Zauberwaldverein e.V. - Sozialpolitik

Kinderarmut im vereinten Deutschland - Entstehungsursachen und Gegenmaßnahmen

Kinderarmut im vereinten Deutschland - Entstehungsursachen und Gegenmaßnahmen

Soziale Sicherheit, Heft 5/2005, S. 159-167
0490-1630

Butterwegge, Christoph

Kinderarmut im vereinten Deutschland - Entstehungsursachen und Gegenmaßnahmen

1. Globalisierung und Wiedervereinigung als Rahmenbedingungen

Wie es scheint, sind Kinder und Jugendliche deshalb besonders stark von Armut betroffen, weil das neoliberale Projekt des "Umbaus" der Gesellschaft und ihres Sozialstaates auf Kosten vieler Eltern geht, die nicht mehr dasselbe Maß an Sicherheit haben wie frühere Generationen: Von der gezielten Aushöhlung des "Normalarbeitsverhältnisses" durch das sich supranational formierende Kapital über den durch steigende Mobilitäts- und Flexibilitätserwartungen der globalisierten Wirtschaft forcierten Zerfall der "Normalfamilie" bis zur regressiven Modernisierung des Wohlfahrtsstaates verschlechtern sich die Lebensbedingungen der heute Erwerbstätigen wie auch ihres Nachwuchses.

Globalisierung und Wiedervereinigung haben gemeinsam, dass sie Gewinner und Verlierer hervorbringen, die unterschiedlichen sozialen Klassen und Schichten angehören. Tendenzen zu einer sozialen Polarisierung wirken aber bei Jüngeren genauso wie bei Älteren: Die zunehmende Armut geht mit steigendem Wohlstand und vermehrtem Reichtum einher, ja sie bildet geradezu dessen Kehrseite. "Neben einer wachsenden Minderheit der Kinder und Jugendlichen, die in Armutsverhältnissen aufwachsen, lebt auf der anderen Seite des sozialen Spektrums eine ebenfalls wachsende Zahl in sehr wohlhabenden Familien."2 Noch nie gab es vergleichbar viele Haushalte ohne materielle Sorgen und so viele Kinder mit eigenem (Kapital-) Vermögen in der Bundesrepublik wie heute. Um für die Familie mehr Freibeträge und damit Steuervorteile zu erlangen, übertragen wohlhabende Eltern ihren Kindern bereits kurz nach deren Geburt einen Teil des eigenen (Wertpapier-)Besitzes, was durch die letzte Erbschaftsteuer- bzw. Schenkungssteuerreform begünstigt wurde.

Kinder und Jugendliche bleiben von der Spaltung in Bezug auf den Arbeitsmarkt, die Sozialstruktur, den Wohlfahrtsstaat, die Migration und die Armutspopulation nicht unberührt. Vielmehr sind gerade jüngere Menschen, die noch keine geeigneten Anpassungs- und/oder Verdrängungsmechanismen entwickelt haben, hervorragende Seismografen unsozialer Trends. Kinder leiden nicht nur besonders und in spezifischer Weise unter Einschränkungen, denen ihre Familien ausgesetzt werden, sondern auch viel mehr als die Erwachsenen unter der zunehmenden Polarisierung einer Gesellschaft, die noch für lange Zeit ihren Lebens- und Gestaltungsraum darstellt.

Trotz der erheblichen Unterschiede im Hinblick auf die Lebenslagen von Kindern, welche empirisch belegt sind,3 verläuft der eigentliche Graben in Deutschland weniger zwischen den alten und neuen Bundesländern als zwischen gesellschaftlichen Klassen und Schichten, die es hüben wie drüben gibt. Man kann mit Blick auf Ost- und Westdeutschland deshalb nicht von zwei Armutstypen (bei Kindern und Jugendlichen) sprechen, weil die Gemeinsamkeiten sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Beziehung klar überwiegen. Die soziale Polarisierung führt gleichermaßen zu einer Spaltung der Kindheit, denn das Leben junger Menschen wird ganz entscheidend davon geprägt, in welchen Familienformen bzw. Haushaltstypen, Einkommensverhältnissen und Wohngebieten sie aufwachsen.

Hieraus folgt, dass die Bekämpfung der Kinderarmut im Rahmen einer kommunalen Familien- bzw. Sozialpolitik, wie sie beispielsweise Detlef Baum präferiert,4 zwar auf die konkreten Gegebenheiten "vor Ort" Rücksicht nehmen muss, sich aber keineswegs auf die Forderung nach Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland beschränken darf. Vielmehr muss es im Zuge einer stärkeren Zielgruppenorientierung darum gehen, schwerpunktmäßig all jene Kinder zu fördern, die aufgrund ihrer strukturellen Benachteiligung keine optimalen Entwicklungsmöglichkeiten haben, unabhängig davon, wo sie leben. Die politischen Weichen für die Exklusion oder Inklusion von Betroffenen werden jedoch auch im viel beschworenen "Zeitalter der Globalisierung" noch auf der nationalstaatlichen Ebene gestellt. Hier liegt deshalb auch das Schwergewicht dieser Überlegungen zu möglichen Gegenmaßnahmen.5

2. Wie man der Kinderarmut begegnen kann

Wenn die (Kinder-)Armut in Ost- und Westdeutschland primär eine Folge der Globalisierung bzw. der neoliberalen Modernisierung ist, kann sie nur durch die Beseitigung oder die Milderung der Folgen dieses Prozesses mit Erfolg bekämpft werden. Da die Ursachen der (Kinder-)Armut im Bereich der materiellen Produktion (Aushöhlung des Normalarbeitsverhältnisses), der privaten Reproduktion (Auflösung der Normalfamilie) und der sozialen Intervention (Um- bzw. Abbau des Wohlfahrtsstaates) angesiedelt sind, müssen die Gegenmaßnahmen dort ansetzen. Notwendig wäre es, die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungs-, Bildungs-, Gesundheits-, Wohnungs(bau)- und Stadtentwicklungs-, Familien- und Sozialpolitik miteinander zu verzahnen.

2.1 Arbeitsmarkt-, beschäftigungs- und sozialpolitische Maßnahmen

Die sich heute in allen entwickelten Industriestaaten verfestigende Massenarbeitslosigkeit zieht oft einen sozialen Abstieg nach sich, der meist stufenförmig verläuft und nicht nur direkt Betroffene, sondern auch deren Familien hart trifft, besonders dann, wenn es sich um Alleinernährer/innen oder Alleinerziehende handelt. "Insofern bedarf es zur effektiven Verhinderung von Verarmung und zur Bekämpfung bereits entstandener Armutslagen vor allem einer aktiven Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, deren Kern die Umverteilung von Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung und -flexibilisierung, der Abbau von Überstunden sowie die Ermöglichung flexibler Übergänge von Phasen der Erwerbs- und Nichterwerbstätigkeit ist."6

2.1.1 Arbeitszeitverkürzung, Flächentarifvertrag und Mindestlohn

Die spürbare und nachhaltige Senkung der Arbeitslosenquote wäre von zentraler Bedeutung für die Bekämpfung der (Kinder-)Armut. "Wo und so lange wie gute Möglichkeiten zur Erwerbsarbeit angeboten werden bzw. diesen entsprochen werden kann, funktionieren auch die bestehenden Sicherungssysteme. Dort, wo dies nicht, nicht durchgängig oder nur sporadisch möglich ist, fällt die Sicherheit weg, in solchen Systemen einen angemessenen Schutz zu finden."7 Eine konsequente Beschäftigungspolitik würde nicht nur die Massenarbeitslosigkeit verringern, sondern auch der Kinderarmut entgegenwirken. Sie müsste von einer Umverteilung der Arbeit durch den Abbau von Überstunden und die Verkürzung der Wochen- wie der Lebensarbeitszeit über kreditfinanzierte Investitionsprogramme des Bundes und der Länder bis zur Schaffung eines öffentlich geförderten Dienstleistungssektors alle Möglichkeiten eines wirtschaftspolitischen Staatsinterventionismus für die Schaffung von mehr Stellen nutzen.

