The Story goes on - Forever - Die Ländereien von Hogwarts

Die Wiesen

26.12.2008

In den Taschen seines schwarzen Umhangs ballte Logan die darin verborgenen Hände zu Fäusten. Zum Einen, weil die Finger dann ein bisschen wärmer wurden, doch auch und vor allem, weil er somit ein unauffälliges kleines Ventil für seine Wut gefunden hatte. Nein, vielleicht war Wut das falsche Wort. Zu groß erschien es, um die jüngsten Ereignisse, die ihn doch viel weniger hätten tangieren sollen, zu beschreiben, doch andererseits wiederum zu klein, um das Chaos zu benennen, dass in seinem Inneren tobte. Wut fühlte sich anders an, eher wie ein kleiner, fester Knoten in seinem Bauch. Aber nun hatte er das Gefühl, er selbst sei eben jener Knoten. Sich zu bewegen fiel ihm ebenso schwer wie das doch eigentlich selbstverständliche Atmen und er verabscheute mehr sich selbst als Nell dafür, dass er sich so elend fühlte. Er hasste nicht viele Dinge auf dieser Welt, die es doch meist gut mit ihm gemeint hatte, doch die absolut unzugängliche Sturheit, mit der Nell ihm begegnete, gehörte zweifellos dazu. Vielleicht, so dachte der hochgewachsene Ravenclaw bei sich, war es an der Zeit, dieses völlig sinnlos erscheinende Gespräch zu beenden und zum warmen Schloss zurückzukehren. In der Geschäftswelt bezeichnete man so etwas im Allgemeinen als „gescheiterte Verhandlung“ und das unbefriedigte Gefühl, das das einzige Ergebnis darstellte, war mit seiner derzeitigen Verfassung wohl in etwa zu vergleichen.
„Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie du darauf kommst.“ stritt Nell vehement ab, an Logans Vermutung, sie schütze sich doch lediglich mit einer harten Schale, sei etwas dran. „Und überhaupt, was geht dich das an?“ blaffte sie weiter und quittierte ihre eigenen Worte mit der sturen Geste, die Arme vor der schmalen Brust zu verschränken - eine Bewegung, die der dunkelhaarige Junge mittlerweile bereits als typisch für seine unfreundliche Nachhilfeschülerin betrachtete.
Lahm hob er die Schultern. Logan wurde müde, obwohl es erst früher Vormittag war. Er war es satt, ihre Angriffe immer und immer wieder abwehren zu müssen und vor allem war er es überdrüssig, dass sie sich einfach nichts Neues einfallen ließ. Wenn sie ihm doch nun wenigstens vorgeworfen hätte, er hätte ein Verhältnis mit einer Lehrerin, würde kleine Hunde essen oder ähnliches, das ihn doch zumindest insofern gefordert hätte, dass er sich dann eine neue Antwort hätte ausdenken müssen als das ewig gleiche, friedliche Einlenken, an dem er sich nun wohl schon zum fünften Mal an diesem Tag versuchte.
„Was ich gerade von mir gegeben habe, hätte man durchaus als Friedensangebot auffassen können.“ erklärte der gutaussehende Erbe mit einem unvermindert charmanten Lächeln auf den dünnen Lippen und fuhr sich kopfschüttelnd durch das wirre braune Haar, bevor er seine kräftigen Hände erneut in seinem Umhang verschwinden ließ und geduldig fortfuhr. „Zugegeben, ich habe es vielleicht nicht besonders geschickt angestellt, aber jeder außer dir hätte die Brücke wohl trotzdem gesehen, die ich dir bauen wollte. Naja, vielleicht hast du sie auch gesehen, aber du reißt Brücken lieber ein, statt sie zu nutzen, was?“ Ein provozierender Unterton hatte nun auch Logans ansonsten angenehm raue und ruhige Stimme erreicht, die fest und stabil jene Worte formte, die Nell ohnehin nur wieder als Affront gegen sie selbst und gegen ihr ganzes Leben verstehen würde. Es gehörte schon eine ordentliche Portion Egoismus dazu, immer davon auszugehen, dass jeder andere es nur schlecht mit einem meinte. Auf eine ziemlich morbide Art war dieses verrückte Mädchen absolut von sich überzeugt.
„Und bevor du mir wieder vorwirfst, zu nett zu dir zu sein, mach dir doch mal zwei oder drei Gedanken darüber, ob ich nicht vielleicht doch nur ein kleiner Egoist bin, der einfach seine Ruhe will.“ schlug Logan halb erzürnt, halb amüsiert vor und vermutete, dass diese Sichtweise eher dem Naturell der brünetten Schülerin entsprechen würde. Dass an dieser Vorstellung nicht das kleinste Fünkchen Wahrheit zu finden war, stand auf einem völlig anderen Blatt. Er war einfach nett. Nicht unbedingt um ihretwillen, sondern seines Wesens, seiner Erziehung wegen, doch sie war die erste Person, die sich durch seine zuvorkommend höfliche Art genervt und bedroht fühlte.
Wenn es ihr half, dann sollte sie es eben so sehen, wie er es ihr doch unmittelbar zuvor empfohlen hatte.

Tief atmete der breitschultrige Schüler ein und aus, während Nell sich erneut in ihrer Aufregung über irgendetwas verlor, dessen genauer Hintergrund ihm leider völlig unersichtlich war. Sie hatte ihm vor wenigen Augenblicken zugesichert, dass ein Kuss wie der gestrige sich nie wiederholen würde, woraufhin er ihr beruhigend versichert hatte, dass es schon okay sei, womit er das Thema für abgeschlossen gehalten hatte - doch nicht so Cornelia Hathaway, die ihn urplötzlich ankeifte „Nein, es ist ganz und gar nicht okay! Und ich wollte sicherlich NICHT wissen, wie es ist, jemanden wie dich zu küssen, glaub mir! Ich kann mir Angenehmeres vorstellen. So etwas ist unter meiner Würde!“
Logan konnte nicht anders, ein belustigtes Lächeln schlich sich auf sein markantes Gesicht und wurde mit jedem Wort, das den Mund seiner Mitschülerin verließ, ein wenig breiter. Eben noch hatte sie betont, wie unwichtig und bedeutungslos dieser Kuss gewesen war, doch nun verwendete sie Unmengen an Energie darauf, den an der ganzen Misere doch eigentlich völlig unschuldigen Logan anzukeifen, um ihm was genau begreiflich zu machen?
Beim besten Willen und trotz seiner in mehr als ausreichendem Maße vorhandenen Intelligenz, wollte es dem Schotten nicht gelingen, den tieferen Sinn hinter den Worten des aufgebrachten Mädchens zu verstehen, so sehr er es auch wollte und sich bemühte. Es belustigte und irritierte ihn gleichermaßen, doch zufrieden registrierte er, dass ihre doch recht derben Angriffe gegen seine Person ihn kalt ließen. Dieser Moment war zweifellos zu absurd, um ihn wütend zu machen.
Um des eigentlich ohnehin schon verlorenen lieben Friedens willen gab er sich Mühe, sein Schmunzeln ein wenig zu schmälern, bevor er seine Worte sorgfältig wählte. „Du wolltest nicht wissen, wie es ist, jemanden wie mich zu küssen und hast es dennoch getan, obwohl es unter deiner Würde ist?“ wiederholte er ihre Worte fragend und ihm gelang es tatsächlich, seiner Miene den nötigen Ernst zu verleihen. Er wollte wirklich nicht über Nell lachen und er wusste, dass dies nicht seinen Grundsätzen entsprach, doch die Gryffindor handelte und sprach seiner Ansicht nach so widersprüchlich, dass es einem wahren Wunder gleichkam, dass sie ihm noch nicht wütend erklärt hatte, sie würde atmen, um satt zu werden – überrascht hätte ihn das nach all den paradoxen Erklärungen ihrerseits nun bestimmt nicht mehr.
Dass seine Gedanken derart gehässige Züge annahmen, registrierte Logan nicht ohne Verwunderung. Er ließ sich für gewöhnlich nicht leicht aus der Fassung bringen und es gehörte einiges dazu, ihn aus der Rolle fallen zu lassen. Solange dies nur innerlich der Fall war, konnte er seine unfreundlichen Gedanken noch vor sich selbst rechtfertigen und würde sich mit diesen später auseinandersetzen, doch er hoffte inständig, dass es Nell nicht gelingen würde, ihn zum wohl ersten heftigen Gefühlsausbruch seines jungen Lebens zu verleiten.
Einen eben solchen durfte er, wenn auch nicht am eigenen Leibe, so doch bei seiner dunkelhaarigen Mitschülerin, nun zum wiederholten Male aus nächster Nähe miterleben, und sehr zu seinem Ärger stellte der reiche Erbe fest, dass er ihre Aufregung zunächst schon wieder nicht nachempfinden konnte.
„Meine Familie geht dich einen Scheißdreck an Logan! Also hör auf, deine Nase in Angelegenheiten zu stecken, die dir egal sein können, okay?!“ Grimmig funkelten die tiefliegenden stahlblauen Augen des Mädchens ihn an, während sie einen Schritt zurückwich. Was hatte er ihr getan?
Die zwei kleinen Worte, mit denen er sich nach ihrem Vater erkundigt hatte, zogen nun dieses Schauspiel nach sich?
Logan musste schwer schlucken, als er sich nur in Ansätzen vorzustellen versuchte, was dies über Nells Familienleben aussagen mochte. So empfindlich sie doch durchaus auch bei vielen - eigentlich fast allen - anderen Themen reagierte, setzte ihre jetzige Reaktion ihrem fast schon typisch anmutenden Gezeter zweifellos die Krone auf.
Durch Logans Kopf zischten hinter seinen braunen Haaren tausende Gedanken und Vorstellungen, ein jedes Bild war schlimmer und machte ihn wütender als der Gedanke zuvor.
Nell, wie sie von einem Mann angeschrien wurde.
Nell, wie sie von einem Mann geschlagen wurde.
Nell, wie sie von einem Mann unsittlich berührt wurde.
Die großen Hände, die der Ravenclaw noch immer in seinen Taschen zu Fäusten geballt hatte, schlossen sich immer fester und bald schon spürte er, wie seine Fingernägel sich in die Handinnenflächen bohrten. Hatte ihr Vater ihr weh getan? Hatte er sie gar misshandelt?
Erklärte das diesen absurden Hass, den sie auf die Welt hatte?
Fragen über Fragen huschten hinter seinen wachen braungrünen Augen hin und her, doch er sprach keine von ihnen aus. Er wusste, dass es Salz gewesen wäre, dass er in eine offene Wunde gestreut hätte.
Beherrscht schluckte Logan also den dicken Kloß herunter, der sich bei jenen unangenehmen Vorstellungen in seinem Hals gebildet hatte, und blickte Nell nur an, wortlos. Ihr Blick wollte so vieles verraten, aber dennoch blieb er so unergründlich wie ein tiefer See. Nie hatte sie auf ihn so verletzlich gewirkt wie in diesem Moment und der Drang, sie zu berühren, nur für einen kurzen Moment, gerade so lange, dass sie merken würde, dass sie nicht allein war, machte sich in Logan breit. Nicht, weil er sie so sehr mochte, sondern einfach, weil er es nicht ertragen konnte, sie so zu sehen. Sie sollte sich lieber wieder aufregen und rumbrüllen, das war in jedem Fall besser als das viel zu laute Schweigen, das ihm so viel Platz für Vermutungen ließ.
Er durfte dem Drang, sie zu trösten oder sie zu beruhigen nicht nachgeben. Er wusste, dass er es schon kurz darauf bitter bereut hätte.
„Falls du mal mit jemandem reden willst…ich bin da.“ erklärte er leise und mit matter Stimme und verbot es all den drängenden Fragen, seinen Mund zu verlassen. Er erwartete keine Reaktion, doch er wollte, dass sie es wusste. Dass sie wusste, dass er es verstanden hatte und nicht weiter nachbohren würde. Die eigene Familie war immer ein heikles Thema.
Wer hätte das besser gewusst als er?

