The Story goes on - Forever - Hogsmeade

Die drei Besen

Die drei Besen

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Das Leben ist ein Traum, den man wie ein Schlafwandler durchschreitet.

Violetta Kimmkorn- Lockhart - 17 Jahre alt - Gryffindor - Schulsprecherin
other characters: Ilja Krum - Pansy Malfoy-Parkinson - Remus Lupin - Jack Weasley - Benoit Vergniaud

10.06.2008

Kaum, dass die zierliche rothaarige Hexe, der der Wind auf dem Weg hierher das lockige Haar zerzaust hatte, die schwere Eichentür der „Drei Besen“ aufgedrückt hatte, drangen ihr sogleich unzählige, wohlbekannte Sinneseindrücke entgegen.
Die Geräuschkulisse war, diplomatisch ausgedrückt, auf jeden Fall lauter als auf der nahezu menschenleeren Straße, die sie soeben entlang geschlendert war, während sich die ihr entgegenströmenden Gerüche bestenfalls noch als interessant beschrieben ließen.
Trotzdem glitt ein zufriedenes, von nahezu melancholischer Erinnerung geprägtes Lächeln über ihr zartes Gesicht, als sie all dies in sich aufnahm.
Hier, in Hogsmeade, war sie zuhause, hier kannte sie sich aus. Jedes Geschäft, jede Straße, jede Wirtschaft, jeder noch so kleine Baum am Wegesrand hier stellte einen Teil ihrer Geschichte dar.
Natürlich fühlte sie sich auch in London recht wohl, studierte gerne dort, liebte ihre kleine, gemütliche Wohnung und wusste, dass die große Stadt ihr durchaus auch gewisse Vorzüge bot, doch das kleinbürgerliche, beschauliche Leben in Hogsmeade war etwas ganz anderes, es war eine Welt, die der jungen Medimagierin weit besser gefiel – es war ihre Welt.
Sich, wie jetzt, an den Orten ihrer Kindheit aufzuhalten, die sie wie ihre eigene Hosentasche kannte – und dies traf auch auf das Gasthaus zu, welches sie soeben betreten hatte, ließ ihr Herz auf eine durchaus angenehme Art und Weise ein wenig höher schlagen.
„UNITY!“ hörte sie plötzlich eine wohlbekannte, tiefe und angenehm rauhe Frauenstimme, die mit den Jahren ihren einst unweigerlich verführerischen Klang zu großen Teilen verloren hatte, begeistert ausrufen, als sie, ehe sie sich versah,  kurz darauf auch schon kräftig an die üppigen Brüste einer älteren Dame gedrückt wurde.
„Rosmerta, du erdrückst mich“ ächzte die einzige Tochter von Percy und Penelope Weasley, konnte ein Grinsen jedoch nicht unterdrücken, während sie sanft aber nachdrücklich versuchte, sich aus der innigen Umarmung der Wirtin zu befreien.
Sie kannte Madame Rosmerta seit vielen Jahren und sie hatte die mittlerweile grauhaarige Wirtin der „Drei Besen“ schon immer für ihre Menschenkenntnis, ihre Freundlichkeit und die Wärme, die von ihr stets ausging, geschätzt und gemocht. Von jeher hatte Unity ihre Zeit gerne hier verbracht, hatte mit Rosmerta geplaudert und ihre Hausaufgaben hier erledigt, wenn sie keine Lust gehabt hatte, allein daheim zu sitzen. Ihrer Mutter hatte dies nie gefallen wollen, sie bezeichnete, Unity hatte es noch deutlich im Ohr, die Wirtin als „Lebefrau“, ein Wort, welches ihre Tochter im damaligen zarten Grundschulalter nicht hatte deuten können.
Unity wusste, zum größten Teil jedoch nur aus Erzählungen, dass Rosmerta früher eine wunderschöne Frau gewesen sein musste, der die Männer wohl reihenweise verfallen waren, doch von dieser Attraktivität war nun nicht mehr viel übrig. Zwar sah sie, für eine Frau ihres stolzen Alters, nach wie vor gut aus, doch verlieben würde sich wohl keiner mehr in ihr graues, einst kokett gelocktes, rabenschwarzes, Haar, es würde wohl kein einziger Schüler mehr erröten, wenn sein Blick, zufällig oder nicht,  in ihrem vollbusigen Ausschnitt hängen bleiben sollte.
Doch Unity störte sich daran nicht, für sie war Rosmerta nach wie vor eine nahezu mütterliche Bezugsperson, zu der ihr Weg sie immer führte, wenn sie in der Heimat zu Gast war.

„Wie schön es ist, dich zu sehen, Kindchen“ freute die Wirtin sich und ließ es sich nicht nehmen, den selten gesehenen Gast ein weiteres Mal beherzt an sich zu ziehen und sie dann, mit weit ausgestreckten Armen, von sich zu halten und von oben bis unten zu mustern.
„Sieh dich nur an, wie schön du geworden bist“ stellte sie frohlockend fest und kniff der jungen Frau, die mit einem leicht konsternierten Gesicht alles mit sich geschehen ließ, sanft in die rosige Wange.
„Was kann ich dir gutes tun? Willst du ein Butterbier? Einen Kürbissaft? Warmes Met?“ bot Rosmerta bereitwillig an, während sie Unity mit sanftem Druck in Richtung eines freien Tisches schob, von dem sie sicher wusste, dass es genau der Platz war, an dem ihre junge Freundin sich bereits in der Vergangenheit immer niedergelassen hatte.
„Setz dich, Kindchen, setz dich, ich bringe dir sofort was“ versprach sie übereifrig und rauschte mit wehender Schürze von dannen, just in dem Moment, in dem Unity gerade ansetzen wollte, die Frage, was sie trinken wolle, zu beantworten.
Ihren vollen, lächelnden Lippen entfuhr ein kleiner, amüsierter Seufzer, als sie bei sich dachte, dass sich manches wohl eben nie ändern würde.
Rosmerta war immer ein wenig durch den Wind und sie würde doch zugleich auch immer wissen, dass Unity nichts lieber trank als kühlen Kürbissaft, der ihr wenige Momente später von der drallen Wirtin tatsächlich, begleitet von einem wissenden und triumphierenden Lächeln, serviert wurde.
„Mein Mädchen, erzähl doch mal, was machen die Männer in London?“ erkundigte sie sich, zwinkerte verschwörerisch und schob sich neben Unity auf die Bank, was ihr, angesichts ihrer Leibesfülle, ein wenig schwer zu fallen schien.
„Männer?“ wiederholte die Angesprochene und nippte, eine vielsagende Pause machend, an ihrem Saft, bevor sie zu einer Erklärung ansetzte.
„Rosmerta, Männer machen nur Ärger, wer sollte das besser wissen als du?“ feixte sie, am heutigen Tag ausnehmend gut gelaunt, und wollte einer tiefgreifenderen Analyse ihres nicht vorhandenen Liebeslebens gerne aus dem Weg gehen, was die Wirtin sogar zu verstehen schien.
„Ja, Kindchen, das machen sie, in der Tat“ nickte diese „Aber sie machen auch verflucht viel Spaß. Denk mal drüber nach.“ fügte die Ältere mit einem schelmischen Lächeln  hinzu, drückte Unity ein weiteres Mal kurz an sich, murmelte ein leises „Schön, dass du mal wieder da bist“ und erhob sich unter Ächzen, um ihren beruflichen Pflichten nachzukommen, da doch stetig neue Gäste in die „Drei Besen“ stürmten, die durstig waren und von ihr bedient werden wollten.

Wohlwollend lächelnd blickte Unity ihr hinterher und verspürte plötzlich eine große, sie von innen heraus wärmende Freude darüber, wieder in der Heimat zu sein.
Die kühle Großstadt, das war nicht ganz ihre Welt, was sie aber stets nur dann deutlich merkte, wenn sie, wie jetzt, das Gegenteil erlebte.
Es tat ihr gut, ihre Eltern um sich zu haben und es mit Leuten zu tun zu haben, die sie kannte und einschätzen konnte.
Dies stellte in der Londoner Großstadt ihr wohl wesentlichstes Problem dar; die Tatsache, dass sie stets neuen Leuten begegnete, mit denen sie klarkommen musste. Unity war gewiss keine Misanthropin, doch sie zählte wohl auch nicht zu den geselligsten Menschen unter dieser Sonne. Neue Kontakte verunsicherten sie eher, vor allem dann, wenn es sich abzeichnete, dass sie nicht oberflächlich bleiben sollten.
Nun, so lässt sich wohl recht simpel erklären, dass es in ihrem Leben, anders als Madame Rosmerta es vielleicht gerne gehört hätte, natürlich keinen Mann gab.
Keinen, den sie liebte und der sie mit der gleichen Gefühlstärke wiederliebte, keinen, der sie sehnsüchtig erwartete und ihr Blumen oder Pralinen schenkte, keinen, der ihr das Frühstück ans Bett brachte und ihren Schlaf beobachtete, keinen, der sie in allen Belangen ihres Lebens kannte und verstand, der ihr ein Freund und ein ehrlicher Kritiker war, der ihre Meinung schätzte und jeden Morgen erneut ihre Schönheit entdeckte, die zu beschreiben er stets neue Worte fand. Keinen, der ihr die Sterne vom Himmel holen wollte, und mit ihr den Sonnenuntergang genoss, keinen, den sie ihren Eltern vorstellen konnte und der ihr Essen lobte.
Nein, es gab keinen Mann.
Aber wer brauchte schon Sterne und wer brauchte Sonnenuntergänge?
Sie, Unity Weasley, brauchte sie bestimmt nicht. Sie schaute lieber in ein gutes Buch, als in den Himmel, schaute lieber selbst in den Spiegel, als sich ihre äußere Erscheinung von einem Mann hochloben zu lassen.
Und wenn es um Gespräche und Ratschläge ging, dann hatte sie doch ihren Vater.
Ja, natürlich auch ihre Mutter und den Rest der Verwandtschaft, doch Percy kannte sie zweifellos am Besten, er schien sie oft eher zu verstehen, als Penelope es konnte, auch heute noch, da sie, Unity, eine erwachsene, vernünftige Frau war.
Der Gedanke an ihre Eltern zauberte unweigerlich ein sanftes Lächeln auf das hübsche, fast schon makellose, aber dennoch interessante, Gesicht der jungen Hexe, die es, allein durch ihr Aussehen, locker geschafft hätte, jede Woche einen neuen Mann zu haben, was es wohl war, das Rosmerta als „Spaߓ bezeichnet hatte.
Ihr zartes, elfenhaftes Gesicht, geziert von wässrigen, tiefblauen Augen, einer süßen Stupsnase und einem vollen, verführerisch wirkenden Mund, der weit mehr versprach, als Unity zu halten bereit war, umrahmt von unglaublich üppigen, rotbraunen Locken, in denene sich Hände leicht verlieren konnten, hatte schon oft die Blicke der geneigten Männerwelt in seinen Bann gezogen.
Doch dies war ihr zum einen wohl überhaupt nicht bewusst, zum anderen wäre es ihr vermutlich völlig egal gewesen, entsprach es doch auch ganz und gar nicht den Wünschen und Vorstellungen der unschuldigen Medimagierin, die nun gedankenverloren an ihrem Kürbissaft nippte, genoss, wie dieser kühl ihre Kehle hinabfloss und, ihren Gedanken einen letzten Moment nachhängend, in ihrer ledernen Handtasche nach dem Buch suchte, das sie zur Zeit las – „Grindelwalds Gefährten – Geheimnisse gelüftet von Gerard Gobbler“.
Es war, wie es früher oft gewesen war.
Sie saß in den „Drei Besen“, trank ihr Lieblingsgetränk und las, unter den stets wachsamen, wohlwollenden Augen von Madame Rosmerta, die aus der Ferne bei sich dachte, dass ihr kleiner Schützling doch wahrlich eine ansehnliche junge Frau geworden war und die anbei ein wenig die vertrocknete Blüte ihrer eigenen jugendlichen Schönheit betrauerte.




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wenn die nacht anbricht
wenn sie wach da liegt
fragt sie sich
soll das alles sein?


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Re: Die drei Besen

Sanft schob Benoit die Türe zum Pub „Die drei Besen“ auf und warf einen kurzen, prüfenden Blick in den Schankraum bevor er ganz eintrat und die Tür wieder hinter sich schloss. Seit seiner Ankunft vor fast vier Wochen war er erst einmal hier gewesen und das obwohl Benoit eigentlich sehr häufig und gerne ausging. An den letzten Besuch vor drei Wochen hatte er nicht gerade die besten Erinnerungen. Das Pub war zur Hälfte leer gewesen und die anwesenden Gäste hatten nicht wirklich sein Interesse geweckt. Allerdings war das Abendprogramm in Hogwarts nicht gerade aufregend und so war der junge Mann gerne bereit dem berühmtesten Lokal von Hosgemade eine zweite Chance zu geben.
Nach dem erfolgreichen Ausgang der ersten Trimagischen Aufgabe, sein Schützling Artemis hatte den erfreulichen Zweiten Platz belegt, konnte sich Benoit getrost einen Krug Butterbier gönnen. In Hogwarts war jetzt bestimmt die Hölle los, denn alle wollten ihren Champion hochleben lassen. Nur die Durmstrangs liefen mit verschlossenen Mienen durch die verwinkelten Gänge; sie hatten mit ihrem Champion nicht wirklich viel zu lachen. Fast tat der Junge Benoit schon leid, weil er dem großen Druck nicht standgehalten hatte. Aber sich von einem Doxy überwältigen zu lassen, war wirklich lachhaft. In diesem Zusammenhang hielt sich Benoits Mitleid sehr in Grenzen.
Als sich seine Augen langsam an das dämmrige Licht im Inneren des Gasthauses gewöhnt hatten, schlängelte sich Benoit langsam durch zur Bar. Bei seinem zweiten Besuch waren schon wesentlich mehr Menschen anwesend, auch wenn es immer noch genügen freie Plätze gab. Kurz streifte sein Blick einen honigfarbenen Lockenschopf, aber Benoit war viel zu sehr damit beschäftigt sich ein Bild von der Zahl der Gäste zu machen, als dass ihm dieser Anblick schon jetzt ins Auge gestochen wäre.
Im Lokal war es angenehm warm und Benoit begann unter seinem warmen Umhang sofort zu schwitzen. Schnell zog er ihn aus und hängte ihn an die Garderobe. Mit einer flinken Handbewegung mit dem Zauberstab legte er noch einen „Diebstahl-Bann“ darüber, sodass niemand auf die Idee kommen könnte sich unerlaubter Weise Benoits Mantel anzueignen.
Danach nahm Benoit an der Bar neben einem finster dreinblickenden Mann mit langem Umhang Platz. Ein, zweimal schielte er unauffällig zu seinem Nachbarn hinüber um sich darüber klar zu werden ob es Sinn machen würde, diesen Mann anzusprechen. Benoit hatte noch keinen Kontakt zu anderen Todessern hier in England geknüpft und so suchte er immer wieder die Begegnung mit anderen Zauberern um sie auszuhorchen. Jedoch musste er dabei sehr vorsichtig umgehen, um sich selbst nicht zu verraten. Es war auch sehr schwer die richtigen Menschen zu finden, denn Benoit wusste auch nicht wirklich nach welchem Schlag Menschen er Ausschau halten sollte. Schließlich sah er selbst nicht gerade wie der Prototyp eines Todessers aus, oder vielleicht doch?
Aber dieser Mann war definitiv keine gute Wahl. Er war sehr ungepflegt, sein Mantel war über und über mit getrockneten Schlammspritzern versehen, und er sah auch schon etwas mitgenommen aus. Seine Bierfahne konnte Benoit sogar riechen wenn er den Mund fest geschlossen hielt. Ohne rechten Grund entschloss sich der Franzose dazu, die Suche nach geeigneten Kontakten zu verschieben und den Abend mit Müßiggang zu verbringen, aber dazu brauchte er erst einmal ein passendes Getränk.

