Als Auslöser dieses Beitrags verwende ich mal ein Zitat eines schlauen Menschen:
Zitat: Rhoeni
Gott kann man nicht beleidigen, nur andere Menschen, die an einen Gott glauben.
Das ist wohl wahr und letztendlich braucht das auch keiner "bedenken", der Gott "lästert", weil er eben gar nicht "Gott" sondern den Menschen "beleidigen" will. All das, was wir als "Gotteslästerung" verkauft bekommen ist immer Reaktion beleidigter Menschen, es gibt sie nicht, die Gotteslästerung.
Auch was in den USA unter dem Titel "The Blasphemy Challenge" abgeht, hat weniger mit Gott zu tun, sondern mit den Menschen. Mit den Menschen, die ihre (oder wahlweise wenigstens irgendeine) Religion als einzig wahren Weg, als einzigen Lebenssinn oder zumindest als einzig lebenssinnstiftend ansehen.
Es geht darum, den Alleinanspruch von Religionen auf die Schaffung und Interpretation von Regeln zu negieren oder konterkarieren. Es geht um einen "Befreiungsschlag"
So schildert ein junger Mormone: "Ich konnte es mir nicht aussuchen. Ich wurde so erzogen. Mir wurde gesagt, das Mormonentum sei die einzig wahre Religion auf der ganzen Welt."
Er blickt in die Webcam und teilt dem Zuseher seine Erkenntnis mit: "Aber heute weiß ich, dass alle Religionen der Welt nur einen Zweck haben: Menschen zu kontrollieren." Vielen der großteils - aber nicht ausschließlich - jugendlichen Gesichter ist die Erleichterung anzusehen. Sie sind froh, sich endlich öffentlich zu ihrem Nichtglauben bekennen zu können. Craig Gillette etwa, der am Ende seines "Abschwörungs-Beitrags" zweimal ausruft: "Free at last!"
Die sich daran anschließende Frage jedoch ist, geht es darum, jemanden zu beleidigen? Für mich setzt eine Beleidigung voraus, dass es jemanden gibt, der beleidigt ist, sich mithin beleidigt fühlt. In diesem Zusammenhang ist meiner Meinung nach auch die Diskussion um und über die Aufführung von "Idomeneo" zu sehen. Bei der Uraufführung der Inszenierung gab es eine Menge harscher Kritiken und auch einige Proteste aus dem christlichen(!) Lager. Diese haben wir gar nicht wahrgenommen. Es hat auch niemanden interessiert, die Inszenierung war einfach zu schlecht, fand keine positive Resonanz und ganz ehrlich, wer kannte Idomeneo (nur allein das Wort, noch nichtmal das Werk) vor dem letztjährigen Aufruhr? Auch die neuerliche Aufführung des Werkes wäre vermutlich ebenso geräuschlos über die Bühne gegangen, wäre es nicht zu dieser ominösen "Terrorwarnung", der anschließenden Absetzung und der Diskussion über die Absetzung gekommen. (Wäre Günter Grass für diese Inszenierung verantwortlich gewesen, hätte man ihm, so unterstelle ich jetzt mal, eine geniale PR-Kampagne unterstellt.) Islam sells.
Hier ging es noch nicht einmal darum, was jemand fühlt, sondern darum, was jemand fühlen könnte.
Ein ähnliches Strickmuster lies sich übrigens auch bei dem Karikaturenstreit erkennen. In einer Diskussion, welche sich mit Witzen über Muslime und den Islam beschäftigte, las ich auch die These, dass Witze und Karikaturen nur dann wirklich gelungen seien, wenn es harsche Reaktionen der Karikierten gäbe. Und wieder sind wir an dem Punkt, wo sich jemand beleidigt fühlen muss oder auch nur beleidigt fühlen braucht, um Empörung, Gegenempörung, Diskussionen oder gar den Rechtsstaat (§ 166 StGB) auf den Plan zu rufen. (Als Absurdität empfinde ich übrigens auch die Einschränkung in Absatz 2 auf "im Inland bestehende". Über Voodoo darf sich jeder lustig machen, Kritik an der Entnahme von Reliquien aus dem Grabe eines Kardinals ist beleidigend.)
Zitat:
Es wäre also abzuwägen, ob man andere provoziert, die einem nichts zuleide getan haben. Nun könnte man einwenden, daß durch das Christentum und andere Religionen viel Gewalt in die Welt gebracht wurde. In der Regel ging es dabei um ganz handfeste ökonomische Interessen: Klostergüter, das Gold der Inkas und Azteken ...
Aber welchen Sinn soll es haben, deswegen heute lebende Mitmenschen anzugreifen, die ihren Glauben leben. Das wäre fast so, als würde man jedem ehemaligen DDR-Bürger unterstellen, er sei Vertreter einer Diktatur mit Mauer, Stacheldraht und Stasi, nur weil er dort gelebt hat.
