So, einer muss ja den Anfang machen. Ich sag mal nix weiter dazu, vielleicht kommt ihr selbst drauf, wer da spricht. Ich sag nix. Hat nix mitm RS zu tun, aber mit Anne Rice's Chronik der Unsterblichen.
Todesengel
"Nun, du möchtest wissen, wie ein Vampir sich auf der Jagd fühlt, wie er seine Opfer auswählt, nicht wahr? Ich kann nicht für die Allgemeinheit sprechen, sondern nur für mich selbst und auch das fällt mir schwer. Denn wie sollte man ein solches Erlebnis in Worte fassen? Wie kann ich verallgemeinern, was doch jedes Mal eine neue, intime Erfahrung ist?", der Vampir mit dem jugendlichen, fein geschnittenen Gesicht hielt in seiner Rede inne und sah in einer menschlich wirkenden Geste, scheinbar nachdenklich auf seine schlanken feingliedrigen Hände.
Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich ihn in diesem Augenblick für einen gewöhnlichen Sterblichen halten können. Nein, nicht ganz, denn gewöhnlich wäre er auch als Sterblicher nicht gewesen. Er war ein wunderschönes Wesen, perfekt geschnittene Gesichtszüge mit sinnlichen Lippen und Augen, die wie Gold funkelten. Für einen kurzen Moment gestattete ich mir meinen Blick auf seinem weichen kastanienbraunen Haar ruhen zu lassen. Das Verlangen es zu Berühren wuchs ins Unermessliche und ich schlug rasch die Augen nieder.
Mein Gegenüber hob seinen Kopf wieder und fuhr fort: "Ich denke, es wäre am Besten dir von meinem letzten Opfer zu erzählen. Es ist so gut wie jedes andere. Etwas besonderes und doch wieder nicht. In spätestens einer Woche werde ich sie vergessen haben, das süße Gefühl, als ihr Blut durch meine Adern floss und die Bilder, die ich sah, so schöne Farben... So nachdenklich... melancholisch... Doch ich schweife ab. Ich sollte am Anfang beginnen, statt das Ende vorweg zu nehmen, auch wenn es vorhersehbar ist, nicht wahr?" Ein spöttisches Lächeln spielte um seine Mundwinkel als sich unsere Blicke trafen. Ich hielt seinem Blick einen Moment lang stand, bevor ich ihm auswich, indem ich mich in einen Sessel setzte. Er ging derweil zum Fenster des Appartments und sah hinaus auf das nächtliche Berlin. Sein Blick blieb an der erleuchteten Kuppel des Reichstages hängen, wie es mir schien. Eine Weile stand er reglos da, wie eine Marmorstatue, die man in einen eleganten Anzug gesteckt hatte, dann setzte er seine Erzählung fort:
"Es war vor vier Tagen. Du weißt ja, dass ein Vampir meines Alters nicht mehr regelmäßig trinken muss und doch ist das Verlangen nach Blut, die Sehnsucht nach dem Glücksgefühl in mir wie in jedem Kind der Nacht und ich muss es von Zeit zu Zeit befriedigen. Ich habe dir ja erzählt, dass ich momentan durch Deutschland reise. Du hast mich gefragt, warum und ich konnte dir keine Antwort darauf geben. Vielleicht ist es die einfache Tatsache, dass ich mich vorher nie hier aufgehalten habe. Ich habe Frankreich gesehen, Italien, doch Deutschland, das Land, welches so viele talentierte Dichter hervorgebracht hat, habe ich bisher ausgelassen. Ich bin recht wahllos umhergereist. Ich kann dir gar nicht mehr sagen, wo ich überall gewesen bin, aber ich habe weitere Erkenntnisse gewonnen. Doch davon erzähle ich dir vielleicht bei anderer Gelegenheit. Jetzt wollte ich dir von meinem letzten Opfer erzählen:
Ich habe vergessen, wie die Stadt hieß, in der ich mich gerade aufhielt, aber das ist auch nicht wichtig. Wichtig ist nur, dass ich durch die nächtlichen Straßen lief und schließlich von lauter Musik und dem Geruch von Menschen angezogen wurde. Du musst wissen, dass ich mich von solchen Veranstaltungen immer fern gehalten hatte, doch diesmal führten mich meine Schritte beinahe automatisch zu der heruntergekommenen Discothek in einem dunklen Gewerbegebiet. Es war gerade Mitternacht und vor dem Eingang standen die Jugendlichen Schlange. Sofort fiel mir auf, dass es unter ihnen einige Anhänger der Gothic-Szene gab. Sehr gut, denn das bedeutete die Sterblichen hier waren an den Anblick blasshäutiger Menschen gewöhnt. Wenn ich mich nur einigermaßen in den Schatten hielt, würde ich niemandem auffallen, jedenfalls nicht als das Monster, dass ich bin." Er drehte sich wieder zu mir herum und für einen kurzen Moment blitzten seine Augen auf, dann schlenderte er langsam auf den Sessel mir gegenüber zu und setzte sich hinein: "Wenn du irgendetwas wissen möchtest, kannst du mich gerne unterbrechen..."
