Zusammen gegen Missbrauch und Vergewaltigung - Balkon

Ein Beitrag von mir aus einem anderen Partner-Forum

Ein Beitrag von mir aus einem anderen Partner-Forum

Hallo Ihr Lieben Angehörigen und Überlebende,

folgenden Beitrag habe ich vor nicht all zu langer Zeit mal in einem anderen Forum gepostet. Da es mir jedoch wichtig erscheint, kopiere ich meinen eigenen Beitrag auch mal hierhinein. Falls Ihr euch wundert, warum der Beitrag Unterbrechungen hat, so hat man in dem anderen Forum nur eine begrenzte Anzahl Zeichen, die man senden kann. Aufgrund des Themas, dass ich dort anschneide, wäre es falsch euch jetzt viel Spass beim Lesen zu wünschen. Aber vielleicht hilft es dem ein oder anderen, der sich schon öfter mal gefragt hat, warum er immer wieder auf Überlebende als Partnerin trifft.

Hier also der Beitrag:

Hallo Ihr Lieben,

als ich gestern einen der Beiträge und das darauf folgende Feedback las, rastete in meinem Gedächtnis nach längerer Zeit mal wieder eine Erinnerung ein, die plötzlich vor meinem inneren Auge bildhaft erschien. Seit meiner Sucht-Therapie vor mittlerweile 6 Jahren taucht die ein oder andere Kindheitserinnerung hier und da plötzlich wieder auf. Erinnerungen von denen ich z.T. nicht einmal wusste das sie überhaupt existierten oder je geschehen sind. Doch immer wenn solche Erinnerungen hochkommen fügt sich plötzlich ein weiterer Stein in mein Lebensmosaik ein und beginnt meinen eigenen Verhaltensweisen und Gefühlen einen Sinn zu geben.

Nun aber zu meiner Erinnerung:

Plötzlich war ich wieder ein Kind. Ich befand mich in meinem Kinderzimmer im Bett und hatte die Decke sehr weit über den Kopf gezogen. Verstört und verwirrt blickte ich zur Türe, denn ich hörte Schreie. Es waren die Schreie meiner Mutter die sehr schrill und unnatürlich "nein, nein, Klaus*, niiiicccchhhtt" rief. Und ich hörte meinen Vater lachen. Das Schreien und Lachen kam eindeutig aus dem Schlafzimmer meiner Eltern.

Schätze ich habe damals versucht das unter dem Aspekt "Spiel" in meinen Erinnerungen abzuspeichern und zu verarbeiten. Doch wenn ich heute mein Gefühl frage, so habe ich damals sehr verängstigt dort gelegen. Und wenn ich weiter nachfühle, so hatte ich wohl nie "wirklich" den Glauben daran, dass da grade etwas "spaßiges" passiert war.

Lest bitte weiter in Antwort 1

(mhh... man hat für einen Text hier eindeutig zu wenig Platz *g*)

Durch diese Erinnerung erklärten sich für mich wieder mal sehr viele Dinge. Steine, die bisher nicht in mein Mosaik gepasst hatten, fügten sich plötzlich nahtlos in das Gesamtbild. Bisher hatte ich die Depressionen, Suizidgedanken und Versuche und die Unterwürfigkeit meiner Mutter für mich damit begründet, dass meine ach so geliebte Oma sie mit fast 40 dazu brachte, das Kind, dass sie damals unter dem Herzen trug abzutreiben. Zumindest vermochte es meine Mutter DIESE Geschichte wenige Jahre nach dem Tod meiner Oma in Worte zu fassen. Und ihr damaliger Selbstmordversuch, als ich sie mit 13 nach der Schule voll mit Schlaftabletten fand, war wohl auf diesen Umstand zurück zu führen.

Doch die Depressionen gab es schon etwas früher. Und die konnte ich mir also damit nicht erklären. Auch wenn mein Herz wohl immer versucht hat die Zeiten so zu verschieben, das es passte. Ebenfalls klärt sich dadurch für mich die Einstellung meines Vaters (mit dem ich heute zusammenarbeite ) zu Frauen. Er hat Frauen nie als "vollwertige" Wesen sehen können. Nicht das meine Mutter dafür verantwortlich gewesen wäre. Ich denke viel mehr, dass seine Art und Weise zu Denken und zu fühlen weit vor meiner Mutter liegt. Zu wenig kenne ich seine eigene Geschichte. Nein! Ich möchte hier nicht das Verhalten eines Täters "entschuldigen". Denn schließlich habe ich immer "die Wahl" wie ich mein Leben leben will und welche Handlungen ich in meinem Leben vollziehe. Jeder ist für diese Handlungen selbst verantwortlich. Doch muss er eine Geschichte haben, da er nie in der Lage war Gefühle zuzulassen. Er war immer ein Weltmeister im Verdrängen. Er ist solchen Situationen - oder wenn bei ihm etwas hochkam - immer weggelaufen. Sei es dadurch, dass er aggressiv wurde, oder das er sich mit Arbeit (Thema Workaholic) "zumachte". Die Erinnerung erklärt auch meine sehr schwierige Beziehung zu meinem Vater.