Einen wichtigen Hebel zur Verringerung der Erwerbslosigkeit bildet die sukzessive Verkürzung der (Wochen- und Lebens-)Arbeitszeit, besonders in Ostdeutschland, wo länger als in Westdeutschland gearbeitet wird, ohne dass sich die Löhne bereits angeglichen hätten. Dabei müsste - zumindest für die in den neuen Bundesländern ausgesprochen zahlreichen Geringverdiener/innen - voller Lohnausgleich das Ziel sein. "Ohne intelligente Modelle der Arbeitszeitverkürzung werden die Massenarbeitslosigkeit und die mit ihr wachsende Armut nicht zu überwinden sein. Denn selbst bei optimaler Ausnutzung der Wachstumschancen führt die hohe Produktivitätsentwicklung nicht zu ausreichendem Jobwachstum."8 Durch ein gesetzliches Verbot bezahlter Überstunden könnte man erreichen, dass Mehrarbeit nur noch per Freizeitausgleich abgegolten wird.

Da die Aushöhlung bzw. Erosion des Normalarbeitsverhältnisses maßgeblich zur Verbreitung von (Kinder-)Armut beiträgt, ist die Bewahrung des Flächentarifvertrages, der in Ostdeutschland jedoch kaum noch Breitenwirkung entfaltet, ein weiteres Element ihrer wirkungsvollen und nachhaltigen Bekämpfung. Hinzutreten sollten Mindestlohnregelungen, wie sie in anderen Ländern bestehen.9

Befragung: Lebenslagen von Kindern in Köln und Erfurt

Mitarbeiter des Seminars für Sozialwissenschaften der Uni Köln haben im Jahr 2001 insgesamt 309 Grundschulkinder zwischen neun und elf Jahren aus mehreren Schulen in Erfurt und Köln zu ihrer Lebenssituation befragt. Dabei wurde nach einem komplizierten Verfahren differenziert zwischen Kindern aus der Ober-, Mittel- und Unterschicht. Wenngleich diese Erhebung nicht repräsentativ war, macht sie doch Unterschiede der Lebenslagen von Kindern aus ärmeren und finanziell besser gestellten Familien und auch Differenzen zwischen Ost- West-Deutschland deutlich.10

So gaben in Erfurt erheblich mehr der Befragten (34,6 Prozent) an, Einzelkinder zu sein als in Köln (13,4 Prozent). Das liegt unter anderem darin begründet, dass die Scheidung einer Ehe zu DDR-Zeiten leichter fiel und sich die Familienformen in Ostdeutschland bereits stärker gewandelt haben als in den alten Bundesländern. Auch existierte in der DDR eine flächendeckend geregelte Kinderbetreuung für Kinder ab dem dritten Lebensjahr, die es den Frauen erleichterte, einer Erwerbsarbeit - auch einer Vollzeittätigkeit, die ohnehin erwünscht und eher zu bekommen war - nachzugehen.

Bei der materiellen Ausstattung der befragten Kinder in Erfurt und Köln zeigt sich: Etwas mehr Erfurter als Kölner Schüler/innen besaßen ein Fahrrad, wobei die Prozentsätze der Mädchen in beiden Städten geringfügig höher waren als diejenigen der Jungen. Der Besitz elektronischer Spiele war vor allem bei den Jungen in den alten Bundesländern anzutreffen. Auch Computer waren in Köln häufiger vorhanden als in Erfurt, wobei in Erfurt mehr Mädchen und in Köln mehr Jungen darüber verfügten. Auch einen eigenen Fernseher besaßen mehr Kölner als Erfurter Kinder; allerdings jeweils mehr Jungen als Mädchen. Deutlich mehr Kölner als Erfurter Kinder besaßen ein Handy - in Erfurt und in Köln mehr Mädchen als Jungen. Dafür besaßen etwas mehr Erfurter als Kölner Kinder Bücher. Die Ausstattung mit neuen Medien und modernen Technikgeräten scheint in Köln dichter zu sein als in Erfurt. Dafür scheinen in Erfurt Dinge, die Bewegung und Kreativität bzw. soziale Kontakte erfordern, stärker verbreitet zu sein als in Köln.

In der Befragung wurde einmal mehr die höhere Bildungsaspiration sozial besser gestellter Familien deutlich. Deren Nachwuchs hat somit mehr Chancen und unterliegt auch in Zukunft einem geringeren Risiko des Scheiterns auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt als Kinder in prekären Lebenslagen. Außerdem ist das Risiko, eine Klasse zu wiederholen, in der "unteren" höher als in der "oberen Schicht". Diesbezüglich scheint eine "Selektion" entlang der sozialen Lagen in den Grundschulen - jedenfalls im untersuchten Sample - in Köln sehr viel stärker ausgeprägt zu sein als in Erfurt. Selbst in der Erfurter "unteren Schicht" ist ein stärkerer Drang zum Gymnasium erkennbar als in der gleichen Kölner Gruppe. Mit der sozialen Lage der Kinder steigt ihre Chance, einen höheren Bildungsabschluss zu erwerben.

Die Kinder aus der "unteren Schicht" sind hinsichtlich ihres gesundheitlichen Wohlbefindens sowohl gegenüber den Kindern der "mittleren Schicht" als auch gegenüber denen der "oberen Schicht" benachteiligt. Dabei gibt es kaum Unterschiede zwischen Ost und West. So gaben in Erfurt die Kinder in besserer sozialer Lage weniger an, "oft" bis "sehr oft" an Kopfschmerzen zu leiden, als diejenigen aus prekäreren sozialen Lagen; dagegen fanden sich Bauchschmerzen häufiger bei Kindern aus der "oberen" als aus der "unteren Schicht". In Köln ist das Verhältnis umgekehrt: Die Kinder in höherer sozialer Lage gaben häufiger an, unter Kopfschmerzen zu leiden als die sozial benachteiligten Kinder. Dafür nannten Letztere öfter Bauchschmerzen als die eher privilegierten Kölner Kinder.

In Erfurt wird die Konzentrationsfähigkeit der befragten Kinder nach deren eigenen Aussagen in höherer sozialer Lage besser, in Köln dagegen sowohl in der höheren als auch in der niedrigeren sozialen Lage. Eine Verschlechterung der Konzentrationsfähigkeit findet sich in Köln dagegen in der "mittleren Schicht". Dies macht es zumindest für die Kölner Daten schwierig, Zusammenhänge zwischen Konzentrationsfähigkeit und sozialer Lage herzustellen, wohingegen in Erfurt hierbei ein ganz klarer Zusammenhang zu verzeichnen ist.

Sowohl die anteiligen Werte für Schlafprobleme als auch für Schulmüdigkeit sind in Erfurt und Köln schicht- und geschlechtsunabhängig außerordentlich hoch. Während in Köln die Kinder mit steigender Soziallage seltener Schlafprobleme nannten, gaben die Erfurter Kinder der "oberen Schicht" häufiger Schlafprobleme an als diejenigen der "unteren Schicht". Bei der Schulmüdigkeit ist es genau umgekehrt: Der Anteil von Erfurter Kindern der "unteren Schicht" liegt höher als jener der Kinder aus der "oberen Schicht", während die Kölner Kinder der "oberen Schicht" häufiger über Schulmüdigkeit klagten als die der "unteren Schicht". Einschlafprobleme sind in der Erfurter "oberen Schicht" verbreiteter als in der dortigen "unteren Schicht" und anteilig häufiger in der Kölner "unteren Schicht" als in der dortigen "oberen Schicht"; insgesamt jedoch waren sie sehr hoch, aber geschlechtsspezifisch unterschiedlich.

