Buffy "Weg der verlorenen Träume"
Serie: Buffy - The Vampire Slayer
Titel: Weg der verlorenen Träume (Passion - Two years later)
Datum: 05/00
Autorin: Kathrin
Altersfreigabe: ab 12 Jahre
Rechte: Alle Rechte an der Fernsehserie "Buffy the Vampire Slayer" und ihren Charakteren gehören Joss Whedon, Mutant Enemy, Sandollar Productions, Kuzui Enterprises, 20th Century Fox Television und dem WB Television Network.
Die Geschichte entstand aus reinem Spaß an der Serie und am Schreiben. Sie dient nicht zu kommerziellen Zwecken. Mein einziger Lohn sind hoffentlich viele nette Feedbacks.
Kategorie: BtVS / Gefühle
Charaktere: Giles
Spoiler: 2. Staffel "Passion"
Inhalt: Giles' Gefühle zwei Jahre später nach Jennys Tod.
Kommentar: Nachdem die Wiederholung von "Passion" im Fernsehen lief und ich wieder mehr und mehr feststellen mußte, wie traurig diese Folge ist, kam ich nicht umhin das hier einfach aufzuschreiben. Keine Ahnung wieviele Taschentücher ich dabei schon verbraucht habe, aber mit Sicherheit nicht die letzten.
Weg der verlorenen Träume
Passion - Two years later
***
In gut gearteten Seelen ist wahrer Schmerz,
was auch seine Ursache sein möge, immer ewig.
Und wenn man behauptet,
daß die Zeit oder andere Umstände ihn minderten,
so sind das Worte,
die nur für die schwächliche Empfindung Geltung haben.
Wilhelm von Humboldt
***
Regen trommelte an die Fenster. Es war ein ungewöhnlicher Morgen für die sonst so sonnigen Tage in Sunnydale, dem Ort mit dem freundlichen Namen am Rand des Höllenschlundes. Als er am Morgen aufwachte und den Regen hörte, wurde ihm noch schwerer ums Herz. Er hatte sich die ganzen Wochen, die letzten Tage vor diesem heutigen Tag gefürchtet. Vor diesem Tag mit den Erinnerungen, die ihn immer wieder einholten sobald er auch nur die Augen schloß und nach selbst zwei Jahren noch genauso schmerzlich waren.
Mit zusammengekniffenen Augen zog er die Bettdecke über seinen Kopf und hoffte einfach wieder einschlafen zu können. Diesen Tag mit all seinen Erinnerungen einfach zu verschlafen, um nicht immer und immer wieder daran denken zu müssen. Doch es ging nicht, die Müdigkeit war vorbei und die Wirklichkeit stand unausweichlich neben seinem Bett. Es wäre sicherlich ein einfaches gewesen liegen zu bleiben, aber davon wurde es auch nicht besser. Himmel, er war ein Mann von Mitte vierzig und benahm sich wie ein ängstliches Kind. Er konnte doch nicht jedes Jahr aufs Neue an diesem Tag sich irgendwo vergraben, nur um sich nicht dem Schmerz stellen zu müssen. Abrupt schleuderte er die Decke von sich und stand auf. Oh, das war ein bißchen schnell. Sein Blutdruck sackte einen Moment in den Keller und der Kreislauf signalisierte, daß er nicht mehr der jüngste war. Die alltäglichen Handgriffe wie Duschen und Frühstücken liefen an diesem Morgen eher motorisch ab und auch das Brötchen wollte ihm nicht so recht schmecken. Noch immer regnete es draußen und der verhangene Himmel ließ auf keine Besserung deuten. Gedankenverloren spielte er mit dem Brötchen in der Hand und überlegte wie er diesen Tag wohl am besten überstehen würde. Letztes Jahr an ihrem ersten Todestag hatte er wenigstens noch die Arbeit in der Bibliothek gehabt, aber jetzt nach dem seine Jägerin zum College ging und seine geliebte Bibliothek nur noch Schutt und Asche war, gab es nichts wo er seine Gedanken zerstreuen konnte. Stirn runzelnd legte er das Brötchen beiseite und rührte in seinem Tee der mittlerweile kalt geworden war. Er fühlte sich einsam und auch ein wenig verloren. So hatte er sich sein Leben nicht vorgestellt. Auch er hatte einmal die Träume von einer Familie, von Kindern gehabt, aber immer stand die Berufung im Vordergrund und so etwas wie ein Privatleben, Zeit für Wünsche und Hoffnungen gab es einfach nicht. Nicht das er sein bisheriges Leben bereute, nein ganz und gar nicht. Er wünschte nur es wäre in mancher Hinsicht anders verlaufen. Das er Jenny an einem Ort, zu einem anderen Zeitpunkt und vor allem unter anderen Umständen kennen gelernt hätte. Dann hätten sie vielleicht eine Chance, eine Zukunft gehabt und wären nicht so schmerzlich, unausweichlich von einander getrennt worden. Warum hatte sie ihm damals auch erst an diesem Tag sagen müssen was sie für ihn empfand? Obwohl er es sicherlich innerlich gewußt hatte und es sich auch so sehnlichst wünschte, so hatte er doch nicht glauben können, nie zu wagen gehofft, daß solch eine Frau ihn lieben könnte. Und dann als sie es ihm sagte, mit einer verlegenen Handbewegung als sei sie selbst erschrocken über ihre Offenheit, da konnte er sie nur anlächeln anstatt in den Arm zu nehmen. Oh wie haßte er sich dafür. Immerhin hatte er ihr schon länger verziehen, doch einfach nicht den Mut gefunden es ihr zu sagen und dann war es zu spät. Warum konnte das Schicksal nur so grausam und unberechenbar sein?
