Die Steinbockfrau
Die Steinbockfrau
In ihren Leidenschaften herrscht Ordnung. Steinbockfrauen sind nämlich leidenschaftlich, nur fehlt ihnen der Mut zur Unmoral. Man muß sie dazu verführen, ihre Gemütsbewegungen auszuleben. Erst wenn sie ihre zaghafte Einstellung zur Liebe überwunden haben, können sie die wahre Erfüllung kennenlernen. Mit andern Worten, wenn sie allzu vorsichtig sind, endet es damit, daß sie sogar in bezug auf die Vorsicht vorsichtig sind. Sie geben ihr Beiseitestehen auf, sobald sie selbstsicherer geworden sind und sich auch des andern sicher fühlen. Sie lieben es, geliebt zu werden.
Die Steinbockfrau schwebt nie in den Wolken, sondern steht mit beiden Beinen fest auf der Erde. Sie kann in sexuellen Dingen nicht impulsiv sein. Sie reagiert zwar mit gesunder Sinnlichkeit, aber sie hat sich gut in der Gewalt.
Sie ist bereit, sich bewundern und umwerben zu lassen, doch kein Mann kann sie vollständig besitzen. Sie weiß, was er wünscht, doch er wird nie genau wissen, was sie denkt. Vielen Männern erscheint sie schwer ergründbar. Andere empfinden ihre Distanziertheit als quälend, vielleicht weil sie spüren, daß sie damit außerordentlich starke Gefühle bemäntelt. Aber ihr fortwährendes An- und Abschalten kann den Liebhaber schließlich schwindlig machen.
Dennoch... Wenn alle schillernden, glitzernden, blendenden Frauen Erinnerung geworden sind, wird sie bleiben. Sie ist diejenige, deren Telefonnummer man nie vergißt Und wenn man nicht aus härterem Stoff gemacht ist als die meisten Männer, wird man nicht widerstehen können, ihre Nummer einzustellen.
In Wirklichkeit verhält es sich so, daß sie Angst hat, sich zu verlieben, weil sie sicher sein möchte, daß sie den Richtigen gefunden hat. Sie braucht Schutz und Geborgenheit. Hat sie sich einem Manne erst einmal ausgeliefert, so kann sie ihre Zuneigung nicht mehr zurücknehmen. Sie ist die Alles-oder-nichts-Frau. Sie ist ungemein treu.
Aber sie muß ihrerseits geliebt und begehrt werden. Darum ist sie zuerst so distanziert und vorsichtig; sie versucht die Möglichkeiten und Risiken abzuschätzen, bevor sie sich ausliefert. Wenn sie das Visier vor ihren Gefühlen heruntergelassen hat, weiß sie unglücklicherweise nicht immer, wann sie es öffnen muß. Der Mann aber, der sie wirklich gewonnen hat und sich ihrer Zuneigung wert erweist, wird eine leidenschaftliche Partnerin finden, eine Frau, die alles für ihren Geliebten tut.
Wenn sie bei der Wahl ihres Gefährten einen Fehler begeht, ist es gewöhnlich ein sehr großer Fehler. Doch manchmal vermag sie aus einem Fehler etwas Positives zu machen. Sie hat genügend Geduld, Kraft und Ausdauer dafür. Bei einem Willenskampf ist sie meistens die stärkere. Man hüte sich, sie zu verletzen. Sie wird weder vergessen noch vergeben. Ihre Rache kennt keine Grenzen. Sie wird immer ein selbständiger Einzelmensch bleiben, der darauf besteht, sein eigenes Leben zu führen. Bei einer Affäre nimmt sie sich das Recht, auszugehen, wenn, wie und mit wem es ihr beliebt. In der Ehe fordert sie vielleicht ihr eigenes Auto, ihr eigenes Bankkonto. Auf irgendeine Weise wird sie zu verstehen geben: «Ich muß ich selbst sein.» Trotzdem ist sie ganz Frau, und sie weiß um den Wert bezaubernder Schönheit. Sie hat einen Instinkt für Adrettheit und Sauberkeit, neigt zu Gründlichkeit, schminkt sich sorgfältig und hat in bezug auf Kleidung und Accessoires einen ausgesprochen weiblichen Geschmack. Andere Frauen fragen sie oft um Rat, wie sie sich anziehen sollen, um auf Männer zu wirken.
Sie ist berechnend. Sie wird versuchen, den Mann zu beherrschen und zu ihrem Vorteil zu benutzen. Schwache Männer fühlen sich zur Steinbockfrau hingezogen. Ihre Aufmerksamkeiten schmeicheln ihr, aber sie läßt sie nicht zu einer Last werden.