„Wenn du also nicht anders kannst, als nett zu mir zu sein, dann hör wenigstens auf, dich darüber zu beschweren, dass ich deine Hilfe nicht will. Das liegt eben nun einmal in meiner Natur! Ich würde mich für nichts und niemanden auf dieser Welt ändern.“ Ein kurzes Auflachen, eher bitter als amüsiert, begleitete den Vorschlag der Gryffindor, der in Logans Augen zunächst durchaus logisch erschien. Es wunderte ihn, dass sie so bereitwillig einlenkte, doch anstatt sich eines Sieges sicher zu wähnen, blieb er skeptisch. „Ich darf also weiterhin nett zu dir sein und dir meine Hilfe anbieten, während du weiterhin gemein sein und meine Hilfe ablehnen darfst.“ fasste er zusammen und nickte knapp zu seinen eigenen Worten. „Das klingt total fair.“ Ein Grinsen machte sich auf dem markanten Gesicht des Schülers breit, während er hinzufügte „Zumindest, wenn man außen vor lässt, dass im Endeffekt dann trotzdem keiner von uns zufrieden sein wird, wäre das eine durchaus gute Idee.“ Kopfschüttelnd ließ er seinen Blick über die weiten Felder schweifen und beobachtete, wie der morgendliche Nebel sich allmählich lichtete. Nur Nell und er, so schien es, waren noch gefangen im grauen Dunst des gegenseitigen Unverständnisses.
„Es gibt also genau zwei Möglichkeiten“ setzte der Munroe Spross an und hob seinen Daumen, ehe er fortfuhr. „Plan A: Wir sehen uns einfach nie wieder. Dann kann alles so bleiben wie bisher. Vorteil: Einfache Umsetzung. Nachteil: Macht Nachhilfe unmöglich.“ Kurz ließ er diese in knappen Stichworten vorgetragene Idee, von der sie doch eigentlich beide wussten, dass es so nicht laufen durfte, auf sein Gegenüber wirken, bevor er den Zeigefinger der gleichen Hand hob und fortfuhr „Oder wir müssen uns eben doch ändern. Vorteil: Wir wären beide ein Stück zufriedener. Nachteil: Anstrengend und gegen deine Prinzipien.“
Sie würde ihn für diesen Vorschlag hassen, das wusste er. Mehr denn je. Aber es konnte nicht so weitergehen wie bisher.
„Ich werde also ein bisschen weniger nett sein.“ erklärte der dunkelhaarige Junge sich mit einem leisen Seufzen bereit und versuchte sich an einem Lächeln. Er war ohnehin schon der Ansicht, dass seine Nettigkeit in den letzten Minuten sehr gelitten hatte, doch wahrscheinlich war der von Nell gewünschte Level noch lange nicht erreicht. „Der Fairness halber musst du dann allerdings etwas netter werden – sonst wird die Abmachung hinfällig.“ verlangte er bestimmt und musterte das schlanke Mädchen abwartend, wenn auch nicht besonders hoffnungsfroh. Wahrscheinlich würde sie diesen Vorschlag in der Luft zerreißen, doch zumindest musste Logan sich nicht vorwerfen lassen, nicht alles versucht zu haben. Das gute Gefühl, einen weiteren, zuvorkommenden Schritt auf sie zugegangen zu sein, würde ihm bleiben, auch, wenn Nell seine Idee verschmähen würde.

„Und ich dachte, dir gefallen Küsse besser, die mit Gefühlen verbunden sind?“
Immer und immer wieder hörte Logan diese Worte, zunächst aus Nells Mund, dann stetig wiederkehrend in seinem Kopf.
Sie hatte ja völlig recht.
Er war derjenige gewesen, der gepredigt hatte, dass Gefühle und der Austausch von Küssen doch untrennbar miteinander verbunden waren. Und nun hatte er seine eigenen Worte Lügen gestraft und sich nicht weniger irrational verhalten als die rebellische Gryffindor. Schon wollte er ansetzen, ihr Recht zu geben, wie es für ihn in einer derartigen Situation doch eigentlich selbstverständlich erschien, doch er besann sich eines Besseren. Grinsend erinnerte er sich daran, wie er doch erst vor wenigen Augenblicken angeboten hatte, weniger nett zu sein. Sich auf ihre Stufe zu begeben. Würde es ihm gelingen? Diese Herausforderung konnte er nun direkt annehmen.
„Ich bleibe nach wie vor bei dieser Aussage“ erklärte er standhaft und trat einen Schritt auf die junge Frau zu, so dass sie einander – wenn man den Größenunterschied außer acht ließ – direkt in die Augen sehen konnten. Logans Blick fiel allerdings zunächst nur auf die fein geschwungenen Lippen, die er soeben geküsst hatte. Es war so intensiv und leidenschaftlich gewesen, dass sein Herz noch immer höher schlug, wenn er nur daran dachte, so dass er sich unweigerlich fragen musste: Was hatte diesen blödsinnigen Kuss zu etwas so Besonderem gemacht?
„Gefühle“ beantwortete er diese Frage laut und ein schiefes Lächeln, das äußerst charmant wirken mochte, stahl sich auf sein Gesicht. „Gefühle müssen nicht immer positiver Natur sein“ führte er seine Gedanken leiser werdend fort und näherte sich Nell ein weiteres, kleines Stück.
„Weißt du, welches das wohl größte und mächtigste menschliche Gefühl ist?“ wollte er von ihr wissen, während seine rechte Hand wie automatisiert aus der Umhangtasche glitt und eine von Nells neuerdings dunklen Haarsträhnen berührte. Mit quälender Langsamkeit drehte er diese gedankenverloren um seinen Zeigefinger und hielt nun den Blick des Mädchens fest, bevor er die Strähne mit einer weichen, sorgsamen Bewegung hinter Nells Ohr strich.
„Du kennst es ziemlich gut“ vermutete Logan und ließ seine große, warme Hand ein wenig länger als nötig an Nells Nacken und halb auf ihrem eiskalten Ohr verweilen. Es vergingen Sekunden, die ihm wie Minuten vorkamen, ehe er sich dazu durchringen konnte, fortzufahren.
„Es ist Hass.“ flüsterte er, fast war es nur ein stummes Hauchen, und obwohl es ihn erschreckte, dass dieses Gefühl wohl das einzige war, was ihn und Nell verband, erschien ihm dieser Erklärung doch zugleich verblüffend logisch.