Sein Blick wanderte wieder hinter die Theke und er wollte schon ungeduldig nach einer Bedienung rufen, als er unerwartet Madame Rosmerta, in ihrer ganzen Pracht direkt vor ihm stehen sah. Benoit fuhr vor Schreck ein wenig zurück, als er erkannte, dass sie bereits seit einiger Zeit auf seine Bestellung warten musste. Etwas überrumpelt fiel sein Blick auf die Tafel hinter Madame Rosmerta, aber in dieser Eile ergaben die Buchstaben keinen Sinn und da Madame Rosmerta schon etwas ungeduldig zu werden schien, obwohl sie immer noch freundlich lächelte, bestellte Benoit kurzerhand das Butterbier, an das er schon vorher gedacht hatte. Als es wenig später vor ihm stand und der Schaum vom übervollen Gefäß tropfte, nahm Benoit einen kräftigen Schluck, drehte sich mit dem Krug in der Hand wieder dem Gastraum zu und beobachtete die Menschen. Eigentlich suchte er nach einem anderen Platz an der er sich setzen konnte, denn der Mann neben ihm war nicht gerade die angenehmste Gesellschaft. Derzeit kämpfte er mit dem Schlaf, aber Benoit erwartete jeden Moment, dass sein Kopf auf die Tischplatte sank und er lauthals zu schnarchen begann. Bevor es allerdings so weit kommen konnte, erblickte Benoit erneut die Engelslocken, die er schon vorher kurz gesehen, doch nicht richtig wahrgenommen hatte. Dieses Mal erweckten sie jedoch sein Interesse. Gelassen stand Benoit von seinem Barhocker und beobachtete die junge Dame noch ein wenig.
Sie schien ungefähr in seinem Alter zu sein, wahrscheinlich eher etwas jünger und sie war wirklich ausnehmend hübsch. Allerdings schien sie so gar nicht in dieses heruntergekommene, drittklassige Etablissement zu passen, sondern wirkte eher wie ein Mensch der sich in ein ordentliches, kleines Café setzte und dort Scones aß und aus feinstem chinesischen PorzellanTee trank. Sie hatte keinerlei Begleitung, sondern saß stumm an ihrem Platz und las in einem Buch. Spontan beschloss Benoit, dass dieses Mädchen seine Abendunterhaltung werden sollte und es wert war, von ihm angesprochen zu werden. Bevor Benoit auf die erwählte junge Frau zuging, warf er noch einen kurzen Blick zurück. Der betrunkene Mann hatte mittlerweile einen weiteren Krug bei Madame Rosmerta geordert, die ihn, Benoit, gerade etwas musternd, aber erwartungsvoll anblickte. Seltsam, bildete er sich das nur ein, oder war dieser prüfende Blick wirklich auf ihrem Gesicht erschienen? Benoit beschloss sich nicht noch einmal umzudrehen um die Zweifel aus dem Weg zu räumen. Selbst wenn Rosmertas Gesichtsausdruck sich verändert hatte: Was hatte das überhaupt mit ihm zu tun?
Seine Unsicherheit verflog jedoch sehr schnell wieder, als er sich der jungen Dame näherte. Er trat an ihren Tisch und lächelte ihr freundlich zu. Sie schien jedoch so sehr in die Lektüre ihres Buches vertieft zu sein, dass sie sein leises Herantreten gar nicht bemerkt hatte.
Es blieb Benoit also nichts anderes übrig als durch eine Bemerkung, irgendwelcher Art, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Da er sich schon häufiger in dieser Situation befunden hatte, viel es ihm auch dieses Mal nicht schwer ein paar harmlose Worte zu finden, die den Grundstein für ein Gespräch bedeuten konnten.
„Guten Abend. Ich fragte mich gerade, ob es dir vielleicht etwas ausmachen würde, mir heute Abend Gesellschaft zu leisten.“ Benoit lächelte und seine Augen funkelten vergnügt. Er erwartete eigentlich nicht, dass die junge Frau ablehnen würde. Er wurde eigentlich in den seltensten Fällen gebeten wieder zu verschwinden, was er jedoch niemals persönlich nahm. Aber bei dieser Frau würde es ihm ganz bestimmt leid tun, nicht nur weil sie wunderschön war, sondern auch weil sie etwas an sich hatte, das Benoits Interesse weckte. Sie war, um es mit einem Wort zu sagen, einzigartig.
„Mein Name ist übrigens Benoit Vergniaud!“, fügte er noch hinzu und streckte ihr seine schlanke Hand entgegen. Wie immer war er froh, dass seine Mutter darauf bestanden hatte ihre Kinder zweisprachig zu erziehen. Eine junge Frau mit einem scheußlichen französischen Akzent anzusprechen wäre bestimmt nicht so einfach gewesen und auch die Worte wären nicht so einfach aus seinem Mund geflossen.






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Beauty is a form of genius.

Oscar Wilde

10.06.2008

Unity war mittlerweile, obwohl doch nur wenige Augenblicke vergangen waren, vollends vertieft in ihr Buch, ein Geschenk ihres Vaters, der sich, wie auch ihre Mutter, in einem solchen Maße über ihren Aufenthalt in der Heimat gefreut hatte, dass die beiden an Unitys gestrigen Ankunftstag alle Lieblingsspeisen ihrer Tochter auf dem langen Eichentisch im Esszimmer aufgebaut und ihren einzigen Sprössling mit einigen, nicht besonders wertvollen aber von Herzen kommenden, kleinen Geschenken beglückt hatten.
In den Augen der jungen, rothaarigen Hexe wäre dieser Aufwand niemals nötig gewesen, sie brauchte keine Belohnung für ihre Heimkehr, die Freude ihrer Eltern und das zufriedene Gefühl in ihrem eigenen Herzen zeigten ihr deutlich genug, wie richtig die Entscheidung gewesen war, hierher zu kommen, wenn es doch auch zunächst in erster Linie berufliche Gründe gewesen waren, die sie zu diesem Entschluss bewogen hatten.
Am heutigen ersten Tag des Trimagischen Turniers hatte die ehrgeizige Studentin, sehr zu ihrem Leidwesen, ihrer eigentlichen Aufgabe, die sie hierher geführt hatte, der Beendigung ihres praktischen Jahres, jedoch noch nicht in der Art nachkommen können, wie sie es sich eigentlich gewünscht und vorgestellt hatte.
Unity kannte sich zwar bereits bestens in Hogwarts aus, doch der leitende Medimagier, der beim Turnier für die Champions zuständig sein sollte und somit in der nächsten Zeit  ihr direkter Vorgesetzter sein sollte, hatte darauf bestanden, ihr in voller Länge und Ausführlichkeit den Krankenflügel des Schlosses zu zeigen und ihr anschließend mit penibler Genauigkeit zu erklären, wo sie die Dinge finden konnte, die sie in den folgenden Tagen vielleicht benötigen würde.
Unity hatte alle Ausführungen freundlich nickend und mit stoischer Gelassenheit über sich ergehen lassen, sie hatte nicht vor, es schon am ersten Tag, geschweige denn überhaupt, auf Ärger anzulegen und gegen ihren Vorgesetzten aufzubegehren oder diesem zu widersprechen.
Wenn er eben der Ansicht war, man müsse ihr, als eigentlich doch durchaus ortskundiger Nachwuchsmedimagierin mit besten Vornoten, den Krankenflügel und die wichtigsten medizinischen Vorgehensweisen vorstellen, dann war dies eben so – auch, wenn sie es hasste, unterschätzt zu werden.
Ihre Stunde, in der sie ihr Können und ihr Wissen würde beweisen können, ihm und allen anderen, würde noch kommen, das wusste sie. Sie wusste es seit Jahren.
Nun, wenn sie es nicht auch vorher ohnehin schon gewesen war, so war sie doch wohl spätestens nach der heutigen Einweisung bestens vorbereitet und bereit, zur Rettung und Behandlung der durch vielerlei Risiken gefährdeten Champions zu eilen – und nur das war es, worauf sie wartete, auch, wenn sie gewiss keinem der drei Jugendlichen etwas Schlechtes wünschen wollte. Sie wollte ihnen helfen. Doch sie wollte sich auch beweisen.
Nur selten ließ die lockige Hexe von ihrem dicken Buch ab, blickte lediglich beim Umblättern durch den voller werdenden Gastraum und nippte dabei kurz an ihrem Kürbissaft, bevor sie sich dem Anfang der nächsten Seite widmete, die stets ebenso spannend weiterging, wie die vorherige Seite geendet hatte. Sie liebte Bücher über die Geschichte der Magie und konnte sich, sei es nun weiße oder schwarze Magie, die thematisiert wurde, ganz in diesen verlieren und neigte dazu, die Welt um sich herum zu vergessen.
Für sie existierte in diesem Moment nicht viel mehr außer ihr selbst, Gellert Grindelwald und höchstens noch Madame Rosmerta, die sie fürsorglich mit frischen Getränken versorgte.
In Unitys Augen sah ein perfekter Abend genau so aus wie dieser, sie hatte alles, was sie ihrer Meinung nach brauchte und schätzte sich glücklich, da es ihr an nichts fehlte.
Ihre Eltern hätten es vielleicht lieber gesehen, wenn ihre erwachsene Tochter den Abend in dem kleinen Landhaus verbracht hätte, dass sie ihr Eigen nannten, doch sie kannten sie auch gut genug, um doch zu wissen, dass diese ein Mensch war, der viel Zeit für sich brauchte.
So war sie immer schon gewesen, sie konnte gut allein sein und fand in einem fesselnden Buch oft mehr Unterhaltung als in einem Gespräch.
Ob es tatsächlich so war, dass sie gut allein sein konnte oder ob dies eher die alte Taktik war, aus der Not eine Tugend zu machen, dies sei einmal dahingestellt.
Wer sich erfolgreich einredete, gut allein sein zu können, der vermisste wohl auch nichts.

„Guten Abend. Ich fragte mich gerade, ob es dir vielleicht etwas ausmachen würde, mir heute Abend Gesellschaft zu leisten.“ drang plötzlich eine warme, männliche Stimme an Unitys Ohr, die sie zwar wahrnahm, auf die sie zunächst jedoch gar nicht zu reagieren beabsichtigte, mit absoluter Sicherheit davon ausgehend, dass nicht sie gemeint sein konnte.
Wer würde sie derartig unverschämt ansprechen?
Und warum sollte jemand so etwas überhaupt tun?
Den Blick löste sie, basierend auf dieser Annahme, nicht von dem Text, den ihre wachen Augen, eifrig von links nach rechts wandernd, verschlangen, wurde dabei jedoch das seltsame Gefühl nicht los, beobachtet zu werden.
Zögernd und ein wenig widerwillig legte sie das Buch nun doch aus der Hand, schob sorgfältig ein Kindheitsfoto, das sie und ihre Eltern fröhlich winkend am Meer in Southend-on-Sea zeigte, als Lesezeichen zwischen die Seiten und legte fragend den Kopf schief, als sie registrierte, dass dieser dunkelhaarige, hochgewachsene Mann doch tatsächlich sie angesprochen hatte.
Seine eben geäußerten Worte klangen noch in ihrem Gehör wider, er sprach zwar ein perfektes, wohlgeformtes Englisch, doch ein exotischer Unterton war ihr sogleich aufgefallen. Seine Sprache klang weicher und volltöniger, als es das Englische allein eigentlich vermochte, doch zuordnen konnte sie diese Besonderheit nicht.
„Guten Abend“ erwiderte sie seinen Gruß langsam, der Höflichkeit, die sie von ihren Eltern gelehrt bekommen hatte, gerecht werdend, während sie sich doch zugleich fragte, was er von ihr wollte.
„Ja, sie können sich setzen“ erklärte sie sich bereit, strich sich eine verirrte rotblone Locke aus dem Gesicht und sprach sogleich weiter „Aber verraten sie mir doch bitte, was sie dazu bewegt, eine fremde, offensichtlich alleinstehende junge Frau, in einem Pub wie diesem, so mir nichts, dir nichts anzusprechen“ forderte sie ihn auf und deutete mit einem Kopfnicken auf den Platz ihr gegenüber.
„Ich habe folgende Theorien“ setze die hübsche Hexe an und rutschte ein wenig auf der Bank hin und her, ohne auch nur den kleinsten Anflug von Nervosität zugeben zu wollen. Er war doch nur ein fremder Mann. Sie war schon mit seltsameren Situation fertig geworden – immerhin lebte sie in London, einer großen Stadt.
„Entweder, sie sind neu in der Stadt und finden, abgesehen von mir, alle Gäste dieser Wirtschaft ein wenig suspekt. Oder aber sie feiern ihren Junggesellenabschied und wollen heute noch ein letztes Mal ordentlich auf den Putz hauen. Oder…sie sind von der Presse und wollen das Leben in Hogsmeade in einem Artikel portraitieren. Oder, und das wäre wirklich schlecht, sie sind ein psychopathischer Gewaltverbrecher“ gab Unity diverse Erklärungsmöglichkeiten vor, von denen, auch ihr selbst, eine weniger wahrscheinlich als die andere erschien, doch sie war neugierig, dies liess sich aus ihrem Charakter nicht streichen.
Forschend musterte sie ihr Gegenüber, die großen blauen Augen huschten verhalten über den Körper des unbekannten Mannes, der sich ihr, mit ausgesuchter Höflichkeit, als Benoit Vergniaud, dementsprechend wohl Franzose, vorstellte.
Doch woher genau kam er? Wohin ging er? Was machte er hier?
Sie hatte ihn hier noch nie gesehen, was schon allein eine Tatsache war, die sie stutzig machte.
Hogsmeade war kein großes Dorf, die Bewohner kannten sich untereinander.
Unity hätte mehr als dreiviertel der momentan anwesenden Gäste in den „Drei Besen“ namentlich benennen können, sie kannte sämtliche Lehrer, die in Hogwarts unterrichteten und sie kannte die Leute, die die Geschäfte und Restaurants der Stadt betrieben.
Ihn jedoch kannte sie nicht.
Ein Mann wie er, mit einer Aufdringlichkeit, die fast höflich erschien und braunen Augen wie diesen wäre ihr aufgefallen, wie sie, sehr zu ihrem eigenen Missfallen, bei sich dachte und sogleich das Aufsteigen einer leichten Röte in ihren wärmer werdenden Wangen spürte.
Leise räusperte sie sich und erinnerte sich an ihre gute Kinderstube, bevor sie ihre zierliche Hand in die von Benoit legte, die dieser ihr freundlich wartend hinhielt.
„Unity Weasley“ stellte sie sich nun ihrerseits vor und fügte, halb ernsthaft, halb lächelnd hinzu „Aber vergessen sie meinen Namen bitte sofort wieder, wenn sie doch ein psychopathischer Gewaltverbrecher sein sollten, ja?“








