Freies Politikforum für Demokraten und Anarchisten - Innenpolitik

Der Wahlkrampf ist vorbei - jetzt nur noch Krampf?

 Der Wahlkrampf ist vorbei - jetzt nur noch Krampf?




... zunächst muß auch hier im Forum festgehalten werden:

mit 8,7% ist ein großartiges Ergebnis

für "Die Linkspartei.PDS" erreicht


und das trotz übelster Schmutz- und Verleumdungskampagnen durch Medien und aller etablierten neoliberalen Parteien!

Die Diffamierungen gehen weiter: soeben in der Phoenixrunde hat die oberpfälzische rotbeschlipste und rotpullunderte SPD-Dreckschleuder, Ludwig Stiegler, auch uns WählerInnen der Linkspartei für "schräge Vögel" und (singemäß) Geschwaddel erklärt!


In fast sämtlichen Kommentaren wird die FDP als "DIE" Gewinnerin der Wahl hochgejubelt, weil ZweitstimmenwählerInnen aus dem Unionslager sie auf knapp 10% hochgepuscht haben - und bei "Die Linkspartei.PDS" wird lediglich unser Einzug als Fraktion in den Bundestag mal so nebenbei bemerkt obwohl wir von allen anderen unerreichte fast 5% gegenüber der Bundestagswahl 2002 hinzugewonnen haben - hier hat sich die Medien-Kommentatoren-Mafia wieder einmal mehr entlarvt, weil sie ihre Felle davonschwimmen sehen.

Wie oben im Threadthema schon gesagt, der Wahlkrampf ist vorbei, jetzt ist perverser Krampf mit Hauen und Stechen untereinander bei den neoliberalen Sozialkahlschlägern angesagt - Ausgang ungewiß. Wenn's nicht so bittertraurig wäre, könnte mensch sich Krämpfe lachen - aber so ... ... ...

Dieses korrupte neoliberale Politik- und Medien-Geschmeiß gehört schnellstmöglich und endgültig zum Teufel gejagt! - Den Menschen dieser unserer Welt zuliebe!

bjk



Re: Der Wahlkrampf ist vorbei - jetzt nur noch Krampf?




Kommentar von Jürgen Elsässer


Jürgen Elsässer

»Sie werden es nicht!«

Wie ein enthemmter Kanzler am Wahlabend seinen Machtanspruch formulierte, und warum Angela Merkel in einer großen Koalition nichts werden kann



Hätte der allgemeine Verfall von Gesellschaft, Ökonomie und Staat in diesem Land ein Gesicht, wäre es jenes der gescheiterten Kanzlerkandidatin. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik hat sich ein Politiker – in diesem Fall: eine Politikerin – Verzweiflung und Ausweglosigkeit in der Öffentlichkeit so sehr anmerken lassen wie Angela Merkel am Sonntag abend in der sogenannten Elefantenrunde. Das hat nichts mit ihren rhetorischen Schwächen zu tun, die bekannt sind. Bemerkenswert, ja geradezu erschütternd war vielmehr ihre Physiognomie, und zwar vor allem in jenen Phasen, in denen sie nicht sprach, aber dennoch von einer unbarmherzigen Kameraführung weiter verfolgt wurde: hängende Mundwinkel, die Augen entweder halb geschlossen oder blicklos starrend, bisweilen zerfloß die Kinnpartie gänzlich und konnte nur mit erkennbarer Anstrengung wieder gestrafft werden. Maggie Thatcher, soviel ist klar, hätte sich niemals solche Blößen gegeben. Was die deutschen Konservativen als ihre Wiedergängerin aufboten, erinnerte nicht an eine Eiserne Lady, sondern an ein geprügeltes Mädchen, dessen Suizid nur durch eine gehörige Portion Tranquilizer verhindert werden kann.


