücklasst, die ihr bisher genießen konntet. Es ist der Tag an dem ihr in ein Gebiet aufbrechen werdet, welches voller Gefahren ist und nur Ungewissheit euch erwartet. Es ist der Tag an dem ihr in das Cormawr aufbrecht. Das große Moor. Die Anspannung ist bei allen zu merken, auch bei den Rhona. Nur den wenigsten könnte man abnehmen, dass sie der Aufbruch ins Unbekannte mit einer freudigen Erwartung erfüllt.

Zu allem Überfluss erklärt Thales, dass ein Befehl von seinem Prionn vorliegt, der ihm untersagt ins Cormawr mitzugehen. Er solle hier im Dorf auf die Rückkehrer warten. Es entgeht den wenigen, dass Thales ob dieser Nachricht irritiert ist. Der Befehl muss schon vor eurer Abreise aus der Hauptstadt Brennlynn verfasst worden sein um es vor euch hierher zu geschafft zu haben. An seiner Stelle soll der Krieger Farnim das Kommando führen. Er hat euch mit seinen Kriegern, Männer und Frauen im übrigen, hier in Salsywn gewartet und alles für die Abreise gut vorbereitet. Die Kanus sind mit allem Proviant und ein wenig sonstiger Ausrüstung bereits beladen und warten auf euch.

Thales wünscht allen Glück und Erfolg und wiederholt die Mahnungen aus den Geschichten, die sein Volk gesammelt hat. Die Teilnehmer der Expedition werden auf die Kanus verteilt und euer Gepäck verstaut und mit Seilen gesichert. Farnim gibt euch allen eine Einweisung in die Handhabung der Boote und weist auf die Eigenheiten hin. Nach dem euch die Grundprinzipien eines Kanus vermittelt wurden beginnt ihr auf den Fluss zu paddeln und die Steuerung zu verstehen. Anschließend seht ihr noch zum Ufer zurück. Das halbe Dorf hat sich bei Thales versammelt und schaut euch nach als ob sie euch das letzte Mal sehen würden. Irgendjemand aus der Gruppe dort stimmt einen Gesang an und einige weitere stimmen mit ein. Euch beschleicht ein wirklich ungutes Gefühl und so mancher bereut vielleicht seine Entscheidung mitgekommen zu sein.

Nach ein paar Stunden flußaufwärts kommt das Cormawr immer näher und umfängt euch. Der Nebel hielt bis zum Mittag und hat sich größtenteils verzogen, als ihr um eine Flussbiegung paddelt und nun nichts als einen breiten Fluss seht, der von dichtem Wald und üppigem Gebüsch umschlossen wird. Ein Ufer erkennt ihr nach kurzer Zeit auch nicht mehr. Doch den Flusssaum beobachtet ihr genau. In den Kanus findet ihr unter anderem Stangen, Seile, Körbe mit Holzdeckeln, Schläuche und gefaltete Tücher. Farnim lässt von Boot zu Boot durchsagen, dass im Zweifelsfall die Holzdeckel als Schilde benutzt werden sollen. Falls es zu einem Beschuss kommen sollte. Man wisse ja nie.

Als sich der erste Abend nähert lässt Farnim die Kanus sammeln. Die Bäume sind hier bereits größer und verwachsener. Außerdem verschmälert sich das Flussbett zunehmens und der Fluss erstreckt sich zu beiden Rändern bis tief in den Wald hinein. Ihr bindet alle Kanus mit leichten Knoten, die schnell geöffnet werden können, zusammen und befestigt zwei Seile an Bäumen zu beiden Seiten. Anschließend wird eure Kanu-Gruppe in der Mitte des Flusses positioniert. Dort werdet ihr übernachten. Es wird etwas Nahrung zu sich genommen und Wachen eingeteilt. Die Tücher werden entfaltet und stellen dichtes Segeltuch dar. Diese werden über die Kanus wie kleine Dächer gespannt. Die Nacht bricht herein und über euch strahlen die Sterne im wolkenlosen Himmel. Aus dem Dickicht an den Ufern hört ihr Tiergeräusche – die nächtliche Jagd hat begonnen. Außerdem hört ihr das Gurgeln und Rauschen des Wasser, welches sich an euren Kanus bricht. Der Fluss trägt einen schweren Geruch heran, der an Fisch und nassem Holz erinnert.