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11.06.2008

Die junge Frau schien ihn nicht gehört zu haben, oder aber sie hatte kein Interesse daran mit ihm zu reden und las lieber in ihrem Buch. Benoit wartete einen kurzen Augenblick, beobachtete ihr, in Gedanken versunkenes, Gesicht und überlegte ob es sich denn wohl lohnte auf eine Reaktion der Frau zu warten. Ihre Augen wanderten rastlos von einer Buchzeile zur nächsten, sprangen über die einzelnen Buchstaben und Wörter und nahmen den Sinn ohne Schwierigkeiten in ihnen auf. Wenn Benoit sich nicht in jahrelanger Arbeit einen stoischen Gleichmut, was seine Leseschwäche anbetraf, zugelegt hätte, so wäre er jetzt fast ein wenig neidisch geworden. Mittlerweile hatte er sich jedoch damit abgefunden nicht besonders gut lesen zu können und er hatte auch gar keinen besonderen Ehrgeiz seine Fähigkeiten zu verbessern. Seine ganzen Anstrengungen verwendete er nun darauf, dass niemand von seinem Unvermögen erfuhr. Aber derzeit war es ohnehin nur wichtig, ob er interessanter als ein Buch war und diesen Wettkampf wollte der ehrgeizige junge Mann dann schon gewinnen.
Unitys Augen wurden ein wenig unruhig und plötzlich, für Benoit ganz unerwartet, hafteten sie an den seinen. Ein zufriedenes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht und er begegnete ihren blaugrauen Augen mit einem ebenso forschen, wie interessiertem Blick. Ihre Begrüßung fiel jedoch sehr skeptisch aus und Benoit musste erkennen, dass er es mit einem, ein wenig unterkühlten, Exemplar der Frauenwelt zu tun hatte. Seine Hoffnungen einen netten, unterhaltsamen Abend zu verbringen schienen sich in Luft aufzulösen, denn Unity schien nicht gerade davon erbaut zu sein mit ihm in ein Gespräch zu treten. Zweifellos war sie mit guten Manieren ausgestattet, denn sie erlaubte Benoit sich neben sie hinzusetzen, jedoch nicht aus Neugier, sondern anscheinend nur, weil es sich nicht gehörte Plätze in Anspruch zu nehmen die man nicht brauchte.
Etwas zögerlich setzte Benoit sich der jungen Dame gegenüber an den Tisch und stellte seinen Butterbierkrug ab. Er kam gar nicht dazu noch etwas zu sagen, denn die anfänglich so schweigsame Unity begann plötzlich wie ein Wasserfall zu reden, als hätte sie nur darauf gewartet, dass sie endlich mit jemanden sprechen durfte.
Wie selbstverständlich hatte Unity ihn mit „Sie“ angesprochen, als würde sie diese Distanz um jeden Preis aufrechterhalten wollen. Doch ihre sehr forschen Fragen, oder wie sie es nannte „ihre Theorien“ ließen erraten, dass sie durchaus Interesse hatte Benoit kennen zu lernen.
„Entweder, sie sind neu in der Stadt und finden, abgesehen von mir, alle Gäste dieser Wirtschaft ein wenig suspekt. Oder aber sie feiern ihren Junggesellenabschied und wollen heute noch ein letztes Mal ordentlich auf den Putz hauen. Oder…sie sind von der Presse und wollen das Leben in Hogsmeade in einem Artikel portraitieren. Oder, und das wäre wirklich schlecht, sie sind ein psychopathischer Gewaltverbrecher“

Einen Augenblick lang starrte Benoit ihr irritiert ins Gesicht, dann fing er sich jedoch schnell wieder und lächelte wieder gelassen. Für einen kurzen Moment war ihm Unity gar seltsam und verschroben erschienen, aber wahrscheinlich hatte sie nur einen Witz machen wollen, den Benoit aufgrund ihrer übertriebenen Ernsthaftigkeit, beinahe nicht erkannt hätte. Er war nun doch erleichtert, dass Unity nicht ganz so verschlossen war wie er im ersten Augenblick gedacht hatte. Obwohl sie sich von den anderen jungen Frauen, die er in der letzten Monaten kennen gelernt hatte, doch deutlich unterschied. Die meisten hatten sofort seine Hand ergriffen und er war sehr schnell mit ihnen warm geworden. Meistens hatte er nicht einmal besonders viel Charme versprühen müssen, damit sie sich ihm öffneten und ein wenig erzählten. Die junge Frau die nun vor ihm saß war da schon um einiges reservierter. Endlich schob Unity ihre Hand in die seine, die schon so lange ungeduldig auf diese Berührung gewartet hatte und stellte sich vor. Sie zog ihre Hand jedoch schnell wieder zurück, als glaubte sie wirklich an ihre Theorie des sexuellen Psychopathen. Hätte Benoit sich nicht so über sie amüsiert, wäre er vielleicht ein wenig eingeschnappt gewesen, aber nun gab sie ihm ja endlich Gelegenheit sich zu erklären und zu beweisen, dass er Unity weder vergewaltigen noch aushorchen wollte.
„Aber vergessen sie meinen Namen bitte sofort wieder, wenn sie doch ein psychopathischer Gewaltverbrecher sein sollten, ja?“ Bei Unitys letzter Bemerkung lachte Benoit kurz auf, ohne jedoch den Eindruck zu erwecken über Unity zu lachen.
„Ich muss gestehen, dass Ihre Voraussagungen beinahe zutreffend sind.“ Benoit übernahm das gestellte Siezen, obwohl es ihm überhaupt nicht gefiel, doch er dachte, dass es Unity vielleicht lieber war.
„In der Tat bin ich Junggeselle, aber ich verabschiede mich nicht davon. Ich kundschafte das Leben in Hogsmeade aus, um später in meinen Freunden davon berichten zu können. Ich bin kein Psychopath, aber Lehrer und ich habe mich zu Ihnen gesetzt, weil sie unter all diesen Gästen weitaus die hübscheste junge Dame sind.“
Benoit grinste und nahm einen Schluck aus seinem Bierkrug, ließ Unity dabei jedoch nicht aus den Augen. Langsam reifte in Benoit der Gedanke, dass ihm der Name der jungen Frau durchaus bekannt war. Zumindest der Familienname. Der Champion von Hogwarts hieß doch auch Weasley, Claire mit Vornamen, und ihr Onkel, der Direktor der Schule, war ebenfalls ein Weasley. Seltsamerweise hatten sogar alle beide leicht, beziehungsweise unübersehbar, rotes Haar. Aber waren nicht alle Schotten rothaarig und konnte Weasley nicht auch ein sehr weit verbreiteter Familienname sein?
Es gab ja auch sehr viele Jones, sogar die engste Verwandtschaft seiner Mutter zählte schon an die 30 Mitglieder. Warum konnte das mit den Weasleys nicht auch so sein? Es war ziemlich dumm von einer Verwandtschaft zwischen den Weasleys die er schon kannte, und dieser Weasley, die er eben kennen gelernt hatte, auszugehen. Nach einer kurzen Schweigepause, ergriff Benoit endlich das Wort und lenkte das Gespräch auf Unity. Schließlich war er auf sie zugekommen und hatte so das „Recht“ erst etwas über sie zu erfahren bevor er sich ganz ihren Fragen und der Befriedigung ihrer Neugier widmete.
„Nun, da ich aber so offen darüber gesprochen habe, warum ich hier sitze und wie ich mein Geld verdiene, würde ich auch gerne etwas über Sie wissen. Ob sie etwa in ihrer Freizeit gerne harmlose Männer wie mich quälen oder warum Sie an diesem schönen Abend in einem zwielichtigem Pub sitzen und sich beim Lesen in einem so schlechten Licht die Augen verderben?“
Benoit lächelte zufrieden. Er glaubte jetzt endlich einen Zugang zu der hübschen Blonden gefunden zu haben und hoffte stark, dass sie es ertrug mit ihren eigenen Waffen geschlagen zu werden. Es hätte tausend Fragen gegeben, die Benoit derzeit mehr interessiert hätten, als die, die er gestellt hatte. Aber alles kam zu seiner Zeit. Unity war etwas schwieriger als andere Mädchen und längst nicht so gesprächig, damit musste man umgehen können und da Benoit derzeit ohnehin nichts Besseres zu tun hatte, und auch keine andere Frau in seinem Alter in den Drei Besen anwesend war, nahm er sich die Zeit um sich auf Unity einzulassen.








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Beauty is a form of genius.

Oscar Wilde

12.06.2008

Nachdem Benoit sich an ihren Tisch gesetzt hatte war für Unity rasch klar, dass ihr einsamer, entspannter Abend, an dem sie doch nichts weiter vorgehabt hatte, als sich in ihrem neuen Buch zu verlieren, nicht so weiter laufen würde, wie sie es sich vorgestellt hatte.
Ob dies nun gut oder schlecht war, war eine Frage, die die rotblonde Hexe sich noch nicht imstande sah, zu beantworten. Den dicken Wälzer, der nun in seiner Rolle als Abendunterhaltung wohl von dem dunkelhaarigen Franzosen ersetzt worden war, schob sie nun jedenfalls ein Stück beiseite, um in ihm nicht vielleicht den Eindruck zu erwecken, das Gespräch, welches sich doch gerade erst aufbaute, schnell wieder beenden und gleich weiterlesen zu wollen.
Nun, vielleicht hätte sie es gewollt, mehr aus Unsicherheit denn aus dem Wunsch heraus, allein sein zu wollen, doch in ihr spross auch Neugierde, mehr über ihn, diesen galanten Unbekannten zu erfahren, eine Neugierde, die sie sich für gewöhnlich verboten hätte, doch in diesem Fall war doch er es gewesen, der auf sie zugegangen war und der sich nun zu ihr gesetzt hatte. Da war Neugierde, so rechtfertigte sie sich vor sich selbst, ja wohl durchaus angebracht und legitim.
Ausserdem sollte man sich nicht mit völlig Fremden unterhalten, erinnerte sie sich mit einem ironischen Grinsen auf den vollen roten Lippen an wohlbekannte Worte ihrer Eltern, die diese ihr in ihrer frühesten Kindheit stets gepredigt hatten. Zwar war Unity mittlerweile erwachsen, doch sie war eine Vertreterin der Annahme, dass es besser war, sich mit jemandem zu unterhalten, über den man doch zumindest einige wenige Dinge wusste, und sei es nur, um diesen ein wenig besser einschätzen zu können.
Der Blick aus ihren forschenden blaugrauen Augen löste sich allmählich von Benoits Gestalt, die Unitys Aufmerksamkeit doch ohnehin schon zu lange gefesselt hatte, und wanderte hinüber zu dem Butterbierkrug, den er bei seiner Ankunft auf dem Tisch abgestellt hatte und aus dem er immer mal wieder einen Schluck nahm.
Sie selbst mochte dieses Getränk nicht, hatte es noch nie sonderlich gemocht, doch es war für sie in diesem Moment eine weitere kleine Information.
Benoit Vergniaud aus Frankreich, trinkt gern Butterbier – so oder ähnlich hielt sie es in ihren Gedanken fest, während sie nun endlich seine schlanke aber kräftige Hand schüttelte und ihm dabei ins Gesicht blickte, wo sie eine kleine Narbe  auf seiner Wange registrierte, die in ihr, natürlich lediglich aus rein professionellen und beruflichen Gründen, den kurzen Wunsch weckte, sie zu berühren.
Mit einem leichten, zu Boden blickenden Kopfschütteln, bei dem ihre großen, weichen Locken sanft hin und her schwangen, wischte Unity derart unsinnige Gedanken beiseite, was von Benoit, der in genau diesem Moment ansetzte, ihre Theorien zu entkräftigen, noch begünstigt wurde.