____________________

___________________________________
wie die sonne den kometen
wegzieht von seiner bahn
wie der felsblock zu dem fluss sagt
fließ woanders hin
___________________________________


___________________________________
wie ein schiff erfasst vom sturmwind,
das die richtung verliert
und ein nie gesehnes ufer gewinnt
___________________________________

27.12.2008

Schon vom ersten Moment ihres ersten Gespräches an, ja schon davor, war Nell klar gewesen, dass Logan kein Mensch war, mit dem sie gut klarkam oder klarkommen wollte. Sie waren einfach zu verschieden, aus anderen Welten. er, der reiche Adlige, der in seiner Freizeit gerne ritt und alles liebte, das mit Zahlen zutun hatte, sah ein niedrig gestelltes Mädchen wie sie eines war. Sie, die Rebellin, das Mädchen von der Straße mit ihrer Liebe zu lauter Gitarrenmusik und allem, was sie bislang erlebt hatte, legte keinen wert auf Kontakt mit einem Langweiler, wie er einer war. Und doch hatte man sie zusammengebracht. Dass sie keine freunde werden würden, hatte man voraussehen können. Doch vielleicht hätte man wenigstens erwartet, dass sie sich in irgendeiner Weise miteinander arrangieren konnten. Doch nun, nach allem, was zwischen ihnen stand, die Streitgespräche, die Küsse, gab es nicht einmal mehr die Chance auf einen Kompromiss.
Es war, als schrieen sie sich über eine immer weiter wachsende Kluft ihre Einstellungen zu und verstanden sich doch nie richtig. es wäre einfacher für sie beide gewesen, wenn sie einfach gegangen wären, statt sich immer weiter in Missverständnisse und Probleme zu verstricken, doch in ihrer Verbohrtheit und Sturheit wollten sie beide das nicht einsehen und blieben, wo sie waren.
[I]„Was ich gerade von mir gegeben habe, hätte man durchaus als Friedensangebot auffassen können.“[/I], sagte Logan ruhig und blickte Nell aus seinen ruhigen braunen Augen an, in denen sie nicht lesen konnte, was er gerade dachte.
„Wahnsinnig tolles Friedensangebot.“, stellte die dunkelhaarige Gryffindor fest und hob süffisant eine Augenbraue. Als ob Logan tatsächlich daran geglaubt hätte, dass sie ein derartig dämliches Friedensangebot annehmen würde. Als ob sie freiwillig vor ihm zugeben würde, dass sie nicht ganz so hart war, wie sie sich immer gab. Auch sie hatte Schwächen, auch sie weinte manchmal, verzweifelte gar an Situationen, doch sie hasste es, wenn jemand ihre Schwächen sah. Sie wollte nicht schwach sein.
[I]„Zugegeben, ich habe es vielleicht nicht besonders geschickt angestellt, aber jeder außer dir hätte die Brücke wohl trotzdem gesehen, die ich dir bauen wollte. Na ja, vielleicht hast du sie auch gesehen, aber du reißt Brücken lieber ein, statt sie zu nutzen, was?“[/I] Die offenkundige Provokation, die nun auch in der Stimme des Strebers mitschwang, jagte Nell einen elektrisierenden Schauer über den Rücken und bewirkte, dass sich die kleinen, weichen Härchen in ihrem Nacken zu Berge stellten. Um nicht erneut in einen Wutausbruch auszubrechen, ballte Nell die Hände zu Fäusten.
„Warum sollte ich auch eine Brücke zu jemandem wie [I]dir[/I] nutzen wollen? Gib doch zu, dir ist es doch auch lieber wenn ich auf meiner Seite bleibe, und du auf deiner. Mal ehrlich: Frieden zwischen uns beiden würde doch auch mit besser formulierten Angeboten als dem deinem nicht funktionieren, das solltest du doch auch langsam wissen. Oder bist du wirklich so verblendet, wie ich anfangs dachte?“ Nell funkelte Logan kurz an und warf dann einen Blick zur Seite. Es wäre wahrlich einfacher für sie beide gewesen, wäre sie auf sein Friedensangebot eingegangen, doch Nell wusste, dass es nur ein trügerischer Frieden gewesen wäre, eine Ruhe vor dem Sturm, der früher oder später wieder heftiger als jemals zuvor wieder losgebrochen wäre. Sie tat ihnen beiden einen Gefallen, indem sie ihnen eine solche Lüge gar nicht erst erlaubte.
„Wenn du ein Egoist wärest und nichts als deine Ruhe haben wolltest, hättest du mit ein bisschen Intelligenz, von der ich ausgehe, dass du sie besitzt, schon längst gemerkt, dass du deine Ruhe einfacher haben könntest, wenn du mir deine Nettigkeit ersparen würdest!“, fügte die Gryffindor noch hinzu. Nell wusste, wie wahrer Egoismus aussah, auch aus eigener Erfahrung. In ihrer Lage musste man stets sehen, wo man selbst blieb, Egoismus war vollkommen normal. Der Mensch war dazu gemacht, egoistisch zu sein und in Wahrheit war es nur die moderne Gesellschaft, die ihn zum sozialen und hilfsbereiten Wesen machte, Nell wusste das. Sie hatte es gelernt. Und Logan wirkte für sie nicht wie ein egoistischer Mensch. Er hatte alles, was er brauchte, er musste nicht jeden Knut zweimal umdrehen, bevor er ihn ausgab.

Ein Lächeln schlich sich auf Logans Lippen, als Nell versuchte mit Worten ihren Kuss vom Vorabend ungeschehen zu machen. Sie versuchte sich rauszureden, dabei gab es doch gar keinen Grund, sich rausreden zu wollen, oder? Sie hatte ihn einfach geküsst, basta. Die Gründe dafür konnten ihm doch vollkommen egal sein und ihr auch, es sollte ihr zumindest egal sein, was er darüber dachte. Sollte er doch denken, sie habe sich in ihn verknallt, es war egal, so lange sie nur wusste, dass dem nicht so war.
War es so?
Die Wahrheit traf Nell mit voller Wucht. es war nicht so, dass sie sich in ihn verliebt hatte, sie konnte Logan nach wie vor nicht leiden und hielt nicht viel von seiner Person und seinem Gehabe, doch der Kuss hatte ihr etwas bedeutet und das war ganz sicherlich niemals vorgesehen gewesen. Vielleicht versuchte sie auch deshalb, ihm weismachen zu wollen, dass sie ihn eigentlich gar nicht hatte küssen wollen. Sie wollte es sich selbst einreden.