Ein irrer Mussolini

Ihr gegenüber saß ein Kanzler, der offensichtlich auch unter dem Einfluß von Drogen stand, allerdings euphorisierender, oder dem das starke Aphrodisiakum Macht Adrenalin in die Arterien pumpte. Aufgeputscht, wie er jedenfalls war, verlor er jedes Maß. Es gab auch in der Altbundesrepublik Politiker, die in der damaligen Bonner Runde polterten, etwa Franz-Josef Strauß und Herbert Wehner, und es gab die legendären Cognac-geschwängerten Auftritte von Willy Brandt. Aber Gerhard Schröder stellte am Sonntag abend alle in den Schatten und agierte über weite Strecken wie ein irrer Mussolini. Wie der Arsch auf den Eimer paßte dazu die besoffene Claque in der SPD-Parteizentrale, die besinnungslos ihre Wahlniederlage genoß und sie in einen Triumph umdeutete. Es ist politisch unfair, aber atmosphärisch naheliegend: Eine solche wahnsinnige Siegestrunkenheit im Angesicht schwerer eigener Verluste gab es zuletzt im Sportpalast, als Goebbels sprach. »Wollt Ihr den totalen Kanzler?« – auf diese Frage hätte das fanatisierte Parteivolk mit Ja gebrüllt. In der SPD, und das ist vielleicht noch beängstigender als die politische und moralische Zerrüttung der Volkspartei CDU/CSU und der Verfall von Frau Merkel, sind die demokratischen Strukturen einem Verhältnis von Führer und Gefolgschaft gewichen.

Schröder biß gegen die Moderatoren und gegen die Kandidatin. Da diese aber, im Unterschied zu ihnen, sich vor diesen Übergriffen duckte, anstatt Kontra zu geben, kann sie unmöglich Kanzlerin werden. Sie hat das Standing nicht, wie es im Politenglisch heißt. Dabei ist ihre Schwäche in erster Linie keine charakterliche Frage, sondern Ausdruck der Labilität des politischen Bündnisses, das sich in ihrer Person bündelt: Die Union steht nicht hinter ihr, und auch das Kapital, das eigentlich geschlossen für sie getrommelt hat, ist angesichts des Wahlergebnisses an ihr verzweifelt. Zu offensichtlich ist, daß genau der Polarisierungskurs, den Großkonzerne und Banken wollten und dem Merkel durch die Berufung von Paul Kirchhof entsprochen hat, der Union den bereits sicher geglaubten Wahlsieg gekostet hat.

Was nun? Aus der Konstellation an diesem Fernsehabend ergibt sich alles weitere. Schröder will Kanzler bleiben, und da sich FDP-Chef Guido Westerwelle entgegen liberaler déformation profesionelle seiner vulgären Anmache standhaft verweigerte und damit die Ampel ausscheidet, muß das Alphatier auf die große Koalition setzen. Dafür ist ein Putsch nötig, nicht gegen die Verfassung, aber gegen die guten demokratischen Konventionen: daß die stärkste Partei in dieser Konstellation den Kanzler stellt. Schröder wischte das Argument in der Sendung mit dem Hinweis hinweg, daß er als Person in allen Umfragen seine Gegnerin abgehängt habe. Aber bei der Bundestagswahl stünden Parteien zur Abstimmung und eben nicht Kanzlerkandidaten, und seine Partei sei nun eben erst als zweite durchs Ziel gegangen, wandte der Moderator ein. Schröder grinste und ging darüber hinweg. Für ihn ist Demoskopie wichtiger als Demokratie, ein Spezifikum des Caesarismus.


Der letzte Dreh

Am gestrigen Montag verwiesen die Sozialdemokraten noch darauf, daß ihnen deswegen die Führungsrolle zukomme, weil CDU und CSU zwei getrennte Parteien seien und als solche im Ergebnis hinter der SPD lägen. Ein Parteienforscher bracht das israelische Modell ins Gespräch, also eine große Koalition mit dem festgelegten Wechsel des Regierungschefs nach zwei Jahren. Keine Sorge, die werden einen Dreh finden. Schröders Chancen auf eine dritte Amtszeit stehen jedenfalls gut, da Frau Merkel schon verbrannt ist und die Union keine personelle Alternative hat, die gegen ihn bestehen könnte. Bedingung für das Va Banque ist allerdings, daß es zu einer großen Koalition und nicht zu einer schwarzen Ampel kommt.


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Re: Der Wahlkrampf ist vorbei - jetzt nur noch Krampf?




berichtet:


jW-Autorenkollektiv

Pfeifen oder krächzen

Man muß die Wahlpartys feiern, wie sie fallen: Ein kleiner Streifzug durch Berlin am Sonntag abend


Vollidioten!