Ganz davon abgesehen, dass es Letzteres in ähnlicher Form durchaus gibt, Hohmann in seiner Brandrede die Ungläubigen für alles Übel des 20. Jahrhunderts verantwortlich machte, Kardinäle, Bischöfe, Priester und auch normale Wald- und Wiesenchristen die Säkularisierung Europas als Ursache für den "Werteverfall" diagnostizieren, stellt es bereits eine Beleidigung religiöser Gefühle, mithin eine "Gotteslästerung" dar, wenn man ohne Glauben lebt? Entsteht das Problem erst dann, wenn man dies öffentlich bekundet? Oder doch erst, wenn man dies auch noch begründet? Oder werden religiöse Gefühle erst dann verletzt, wenn Glaubens-, Religions-, Gott- und Konfessionsfreie (Ich wehre mich in diesem Zusammenhang gegen die Verwendung des Wortes -los) ihr Unverständnis gegenüber Glauben, Glaubensinhalten, Religionen und deren Strukturen äußern?
Wer trifft letztendlich diese Entscheidung? Der sich beleidigt Fühlende?
Re: Kann man Gott lästern?
Hallo I.R.,
ich bringe hier einmal einen Auszug aus einem Artikel von Joachim Kahl, einem Dr.theol., der nach dreißigjährigem Überlegen aus der Kirche austrat
weil in ihm eine Unterscheidung getroffen wird, die mir im Zusammenhang mit "Gotteslästerung" als wichtig erscheint.
"Atheismus ist Gottesleugnung und klar zu unterscheiden von Gotteslästerung, Antitheismus, Neuheidentum und Agnostizismus: Gotteslästerung oder Blasphemie, fast so alt wie der Gottesglaube selbst, ist eine unreflektierte, emotionale Form der Religionskritik. Ein Gotteslästerer bleibt religiös fixiert. Statt Gott zu lieben, verflucht er ihn, weil er sich in seinen Hoffnungen enttäuscht sieht. Der Atheismus hingegen ist - jenseits von Gotteslob und Gotteslästerung - eine entwickeltere Stufe der Religionskritik.
Psychologisch und inhaltlich verwandt mit der eifernden Art der Gotteslästerung ist der Antitheismus, eine militante Art der Gottesbekämpfung. Während der Atheist lediglich Gott leugnet - ihn in seiner Existenz argumentativ bestreitet und als Phantom, als Phantasiegebilde entlarvt -, meint der Antitheist, "Gott" aktiv bekämpfen zu müssen. Antitheismus ist daher verbunden mit verbiestertem Religionshaß, mit hämischer Pfaffenfresserei."
Wäre an dieser Stelle zu ergänzen: Agnostizismus - das wäre die Denkhaltung jener, denen tiefere weltanschauliche Fragen nach dem, "was die Welt im innersten zusammenhält" eher fremd sind, die Religiösem weitgehend gleichgültig gegenüberstehen.
Als "Gotteslästerer" werden wohl diejenigen anzusehen sein, die in einer Atmosphäre aufgewachsen sind, die von Kirchlichkeit und Religiosität geprägt war. Sie meinen sich von dieser Welt distanzieren zu müssen, aus einer Protesthaltung heraus, deren Motive in Einzelfällen nachvollziehbar sein können, und provozieren heftig. Damit treten sie gläubigen Menschen vor das Schienenbein. Die meisten schütteln die Köpfe und gehen nach einer Weile wieder zur Tagesordnung über.
Für jemanden, der nicht an einen Gott glaubt und keine religiösen Bedürfnisse hat, steht die Frage der "Gotteslästerung" im leeren Raum, da es seiner Auffassung nach keinen Gott gibt, den das stören könnte. Aber es gibt sehr reale Menschen, die provoziert werden.
Es steht also die Frage, ob Gläubige Menschen und mit ihnen Leute, die solche Provokationen einfach als unpassend, makaber, häßlich empfinden, herausgefordert werden sollen. Es gibt Menschen, die selbst nicht religiös sind, aber mit denen, die sich unverschuldet provoziert fühlen. mitempfinden. Eben, weil es sich um Mitmenschen handelt, die man dann vielleicht auch persönlich kennt und schätzengelernt hat.
Ein nichtreligiöser Mensch, oder wie Du ihn nennen willst, hat aber in der Regel sehr wohl einen "Glauben" an etwas, nur eben an anderes, als die hier vorhandenen Kirchen oder anderen Religionsgemeinschaften vorgeben.
Dass "Atheisten" einem Staatswesen nicht schaden, hatte schon Pierre Bayle (1647-1706) zu einer Zeit behauptet, als Staat und Kirche keinerlei Abweichungen duldeten. Unter ihnen gibt es gute und schlechte Menschen wie unter den Gläubigen.