Jenseits aller zwischen Ost- und Westdeutschland sowie Mädchen und Jungen zu beobachtenden Differenzen zeigen die erhobenen Daten, dass Kinder in sozial benachteiligten Lebenslagen in den Bereichen "Gesundheit" und "Bildung" besonders starken Belastungen und Risiken ausgesetzt sind. Diese wiederum wirken sich auf das Wohlbefinden sowie die Zukunftschancen der Kinder aus. Ch.B.

Aus dem Umstand, dass die Armut nicht mehr nur Erwerbslose trifft, sondern längst in Teilbereiche der Arbeit vorgedrungen ist, muss EU-weit die Konsequenz eines gesetzlichen Mindestlohns gezogen werden. "Ohne Zweifel könnte mit solchen nationalen Mindestlöhnen nicht nur mehr Gerechtigkeit in der Arbeitswelt geschaffen werden; es könnte damit [...] auch Armut im herkömmlichen Sinn bzw. im Haushaltsverbund vermindert werden."11

Trotz der Bedenken einiger Gewerkschaften bietet eine gesetzliche Regelung wahrscheinlich mehr Sicherheit für die betroffenen Geringverdiener/innen als eine Vereinbarung zwischen den Tarifvertragsparteien. "Ein gesetzlicher Mindestlohn kann sich vor dem Hintergrund der zunehmenden Verteilungskämpfe innerhalb der Erwerbsbevölkerung und der Drohung mit der Konkurrenz billiger Arbeitskraft aus dem Ausland zu einem essentiellen Pfeiler der Lohnsicherung entwickeln."12

2.1.2 Verbesserung der Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit

Kinderarmut lässt sich in der Regel auf Frauen- bzw. Mütterarmut zurückführen,13 sodass ein Hebel zu ihrer Verringerung in einer Erhöhung der weiblichen Erwerbsbeteiligung liegt, was eine nachhaltige Verbesserung der Vereinbarkeit von Familienarbeit und Berufstätigkeit durch Schaffung von mehr (Teilzeit-)Stellen einerseits sowie mehr öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen, die kostenlos oder preiswert sein müssten, andererseits voraussetzt. Nötig wäre darüber hinaus eine (gesetzlich zu regelnde) Rückbindung der Arbeit selbst wie der Arbeitszeitregelungen in Betrieben und öffentlichen Verwaltungen an die Lebensbedürfnisse der Beschäftigten und ihrer Familien. Dies würde eine völlige Neujustierung des Normalarbeitsverhältnisses erfordern: Beschäftigte müssten im Laufe ihres Lebens zwischen Vollzeitarbeit, Teilzeitarbeit und Arbeitsunterbrechung ohne Verluste an sozialer Sicherung und Weiterbildungsmöglichkeiten wechseln können, Arbeitgeber sowohl in der Arbeitszeitgestaltung wie auch beim Arbeitsvolumen auf die unterschiedlichen, im Lebensverlauf wechselnden Interessen der Beschäftigten mehr Rücksicht nehmen.14

Obwohl nur die so genannten Doppelernährer-Familien heute gegen Kinderarmut noch halbwegs gefeit sind,15 ist eine ganztägige Betreuung der Kinder keineswegs gewährleistet. "Die Tatsache, dass in den alten Bundesländern immer noch mehr als die Hälfte aller Mütter mit Kindern unter 15 Jahren nicht erwerbstätig ist - ein im internationalen Vergleich sehr hoher Prozentsatz - sowie das verstärkte Abdrängen der Frauen und Mütter aus dem Erwerbsbereich in den neuen Bundesländern deuten darauf hin, dass in der Bundesrepublik Deutschland die sozialstrukturellen Hindernisse einer Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit noch stark ausgeprägt sind."16

Zu einem ganz ähnlichen Ergebnis gelangt C. Katharina Spieß, die im Krippen- und Hortbereich mit jeweils circa drei Prozent für das Altbundesgebiet eine ausgesprochen niedrige Versorgungsquote angibt: "Der zunehmenden Erwerbstätigkeit von Müttern und dem erheblichen Anteil von Müttern mit einem Erwerbswunsch steht ein Angebot an Kindertageseinrichtungen gegenüber, das in dieser Hinsicht - zumindest in Westdeutschland - als nicht bedarfsgerecht bezeichnet werden kann."17 Auch im Kindergartenbereich (Drei- bis Sechsjährige), wo nach §24 Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) bzw. Sozialgesetzbuch (SGB) VIII ein Rechtsanspruch besteht, existiert keine völlige Bedarfsdeckung, noch weniger auf der lokalen bzw. der regionalen Ebene: "Unterversorgungslagen findet man zwangsläufig in vielen ländlichen Gebieten, aber auch gerade in den schnell wachsenden jungen Stadtteilen bzw. Bebauungsgebieten vieler Städte, da die existierenden Tageseinrichtungen häufig in den ehemals kinderreichen Stadtgebieten angesiedelt sind, während der Bedarf sich nunmehr räumlich verschoben hat."18

In den Kindertageseinrichtungen müssten mehr Plätze für die Sprösslinge von Alleinerziehenden und kinderreichen Familien zur Verfügung stehen, wobei die Beiträge der Eltern entweder ganz entfallen oder sozialverträglich nach deren Einkommen und der Familiengröße gestaffelt sein sollten, um der Armut entgegenzuwirken: "Die finanzielle Entlastung von Familien mit niedrigem Einkommen kann verhindern, dass insbesondere materiell unterprivilegierte Bevölkerungsgruppen vor einer Inanspruchnahme zu teurer Betreuungsangebote zurückschrecken, womit Berufstätigkeit erschwert und die Abhängigkeit von Sozialleistungen wahrscheinlicher wird."19

Bund und Länder haben am 12. Mai 2003 ein vier Jahre laufendes Investitionsprogramm "Zukunft Bildung und Betreuung" vereinbart, für das die rot-grüne Koalition insgesamt vier Milliarden Euro bereitstellt. Damit sollen für den Ganztagsbetrieb erforderliche Neubau-, Ausbau- und Renovierungsmaßnahmen sowie die Ausstattung der Schulen mit Kantinen, Bibliotheken, Labors, Räumen für Werkunterricht bzw. musische Bildung, Sportstätten, Aufenthaltsräumen und Medieneinrichtungen finanziert werden, während die Bundesländer das zusätzliche Personal
bezahlen müssen, was besonders finanzschwachen - wie den ostdeutschen - Ländern nicht eben leicht fallen dürfte. Die für Ganztagsschulen zur Verfügung stehenden Mittel könnten zwar den Problemdruck mildern, eine nachhaltige Lösung dürfte damit jedoch nicht zu erreichen sein.