In der Jugend ist sie förmlich und zurückhaltend, doch mit der Zeit wird sie selbstsicherer. Gewöhnlich heiratet sie spät im Leben, nachdem sie manche Verhältnisse gehabt hat. Aber sie ist keines Mannes Sexspielzeug. Dazu ist sie zu gescheit. Ihre Leidenschaft geht so tief, daß sie ohne Liebe körperlich oder seelisch krank werden kann; trotzdem wird sie niemals nur einen Geliebten zum Lebensgefährten nehmen. Sie will einen Mann, der ihre sämtlichen Bedürfnisse befriedigt.
Sie achtet Menschen, die erfolgreich sind, und sie läßt sich gern von ihnen belehren. Sie bewundert Autorität und gehorcht ihr. Ihre unselige Neigung zur Hochnäsigkeit ist leicht zu umgehen: Man mache ihr Komplimente. Sie schwelgt in Komplimenten. Sobald sie Vertrauen hat, akzeptiert und bewundert zu werden, wird sie menschlicher.
Die ruhige, unaufdringliche, kompetente Steinbockfrau erhält nicht immer, was ihr gebührt. Weniger Begabte stoßen sie gern beiseite. Allerdings nur eine Zeit lang. Zum Schluß wird sie trotz Rückschlägen, Entmutigungen, Enttäuschungen oder Verzögerungen siegen.
Das Sexleben der Steinbockfrau
Sie zündet schnell. Mitunter kann man ihr Feuer mit einer kleinen Geste, einer Liebkosung entfachen. Und es wird kein schwelendes Buschfeuer sein, sondern eine lodernde Flamme. Man darf nicht gekränkt sein, wenn sie ihr eigenes Zimmer haben möchte. Sie braucht das Alleinsein. Wenn sie in Stimmung ist - und das ist sie oft - wird man entschädigt werden.
Sie braucht kein langes Vorspiel, denn sie steigert sich in Sekundenschnelle von 0 auf 180. Im Bett übernimmt sie gern die Führung. Man versuche ja nicht, sie zu überrumpeln. Sie will immer wissen, was als nächstes auf dem Programm steht. Wegen ihrer eigenen sexuellen Ausdauer erwartet sie das gleiche vom Liebhaber. Ausgefallene Variationen interessieren sie nicht, einzig und allein Dauerpotenz. Ausgeklügelte Experimente lassen sie nicht den Himmel offen sehen. Schließlich kommt sie mit den konventionellen Varianten ja auch großartig ans Ziel! Sie kann nicht einsehen, wozu es nötig sein soll, sich mit der Akrobatik der einundvierzigsten Stellung an den Rand der Erschöpfung zu bringen, wenn doch die konventionelle Methode auf direkterem Wege zu gleichen Lustgefühlen führt. Wozu kompliziert, wenn's auch einfach geht?
Doch da sie gern die Führende ist, paßt es ihr oft, auf dem Mann zu sitzen. So beherrscht sie die Lage. Seine und ihre Finger mögen dabei nach Herzenslust spielen, wichtig ist, daß sie den ihr zusagenden Rhythmus bestimmt. Ist der Rhythmus richtig, stürmt sie vorwärts zum Crescendo. Sie kratzt und schreit. Liebemachen wird zum wilden Wettlauf, mit Orgasmus als Preis. Der Mann kann sich darauf verlassen: Sie wird ihn erreichen. Mehr als einmal. Sie hat gerne, wenn es lange dauert und ist mit einer ungewöhnlichen Fähigkeit für häufige Wiederholungen gesegnet. Sie genießt Cunnilingus, vollführt Fellatio aber nur als Wegbereitung zu ihrer eigenen Befriedigung. Eine einseitige Affäre, bei der sie im entscheidenden Augenblick im Stich gelassen wird, interessiert sie überhaupt nicht.
Vorsicht: Sie beißt gern. Das kann sehr stimulierend wirken, doch wenn sie unmittelbar vor dem Höhepunkt steht, weiß sie nicht, wie tief ihre Zähne ins Fleisch dringen. Dann tut's weh. Sie kann auch zu Sadismus neigen. Ein masochistischer Partner kommt dann bei ihr auf seine Kosten. Denn wenn einer zuschlägt, dann ist sie es.
Die Steinbockfrau mag kalt erscheinen, aber das ist nur ein Schutzpanzer. Hat sie erst einmal den Panzer abgelegt, so kann man einige Überraschungen erleben.
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