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Schalke zum Erflog verdammt

 Schalke zum Erflog verdammt

Quelle: Süddeutsche Zeitung

Arbeit auf der Rasierklinge

Auf der Jahreshauptversammlung muss der hoch verschuldete FC Schalke erklären, warum er zum Überleben sportlichen Erfolg braucht

Gelsenkirchen - Wenn man Rudi Assauer nach seiner Zukunft beim FC Schalke 04 fragt, dann verzieht er das Gesicht, als hätte er sich am Qualm seiner Zigarre verschluckt. Der Fußballmanager übertreibt absichtlich. Assauer macht gerne Späße und erfreut sich eines gewissen Aufsehens in der Branche. Er hat seinem Verein für die kommende Spielzeit die Dienste des Stürmers Ailton sowie der Abwehrspieler Mladen Krstajic und Marcelo Bordon gesichert. ¸¸Dagobert Duck" wird Assauer genannt, weil er in einer schwierigen Zeit kalt lächelnd zukaufte.

Dabei hat der Revier-Klub eigentlich gar kein Geld dafür. Der FC Schalke musste in seiner Bilanz zum Jahresende 2003 Schulden in Höhe von 102 Millionen Euro ausweisen. Nicht einmal mehr die Vermögenswerte des Vereins deckten die Verbindlichkeiten. Nur mit einem raffinierten Trick konnte der Fußball-Bundesligist seine Bilanz, die Grundlage für die Lizenzerteilung bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) ist, einigermaßen ausgeglichen gestalten.

Zur Bilanzaufhübschung diente den Schalkern das abgetakelte Parkstadion. Zum symbolischen Preis von einem Euro hatte die Stadt Gelsenkirchen dem Verein 2003 die ausrangierte Spielstätte verkauft. ¸¸Da hat uns die Stadt mal was zukommen lassen", sagt Schalkes Finanzvorstand Josef Schnusenberg. Die Schalker ließen das Grundstück mit der Stadionruine im Dezember von einem Bochumer Gutachter bewerten. Der taxierte das Areal, auf dem irgendwann einmal zwei Fußballplätze entstehen sollen, als wertvolles Bauerwartungsland mit 15,6 Millionen Euro. Diese Summe ging als Kapital in die neugegründete ¸¸Schalke Parkstadion GmbH & Co. KG" ein - und damit als ¸¸außerordentlicher Ertrag" in die Jahresbilanz des FC Schalke 04. Nur mit diesem windigen Papiergeschäft konnte der Revier-Klub seinen Jahresverlust von knapp 19 Millionen Euro auf 4,1 Millionen Euro verringern.

Das Nullsummenspiel

Die Stadt Gelsenkirchen hingegen hatte bei der Veräußerung des Parkstadions lediglich einen Grundstückswert von einer Million Euro errechnet. Genauso hoch sind die geschätzten Abrisskosten, die Schalke 04 mit dem Deal übernommen hat. Aus diesem Nullsummenspiel machte der Verein in seiner Bilanz für 2003 eine satte Einnahme und konnte so seine dramatische Überschuldung von 17,4 Millionen Euro kaschieren und auf 1,8 Millionen Euro drücken. Für Joachim Gassen, Dozent am ¸¸Lehrstuhl für internationale Unternehmensrechnung" der Uni Bochum, sind diese Tricksereien ¸¸ein ökonomisches Nullsummenspiel". Es diene ¸¸nur zur besseren bilanziellen Darstellung des Vereins". Selbst Aufsichtsräte des FC Schalke 04 sprechen von ¸¸Bilanzartistik".

Angesichts eines solchen finanziellen Drahtseilakts ist das Team des Gelsenkirchener Fußball-Bundesligisten in der neuen Saison zum Erfolg verurteilt. ¸¸Wenn wir mit dem Spielbetrieb Verluste machen, dann kriegen wir ein Bilanz- und Liquiditätsproblem", räumt Finanzvorstand Schnusenberg ein. Falls die Mannschaft ähnlich mittelmäßig agiert wie in der vergangenen Saison, droht dem Klub ein finanzielles Desaster.