I know you love the song but not the singer, I know you've got me wrapped around your finger, I know you want the sin without the sinner, I know... I know.
jaaaaaaaaaaaaaaaaa, das is wirklich genial! asthanos
Mein dunkles Herz liebt dich, Es liebt dich und es bricht, Und zuckt und bricht und verblutet, Doch DU siehst es nicht...
Re: Todesengel
Oh danke. :xx Ihr muntert mich auf. Ein klitzekleines Teilchen kann ich posten, aber dann wirds wohl noch etwas dauern.
Ich schüttelte den Kopf: "Sprich ruhig weiter, ich hör dir gern zu."
Er schmunzelte und strich sich in einer lässigen Bewegung eine Strähne seiner überschulterlangen Haare hinter das Ohr: "Nun gut, dann will ich fortfahren... Wo war ich? Genau... ich betrat die Discothek durch einen Hintereingang, dessen schwere Tür ich problemlos öffnen konnte. Du fragst dich, warum ich nicht durch den Haupteingang gegangen bin, nicht wahr? Ich sehe deine fragenden Augen." Ich nickte zaghaft und er fuhr fort. "Sieh mich an. Was siehst du? Einen siebzehnjährigen Jüngling... Es hätte Probleme mit den Sicherheitspersonal geben können, den "Securities", so nennt man sie doch, oder?" Er lachte und ich nickte erneut.
"Kaum zu glauben, nicht wahr? Da hat ein 500 Jahre alter Vampir ein Problem damit in eine Discothek eingelassen zu werden. Nun, aber es ist eine Tatsache, so grotesk es auch sein mag. Drinnen entdeckte ich einen der schwarz gekleideten Jugendlichen wieder und folgte ihm durch die wogende Menge, die sich zu Blackmusic-Rythmen bewegte. Die anderen Sterblichen im Raum interessierten mich nicht, ihre oberflächlichen Gedanken, ihre kleinlichen Sorgen waren mir zuwider.
Es zog mich in dieselbe Richtung wie den Jungen, dem ich folgte. Weit hinten am anderen Ende des Raumes befand sich ein Durchgang, offenbar zu einem weiteren Raum und darin war es düster, viel dunkler als im Rest der Discothek und auch die Gefühle, die von dort auf mich einströmten waren dunklerer Art. Ich ließ mich weiter auf den Raum zutreiben und betrat ihn schließlich kurz hinter dem Jungen. Er ging zielstrebig nach rechts auf ein paar seiner Freunde zu und ich trat an das schmale Geländer, dass die kleine Tanzfläche von der Galerie auf der ich nun stand abgrenzte und ließ meinen Blick durch den engen Raum streifen. Hier war es viel leerer als im Hauptraum der Discothek. Einige Jugendliche lungerten auf den Bänken entlang der Wände herum, einige standen vereinzelt auf den Stufen zur Tanzfläche und ein einsamer Tänzer schleuderte auf der Tanzfläche sein Haar zum Lärm der künstlichen Gitarren, der aus den Boxen kam..."
"Du warst also in einer Metal-Disco?", unterbrach ich ihn. "War denn die Musik nicht zu laut für deine empfindlichen Ohren?"
I know you love the song but not the singer, I know you've got me wrapped around your finger, I know you want the sin without the sinner, I know... I know.
Re: Todesengel
*lol* Spannend! Weiterschreiben!
Mein dunkles Herz liebt dich, Es liebt dich und es bricht, Und zuckt und bricht und verblutet, Doch DU siehst es nicht...
Re: Todesengel
Er lächelte: "Es freut mich, dass du besorgt um mich bist, aber das ist nicht notwendig. Ja, die Musik war laut und grässlich, aber so etwas kann mir nichts mehr anhaben. Ich hörte sie kaum, denn ich war konzentriert auf die Gedanken und Gefühle der Sterblichen im Raum. Ich spürte ihre Blicke, die Bewunderung, die mir die eine oder der andere entgegen brachte und ich spürte ihre Sorgen. Es war offensichtlich, dass ich von Außenseitern umgeben war, Ausgestoßene der Gesellschaft, die einen mehr, die anderen weniger, einige mochten sich vielleicht nur so fühlen. Dieser kleine Discoraum schien ihnen ein Gefühl der Gemeinschaft zu vermitteln. Schon anhand ihrer Kleidung hoben sie sich von der Masse der wogenden Körper im Nebenraum ab.