„In der Tat bin ich Junggeselle, aber ich verabschiede mich nicht davon. Ich kundschafte das Leben in Hogsmeade aus, um später in meinen Freunden davon berichten zu können. Ich bin kein Psychopath, aber Lehrer und ich habe mich zu Ihnen gesetzt, weil sie unter all diesen Gästen weitaus die hübscheste junge Dame sind.“
Geprägt von leichter Skepsis und deutlich spürbarer Verwirrung hob die junge Medihexe ihren Blick nun wieder, um dem seinen erneut zu begegnen, während sie doch zunächst einige Male tief ein und ausatmete, bevor sie sich zu einem Kommentar durchringen konnte.
Benoit Vergniaud aus Frankreich, trinkt gern Butterbier, arbeitet als Lehrer und ist zu Gast in Hogsmeade, ist Junggeselle – fasste sie mit ihren flinken Gedanken rasch zusammen – und er findet mich hübsch.
Dies war es wohl, was sie in diesem Moment ein wenig aus der Bahn geworfen hatte.
Unity konnte, obwohl sie zweifellos eine hübsche junge Frau war, die nicht eben durchschnittlich, sondern durch das rote Haar, die vollen Lippen und die tiefen, blauen Augen durchaus besonders wirkte, mit derart unverhohlenen Komplimenten nicht umgehen.
Dies strahlte sie wohl auch in einer solchen Form aus, dass die meisten Menschen, die sie kannten, es sich abgewöhnt hatten, ihr derartige Komplimente zu machen.
Sie wurde zwar häufig gelobt für ihre Leistungen und für ihre Erfolge, dies war etwas, was ihr gefiel, Anerkennung, doch dass ihre bloße äußere Erscheinung erwähnt und sogar geschätzt wurde, das war etwas, das Unity lange nicht erlebt hatte.
„Danke“ hauchte sie leise, strich sich verlegen eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die danach genau so lag wie zuvor und senkte den scheuen Blick. Sie musste sich erst selbst wieder daran erinnern, dass sie doch eine selbstbewusste junge Frau war, die sich nicht aus der Fassung bringen liess.
Nicht so.
„Lehrer? Lassen sie mich raten – Beauxbaton?“ äußerte Unity nun diesmal eine etwas realistischere Theorie und versuchte sich an einem offenen und freundlichen Lächeln.
„Lehrer ist in jedem Fall besser als Psychopath“ befand sie schmunzelnd und dachte kurz an ihren Vater, erinnerte sich auch daran, dass viele ihr eine Zukunft im Lehrberuf bescheinigt und zugetraut hätten, doch für Unity hatte früh festgestanden, dass sie in der Medimagie ihr Glück finden würde, was sich, sofern man dies vor Abschluss ihrer Ausbildung schon sagen konnte, durchaus bestätigt hatte.
„Nun, da ich aber so offen darüber gesprochen habe, warum ich hier sitze und wie ich mein Geld verdiene, würde ich auch gerne etwas über Sie wissen. Ob sie etwa in ihrer Freizeit gerne harmlose Männer wie mich quälen oder warum Sie an diesem schönen Abend in einem zwielichtigem Pub sitzen und sich beim Lesen in einem so schlechten Licht die Augen verderben?“ verlangte Benoit nun seinerseits, etwas über seine Gesprächspartnerin zu erfahren, was Unity, sehr zu ihrer eigenen Verwunderung, sogleich ansetzte zu beantworten.
„Zum einen ist dieser Pub nicht zwielichtig, er ist sehr gemütlich“ begann sie und blickte sich kurz um, wobei sie Madame Rosmertas Blick für einen Moment auffing, die sie nahezu verschwörerisch anblickte. Doch was dies zu bedeuten hatte war etwas, über das Unity jetzt nicht nachdenken wollte.
„Ich fühle mich hier jedenfalls wohl, aber vielleicht ist das auch nur nostalgische Verblendung, denn immerhin bin ich hier aufgewachsen“ lenkte die rotblonde Hexe ein und lächelte leicht, bevor sie fortfuhr.
„Und um meine Augen müssen sie sich keine Augen machen, ich bin vom Fach, das habe ich im Griff“ wurde sie nun doch wieder ein wenig schnippisch, was ihr selbst jedoch kaum auffiel.
Unity war nicht unbedingt bekannt dafür, ein charmantes oder gar gewinnendes Wesen zu haben, sie war für dergleichen wohl einfach zu nüchtern und zu kühl, doch manche empfanden gerade das als angenehm, weil sie dazu neigte, Klartext zu sprechen und niemals auf die Idee kommen würde, Süßholz zu raspeln – für wen auch?
„Na, dass sie harmlos sind will ich jetzt dann mal einfach glauben, aber dass ich sie quälen würde halte ich für etwas überzogen“ begehrte die eigensinnige junge Frau auf, sprach jedoch mit ruhiger Stimme und ließ das zuvor gesagte kurz Revue passieren.
Womit sollte sie ihn denn gequält haben? Mit ihren abwegigen Vermutungen?
„Falls sie bislang nicht an Frauen geraten sein sollten, die ihre Identität und ihr Wesen hinterfragen, dann waren diese wohl ziemlich naiv“ rechtfertigte Unity ihre, zugegeben recht gewagten und weit hergeholten, Theorien und ein mildes Lächeln glitt über ihren perfekt geschwungenen Mund.
Sie wusste, dass sie nicht wie andere Frauen dachte und handelte, doch wer damit nicht umgehen konnte, der hatte auch an ihrem Tisch nichts verloren.
Dies sagte sie nicht, denn sie wusste, trotz aller Direktheit, die man bei ihr finden konnte, dennoch, wo die Grenzen der Höflichkeit lagen.
„Sie sind also auch wegen des Trimagischen Turniers hier?“ griff sie, das Thema rasch wechselnd, nun einen vorherigen Gesprächsstrang wieder auf und blickte Benoit in die braunen Augen.
„Meine Cousine ist eine der Champions“ verriet Unity und wunderte sich über sich selbst.
Warum erzählte sie ihm das?
Warum brach sie mit ihrer Gewohnheit?
Für ihn, einen Fremden, der so charmant war, dass sie es fast schon hassen wollte, um nicht darauf anzuspringen und der sie mit seinen tiefen, braunen Augen so ansah, dass ihr ganz schwindlig wurde. Sie wurde unberechenbar. Und das hasste sie.
Unity verstand sich selbst nicht recht, doch nun hatte sie angefangen, ihm von sich zu erzählen. Benoit kam dies wahrscheinlich weit weniger seltsam vor als ihr selbst, immerhin kannte er sie ja nicht.
Wie hätte er also wissen sollen, dass dies so gar nicht ihrer Art entsprach?
Um nun nicht komisch zu erscheinen, musste sie wohl einfach weiterreden, als sei es das Normalste der Welt  - für die meisten Menschen war es dies eben auch.
„Claire.“ lächelte sie stolz. „Sie hat die erste Aufgabe heute gewonnen, aber ich konnte sie leider nicht dabei sehen“ schloss Unity also ihre Ausführungen und hoffte, dass man nicht in ihren Augen lesen konnte, wie sehr sie sich doch in diesem Moment selbst nicht wieder erkannte.








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wenn die nacht anbricht
wenn sie wach da liegt
fragt sie sich
soll das alles sein?


...namen sind schall und rauch...
|susannah potter|lavinia vaughan|reva tudor-alaric|brighid mayfield|logan munroe|desdemona saffron|

13.06.2008

„Danke“ Unitys Reaktion auf Benoits so achtlos hingeworfenes Kompliment war nicht mehr als ein Hauch. Es schien ihr fast schon unangenehm zu sein, solche Worte von einem Fremden zu hören, denn sie vermied es Benoit direkt anzusehen und spielte mit einer lästigen Haarsträhne. Fast tat es Benoit schon leid, dass er die Worte ausgesprochen hatte. Natürlich war es nicht so, dass er gelogen hatte. Ohne Zweifel war Unity unter all diesen Gestalten, die sich im Nachtleben von Hogsmeade tummelten, bei weitem die attraktivste. Aber trotz allem war es nur eine Floskel, die Benoit fast schon so häufig benutzte wie am Frühstückstisch die Frage nach der Butter.
Doch nach einem kurzen Moments des Schweigens, heftete Unity ihre Augen wieder auf Benoit und hatte ihre Contenance sehr schnell wieder gewonnen. Als wäre nichts gewesen begann sie sofort neue Theorien zu entwickeln, die zwar dieses Mal sogar die Wahrheit eingefangen hatten. Zugeben war es nicht gerade schwierig, für einen Menschen, der sich nur minimal mit dem Tagesgeschehen befasste, zu kombinieren, dass ein Lehrer mit französischem Namen den Champion aus Beauxbaton beim Trimagischen Turnier unterstütze. Niemals hätte Benoit ihr so etwas an den Kopf geworfen, er wollte ihr die Freude lassen mit ihren Ratespielchen einmal gewonnen zu haben und nickte daher nur zur Zustimmung.
Der Gedanke einen Lehrer vor sich zu haben schien Unity zu gefallen, denn zum ersten Mal lächelte sie und dieses kurze Aufhellen ihres Gesichtes stand ihr wesentlich besser als der ernste, skeptische Gesichtsausdruck den sie zuvor zur Schau getragen hatte.
Doch dieser kurze Moment dauerte nur bis zu Benoits nächsten Worten, denn daran schien sie überhaupt keinen Gefallen zu finden. Am liebsten hätte sich der Franzose auf die Zunge gebissen. Es war unglaublich schwer diese flatterhafte Frau richtig einzuschätzen. Kaum hatte man geglaubt man hätte sich ihr endlich irgendwie angenähert, so baute sie wieder eine unüberwindbare Mauer auf, die sie im nächsten Moment wieder einriss um sie noch höher aufzubauen. Dieses Lokal schien ihr wirklich viel zu bedeuten, denn sie verteidigte es sofort vehement. Als sie von Madame Rosmerta, der Besitzerin, sprach wandte sie sich kurz um und erblickte die Frau in einer dunklen Ecke, wie sie die beiden fast ungeniert betrachtete, als säße sie gerade in einem Kino und schaute den beiden Protagonisten dabei zu wie sie sich kennen lernte. Wie viele Minuten waren es laut Drehbuch noch bis zum ersten Kuss? Fünf Minuten? Zehn? Oder musste man auf das Happy End bis zum Ende des Films warten?
Benoits Augen waren Unitys Blick gefolgt und ruhten nun kurz auf Madame Rosmerta, die selbst auf ihn nicht achtete, sondern durch intensivstes Starren Unity eine Art Botschaft geben wollte.
Als Unity sich wieder Benoit zuwandte, riss auch dieser seine Augen los, und war wieder einmal ein wenig irritiert. Dieser Abend war für den selbstbewussten jungen Mann wie eine Berg- und Talfahrt. Er wusste nie, was er von der Situation halten und wie er reagieren sollte. Vielleicht war er es einfach nicht gewohnt, sich um jemanden bemühen zu müssen und suchte deshalb den „Fehler“ an Unity. Wie erbärmlich von ihm. Wahrscheinlich musste er nur seine Taktik ein wenig ändern. Engländerinnen waren eben anders als die offenen, extrovertierten Französinnen. Damit musste man rechnen, wenn man sich in einer anderen Kultur wohl fühlen musste. Die Menschen verhielten sich auf der Welt eben nicht immer gleich.
Auch, dass sie sich beim Lesen in diesem dämmrigen Licht die Augen verderben könnte, stritt Unity sehr resolut ab. Anscheinend war Benoit auch bei dieser Aussage in ein Fettnäpfchen getappt, aber eines dem er unmöglich hätte ausweichen können. Woher hätte er denn wissen sollen, dass Unity eine medizinische Ausbildung hatte und es anscheinend gar nicht mochte, wenn man sich selbst medizinische Kompetenzen unterstellte. Benoit beschloss sich in diesem Zusammenhang, sollte sich wieder eine ähnliche Gelegenheit ergeben, besser für dumm zu verkaufen. Wenn Unity es wollte, dann tat er gerne so als wüsste er nicht einmal wie man sich ein Pflaster um den Finger klebt. Er hatte keine Lust sich wegen einer solchen Lappalie den Abend zu verderben.
Zwei verbotene Themen hatte Benoit also schon ausgelotet: Medizin und das Pub. Weitere Sperrgebiete würde er bei seinem unverschämten Glück bestimmt in den nächsten Minuten aufdecken.
Nachdem sie Benoit wieder klar in die Schranken gewiesen hatte und die Wichtigkeit ihrer Theorien bestätigt hatte, schien Unity plötzlich wieder vergnügt und lächelte. Was genau diesen Sinneswandel in ihr wieder ausgelöst hatte, blieb für Benoit unverständlich, aber er nahm es hin wie ein Papierschiffchen im Meer. Er ließ sich einfach treiben, sollte doch Unity die Richtung ihres Gesprächs vorgeben wenn ihr so viel daran lag. Benoit hatte kein Problem mit dominanten Frauen die wussten was sie wollten, so lange sich ihre Ziele mit seinen Wünschen kombinieren ließen.

„Sie sind also auch wegen des Trimagischen Turniers hier?“ „In der Tat.“ Benoit erwiderte ihr Lächeln und war ein wenig erstaunt von dem Wort „auch“. Er hatte Unity an diesem Tag nicht ein einziges Mal gesehen und auch an allen anderen Tagen die er schon in Hogwarts verbracht hatte, hatte sie nie seinen Weg gekreuzt. Aber da sie ja gesagt, dass sie im medizinischen Bereich tätig war. Möglicherweise gehörte sie also den Rettungskräften an, die nur an den Turniertagen anwesend waren um für eventuelle Notfälle gerüstet zu sein. Für einen Notfall wie er heute eingetreten war, als der Durmstrang-Champion sich nicht allein aus dem Labyrinth befreien konnte. Ob sie da wohl auch ihre Finger im Spiel gehabt hatte? Fest stand, dass Benoit bei der nächsten Aufgabe bestimmt nach ihr Ausschau halten würde, egal wie sich dieser Abend noch entwickeln würde. „Meine Cousine ist eine der Champions“ So viel Offenheit von der sonst so verschlossenen Unity überraschte Benoit. Vor wenigen Minuten hatte sie ihn noch für einen Gewaltverbrecher gehalten und nun verkündete sie so bereitwillig ihre Familienverhältnisse?
Benoit freute sich und ganz nebenbei wusste er jetzt auch, dass ein drittes gefährliches Thema das Turnier war. Also durfte er ja niemals abfällig über den Hogwarts-Champion sprechen, auch wenn er das gar nicht vorgehabt hatte. Diese Begegnung wurde mit jeder Minute verzwickter. Alles was er sagte konnte der Direktor on Hogwarts erfahren, denn dieser war entweder ihr Onkel, oder sogar ihr Vater!
„Sie hat die erste Aufgabe heute gewonnen, aber ich konnte sie leider nicht dabei sehen“
„Oh, das ist aber schade!“, entgegnete Benoit, der sich sicher war, dass Unity enttäuscht darüber war. Bestimmt hätte sie als stolze Cousine ihre Verwandte gerne siegen gesehen, wurde jedoch von ihren Pflichten davon abgehalten. Benoit hingegen hatte als Betreuer des Beauxbaton-Champion natürlich die Aufgabe seinem Schützling jederzeit beizustehen und musste auch auf dem Platz anwesend sein. Er hatte also nicht nur Claire siegen, sondern auch Artemis unversehrt aus dem Labyrinth auftauchen gesehen. Nicht einmal ihre Frisur hatte einen Schaden erlitten, was wirklich mehr als erstaunlich gewesen war, angesichts der Strapazen mit denen Claire und Ilja konfrontiert worden waren. Morgen musste er unbedingt mit Artemis sprechen und sie fragen welche Gefahren ihr aufgelauert waren. Natürlich hätte er sie auch gerne heute schon gesprochen, aber er hatte es dann für eine bessere Idee gehalten sie erst einmal ausruhen zu lassen.
Natürlich musste ihr zweiter Platz auch gefeiert werden, in Howarts war bestimmt noch die Hölle los. Benoit mochte so große Veranstaltungen nicht besonders. Er interessierte sich auch nicht wirklich für Sport, auch wenn er für seine Eltern manchmal ein geringes Maß an Interesse für Quidditch heuchelte, um sie nicht zu sehr vor den Kopf zu stoßen. Daher fühlte er auch keinen großen Verlust, dass er, anstatt sich mit dem Direktor von Beauxbaton über den glücklichen Ausgang der ersten Aufgabe zu freuen, in diesem Pub saß und mit Unity sprach.
„Ihre Cousine war wirklich sehr gut. Sie hat den Sieg verdient.“ Benoits Worte waren ehrlich gesprochen. Er war ein großzügiger Verlierer, wenn es um andere ging. Das Trimagische Turnier bedeute ihm nicht so viel wie andere Menschen und daher konnte er Claires Überlegenheit neidlos anerkennen.
„Aber wenn Sie so stolz auf ihre Cousine sind, warum sind sie dann nicht in Hogwarts geblieben um mit ihr zu feiern?“
Kaum hatte Benoit diese Worte ausgesprochen, fürchtete er schon wieder das Falsche gesagt zu haben. Vermutlich fürchtete sie nun wieder dass er ihr irgendetwas Furchtbares antun wollte, weil er so detailliert gefragt hatte. Dabei war er einfach nur neugierig, mit wem er sich gerade unterhielt, denn bis jetzt wusste er nicht viel.
Unity Weasley, aufgewachsen in einem dunklen Pub, liebt Bücher und das Entwickeln von wirklich haarsträubenden Theorien über ihre Menschen, arbeit im medizinischen Bereich und ist Cousine des Hogwarts-Champion – so viele Fakten über die zierliche Rothaarige hatte Benoit schon zusammen tragen können – und, vielleicht das Wichtigste, sie war die seltsamste und deshalb interessantes junge Frau die Benoit seit langem begegnet war.
Das war alles, aber Benoit war damit nicht zufrieden. Er wollte mehr wissen um vielleicht irgendwann die Frage beantworten zu können, ob es sich lohnen würde Unity irgendwann wieder zu sehen.








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Beauty is a form of genius.