Bitte lest weiter bei Antwort 2

Die wichtigste Erkenntnis jedoch... Eine Erkenntnis nach der ich lange gesucht habe, da ich es nie wirklich verstand.. war mein "roter Faden". Ich traf offenbar (fast) immer auf Frauen mit Erfahrung in SMB, körperlichem oder seelischem Missbrauch. Ich war immer der Meinung, dass dafür meine sensible Art verantwortlich gewesen ist. Das diese Frauen daher auf mich aufmerksam wurden. Jedoch habe ich wohl versucht grade diese Frauen zu erreichen. Die meisten von ihnen habe ich sogar wirklich geliebt! Von Herzen und ohne mein "Helfersyndrom". Doch meine Handlungen in diesen Beziehungen, oder bereits beim Kennenlernen basierten offenbar auf den eben genannten Erlebnissen (die kein Einzelfall waren, da ich mich an mehrere solcher Vorfälle erinnere.). Offenbar habe ich ganz tief in mir verborgen das Gefühl etwas das ich etwas "gutmachen" müsste, da ich damals geschwiegen und nicht gehandelt habe. Andererseits war ich damals ein Kind. Und wie sollte ein Kind mit so etwas umgehen? Ich hatte zwar damals den Wunsch gespürt in das Zimmer meiner Eltern zu rennen und zu schreien "lass die Mama in Ruhe". Doch hatte ich nicht genügend Mut dazu, da ich dachte "vielleicht ist das normal und sie spielen nur." Zudem hatte ich vor meinem Vater immer große Angst. Seine dominante Art kann noch heute einschüchtern, auch wenn ich keine Angst mehr davor habe das er mir wehtun könnte. Heute könnte ich mich selbst gut verteidigen, wenn es zu einem Handgemenge käme.

Eine weitere Erkenntnis ist folgende gewesen. Meine Noch- (!?) Ex hatte mich mal auf genau dieses Thema angesprochen. Sie war sich damals sicher, dass sich hinter dem Verhalten meines Vaters und der Depressionen und dem Verhalten meiner Mutter weitaus mehr verbarg als mir klar war und sprach mich konkret darauf an. Ich versuchte damals - aus Unwissenheit - dies als absolut lächerlich hinzustellen. Konnte (oder wollte?) es mir einfach nicht vorstellen. Jedenfalls erklärt es somit auch das Verhalten meiner Partnerin, die sich mehr und mehr zurückzog wenn es hieß: "Wir fahren zu meinen Eltern". Der es plötzlich nicht mehr so gut ging und die mich oft bat alleine zu fahren.

Fast geschafft! Noch eine Antwort.

Das schlimme an der aktuellen Situation ist nun, dass ich meine Selbstständigkeit auf die Zusammenarbeit mit meinem Vater aufgebaut habe, der nach wie vor immer wieder versucht mich zu manipulieren und mir zu sagen wo es langgeht. Ohne bemerken zu wollen das ich fast 40 bin. Ich bin ihm für einen "Mann" einfach zu "weich". Und es ist ein sehr gutes Gefühl - muss ich sagen - das ich MEHR MANN bin als er es je in seinem Leben gewesen ist. In seinem Herzen wird er wohl genau dies wissen und vielleicht hat er daher eine so große Angst vor mir, da ich die Tatsachen die er nie wahrhaben wollte vielleicht erkennen könnte!?

Viele Gedanken die sich seit gestern abend immer mehr zusammensetzen und in mein Mosaik passen. Stück für Stück! Die Frage ist nun: Wie gehe ich mit diesem Wissen weiter um? Einerseits habe ich den Wunsch ihn beim nächsten Mal mit diesem Wissen "auflaufen" zu lassen. Ein Gefühl der Genugtuung etwas zu wissen mit dem ich unsere "Spielchen" weiter spielen könnte, bei denen ich bislang immer unterlegen war. Andererseits ahne ich das es nichts bringen wird und meiner Mutter in keinem Fall helfen wird, da sie es vermutlich hinterher ausbaden müsste. Auch eine Trennung von meinen Eltern habe ich in Betracht gezogen. Mit der Konsequenz das ich meine jüngst erworbene Selbstständigkeit die sich recht gut anlässt wieder aufgeben müsste. Alles wofür ich bislang gearbeitet habe würde somit den Bach runtergehen. Doch wie ihm gegenüber treten, wenn ich morgen wieder dort bin? Denke ich werde mich einfach und ohne es zu begründen etwas weiter zurück ziehen. Mehr kann ich wohl nicht tun.

Dennoch dankbar für das Wissen!

Euer

Knightonearth
(wider dem Schweigen)

So viel zu meinem Beitrag. Wäre schön zu erfahren, ob andere Verbündete eine ähnliche Geschichte kennen. Allerdings muss ich aus heutiger Sicht sagen, dass der alleinige Rückschluss auf meine Geschichte wohl eher nicht Teil dessen ist, dass ich so oft auf Überlebende treffe, sondern man muss sich einfach klar machen das es wissenschaftlich inzwischen erwiesen ist, dass jede 3. bis 4. Frau und jeder 11. bis 12. Mann in seinem Leben schon vergewaltigt wurde. Vielleicht liegt es jedoch an meiner sensiblen Art, die durch meine Geschichte entstanden ist, dass ich von den bisherigen Partnerinnen ihre Geschichte erfahren habe.

Euer

Knightonearth


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Reden, lachen und weinen gehören zum LEBEN dazu.