Auf der Grundlage des "Gesetzes zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung und zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe" soll die Krippenversorgung der Kinder unter drei Jahren verbessert werden, ohne dass es den Eltern einen Rechtsanspruch darauf einräumt. Bis zum Jahr 2010 will man jedoch allein in den westlichen Bundesländern, wo der Bedarf am größten ist, 230.000 zusätzliche Betreuungsplätze schaffen. Eine gesetzliche Verpflichtung zur tariflichen Vergütung der Tagesmütter fehlt gleichfalls. Umstritten ist die Finanzierung einer "bedarfsgerechten" Anzahl von Krippen- und Tagespflegeplätzen aus Mitteln, die die Kommunen durch Hartz IV eingespart haben. Niemand weiß, ob so - wie vom Bund veranschlagt - tatsächlich 1,5 Mrd. Euro pro Jahr verfügbar werden. Fraglich erscheint auch, ob das bisher noch ausreichende - im Vergleich mit den westdeutschen Mangelverhältnissen sogar relativ umfassende - Angebot mit Ganztagsplätzen in Krippe, Kindergarten und Hort angesichts der großen finanziellen Schwierigkeiten ostdeutscher Kommunen künftig Bestand haben wird.20

2.2 Familien- und/oder Kinder(wohlfahrts)politik?

Bei der Bekämpfung der Kinderarmut gibt es unterschiedliche Ausgangspunkte: Geht man von den Interessen der Gesellschaft, der Nation oder des "Wirtschaftsstandortes" aus, gewinnt das Kind als solches im Zuge des demografischen Wandels zwar an Wert, es wird sich aber um eine Politik der Geburtenförderung und eine Stärkung der Familie als "Keimzelle des Staates" handeln. Auch ohne biologistischen Beigeschmack gelten die Eltern häufig als Kern der Familie und einzig geeignete Anlaufstelle für die staatliche Förderung. Geht man hingegen von den Betroffenen aus,21 steht das einzelne Subjekt samt seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, und es dreht sich alles um das Kindeswohl, was eine Kompensation der strukturellen Benachteiligungen deprivierter Familien erfordert.

2.2.1 Zielsetzungen der Familienpolitik

Thomas Ebert stellt der elterzentrierten Status- eine Familienpolitik gegenüber, welche sowohl die Lebensbedingungen für Kinder und Jugendliche zu verbessern wie auch die Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen sucht. "Eine moderne Familienpolitik geht davon aus, dass die Eltern ihre Kinder nicht für die Gesellschaft oder den Staat und auch nicht um irgendeines fremden Zweckes willen, z. B. der Versorgung oder der Pflege im Alter, aufziehen, sondern in eigener Verantwortung und um ihrer selbst willen."22 Margit Schratzenstaller weist darauf hin, "dass arbeitsmarktpolitische - insbesondere die Arbeitsmarktpartizipation von Frauen - und verteilungspolitische Ziele - insbesondere Armutsvermeidung - die maßgeblichen Leitlinien einer zeitgemäßen Familienpolitik sein sollten."23

In der Wissenschaft vollzog sich während der letzten beiden Jahrzehnte ein Paradigmenwechsel, der dazu führte, dass man die Kinder als eigenständige Persönlichkeiten mit individuellen Bedürfnissen sah, wodurch der Wandel zu einer subjektorientierten Familien- und Sozialpolitik möglich wurde: "Bis Ende der 70er Jahre betrachtete man Kinder - im Sinne einer entwicklungspsychologischen und sozialisationstheoretischen Perspektive - als sich entwickelnde Gesellschaftsmitglieder und stellte den Prozess des Erwachsenwerdens und der Entwicklung von Fähigkeiten und Begabungen in den Vordergrund. Im Zentrum einer Kinderpolitik standen Aspekte der Erziehung, der Pflege, des Schutzes und der Betreuung von Kindern -und zwar aus einer Erwachsenenperspektive. Unmittelbare Adressaten waren in erster Linie die Eltern und weniger die Kinder selbst."24 Durch die Betonung genuiner Kinderrechte sowie die rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau bei der elterlichen Sorge wandelte sich die Familien- zur Familienmitgliederpolitik: "Dem gegenläufig wirken allerdings Tendenzen, die unter Berufung auf das Subsidiaritätsprinzip wieder mehr die Autonomie der Familie in den Vordergrund stellen und damit auch mehr familienbegleitende Kinderbetreuungsangebote durch Horte und Ganztagesschulen ablehnen."25

Eine zeitgemäße Familienpolitik rückt das Kindeswohl in den Mittelpunkt, was - wie die zuständige Bundesministerin Renate Schmidt bemerkt - lange versäumt wurde. "Familienpolitik in Deutschland war und ist erwachsenenorientiert, und sie beschränkt sich darüber hinaus allzu sehr auf die Gestaltung des Familienlastenausgleichs."26 Johanna Mierendorff und Thomas Olk befürchten aufgrund einer Erosion der Familienkindheit durch die berufliche Einbindung beider Elternteile, einer Ausdehnung der Bildungskindheit in frühe Lebensphasen sowie einer fortschreitenden Vergesellschaftung von Kindern und Kindheit, dass diese "im ausschließlichen Interesse der Nachwuchssicherung von morgen" instrumentalisiert werden.27 Die in Abgrenzung gegenüber der traditionellen Familienpolitik als "Kinderwohlfahrtspolitik" bezeichnete Parteinahme für junge Menschen, wie sie ihnen vorschwebt, rückt deren Interessen und Bedürfnisse in den Mittelpunkt staatlicher Förderungsmaßnahmen. "Eine derart verstandene Kinderwohlfahrtspolitik ist eine ressortübergreifende Querschnittsaufgabe, deren einzelne Elemente, Programmteile und Instrumente bislang unzureichend in ihren Wirkungen auf die Wohlfahrt und Lebenschancen von Kindern untersucht worden sind."28

Unterscheidet man mit Karin Müller-Heine zwischen einer institutions-, einer funktions- und einer mitgliederorientierten Familienpolitik,29 so ist die zuletzt genannte wegen veränderter Arbeits- und Lebensbedingungen zu stärken. Nicht die Familie selbst, sondern ihre abhängigen Mitglieder, also Frauen und Kinder, sollte man mehr als bisher fördern. Eine zeitgemäße Sozialpolitik hat sich nicht "der Familie" als solcher zuzuwenden, sondern jenen Familienmitgliedern, die unfähig sind, ihren Lebensunterhalt ohne fremde Hilfe selbstständig zu bestreiten. Es geht bei dieser Strategie also nicht um die Förderung der Familie an sich, sondern um die Ermöglichung einer "guten" Kindheit, eines Aufwachsens junger Menschen ohne materielle Entbehrungen, Sozialisationsdefizite, gesundheitliche bzw. psychosoziale Beeinträchtigungen und Bildungsbenachteiligungen jedweder Art.

2.2.2 Familienlastenausgleich und Kindergeld

Nötig wäre eine Neuordnung des Familienlastenausgleichs, welcher die folgenden Kriterien erfüllen müsste, um dem Ziel einer wirksamen Bekämpfung bzw. Vermeidung von Kinderarmut dienen zu können:

1. Transferleistungen und steuerliche Freistellungen haben sich an einem einheitlichen soziokulturellen Mindestbedarf für Kinder zu orientieren.

2. Sie dürfen nicht zu unterschiedlichen Entlastungs- und Unterstützungsleistungen führen, also Familien mit niedrigeren Einkommen benachteiligen.

3. Um die Verarmung von Familien auszuschließen, bedarf es eines nichtdiskriminierenden bzw. - stigmatisierenden Transfersystems, das die derzeitige Sozialhilfe und die Grundsicherung für Arbeitsuchende ablöst.30

Problematisch ist nicht etwa die (vermeintlich zu geringe) Höhe der familienpolitisch begründeten Transferleistungen,31 sondern ausschließlich deren (gegenüber sozialen Unterschieden indifferente) Struktur. Dass gerade Superreiche, Kapitaleigentümer und Spitzenverdiener/innen am meisten von Steuervorteilen bzw. Subventionen profitieren, die eigentlich den Familien - und das kann doch nur heißen: solchen, die sie tatsächlich benötigen, um ihren Kindern unbillige Entbehrungen zu ersparen - zugute kommen sollten, wird aber selten kritisiert. Wie das Beispiel des Ehegattensplittings im Lohn- und Einkommensteuerrecht zeigt, hat sich die Bundesrepublik noch nicht auf die veränderten Lebens- und Liebesformen eingestellt: Auch verheiratete Paare ohne Kinder kommen in den Genuss dieser Vergünstigung, sofern ein Partner (möglichst viel) weniger als der andere verdient, während Paare mit Kindern davon ausgeschlossen bleiben, sofern sie unverheiratet sind.