Oscar Wilde

15.06.2008

Ein leichtes Lächeln auf Unitys feinem Gesicht begleitete Benoits bestätigendes Nicken auf ihre Vermutung, ob er in Beauxbaton unterrichtete.
Nun, dies war nahe liegend gewesen, doch es gefiel ihr, Recht zu haben und sich nun einen Teil seines Lebens vorstellen zu können.
Niemals in ihrem Leben hatte die rotblonde Hexe französischen Boden betreten, sehr zu ihrem eigenen Bedauern, denn sie hegte eine seltsame Vorliebe für dieses Land, was wohl unter anderem auf die reichhaltige Kultur zurückzuführen war, die sich dort finden ließ. Doch auch die weiche Sprache, die doch stets so klang, als würde sie die schönsten Gedichte formulieren, zog sie in ihren Bann, die Landschaften, die sie nur von Bildern kannte, weckten das sehnsüchtige Gefühl in Unity, selbst einmal durch diese sattvioletten Lavendelfelder zu streifen oder die berühmte Kirche von Notre Dame zu sehen. Sie wollte in einem Straßencafe sitzen und Croissants essen, einen Café au lait trinken und den süßen Duft von frischen Crépes riechen. All dies war für den Mann mit den jugendlich verwuschelten braunen Haaren, der ihr gegenüber saß, wohl nichts Besonderes.
„Frankreich muss wundervoll sein“ lächelte Unity, zu der romantische Verbledung nicht passte, die jedoch schon seit Jahren mit einem Frankreichurlaub liebäugelte, verträumt und hing einen Moment ihren Gedanken nach.
Ein weiteres Mal nahm sie sich vor, unbedingt nach Frankreich zu reisen, sobald sie ihr Studium beendet haben würde, ohne Benoit dabei aus den Augen zu lassen.
„Wie kommt es, dass sie so gut Englisch sprechen?“ riss sie sich mit nahezu an Gewalt grenzender Selbstbeherrschung am Riemen und lenkte ihre Konzentration wieder auf ihren Gesprächspartner.
Ja, zugegeben, sein Kompliment hatte sie ein wenig aus der Bahn geworfen, sie dachte, ohne dies recht zugeben zu wollen, noch immer darüber nach, doch er würde ihre Neugierde nicht durch derartige Säuseleien unterbinden können, wenn ihm das nicht klar war, so kannte er wirklich nur Frauen, die sehr leicht zu beeindrucken waren.
Und da konnte der Blick aus seinen tiefen, braunen Augen auch noch so sanft und verführerisch auf sie wirken, Unity würde gegen dergleichen immun bleiben.
Was dachte sie da überhaupt?
Hatte sie eben tatsächlich den Gedanken gehabt, seine Augen seien verführerisch?
Erneut musste die rothaarige Hexe über sich selbst und ihr Innenleben den Kopf schütteln, sie war wohl entweder übermüdet oder überarbeitet, beides kam häufig genug vor, bei einem Menschen wie ihr, der sein Leben scheinbar voll und ganz der Arbeit und dem Lernen gewidmet hatte.
Heute war sie früh aufgestanden, hatte dann diese ermüdende, ellenlange Ansprache ihres neuen Vorgesetzten über sich ergehen lassen, da war es doch nur verständlich, dass sie nun, am Abend, seltsame Gedanken und Gefühlsregungen an sich feststellte.
Anders zumindest liessen diese sich in ihren Augen keinesfalls erklären.
„Fast schon schade, dass ihr Englisch so gut ist“ nahm Unity den Faden nun wieder auf  und fügte zum besseren Verständnis rasch noch „Ich liebe Frankreich. Ich liebe die französische Sprache. Wahrscheinlich würde ich auch einen französischen Akzent lieben“ hinzu und deutete dann mit einem kleinen Kopfnicken auf den Butterbierkrug, der, noch immer nicht ganz geleert, vor Benoit auf dem hölzernen Tisch stand.
„Und sie trinken Bier? Wollen sie uns nicht lieber den edelsten Rotwein bestellen, den Rosmerta in ihrem Keller versteckt hat?“ flachste sie gutgelaunt und bediente, ohne es recht ernst zu meinen, ein gängiges Klischee über Franzosen, die in der Vorstellung vieler Leute den lieben langen Tag doch nichts anderes taten als Wein zu trinken und Baguette zu essen.
Unity Laune war, seltsamerweise, bestens. Ein kleines, nahezu verschmitztes Lächeln zierte nun fast dauerhaft ihr hübsches, strahlendes Gesicht und es tat ihr gut, sich mit jemandem zu unterhalten, der nicht zu ihrer Familie gehörte oder mit dem sie zusammen arbeitete.
Auch dies lag, so wies sie sich sogleich selbst zurück, wahrscheinlich lediglich an ihrer etwas überspannten Verfassung, die auf den Stress zurückzuführen war.
Sie sprach doch sonst nicht mit Fremden. Und sie hatte schon gar keinen Spaß daran.

<i>„In der Tat.“</i> beantwortete der Franzose nun ihre Frage, ob er auch aufgrund des Trimagischen Turnieres vor Ort sei. Kurz versuchte sie, sich zu erinnern, wie der Name des Mädchens war, das für Beauxbaton antrat, doch sie wusste nur noch, dass diese den Namen einer  griechischen Göttin trug.
Daphne? Hestia?
Unity hasste es, wenn ihr dergleichen Informationen entfallen waren, doch es passierte, bei der Fülle an Wissen, dass sie täglich in sich aufnahm, leider viel zu häufig, dass die weniger wichtigen Dinge in Vergessenheit gerieten.
„Ihr Schützling“ behalf sie sich also geschickt „hat das Labyrinth auch erfolgreich hinter sich gebracht, sie müssen stolz auf sie sein. Ich meine, ich bin ja schon unmäßig stolz auf Claire, und das, obwohl ich ihr doch nichts von dem, was sie an Können gezeigt hat, beigebracht habe.“ Plapperte Unity drauf los, kommentierte ihre eigenen Worte mit einem skeptisch überraschten Blick und hielt kurz inne.
Was hatte dieser Mann an sich, was ging von ihm aus, das sich so auf sie auswirkte?
Ging es überhaupt von ihm aus?
Hatte sie sich noch wenige Momente zuvor eingeredet, nur müde und überspannt  zu sein?
In der jungen Medihexe regte sich Ärger. Ärger, weil sie es gegen ihren Willen besser wusste, sie wusste, dass Benoit schuld daran war, dass sie ihr Verhalten geändert hatte. Schuld daran, dass sie sich selbst verriet.
Ja, sie ärgerte sich, weil sie sich ärgern wollte, zweifellos.
Bei weitem Einfacher wäre es, die neuentdeckte fröhlichre Redseligkeit, die immer wieder vorsichtig und verhalten in ihr aufflackerte, zu genießen und gewähren zu lassen.
Doch ein solches Verhalten stellte in Unity Augen immer auch ein Riskio dar, eine Veränderung, mit der die rotblonde Schöne nicht umzugehen wusste.
Oder es vielleicht auch gar nicht wollte.
Sich bedeckt zu halten, nicht viel von sich preiszugeben und zu sagen, wie es Unitys Art entsprach, erzeugte bei den meisten Menschen Missfallen, da Kommunikation doch, wie hinlänglich bekannt war, die Grundlage jeglicher zwischenmenschlicher Beziehung darstellte. Doch es hatte sich bewährt. War Unity unnahbar, so ließ sie gar nicht erst zu, dass jemand Zugang zu ihr fand. Daran hatte sie sich gewöhnt. Fast schien es ihr, als müsse es genau so sein.
Aber wie würde ihre Umwelt, die in diesem Moment aus dem französischen Lehrer bestand, der ihr gegenüber saß, darauf reagieren, wenn sie sich plötzlich offen und redselig zeigte? Gut, es lag ihrer eigenen Theorie zufolge, deren Widerlegung sie sich noch immer nicht eingestehen konnte, einfach nur daran, dass sie gestresst und überarbeitet war, doch weder dies doch den wirklichen Grund für ihren Gemütswechsel, den sie nicht zugeben wollte, konnte sie in diesem Moment ändern.
Wirkte sie verschroben und seltsam?
Alles was sie sagte unpassend oder gar aufgesetzt?
Dass ihre fein durchdachten Sätze durchaus etwas charmantes und reizvolles hatten, gerade mit der unterschwelligen Unsicherheit und dem leisen Widerwillen, der sie dennoch nicht aufhalten konnte, war der jungen Frau keineswegs bewusst.
Und so kämpfte sie dagegen an, fast schon bemüht darum, nicht sympathisch zu wirken. Er würde sie nicht wiedersehen wollen. Sie würde sich nie wieder so dämlich verhalten wie jetzt. Ein Gedanke, der ihr zugleich Auftrieb gab und sie dennoch auf eine ungekannte Art traurig machte.
„Oder unterrichten sie alte Runen, Geschichte der Zauberei, Arithmantik, suchen sie sie sich was aus, und wollten nur mal England bereisen? In dem Fall hätten sie natürlich keinen Anteil an Artemis’ Erfolg“ neckte Unity mit einem provozierenden Unterton, während sie zugleich frohlockte, dass der Name der französischen Schülerin ihr nun doch wieder eingefallen war.
Dies wurde jedoch jäh unterbrochen von dem bangen, in ihr aufkeimenden Wunsch, Benoit möge nicht wirklich eines der genannten Fächer unterrichten. Sie konnte es sich bei einem schnittigen jungen Mann wie ihm nicht vorstellen, er schien ihr kein theorieversessener Bücherwurm zu sein.
Dennoch schenkte sie ihm ein entschuldigendes Lächeln, das ehrlich gemeint war. Würde sie sich mit Worten für das gesagte entschuldigen, sie würde sich um Kopf und Kragen reden.
Also strebte Unity, pragmatisch denkend, wie es ihre Natur war, rasch einen Themenwechsel an.
„Warum ich nicht mit Claire feiere? Nun, meine Schulzeit ist vorbei, ich bin kein Teil des Schulgeschehens mehr. Sie soll mit ihren Freunden und Schulkameraden feiern, doch ich bin mir sicher, dass mein Vater ihr meine Glückwünsche überbracht hat“ erklärte die rotgelockte Hexe, während ihre Gedanken kurz zu ihrer Familie abdrifteten. Sie gönnte es Claire von Herzen, dieses verdiente Erfolgserlebnis, das ihrem jungen, von Trauer geprägten Leben einen Sonnentag schenkte. Unity Blick begegnete dem von Benoit. Er kannte ihren Familiennamen, sie selbst hatte ihn ihm verraten. Unweigerlich kannte er akso auch die Geschichte ihrer Familie, ihrer Onkel Harry und Ron und ihrer Tante Hermine, die in der gesamten Zaubererwelt bekannt war. Es tat ihr gut, dass er sie darauf nicht ansprach, ein Thema, das bei jedem Satz, den sie dazu sagen sollte schmerzte. Ein Schmerz, den sie doch längst rationalisiert haben wollte. Schnell bemühte die zierliche Studentin sich, ihre traurigen Augen durch ein Lächeln zu überspielen und schloss die logische Frage „Warum feiern sie nicht mit ihrer Schülerin den erfolgreichen 2. Platz?“ an.
Sie konnte sich kaum vorstellen, dass ihre eigene Gesellschaft für ihn interessant oder gar angenehm war.








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fragt sie sich
soll das alles sein?


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15.06.2008

Der Erwähnung von Frankreich schien Unity zu verändern. Plötzlich begannen ihre Augen träumerisch zu leuchten und die schwärmerischsten Worte perlten aus ihren roten Lippen hervor. Benoit war nicht gerade froh an einen Menschen geraten zu sein, der sein Heimatland so idealisierte, aber außerhalb Frankreichs war es wohl schwer so einen zu finden. Der junge Franzose konnte die Träume und Sehnsüchte die viele Menschen, die noch niemals in Frankreich gewesen waren, nur schwer nachvollziehen. Natürlich liebte er seine Heimat, so wie jeder Mensch, der eine schöne Jugend verlebt hat, mit Freunden an den Ort zurückdenkt wo er sie verbracht hat. Doch Heimat stellten für Benoit seine Mutter, sein Vater und seine Schwestern dar, nicht jedoch die pittoresken Straßencafes in Paris oder die Weinfelder. Niemand hatte je eine Lobhymne auf Frankreich aus Benoits Mund gehört und würde es vermutlich auch nie tun. Benoit fühlte sich nur sich selbst verpflichtet und nicht einem Stückchen Erde, dass zufällig den Namen Frankreich trug. Er ging daher auch nicht auf Unitys Träumereien ein, sondern wartete bis Unitys Wunschurlaub an ihrem inneren Auge vorbeigezogen war und sie wieder den entspannten Benoit vor sich sitzen sah.
„Wie kommt es, dass sie so gut Englisch sprechen?“ Eine berichtigte Frage, die Benoit schon so oft zu hören bekommen hatte. Es war wirklich unüblich für einen Franzosen eine Fremdsprache so perfekt zu beherrschen, denn allgemein waren die Franzosen nicht gerade für ihre Mehrsprachigkeit bekannt. Ebenso wenig die Engländer, die sich zwar rühmen ausgezeichnete Privatschulen zu haben, aber sich dennoch darauf verlassen, dass jeder Fremde der in ihr Land kommt ihrer Sprache mächtig ist. Benoit lächelte amüsiert und auch ein wenig zufrieden, denn auch er mochte es, wenn man seine Fähigkeiten lobte und hervorhob. Er mochte es, dass seine Zweitsprachigkeit ihm den Hauch eines Intellektuellen gab. Von seinen schlechten Noten, die er während seiner Schulzeit häufig erhalten hatte, musste ja keiner wissen.
„Meine Mutter ist Engländerin.“ Einen Augenblick lang hatte Benoit überlegt ob er in diesem Zusammenhang auch den Namen seiner berühmten Mutter preisgeben sollte, hatte sich dann aber dagegen entschieden. Bestimmt kannte Unity den Namen seiner Mutter, auch wenn sie schon vor ihrer Geburt ihre Karriere beendet hatte, denn von Gwenog gab es Sammelkarten in den Schokofröschen und sie war noch immer sportliches Idol vieler Junghexen. Doch Benoit hasste es, wenn ihm seine abwesende Mutter die Schau stahl, das war ihm schon mehrmals passiert, und die Leute die eben noch an ihm interessiert waren plötzlich nichts mehr wollten, als ein Autogramm von Gwenog Jones. Darum hatte er sich nun dazu entschlossen, Gwenogs Besonderheit nicht hervorzuheben und Unity glauben zu lassen es würde sich um eine gewöhnliche Engländerin ohne besonderen Lebenslauf handeln, obwohl er auf die beruflichen Erfolge seiner Mutter ohne Zweifel auch stolz war. Unitys Äußerung sie wäre darüber enttäuscht, dass Benoit keinen hörbaren französischen Akzent hatte quittierte er mit einer hochgezogenen Augenbraue und einem sehr skeptischen Blick. Unity schien ein sehr klischeehaftes Bild von Frankreich und seinen Bewohnern zu haben. Benoit hasste diese Vorurteile über sine Landsleute und wollte ihnen in keiner Weise entsprechen. Er war kein süßer Franzose, mit niedlichem Akzent, er mochte kein Baguette und Käse aß er auch nicht gern. Warum schien das nur jeder zu erwarten? Er ging doch nicht auch einfach davon aus, dass jeder Engländer um Punkt Fünf Uhr seinen Tee trinken wollte?!
„Und sie trinken Bier? Wollen sie uns nicht lieber den edelsten Rotwein bestellen, den Rosmerta in ihrem Keller versteckt hat?“ Die junge Frau schien wirklich Unmengen an Geschichten über Franzosen auf Lager zu haben, denn sie wusste immer noch mehr zu berichten. Hätte Benoit ihre kindliche Freude an allem französischen nicht so niedlich gefunden, hätte er sich bestimmt für die letzte Frage eine harsche Antwort einfallen lassen, aber da Unity immer mehr aufgetaut war und nun fast schon übermütig und fröhlich wurde, wollte er ihr diese gute Laune nicht nehmen und sich dabei noch einer angenehmen Gesellschaft berauben. Denn wenn Benoit Unity etwas zurecht gewiesen hätte, würde sie ihm das bestimmt übel nehmen. Benoit glaubte mittlerweile zu wissen, dass die junge Frau recht schnell gekränkt und eingeschnappt war. Er nutzte also die Gelegenheit lieber um Unity ein wenig näher zu kommen, schließlich hatte sie davon gesprochen, dass er ihnen beiden Wein bestellen sollte.
„Wenn Sie mir versprechen, den Wein mit mir zusammen zu trinken, würde ich das schon tun…“, sagte er verschwörerisch und erwiderte Unitys Lächeln. „Ich kann Madame Rosmerta jederzeit an unseren Tisch rufen wenn Sie das möchten.“