In der DDR gab es hunderttausende, wenn nicht Millionen Menschen, die schon in der zweiten oder dritten Generation nichts mehr mit Kirche und Religion zu tun hatten. Unter ihnen mag es viele der als "Agnostizisten" gekennzeichneten geben, die mit der religiösen Weltsicht nicht viel anzufangen wissen und denen es auch ziemlich egal ist, ob sie dann in einen Himmel oder sonstwohin kommen. Es hat niemand an sie herangetragen und sie werden sich fragen, wenn es einer tut: wofür denn? Sollen die Milliarde Chinesen oder die Bewohner der Südseeinseln und übriggebliebenen Wald-Indianer bestraft werden, weil sie nie etwas vom Gott der Christen und seiner Offenbarung gehört hat?
Es gibt unter den nichtreligiösen Menschen aus der DDR welche, und die müssen nicht in der herrschenden Partei gewesen sein, die meinen, das Wissen über die Religionen zur Kultur eines Menschen von heute gehört. Man versteht sonst nicht die Feinheiten und Schönheiten von Schöpfungen in Literatur, Kunst und Musik. Um damit auf den "Idomeneo" zu kommen. Ich habe mir die Aufführung 1978 in der Berliner Staatsoper angesehen. Es geht um den "aufgeklärten Herrscher" (Joseph II., der ja auch die Theater in Wien finanzierte) wie in der "Zauberflöte", nur geht es im "Idomeneo" ernst zu, und es fehlt der Klamauk um Papageno und Papagena (ein Mords-Libretto, das Schikaneder & Co. im Vollrausch verbrochen haben müssen ) -
was sollen da um Himmels willen, abgeschlagene Köpfe von Religionsstiftern? Wollte der Regisseur mit solchen Mätzchen bisher Uninteressierte anlocken? Opernliebhaber lassen ihr Geld lieber stecken, wenn sie wissen, daß das Stück so verhunzt wird, und hören sich lieber am heimeligen Kamin eine CD an. Und dann hatte man den Salat. Was hätte es den Regisseur gekostet, die Szene mit den Köpfen stillschweigend herauszunehmen? Es ging dann schon längst nicht mehr um Mozart und seine damalige Botschaft. Die "Türken" in seiner "Entführung aus dem Serail" kommen auch als Karikatur daher, und jeder wußte, wer damit in Wien um 1790 gemeint war. Kein heutiger türkischer Mitbürger in Berlin würde sich an der "Entführung" stoßen, weil dort ein "Bassa" böse ist und nicht galant mit den Frauen umgeht. Albernes, pseudo-fortschrittliches, spätpubertär-bockiges Gehabe, das die Frage aufkommen läßt, ob die in Berlin (Streit um drei subventionierte Opern) denn ansonsten keine echten Probleme weiter hätten.
Um auf die aus der DDR kommenden nichtreligiösen Menschen zurückzukommen. Die meisten wollen in Ruhe gelassen werden. Die überwiegende Mehrzahl von ihnen will nicht für irgendeinen "Atheismus" missionieren. Sie wollen nicht, dass ihre Kinder Kulthandlungen vornehmen, viele meinen aber, dass es sehr notwendig ist, Wissen über die Religionen (nicht nur über das Christentum) zu erwerben. Wer meint, daß der "Unglaube" im Osten alle Schlechtigkeiten, Neonazis, Fußballhooligans usw. hervorgebracht hat, möge das auf seine Kappe nehmen. Es gibt jedenfalls Studien, die belegen, dass auch unter nichtreligiösen Menschen die Sorge um den Nächsten, Einfühlsamkeit für die Mitmenschen sehr stark verbreitet sind. Kann ich heraussuchen.
Literaturtip von mir: Gerhard Streminger 1992 über das Theodizee-Problem. Das jeder bekommt, der einen christlichen Gott verteidigen will, wenn diesem die Eigenschaften "Allmächtig. Allgütig. Allwissend" zugeschrieben werden. Wie das gemacht wird, ist nicht das Problem der nichtreligiösen Menschen. Man kann resignieren und mit Blick auf das Böse in der Welt sagen, dass unbegreiflich ist, was da beschert wurde. Es gibt Leute, die dann dem Übel noch einen positiven Sinn zuschreigben. Die mögen diesen Sinn einer Mutter erklären, deren Kind an - sagen wir in unseren Breiten - "plötzlichem Kindstod" gestorben ist.
Man kann auf verschiedenen, dornenvollen Wegen zu einem erfüllten Leben gelangen, mit Religion oder ohne.
Viele Grüße
Rhoeni
Re: Kann man Gott lästern?
Zitat: Rhoeni
Hallo I.R.,
ich bringe hier einmal einen Auszug aus einem Artikel von Joachim Kahl, einem Dr.theol., der nach dreißigjährigem Überlegen aus der Kirche austrat
weil in ihm eine Unterscheidung getroffen wird, die mir im Zusammenhang mit "Gotteslästerung" als wichtig erscheint.
