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Wiens 2.Türkenbelagerung

Wiens 2.Türkenbelagerung

Seit dem Tode Süleymans des Prächtigen im Jahre 1566 übten die Großwesire im Reich die Macht aus. Die Sultane waren nur mehr am Palastleben und nicht am Kriegführen interessiert, dies brachte eine Destabilisierung der Staatsstruktur mit sich. Der Verfall des Reiches wurde im Westen allerdings nicht wahrgenommen.

Nach der Einnahme Ungarns richteten die Osmanen dort 5 Paşalıks ein um ihre Machtstellung zu sichern. Die Habsburger setzten Maßnahmen gegen die unmittelbare Bedrohung durch die Osmanen an der Reichsgrenze. Sie siedelten sogenannte "Wehrbauern" in Kroatien an und bauten Festungen im Grenzgebiet aus, die mit Söldnern besetzt wurden.

Der ehrgeizige Großwesir Kara Mustafa Paşa , der der berühmten Familie der Köprülus sehr nahe stand, beschloß im Jahre 1682 einen Kriegszug gegen Kaiser Leopold I. Er wurde durch den ungarischen Magnaten Emmerich Graf Thököly, der von König Ludwig XIV mit Geld unterstützt wurde, in seinem Vorhaben bestärkt.

Alle Friedensbemühungen der Habsburger schlugen fehl und daher schlossen die Österreicher einen Allianzvertrag mit Johann III Sobieski, König von Polen , um bei einer möglichen Offensive der Osmanen gewappnet zu sein. Papst Innozenz XI war wesentlich am Zustandekommen der österreich-polnischen Allianz beteiligt.

Am 19. Oktober 1682 verließ eine Armee von 200.000 Mann mit 300 Geschützen Istanbul, überwinterte in Edirne und erreichte am 3. Mai 1683 Belgrad, wo Sultan Mehmed IV seinem Großwesir Kara Mustafa Paşa den Oberbefehl über das Heer übertrug. Dieser zog bis Stuhlweißenburg, wo eine Versammlung der Paşas abgehalten und Wien als Ziel dieses Feldzuges bekanntgegeben wurde. Die tatarische Vorhut, bestehend aus 40.000 Mann, überquerte die Raab und am 7. Juli kam es zu Gefechten bei Petronell. Am gleichen Tag verließ Kaiser Leopold I mit seiner Familie Wien und flüchtete nach Linz. Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg übernahm die militärische Führung in der Stadt.

Nach der ersten Türkenbelagerung des Jahres 1529 ließ Kaiser Ferdinand I die veralteten Befestigungsanlagen Wiens ausbauen. Die moderne Anlage umfaßte 12 durch Wälle (Kurtinen) verbundene Bastionen. Vor den Kurtinen befanden sich V-förmige Ravelins (von den Wienern Schanzl genannt) und das Glacis, welches der Verteidigung ein freies Schußfeld ermöglichte. Den Wienern standen 16.000 Soldaten zur Verfügung und die Kavallerie Herzog Karls V von Lothringen stand auf dem linken Donauufer bereit.

Tataren drangen bis ins Alpenvorland (Lilienfeld, Melk und Schottwien) vor, indem sie befestigte Orte umgingen. Sie plünderten und verwüsteten weite Landstriche, was sich für die Versorgung der osmanischen Truppen als Nachteil erwies.

Die Hauptarmee der Osmanen traf am 13. Juli in Schwechat ein und am nächsten Tag wurde die Zeltstadt halbkreisförmig zwischen St. Marx und Oberdöbling errichtet. Die Prunkzelte Kara Mustafas standen auf der heutigen Schmelz. Am 15. Juli forderten die Osmanen Graf Starhemberg zur Übergabe der Stadt auf. Als dieser ablehnte, begann der Belagerungskrieg.

Kara Mustafa konzentrierte seine Kräfte an der Burg- und Löwelbastei und dem dazwischen liegenden Burgravelin. Der Großwesir ließ Laufgräben ausheben mit deren Hilfe die Türken das Glacis geschützt überwinden konnten. Die türkische Artillerie feuerte unaufhörlich und die 310 Geschütze der Wiener schossen zurück, während die ersten Minen an der Burgkurtine explodierten.

Mit großer Hartnäckigkeit konnten die Verteidiger das Vordringen der Türken verzögern, bis schließlich am 4. und 8. September große Breschen in die Bastionen gesprengt wurden. Nach Sturmangriffen der Osmanen, die anfangs erfolgreich abgewehrt werden konnten, nahmen diese den Burgravelin und einige Tage später auch den Niederwall zwischen Löwel- und Burgbastei ein.

In Wien herrschten Nahrungsmittelknappheit und die Ruhr und es gab nur noch 4.000 kampfbereite Männer zur Verteidigung, Graf Starhemberg traf Vorbereitungen für einen Häuserkampf und die erschöpfte Wiener Bevölkerung hoffte auf ein baldiges Eintreffen des Entsatzheeres.