„Ihr Schützling hat das Labyrinth auch erfolgreich hinter sich gebracht, sie müssen stolz auf sie sein. Ich meine, ich bin ja schon unmäßig stolz auf Claire, und das, obwohl ich ihr doch nichts von dem, was sie an Können gezeigt hat, beigebracht habe.“ Im ersten Moment wusste Benoit nicht, wovon die hübsche Rothaarige denn sprach. Er hatte gerade an ganz andere Dinge gedacht und Artemis war ihm gerade so fern gewesen, dass er einige Zeit brauchte um zu verstehen was Unity gerade gesagt hatte.
„Hm…ja. Natürlich bin ich stolz auf sie. Es haben ja nicht viele damit gerechnet, dass sie sich so gut schlägt.“ Benoits Worte klangen zwar ernst gemeint, entsprachen jedoch mehr dem Bedürfnis Unitys Erwartungen gerecht zu werden als der reinen Wahrheit. Natürlich war Benoit froh darüber, dass Artemis gut abgeschnitten hatte, schließlich war das eine Bestätigung für Benoits Qualitäten als Lehrer. Wirklich stolz war Benoit aber nicht. Artemis hatte sich immer noch allein durch das Labyrinth kämpfen müssen. Auch fühlte sich Benoit der jungen Schülerin nicht gerade tief verbunden. Sie war recht unsympathisch, hatte nicht gerade ein unangenehmes Wesen und gab sich bei den Vorbereitungsstunden auch recht viel Mühe, aber so etwas wie Zuneigung empfand Benoit nicht. Sie war seine Schülerin, wie so viele andere Mädchen auch. Warum sollte er sie bevorzugen, nur weil sie der Champion war? Und auch seiner ehemaligen Schule und jetzigem Arbeitsplatz fühlte Benoit sich nicht loyal ergeben. Die bessere Schule sollte gewinnen, egal wie sie hieß.
Benoit hatte nur einen Moment lang über seine Beziehung zu Artemis nachgedacht, als Unity die Zeit auch schon wieder für sich genutzt hatte um neue Theorien über seinen Beruf zu entwerfen.
“„Oder unterrichten sie alte Runen, Geschichte der Zauberei, Arithmantik…“ Benoit lachte. Unitys Bestreben ständig etwas zu sagen oder sich neue Geschichten über Benoit auszudenken, die dann entweder bestätigt wurden, was große Befriedigung in ihr auszulösen schien, oder wieder verworfen werden mussten, was zu neuen unwahrscheinlichen Geschichten führte, wirkte leicht befremdlich. Die vorher reservierte und eher zurück weisende junge Frau, schien plötzlich wie ausgewechselt. Sie plapperte in einer Tour, schien einmal nervös und dann wieder selbstsicher. Einmal schien sie wissen was sie wollte und dann wieder nicht. Es war unmöglich aus ihr schlau zu werden, denn sie selbst war sich anscheinend nicht immer im Klaren darüber was sie eigentlich machte. Eine Person die weniger in sich ruhte hatte Benoit selten getroffen und gerade das fand er an Unity seltsam rührend.
„Nein, nichts von alldem. Ich bin Duellierlehrer und als Artemis’ Betreuer in Hogwarts und dass ich mir dabei England genauer ansehen kann ist nur ein schöner Beigeschmack.“
Wie immer war Unitys Zunge wesentlich schneller als Benoit, denn kaum hatte er seinen Satz beendete war die junge Frau auch schon wieder zum nächsten Thema gesprungen, wie ein junger Grashüpfer.
Sie feierte also nicht mit Claire, weil ihre Cousine bestimmt lieber mit ihren Freunden feiern wollte. Verständlich, waren dies doch auch die Gründe warum Benoit Artemis nicht sofort nach der Aufgabe aufgesucht hatte. Doch der Teil ihres Satzes in dem ihr Vater erwähnt wurde, ließ Benoit stutzen.
„Offensichtlich ist der Schulleiter Percy Weasley ebenfalls mit ihnen verwandt. Ich wage mich auch mal an eine ihrer vielgeliebten Theorien: Ist er vielleicht ihr Vater?“
Benoit stellte nun endlich diese Frage um Gewissheit zu haben. Er hatte schon früher spekuliert, dass seine Begegnung mit dem Schulleiter verwandt sein könnte, doch nun war er überzeugt davon vor seiner Tochter zu sitzen. Ob er diese Entwicklung gut heißen konnte wusste Benoit noch nicht. Es würde eine weitere Entwicklung ihrer Bekanntschaft nicht gerade einfacher machen, wenn Unity ihrem Vater von ihm erzählen würde. Percy würde ihn bestimmt nicht mehr aus den Augen lassen und darauf konnte Benoit gut verzichten. Aber Unity war viel zu interessant und sympathisch, als dass er sie wegen dieses kleinen Makels einfach fallen lassen würde.
„Ich feiere aus den gleichen Gründen nicht mit Artemis, aus denen auch Sie nicht bei Ihrer Cousine sind. Ich denke sie hat kein Interesse daran, nach der erfolgreich bestandenen Aufgabe gleich wieder ihren Lehrer um sich zu haben. Sie soll sich erstmal einen Abend entspannen, bevor ich sie morgen wieder mit dem Training belästigen werde.“ Benoit lachte, denn er hielt sein Training keinesfalls für eine Zeitverschwendung oder eine lästige Pflicht. Für ihn war das Duellieren ein unterhaltsamer Zeitvertreib. Sehr gut für das Gehirn, das Reaktionsvermögen und die Fitness. Und auch das Unterrichten war für Benoit eine große Freude.
„Und Sie? Womit verdienen Sie ihr Geld? Sie sagten, dass Sie im medizinischen Bereich tätig sind, wo sie sich doch so gut mit dem Sehvermögen auskennen?“ Benoit konnte es nicht lassen, Unity wegen ihrer schnippischen Antwort die sie ihm zuvor gegeben hatte, ein wenig aufzuziehen. Er glaubte, dass sie das nun, in diesem Stadium des Gesprächs, auch verkraften würde.







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Beauty is a form of genius.

Oscar Wilde

17.06.2008

Benoit teilte, so kam es Unity vor, ihre Begeisterung für sein Vaterland nicht, ließ er ihre Träumereien doch gänzlich unkommentiert. Fast hätte sie sich gewünscht, sich mit ihm zusammen in Schwelgereien über Frankreich verlieren zu können, doch der rationale Teil ihrer selbst, der sich doch zumindest noch nicht ganz verabschiedet hatte, wusste zugleich, dass das Land, in dem man aufgewachsen war, einen selbst nicht zu fesseln vermochte.
Unity liebte ihre englische Heimat, sie liebte Tee um vier und dazu Kekse, sie liebte das raue Meer, das sie, so schien es, vom Rest Europas trennte und sich an den Klippen von Dover brach. Sie liebte den Regen, der London in eine Blumenwiese aus bunten Schirmen verwandelte, sie liebte Plum Pudding zum Nachtisch und Rührei zum Frühstück.
Aber etwas besonderes war all dies nicht für sie, es gehörte zu ihrer täglichen Normalität, doch die rotblond gelockte Hexe wusste, dass es ausreichend Touristen gab, die von derlei nationalen Besonderheiten angezogen wurden – ganz so, wie es eben bei ihr mit der französischen Kultur der Fall war.
„Ihre Mutter ist Engländerin?“ wiederholte sie mit einem kleinen Lächeln und fragte sich zugleich, ob sie die Tatsache, dass diese dann wohl der Liebe zu Benoits Vater wegen nach Frankreich gezogen war, romantisch oder ziemlich bescheuert finden sollte.
Mit leisem Nachdruck ihrer selbst entschied Unity sich, keinerlei verklärten Gefühlen Platz zu schenken.
Natürlich hatte diese absolute, bedingungslose Liebe ihren Reiz und ihre Romantik, doch sie selbst war nicht der Typ, der über so etwas ins Schwärmen geraten konnte. Oder?
Zumindest konnte sie sich nicht vorstellen, einen derart endgültigen Schritt zu wagen.
Für die Liebe.
Doch was bedeutete Liebe, oder die völlig unzureichende Vorstellung dieses Gefühls, schon für jemanden, den sie noch nie ausgefüllt hatte?
Für eine Person wie Unity, die noch keine schlaflosen Nächte wach gelegen hat, weil sie ständig an den einen denken musste.
Die noch nie vergessen hatte zu essen, weil ihre Liebe keine Leere in ihr ließ.
Die im Winter nie auf die Mütze verzichtet hatte, weil Liebe doch alle Wärme zu schenken vermochte, die man brauchte.
Die noch nie die Interessen eines anderen Menschen plötzlich höher geschätzt hatte als die eigenen.
Nein, all dies kannte sie nicht. Wie sollte sie also die Beweggründe verstehen, die einen liebenden Menschen auch über Landesgrenzen hinweg zum Geliebten zogen?
Unwillkürlich hob sie ihren Blick und schaute Benoit in die Augen – eine Handlung, die sie sich vorgenommen hatte zu unterlassen.
Diese Augen.
Sie sollte sich besser im Griff haben. Sie sollte ihn nicht angucken, nicht so.
Und sie sollte ihm verdammt noch mal nicht die Macht geben, weiter zu schauen als bis vor ihre Stirn. Unity wusste nicht, ob er es merkte, doch ihr selbst ging jeder direkte Blickkontakt unter die Haut, machte sie nervös und machte sie glücklich – eine bekanntermaßen gefährliche Mischung.
„Ihre Mutter…“ setzte sie an, stockte jedoch sogleich, als sie merkte, dass sie den Faden verloren hatte. Worüber hatten sie zuvor geredet? Warum nur waren seine Augen so braun, so unglaublich braun?
Mit einem knappen Kopfschütteln schloss die junge Medihexe ihre eigenen Augen, um den seinen keinerlei Macht mehr über ihre Gefühls- und Gedankenwelt zu verleihen.
Es wäre doch wirklich absurd, sich davon verwirren zu lassen. Absurd und kindisch. Müdigkeit, erinnerte sie sich selbst, die Müdigkeit war daran schuld.
„Ihre Mutter, vermisst sie die englische Heimat denn nicht?“ brachte sie, bemüht um Normalität, den angefangenen Satz zu Ende und atmete hörbar aus. Bewusst äußerte Unity nicht ihren Gedanken, dass es nicht besonders klug sei, sein Leben im Heimatland hinter sich zu lassen, um einer Liebelei hinterher zu reisen. Sie wollte nicht schlecht über Benoits Eltern reden, die doch bestimmt nette Menschen waren.

“ Wenn Sie mir versprechen, den Wein mit mir zusammen zu trinken, würde ich das schon tun…“[/I] beantwortete der Franzose, begleitet von einem verschwörerischen Lächeln, Unitys Vorschlag, er solle, seiner Heimat gerecht werdend, eine Flasche Wein bestellen.
Was sollte das heißen, den Wein mit ihm zusammen trinken? Natürlich würde sie das tun, wenn er sie einlud, sie hatte doch Manieren.
Oder wollte er sie abfüllen? Ihre eigene Theorie des psychopathischen Gewaltverbrechers flackerte erneut kurz in ihren Gedanken auf, wurde jedoch rasch verworfen. Sie mochte noch nicht viel von ihm kennen, doch ein Gewaltverbrecher hatte wohl kaum solch warme Augen, beruhigte sie sich selbst, wobei es schon erstaunlich erscheinen konnte, dass eine intelligente, selbstständige junge Frau wie die junge Weasley eine derartige Naivität an den Tag legen konnte. Doch zu ihrer Verteidigung sei hervorgebracht, dass, völlig abgesehen davon, wie Benoits Charakter nun tatsächlich einzuschätzen war, ihre Menschenkenntnis nicht als die beste beschrieben werden konnte.
„Denken sie, ich würde ihnen den guten Wein allein überlassen?“ grinste die Rothaarige mit einem Augenzwinkern, das, von jedem außer ihrer selbst, fast schon als Ansatz eines neckischen Flirts ausgelegt werden konnte und riss, einem plötzlichen Impuls folgend, ihren schlanken Arm in die Höhe.
„Rosmerta, ich möchte gerne noch etwas bestellen“ rief sie halblaut durch den Gastraum, damit die Wirtin sie, trotz des Stimmengewirrs, zu Kenntnis nehmen würde. Ein zufriedenes, fast schon triumphierendes  Lächeln glitt über das hübsche Gesicht der jungen Frau, sie hatte, so kam es ihr vor, die Fäden nun wieder in der Hand, seine Augen konnten sie nicht verwirren, nein, da stand sie drüber. Und sie hatte es nicht nötig, sich von Männern Wein bestellen zu lassen, selbst war die Frau, so hatte sie es von ihrer Mutter gelernt.
„Kindchen, was darfs denn noch sein?“ japste eine Madame Rosmerta, die scheinbar völlig außer Atem war und sogar vergaß, dass es wenig passend erschien, Unity vor ihrer männlichen Begleitung mit dem Kosenamen anzureden, den sie ihr vor Ewigkeiten verpasst hatte. Doch auch die Angesprochene selbst ignorierte diese Tatsache, in der Hoffnung, es würde weniger auffallen, wenn sie Rosmerta darauf nicht auch noch aufmerksam machen würde.
„Wir hätten gerne eine Flasche Rotwein, den Besten, den du in den Tiefen deines Kellers finden kannst, ja?“ bestellte die rotblonde Hexe und bedachte ihre langjährige mütterliche Freundin, deren dralles Gesicht nun von einem wissenden, befriedigten Grinsen geziert wurde, einen leicht bösen Blick, mit dem sie ihr bedeutete, sich jeden Kommentar zu sparen und sich stattdessen lieber um den Wein zu kümmern.
„Ja, Kindchen, den bekommt ihr, der werte Herr und du“ versprach die voluminöse Wirtin, verkniff sich ein Kichern und rauschte mit wehender Schürze davon.