"Umverteilung von oben nach unten!", nicht "Umverteilung von den Kinderlosen zu den Eltern!" müsste die Devise einer gerecht(er)en Familienpolitik lauten. Dafür bietet sich nur auf den ersten Blick eine massive Erhöhung des Kindergeldsatzes an, die etwa der Deutsche Kinderschutzbund verlangt. Derzeit beträgt das Kindergeld 154 Euro pro Monat für das erste bis dritte Kind und 179 Euro für jedes weitere Kind. Das Kindergeld ist zwar die wichtigste Sozialleistung des Bundes zur Bekämpfung der Armut von Familien, es deckt freilich nur einen Teil des soziokulturellen Mindestbedarfs junger Menschen: "Zudem ist es nach der Anzahl der Kinder in der Familie gestaffelt und nicht bedarfsorientiert konzipiert. Letzteres würde nämlich eine altersmäßige Niveaudifferenzierung erfordern, wie dies bei der Ausgestaltung der Kinder-Regelsätze in der Sozialhilfe der Fall ist."32 Aufgrund der Tatsache, dass Kindergeld und Kindergelderhöhungen auf die Hilfe zum Lebensunterhalt, das Arbeitslosengeld II bzw. das Sozialgeld und die Unterhaltszahlungen der Väter von nichtehelichen bzw. Scheidungskindern angerechnet werden, partizipieren gerade jene Familien nicht daran, deren Einkommen am niedrigsten ist.33 Zudem entlasten Kindergelderhöhungen die durch steigende Kosten sowie eine falsche Steuerpolitik des Bundes und der Länder arg strapazierten Haushalte der Kommunen, nicht aber die von dieser Hilfeart abhängigen Familien.

Ob mehr soziale Gerechtigkeit erreichbar wäre, wenn das Kindergeld einkommensabhängig gewährt würde, wie Petra Beckerhoff meint,34 ist fraglich. So plausibel der Vorschlag zunächst klingt, so wenig berücksichtigt er, dass der Sozialstaat womöglich seinen Rückhalt in anderen Teilen der Bevölkerung verliert, wenn er nur noch die Armen und Bedürftigen alimentiert. Gerade weil - und vermutlich: bloß wenn - die Mittelschichten selbst von Transfers wie dem Kindergeld profitieren, akzeptieren sie Programme für "randständige" Minderheiten: "Nur ein Sozialsystem, aus dem die Mehrheit der Bevölkerung Nutzen zieht, wird eine Staatsbürgermoral hervorbringen können. Wenn 'Sozialstaat' ausschließlich negative Konnotationen hat und hauptsächlich für Arme da ist, wie es in den USA der Fall ist, wird er am Ende die Gesellschaft spalten."35

Sinnvoll wäre ein für sämtliche Eltern gleiches, einheitliches Kindergeld, das allerdings nicht durch (Eltern mit Spitzeneinkommen wegen des Prinzips der Progression stärker als andere begünstigende) Steuerfreibeträge konterkariert werden dürfte. Das steuerliche Existenzminimum der Kinder zu erhöhen würde wenig Positives bewirken, denkt man an die von Armut und Unterversorgung betroffenen Familien. "Wenn die Forderung, das den Kindern zustehende Einkommen steuerfrei zu machen, Sinn für mehr als eine Minderheit machen soll, dann muss erst einmal das Einkommen der wachsenden Zahl von Männern und Frauen in Deutschland, die von niedrigen Löhnen, in prekären Arbeitsverhältnissen, von Arbeitsamtsmaßnahmen, von Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe leben, so stark erhöht werden, dass sie von einer solchen Vergünstigung Gebrauch machen können."36

Statt alle Eltern materiell besser zu stellen, wie es die traditionelle Familienpolitik tut, müssen sozial benachteiligte Kinder besonders gefördert werden. Dabei sollte ihre Unterstützung unabhängig von der Familienform wie von der Erwerbsbiografie der Eltern erfolgen. Denn die Rechte eines Kindes leiten sich aus seinem menschlichen Subjektstatus, nicht seinem Verhältnis zu einem anspruchsberechtigten Elternteil ab.37 Deshalb muss die Rechtsposition der Kinder verbessert und akzeptiert, aber auch Institutionen so verankert werden, dass sie Individuen mit eigenen Bedürfnissen und Ansprüchen sind, was bisher selten oder gar nicht geschieht.

Das deutsche System der sozialen Sicherung ist erwerbs- arbeits-, ehe- und erwachsenenzentriert. Eine kindorientierte Sozialpolitik dürfte nicht zulassen, dass kommunale Betreuungsangebote aufgrund staatlicher Sparmaßnahmen und leerer öffentlicher Kassen weiter verringert werden. Detlef Baum sieht denn auch die zentrale Herausforderung und eine adäquate Strategie zur Bekämpfung der Armut und ihrer Folgen für Kinder darin, den fatalen Zusammenhang zwischen räumlicher und sozialer Ausgrenzung zu durchbrechen. "Will der Staat die individuelle rechtliche und ökonomische Position von Personen verbessern, muss die kommunale Sozialpolitik die sozialräumlichen Strukturen zu gestalten suchen, unter denen Menschen leben bzw. aufwachsen, und die pädagogischen Beziehungen zu optimieren oder zu konstituieren suchen, die das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in einer Kommune gelingen lassen."38

2.3 Ausbau der öffentlichen Betreuungsinfrastruktur

"Bildungsarmut", die in der Bundesrepublik besonders stark unter Kindern zugewanderter Familien besteht,39 lässt sich nur verringern, wenn Schul- bzw. Weiterbildung nach angloamerikanischem Vorbild als Kernelemente der Sozialpolitik verstanden und diese so mit der Bildungspolitik verzahnt werden, dass strukturelle Benachteiligungen deprivierter Kinder - wie sie das mehrgliedrige Schulsystem aufgrund seiner sozialen Selektivität mit sich bringt - unterbleiben, institutionelle Barrieren für berufliche Aufstiege durchlässiger werden und Noten, Zeugnisse bzw. vergleichbare offizielle Abschlüsse dafür unwichtiger sind. Was die gesellschaftliche Integration bzw. Inklusion von Kindern aus unterprivilegierten Elternhäusern betrifft, wirken Bildungs- und Sozialpolitik komplementär. Sie dürfen jedoch nicht, wie es Jutta Allmendinger und Stephan Leibfried tun, als "Bildungssozialpolitik" und "nachträglich ausgleichende Sozialpolitik" bezeichnet und gegeneinander ausgespielt werden.40

Ungeklärt ist, ob Finanzmittel, die der (ganzen) Familie dienen sollen, den bedürftigen Kindern wirklich helfen oder nur die Haushaltsvorstände erreichen. Nicht zuletzt deshalb fordert Claudia Pinl statt höherer Zuwendungen des Staates an die Eltern einen Ausbau öffentlicher Einrichtungen, die auch (sonst womöglich leer ausgehenden) Kindern ohne den benötigten familiären Rückhalt zugute kommen würden: "Der ,Familienleistungsausgleich' entzieht den Kindern Geld an den Stellen, wo gerade sie es am meisten brauchen: in Erziehungsberatungsstellen und schulpsychologischen Diensten, in Ganztagsschulen, KiTas, Horten, Krippen und Freizeiteinrichtungen für Jugendliche."41 Ulla Knapp möchte die Eheförderung abschaffen, Chancengleichheit für Kinder herstellen und außerdem einen "geschlechterpolitischen Modellwechsel" herbeiführen.42