In der Zwischenzeit hatte er zwar die Möbel in seinem Schlafzimmer verstellt, um nicht immer das selbe Bild von damals vor Augen zu haben, wenn er die Treppe herauf kam. Doch viel hatte es nicht geholfen. Dieses Bild war wie in sein Hirn gebrannt und an manchen Abenden blieb er lieber auf der Couch und schlief dort, als diese Treppe nach oben zu steigen.
Sich allmählich sammelnd und die trüben Gedanken versucht weg zu schieben, nahm er einen Schluck von seinem Tee. Igitt... kalt schmeckte dieser schwarze Tee wahrlich nicht. Das Geschirr übereinander gestapelt brachte er alles in die Küche und kippte den Tee in die Spüle. Einen Moment sah er sinnend der braunen Flüssigkeit nach wie sie im Ausguß verschwand. Wie vergänglich doch alles war.
Das Plätschern des Regens riß ihn wieder aus seinen Gedanken und er beschloß trotz diesen miesen Wetters hinaus zu gehen. Das Wetter paßte zu seiner Stimmung und hier in seiner Wohnung fiel ihm ohnehin nur die Decke auf den Kopf. Kurz entschlossen warf er sich seinen Mantel über, griff nach dem Regenschirm und trat nach draußen. Obwohl es regnete war es nicht unbedingt kalt, die Luft roch frisch und irgendwie war es sogar angenehm. Aus diesem Grund beschloß er einfach das Auto stehen zu lassen und sein beabsichtigtes Ziel zu Fuß aufzusuchen. Er wußte der Friedhof lag fast am anderen Ende der Stadt und er würde eine ganze Weile brauchen ehe er dort ankam, aber er hatte keine Verpflichtungen mehr und der ganze Tag stand ihm zur Verfügung, wie all die anderen Tage auch. Zielgerichtet lief er los. Überquerte die Kreuzungen wo sein Auto ab und zu einfach den Geist aufgab und manchmal nicht mehr von der Stelle zu bewegen war. Er kam an dem Kaufhaus vorbei, wo Buffy und sie den Richter vernichtet hatten und an dem Donutladen, wo Xander immer die leckeren Dinger mit Geleefüllung holte. Ein paar Straßenzüge weiter stand er in der Nähe der Highschool. Einige Schüler schienen ihn sogar zu kennen und grüßten. Erstaunt blickte er ihnen nach, denn ihre Gesichter waren ihm nicht bekannt. Eine Baufirma war noch immer dabei die Überreste der Explosion von vor einem Jahr aufzuräumen und er fragte sich, ob an dieser Stelle wohl je wieder eine Bibliothek aufgebaut werden würde. Wahrscheinlich wäre ein große, unübersehbares Schild "ACHTUNG HÖLLENSCHLUND!" weitaus angebrachter dachte er schmunzelnd bei sich.
Die Regentropfen prasselten noch immer hernieder und spritzend ihm von seinem Schirm ins Gesicht. Etwas weiter abseits sah er die Autos der Lehrer stehen. Auf dem Parkplatz des Direktors parkte ein neues Fahrzeug. Ja, was hatte er erwartet? Den kleinen Gnom Principal Snyder hatte sich ja der mutierte Bürgermeister schmecken lassen und nun war es nur normal das die Stelle anderweitig besetzt wurde. Für einen Moment mußte er an die kleine Auseinandersetzung in Snyders Büro denken und wie viel Spaß es ihm gemacht hatte, dieses Birnenmännchen an die Wand zu drücken. Doch selbst er hatte es nicht verdient, so im Rachen eines Monsters zu sterben, daß verdiente niemand. Mit einem endgültigen verabschiedenden Blick in Richtung Highschool lief er weiter. Immer weiter entfernte er sich von der Schule und nach einiger Zeit kam er an dem Restaurant vorbei in dem Jenny und er einmal essen waren. Die Jalousien waren herunter gelassen, die Speisekartenkasten war leer und auch ansonsten sah es ziemlich verlassen aus. An der Tür hing ein Schild "FOR SALE". Schwer atmend lief er daran vorbei und begrub auch diese Erinnerung tief in seinem Inneren. Ein Gedanke huschte an ihm vorbei. 'Wer weiß warum es geschlossen hatte? Doch wahrscheinlich ist es besser, denn so gab es wenigstens keine Möglichkeit mehr sich dort hinein zu setzen und ..." Kopfschüttelnd schob er die Brille auf der Nase zurecht. Was tat er nur? Warum quälte er sich unaufhörlich selbst?