[i]„Nein, nichts von alldem. Ich bin Duellierlehrer und als Artemis’ Betreuer in Hogwarts und dass ich mir dabei England genauer ansehen kann ist nur ein schöner Beigeschmack.“
zerstreute Benoit Unitys Vermutungen über eine mögliche Lehrtätigkeit seinerseits in einem verhältnismäßig langweiligen Fach wie Alte Runen oder Geschichte der Zauberei. Duellieren. Das passte zu ihm, befand sie sogleich, wobei der wache Blick aus ihren blauen Augen auf seine schlanken aber kräftigen Hände fiel. Sie fragte sich, welche Beschaffenheit wohl sein Zauberstab hatte, eine Tatsache, die, wie sie von ihrem Vater gelernt hatte, viel über einen Menschen verraten konnte. Ein Zauberstab aus Weißdornholz, so meinte sie sich zu erinnern, war besonders gut geeignet für Duelle. Ihr eigener bestand aus wertvollem Walnußholz und trug in seinem Inneren ein Einhornhaar, er hatte ihr immer gute Dienste geleistet, wenn sie auch noch nie in eine wahrhaft bedrohliche Situation geraten war.
„Zeigen sie mir ihren Zauberstab?“ fragte sie, aus ehrlichem Interesse an dem wichtigsten Utensil jedes Zauberers, verschluckte sich jedoch an ihren eigenen Worten, als ihr deren Doppeldeutigkeit bewusst wurde. Gott, war sie manchmal dämlich. Eine leichte Röte stieg in ihre Wangen, sie wollte zu einer Erklärung ansetzen, wurde jedoch jäh vom erneuten Auftauchen Madame Rosmertas unterbrochen, die vor Benoit und Unity jeweils einen Weinkelch abstellte und ohne große Umschweife eine verstaubte Weinflasche zwischen die beiden auf den Tisch stellte, ein „Cabernet Sauvignon, 1966“ murmelte und sogleich weiterhuschte, um wartende Kundschaft zu bedienen.
„Duellieren, wie schön, sie kümmern sich also quasi um meine Kundschaft“ wechselte Unity geschwind das Thema und kam somit sogleich auf die Frage Benoits zu sprechen, was genau sie selbst beruflich machte.
„Ich studiere Medimagie, spezialisiert auf Fluchschäden“ erklärte die rothaarige Hexe, über deren Gesicht bei der Erwähnung ihrer Profession ein Strahlen glitt.
„Falls Artemis also, und sei es nur im Training, etwas zustoßen sollte, sie wissen jetzt ja, an wen sie sich wenden müssen“ fügte sie hinzu, deutete dann mit einem leichten Lächeln auf die Weinflasche.
 „Dann schenken sie mal ein“ forderte die hübsche Engländerin ihr Gegenüber auf – zumindest dies sollte dem Mann überlassen sein, beschloß sie und lehnte sich zurück.
Draußen wurde es zusehends dunkler, durch die Fenster blickte man in die Schwärze der anbrechenden Nacht, so dass man sich auf die Kerzen, die auf jedem Tisch standen, als einzige Lichtquelle beschränken musste. Kerzen, so schien es Unity, tauchten alles in ein unwirkliches, weiches Licht, sie übermalten alles, was nicht perfekt war und stellten die Dinge heraus, die besonders schön waren. Gedankenverloren spielte sie an der langen Holzperlenkette, die sie um den Hals trug und die farblich zu der dunkelbraunen Tunika passte, die ihren Oberkörper verdeckte. Es war ein schöner Abend, dachte sie bei sich. Endlich schaffte sie es, sich für diese Feststellung nicht sogleich selbst zu schelten. Und endlich schaffte sie es, Benoit in die Augen zu blicken, ohne ihm direkt wieder auszuweichen. Diese Augen. Ja, sie waren etwas Besonderes.
Vielleicht war dieser ganze Mann etwas besonderes, wer wusste das schon?
Doch in diesem Moment, der nur als solcher zählte, dachte die vernünftige Rothaarige nicht darüber nach, was sie in der nächsten Minute denken würde.
Und sie genoss es.
<i>„Offensichtlich ist der Schulleiter Percy Weasley ebenfalls mit ihnen verwandt. Ich wage mich auch mal an eine ihrer vielgeliebten Theorien: Ist er vielleicht ihr Vater?“ </i> riss die weiche Stimme des Franzosen sie aus ihren Gedanken. Das zufriedene Lächeln blieb auf Unitys Gesicht, als sie auf seine Frage zunächst nur stumm nickte. Es erheiterte die lockige Hexe, dass ihr Gegenüber sich nun auch an Vermutungen versuchte, wie sie selbst es zuvor getan hatte, wenn er auch erfolgreicher zu sein schien, als sie es dabei gewesen war. Aber, so sagte sie sich, es war auch reichlich offensichtlich, dass Percy ihr Vater war. Der gleiche Nachname, die Tatsache, dass sie erwähnt hatte, in Hogsmeade aufgewachsen zu sein und - nicht zu vergessen - die Haarfarbe, die nun wirklich alles andere als alltäglich war.
"Ja, Percy Weasley ist mein Vater, das ist doch auf den ersten Blick ersichtlich" erklärte sie gutgelaunt, war ihr Vater doch ein Thema, über das sie gern zu reden bereit war. Sie bewunderte ihn und war stolz auf sein Wirken, nahezu unmerklich straffte sie die schmalen Schultern und reckte sich ein wenig.
"Oder sind sie ihm noch nicht begegnet?" erkundigte Unity sich, denn immerhin hatte sie ihren Vater noch nichts über den Lehrer aus Frankreich berichten hören - was wohl aber auch daran liegen mochte, dass dieser ihn nicht so interessant gefunden hatte, wie seine Tochter es nun tat.






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wenn die nacht anbricht
wenn sie wach da liegt
fragt sie sich
soll das alles sein?


...namen sind schall und rauch...
|susannah potter|lavinia vaughan|reva tudor-alaric|brighid mayfield|logan munroe|desdemona saffron|

27.06.2008

„Ihre Mutter ist Engländerin?“ Benoit nickte als Reaktion auf Unitys Frage höflich, obwohl er soeben doch gerade erwähnt hatte, dass seine Mutter aus diesen nasskalten und regnerischen Land stammte. Die unnötige Frage war wohl nicht auf den Umstand zurück zu führen, dass Unity Benoits Worten keinen Glauben schenken konnte und eine neuerliche Bestätigung derer wollte (ungeachtet der Tatsache, dass Benoit, hätte er sie beim ersten Mal belogen sie auch ohne weiteres ein zweites Mal in die Irre führen könnte), sondern eher auf der Unsicherheit wie sie das Gespräch nun weiter führen sollte.
Die hübsche Rothaarige schien nicht recht zu wissen was sie von der Geschichte halten sollte, denn sie begann nach einem geeigneten Aufhänger für einen weiterführenden Satz zu suchen. Benoit wäre ihr gern zu Hilfe gekommen, doch Unity schien dieser Umstand völlig zu entgehen. „Ihre Mutter…“, begann sie und stockte. Etwas schien sie schwer zu beunruhigen, denn sie senkte den Blick und schloss sogar die Augen, als wäre ihr gerade etwas Schreckliches passiert. Für einen Moment hegte Benoit den Verdacht, dass ihr plötzlich übel geworden war. Sie sah jedenfalls für einen Augenblick sehr schlecht aus und schien mit sich zu kämpfen. Einen kurzen Moment lang war so etwas wie Sorge in Benoits Augen zu lesen, hielt er es doch nicht für ausgeschlossen, dass die junge Frau jeden Moment zusammen klappen würde. Heutzutage wusste man ja eh nicht mehr, wie man damit umgehen sollte, dass die Menschen immer dünner werden wollten und dabei völlig vergaßen, dass ihr Körper auf Nahrung angewiesen war. Auch Unity sah nicht wirklich so aus, als würde Essen zu ihren Lieblingsbeschäftigungen zählen. Und doch hatte Benoit ihre schlanke und zierliche Figur nicht als übertrieben dünn wahrgenommen und tat es noch immer nicht. Natürlich empfand auch er schlanke Frauen attraktiver als andere, besonders weil auch er nicht gerade von kräftiger Gestalt war und obwohl er kein oberflächlicher Mensch war, legte er dennoch Wert auf sein Äußeres. Dazu gehörte eben auch eine passende Frau an seiner Seite, mit der er optisch ein schönes Paar abgab und die nicht gerade so aussah als könnte sie ihn ohne Mühe im Armdrücken besiegen. Bevor er sich jedoch der Frage zuwenden konnte ob Unitys kurzes Zögern und ihr verwirrter Blick tatsächlich Besorgnis erregend war und er ihr irgendwie zu Hilfe eilen sollte, hatte sich die Betreffende auch schon wieder gefangen und beendete ihren Satz.

„Ihre Mutter, vermisst sie die englische Heimat denn nicht?“ Noch völlig Versunken in seine Überlegungen über Unitys Gesundheitszustand, antwortete Benoit nur mit einem abwesenden „Nein, ich denke nicht“, wobei er sich dabei gar nicht einmal so sicher war. Seine Mutter sprach nicht besonders häufig über ihr Heimatland. Gwenog war durch und durch eine Frau, die im Hier und Jetzt lebte und sich nur ungern von den süßen Erinnerungen der Vergangenheit einfangen ließ. Manchmal erzählte sie nicht ohne Stolz von ihren Erfolgen als Kapitänin der Holyhead Harpies, doch da sie wusste, dass jede dieser Anekdoten einen kleinen Stich im Herz ihrer ältesten, und leider als Quidditchspielerin bisher erfolglosen, Tochter verursachten, waren diese Erzählungen sehr selten. Gwenog hatte in England keine engen lebenden Verwandten mehr: Ihre Eltern waren schon vor einigen Jahren verstorben und Geschwister hatte sie nie gehabt. Benoit war überzeugt davon, dass Gwenog ihre Familie als ihr Zuhause erachtete und in Frankreich rundum glücklich war, obwohl er nie eine derartige Aussage aus dem Mund seiner Mutter gehört hatte.
Mit jeder Minute die Benoit in Gesellschaft der jungen Medimagiern verbrachte wurde seine Bild von ihr erneut über den Haufen geworfen und überarbeitet. Gerade noch war sie verwirrt vor ihm gesessen, hatte unnatürlich lange gebraucht bis sie ihren Satz zu Ende formulieren konnte und jetzt, wenige Augenblicke später, war sie so offen und flirtbereit, dass man es fast schon als kokett bezeichnen konnte. Sie warf ihren schlanken Arm in die Luft als wäre nichts gewesen und orderte von Madame Rosmerta eine Flasche Rotwein, die dieser Bestellung so motiviert nachging, als hätte sie seit Stunden nur darauf gewartet, diese Worte aus Unitys Mund zu hören.
Als sie von seiner Tätigkeit als Duellierlehrer hörte, schien Unity beinahe erleichtert. Sie hatte sich ihn wahrscheinlich schon als verstaubten Bücherwurm ausgemalt, ohne zu wissen, dass Benoit alles andere als ein Freund des geschriebenen Wortes war. Umso schöner, dass ihr sein Beruf anscheinen zu gefallen schien.
„Zeigen sie mir ihren Zauberstab?“ Benoit hatte seine Hand schon in seine Tasche gesteckt, in der er seinen Zauberstab aufzubewahren pflegte, als er Unitys roten Kopf bemerkte und mit einem Mal die Zweideutigkeit ihres Satzes verstand. Er war es gewohnt häufiger über Zauberstäbe zu sprechen, immerhin waren sie für ein Duell elementar, sodass er zuerst gar nicht an etwas anderes gedacht hatte, als das schmale Stück Holz, nun konnte er jedoch nicht anders, als sich auch mit der zweiten Bedeutung dieses Wortes zu befassen. Auf sein Gesicht schlich sich ein wissendes Grinsen und er weidete sich einen Augenblick lang an Unitys Bestürzung und ihrer Scham. In diesem Moment wäre wohl jeder noch so aufrechte Mensch schadenfroh gewesen. „Ich nehme mal an, Sie sind an diesem Zauberstab interessiert…“Er reichte ihr seinen Zauberstab hinüber, sodass sie ihn betrachten konnte, ohne jedoch Anstalten zu machen in ihr in die Hand zu geben. Sein Zauberstab war ihm das Wichtigste auf der Welt, natürlich nur was materielle Dinge betraf, und er gab ihn niemals aus der Hand, allein schon aus dem Grunde, da man ohne ihn völlig wehrlos war.
„Weißdorn“, sagte er zur Erklärung und meinte damit die Holzart.
Bevor er den Zauberstab wieder in die Tasche steckte, zauberte er unbemerkt ein neues Etikett für die Weinflasche. Schließlich hatte er kein Interesse daran ein ganzes Monatsgehalt oder noch mehr für eine einzelne Flasche Wein auszugeben. Zumindest laut Aufschrift war der Wein nun um einiges jünger und so auch für Benoit erschwinglich.

Benoit schenkte zuerst sich, dann Unity ein Glas Wein ein, schließlich hatte er zu Hause gelernt, dass man den Gast niemals den ersten Schluck gibt. Er schob Unity das Glas hinüber und dachte dabei daran, dass er Rotwein eigentlich gar nicht mochte. Während Benoit ein gelegentliches Glas Weißwein schätzte, stiegen ihm die schweren roten Tropfen viel zu schnell in den Kopf. Vielleicht hätte er gleich mit der kleinen Veränderung des Etiketts den Wein ändern sollen, aber dies wäre vermutlich viel zu auffällig gewesen. Benoit setzte ein Gesicht auf, als würde nichts seine Laune trüben können, er war sehr gut darin, und hob sein Glas.
„Auf die sympathischste Engländerin die mir je begegnet ist!“, sagte er und lächelte Unity verschwörerisch zu. Er konnte nicht aufhören an den Zauberstab zu denken, es war einfach zu komisch.
Unitys Entgegnung auf seine Frage, dass sie gerade in der Ausbildung zur Medimagiern war quittierte Benoit mit einem anerkennenden Nicken. Seine jüngste Schwester Anouk hatte auch einmal mit dem Gedanken gespielt Ärztin zu werden. Diesen Wunsch hatte sie jedoch schnell wieder aufgegeben, nicht zuletzt weil ihr Gwenog einfühlsam zu Verstehen gegeben hatte, dass dieser Beruf für einen leicht misantrophischen Menschen wie Anouk einer war, vielleicht nicht gerade das Richtige war.
"Ja, Percy Weasley ist mein Vater, das ist doch auf den ersten Blick ersichtlich" Diese Neuigkeit erheiterte Benoit wenig. Er hatte den Schulleiter von Hogwarts bisher als eine selbstverliebte Plaudertasche erlebt, der in seinem Leben bisher kaum etwas erreicht hatte. Wie er Direktor von Hogwarts geworden war, war Benoit noch immer ein Rätsel, wobei Percys Regelverliebtheit ihm schon ein Begriff war. Seine Feinfühligkeit war nun wieder angebracht, denn Benoit wollte um jeden Preis verhindern, dass Unity etwas von seiner Geringschätzung ihrer Vaters erfuhr. Dies hätte sie bestimmt sehr gekränkt, denn aus ihren Augen waren begeisterte Funken gesprüht als sie den Namen ihres Vaters erwähnt hatte.
„Ich hatte schon das Vergnügen ihn kennen zu lernen, wenn auch nur kurz. Er scheint momentan sehr beschäftigt zu sein… und Sie, sind ihm ja wie aus dem Gesicht geschnitten, sonst wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen eine Verwandtschaft zwischen ihm und Ihnen zu vermuten.“ Er lächelte freundlich und dachte dabei daran, dass es in Zukunft vielleicht etwas schwierig werden könnte mit der Tochter des Schulleiters auszugehen, sollte es denn dazu kommen.








