Mein Name ist Brot von Wuschl
He du, Zeitungsmann, warum gehst du so achtlos an mir vorüber? Hast du mich nicht gesehen?"
"Hei, wer spricht mich denn hier an, ich kann niemanden entdecken!"
"Sieh dich um, ich lieg genau vor deinen Füßen. Beinahe hättest du mich breit gequetscht. Viele andere sind schon achtlos an mir vorbeigelaufen, manche haben sogar nach mir getreten."
"Ach, jetzt hab ich dich entdeckt. Was du bist, sehe ich, aber wer bist du und wie kann ich dich ansprechen?"
"Ich bin nur ein Butterbrot mit etwas Teewurst bestrichen. Eigentlich war ich als Pausenbrot gedacht, damit mein Eigentümer sich nach einem anstrengenden Unterricht in der Schule Stärkung verschaffe. Ich war sorgfältig von der Mutter des Kindes in einer knallgelben Brotbüchse verstaut worden, zusammen mit einigen Apfelstückchen. Mich hat das Kind wohl nicht gemocht und mich deshalb hier auf dem Gehweg aus der Büchse in den Schmutz fallen lassen, gleich neben dem Abfallbehälter. Einen eigentlichen Namen hab ich nicht, aber nenn mich einfach Brot."
"Deine Geschichte hört sich ja schrecklich an. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll."
"Weißt du, Zeitungsmann, Brot wirft man nicht weg. Nicht in einen Mülleimer und schon gar nicht so einfach auf die Straße. Aber wer soll mich denn jetzt noch essen? Ich bin schmutzig, Spatzen und Amseln haben schon an mir herumgepickt. Warum hat denn dieses Kind nicht gelernt, dass in der Welt unzählige Menschen und vor allem Kinder gibt, die nichts zu essen haben und für die schon ein Stück trockenes Brot Glück bedeutet."
"Höre Brot, dein Schicksal wiederholt sich wohl unzählige Male tagtäglich auf der Erde, wo Menschen im Überfluß leben und ein Stück Brot wie dich nicht mehr achten. Ich werde dich jetzt mitnehmen und wir werden zusammen diese Geschichte aufschreiben, so wie es mein Job verlangt und allen erzählen, wie es dir ergangen ist. Wir müssen den Kindern und auch den Erwachsenen erzählen, daß sie wieder Achtung haben davor, wie gut es uns geht! Auch wir können nicht: Alles haben! Alles kaufen! Alles wegschmeißen! Wir Menschen sollten uns daran erinnern, welche Mühe und Schweiß es gekostet hat, bis endlich das Brot auf dem Tisch liegt und wir es essen können."
"So werden wir es machen. Ich danke dir, Zeitungsmann, daß du trotzdem nicht achtlos an mir vorbeigegangen bist und ich dir mein Schicksal erzählen konnte."