"Atheismus ist Gottesleugnung und klar zu unterscheiden von Gotteslästerung, Antitheismus, Neuheidentum und Agnostizismus: Gotteslästerung oder Blasphemie, fast so alt wie der Gottesglaube selbst, ist eine unreflektierte, emotionale Form der Religionskritik. Ein Gotteslästerer bleibt religiös fixiert. Statt Gott zu lieben, verflucht er ihn, weil er sich in seinen Hoffnungen enttäuscht sieht. Der Atheismus hingegen ist - jenseits von Gotteslob und Gotteslästerung - eine entwickeltere Stufe der Religionskritik.
Psychologisch und inhaltlich verwandt mit der eifernden Art der Gotteslästerung ist der Antitheismus, eine militante Art der Gottesbekämpfung. Während der Atheist lediglich Gott leugnet - ihn in seiner Existenz argumentativ bestreitet und als Phantom, als Phantasiegebilde entlarvt -, meint der Antitheist, "Gott" aktiv bekämpfen zu müssen. Antitheismus ist daher verbunden mit verbiestertem Religionshaß, mit hämischer Pfaffenfresserei."
Wäre an dieser Stelle zu ergänzen: Agnostizismus - das wäre die Denkhaltung jener, denen tiefere weltanschauliche Fragen nach dem, "was die Welt im innersten zusammenhält" eher fremd sind, die Religiösem weitgehend gleichgültig gegenüberstehen.
Als "Gotteslästerer" werden wohl diejenigen anzusehen sein, die in einer Atmosphäre aufgewachsen sind, die von Kirchlichkeit und Religiosität geprägt war. Sie meinen sich von dieser Welt distanzieren zu müssen, aus einer Protesthaltung heraus, deren Motive in Einzelfällen nachvollziehbar sein können, und provozieren heftig. Damit treten sie gläubige Menschen vor das Schienenbein. Die meisten schütteln die Köpfe und gehen nach einer Weile wieder zur Tagesordnung über.
Für jemanden, der nicht an einen Gott glaubt und keine religiösen Bedürfnisse hat, steht die Frage der "Gotteslästerung" im leeren Raum, da es seiner Auffassung nach keinen Gott gibt, den das stören könnte. Aber es gibt sehr reale Menschen, die provoziert werden.
Es steht also die Frage, ob gläubige Menschen und mit ihnen auch Leute, die solche Provokationen einfach als unpassend, makaber, häßlich empfinden, herausgefordert werden sollen. Es gibt Menschen, die selbst nicht religiös sind, die aber mit denen, die sich unverschuldet provoziert fühlen, mitempfinden. Eben, weil es sich um Mitmenschen handelt, die man dann vielleicht auch persönlich kennt und schätzengelernt hat.
Ein nichtreligiöser Mensch, oder wie Du ihn nennen willst, ein "konfessionsfreier", hat aber in der Regel sehr wohl einen "Glauben" an etwas, nur eben an anderes, als die hier vorhandenen Kirchen oder anderen Religionsgemeinschaften vorgeben. Glauben steht hier für das, was man sich nicht erklären kann, was unbegreiflich bleibt. Es gibt dann Übereinkünfte, mit diesen noch unerklärbaren Dingen umzugehen. Manches wird man vielleicht noch begreifen, manches nicht mehr. Man glaubt an den Menschen (trotz alledem), an Güte, an die Schönheit einer Natur, die ja nicht extra für den Menschen erschaffen wurde, sondern ewig so weiterexistieren wird, auch wenn es keine Menschen mehr gibt. Bis dann der Planet platzt.
Nichtgläubige Menschen haben auch das Bedürfnis nach Trost, nach einem Weiterleben dessen, was sie geschaffen haben. Ein Kind gezeugt oder geboren, Bäume gepflanzt, Bücher geschrieben, für andere da gewesen zu sein und in deren Gedächtnis weiterzuleben. Wen kümmert es, dass sie selbst annehmen, mit dem Tode sei erst einmal Schluß? Das heißt doch nicht, dass sie sich nicht auch sehr intensvi mit der Problematik des Todes auseinandergesetzt haben. Nur eben anders als die Gläubigen.
Dass "Atheisten" einem Staatswesen nicht schaden, hatte schon Pierre Bayle (1647-1706) zu einer Zeit behauptet, als Staat und Kirche keinerlei Abweichungen duldeten. Unter ihnen gibt es gute und schlechte Menschen, wie unter den Gläubigen.
In der DDR gab es hunderttausende, wenn nicht Millionen Menschen, die schon in der zweiten oder dritten Generation nichts mehr mit Kirche und Religion zu tun hatten. Unter ihnen mag es viele der als "Agnostizisten" gekennzeichneten geben, die mit der religiösen Weltsicht nicht viel anzufangen wissen und denen es auch ziemlich egal ist, ob sie dann in einen Himmel oder sonstwohin kommen. Es hat niemand an sie herangetragen und sie werden sich fragen, wenn es einer tut: wofür denn? Sollen die Milliarde Chinesen oder die Bewohner der Südseeinseln und übriggebliebenen Wald-Indianer bestraft werden, weil sie nie etwas vom Gott der Christen und seiner Offenbarung gehört hat?