Bisher basiert die Familienpolitik in der Bundesrepublik hauptsächlich auf monetären Transfers des Staates: "Finanzielle Familienförderung und das Ehegattensplitting machen mit mehr als zwei Dritteln den größten Anteil des familienpolitischen Budgets aus."43 Betreuungs- und Bildungsangebote für sozial benachteiligte Familien sind zweifellos wirksamer als eine weitere Anhebung des Kindergeldes bzw. steuerlicher Freibeträge. "Monetäre Transfers können zwar, wenn sie zielgruppenorientiert und degressiv ausgestaltet sind, den Zugang zum ersten Arbeitsmarkt flankieren. Eine mindestens ebenso große Bedeutung kommt indes den Reaftransfers zu [...]. Als infrastrukturelle Realtransfers sind hier zum einen Angebote der Fortbildung und Umschulung und zum anderen Kinderbetreuungseinrichtungen zu nennen."44

Ganztagsschulen, die (preisgünstig oder kostenlos zur Verfügung gestellte) Kindergarten-, Krippen- und Hortplätze ergänzen sollten, hätten einen Doppeleffekt: Einerseits würden von Armut betroffene oder bedrohte Kinder umfassender betreut und systematischer gefördert, andererseits könnten ihre Eltern leichter als sonst einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen, was sie finanzielle Probleme besser meistern ließe. Durch die Ganztags- als Regelschule lassen sich soziale Benachteiligungen insofern kompensieren, als eine bessere Versorgung der Kinder mit Nahrung (gemeinsame Einnahme des Mittagessens), eine gezielte Förderung leistungsschwächerer Schüler/innen etwa bei der Erledigung von Hausaufgaben und eine sinnvollere Gestaltung der nachmittäglichen Freizeit erfolgen würden. "Für die Familien selbst kann die Inanspruchnahme der Tagesbetreuung Entlastung bedeuten und damit Regenerationsmöglichkeiten schaffen, die das Familiensystem gerade noch in der Balance halten oder auch die Überwindung zugespitzter Belastungen möglich machen. Zugleich wird mit der Inanspruchnahme der Tagesbetreuung die Isolation aufgebrochen, in die sich ,arme Familien' häufig begeben."45 Erleichtern würde die Ganztagsschule jene Maßnahmen der gesundheitlichen Prävention, die gar nicht früh genug beginnen können und möglichst umfassend angelegt sein müssen. Wie die systematische Gesundheitsförderung für sozial benachteiligte Kinder im Elementarbereich aussehen sollte, legt Antje Richter überzeugend dar.46

2.4 Armutsverhinderung durch Gesellschaftsveränderung

Will man nicht nur die Auswüchse der (Kinder-)Armut mildern, sondern die ökonomischen und sozialen Wurzeln für ihre Fortexistenz beseitigen, muss die doppelte Spaltung in Deutschland durch eine grundlegende Umgestaltung der Gesellschaft aufgehoben werden. Kinderarmut darf vor allem nicht isoliert gesehen, sollte vielmehr in einen gesamtgesellschaftlichen Rahmen gestellt werden. Hierzu gehört auch, die soziale Ungleichheit allgemein zu thematisieren, weil sie eine sprudelnde Quelle für Armut, Unterversorgung und Not darstellt.

Heute trifft es vorwiegend Familienhaushalte, Kinder und Jugendliche; morgen oder übermorgen sind es vielleicht andere Gesellschaftsgruppen bzw. Alterskohorten, die unter materiellen Entbehrungen und sozialer Ausgrenzung leiden. Vieles spricht dafür, dass sich die Struktur der Armutspopulation künftig wieder mehr in Richtung der Älteren verschiebt: Die Zunahme diskontinuierlicher Erwerbsverläufe sowie Kürzungen im Sozialbereich (Wegfall der Arbeitslosenhilfe durch Hartz IV; Kürzung der Rentenversicherungsbeiträge für Arbeitslose, welche die Bundesagentur für Arbeit entrichtet; Verzicht auf die Rentenanpassung im Jahr 2004 und 2005; Senkung des Rentenniveaus gemäß dem "Altersvermögensergänzungsgesetz" und dem sog. Nachhaltigkeitsgesetz), aber auch die steigende Anzahl von Scheidungen und nach geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen unzureichend gesicherter Frauen. Für eine Tendenz zur neuerlichen "Seniorisierung der Armut" spricht auch, dass in der Diskussion über die nächste Rentenreform radikale Vorstellungen bezüglich der Privatisierung sozialer Risiken an Boden gewinnen dürften, weil ihre Protagonisten nicht nur die Demografie als Mittel der Demagogie, sondern auch die Unterversorgung vieler Familien als geistige Waffe im sich zuspitzenden gesellschaftlichen Verteilungskampf benutzen: So wird unter Hinweis auf die heute angeblich bestehende Generationenungerechtigkeit eine weitere Kürzung von Altersrenten verlangt, staatliche "Sparpolitik" legitimiert und Kinderarmut im Sinne einer Spaltung der Armutspopulation in Jung und Alt instrumentalisiert.47

Um die Kinderarmut in Ost- und Westdeutschland zu reduzieren, sollte eine Doppelstrategie verfolgt werden: Man muss einerseits mehr Arbeitsplätze und andererseits mehr Kindertageseinrichtungen schaffen, möglichst nicht nur die Ersteren dort und die Letzteren hier. Längerfristig sollte ein neues, zukunftsfähiges Normalarbeitsverhältnis konstituiert und gleichzeitig dafür gesorgt werden, dass die Normalfamilie ihre frühere Monopolstellung im Rahmen der sozialen Sicherung für Frauen, Mütter bzw. Kinder verliert und ein alle Lebens- und Liebesformen erfassendes Wohlfahrtsregime etabliert wird.

Eine so wohlhabende, wenn nicht reiche Industrienation wie Deutschland, die den Anspruch erhebt, dafür zu sorgen, dass junge Menschen - gleich welcher Herkunft - ohne materielle Entbehrungen aufwachsen, muss entsprechend handeln. Arbeitsmarkt- und Beschäftigungs-, Bildungs-, Familien- und Sozialpolitik können zwar die Not der Betroffenen lindern, aber kaum verhindern, dass die Kluft zwischen Arm und Reich fortbesteht und den inneren Frieden gefährdet. Kinderarmut nachhaltig zu bekämpfen heißt nicht zuletzt, mit dafür zu sorgen, dass Strukturen sozialer Ungleichheit beseitigt werden. Es bedarf einschneidender Reformen und entschlossener Schritte der Umverteilung von Arbeit, Einkommen und Vermögen, um das weder individuell verschuldete noch schicksalhafte, sondern gesellschaftlich bedingte Problem zu lösen. Dafür erforderlich wäre ein Paradigmawechsel vom "schlanken" zum interventionsfähigen und -bereiten Wohlfahrtsstaat.48

Bildungs-, Erziehungs- und Kultureinrichtungen sind für eine gedeihliche Entwicklung und freie Entfaltung der Persönlichkeit sozial benachteiligter Kinder unentbehrlich, weshalb sie nicht - dem neoliberalen Zeitgeist entsprechend - privatisiert, sondern weiterhin öffentlich finanziert und noch ausgebaut werden sollten. Armutsbekämpfung kostet viel Geld: Um die Handikaps der Kinder aus sozial benachteiligten Familien im Wohn-, Bildungs-, Gesundheits- und Freizeitbereich ausgleichen zu können, braucht man mehr Finanzmittel, als sie ein magersüchtiger Staat, der die (Gewinn-)Steuern immer weiter senkt, zur Verfügung hat. Dagegen könnte eine "Solidarische Einfachsteuer", wie sie attac und vendi vorschlagen, das für Sonderprogramme und Fördermaßnahmen nötige Geld erbringen.49