In Neukölln ging’s um alles. Eberhard Diepgen, der Bankenskandal-Bürgermeister, kandidierte ein letztes Mal für ein politisches Amt. Für Ebi only the Erststimme. Aus sportlichen Gründen war er auf der Landesliste nicht vertreten. In einem Einkaufscenter hatte die CDU Tischchen für die Wahlparty aufgestellt. Zwei große Monitore zeigten die Wahlberichterstattung. Diepgen marschierte ein, frenetischer Applaus.

18 Uhr, die erste Hochrechnung: CDU 37 Prozent. Betretenes Schweigen. In die Stille ruft einer »Scheiße!« In der Eckkneipe gegenüber großer Jubel und Geschrei, hier läuft Hertha gegen Schalke.

Dann die CDU nur noch bei 36 Prozent. Diepgen, ganz Staatsmann, merkt: Er muß zum Volk reden. Schnappt sich das Mikrofon, spricht von Überhangmandaten und Zweitstimmen. Es ist noch alles offen.

Die CDU sackt weiter ab, die großen Parteien nähern sich dem Gleichstand. Bei Hertha gegenüber auch immer noch Unentschieden. Im Verlauf des Abends versteinern die Mienen zusehends, Männer starren verbittert ins Bier. Hertha und Schalke trennen sich torlos. Das Einkaufszentrum leert sich. In der Eckkneipe werden die Stühle hochgestellt.

Um 21 Uhr scharen sich die letzten Verbliebenen um Diepgen. »Vollidioten!« schreien drei Männer in Jogginghosen. »Ihr habt lange jenuch rejiert!« Die Kreisvorsitzende verliest die letzte Hochrechnung für Neukölln. Erststimme CDU nur 36 Prozent. Düstere Gesichter, man umarmt sich tapfer. Diepgens politische Abschlußrede findet zwischen leeren Geschäften und abgeschalteten Rolltreppen statt. »Mit Enttäuschung muß man fertigwerden.«

Jochen Hung


Ein Mantra

Kurz nach 19 Uhr ist es endlich so weit: Der immer abgekämpfte Außenminister tritt unter tosendem Beifall im Hangar 2 des Flughafens Tempelhof auf die Bühne. Etwa 2500 Grünen-Anhänger haben sich versammelt, um Fischer mal wieder und ausnahmsweise auch mal sich selbst euphorisch zu feiern. Alle sind sehr ordentlich angezogen, Ökos gibt es in dieser Partei nicht mehr. Jugendliche Fahnenschwenker in Partei-Shirts kreischen zum Nachmachen das große Joschka-Joschka-Joschka-Mantra. Bei den ersten Hochrechnungen fühlt man sich wie beim Popkonzert in der ersten Reihe. Zu sehen ist aber nur Fernsehen von der Riesenleinwand. Alle sind glücklich, daß die CDU so schlecht ist. Die wird hier nämlich gehaßt. Und zur Belohnung sitzt der Außenminister bald mit denen in der Regierung.

Doreen Hoffmann


Wenigstens nervös

Viele der Trauergäste haben sich lässig einen Pulli über die Schulter geworfen. Sie trinken Bier, essen Currywurst. Heizstrahler sorgen für kuschelige Wärme. Rund 300 Getreue sind zur Wahlparty für die einfachen Leute hinter das Willy-Brandt-Haus gekommen. Manche lachen, andere gucken verträumt in den Himmel. Sieben Jahre Regierung, es war keine schlechte Zeit. Nun aber gilt es, Abschied zu nehmen: Tschüs Macht!

Gerhard Schröder schaut von einem riesigen Plakat am Straßenrand herüber. Kraftvoll. Mutig. Menschlich. Auf einer Großleinwand zeigt das ZDF um kurz vor halb sechs ein kleines Porträt von Angela Merkel. Ein Raunen geht durch die Runde. Wie beim Elfmeterpfiff im Fußballstadion.

Nur hoffnungslose Optimisten sind noch frohen Mutes. Oder wenigstens nervös. So wie eine blonde Endzwanzigerin im knallroten Pulli. In der einen Hand eine Zigarette, die andere fummelt an der Tischdekoration herum.

