GESTERN UND HEUTE - Regenten und Königshäuser

LUDWIGII

LUDWIGII

das schicksal des märchenkönigs ist das schicksal der wittelsbacher.
intelligent,künstlerisch begabt und überaus sensibel wandern sie an der grenze zwischen genie und wahnsinn.

Ein ewiges Rätsel will ich bleiben mir und anderen."

Diesem von Ludwig selber in einem Brief an eine Erzieherin festgelegten Ziel ist der junge König Zeit seines Lebens und sogar darüber hinaus treu geblieben.
Weder der charismatische Kronprinz, noch der glücklose, aber von seinem Volk verehrte König, konnte mit seinem starken Hang für das Legendäre und Mystische, seiner Sehnsucht nach einer anderen Identität und seinem Wunsch nach einer phantastischeren Welt wirklich verstanden werden.

Ludwig II hatte die Möglichkeiten, seine Visionen umzusetzen und hinterließ nach seinem rätselhaften, frühen Tode als Manifestation dieser Träume die heute von Touristen aus aller Welt besichtigten Märchenschlösser Herrenchiemsee, Linderhof und Neuschwanstein.

Ihm und seiner Unterstützung des Komponisten Richard Wagner verdanken wir Opern wie die berühmte "Der Ring des Niebelungen" und die Errichtung des Festspielhauses in Bayreuth - Ludwigs Einfluss auf die deutsche Musikgeschichte ist somit vermutlich stärker, als seine politischen Aktionen es je waren.

Als Märchenkönig bleibt Ludwig II den meisten Menschen in Erinnerung, als ein Sinnbild für eine vergangene, gute Zeit, und wird heute noch in Bayern ehrenvoll "der Kini" genannt.






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Re: LUDWIGII

Ludwig Friedrich Wilhelm von Wittelsbach wird am 25. August 1845 als ältester Sohn des Kronprinzen Maximilian II von Bayern und der Kronprinzessin Marie auf Schloss Nymphenberg geboren. 1848 dankt sein Großvater, Ludwig I. ab, wodurch Maximilian König und sein Sohn zum Kronprinzen wird.

Ludwigs Kindheit verläuft in geordneten Bahnen - er und sein Bruder Otto erhalten eine strenge, pflichtbetonte Erziehung ohne große emotionale Anteilnahme der Eltern. Seine Mutter, Marie von Preußen, belegt schon zu dieser Zeit die Neigung des Jungen zum Theaterspiel, zur Verkleidung sowie seine starke Phantasie und Freigiebigkeit.

Somit hat es für den jungen Prinzen eine besondere Bedeutung, als er 1861 zum ersten Mal die Opern "Tannhäuser" und "Lohengrin" von Richard Wagner erlebt - sie sind einer der Grundsteine für seine Liebe zu den darin verarbeiteten Sagen und Märchen und der Freundschaft zu dem Komponisten, den er, als Ludwigs Vater 1864 stirbt und sein Sohn zu Ludwig II von Bayern proklamiert wird, als König finanziell unterstützt.
1865 muss Richard Wagner jedoch den Königshof verlassen, da er damit beginnt, sich in die Regierungsgeschäfte einzumischen.

Ludwig selber sagt später, dass er zu früh und unvorbereitet auf den Thron gekommen ist, noch bevor er die Aufgaben eines Regenten wirklich beherrschte. Er ist erst 18 Jahre alt und hat wenig Lebens- und Politikerfahrung. Trotzdem wird der junge König von seinem Volk geliebt und vor allem von den Frauen schwärmerisch bewundert.




Re: LUDWIGII

Regent und Träumer
Ein Beweis für seine Unerfahrenheit mag sein, dass er sich 1866 an der Seite des Deutschen Bundes und Österreichs in den Krieg mit Preußen einschaltet, wobei er die Kriegsführung selber seinen Ministern überlässt. Er unterliegt und Bayern muss im Friedensvertrag seine Truppen dem preußischen Oberbefehl unterstellen sowie 30 Millionen Gulden an Kriegsentschädigung zahlen.


Bereits 1870 führt Ludwig erneut Krieg, diesmal an der Seite Preußens gegen Frankreich, und der preußische König wird zum Kaiser gekrönt - Ludwig erhält zum Ausgleich Zahlungen aus dem Welfenfond. Der junge König selber zieht sich immer mehr von der Außenwelt zurück, obwohl er weiter die Regierungsgeschäfte führt.

Nach der einzigen Bereisung seines Landes werden Ludwigs Schlösser für ihn zu der wirklichen Welt - er widmet sich zunehmend seinen Phantasien und deren Verwirklichung. Der Versuch, sich eine prallele Idealwelt aufzubauen, in der er selber dem verklärten mittelalterlichen Bild des von Gott berufenen, reinen Königs entsprechen kann, nimmt exzentrische Züge an. So lebt Ludwig II ab 1875 fast nur nachts und schläft am Tage. Auf nächtliche Schlittenfahrten geht er kostümiert in mittelalterlicher Gewandung.