Die Fans sind bereits alarmiert. Aus der Bilanz 2003 machte der Vorstand ein Geheimnis - das aber sorgte für Aufregung. Im Gegensatz zu den Vorjahren wurde der Geschäftsbericht diesmal nicht im Vereinsorgan Schalker Kreisel veröffentlicht. ¸¸Reiner Selbstschutz", sagt Schnusenberg. Der wird sich mit seinen Vorstandskollegen auf der Jahreshauptversammlung des FC Schalke am heutigen Dienstagabend einige Fragen zur Finanzsituation des Vereins gefallen lassen müssen. Denn nicht nur für die mit Topstars aufgerüstete Mannschaft, sondern viel mehr noch für den fünfköpfigen Vorstand wird die kommende Spielzeit zum Existenzkampf. Am 30. September 2005 enden die Verträge der Vereinsbosse. Damit bleiben der Klubführung nur noch 15 Monate, in denen sich die waghalsigen Transaktionen rechnen müssen. ¸¸Der Vorstand hat keinen Persilschein", sagt das Aufsichtsratsmitglied Peter Lange. Deshalb strapaziert Manager Assauer seine Gesichtsmuskeln, und Schalke 04 steht vor einer Saison, die den Weg in eine bessere Zukunft weist - oder in den Abgrund.

Der FC Schalke 04 ist im 100. Jahr seiner Geschichte längst ein komplexes Konstrukt unterschiedlicher Gesellschaftsformen. Der Verein unterhält nicht nur die Fußballelf, sondern betreibt darüber hinaus laut Handelsregister 14 Tochterunternehmen. Die kümmern sich um die Bewirtschaftung der Arena, den Ticketverkauf, ein Schalke-Museum und das Parkstadiongelände. Doch die emsige Geschäftigkeit der Schalker hat dem Verein nicht die erhofften Gewinne gebracht. Die Arena hat in ihrem dritten Jahr laut Jahresabschluss 3,9 Millionen Euro Verlust gemacht.

Auch mit ihrer Transferpolitik hatten die Schalker keine glückliche Hand. In der jüngsten Bilanz mussten etliche Spieler, die in den vergangenen Jahren als Hoffnungsträger geholt wurden, abgeschrieben werden. Etwa 60 Millionen Euro hat Schalke seit 1999 in den Kauf von Fußballern investiert, aber nur rund zwei Millionen Euro durch Verkäufe erlöst - so gehen die öffentlichen, bislang nicht dementierten Schätzungen. Zugespitzt hat sich die Finanzsituation im vergangenen Jahr durch Millionen schwere Ausfälle von Fernsehgeldern durch die Kirch-Pleite und das frühe Ausscheiden in den Pokalwettbewerben. In seiner Not hatte der Verein bei dem Londoner Finanzmakler Stephen Schechter bereits vor einem Jahr eine Anleihe über 75 Millionen Euro aufgenommen. Diese erhöhten die klammen Schalker im März dieses Jahres um weitere zehn Millionen Euro. Damit schuldet der Verein der von Schechter vertretenen Investorengruppe insgesamt 85 Millionen Euro. Als Sicherheit verlangte Schechter nicht nur die über 24 Jahre laufende Verpfändung der Schalker Zuschauereinnahmen. Zugleich musste der Klub 75 Millionen Euro über Grundschulden auf seine Arena und Vereinsimmobilien absichern. Trotz der erdrückenden Zahlungsverpflichtungen machen die Vereinsoberen hartnäckig in Optimismus. ¸¸Ich denke nicht darüber nach, wo das Geld ist - ich denke positiv", sagt Schnusenberg und vertraut auf den Erfolg der neuformierten Mannschaft: ¸¸Bei einigermaßen normalem sportlichem Verlauf kriegen wir hier keine Probleme."

Es gibt viele Wenn und Aber in dieser Geschäftspolitik. ¸¸Schalke steht am Scheideweg", bekennt Aufsichtsrat Lange. Als Manager beim Düsseldorfer Flughafen kennt er sich aus mit Bilanzen und Finanzdaten. Eine ¸¸Arbeit auf der Rasierklinge" nennt er das Management eines Bundesligavereins nach der Kirch-Insolvenz. Umso kritischer schaut sich Lange die Schalker Geschäftspolitik an. ¸¸Der Verein braucht Leute, die sich der Risiken bewusst sind und verantwortungsvoll handeln - sollte das nicht so sein", sagt er, ¸¸würde das zu sofortigen Konsequenzen führen."

David Schraven / Ulrich Hartmann / Johannes Nitschmann
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*Man fragt sich doch, ob Skibbe noch alle Tassen im Schrank hat, wenn er so einen Mist erzählt, dass er mich noch mal beobachten will, meine Laufwege studieren, und das nach 15 Jahren Bundesliga.*
Martin Max <<< rulez!