Es gibt unter den nichtreligiösen Menschen aus der DDR welche, und die müssen nicht in der herrschenden Partei gewesen sein, die meinen, das Wissen über die Religionen zur Kultur eines Menschen von heute gehört. Man versteht sonst nicht die Feinheiten und Schönheiten von Schöpfungen in Literatur, Kunst und Musik. Um damit auf den "Idomeneo" zu kommen. Ich habe mir die Aufführung 1978 in der Berliner Staatsoper angesehen. Es geht um den "aufgeklärten Herrscher" (Joseph II., der ja auch die Theater in Wien finanzierte) wie in der "Zauberflöte", nur geht es im "Idomeneo" ernst zu, und es fehlt der Klamauk um Papageno und Papagena (ein Mords-Libretto, das Schikaneder & Co. im Vollrausch verbrochen haben müssen ) -
was sollen da um Himmels willen, abgeschlagene Köpfe von Religionsstiftern? Wollte der Regisseur mit solchen Mätzchen bisher Uninteressierte anlocken? Opernliebhaber lassen ihr Geld lieber stecken, wenn sie wissen, daß das Stück so verhunzt wird, und hören sich lieber am heimeligen Kamin eine CD an. Und dann hatte man den Salat. Was hätte es den Regisseur gekostet, die Szene mit den Köpfen stillschweigend herauszunehmen? Es ging dann schon längst nicht mehr um Mozart und seine damalige Botschaft. Die "Türken" in seiner "Entführung aus dem Serail" kommen auch als Karikatur daher, und jeder wußte, wer damit in Wien um 1790 gemeint war. Kein heutiger türkischer Mitbürger in Berlin würde sich an der "Entführung" stoßen, weil dort ein "Bassa" böse ist und nicht galant mit den Frauen umgeht. Albernes, pseudo-fortschrittliches, spätpubertär-bockiges Gehabe, das die Frage aufkommen läßt, ob die in Berlin (Streit um drei subventionierte Opern) denn ansonsten keine echten Probleme weiter hätten.
Um auf die aus der DDR kommenden nichtreligiösen Menschen zurückzukommen. Die meisten wollen in Ruhe gelassen werden. Die überwiegende Mehrzahl von ihnen will nicht für irgendeinen "Atheismus" missionieren. Sie wollen nicht, dass ihre Kinder Kulthandlungen vornehmen, viele meinen aber, dass es sehr notwendig ist, Wissen über die Religionen (nicht nur über das Christentum) zu erwerben. Wer meint, daß der "Unglaube" im Osten alle Schlechtigkeiten, Neonazis, Fußballhooligans usw. hervorgebracht hat, möge das auf seine Kappe nehmen. Es gibt jedenfalls Studien, die belegen, dass auch unter nichtreligiösen Menschen die Sorge um den Nächsten, Einfühlsamkeit für die Mitmenschen sehr stark verbreitet sind. Kann ich heraussuchen.
Literaturtip von mir: Gerhard Streminger 1992 über das Theodizee-Problem. Das jeder bekommt, der einen christlichen Gott verteidigen will, wenn diesem die Eigenschaften "Allmächtig. Allgütig. Allwissend" zugeschrieben werden. Wie das gemacht wird, ist nicht das Problem der nichtreligiösen Menschen. Man kann resignieren und mit Blick auf das Böse in der Welt sagen, dass unbegreiflich ist, was da beschert wurde. Es gibt Leute, die dann dem Übel noch einen positiven Sinn zuschreigben. Die mögen diesen Sinn einer Mutter erklären, deren Kind an - sagen wir in unseren Breiten - "plötzlichem Kindstod" gestorben ist.
Man kann auf verschiedenen, dornenvollen Wegen zu einem erfüllten Leben gelangen, mit Religion oder ohne.
Viele Grüße
Rhoeni
Re: Kann man Gott lästern? o.T.
Re: Kann man Gott lästern?
Weiß jemand, wie man den ersten Text und den letzten wieder wegbekommt, und kann und darf das jemand?
Dann soll er es bitte machen.
Natürlich kann man dabei auch mal in die "Werkstatt" von Rhoeni sehen (wie sich seine Texte erweitern), aber viel Neues bringt das nicht. Seine technische Unbeholfenheit dürfte sich herumgesprochen haben.