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Beauty is a form of genius.

Oscar Wilde

30.06.2008

Wie er sie ansah.
Unity konnte seinen Blick nicht recht deuten, obwohl ihr, dies sollte kaum verwundern, zahlreiche Erklärungsmöglichkeiten einfielen. Keine schien jedoch einen Sinn zu machen.
Vielleicht hielt er sie für beschränkt oder einfältig, was sie ihm angesichts ihrer vorherigen Wortfindungs- und Ausdrucksschwierigkeiten auch kaum hätte übel nehmen können, doch die Art, mit der seine braunen Augen – die sie sich noch immer nach Kräften bemühte, zu ignorieren – auf ihrer zierlichen Gestalt ruhten, zeugte nicht von Ablehnung.
Forschend, fragend, fast sogar ein wenig besorgt wirkte der Ausdruck, den sie – und sie schaffte es beim besten Willen nicht länger, seine sanften Augen weiterhin zu umgehen – in seinem Gesicht lesen konnte, was sie verwunderte und stutzig machte. Zum einen war da doch die Tatsache, dass es ihr für gewöhnlich überhaupt nicht lag, Menschen einzuschätzen. Zwar arbeitete sie in einem Beruf, der dies vielleicht nötig erscheinen ließ, doch Unitys Fähigkeiten, das äußere Erscheinungsbild eines Menschen zu bewerten, beschränkten sich tatsächlich nur auf die Unterscheidung, ob ihr Gegenüber krank oder gesund wirkte. Bestenfalls gelang es ihr noch, einzuordnen, was der kranken Person denn fehlte, doch Charakterzüge oder Gefühlsregungen, die sich doch in den Gesichtern der meisten Menschen unschwer erkennen ließen, blieben der jungen Medihexe weitestgehend verborgen.
Woran lag es also, dass es ihr ausgerechnet bei einem Fremden gelang, dessen Mimik zu deuten und zu lesen? Nun, gesetzt dem Fall, sie läge überhaupt richtig mit ihren Vermutungen.
Was hatte dieser Mann an sich, das ihr einen derart speziellen Zugang zu ihm verschaffte? Sie kannte Benoit eine knappe Stunde und fühlte sich mit ihm verbunden. Das war doch absurd.
Sie, Unity Leandra Weasley, war eine Einzelkämpferin, sie legte größten Wert auf ihre Selbstständigkeit und darauf, sich von Anderen unabhängig entwickeln zu können.
Ja, sie war froh, dass sie keine Geschwister hatte.
Ja, sie fühlte sich besser ohne beste Freundin.
Ja, sie war noch nie in ihrem jungen Leben verliebt gewesen.
Man konnte auf so vieles verzichten, wenn man nur den einen Wunsch verfolgte, erfolgreich zu werden.
Man musste egoistisch sein.
Man musste alle Abende allein verbringen.
Man musste damit leben, seine Mitmenschen nicht einschätzen zu können, weil man sie einfach nicht kannte und nie vorgehabt hatte, sich mit ihnen näher zu beschäftigen.
Aber musste man zulassen, dass eine einzige Begegnung mit einem dahergelaufenen französischen Lehrer eine Welt ins Wanken brachte, die man sich aus Verzicht, Ehrgeiz und Egoismus aufgebaut hatte?
Wie konnte dieser Mann die drei Säulen ihres Daseins ins Wanken bringen?
Das durfte er nicht. Es lag an ihr selbst, an Unity, ihm dies nicht zu gestatten und es zu unterbinden.
Verzicht. Ehrgeiz. Egoismus. Kein Platz für mehr.
Doch wo blieb ihr Wille, zu verzichten, wenn sie doch in diesem Moment wiederholt in seinen unglaublichen Augen versank?
Wo blieb der Ehrgeiz, eine gute Medimagierin zu werden, wenn sie doch beim Blick in seine Augen prompt vergessen konnte, wie man einen Furunkulus-Fluch behandelte?
Ihr war also nur ihr Egoismus geblieben, ein Charakterzug, den viele wohl als negativ erachten mochten. Unity war gerne egoistisch, sie vertrat vehement die Ansicht, jeder solle sich selbst der Nächste sein. Natürlich freute sie sich, wenn ihre Cousins und Cousinen Erfolge feierten, wie es Claire heute tun durfte, doch im Zweifelsfall würde sie selbst ihren nächsten Familienmitgliedern einen Erfolg vergönnen, um ihn selbst davontragen zu können. Vielleicht war es gut, dass es zu einer derartigen Situation noch nie gekommen war, denn Unity würde sich zwar gegen ihre Familie, die sie zweifellos von Herzen liebte, stellen, doch sie würde es mit Sicherheit nicht gerne tun.
Urplötzlich kehrte der zweite Grund in ihre Gedanken zurück, der sie daran hatte zweifeln lassen, dass Benoit sie besorgt anblickte.
Warum sollte er das tun? Sich um andere zu sorgen war etwas, das Unity ferner lag als Asien. Wer es nicht schaffte, sich um sich selbst zu kümmern, der hatte eben Pech gehabt. Das erste und einzige Mal, dass sie sich tatsächlich aufopferungsvoll um andere Menschen gekümmert hatte, war nach dem Tod ihrer Onkel Ron und Harry und ihrer Tante Hermine gewesen. Ihre Cousins und Cousinen, sie hatten ihr, allem Egoismus zum Trotz, leid getan. Sie waren so jung, so unschuldig, so hilflos hatten sie ihre Eltern verloren.
Doch ihre Gedanken schweiften ab, wie Unity merkte.
Die Frage, warum Benoit sich um sie sorgen sollte, schien noch immer nicht beantwortet, wenn sie denn überhaupt von Belang war.
Doch, auch wenn die Säulen ihrer Welt bedrohlich schwankten, es gefiel ihr, dass ein charmanter Mann sich um sie sorgte.
Nicht etwa, weil sie der Ansicht war, man müsse auf sie aufpassen, nein, viel eher, weil, abgesehen von braunen Augen, die gewinnende Art eines Kavaliers das wohl einzige war, das ihr jugendliches, reines Herz zum Schmelzen bringen konnte. Schmelzende Herzen, werbende Kavaliere - dämliche, kitschige Ideen, mit denen Unity nichts zu tun haben wollte.
Grimmig holte sie Luft und leerte den restlichen Kürbissaft in einem Zug, während sie sich erneut bemühte, ihre Gedanken zu ordnen, die doch noch immer viel zu wirr und konfus waren.
Was wollte sie überhaupt? Und was wollte er? Was wollten sie voneinander?
Sie war hier in Hogsmeade, um ihr praktisches Jahr zu beenden. Danach würden ihre abschließenden Prüfungen auf sie zukommen und sie wäre eine vollständig ausgebildete Medimagierin. Dieser Gedanke stimmte die hübsche rothaarige Hexe glücklich, die, von einem Schwall des Stolzes auf sich selbst erfüllt, kaum merklich ihre schmalen Schultern straffte.
Ja, deswegen war sie hier. Was wollte sie von einem Mann? Männer hielten auf, Liebe machte verletzlich. So hatte sie es immer gesehen. Und so sollte es bleiben.
Doch er verhielt sich wie ein Gentleman, hatte Haare, die dazu einluden, sie zu streicheln oder zu zerwuscheln, hatte ein Lächeln, das sie ansteckte und er hatte diese Augen, die Unitys persönlicher Meinung nach sofort verboten werden sollten.
Fast trotzig hielt sie ihm stand, dem Blick in eben diese Augen, als wollte sie ihm, der doch von dem, was in ihr vorging, hoffentlich nichts ahnte, beweisen, dass sie nicht so leicht zu beeindrucken war.

Ja, sie wollte stark wirken, stark, überlegen und eloquent.
Ihre Bitte, Benoit solle ihr seinen Zauberstab zeigen, unterstütze diesen Wunsch allerdings nicht, sondern entzog ihrer Souveränität in Windeseile jeglichen Boden.
„Ich nehme mal an, Sie sind an DIESEM Zauberstab interessiert…“ grinste er, gezeichnet von leichter Schadenfreude und zückte den schmalen Holzstab, den Unity hatte sehen wollen. Er machte sich nicht lustig über sie, er war lediglich amüsiert, das war ihr nicht entgangen, doch es ärgerte sie dennoch.
„Natürlich meine ich DIESEN Zauberstab, haben sie etwa noch andere?“ schnappte sie, machte sich ihre zweifellos vorhandene Unschuld zu Nutzen und funkelte den Franzosen aus ihren wachen blauen Augen herausfordernd an.
„Falls sie allerdings tatsächlich noch andere Stäbe in ihrer Hose verstecken, sehe ich mir diese natürlich auch gerne an“ plapperte sie drauf los, eigentlich in der Absicht, ihn ein wenig zu necken. Doch sie hatte ihre Worte wieder schlecht gewählt, wie sie zu spät merkte. Sie war wohl der letzte Mensch auf der Welt, der Anspielungen und Zweideutigkeiten gezielt einsetzen würde, sie war, im wahrsten Sinne des Wortes, unschuldig und unverdorben, ihre Naivität in diesem Bereich war es vielleicht, die sie zu einer so guten Kandidatin für derartige Fehläußerungen machte.  
Souveränität. Nur das war jetzt wichtig. Vielleicht würde er es dann gar nicht erst merken, redete sie sich selbst gut zu.
„Weißdorn“ konstatierte sie fachmännisch, haargenau im gleichen Moment, in dem auch der Besitzer des Zauberstabes angab, um welches Holz es sich handelte. Ein Lächeln glitt über das hübsche, fein geschnittene Gesicht der Rothaarigen. Mit dem Interesse an Zauberstäben hatten sie etwas Gemeinsames entdeckt, etwas, das irgendwie verband, auch, wenn sie sich nicht sicher war, ob ihr dies gefiel.
„Besonders geeignet für Flüche“ nickte Unity und strich mit ihren kleinen, zierlichen Fingern sanft über das glatte Holz.
Was hatte er mit diesem Zauberstab wohl schon alles getan? Was hatte er herbeigezaubert, wen hatte er verflucht? Könnten Zauberstäbe Geschichten erzählen...
„Walnuss“ beantwortete sie die nicht gestellte Frage, aus welchem Holz ihr eigener Stab gefertigt sei und beobachtete aufmerksam, wie Benoit das Etikett der Weinflasche, welche soeben von Madame Rosmerta an den Tisch gebracht worden war, mit einem Schwenk des Weißdornstabs änderte und den guten Tropfen somit um einige Jahre verjüngte, was die rothaarige Hexe mit einem wohlwollenden Lächeln quittierte.
Sie legte Wert auf Regeln, ja, durchaus. Doch sie, die die Wirtin schon seit Jahren gut genug kannte, könnte nicht mit Sicherheit behaupten, dass das Etikett, welches die Flasche getragen hatte, als sie an den Tisch gebracht worden war, richtig und zutreffend gewesen war. Wahrscheinlich hatte Rosmerta einfach den Wein gewählt, der die meisten Umdrehungen hatte und der die stets etwas steif wirkende Unity schnellst möglich lockern würde. Diesem Wein hatte sie dann wohlmöglich einfach ein Etikett aufgezaubert, das Unitys Anforderungen gerecht wurde – so etwas war der resoluten Wirtin zuzutrauen. Grund genug, einerseits darauf zu achten, nicht zu viel davon zu trinken und andererseits Benoit nicht zu rügen, das Etikett seinerseits geändert zu haben.
„Auf die sympathischste Engländerin die mir je begegnet ist!“ verkündete Benoit und hob das Glas, welches er zuvor mit Wein gefüllt hatte.
Er wollte mit ihr anstoßen. Auf sie? Auf Unity? Meinte er damit wirklich sie?
Wollte er sich über sie lustig machen?
Es schmeichelte ihr, keine Frage. Doch sie wollte nicht wieder dumm und naiv agieren, indem sie es vielleicht ungerechtfertigter Weise auf sich selbst bezog. Doch nachzufragen wäre wohl noch weitaus dämlicher, so viel war klar.
Also ließ sie es zu, dieses strahlende Lächeln, das sich schon seit einigen Momenten auf ihr Gesicht zu drängen versuchte, sie ließ zu, dass ihre vollen Lippen ihre makellosen weißen Zähne entblößten, sie zeigte das kleine Grübchen in ihrer linken Wange und ihre großen blauen Augen verengten sich in diesem Lächeln ein wenig und wurden umgeben von einigen sympathischen Lachfältchen. Das ganze hübsche Gesicht der jungen Medihexe strahlte und leuchtete, als sie nun auch ihr Glas hob, und es mit einem leisen Klirren gegen das von Benoit schlagen ließ.
„Nun, dann trinken wir aber bitte auch auf den sympathischsten Franzosen, der mir je begegnet ist...“ verlangte sie, ungewöhnlich offen, bevor sie das Glas an ihre Lippen setzte und einen ersten vorsichtigen Schluck des Weines nahm, der vorsichtig von Frankreich träumte „...mit den wohl unglaublichsten braunen Augen, die ich, ob nun in England oder sonst wo, jemals gesehen habe“ schloss sie, in der Hoffnung, dass diese Augen ihre Wirkung auf sie vielleicht verlieren würden, wenn sie nun offen damit umging, dass diese ihr gefielen.
Sie musste sich dessen nicht schämen. Was hatte dies denn schon zu bedeuten? Er hatte doch immerhin auch gesagt, dass er sie hübsch fand. Das hieß doch rein gar nichts.

Über ihr Glas hinweg behielt sie Benoit im Auge, während der Wein sie sanft von innen wärmte, und schenkte ihm ein verschwörerisches Lächeln.
Ein ungewöhnlicher Abend, ja. Ein ungewöhnlich schöner Abend.
Nun, da die Sprache auch noch auf ihren über alles geliebten Vater kam, schien für Unity alles perfekt zu sein.
„Ich hatte schon das Vergnügen ihn kennen zu lernen, wenn auch nur kurz. Er scheint momentan sehr beschäftigt zu sein… und Sie, sind ihm ja wie aus dem Gesicht geschnitten, sonst wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen eine Verwandtschaft zwischen ihm und Ihnen zu vermuten.“ erklärte Benoit charmant, während Unity sich unweigerlich sofort durch das lockige rote Haar fuhr und sich eine Strähne dessen um den Finger zwirbelte.
„Ja, da haben sie wohl Recht“ lächelte sie gedankenverloren „Das sind eindeutig Weasley Haare. Ich kann meine Familienzugehörigkeit nicht leugnen, selbst, wenn ich dies denn wollen würde.“
Kurz dachte Unity an ihren Onkel Ron, der ebenso rote Haare gehabt hatte, wie ihr Vater und wie auch sie selbst. Mit einem leichten Kopfschütteln schob sie diese Gedanken beiseite. Sie gehörten hier nicht hin.








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wenn die nacht anbricht
wenn sie wach da liegt
fragt sie sich
soll das alles sein?


...namen sind schall und rauch...
|susannah potter|lavinia vaughan|reva tudor-alaric|brighid mayfield|logan munroe|desdemona saffron|