[I]„Falls du mal mit jemandem reden willst…ich bin da.“[/I]
Gerade hatte Nell Logan einen Schwall wüster Beschimpfungen und Drohungen an den Kopf werfen wollen, doch bei seinen nächsten Worten blieben ihr diese förmlich im Hals stecken und sie schluckte all das, all die gemeinen kleinen Worte, die sie hatte sagen wollen, wieder hinunter.
[I]„Falls du mal mit jemandem reden willst…ich bin da.“[/I]
Überrascht riss die junge Hexe die blauen Augen auf und starrte ihr Gegenüber perplex an. Hatte er ihr wirklich gerade angeboten, ihr zuzuhören, wenn sie Probleme hatte? Verwirrt blinzelte Nell einmal, zweimal. Ihr Kopf war mit einem mal völlig leergefegt. Sie wollte etwas Schlagfertiges erwidern, doch sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Nur selten war es jemandem gelungen, das Mädchen sprachlos zu machen und Nell hatte das Gefühl, dass dieses schwierige Unterfangen Logan mit Leichtigkeit gelingen konnte. Sie öffnete ihre fein geschwungenen Lippen ein Stück und schloss sie sogleich wieder, ihr Gegenüber noch immer anstarrend. Es war ihr sogar egal, dass Logan zu ahnen schien, dass er beim Thema Familie einen empfindlichen Nerv bei Nell getroffen hatte. Noch nie hatte jemand, der Nell so fremd war wie Logan, ihr seinen beistand zugesichert, nur ihre engsten Freunde waren immer für sie da gewesen, doch auch das erst nach vielen Monaten des Kennenlernens. Und dann kam der Sprössling einer reichen Familie in seiner Naivität daher und bot ihr einfach so seine Unterstützung an. Nell verstand nicht, wie Logan das tun konnte. Hatte auch das mit bloßer Nettigkeit zutun? Sagte er das einfach nur, um besser dazustehen und weil er wusste, dass sie ihm ohnehin niemals etwas erzählen würde? Stumm forschte Nell in den Tiefen von Logans Augen nach einer Antwort auf ihre Fragen, doch sie konnte dort nicht den geringsten Falsch entdecken, nur Ehrlichkeit. Unvermittelt machte die Gryffindor einen kleinen Schritt auf den Ravenclaw zu, drohte für einen Moment, in seinen Augen zu versinken und hatte für den Bruchteil einiger Sekunden den plötzlichen und absurden Drang, dem durchaus attraktiven Jungen um den hals zu fallen und ihn ein weiteres Mal zu küssen.
Doch ehe sie diesem lächerlichen Drang nachgehen konnte, hatte sie sich wieder unter Kontrolle und unterbrach den intensiven Blickkontakt. Ihr schlanker Körper entfernte sich wieder ein Stück von dem seinen und Nell räusperte sich, um die nun entstandene peinliche Stille zu überbrücken.
„Also…“, sie räusperte sich erneut, erschrocken, wie dünn und unsicher ihre Stimme klang, „Also ich glaube zwar nicht, dass meine Wahl, sollte ich tatsächlich einmal mit jemandem reden müssen, sicherlich nicht auf dich fallen würde aber…“ Sie stockte und es feil ihr sichtlich schwer, das nächste Wort über die Lippen zu bringen: „Trotzdem danke…“

Verstohlen warf Nell einen Blick hoch zum Schloss, viel lieber wäre sie jetzt dort oben im Kreise ihrer Freunde und nicht hier draußen bei Logan, auf dessen Gesellschaft sie gut und gerne verzichten konnte, doch etwas in ihrem Inneren hinderte sie daran, einfach auf dem Absatz Kehrt zu machen und über die Wiesen zurück in die Wärme der Schule zu stiefeln. Etwas in ihrem Inneren hielt sie bei Logan, auch wenn sie nicht sagen konnte, was das war und warum es das tat. Tatsache schließlich war, dass sie gar nicht hier sein wollte, doch es war leider auch so, dass sie darauf angewiesen war, dass Logan ihr weiterhin Nachhilfe in Arithmantik gab, sonst würde sie in diesem Fach durchfallen und vorbei war der Traum von der baldigen Freiheit als Musikerin. dann würde sie das siebte Schuljahr wiederholen müssen und wenn sie die Wahl hatte ein weiteres Jahr an dieser Schule zu verbringen, ohne ihre Freunde und umgeben von zahlreichen jüngeren Schülern, die in ihr alle eine Versagerin sahen oder stattdessen einige Stunden ihrer kostbaren Freizeit mit Logan zu verbringen, der, wenn sie ganz ehrlich war, manchmal gar nicht so schlimm war, dann wusste sie, auf welche dieser beiden Optionen ihre Wahl fiel. Kurz und gut, sie musste ihn bei der Stange halten und durfte es sich mit ihm nicht ganz verscherzen, auch wenn sie sich nicht einmal sicher war, ob sie dies nicht bereits schon getan hatte.
[I]„Oder wir müssen uns eben doch ändern. Vorteil: Wir wären beide ein Stück zufriedener. Nachteil: Anstrengend und gegen deine Prinzipien. Ich werde also ein bisschen weniger nett sein. Der Fairness halber musst du dann allerdings etwas netter werden – sonst wird die Abmachung hinfällig.“[/I], zählte Logan ihre Alternativen auf und fuchtelte mit zwei Fingern vor Nells Nase herum. Diese wischte Logans Hand mit einer Geste fort, mit der man normalerweise eine lästige Fliege vertreibt und stopfte ihre kalten Fingen dann wieder in die warme Tasche ihres abgenutzten Schulumhangs.
„Es ist nicht nur gegen meine Prinzipien, sondern auch gegen deine, aber gut. es wird mir nicht leicht fallen, aber ich werde versuchen, mir Mühe zu geben.“, sagte die Musikerin in möglichst gleichgültigen und beiläufigen Tonfall und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie erleichtert sie darüber war, dass Logan noch immer bereit war, ihr die Tabellen und Zahlenreihen der Arithmantik näher zu bringen. Sie selbst an seiner Stelle hätte wohl schon längst das Handtuch geschmissen und zum ersten Mal an diesem Morgen freute Nell sich über die nervtötende Nettigkeit des Munroe-Erbens.
„Aber hör auf, deine Nase ständig in meine Angelegenheiten stecken zu wollen, okay?“

Ein eisiger Schauer überlief die Schülerin, als Logans große Hand die weiche Haut ihrer Schläfen streifte und eine ihrer Haarsträhnen zwischen Daumen und Zeigefinger nahm, während er sich ihr immer weiter näherte. Seine plötzliche Nähe schien ihr die Luft abzuschnüren und sie war nicht fähig, sich auch nur ein winziges Stückchen zu bewegen, während er ihr wie in Zeitlupe das Haar hinters Ohr strich, sie starrte nur unentwegt auf Logans breite Brust, die sich nun unmittelbar vor ihrem Gesicht befand. Er war ihr so nahe gekommen, dass sie das Gesicht nur ein paar wenige Zentimeter nach vorne hätte bewegen müssen, um sein Herz schlafen hören zu wollen. Sie wagte es nicht, ihm direkt in die Augen zu blicken und als seine Hand in ihrem Nacken zum Ruhen kam, war Nell sich beinahe sicher, er würde sie ein weiteres Mal an sich ziehen und küssen – das Schlimmste war, dass sie sich in diesem Moment, das sie es erwartete, nicht einmal dagegen gewehrt hätte – doch er tat es nicht.
[I] „Weißt du, welches das wohl größte und mächtigste menschliche Gefühl ist? Du kennst es ziemlich gut. Es ist Hass.“[/I], wisperte Logan ihr gefährlich leise zu und unter seinen Fingern kribbelte die haut in ihrem Nacken unangenehm.
[I]“Es ist Hass.“[/I] Wie der Stich eines langen, eisigen Messers trafen Logans Worte Nells Herz so unvermittelt und plötzlich, dass sie erschrocken keuchte, ganz so, als habe sich tatsächlich eine Klinge in ihr Fleisch gebohrt.
[I]Hass. Hass. Hass.[/I] Schwer schluckend hob Nell den Kopf und blickte Logan an. War es wirklich das, was sie miteinander verband? Hass? [I]Hasste[/I] er sie. Sie ihn? Es dauerte einige Augenblicke, bis Nell Logans Worte überwunden hatte, doch dann zog sie plötzlich die Augenbrauen zusammen und schlug ärgerlich seine Hand weg. Wenn er spielen wollte, dann sollte er das auch bekommen.
„Hass ist ein hartes Wort.“, erwiderte sie, beinahe ebenso leise wie er und machte eine kleine Bewegung auf ihn zu, sodass gerade noch ein Blatt Papier zwischen ihre beiden Körper gepasst hätte.
„Aber…“ Sie richtete ihren Blick fest auf sein Gesicht, mit ihrem rechten Zeigefinger strich sie langsam über seine muskulöse Brust, bis sie dort, wo ungefähr sein herz lag, innehielt.
„Ich denke, in unserem Fall, hast du Recht.“ Im Gegensatz zu ihren vorhergegangenen Wutausbrüchen war die Stimme der Gryffindor nun vollkommen ruhig, leise und drohend und auch ihre Miene war ruhig und spiegelte keinerlei Emotionen wieder, nichts an ihrem Äußeren verriet, was sie dachte.
Wie hatte sie nur so dumm sein können, anzunehmen – und sei es auch nur für wenige Sekunden – dass sie mehr für Logan empfinden konnte, als Abscheu und Abneigung. Er tat das doch auch nicht. Er hatte die ganze Zeit gewusst, dass sie füreinander nichts fühlten außer Hass und dass nichts anderes die Spannung in ihrem Kuss hervorgerufen hatte.
„Ich kenne Hass tatsächlich ziemlich gut.“





.:|Cornelia 'Nell' Hathaway. Seventeen. 7th class. Gryffindor. [Wannabe]Musician|:.
Where did the blue sky go? And why is it raining so?
.:|No risk, no fun. Colorful. Don't dare me. Musical. Rebellious|:.
Photobucket
I hate you I hate you I hate you I hate you
And still there's something about you
Making my heart beat faster
[For you?]

Call me. Emmy. Claire. Erin. Lynn. Summer. Leilani. If you want.