Re: Kann man Gott lästern?
hi rhoeni, da man in diesem forum nicht editieren kann, kannst du nur hoffen, dass sich der admin deiner erbarmt. allerdings wird hier ja nicht gelöscht, es sei denn, es wird gelöscht. zum thema: klar, kann man gott lästern. ob er sichs gefallen lässt, ist eine andere frage
hei-ho, hei-ho, ich bin vergnügt und froh :-)))
Re: Kann man Gott lästern?
Hallo Rhoeni,
Der IKBA ist mir durchaus bekannt, auch diskutiere ich gern und lebhaft mit Atheisten, Christen, Agnostikern und allen, die irgendwo dazwischen liegen.
Nicht ganz konform mit Kahl gehe ich bezüglich der Formulierung "Gott leugnen", dies ist meiner Meinung nach eine deutlich vom theistischen Standpunkt ausgehende Formulierung. Kann man Nichtexistentes leugnen?
Das ist in etwa vergleichbar mit der Formulierung "Gottlos, konfesssionslos etc., welche teilweise im Amtsgebrauch verwendet werden.
Ich kann arbeitslos sein oder mittellos, manchmal wird auch gern die Bezeichnung "hirnlos" verwendet. All das zeigt an, dass man etwas nicht besitz, was besser besessen werden sollte, zumindest bei arbeitslos und mittellos wird dies von den Betreffenden stets als Einschränkung begriffen und so werden diese Formulierungen allgemein auch verstanden.
Deshalb bestehe ich auf gottfrei, religionsfrei, konfessionsfrei, weil ich eben auch beschwerdefrei bin. Auch Du wirst es genossen haben, wenn Du nach einer Verletzung schmerzfrei warst, was eben doch etwas völlig anderes ist als schmerzlos.
Zitat: Rhoeni
Für jemanden, der nicht an einen Gott glaubt und keine religiösen Bedürfnisse hat, steht die Frage der "Gotteslästerung" im leeren Raum, da es seiner Auffassung nach keinen Gott gibt, den das stören könnte. Aber es gibt sehr reale Menschen, die provoziert werden.
Es steht also die Frage, ob Gläubige Menschen und mit ihnen Leute, die solche Provokationen einfach als unpassend, makaber, häßlich empfinden, herausgefordert werden sollen. Es gibt Menschen, die selbst nicht religiös sind, aber mit denen, die sich unverschuldet provoziert fühlen. mitempfinden. Eben, weil es sich um Mitmenschen handelt, die man dann vielleicht auch persönlich kennt und schätzengelernt hat.
Deshalb ja auch meine Frage, ob es darum geht, ob diese Menschen tatsächlich provoziert werden oder sich nur provoziert fühlen. Es gibt eine Reihe von Gläubigen, denen schon jeder Mensch ein Dorn im Auge ist, der nicht glaubt oder dies nicht im Sinne der jeweiligen Religion/Konfession tut. Wo ist hier eine akzeptable Grenzlinie zu ziehen? Ist es eine Provokation, wenn ein Atheist darlegt, dass Theisten die Wahrheit (noch) nicht erkannt haben oder sich dieser Erkenntnis verweigern?
Zitat: Rhoeni
Ein nichtreligiöser Mensch, oder wie Du ihn nennen willst, hat aber in der Regel sehr wohl einen "Glauben" an etwas, nur eben an anderes, als die hier vorhandenen Kirchen oder anderen Religionsgemeinschaften vorgeben.
Nein, Rhoeni, er hat eben keinen Glauben. Wenn Du einen Alkoholiker umgangssprachlich als Trinker bezeichnest, dann lässt Du sicher nicht gelten, wenn dieser sagt, Antialkoholiker sind auch Trinker, die trinken nur was anderes.
Oder um es mit dem m.M. nach sinnigsten Spruch zu sagen: Wenn Atheismus ein Glauben ist, dann ist Glatze eine Haarfarbe.
Zitat: Rhoeni
Sollen die Milliarde Chinesen oder die Bewohner der Südseeinseln und übriggebliebenen Wald-Indianer bestraft werden, weil sie nie etwas vom Gott der Christen und seiner Offenbarung gehört hat?
Irgendwo sah ich mal eine Karikatur, auf der der Eskimo den Missionar sinngemäß fragt: Wenn ich nicht an Jesus glaube, obwohl ich von ihm weiß, dann komme ich in die Hölle?
Missionar: "Richtig"
Eskimo: "Aber wenn ich nicht an Jesus glaube, weil ich nichts von ihm weiß, komme ich nicht in die Hölle?"
Missionar: "Richtig"
Eskimo: "Warum hast Du mir dann von ihm erzählt?"
Zitat: Rhoeni
Es gibt unter den nichtreligiösen Menschen aus der DDR welche, und die müssen nicht in der herrschenden Partei gewesen sein, die meinen, das Wissen über die Religionen zur Kultur eines Menschen von heute gehört. Man versteht sonst nicht die Feinheiten und Schönheiten von Schöpfungen in Literatur, Kunst und Musik.
Hauptsächlich versteht man eine Menge Gags von Jürgen von der Lippe nicht.