Nach einer unruhigen Nacht, die auch inzwischen recht kühl wurde, beschließt ihr, zeitig weiter zu paddeln. Die Sonne ist gerade dabei über das Blätterdach zu steigen. Über dem Fluss bildet sich leichter Nebel. Weiter zieht ihr den Fluss gegen die leichte Strömung hinauf und die Bäume rücken näher. Der Fluss reicht nun soweit in den Wald hinein, dass ihr das Ufer gar nicht mehr ausmachen könnt. Einzig das Flussbett ist noch zu erkennen. Insgesamt drei Tage verbringt ihr auf dem Wasser und es kostet vielen Überwindung ihrer Notdurft nachzugehen. An einigen Stellen im Fluss ragen Felsen aus dem Wasser auf, so dass dort eine Rast eingelegt werden konnte. Während die meisten also in den Booten blieben, konnten andere der Reihe nach auf der abgewandten Seite der Felsen ihrem Geschäft nachgehen. Wunderbare Wegmarken...

Auch seid ihr an einem größeren Zufluss vorbeigekommen, der von rechts, also aus südlicher Richtung, kam. Am dritten Tag kommt ihr nurmehr langsam voran. Das Flussbett ist nicht mehr gut erkennbar und ihr entscheidet euch immer wieder für den Teil des Flusses, wo die Strömung am schnellsten scheint oder das Wasser sauberer. Dennoch durchquert ihr wucherige Sträucher, vorbei an fauligen Bäumen und dichthängenden Pflanzen. Jetzt konntet leider Bekanntschaft mit den scharfen Schlingpflanzen machen, die von den Bäumen herabhängen oder quer über den Fluss führen. Einige kommen euch so nahe, dass ihr sie mit den Stangen, Haken, Schwertern, Paddeln oder nur Lederhandschuhen abwehren müsst. Tatsächlich geht der Tag nicht ohne Verletzungen zu Ende und ihr verbringt die Nacht mitten im dichtesten Sumpf. Zudem haben euch auch die heimischen Insekten gefunden und nicht verschont.

Am siebenundzwanzigsten Tage der Expedition, umgeben von den schrillen Geräuschen des Moores, passiert ihr einen weiteren Zufluss aus Richtung Norden, der dafür sorgt, dass die Vegetation wieder etwas von euch abrückt und es leichter ist voranzukommen. Kurz darauf erreicht ihr einen Ort am nördlichen Ufer an dem ein alter morscher Steg ins Wasser ragt. Der Steg führt nicht weit und scheint doch noch immer intakt zu sein. An diesem Steg ist ein Kanu befestigt, welches auf jeden Fall gut erhalten ist. Zugut um Jahrhunderte alt zu sein. Höchstens ein paar Jahre. Vielleicht hat es ein Rhona bis hierher geschafft? Nach euren Berechnungen und Schätzung müsstet ihr jetzt an diesem Punkt anlanden und euch in nördlicher Richtung durchschlagen. Dort sollte das sagenumwobene, verlassene Dorf liegen.

Die Kanus werden an Land gezogen und sicherheitshalber etwas abseits vertäut und getarnt. Anschließend schultert ihr euer Gepäck und zieht los. Tatsächlich erreicht ihr das kleine Hüttendorf inmitten einer erhöhten Lichtung nur etwa zwei Stunden landeinwärts. Doch bereits der Weg hierher war seltsam. Ihr seid an einem modrigen und mit Sumpfpflanzen überwucherten Ufer an Land gegangen. Doch nach nur wenigen hundert Metern lichtete es sich und die Vegetation wechselte zu einer typischen Mischwald-Zone. Fast, als würde man durch einen Vorhang tauchen und einen anderen Raum betreten. Gleichwohl vergewissern eure Zauberkundigen, dass kein Ebenenwechsel oder thaumischer Dimensionssprung stattgefunden habe. was auch immer das sein sollte.

Das Dorf liegt verlassen vor euch. Eine rasche Untersuchung bestätigt, dass es schon lange unbewohnt ist. Der Tag hat noch nicht ganz die Mittagsstunde erreicht, als ihr beschließt, zum Tempel weiterzureisen. Laut den Karten und Erzählungen liegt er in östlicher Richtung. Also werden ein paar Vorräte zurückgelassen und die Rhona-Krieger erklären sich bereit, das heilige Dorf zu bewachen und zu schützen, bis ihr zurück seid. Das Angebot kommt euch sehr gelegen. So nehmt ihr sofort an.

Wie sucht man nun nach einem Tempel, wenn man nicht weiß wo er ist? Man fragt die zwei Elfen dort hinten nach dem Weg! Nur ein paar Minuten vom Dorf entfernt entdeckt ihr sie und staunt nicht schlecht. Die zwei scheinen auf euch zu warten. Der eine kommt euch auch bekannt vor. Es war Lienfein, der euch bei Sigismunds Wegstation aufgesucht hat. Nach einer überraschenden Begrüßung und einem höflichen Austausch erklärt er euch, dass der Wald nicht so ruhig ist, wie er den Anschein geben mag. Seltsame Kreaturen verbergen sich im Dickicht. Er habe den Tempel gefunden und bietet an, euch dorthin zu führen. Viele Fragen schießen euch durch den Kopf, doch erscheint ein späterer Zeitpunkt dafür geeigneter.

