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Soll ich sie loslassen?

Soll ich sie loslassen?

also, ich hab folgendes problem. ich hab nun eine eine 2-jährige beziehung hinter mir. meine freundin war in einer pflegefamilie und im
heim zudem wurde sie von ihrem stiefbruder sexuell mißbraucht. sie war in keiner therapeutischen
behandlung und hat sich auch mir gegenüber nie wirklich geöffnet. diese 2 jahre beziehung waren
nicht einfach und immerwieder von trennungen begleidet wobei diese in erster linie von ihr
erzwungen waren. ich habe vor 2, 3 wochen die beziehung beendet, ihr aber auch zu verstehen gegeben,
dass ich nicht anders kann, da ich sonst selbst daran kaputt gehe. ich habe immer gewartet, dass sie
sich mir öffnet aber vielleicht habe ich ihr auch nie wirklich den anstoß gegeben. sexuell gab es weniger probleme,
ich denke eher, dass sie aufgrund ihrer kindheit (leibliche mutter geistig behindert, heim, pflegefamilie, heim...heute keinen kontakt zu irgendeinem familienangehörigen)
eine große angst davor hat sich wirklich fest zu binden aus angst wieder enttäuscht zu werden.
ich habe gelesen, dass viele ehemalige heimkinder bindungsabweisendes bzw. bindungsvermeidendes
verhalten an den tag legen. ich denke sie hat sich in den letzten monaten deshalb distanziert, da sie angst
hatte sich wirklich zu binden. leider fange ich jetzt erst an mich zu informieren und habe mich daher auch
einfach gekränkt gefühlt, dass meine liebe und mein bestreben unsre beziehung zu retten nicht erwiedert wurden.
ohne ihre vergangenheit wäre die sache für mich klar, sie liebt mich nichtmehr, musst du akzeptieren usw.
aber ich bin auch aufgrund von aussagen ihrerseits wie,’ ich weiss nicht warum ich dies und das getan habe, vielleicht aus angst’
und rücksichtnehmend darauf, dass sie das alles nie verarbeiten konnte nicht sicher ob sie die bezeihung nicht will
bzw. mich nicht liebt oder angst hat mich zu lieben, verletzbar zu sein. nun weiss ich nicht ob ich mich mit der
gescheiterten beziehung abfinden soll oder ihr zeigen soll, dass ich sie auf keinen fall allein lassen will, egal was passiert.
aber was wenn sie das garnicht will und es vielleicht einfach besser wäre sie loszulassen?
ich weiss nicht ob hier jemand erfahrung mit heimkinder hat aber ich hoffe ihr
könnt mir helfen.

Re: Soll ich sie loslassen?

Hallo Zweifler,

ja! Ich kann Deine Gefühle mehr als gut nachempfinden, da es mir derzeit sehr ähnlich geht. Einen wirklichen Rat kann ich Dir leider nicht geben, da ich selbst nicht genau weiß wie ich damit umgehen soll. Auch ich habe z. Zt. eine Trennung von meiner Lebensgefährtin. Sie ist von heute auf morgen mit Sack und Pack und ohne große Vorwarnung zu ihren Kindern gezogen und hat eine Geschichte, die der Deiner Freundin nicht unähnlich ist.

Jedoch denke ich nicht, dass dies nur damit zu tun hat, dass sie ein Heimkind war. Die Verletzungen die sie erlitten hat waren mannigfaltig und haben bei Ihr Angst, Selbsthass und einige Psychosen ausgelöst. Darunter "Stimmen" die sie hört und eine gespaltene Persönlichkeit, so wie Depressionen. Die gespaltene Persönlichkeit habe ich sehr oft zu spüren bekommen: In einem Moment war sie - wie gewohnt - sehr verschlossen und zurückhaltend, was im nächsten Moment in ein sehr agressives und verletzendes Verhalten umschwenkte. Vermutlich hat sie "gelernt", dass dies ihr einziger Schutz ist. Depressionen und Selbsthass führten leider zu dem ein- oder anderen Suizidversuch. Auch wenn es - so wie ich es hier schreibe - sehr locker rüberkommt, so ist dies doch ganz und gar nicht der Fall. Eigentlich mache ich mir ständig um sie Sorgen. Für mich wichtig war zu prüfen, ob es sich bei meinen Bemühungen wirklich um "Liebe" handelt, oder es nur ein Ausdruck meines "Helfer-Syndroms" war. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es in diesem Fall nichts mit meinem Helfer-Syndrom zu tun hat. Dazu fehlt sie mir einfach zu sehr! Hast Du dahingehend Deine eigenen Gefühle - ehrlich zu Dir selbst - schon einmal überprüft?

Allerdings gibt es auch für mich Grenzen. Du solltest Dir darüber im Klaren werden, wie weit es für Dich zu ertragen ist, ohne Dich selbst aufzugeben. Solltest Du diese Grenze überschreiten, wirst Du selbst sehr darunter leiden. Du kannst ihr nur den Rückhalt bieten. Die Entscheidung ob sie INS LEBEN zurückkehren will ist nur ihre Entscheidung. Und sollte sie sich entschließen weiter dieses Tote Leben zu leben und ihre Täter gewinnen zu lassen, so haben wir als Angehörige keine Chance. Was macht es für einen Sinn, wenn wir dabei selbst draufgehen?

Denk einfach über das ein oder andere einmal nach. Auch WIR müssen diesbezügliche Entscheidungen treffen.

Ich drücke Dir ganz fest die Daumen, dass Du Deinen Weg finden wirst.

Alles Liebe

Frank




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Reden, lachen und weinen gehören zum LEBEN dazu.