27.12.2008

7, 14, 21, 28, 35, 42, 49, 56, 63, 70, 77, 84, 91, 98, 105, 112, 119, 126, 133, 140.
Während der wache Blick aus Logans braungrünen Augen über die Ländereien wanderte, die zur Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei gehörten, bemerkte er eine alte Marotte an sich, die er doch eigentlich längst für abgelegt gehalten hatte.
In seiner Kindheit hatte er sich oft mit Zahlenreichen beruhigt, wenn er sich bemühen wollte, an nichts anderes zu denken. Wenn er allein zuhause gewesen war und sich einsam gefühlt hatte. Wenn seine vermeintlichen Eltern ihm mit einer Gefühlskälte gegenübergetreten waren, die ein kleines Kind einfach nicht auszuhalten imstande war. Wenn er sich bemüht hatte, alles perfekt zu machen, und er außer einem milden Lächeln nichts geerntet hatte oder wenn ausnahmsweise Mal etwas nicht tadellos gelaufen war und dies natürlich sofort aufgefallen und sanktioniert worden war.
8, 16, 24, 32, 40, 48, 56, 64, 72, 80, 88, 96, 104, 112, 120, 128, 136, 144, 152, 160.
Manchmal hatte er rückwärts gerechnet, manchmal bis in vier- oder gar fünfstellige Bereiche. Er hatte immer solange gerechnet, bis nur noch Zahlen in seinem Kopf existiert hatten, nicht aber Gefühle und Sorgen. Dass er über diese Rationalisierung der eigenen Empfindungen nicht zu einem Eisklotz ohne jegliche Sensibilität verkommen war, mochte verwunderlich erscheinen, doch positive Gefühle hatte der Ravenclaw stets zugelassen. Und irgendwann war die Zeit gekommen, in der er sämtliche Zahlenreihen auswendig hatte herunterbeten können, während seine Gedanken dennoch abschweiften. Das bewährte Rezept hatte nicht mehr die erwünschte Wirkung gebracht und so hatte er lernen müssen, sich mit seinen Problemen auseinanderzusetzen, was ihm in der überwiegenden Zahl der Fälle auch durchaus gelingen mochte. Selbstreflektiert und souverän löste er mittlerweile all jene Schwierigkeiten, die er in früheren Jahren einfach „weggezählt“ hatte und so erscheint es kaum verwunderlich, wie sehr es den gutaussehenden Schüler konsternierte, dass er seine alte Strategie nun plötzlich und unbewusst wieder aufgegriffen hatte. Machte die unglückselige Situation mit Nell ihn etwa so hilflos? Hilflos wie ein kleines Kind?
Schnaubend atmete er aus und schüttelte diesen Gedanken schnell ab. Er würde sich von einem Mädchen wie ihr, das vom zwischenmenschlichen Umgang so gar keine Ahnung zu haben schien, nicht degradieren lassen.
Logan verstand nicht, warum die brünette Schülerin ihn derartig aus der Fassung brachte, doch nun war wohl kaum die Zeit dafür, diesen Umstand genauer zu analysieren. Für den Moment musste er es sich schlichtweg so erklären, dass sie ihn einfach verwirrte. Diese Verwirrung erschien ihm nur natürlich, denn selten war ihm jemand begegnet, der auf eine derart heftige Weise alles ablehnte, was seine Welt ausmachte.
Sie waren wie Sonne und Mond, wie Feuer und Wasser.
Das eine kann nicht existieren, solange das andere seinen Platz einnimmt.
Doch keineswegs hatte der junge Munroe vor, sich seinen Platz von ihr streitig machen zu lassen. Gerne hätte er weiterhin daran geglaubt, dass es möglich war, friedlich nebeneinander zu existieren, doch diese Hoffnung rann ihm wie Sand durch die Finger. Wenn er „Ja“ sagte, so sagte Nell automatisch „Nein“. Er hätte ihr Wort für Wort nach dem Mund reden können und sie hätte ihm noch immer widersprochen, bloß weil es seine Worte waren.
„Warum sollte ich auch eine Brücke zu jemandem wie DIR nutzen wollen? Gib doch zu, dir ist es doch auch lieber wenn ich auf meiner Seite bleibe, und du auf deiner. Mal ehrlich: Frieden zwischen uns beiden würde doch auch mit besser formulierten Angeboten als dem deinem nicht funktionieren, das solltest du doch auch langsam wissen. Oder bist du wirklich so verblendet, wie ich anfangs dachte?“ Patzig schlug die zierliche Gryffindor das Friedensangebot ihres breitschultrigen Mitschülers aus und bewies somit doch nur ein weiteres mal, wie absolut uneinsichtig und stur sie war. Hätte sie nur einen kurzen Moment über ihre eigenen Worte nachgedacht, so hätte ihr doch zweifelsfrei klar werden müssen, dass keineswegs Logan derjenige war, der durch das nicht eben schmeichelhafte Adjektiv „verblendet“ zu beschreiben war.
War nicht sie es, die von ihren verqueren Ansichten kein Stück abrückte? Sie, die nur austeilen, nicht aber einstecken konnte?
„Eine Brücke bedeutet nicht, dass wir heiraten müssen.“ erklärte der gutaussehende Erbe mit einem leicht grimmigen Schmunzeln und kratzte sich am Kinn, das wie immer perfekt rasiert war. „Und ebenso wenig ist Frieden mit dem Versprechen gleichzusetzen, dass wir für immer Freunde sein müssen. Eher hatte ich an einen… - nennen wir es Waffenstillstand - gedacht.“ Unvermindert geduldig, aber dennoch mit einem gewissen Nachdruck führte Logan aus, wie seine vorherige Äußerung intendiert gewesen war, obschon er bereits ahnte, dass Nells Begeisterung sich weiterhin in Grenzen halten würde.
„Falls meine Verblendung darin besteht, dass ich Optimist bin, dann nenn mich verblendet, bitte.“ Ein mildes Lächeln zierte das markante, aristokratisch wirkende Gesicht des brünetten Jungen, der weit davon entfernt war, seiner Nachhilfeschülerin nur seinerseits Verblendung vorzuwerfen. So einfalls- und niveaulos wollte er nicht sein, auch, wenn er vielleicht im Recht gewesen wäre.
„Wenn du ein Egoist wärest und nichts als deine Ruhe haben wolltest, hättest du mit ein bisschen Intelligenz, von der ich ausgehe, dass du sie besitzt, schon längst gemerkt, dass du deine Ruhe einfacher haben könntest, wenn du mir deine Nettigkeit ersparen würdest!“
Die Tatsache, dass sie ihn für intelligent hielt, hätte Logan fast erneut grinsen lassen. Wahrscheinlich war dies aber auch schon das einzig Positive, was sie an ihm zu finden vermochte, sofern Intelligenz in Nells Welt denn überhaupt als Stärke galt. Immerhin hielt sie ihn für einen Streber, einen langweiligen Spießer, was den Schluss nahe legte, dass die Leistungen seines Gehirns sie eher abschreckten, als dass sie diese befürwortet hätte. Eigentlich, so dachte er mit einem ernsten Gesichtsaudruck bei sich, war es traurig, dass sie so dachte. Dass sie, die vielleicht einfach die Erfahrung gemacht hatte, dass man mit Intelligenz in einer Welt wie der Ihren nicht weit kam, so denken musste. Er konnte es ihr nicht vorwerfen. Zwar kannte der reiche Sprössling sich in den unteren Schichten der britischen Gesellschaft nicht aus, doch er hatte in Ansätzen gehört vom Gesetz der Straße, in dem es doch hieß „Fressen oder gefressen werden.“ Nach Intelligenz fragte dort wohl niemand und gute Noten in Arithmantik konnten das Überleben auch nicht sichern.
„Nell“ setzte er mit seiner sanften, rauen Stimme an und atmete tief durch die Nase aus, bevor er weitersprach „Ich habe dir gestern und ich habe dir heute erklärt, dass meine Erziehung mich zu dem gemacht hat, was ich bin. Nettigkeit hin oder her, wir beide werden erstmal keine Ruhe vor dem jeweils anderen haben, so will es die Tatsache, dass du drohst, in Arithmantik durchzufallen. Ich würde uns beiden gerne den Gefallen tun und dir das fehlende Wissen einfach in den Kopf zaubern, aber wir beide wissen, dass das nicht geht.“ Bedauernd hob Logan die breiten Schultern und suchte den Blick aus Nells blauen Augen, um diesen festzuhalten.
„Du kennst dich doch aus mit Schallplatten, oder?“ erkundigte er sich mit einem schelmischen Lächeln, das eine perfekt gerade Reihe weißer Zähne entblößte. „Dann leg doch bitte einfach mal eine andere auf“ bat er, begleitet von einem jungenhaften Augenzwinkern und meinte dies keineswegs böse. Es war ein Faktum das ihn störte, dass Nell sich immer und immer wiederholte, doch er war deswegen nicht wirklich wütend auf sie. Am gestrigen Abend hatten sie es irgendwann geschafft, sich auf einer weniger ernsthaften Ebene gegenseitig zu triezen und wenn sie zumindest diesen Punkt wieder erreichen könnten, hätte Logan sich glücklich geschätzt.