Ein Gongschlag. Die erste ZDF-Prognose. Schock durch die FDP, aber verhaltener Jubel über die Verhinderung von Schwarz-Gelb. Keiner weiß so recht, was jetzt werden soll. »Die Ampel. Und die FDP halten wir schön klein«, sagt die Frau im roten Pulli. Ihre Tischnachbarn schütteln den Kopf: »Macht der Westerwelle nicht mit.«

Eineinhalb Stunden später betritt Gerhard Schröder nur einen Steinwurf entfernt das Podium und reklamiert den Regierungsauftrag für sich. Die SPD-Anhänger sind außer sich. Aus der Beerdigung ist eine Wiederauferstehungsfeier geworden.

Lars Jeschonnek


Die APPD muß ran!

Privatparty in Berlin-Wedding. Soldiner Kiez-Ghetto. Einer, der nur ein Auge hat, schaltet zwischen einem großen und einem kleinen Fernseher hin und her. Probleme mit der Digibox. Einer, dem vorne ein Zahn fehlt, schlägt auf den großen Apparat. Leichte Schläge auf den Hinterkopf erhöhen die Kanzlermehrheit. Einer im Anzug verkündet, doch nicht SPD gewählt zu haben. Er sagt, »Hartz IV« hätte ihn gerettet. Beim Rasieren aber konnte er sich nicht vorstellen, daß dies ein SPD-Gesicht sein soll. Also Linkspartei, verdammt. Zur Zerstreuung ruft er immer wieder: »Die APPD muß ran!«

Die eine Hälfte der Leute hat Linkspartei gewählt, die andere grün. Achtes Weltwunder: Daß Leute sehr links und überhaupt vernünftig reden, nett sind, gut aussehen und dann – rechts wählen. »Beide Stimmen Grün, wie immer«. Tja. Einer hat Schröder gewählt. Aus »ästhetischen Gründen«. Als der Kanzler im TV so stählern spricht, bereut der Mann im Anzug. In der Nacht tanzen dann erwachsene Menschen zu »Call him Mr. Vain«, als wären sie schon wieder 14.

Christof Meueler


Im Zelt

Berlin, Palast der Republik. Vor der historischen Ruine des Volkshauses hatte die Linkspartei.PDS ihr Zelt aufgeschlagen. In der Hauptstadt mittigster Mitte, auf dem früheren Marx-Engels- und jetzigen Schloßplatz, drängten sich Hunderte Anhänger der Linken, um den sicher erwarteten Einzug der PDS und ihrer Listenpartner von der WASG in den Bundestag zu feiern. Denn irgendwie war alles klar. Eigentlich ging es nur um die Frage, wie deutlich das Ergebnis über der ominösen Fünfprozentmarke liegen würde. Manche hatten wohl mit einem zweistelligen Ergebnis geliebäugelt.

Als 18 Uhr die Prognose verkündet wurde war der Beifall groß. Mieses Ergebnis für die SPD, noch mieser das der Union, riesiger Beifall bei den avisierten 7,5 Prozent für die erweiterte PDS. Nur bei der FDP-Prognose gab es Gegrummel im Publikum. Nach den ersten Hochrechnungen dann das Highlight des Abends: Gregor & Oskar on Stage. Die Meute aus Fotografen und Kameraleuten spielt verrückt und walzt zufällig herumstehendes Publikum aus dem Weg. Gysi krächzt schon ein wenig, als er sich über das Ergebnis freut. Rot-Grün weg, Schwarz-Gelb verhindert! Das sei auschließlich Verdienst der Linkspartei. Recht hat er. Und das denken wohl auch die Massen im Zelt. Apropos Publikum: Die Hälfte sieht aus wie alte PDS-Klientel. Die andere Hälfte muß wohl der »Neuen Mitte« Schröders entlaufen sein. Neue Zeiten scheinen angebrochen.

Dieter Schubert


»Geht auf uns«

»50 Prozent des Ergebnisses der Linkspartei geht auf uns – die WASG ist eindeutig der dynamischere Teil des Linksbündnisses.« So wie Murat Cakir, Bundessprecher der WASG, redeten viele auf der Party der Berliner Wahlalternative. Rund 200 Wahlkämpfer und Sympathisanten waren auf dem Jugendsportfreizeitschiff in Kreuzberg zusammengekommen, um ihren Erfolg zu begießen. Die Linkspartei.PDS, auf deren Liste ein knappes Dutzend WASGler den Einzug in den Bundestag geschafft hat, feierte woanders.