Da die im Zeichen der Globalisierung tendenziell zunehmende Armut mit wachsendem Wohlstand und vermehrtem Reichtum einhergeht, ja geradezu dessen Kehrseite bildet, kann sie nur durch konsistente und miteinander kompatible Maßnahmen einer Umverteilung "von oben nach unten" beseitigt werden. Sinnvoll wäre die Wiedereinführung der nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch von der alten CDU/CSU/FDP-Koalition zum 1. Januar 1997 ausgesetzten Vermögensteuer. Sie würde nicht bloß der Steuergerechtigkeit dienen, sondern könnte auch entscheidend dazu beitragen, die Länder finanziell wieder handlungsfähiger zu machen. An die Stelle des mit hohen Kosten der Vereinigung begründeten Solidaritätszuschlages (für alle Lohn-, Einkommen- und Körperschaftsteuerpflichtigen) müsste eine zeitlich befristete Vermögensabgabe für Kapitaleigentümer und Besserverdienende treten, wie sie Herbert Ehrenberg vorschlägt.50

Brigitte Stolz-Willig nennt die oben angeführten Reformschritte ergänzende Maßnahmen, die der Exklusion prekär Beschäftigter und Familienarbeit leistender Personen aus dem Schutz des sozialen Sicherungssystems begegnen sollen:

• "Stärkung der Finanzierungsbasis des sozialen Sicherungssystems, indem hohe Einkommen und (Kapitalvermögen in die Beitragspflicht einbezogen werden;

• Stärkung der Versicherungsbiografien über Einbezug aller Formen der Erwerbstätigkeit und perspektivisch die Einführung einer Mindestbeitragspflicht für alle Personen im erwerbsfähigen Alter;

• Einbezug gesellschaftlich erwünschter und regulierter Phasen der Nichterwerbstätigkeit (Erziehung, Pflege, Qualifizierung) in den Risikoausgleich;

• Einbau einer bedarfsorientierten Mindestsicherung in die Arbeitslosenversicherung."51

Obwohl einem Wirtschaftssystem, das auf Konkurrenz basiert und profitorientiert ist, die Tendenz zur sozialen Ungleichheit innewohnt, kann es durchaus "kinder-" bzw. "familienfreundlicher" gestaltet werden.52 Dauerhaft lässt sich Kinderarmut jedoch nur verhindern, wenn die Öffentlichkeit stärker für das Problem sensibilisiert und für Forderungen zu seiner Lösung mobilisiert, das Netz der sozialen Sicherung armutsfest gemacht und die Gesellschaft durch grundlegende Strukturreformen verändert wird.

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1 vgl. Lebenslagen in Deutschland - Der 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Berlin 2005, S. 59 f.

2
Andreas Klocke/Klaus Hurrelmann: Einleitung: Kinder und Jugendliche in
Armut, in dies. (Hrsg.): Kinder und Jugendliche in Armut. Umfang,
Auswirkungen und Konsequenzen, 2. Aufl. Wiesbaden 2001, S. 15

3 vgl. Christoph Butterwegge/Michael Klundt/Matthias Zeng: Kinderarmut in Ost- und Westdeutschland, Wiesbaden 2005, S. 187 ff.

4 vgl. Detlef Baum, Armut und Ausgrenzung von Kindern: Herausforderung
für eine kommunale Sozialpolitik, in Christoph Butterwegge/Michael
Klundt (Hrsg.), Kinderarmut und Generationengerechtigkeit. Familien-
und Sozialpolitik im demografischen Wandel, 2. Aufl. Opladen 2003, S.
173 ff.

5 Nicht erörtert werden soll, wie man Kinderarmut auf
der internationalen Ebene bekämpfen kann. Vgl. dazu: Christoph
Butterwegge u. a.: Armut und Kindheit. Ein regionaler, nationaler und
internationaler Vergleich, 2. Aufl. Wiesbaden 2004, S. 271 ff.

6
Volker Offermann: Kinderarmut als Ausdruck sozialer Heterogenisierung
in den östlichen Bundesländern: das Beispiel Brandenburg, in Christoph
Butterwegge (Hrsg.): Kinderarmut in Deutschland. Ursachen,
Erscheinungsformen und Gegenmaßnahmen, 2. Aufl. Frankfurt am Main/New
York 2000, S. 132

7 Ernst-Ulrich Huster: Kinder zwischen Armut
und Reichtum, in Christoph Butterwegge/Michael Klundt (Hrsg.):
Kinderarmut und Generationengerechtigkeit, a. a. O., S. 47

8
Rudolf Hickel: Standort-Wahn und Euro-Angst. Die sieben Irrtümer der
deutschen Wirtschaftspolitik, Reinbek bei Hamburg 1998, S. 271

9
vgl. Wolfgang Strengmann-Kuhn: Armut trotz Erwerbstätigkeit in
Deutschland - Folge der "Erosion des Normalarbeitsverhältnisses"?, in
Eva Barlösius/Wolfgang Ludwig-Mayerhofer (Hrsg.): Die Armut der
Gesellschaft, Opladen 2001, S. 149

10 Die vollständigen Ergebnisse dieser Befragung finden sich in
Christoph Butterwegge/Michael Kludt/Matthias Zeng: Kinderarmut in Ost-
und Westdeutschland, a.a.O., S. 187 ff.

11 Claus Schäfer: Armut in der Arbeit. Ein (höherer) Mindestlohn als
Gerechtigkeits-Instrument?, in Soziale Sicherheit 4/1994, S. 131 f.

12
Gabriele Peter: Mindestlohn ohne Gesetz?, in: Gerd Pohl/Claus Schäfer
(Hrsg.): Niedriglöhne. Die unbekannte Realität: Armut trotz Arbeit,
Hamburg 1996,S.249

13 Ursula Schröter: Soziale Probleme in den
neuen Bundesländern, in: Memo-Forum. Zirkular der "Arbeitsgruppe
Alternative Wirtschaftspolitik" 27, Schwerpunktheft: Zehn Jahre "Aufbau
Ost" - widersprüchliche Ergebnisse, Probleme und Alternativen, Bremen,
März 2000, S. 38: "Kinder sind arm, weil ihre Mütter arm sind, und
Frauen sind arm, weil sie Kinder haben."

14 vgl. Brigitte
Stolz-Willig: Generationen- und Geschlechtergerechtigkeit oder:
Familienarbeit neu bewerten - aber wie?, in Christoph
Butterwegge/Michael Klundt (Hrsg.): Kinderarmut und
Generationengerechtigkeit, a.a.O., S. 221

15 vgl. Wolfgang
Strengmann-Kuhn: Erwerbstätigkeit und Einkommensarmut: Armut trotz
Erwerbstätigkeit?, in Felix Büchel u.a. (Hrsg.): Zwischen drinnen und
draußen. Arbeitsmarktchancen und soziale Ausgrenzungen in Deutschland,
Opladen 2000, S. 150

16 Sarina Keiser: Vereinbarkeit von Familie
und Beruf - nur eine Frauenfrage?, in Lothar Bohnisch/Karl Lenz
(Hrsg.): Familien. Eine interdisziplinäre Einführung, 2. Aufl.
Weinheim/München 1999, S. 249

17 C. Katharina Spieß:
Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Fakten, Mängel und Reformen. Auch
ein Plädoyer für eine Entideologisierung der Debatten, in Sozialer
Fortschritt 1/2003, S. 18

18 Stefan Sill: "Bedarfsorientierte"
Modernisierung der Kinderbetreuungsinfrastruktur in Deutschland, in
WSI-Mitteilungen 3/2002, S. 149

19 Gitta Trauernicht: Armut von
Kindern und Jugendlichen und kommunale Jugendpolitik, in Karl-Jürgen
Bieback/Helga Milz (Hrsg.): Neue Armut, Frankfurt am Main/New York
1995, S. 225