„Trotzdem danke…“
Irritiert blickte Logan sich um, denn er war sich fast sicher, dass diese fremdartig klingenden Worte nicht aus dem Mund des Mädchens gekommen sein konnte, dass ihm direkt gegenüberstand. Mit dem unverkennbaren Ausdruck von Überraschung in seinen warmen braungrünen Augen fand er schließlich nichts anderes als eben nur den Blick eben dieses Mädchens. Sie hatte sich bei ihm bedankt.
Nun, zwar hatte sie es bereits im Vorfeld abgeschwächt durch die Erklärung, dass sie sein Angebot bestimmt niemals wahrnehmen würde, doch dieser Umstand tat der Tatsache keinen Abbruch, dass Cornelia Hathaway sich eben wie ein zivilisiertes Wesen benommen hatte. Ihre Stimme hatte zart geklungen, ungewöhnlich zerbrechlich und fragil, doch es war ihre Stimme gewesen, so viel stand fest.
„Gerne“ erwiderte der wohlerzogene Spross aus gutem Hause wie selbstverständlich und ließ ein charmantes Lächeln auf seinem noch immer positiv überraschten, strahlenden Gesicht erscheinen. Vielleicht, so dachte er bei sich, blieb sein Verhalten also doch nicht ohne Wirkung auf sie. Hatte sie sich entschuldigt, weil sie es so wollte, oder weil sie davon ausging, dass er es erwartete? Nell war, so gut kannte er sie mittlerweile, beileibe kein Mensch, dem viel daran lag, den Erwartungen anderer gerecht zu werden. Welche Begründung ihr Dank auch immer haben mochte, er sorgte dafür, dass sich der feste Knoten, als der Logan sich noch vor wenigen Minuten selbst empfunden hatte, zu lösen begann. Vielleicht war er naiv, vielleicht war er zu gutgläubig, doch er konnte nun nicht mehr anders, als das Gute in Nell zu sehen. Zumindest wusste er nun doch, dass es da war.

Das Lächeln auf seinem feingeschnittenen Gesicht verbreiterte sich, als Nell recht gleichmütig erklärte „Es ist nicht nur gegen meine Prinzipien, sondern auch gegen deine, aber gut. es wird mir nicht leicht fallen, aber ich werde versuchen, mir Mühe zu geben.“
Sie bedankte sich. Sie lenkte ein. Sie wollte sich Mühe geben.
Skeptisch betrachtete Logan das zierliche Mädchen und konnte diesem Frieden nicht recht trauen. Obwohl er sie nicht besonders gut kannte, wusste er doch, dass sie stets für Überraschungen gut war und dass sie auch die trügerischste Harmonie binnen Sekunden in das größte Chaos verwandeln konnte. Vielleicht, so überlegte der gutgebaute Ravenclaw, hatte sie eingesehen, dass sie auf seine Hilfe angewiesen war. Aber dies hatte sie doch auch vorher schon gewusst und es hatte sie nicht im Geringsten davon abhalten können, ihn pausenlos zu provozieren und zu beleidigen. Eigentlich, so resümierte er, war es jedoch völlig egal, was den plötzlichen Sinneswandel ausgelöst hatte, er wollte es nicht hinterfragen, denn dies hätte ihn wohlmöglich rückgängig gemacht.
„Ich bin bereit, von meinen Prinzipien abzurücken. Zumindest ein bisschen. Und es freut mich, dass auch du es bist.“ erklärte er stattdessen schlicht und fuhr sich durch das wirre braune Haar, von dem es sich so anfühlte, als wären die Spitzen gefroren.
„Du übernimmst also meine abgelegte Nettigkeit und wir werden mal sehen, wie das funktioniert.“ Das schiefe Lächeln auf seinem markanten Gesicht war hoffnungsvoll, denn obwohl er gelernt hatte, vorsichtig zu sein, wusste er doch auch, dass Nell einen starken Willen hatte. Und wenn sie sich wirklich vornehmen würde, netter zu sein, dann würde ihr dies auch gelingen, da war er sich sicher.
Ob er seine Höflichkeit aufgeben konnte war eine Frage, die sich noch nie zuvor gestellt hatte, da einjeder es genoss, zuvorkommend behandelt zu werden, doch wenn es nun Nells Wunsch war, dass eben dies nicht geschehen sollte, dann wollte er versuchen, es zu unterlassen.
In ihr ein Mädchen sehen, nicht eine Dame.
Ihr jedes unfeine Wort ins Gesicht sagen, dass in seinen Gedanken erschien.
Es würde ihm schwer fallen, zweifellos. Aber ein Kompromiss war geschlossen und er wollte nicht derjenige sein, der ihn nicht einhielt.
„Erwartest du jetzt, dass ich dich alle fünf Minuten anpflaume?“ erkundigte er sich, um der Situation die ernsthafte Stimmung zu nehmen und grinste leicht bei diesem Gedanken. Es erschien ihm völlig abwegig und unvorstellbar, so herumzuzetern, wie Nell es zu tun pflegte und er würde diese Verhaltensweise bestimmt niemals übernehmen.
„Aber hör auf, deine Nase ständig in meine Angelegenheiten stecken zu wollen, okay?“
Abwehrend hob Logan die Arme, bevor er ansetzte, diesen Wunsch von Nell zu kommentieren. „Ich hatte nie vor, dir zu nahe zu treten“ erklärte er rasch, aber dennoch bedacht, während seine Augen friedlich auf der schmalen Statur der Gryffindor ruhten. „Du magst eine interessante Frau sein, aber dennoch habe ich nicht vor, in deinem Leben herumzuschnüffeln.“ Fügte er hinzu und registrierte den genauen Sinn seiner eigenen Worte erst, als diese seinen feingeschwungenen Mund bereits verlassen hatten. Er hatte keineswegs vorgehabt, ihr zu schmeicheln, doch dass es nun geschehen war, stürzte den wohlgeratenen Erben dennoch nicht in Verlegenheit. Sie sollte es verstehen, wie sie es eben verstehen wollte. Er selbst wusste, wie er es gemeint hatte und wollte gerne davon ausgehen, dass auch Nell nun einsehen würde, dass er keinerlei Mitspracherecht an ihrem Leben für sich beanspruchen wollte.

Kühl spürte Logan die weiche Haut des brünetten Mädchens unter seiner großen Handfläche. Auf eine seltsam fremde Art kam diese Empfindung ihm so vertraut vor wie der frische Windhauch, der einen erfasste, wenn man das warme Schloss verließ. Sie waren einander so nah, dass er Nells warmen Atem an seiner Brust spüren konnte. Komisch, so dachte der Ravenclaw bei sich, dass dieser den schweren Umhangstoff durchdrang, doch er wollte nicht in Betracht ziehen, dass er sich diese Empfindung vielleicht nur einbildete.
Dieser Moment erschien ihm, so merkwürdig dies auch anmuten mochte, fast inniger als der Kuss, den sie zuvor ausgetauscht hatten. Der Kuss war überwältigend gewesen, leidenschaftlich und intensiv, doch nun, in harmonischem Schweigen, konnte er das leise Knistern zwischen ihnen beiden so deutlich spüren, dass es fast greifbar erschien. Er hätte sie erneut küssen können, doch die Angst, jenen perfekten Moment zu zerstören, den sie gerade teilten, war zu groß, als dass er diesen Schritt gegangen wäre.
„Hass ist ein hartes Wort.“ erklärte Nell leise und obwohl sie einander gerade auf subtile Art zu verstehen gaben, wie wenig sie einander mochten, wuchs die körperliche Anziehungskraft von Sekunde zu Sekunde. Als der schmale Zeigefinger des Mädchens seine Brust berührte, trafen sich ihre Augen. Logan blickte hinab und kreuzte den nun spielerisch fordernd wirkenden Blick der Gryffindor.
„Mir kam es so vor, als hättest du eine Vorliebe für harte Worte“ erwiderte er im gleichen, umschmeichelnden Flüsterton und legte seine Hand auf die ihre, die auf seiner breiten Brust verharrte. Mit der Bestimmtheit eines Mannes, der für einen Moment völlig zu vergessen schien, wer er war und was er wollte, wenn er nicht durch die elektrisierende Nähe einer verführerischen Frau benebelt war, griff er wie ferngesteuert auch nach ihrer anderen Hand. „Ich möchte wetten, dass du mindestens doppelt so viele harte Worte kennst wie ich“ vermutete er mit rauer Stimme und lächelte matt, während er Nells zierliche Hand hielt und diese, ebenfalls bedeckt von seiner eigenen, viel größeren Hand, auf die andere Hälfte seines muskulösen Brustkorbs legte.
„Ich denke, in unserem Fall, hast du Recht.“ bestätigte Nell etwas, das Logan so nie gesagt hatte.
Er hatte nie gesagt, dass er sie hasste, da war er sich sicher. Er hatte lediglich erklärt, dass Hass ein sehr mächtiges Gefühl war. Gerne hätte er sie berichtigt, doch eine unbekannte Stimme in seinem Inneren unterdrückte ihn. Feste musste er Nells kleine Hände drücken, um diesen Wunsch, sich ihr zu erklären, zu unterdrücken.
„Und ich denke, dass es in unserem Fall kein richtig und kein falsch gibt.“
Die für gewöhnlich recht weiche Stimme des Munroe-Erben klang erstaunlich hart, als diese Worte seinen sich trocken anfühlenden Mund verließen. Langsam löste er seine von Nells Händen und ließ diese über ihre schmalen Schultern auf ihren grazilen Rücken wandern. Kaum wusste er selbst, was diese dort sollten, doch ehe er sich diese Frage beantwortet hatte, zogen seine kräftigen Arme das Mädchen an seine breite Brust, an der noch immer die Hände der Gryffindor, so dass sie sich jederzeit hätte abstoßen können, wenn sie es denn wollte.
Rasch flogen die kräftigen Hände des Ravenclaw nun an die Seiten von Nells Nacken, wo sie nicht eben zärtlich zupackten und das kleine Gesicht des Mädchens unnachgiebig nach oben zogen. Gleichzeitig krümmte der gerade Rücken des hochgewachsenen jungen Mannes sich gerade so weit, dass er und Nell sich nun auf einer Höhe befanden. Sein Atem ging schnell, ruhelos, ungeduldig. Nur wenige Sekunden und er hätte es wieder spüren können, dieses unvergleichliche Gefühl, wenn seine Lippen die ihren trafen, die so überraschend weich waren.
Schwer schluckte Logan, als ihm bewusst wurde, wie sehr er sich gerade gehen ließ. Welche unbekannten Triebe waren es, die Nell in ihm erwachen ließ?
„Hasst du mich zu sehr, um mich noch einmal zu küssen?“ fragte er, mehr einerstickter Hauch als wirklich geformte Worte, während seine starken Hände nun sanfter ihr Gesicht umschlossen, in welches er mit klopfendem Herzen blickte.