Die lange Hauptstraße war fast zu Ende und der Friedhof erreicht. Ein kleiner Blumenladen hatte sogar über die Mittagszeit auf und die Dekoration bestand fast nur aus Valentinstagsgestecken. Als er in den Laden trat, kam ihm eine ältere, freundlich lächelnde Dame entgegen. "Ah, der junge Mann sucht sicherlich etwas für seine Herzdame. Wie wäre es mit einem Strauß wunderschöner, langstieliger roter Rosen?" Ebenfalls freundlich zurück lächelnd und etwas amüsiert über die alt herkömmliche, Kunden freundliche Anrede junger Mann schüttelte er mit dem Kopf. Nein, rote Rosen wollte er nicht, nicht jetzt und wahrscheinlich nie mehr. Sein Blick fiel auf eine wunderschöne rosafarbene Orchidee, die genau die Sehnsucht auszudrücken schien, die er momentan empfand. Erstaunt schaute die ältere Dame ihn an, als er sich für diese Orchidee entschied, behielt jedoch ihren Kommentar für sich als sie die Traurigkeit in seinen Augen entdeckte. Als sie dann sah wie er den Weg zum Friedhof einschlug, schallte sie sich selbst für ihr vorlautes Mundwerk. Doch um den Valentinstag wollten so viele Verliebte Blumen, daß sie nicht damit rechnen konnte.
Das große Eisentor zum Friedhof war geschlossen, aber es ließ sich mit kräftigen Druck öffnen. Bei diesem Wetter verirrte sich natürlich niemand weiter hier her und er war alleine. Das war ihm mehr als recht, denn er haßte die fragenden Blicke, die einem oft an solchen Orten zugeworfen worden. Als ob man nicht genug mit sich selber zu tun hatte, als sich auch noch über anderen Leuten ihre Trauer den Kopf zu zerbrechen. Mit der Orchidee in der Hand verließ er den befestigten Weg und lief zu ihrem Grab. Die Rasen war von dem vielen Regen durchdrängt und seine Fußabdrücke blieben im Boden zurück. Seine Schuhe sogen die Nässe auf und er merkte wie es feucht wurde. Doch davon ließ er sich nicht stören. Zielgerichtet lief er weiter. Der Grabstein war schon etwas verwittert und auch die Inschrift wirkte leicht gräulich. Die Zeit hinterließ ihre Spuren.
Den Schirm zusammengefaltet ins Gras steckend hockte er sich neben das Grab. Der Regen lief ihm kalt in den Nacken, die Brille war bespritzt und seine Hose wurde naß. All das interessierte ihn nicht, denn für einen Moment war sie nicht nur im Gedanken bei ihm. Für einen Moment spürte er sie ganz fest in seinem Herzen und Wärme erfüllte ihn.
Doch die immer wiederkehrende Frage WARUM spukte in seinem Kopf. Die Antwort darauf kannte er nicht. Was ihm blieb war der nicht vergehende Schmerz. Er hinderte sich nicht daran zu weinen. Er schmeckte den Regen mit dem vermischten Salz auf seinen Lippen. Solange verbot er sich die Tränen und jetzt war es fast wie eine Erleichterung, eine Erlösung.
Langsam, vorsichtig legte er die Orchidee auf den Boden. Bevor er sich wieder erhob, strich er sanft wie zum Abschied mit dem Finger über die Blüte. LEB WOHL...
Dann verließ er ohne sich noch einmal um zu schauen das Grab. Den Schirm zusammengefaltet lief er im Regen nach Hause. Die Haare klebten in seinem Gesicht, der Mantel begann die Nässe hindurch zu lassen und seine Schuhe gaben quatschende Geräusche von sich. Es war noch ein ganzes Ende bis zu seiner Wohnung und wahrscheinlich würde dann überhaupt nichts Trockenes mehr an ihm sein, doch er wollte es so. Es war ihm egal. Er wollte den Regen fühlen und die Traurigkeit von sich spülen, aber er wußte, daß das nicht so einfach funktionieren würde, nicht heute und nicht morgen. Vielleicht irgendwann, doch im Augenblick war die Traurigkeit einfach stärker als er. Es lag nicht in seiner Macht sich dagegen zu wehren. Und er war sich nicht mehr sicher, ob er das wirklich versuchen sollte und wollte, denn der Schmerz war das einzig Reale was ihm von ihr blieb.
***
Man kann großen und tiefen Schmerz haben
und sich doch darum nicht unglücklich fühlen,
da man diesen Schmerz
so mit dem eigensten Wesen verbunden empfindet,
daß man ihn nicht trennen möchte von sich.
Wilhelm von Humboldt
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