Sein Idol ist vermutlich Parzival, der reinste der Ritter aus der Sage um König Artus, der durch seinen Glauben und seine Unschuld die Erlösung für sich selbst und seine Vorgänger findet. "Parsifal" ist auch der Name, mit dem Richard Wagner und andere Freunde den jungen König im privaten Kreis nannten - die gleichnamige Oper, die Wagner als sein letztes Werk 1877 begann, nimmt die Thematik um den Heiligen Gral und die Sehnsucht nach Erlösung auf.

Bereits 1869 hat Ludwig nach Plänen von Eduard Riedels den Grundstein für die Burg Hohenschwangau, das heutige Neuschwanstein, gelegt - es soll später eines der berühmtesten und märchenhaftesten Schlösser Deutschlands werden und weit über die Grenzen Europas hinaus berühmt. Ludwigs Ziel war es, das von ihm bewunderte Mittelalter durch dieses Bauwerk neu zu beleben.
1873 erwirbt Ludwig II die Herreninsel im Chiemsee und errichtet dort das Schloss Herrenchiemsee als ein neues Versaille.
1880 wird der Rohbau von Neuschwanstein fertig gestellt und Ludwig II kann es am 12. Dezember zum ersten Mal besuchen. Erst 1884 wird dann der Palas vollendet, so dass der König Mitte des Jahres dort eine Wohnung bezieht.




Re: LUDWIGII

Das Ende des Königs
Die enormen Bauprojekte finanziert Ludwig aus seiner Privatschatulle, die die entstehenden Kosten jedoch nicht decken kann. Jeden Kredit, der ihm gewährt wird, setzt Ludwig sofort in neue Bauvorhaben um. Als er 1886 beim Kabinett erneut die Bürgschaft für einen Kredit in Höhe von sechs Millionen Mark beantragt und dieser abgelehnt wird, beginnt der Stern des jungen Königs zu sinken.

Ludwigs Ministern gelingt es, den König durch Professor Bernhard von Gudden und drei weitere Ärzte ohne weitere Untersuchungen als "seelengestört" und "unheilbar" erklären zu lassen, obschon er als Regent weiter seine Pflichten erfüllt.
Die enorme Leidenschaft für seine Bauvorhaben - Ludwig drohte an, das Land zu verlassen oder sich zu töten, sollten die Schlösser zur Begleichung von Schulden gepfändet werden -, und seine exzentrische Lebensweise warfen andererseits ein zweifelhaftes Licht auf den König. Somit bleibt die Frage, inwieweit Ludwig II geistig zurechnungsfähig war, eines der vielen Rätsel.

Die Entmündigung erfolgt am 9. Juni 1886. Ludwig nimmt die Einsetzung seines Onkels Luitpold (sein eigener Bruder Otto wurde bereits 1875 als geisteskrank diagnostiziert und stand somit ohnehin nicht zur Wahl) als neues Staatsoberhaupt nicht widerspruchslos hin, zumal die bayerische Verfassung ein solches Vorgehen nicht vorsieht. Er wendet sich in einem Schreiben an sein Volk und fordert es auf, den geplanten Verrat an König und Vaterland zu vereiteln. Doch er hat damit keinen Erfolg. Zwar lässt Ludwig die Staatskommission, die ihn abholen will, am 10. Juni 1886 verhaften, bereits am 12. Juni wird er jedoch trotzdem von einer weiteren Staatskomission auf das Schloss Berg gebracht. Dort stirbt er am 13. Juni unter mysteriösen Umständen zusammen mit Professor Bernhard von Gudden im seichten Uferwasser des Starnberger Sees.

Wie diese Todesfälle passieren konnte, ist nie aufgeklärt worden. Der König galt als ein guter Schwimmer, somit liegt die Vermutung nahe, dass es sich nicht um einen Unfall handelte. Da es jedoch keine Zeugen gab und die beiden Ertrunkenen erst kurz vor Mitternacht von dem Schlossverwaltern Bernhard Huber gefunden wurden, wurde das Ableben König Ludwigs zu einer Art Mythos.
Am 19. Juni führt der Leichenzug König Ludwigs II durch München, die Beisetzung erfolgt in der Gruft der Michaelskirche, wobei eine Urne mit dem Herzen des Königs am 16. August in die Gnadenkapelle nach Altöttinger gebracht wird.

Da Ludwig II nie verheirat war - seine Verlobung mit Sophie, der Tochter des Erzherzogs Max, wurde 1867 geschlossen und noch im gleichen Jahr wieder gelöst -, hinterließ er keine Kinder. Sein wichtigstes Erbe sind - neben der Förderung für Richard Wagner - die Schlösser, allen voran Neuschwanstein.
Er wünschte sich, dass nie eines Fremden Auge die Schönheiten seines Refugiums betrachten sollte, doch nicht einmal zwei Monate nach seinem Tode wurde es für den öffentlichen Besucherverkehr geöffnet. Seitdem sind die Schlösser eine wichtige Touristenattraktion, die seit Ludwigs Tode mehr als 50 Millionen Menschen besucht haben.