____________________

___________________________________
wie die sonne den kometen
wegzieht von seiner bahn
wie der felsblock zu dem fluss sagt
fließ woanders hin
___________________________________


___________________________________
wie ein schiff erfasst vom sturmwind,
das die richtung verliert
und ein nie gesehnes ufer gewinnt
___________________________________

29.12.2008

Es war seltsam. Nell hatte schon viele verschiedene Menschen kennen gelernt, einige von ihnen hatte sie von Anfang an sympathisch gefunden, war mit ihnen auf einer Wellenlänge geschwommen und nicht selten hatten sich auch Freundschaften entwickelt. Andere Menschen hatte sie nicht gemocht, vom ersten Moment ihrer Begegnung an hatte sie gewusst, dass sie mit diesen Menschen niemals klarkommen würde und hatte es ihnen auch ohne Umschweife gesagt, auch wenn das oftmals mehr als verletzend gewirkt hatte, Nell hielt nichts davon, anderen Sympathie nur vorzuspielen. Wieder andere Menschen waren ihr recht gleichgültig gewesen und sie hatte sich nicht weiter mit ihnen beschäftigt. Sie waren ihr sozusagen egal. Doch egal welche Menschen Nell auch getroffen hatte, sie hatte immer recht bald zu sagen gewusst, wie sie zu diesen Menschen stand und wie sie diese einschätzte.
Und dann kam Logan, dieser reiche, immer nette, attraktive junge Mann, der so anders war als sie und vom dem sie gedacht hatte, sie würde sich niemals mit ihm abgeben müssen. Und er fiel in keine der Kategorien, in welche Nell früher die Menschen eingeteilt hatte. Am Vorabend, in der Bibliothek noch, war Nell sich absolut sicher gewesen, Logan zu hassen. Doch dann, je mehr sie von ihm sah, je mehr Worte sie mit ihm wechselte, desto unsicherer wurde sie in ihrer Entscheidung. Sie wusste, dass sie ihn nicht leiden konnte, doch andererseits war sie nicht sicher, ob Abneigung das einzige war, dass sie für Logan empfand. Er schaffte es mühelos, sie aus dem Konzept zu bringen, er brachte sie in Rage, ließ ihr Herz heftiger schlagen und ließ sie nachdenken, über sich und ihre Einstellung zum Leben. Und je mehr sie sich mit ihm abgab, desto verwirrter wurde sie. es war, als deckte Logan jede einzelne Kategorie in Nells Kopf ab und doch auch wieder keine einzige. Sie war niemals zuvor einem Menschen wie ihm begegnet.
[I]„Und ebenso wenig ist Frieden mit dem Versprechen gleichzusetzen, dass wir für immer Freunde sein müssen. Eher hatte ich an einen… - nennen wir es Waffenstillstand - gedacht.“[/I] Beschwichtigend und mit seinem stets charmanten Lächelnd erklärte Logan sich der sturen Gryffindor, seine ruhige Stimme war nachdrücklich und Nell ahnte, dass Logan es nicht aufgeben würde, zu versuchen, den irritierenden streit zwischen ihnen beiden beilegen zu wollen.
„Wir könnten mit keinem Friedensangebot oder Waffenstillstand der Welt Freunde werden und das weißt du ebenso gut wie ich.“ Langsam beruhigte auch Nell sich wieder ein wenig, doch sie wusste, dass sie sich in Logans Gegenwart nur begrenzt beherrschen konnte. Früher oder später würde er wieder etwas von sich geben, an dem sie Anstoß nehmen würde und der Streit würde von vorne beginnen, Waffenstillstand hin oder her.
„Aber wenn du meinst, dass es funktionieren kann – bitte. Ich will nicht in Arithmantik durchfallen und so ungern ich es auch zugebe: ich finde keinen besseren Nachhilfelehrer als dich. Und auch wenn ich mir eine angenehmere Freizeitbeschäftigung vorstellen kann, als meine Nachmittage ausgerechnet mit dir zu verbringen, geht es nicht anders. Ich werde mir ein bisschen mehr Mühe geben.“ Nell blickte zähneknirschend hinab auf ihre lackierten Fingernägel und ärgerte sich innerlich für ihr Einlenken. Doch was blieb ihr schon anderes übrig, als sich auf irgendeine Art und Weise mit Logan und seiner ewig langweiligen Nettigkeit zu arrangieren? Sie brauchte ihn, auch wenn sie es nicht gerne zugab, sie brauchte ihn und er hatte sie in der Hand. Sie durfte ihn nicht verschrecken, auch wenn sie dies liebend gerne getan hätte. Es gab keinen besseren Schüler in Arithmantik als Logan und er war vermutlich der einzige, der sich von Nells ruppigen Art und ihrer Unlust, Arithmantik zu lernen, nicht hatte abschrecken lassen. Er war ihre letzte Hoffnung, das Schuljahr doch noch zu schaffen, auch wenn sie sich für diesen Umstand am liebsten geohrfeigt hätte.
[I]„Ich bin bereit, von meinen Prinzipien abzurücken. Zumindest ein bisschen. Und es freut mich, dass auch du es bist. Du übernimmst also meine abgelegte Nettigkeit und wir werden mal sehen, wie das funktioniert.“[/I] Nell blickte in Logans braune Augen, mit zusammengekniffenen Lippen nickte sie ihm zu. Sie müsste versuchen, netter zu ihm zu sein, obwohl dies doch so gar nicht ihrer Art entsprach. Sie sagte doch vielmehr direkt, was sie dachte, wie machte man es, ruhig zu bleiben, wenn man eigentlich schreien wollte? Wie konnte man nett zu jemandem sein, den man nicht mochte? Nell bezweifelte, dass ihr das neue Verhalten gemäß ihres Kompromisses leicht fallen würde, doch sie bezweifelte auch, dass Logan es durchhalten würde, einmal nicht nett zu sein, hatte er ihr doch vor nicht weniger als fünf Minuten lang und breit erklärt, dass dies einfach seinem Charakter entsprach.
„Ich sagte, ich gebe mir Mühe. Aber ich garantiere für nichts.“, gab Nell zu bedenken und kratzte sich nachdenklich an der Stirn. „Du weißt, dass man nicht so leicht entgegen seines Charakters handeln kann.“

[I]„Ich hatte nie vor, dir zu nahe zu treten. Du magst eine interessante Frau sein, aber dennoch habe ich nicht vor, in deinem Leben herumzuschnüffeln.“[/I], sagte Logan rasch und lächelte sie an mit seinem perfekten Lächeln. es dauerte einen Moment, bis Nell registriert hatte, dass seine Worte ein Kompliment waren. Er fand sie interessant? Ein wenig überrascht blinzelte Nell Logan an und ganz langsam breitete sich ein grinsen auf ihrem markanten Gesicht aus. Es war im Grunde genommen lächerlich, dass jemand wie er, der doch so ganz andere Frauen gewohnt waren, Püppchen mit feinen Kleidern und guten Manieren, sich für eine ruppiges Mädchen von der Straße mit abgenutzten Klamotten interessieren konnten, doch vielleicht fand er sie gerade deshalb interessant? Weil sie einfach anders war. Sie hätte es niemals zugegeben, doch auch sie fand Logan interessant, auf eine bizarre Art und Weise. Er war anders als alle jungen Männer, mit denen sie bislang Umgang gehabt hatte und gerade aus diesem Grund redete sie gerne mit Logan, auch wenn ihre Gespräche zum Großteil aus streit bestanden.
„Das will ich dir aber auch geraten haben.“, sagte Nell grinsend und beließ es dabei. Sie würde ihm sicherlich nicht unter die Nase binden, dass sie ihn ebenfalls interessant fand, das hätte nur sein ohnehin schon übergroßes Ego weiter aufgeblasen.