Am 15. August marschierte der polnische König Johann Sobieski mit seiner Armee von Krakau aus Richtung Wien. Die Donau konnte ungestört überquert werden, da Karl von Lothringen zuvor Thökölys Truppen und ein türkisches Hilfskorps beim Bisamberg geschlagen hatte. Sobieski vereinte sich mit den Truppen der Sachsen, den Kaiserlichen, den Bayern und den fränkisch-schwäbischen Reichstruppen bei Tulln. Das 70.000 Mann starke Entsatzheer näherte sich über die Berge des nördlichen Wienerwaldes der belagerten Stadt und stand am 12. September am Kahlenberg.

Der in polnischen Diensten stehende französische Ingenieur Dupont notierte in seinem Tagebuch folgendes:

Großer Gott! Welch ein Schauspiel bot sich unseren Augen vom Scheitel dieses Berges (heutiger Kahlen-, damals Schweinsberg) dar! Der ungeheure Raum von prächtigsten Zelten übersät, denn auch die Insel Leopoldstadt ist damit bedeckt. Das fürchterliche Gedonner aus den Feuerschlünden der feindlichen Batterien und die erwidernden Schüsse von den Stadtmauern erfüllen die Lüfte. Rauch und Flammen verhüllten die Stadt dergestalt, daß nur die Spitzen der Türme dazwischen sichtbar waren. Überdies aber breiteten sich 200.000 Osmanen in Schlachtordnung vor ihrem Lager in der Strecke von der Donau bis an die Gebirge aus, und weiter links von den Türken zogen ungezählte Tatarenhorden gegen die Höhen und Waldungen heran, ihrer Sitte gemäß in Haufen und Unordnung. All dies war in voller Bewegung und rückte gegen das christliche Heer vor.

Großwesir Kara Mustafa hatte es verabsäumt Infanterieeinheiten im Wienerwald zu stationieren. Obwohl er wußte, daß das Entsatzheer nahte, hatte er wahrscheinlich zu wenig einsatzfähige Soldaten zur Verfügung. Vermutlich wollte er in den Verschanzungen bei Nußdorf und Heiligenstadt einen Abwehrkampf führen. Die Verteidigungslinie der Türken konnte durchbrochen werden und besonders die Polen lieferten sich heftige Gefechte mit den Tataren bei Dornbach und am Schafberg. Nachdem der Truppenkern der Osmanen aufgerieben worden war, ergriffen die Türken überstürzt die Flucht. Sie sammelten sich bei Raab und zogen nach Belgrad ab, wo Kara Mustafa am 25. Dezember auf Befehl des Sultans erdrosselt wurde.

Das Reich der Habsburger brauchte lange Zeit um sich von der Verwüstung Niederösterreichs und dem Menschenraub durch die Türken zu erholen. Dennoch wurde durch diesen Sieg der Christen die schrittweise Zurückdrängung des osmanischen Machtbereichs in Europa eingeleitet.






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Re: Wiens 2.Türkenbelagerung

Da die Lage immer kritischer wurde und das Entsatzheer noch auf sich warten ließ Graf Starhemberg stieg jeden Tag zu seiner steinernen Bank im Nordturm hinauf um zu schauen, ob sie nicht schon im Anmarsch waren. Diese Bank heißt seither Starhembergbankerl und kann von den Besuchern besichtigt werden.
Er beschloss einen Kundschafter auszuschicken um eine Nachricht an Sobieski und Karl von Lothringen zu schicken, sich ja zu beeilen. Georg Michaelowitz ein Kaufmann mit türkischen Sprachkenntnissen wurde in türkische Kleider gesteckt, die Gefangenen abgenommen wurden und schlich sich in der Nacht durch das türkische Lager und traf das Entsatzheer jenseits der Donau. Sie besprachen die Lage und gaben dem Botschafter eine Nachricht für Starhemberg mit. In der Zwischenzeit sammelte sich Karl von Lothringen mit den kaiserlichen Truppen entlang der Donau bei Nussdorf und die Polen erklommen mit Waffen und Kanonen den jetzigen Leopoldberg. Es gab keine Straßen und alles musste mit Pferden und händisch transportiert werden, eine tolle kraftraubende Leistung. Sie hielten abends eine Feldmesse und baten Gott um Beistand. Sie schossen auch eine Rakete in den Himmel als Zeichen der Rettung, was von den Wienern mit Jubel zur kenntnis genommen wurde. Im Morgengrauen stürmten sie den Hang über das heutige Grinzing nach Wien, wo in der zweiten Flanke die Kaiserlichen angriffen. Auf der anderen Seite griff das restliche Entsatzheer an, das aus Bayern,Sachsen Braunschweigern und die Mehrzahl der Reichsstände bestand. Die völlig überraschten Türken wehrten sich heftig, waren aber orientierungslos und flohen, als sie merkten, dass sie nicht gewinnen würden, indem sie alles zurückließen, sogar die Fahne Mohammeds. Der 13. September war ein Glückstag für die Wiener. und der Sieg wurde auch bei den Gewinnern der Schlacht ausgiebig gefeiert und die reiche Beute aufgeteilt.

Es fanden sich auch Säcke mit Kaffee, die sich Michaelowitz und Kolschitzky ausbaten und ein Kaffeehaus gründeten. Laut Sage das erste Kaffeehaus Wiens. Doch es gab schon früher Kaffeesieder in unserer Stadt. Auch ein beliebtes Gebäck, das Kipferl wurde dem türkischen Halbmond nachempfunden..