Rezi: "In the Wake of Poseidon"
Das zweite Album von King Crimson beginnt mit dem ruhigen 1-Minüter "Peace - A Beginning", bei dem Greg Lake a-capella ein leises Stück vorträgt. Danach wird es mit "Pictures of a City" brachial: jazzig-metaliges Riffing mit Bläsern, E-Gitarre und krummem Rhythmus. Nach einer gesungenen Strophe mit heftig verzerrter E-Gitarre wird das instrumentale Riff noch dynamischer mit einer weiteren Bläsersektion: das jazzigere Pendant zu "21st Century Schizoid Man". Nach psychedelischen Saxophontönen erklingt ein frickelige Gitarrenpart mit einem schnellen Fripp-Solo. Dann wird es wieder ruhig, mit sanftem Bass und gedämpften Gitarrentönen. Nach einer Reprise der Strophe artet das Stück im absoluten Lärm aus. Das nächste Stück bildet dann direkt eine Antithese zu dem Lärm: der neue Sänger von King Crimson singt eine ruhige Friedensballade zu Akustikgitarren, sanftem Schlagzeug und sehnsüchtigem Klavier vom berühmten Jazzpianisten Keith Tippett, der u.A. auch bei Soft Machine und deren Ausnahmesaxophonisten Elton Dean beschäftigt war.
Mit bombastischen Mellotronakkorden wird das nächste Stück, "In the wake of Poseidon", das zweite "Epitaph" eingeleitet. Besonders hier fällt Pete Sinfield's Textertalent auf. Robert Fripp bleibt beim Titeltrack des Albums bei der Akustikgitarre, auf Bläser wird hier gottseidank verzichtet.
Nach einer instrumentalen Gitarrenreprise vom Opener, dröhnt das an "Lizard" erinnernde "Cat Food" aus den Boxen: gebrüllter Gesang, freejazzige Klaviereinlagen von Keith Tippett, surrealer Text und holpriges Schlagzeug.
Nun geht es proggig weiter: leises Mellotron erklingt, ein Bolerorhythmus wird von Bass und Schlagzeug übernommen: "The Devil's Triangle", bzw. sein erster Teil "Merday Morn". Das ganze wird immer lauter - und nun erkennt man auch den Ursprung des Stückes: "Mars" von Gustav Holst, obwohl als Komponist nur Robert Fripp angegeben ist. Nach einem kurzen Moment Stille geht es wieder mit mehr Mellotron, E-Gitarre, Klaviereinlagen von Keith Tippett und diversem Percussion weiter, bis das ganze in undefinierbarem Klangbrei endet. Ein unendlicher Spannungswechsel - dann erklingen Windgeräusche; eine Uhr tickt. Danach geht der Bolero in schnellerer Ausführung weiter; aber der Rhythmus ist nicht mehr vollständig, sodass die letzten Minuten im Freejazz enden - nun erklingt auch noch ein Teil von "In the court of the Crimson King" dazu... nach zwei Gitarrentönen erklingt "Peace - and End", das die Gesangversion mit der Gitarrenversion kombiniert. Sehr schön der overdubbte Gesang von Greg Lake.
Nach diesen 2 Minuten ist dieses sehr gute Album auch zu Ende.
Es erinnert sehr an das Debut, hat aber mit den Freejazzanleihen aber einen ganz eigenen "Touch", der 1970 mit "Lizard" und mit "Islands" nochmal vertieft werden sollte.
Daher gute 4/5 Punkte, weil ihm doch etwas fehlt, was der Vorgänger allerdings aufweist: irgendwie wirkt das ganze nicht so sehr in sich stimmig, auch wenn alles musikalisch sehr gut ist.