Der Marsch zum Mondtempel dauert den ganzen Tag und leider verlasst ihr auch nach ein paar Stunden den angenehmen Mischwald und findet euch im zum Teil sumpfigen und verwitterten Dschungel wieder. Schlingpflanzen und Insekten stellen euch dabei wieder nach, als wenn es Jahrhunderte nichts zu beißen gab. Dabei schreitet euch Lienfein stets mit großem Vorsprung leichtfüßig voraus. Zum Einbruch der Nacht holt ihr ihn wieder ein und findet ihn auf einem Steinquader sitzend vor: "Vor euch breitet sich die Ruine aus. Doch nun sei zunächst die Zeit zu ruhen und sich alles bei Tageslicht anzusehen." Erschöpft und wenig willig dem zu widersprechen bereitet ihr euch auf eine Nacht im Urwald vor.

Der nächste Morgen. Die Ruine des Mondtempels sieht verfallener aus, als jede andere Ruine, die ihr bisher gesehen habt. Sehr viele Steinquader liegen herum und sind zertrümmert worden. Dieser Tempel ist nicht nur verlassen – er wurde geschleift. Die Tempelruine besteht aus kaum mehr als dem Fundament und einer Treppe nach oben. Wenige Teile der oberen Etage sind noch erhalten. Mit einem Durchatmen und einem Ruck macht ihr euch an die Arbeit. Ihr steigt über die Trümmer und untersucht alle Stücke. Unter Sträuchern wird gesucht und auch mal ein wenig gegraben. In den Kammern der oberen Etage und im Fundament war nichts mehr zu finden. Die Räume, die noch einigermaßen erhalten waren, sind wohl unwichtige Vorratskammern oder Waffenkammern gewesen. Ein alter verrosteter Speer lag noch in einer Pfütze in einem Gang, jedoch kaum möglich ihn mitzunehmen, da er bereits mit seiner steinernen Umgebung verbunden war.

So vergehen ein paar Stunden bis freudige Rufe ertönen. Jemand einen weiteren Fund meldet. Etwas abseits wurde ein großer Stein vor einem Spalt gefunden. Herab gestürzt wie es scheint und so einen Eingang verdeckte. Mit vereinten Kräften und ein paar starken Seilen wird der Quader beiseite gestürzt. Nun liegt es schmaler Spalt frei, ein Riss in einer vormals massiven Mauer. Ihr leuchtet hinein und dort unten scheint etwas zu sein. Nach und nach könnt ihr ein paar Leute hinabseilen, denn offenbar war der Spalt in einer der Ecken der Decke entstanden. Gute zehn Ellen hoch war der Raum. Zur Enttäuschung aller war er bis auf Ungeziefer und einem Tierbau leer ...

Ihr wolltet schon zurück hinauf, als euch ein Lichtschimmer von einer Wandplatte auffiel. Sofort machten sich mehrere dran, diese vom Mauerwerk zu lösen. Dahinter war tatsächlich ein Gang mit Licht am Ende. Ein Lichtschacht, der eine Kammer beleuchtet, war es, der dies Zeichen sendete. Langsam geht ihr hintereinander den kurzen Gang voran, denn er ist sehr eng. Ihr erreicht diese Kammer, die eine der Eierkammern zu sein schien. Verfallene Säulen und Eierschalen lagen auch noch herum. Das orangene Licht des hereinbrechenden Abends leuchtete diese unwirkliche Szene aus und läßt nur schwer erahnen, wie schön es gewesen sein musste als der Tempel noch nicht zerstört war. Neben dieser waren weitere Kammern zu finden. Und das war ein wahrer  Augenöffner. Wände, die gut erhalten waren zeigten mehrere Zeichnungen auf. Sofort geht ihr ans Werk und archiviert alles was ihr finden könnt.

Nach einem langen Abend ruht ihr bis zum späten Morgen und lasst noch ein wenig das Gelände absuchen. Derweil beklagen ein paar von euch, dass Ihnen übel wird und sie sich erbrechen müssen. Außerdem leiden sie unter Schweißausbrüchen. Es wird dringend Zeit zum Dorf zurückzukehren. Also tretet ihr den Rückweg an. Mit Glück könnt ihr bis zum Einbruch der Nacht dort sein...




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Poldi





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