»Alle haben Probleme heute abend – nur wir nicht«, kommentierte Ralf Krämer, der auf dem aussichtslosen Listenplatz sechs für die Berliner Linkspartei kandidiert hatte, das Wahlergebnis. Wegen der Linkspartei hätten Union und FDP keine Mehrheit. Der Einzug in den Bundestag sei »der Erfolg der gesamten Linken«. Mit großem Selbstbewußtsein könne die WASG in die nun anstehenden Verhandlungen mit der Linkspartei eintreten, glaubt Krämer.

Daß in punkto Zusammengehen von Linkspartei und WASG – besonders in Berlin – noch tiefe Gräben zu überwinden sind, wurde auch an Abend deutlich. Der im WASG-Wahlkampffilm auftauchende Berliner PDS-Chef Stefan Liebich wurde mit Pfiffen bedacht. Und auch sonst war auf die Senatspartei kaum jemand gut zu sprechen. Die anwesenden WASG-Bundesvorständler sahen sich genötigt, sich gegen die »Turbovereinigung« und für eine »Bewegungspartei« auszusprechen.

Herbert Wulff



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 Re: Der Wahlkrampf ist vorbei - jetzt nur noch Krampf?

... eines ist hoffentlich mit diesem Wahlausgang ganz klar geworden:

Eine große Koalition ist die Kriegserklärung der etablierten "Arbeitsplatzbesitzer" an die Erwerbslosen.

Und ein plakativeres Beispiel kann es mit diesem Wahlergebnis gar nicht geben: das herkömmliche repräsentative Parteiensystem ist endlich augenfällig an seine Grenzen gestoßen.

Regierungsbildung und "Wählerauftrag": eine Farce für alle! Die unterschiedlichen Interessenlagen der Bevölkerung sind der Willkür parteipolitischer Taktiken ausgeliefert. Die einzige wirklich integrative Kraft aus der Sicht "Arbeit, Nicht-Arbeit und Einkommen" können nur die Gewerkschaften sein. Für die Zukunft wird die Entwicklung weg von der bloß politisch-repräsentativen hin zur einer direkteren, der Wirtschaft maßgebenden Form der Demokratie erkämpft werden müssen.

Denn bitte vergeßt nicht: Von unseren Einkommen leben wir, und nicht von den leeren Versprechungen der Parteien!

Re: Der Wahlkrampf ist vorbei - jetzt nur noch Krampf?

so isses!
Hallo zystein, herzlich willkommen in unserem Forum!



sehr richtig! - Und deshalb reicht es nicht, Agenda 2010 und Hartz IV nur zu verbessern und eine Grundsicherung unterhalb der Armutsgrenze zu fordern! Wir brauchen ein neues entkrampftes Verständnis zur "Arbeitswelt" nach dem Motto, arbeiten un zu leben - wobei vor allem der Begriff Arbeit entstaubt und nicht nur die Arbeitszeit rigoros umgestaltet, soll heißen reduziert werden muß - und und und ...

bjk




 Re: Der Wahlkrampf ist vorbei - jetzt nur noch Krampf?




Glosse zum nachdenklichen Schmunzeln in


Der gemeine Wähler

Früher war alles besser. Auch das Volk und seine Stimme

Jochen Arntz



Der Wähler hat seinen Stil geändert. Und das nicht erst bei dieser Wahl. In Kleinstädten sieht man zwar noch diese rührenden älteren Paare, die in Anzug und Kostüm in der nahe gelegenen Grundschule der Demokratie einen Besuch abstatten. Im Großen und Ganzen aber muss man sagen: Früher war alles besser. Heute lässt sich der Wähler gehen, er kommt wie er will, er stimmt wie er will. Ungekämmt und unberechenbar. Und deshalb darf ihn nun jeder beschimpfen, den Wähler, um den eben noch gekämpft wurde. Den man eigentlich in Millionen zählen müsste, über den man aber besser richten kann, wenn man ihn im Singular nennt: Der gemeine Wähler.