20 vgl. Karsten Hank/Michaela Kreyenfeld/C. Katharina Spieß:
Kinderbetreuung und Fertilität in Deutschland, in Zeitschrift für
Soziologie 3/2004, S. 232

21 Vgl. Christoph Butterwegge u. a., Armut und Kindheit, a.a.O., S. 47

22
Thomas Ebert: Beutet der Sozialstaat die Familien aus?, Darstellung und
Kritik einer politisch einflussreichen Ideologie, in Christoph
Butterwegge/ Michael Klundt (Hrsg.): Kinderarmut und
Generationengerechtigkeit, a.a.O., S. 106

23 Margit
Schratzenstaller: Steuer- und transferpolitische Aspekte aktueller
Familienpolitik, in Friederike Maier/Angela Fiedler (Hrsg.): Gender
Matters. Feministische Analysen zur Wirtschafts- und Sozialpolitik,
Berlin 2002, S. 185

24 Claudia Wenzig: Sozial-räumliche Kontexte
des Aufwachsens - Implikationen für eine kinderorientierte
Sozialpolitik, in Georg Neubauer/Johannes Fromme/Angelika Engelbert
(Hrsg.): Ökonomisierung der Kindheit. Sozialpolitische Entwicklungen
und ihre Folgen, Opladen 2002, S. 139

25 Andreas Netzler:
Familien, in Jutta Allmendinger/Wolfgang Ludwig-Mayerhofer (Hrsg.):
Soziologie des Sozialstaats. Gesellschaftliche Grundlagen, historische
Zusammenhänge und aktuelle Entwicklungstendenzen, Weinheim/München
2000,S.298

26 Renate Schmidt: S.O.S. Familie. Ohne Kinder sehen wir alt aus, Berlin 2002, S. 44

27 siehe Johanna Mierendorff/Thomas Olk: Kinderwohlfahrtspolitik in
Deutschland, in Renate Kränzl-Nagl/Johanna Mierendorff/ Thomas Olk
(Hrsg.): Kindheit im Wohlfahrtsstaat. Gesellschaftliche und politische
Herausforderungen, Frankfurt am Main/New York 2003, S. 455

28 ebd., S. 430

29 vgl. Karin Müller-Heine: Ziele und Begründungen von Familienpolitik, in Arbeit und Sozialpolitik 9-10/1999, S. 57ff.

30
vgl. Margherita Zander: Kinderarmut und Existenzsicherung im
Sozialstaat, in Hans Weiß (Hrsg.): Frühförderung mit Kindern und
Familien in Armutslagen, München/Basel 2000, S. 100 f.

31 Peter
Bleses (Wirklich familienfeindlich? - Deutscher Wohlfahrtsstaat und
Familienpolitik, in Kommune 7/2001, S. 41) betont, dass es ein weit
verzweigtes, obzwar unübersichtliches Netz familienpolitischer
Leistungen und Dienste gibt, die soziale Sicherungen für Kinder und
Eltern bieten.

32 Margherita Zander: Kinderarmut und
Existenzsicherung im Sozialstaat, a. a. O., S. 97. Nach den derzeitigen
Regelsätzen bei der Sozialhilfe und beim Arbeitslosengeld II gibt es
für Kinder unter 14 Jahren 207 Euro in West- und 199 Euro in
Ostdeutschland sowie für Kinder von 14 bis 17 Jahren 276 bzw. 265 Euro.
Volljährige Kinder erhalten den vollen Regelsatz von 345 bzw. 331 Euro.

33 siehe dazu auch S. 178 im Rechtsprechungsteil dieser Ausgabe

34
vgl. Petra Beckerhoff: Kein Kindergeld für Besserverdienende: ein Weg
zu mehr Gerechtigkeit, in: Soziale Sicherheit 9-10/1999, S. 311 ff.

35 Anthony Giddens: Der dritte Weg. Die Erneuerung der sozialen Demokratie, Frankfurt am Main 1999, S. 126

36 Hanna Behrend: "Deutschland gehen die Kinder aus". Familie in der ZEIT, in Das Argument 247 (2002), S. 482

37
vgl. Magdalena Joos: Armutsentwicklung und familiale Armutsrisiken von
Kindern in den neuen und alten Bundesländern, in Ulrich Otto (Hrsg.):
Aufwachsen in Armut. Erfahrungswelten und soziale Lagen von Kindern
armer Familien, OpLaden 1997, S. 76

38 Detlef Baum: Armut und Ausgrenzung von Kindern: Herausforderung für eine kommunale Sozialpolitik, a.a.O., S. 182

39 vgl. dazu: Georg Auernheimer (Hrsg.): Schieflagen im Bildungssystem. Die Benachteiligung der Migrantenkinder, Opladen 2003

40
Jutta Allmendinger/Stephan Leibfried: Bildungsarmut im Sozialstaat, in
Günter Burkart/Jürgen Wolf (Hrsg.): Lebenszeiten. Erkundungen zur
Soziologie der Generationen, Opladen 2002, S. 291 f.

41 Claudia
Pinl: Wie viele Ernährer braucht das Land? - Familienpolitik als
Wahlkampfschlager, in Blätter für deutsche und internationale Politik
9/2001,S.1130

42 siehe Ulla Knapp: Sozialstaat, Kinder und
Familie, in spw - Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft
114 (2000), S. 48 f.

43 Anneli Rüling/Karsten Kassner/Peter
Grottian: Geschlechterdemokratie leben. Junge Eltern zwischen
Familienpolitik und Alltagserfahrungen, in Aus Politik und
Zeitgeschichte 19/2004, S. 12

44 Werner Schönig: Langzeitarbeitslosigkeit und Kinderarmut, in
Christoph Butterwegge (Hrsg.): Kinderarmut in Deutschland, a.a.O., S.
219 (Hervorh. im Original)

45 Gitta Trauernicht: Armut von Kindern und Jugendlichen und kommunale Jugendpolitik, a. a. O.

46
vgl. Antje Richter: Handlungskonzept zur Gesundheitsförderung für
sozial benachteiligte Kinder im Setting Kindertagesstätte, in
dies./Gerda Holz/Thomas Altgeld (Hrsg.): Gesund in allen Lebenslagen.
Förderung von Gesundheitspotenzialen bei sozial benachteiligten Kindern
im Elementarbereich, Frankfurt am Main 2004, S. 145 ff.

47 Vgl.
hierzu: Christoph Butterwegge/Michael Klundt, Die Demografie als
Ideologie und Mittel sozialpolitischer Demagogie? -
Bevölkerungsrückgang, "Vergreisung" und Generationengerechtigkeit, in
dies. (Hrsg.): Kinderarmut und Generationengerechtigkeit, a.a.O., S. 64
ff.

48 vgl. hierzu Christoph Butterwegge: Krise und Zukunft des Sozialstaates, Wiesbaden 2005

49 vgl. "Steuern sind nicht nur Kosten. Konzept für eine ,Solidarische Einfachsteuer'", in Frankfurter Rundschau vom 19./20.5.2004

50 vgl. Herbert Ehrenberg: Erfolgreiche Armutsbekämpfung braucht neue Finanzierungsgrundlagen, in Stefan Sell (Hrsg.): Armut als Herausforderung. Bestandsaufnahme und Perspektiven der Armutsforschung und Armutsberichterstattung, Berlin 2002, S. 462

51 Brigitte Stolz-Willig: Generationen- und Geschlechtergerechtigkeit oder: Familienarbeit neu bewerten - aber wie?, a. a. O., S. 223

52 siehe dazu Michaela Hellmann u.a.: Familien- und Kinderfreundlichkeit. Prüfverfahren, Beteiligung, Verwaltungshandeln. Ein Praxishandbuch für Kommunen, hrsgg. vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Stuttgart 2002

Jahr: 2005