Wissen über Religion gehört m.E. zur Bildung und damit meine ich ehrlich mehr Wissen, als in der DDR vermittelt wurde. Allerdings auch deutlich mehr Wissen, als in Deutschland und speziell im Religionsunterricht vermittelt werden.
Zitat: Rhoeni
Albernes, pseudo-fortschrittliches, spätpubertär-bockiges Gehabe, das die Frage aufkommen läßt, ob die in Berlin (Streit um drei subventionierte Opern) denn ansonsten keine echten Probleme weiter hätten.
So sehe ich das auch, aber erkläre das den Leuten, die ebenjene Enthauptungsszene als deutsches (Leit-)Kulturgut ansahen.
Zitat: Rhoeni
Um auf die aus der DDR kommenden nichtreligiösen Menschen zurückzukommen. Die meisten wollen in Ruhe gelassen werden. Die überwiegende Mehrzahl von ihnen will nicht für irgendeinen "Atheismus" missionieren. Sie wollen nicht, dass ihre Kinder Kulthandlungen vornehmen, viele meinen aber, dass es sehr notwendig ist, Wissen über die Religionen (nicht nur über das Christentum) zu erwerben.
Die überwiegende Mehrzahl der Atheisten will überhaupt nicht missionieren. Es mehren sich aber die Stimmen jener, welche sich gegen alltägliche Missionierungen zur Wehr setzen wollen. Dies ist kein militanter Antireligionskampf, jener würde sicher zu einer grösseren Einheit und stärkeren Stimme führen, als dies beim IBKA der Fall ist. Die meisten Atheisten haben ja auch kein Problem mit Religionen, wollen diese auch keineswegs bekämpfen, lediglich die Macht der Religionen sollte wirksam eingeschränkt werden.
Ich hatte es sicherlich schonmal geschrieben, es gibt eine Menge einschlägiger Merkmale, nach welchen man Deutschland gut und gerne einen Gottesstaat nennen könnte. Einzig die Strafen für den Glaubensabfall sind es, die uns von anderen Gottesstaaten gravierend unterscheiden.
Zitat: Rhoeni
Die mögen diesen Sinn einer Mutter erklären, deren Kind an - sagen wir in unseren Breiten - "plötzlichem Kindstod" gestorben ist.
Hatte ich von der jungen Frau berichtet, der genau dies durch einen Gläubigen widerfuhr? Diese kann man mittlerweile mit Fug und Recht als Antitheistin bezeichnen, ich habe mächtig Verständnis für sie.
Möge jeder nach seiner Fasson glücklich werden, wer mir oder gar der Trulle mit Hölle oder Gottes Rache drohen möchte, der wird wahlweise ausgelacht oder Ärger bekommen. Die Wahl überlasse ich dem Drohenden.
Re: Kann man Gott lästern?
Zitat: brummbär
zum thema: klar, kann man gott lästern. ob er sichs gefallen lässt, ist eine andere frage
hei-ho, hei-ho, ich bin vergnügt und froh :-)))
Ärger oder auslachen?
Re: Kann man Gott lästern?
Hallo I.R.,
heute morgen etwas kürzer, und mein ewiger Kampf mit der Technik erlaubt auch keine ausgiebige Nutzung der Zitierfunktion, die anderen in Fleisch und Blut übergegangen ist.
"Gottesleugner" - in dem Sinne, der sagt irgendwann: "Es gibt keinen Gott." Und er ist dabei nicht allein.
Würde mal sagen, dass dann eine Reaktion auf diesen Satz von - Menschen - kommt und nicht von irgendwelchen anderen Wesen, wenn er ihn nicht zu Eskimos oder Chinesen gesagt hat, und wenn er ihn so gesagt hat, dürfte die Reaktion von Leuten kommen, die deutsch verstehen. Oder wenn keine Reaktion kommt, hat er waschechte Agnostiker in der Nähe.
Dann mal abwarten, was passiert. Es gibt noch Leute, die alle Übel, die dem Gottesleugner dann widerfahren, auf seinen Unglauben zurückführen.
Wenn man sich auf Debatten über diese Frage einläßt, spielt eine große Rolle, wie stark man sich persönlich betroffen fühlt. Sie wird für jemanden vor allem dann zum Problem, wenn an ihn und seine Angehörigen etwas herangetragen wird, das er nicht gewöhnt ist. In welcher Weise Du Dich durch gewisse Zumutungen von christlicher Seite betroffen fühlst, ging aus Deinen Beiträgen der zurückliegenden Zeit hervor (wenn man weiß, mit wem man es zu tun hat), ganz deutlich in Deinem letzten von gestern abend.
Du willst unterscheiden zwischen Betroffen fühlen und betroffen sein? Wenn sich jemand getroffen fühlt, dann ist er es auch. Weil es ja um Menschen geht.