Der deutsche Wähler hat sie belogen und getäuscht. Das sagen die Meinungsforscher nach der Wahl, deren Ergebnis sie so falsch vorausgesagt haben. Der deutsche Wähler ist unfähig, eine neue Regierung zu wählen. Das schreiben italienische Zeitungen, die sich damit auskennen. Der deutsche Wähler ist der Sprengmeister der Demokratie. Denn: "Die Politik lässt sich klarer, aber auch noch kaputter wählen" - mit dieser 5 im Zwischenzeugnis schickt der Stern den Wähler in die Herbstferien. Zum Nachdenken.

Und die CDU versteht bis heute nicht, wieso der Wähler sie nicht verstanden hat. Nur die Sozialdemokraten lieben den Wähler jetzt, allerdings ohne ganz zu verstehen, wieso er sie diesmal verstanden hat. Aber wahrscheinlich hat der Wähler das auch nicht so gemeint.

Man weiß es nicht, denn der Wähler hat sich wieder zurückgezogen. Er geht arbeiten, sucht Arbeit oder genießt den Ruhestand. Er erwartet keine Dankbarkeit, möchte aber aber auch nicht weiter dafür beschimpft werden, dass er sich am Sonntag für die Demokratie interessiert hat. In Dresden ist der Wähler sogar bereit, noch ein paar Tage länger durchzuhalten. Und beim nächsten Mal ist er auch gerne wieder dabei. Wenn's nicht stört.



Re: Der Wahlkrampf ist vorbei - jetzt nur noch Wählerbeschimpfung?

zunächst mal danke für die nette Begrüßung

...und das sacht Herr Kluge, der Kluge:


Kluge: Die Teilung in FDP und Linkspartei ist nicht der wirkliche Ausdruck des Wählerwillens. Die Mehrheit wählte die Volksparteien.

ZEIT online: Und was bedeutet das?

Kluge: Wenn Eltern miteinander streiten, wollen Kinder immer beides: Klarheit – und doch, dass sie zusammenbleiben. Entschiedene Eltern, die aufeinander zugehen. So könnte man das Wahlergebnis deuten. Das wird noch ein schwieriges Problem für das Gemeinwesen werden, dass die Wahl allein nicht die Entscheidung bringen konnte, sondern dass überall nun die Zuspitzung des Unterscheidungsvermögens notwendig wird. Wir dürfen nicht einfach sagen: Da gibt es die Linkspartei und die FDP; wir – also diejenigen, die unversöhnliche Gegensätze in der Gesellschaft nicht positiv finden– müssen diese Entschiedenheit von den Rändern wieder in die Mitte transportieren.

Quelle: aus Interview mit Alexander Kluge (Die Zeit)

Re: Der Wahlkrampf ist vorbei - jetzt nur noch Krampf?

"Der Wahlkrampf ist vorbei - jetzt nur noch Krampf?"

Ja,...und warum nicht?

Endlich ist auch diese Republik da angekommen, wo andere, demokratische Staatsbürger, schon lange die Selbstverständlichkeiten von Volks- und Wahlentscheidungen einfach zur Kenntnis nehmen.

Nur die Konsequenzen aus der mehrparteilichen Wählerentscheidung, die will bisher noch keine Partei ziehen.
In D mußte bisher immer eine klare Mehrheit "durchregieren" können, damit law and order Geltung behält!
Vielleicht besinnt man sich querbeetein, was die Wähler mit ihrer Entscheidung am bisherigen System eigentlich kritisierten, bzw. favourisieren.
Ist doch gar nicht so schwer festzustellen.
Quer durch den Parteiengarten ist nach wie vor die Unterbeschäftigung gemeinsamer Kritikpunkt und sind im Gegensatz dazu die hohen Gewinne und der damit einhergehende Stellenabbau Hauptschwerpunkte der Wahlentscheidung gewesen.

Unterschiede liegen alleine darin, daß unterschiedliche Wähler den unterschiedlichen Parteien die unterschiedlichsten Kompetenzen zutrauen, um die angesprochenen Hauptprobleme zu lösen.

Sollen die Politmatadore/innen doch weiter streiten, es geht ihnen doch nicht um bessere Lösungen, sondern um Egoismen und Machtpositionen.
Man kennt das Pokern aus Italien, Frankreich, Israel, USA, England und anderswoher.
Ich bin sicher, wir wählen bis zum Januar 2006 nochmals - und auch das ist kein Beinbruch.
Nur die Nation, bei welcher schon das Betreten des Rasens einer Revolution gleichkommt, tut sich schwer mit demokratischen Unwägbarkeiten!