Langsam füllte sich der kleine Raum und ich zog mich tiefer in die Schatten zurück, um eine Berührung mit einem von ihnen zu vermeiden. Ich hatte tagelang nichts getrunken und die Härte und Kälte meiner Haut hätte jedem Sterblichen sofort verraten, was ich war. Natürlich hätte ich ihnen etwas vorgaukeln können, aber dazu hatte ich keine Lust. Ich wollte lieber noch eine Weile bleiben und die Athmosphäre genießen. So blieb ich ruhig in den Schatten stehen und zündete mir eine Zigarette an, um meine Hände zu beschäftigen. Es ist wichtig, dass man sich bewegt, wie du ja weißt, damit man den Sterblichen nicht auffällt. Es kann ihnen schon unheimlich werden, wenn einer der unsrigen in Gedanken versunken wie eine Marmorstatue dasteht...", sein Gesicht verzog sich zu einem schelmischen Grinsen, "...obwohl es Zeiten gab, in denen mir das Spaß gemacht hat." Einige winzige kaum wahrnehmbare Fältchen erschienen um seine Augen und ließen ihn menschlicher wirken. Ich war erstaunt über diese Veränderung und starrte ihn einen Moment lang an, doch die Falten glätteten sich wenige Sekunden später, als er wieder zu erzählen begann:
"So stand ich also und lauschte dem Stimmengewirr. Für eine Weile versank ich völlig in meinen Gedanken, bis sich eine Stimme laut über die anderen erhob. Stimme ist hierbei natürlich nur bildlich gemeint. Ich spürte starke Gefühle. Gefühle von Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit, unterdrückter Wut, Traurigkeit und über allem Resignation. Ich sah mich im Raum um und entdeckte ein Mädchen, dass soeben die Tanzfläche überquerte. Sie schien den Raum gerade erst betreten zu haben, denn sie sah sich suchend um. Enttäuschung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab, als sie offenbar nicht fündig wurde, dann verlangsamte sie ihre Schritte, änderte die Richtung und setzte sich auf eine einzelne Box auf der Tanzfläche.
Ich trat einen Schritt vor, um sie besser sehen zu können. Sie sah jung aus, sie war vielleicht zwanzig Jahre alt, aber sie wirkte jünger, irgendwie unschuldig, wie sie da saß in ihrem knielangen beigefarbenen groben Cordrock unter dem ihre Beine in roter Strumpfhose und einer durchlöcherten Netzstrumpfhose hervorschauten. An den Füßen trug sie grauenhafte ausgelatschte schwarze Stoffturnschuhe. Ich starrte sie kurzzeitig an, bevor ich mit meinem Blick höher wanderte über ihr schwarzes T-Shirt, die Wölbung ihrer Brüste, die von einem Netzeinsatz am Ausschnitt betont wurde, das Nietenhalsband, welches ihren Hals zierte bis zu ihrem Gesicht. Schwarz umrandete Augen und rot gefärbte Lippen auf natürlich blasser Haut. Ihre braunen Augen blickten traurig zu Boden und ich fragte mich unbewusst, ob nicht jedem, der ihr begegnete ihre Traurigkeit auf Anhieb auffallen müsse. Jetzt fuhr sie sich mit einer Hand, deren Fingernägel schwarz lackiert waren, durch ihr kurzes kunstvoll zerzaustes schwarzes Haar. Als ich genauer hinsah, bemerkte ich, dass ihr Daumennagel rot lackiert war. Ich schmunzelte über dieses winzige Detail. Es gefiel mir. Ihr Nietenarmband war den Arm heraufgerutscht und sie schob es sorgfältig zurück an ihr Handgelenk. Dann hob sie den Kopf und sah sich um. Eine gewisse Nervosität hatte von ihr Besitz ergriffen und ich konnte sie spüren. Ein prickelndes Gefühl
Warum war sie nervös? Hatte sie dich bemerkt?, warf ich ein.
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Re: Todesengel
kitty, dieses mädchen kommt mir eeeeetwas bekannt vor *g* ^^ was ist mit ihrem mittelfinger? (oder wars der ringfinger?) ist der auch rot? *g*
aber beeil dich mal und schreib flott weiter!
Re: Todesengel
ahh, weiter, is grad so spannend....
Mein dunkles Herz liebt dich, Es liebt dich und es bricht, Und zuckt und bricht und verblutet, Doch DU siehst es nicht...
Re: Todesengel
jap, ihr ringfinger ist auch rot. *hust*
I know you love the song but not the singer, I know you've got me wrapped around your finger, I know you want the sin without the sinner, I know... I know.