Ohne es zu wollen, ja ohne es überhaupt zu bemerken waren sie wieder in einer äußerst verfänglichen Situation gelandet, die es eigentlich zu unterbinden galt. Nell hätte zurückweichen sollen, hätte Logans hand von ihrer Wange schlagen und sich abwenden sollen, doch ganz im Gegensatz zu ihren Vorsätzen, kam sie ihm nur noch näher, strich über seinen Brustkorb, als ob sie dies schon tausendmal gemacht hätte. Die Bewegung kam ihr so seltsam vertraut vor, als habe sie noch nie einen anderen Jungen berührt. Die Hand der Gryffindor kam auf dem Brustkorb des Jungen zum Ruhen, dort, wo sie sein Herz schnell schlagen spürte. In diesem Moment hätte Nell ihm alles gegeben, was er wollte, sie war kaum fähig, einen klaren Gedanken zu fassen, vollkommen überwältigt von der unfassbaren Anziehungskraft, die zwischen ihnen beiden herrschte.
[I]Es ist absurd…[/I], dachte sie, doch ihr Körper hatte jegliche Vernunft bereits in dem Moment in den Wind geblasen, da Logan mit seiner warmen Hand ihre kalte Wange berührt hatte.
[I] „Mir kam es so vor, als hättest du eine Vorliebe für harte Worte. Ich möchte wetten, dass du mindestens doppelt so viele harte Worte kennst wie ich“[/I], sagte Logan heiser und ergriff Nells freie Hand und legte diese ebenfalls auf seine Brust, bedeckt von der seinen. Nell konnte unter Logans warmem Umhang deutlich seine zum Zerreißen gespannten Muskeln fühlen und dort, wo seine Handflächen ihre Haut berührten, hinterließen sie ein seltsames, angenehmes Kribbeln. Gegen ihren Willen musste die junge Hexe lächeln und das unverfälschte, wahre Lächeln, das erste, das sie Logan schenkte, sich auf ihr Antlitz schlich, wirkte sie gar nicht mehr so rau und abweisend, wie sie stets zu tun pflegte.
„Diese Wette würdest du gewinnen“, antwortete Nell mit rauer Stimme und so leise, dass man sie gerade so hören konnte, denn sie hatte Angst, diesen elektrisierenden Moment mit Worten zu zerstören. Doch hätte sie das nicht eigentlich tun sollen?
[I]„Und ich denke, dass es in unserem Fall kein richtig und kein falsch gibt.“[/I]
Nells Atem stockte, als Logans Hände sachte über ihre Schultern strichen und auf seinem Rücken zum Ruhen kamen. Fragend blickte sie ihn an, sie wusste kaum, wie ihr geschah, sie wusste nur, dass sie sich nicht rühren konnte und so ließ sie es geschehen, dass der kräftige Zauberer sie an sich zog, doch nicht etwa so stark, dass sie sich nicht hätte abstoßen können, wenn sie es denn versucht hätte. Doch wollte sie das nicht eigentlich? Sie wollte ihn von sich stoßen, ihm eine Ohrfeige geben und gehen, doch sie blieb bewegungslos in seinen Armen, ja, schmiegte sich in einer jähen Bewegung beinahe schon an ihn, um die innige, eigentlich einem liebespaar, das sie ja doch nicht waren, gebührende Umarmung voll auszukosten, während sie über seine Worte nachdachte. War es das? Weder richtig, noch falsch? Es war falsch, dass sich zwei Menschen, die sich so offenkundig nicht mochten, derartig einander hingaben. Es war falsch. Doch es fühlte sich richtig an. Mehr als alles andere, was Nell in ihrem Leben bislang widerfahren war.
„Es ist, was es ist.“, sagte Nell ohne sich gegen Logans harten Griff um ihren Nacken, der sie zwang, ihn anzublicken, zu wehren. Nur noch Zentimeter trennten ihre Gesichter voneinander und Nell hatte das jähe Gefühl, Logan küssen zu müssen. Es wäre so leicht gewesen, doch sie wagte es nicht, aus Angst vor ihren eigenen Gefühlen, aus Angst vor dem, was Logan dazu sagen würde. Sie hasste es, wie sehr er sie verwirrte. Und sie hasste die Anziehungskraft, die er auf sie ausübte, obwohl sie es doch gar nicht wollte.
[I]„Hasst du mich zu sehr, um mich noch einmal zu küssen?“[/I] Sprachlos sah Nell in Logans unergründliche, blitzende Augen, die er mit einem verwirrenden Verlangen auf sie gerichtet hatte, seine Stimme war nur noch ein bebendes Flüstern, ganz so, als habe er Mühe, die Kontrolle über sich zu behalten. Er hatte das ausgesprochen, was sie sich wünschte.
[I]Ja, ich hasse dich zu sehr[/I], wollte ihr Kopf sagen, doch [I]Nein[/I] sagte ihr Herz. Wie von selbst glitten Nells Hände über seine Brust hinauf zu seinem markanten Gesicht und umschlossen dieses sanft. Sie konnte seine Anspannung deutlich spüren und auch ihr eigener Körper drängte nach dem unbeschreiblichen Gefühl, die Lippen des Ravenclaws wieder zu spüren. Kaum wahrnehmbar schüttelte Nell den Kopf, stellte sich auf die Zehenspitzen und überbrückte die kurze Distanz, die sie noch voneinander trennte.

Als sich ihre Lippen trafen, entlud sich mit einem Schlag alle Spannung, die sich knisternd zwischen ihnen aufgebaut hatte und es war, als hätte jemand ein kleines Feuerwerk in Nells Bauch gezündet. Ihre Hände fuhren durch Logans dunkles Haar und kamen schließlich in seinem Nacken zum Ruhen, während sie sich in seine Arme schmiegte. Der Kuss war zärtlicher und liebevoller, doch mindestens genauso intensiv wie der erste an diesem Tag und für einen wahnwitzigen Moment lang wünschte Nell, er würde niemals enden. Ein bisschen war es, als sei die Zeit stehen geblieben und als gäbe es nichts anderes mehr als sie beide und diesen Kuss.
Zumindest bis zu dem Moment, in welchem oben im Schloss der durchdringende Gong der Schulglocke zu hören war und sie zurück in die Realität riss. Jäh unterbrach Nell den Kuss wieder, als ihr bewusst wurde, wie sehr sie sich gehen ließen und dass so etwas doch eigentlich gar nicht mehr hatte passieren sollen. Schwer atmend löste Nell ihre Hände von Logans Nacken und trat mit geröteten Wangen einen schritt zurück, den Blick unentwegt auf ihr Gegenüber gerichtet. In ihrem Inneren schrie eine empörte Stimme auf und alles in Nell drängte danach, sich Logan erneut zu nähern, doch sie hatte die Kontrolle über ihren Körper wieder gefunden.
„Das hier hatte nichts zu bedeuten…“, murmelte die Schülerin atemlos, während sie sich peinlich berührt das dunkle Haar aus dem geröteten Gesicht strich, das ihre Worte Lügen strafte. Niemals hätte sie gedacht, dass ein junge wie Logan eine derartige Wirkung auf sie und ihren Körper haben könnte.





.:|Cornelia 'Nell' Hathaway. Seventeen. 7th class. Gryffindor. [Wannabe]Musician|:.
Where did the blue sky go? And why is it raining so?
.:|No risk, no fun. Colorful. Don't dare me. Musical. Rebellious|:.
Photobucket
I hate you I hate you I hate you I hate you
And still there's something about you
Making my heart beat faster
[For you?]

Call me. Emmy. Claire. Erin. Lynn. Summer. Leilani. If you want.