Ich begrüße Meinungsvielfalt, welche im Wahlergebnis ihren Niederschlag fand.
Politik muß lernen, damit demokratisch umzugehen, - es wird Zeit dafür auch in Deutschland!

Baba Yaga

Re: Der Wahlkrampf ist vorbei - jetzt nur noch Krampf?

Liebe Baba, ich meinte die aufgescheuchten Politiker der Sozialkahlschlagparteien! Deshalb empfinde ich ja geradezu diebische Freude.

Unsere Montags-Proteste gegen Agenda 2010 und Hartz IV auf der Straße gehen übrigens weiter! Und am 5. November findet in diesem Zusammenhang hier in Berlin eine bundesweite Großdemo statt. Vorbild ist der Sternmarsch am 3. Oktober vergangenen Jahres - Du erinnerst Dich? Wäre toll, wenn auch Du wieder dabei wärst

Wir sind gerade dabei, alle Vorbereitungen zu treffen.

Gute Nacht
bjk



Re: Der Wahlkrampf ist vorbei - jetzt nur noch Krampf?

Hallo, BJK!
Der 5.11.05 ist noch nicht mit einem Termin "ausgebucht", ich werde mir die Demo vormerken, um das Anliegen zu unterstützen.

Wie Du bereits richtig bemerkt hast, sind wir "Hinterwäldler" der West-Linken ziemlich gut aus dem BT-Wahlkampf hervorgegangen, - so gut wie Linke noch nie in der Oberpfalz punkten konnten:-))!
Ich erinnere mich an Prof. Dr. Dr. Armin Weiss, eine in jeder Hinsicht zu bewundernde Ikone des WAA-Widerstandes, er wurde , mit 3.5% in den Landtag als erster GRÜNER in BAyern gewählt.
Dieses Mal haben wir Linken in der Oberpfalz fast ausnahmslos das bayerische Durchsschnittsergebnis von 3.2% noch überboten und stehen daher mit 3.4 und 3.6 % ganz gut da.

Das mag für einige LeserInnen hier vermessen und hochtrabend klingen, aber eine Steigerung von 0.3% (2002) zu 3.6% (2005 - z.B. mein Ergebnis) ist schon mal eine gute Steilvorlage und das wird auch so in der Zwischenzeit respektiert.

Ich arbeite natürlich weiter für "HartzIV muß weg" bei Ver.di Weiden und im AK Erwerbslose, um die bisherigen Erfolge nicht nur zu halten, sondern auch noch zu erhöhen, - in dieser Woche ist mir übrigens ein weiterer Durchsetzungserfolg geglückt, von dem ich Dir noch gesondert berichten werde, um bei Euren Aktivitäten anzuschließen!

Wir haben in der letzten AK-Sitzung eine ganze Anzahl von Ideen für unsere politische Weiterarbeit beschlossen, - ich kann dazu nur sagen, "die in den ARGEs und AGENTUREN müssen sich warm anziehen".
Ausserdem haben wir seit dem "Wahlerfolg" auch einen ganz spontanen Mitgliederzuwachs, der natürlich als weitere Antriebsfeder nach innen und aussen wirkt.
Ich war auch bereit mind. 1 x monatl. zur "Anwendung" und "Umsetzung" vom SGBII (HartzIV)meine Erfahrungen und meinen Kenntnisstand direkt aus der Praxis in einer öffentlichen Veranstaltung zu referieren.
Man war zurecht der Meinung, daß noch zu wenig bekannt ist, wie mit dem Sozialgesetzbuch II (SGBII) die Axt an unsere demokratischen Grundprinzipien gelegt wurde, wie damit elementare Menschen- und Bürgerrechte des GGes unterminiert und umgangen werden und wie nahe diese Umsetzungspraxis, allein wegen des ultraweiten Ermessensspielraumes für jeden Sesselpfurzer, den Maßnahmerichtlinien und Ausführungsbestimmungen von vor 70 Jahren entsprechen.
Ich nenne als Beispiel nur die "Sippenhaft" und die "Zwangsarbeit", die über SGBII fröhliche Urständ´feiert!

Gruß
Baba Yaga