Verständlich ist die Situation, wenn man in einer hoffnungslosen Minderheitenposition ist, wenn man es mit einer Mehrheit zu tun hat, die von frühester Kindheit an nichts anderes kennengelernt, also in unseren Breiten: Christ der einen oder anderen Konfession zu sein.
Nun muß man sich darauf einrichten, mit welchen Menschen man zusammenlebt. In W., wo ich jetzt lebe, bin ich mir ziemlich im klaren darüber, mit meiner Position ziemlich allein auf weiter Flur zu sein. Da mir aber von den Leuten hier vor allem Freundlichkeit bis hin zu Herzlichkeit entgegengebracht wird (das war auch in diesem Forum der Fall), will man diese Gefühle nach Möglichkeit erwidern. Hier folgt man dem Prinzip, dass Religion Privatsache ist. Und ich sehe keine Veranlassung, irgendjemanden, der das nicht will, Da mein Sohn aus dem Gröbsten heraus ist und schon studiert, fühle ich mich von der Seite her schon nicht mehr betroffen.
Der Anlass, dass ich mich im vorigen Jahr hier eingeschaltet habe, waren dumme Sprüche über Jesus, von denen ich wußte, daß sie gerade eine Person in diesem Forum verletzen würden. hinterher hat sich herausgestellt, dass das mit irgendwelchen Intrigen hinter der Bühne verbunden war, mit denen ich nichts zu tun hatte.
Wenn ich die "Idomeneo"-Provinzposse in Berlin nunmehr aus einiger räumlicher Entfernung betrachte, tun mir vor allem die Steuergelder leid, die für den Personenschutz nach der Wiederaufnahme der Aufführung ausgegeben wurden. Was wäre aber gewesen, wenn wirklich ein Irrer im Theater zugeschlagen hätte, wie bei der Eröffnung des Berliner Hauptbahnhofes - einer von ihren Ausmaßen her noch schlimmere Provinzposse mit herumfliegenden tonnenschweren Teilen - der Typ, der mehr als 30 Menschen, darunter einen Aids-Infizierten, mit einem Messer schwer verletzte? Jetzt könnte man noch auf Fragen Kirchensteuer, Volksbildung und die Eidesformel im Parlament kommen - alles Ebenen des Aushandelns, bei denen sich Konfessionslose in einer hoffnungslosen Minderheitenposition befinden.
Hier im Philosophie-Teil ist aber die Gretchenfrage berührt worden. Und da ist es in letzter Zeit vor allem die Theodizee-Problematik, die mich auch beruflich beschäftigt, die man in deutschen Territorien ziemlich genau mit dem Jahr 1710 als solche bezeichnet. Leibniz ließen die bohrenden Fragen der schon 1705 verstorbenen Königin von Preußen keine Ruhe. Und Leibniz verfasste als Antwort auf die Frage, wo denn das Übel in der Welt herkomme, in französischer Sprache eine Schrift, in der davon die Rede war: Wenn Gott (allmächtig, allwissend, allgütig) die Auswahl hatte, wie die Welt beschaffen sein müßte, die er erschaffen wollte, so hat er - trotz alledem - die beste aller möglichen Welten geschaffen. Sprachs, und dann kam 1755 das Erdbeben von Lissabon, das in wenigen Minuten mehr als 30.000 Menschenleben forderte. Protestantische Prediger, wie Melchior Goeze in Hamburg, schämten sich nicht, von der Kanzel zu verkünden, dass das den Portugiesen widerfahren wäre, weil sie Katholiken, also Ketzer sein. Diese Rückzugsgefechte, trotz aller Übel noch die Güte Gottes annehmen zu wollen, wurden spätestens nach Auschwitz monströs. Es gibt da verschiedene Varianten. Daher der Verweis auf das Buch von Streminger 1992.
Ich sehe wie Du auch nur einen Ausweg aus dem Dilemma.
Wenn Gott voraussehen konnte, was sich seine Geschöpfe gegenseitig angetan haben, warum hat er nicht an einem bestimmten Punkte eingegriffen, also beim Holocaust ... Damit kann meines Erachtens ein Mensch nicht klarkommen, der den christlichen Gott als "Allgütig" und "Allmächtig" ansieht. Die Juden und Muslime schreiben ihm ja erst gar nicht diese Eigenschaft zu. Da bleibt nur übrig, anzunehmen, dass Gottes Wege unerforschlich sind und er sich doch dabei irgendetwas gedacht haben muß. Das zu klären, möchte ich eigentlich, im Falle des Holocaust und anderer menschlicher Scheußlichkeiten, den Theologen überlassen, aber da kann schon Bitterkeit aufkommen.
Denn man weiß, wie kurz das Leben ist, zu kurz, um sich auf Erden mit derartigen unlösbaren Rätseln herumzuschlagen, wenn eine andere Annahme näherliegt. Die einen nicht zu ängstigen braucht. Dass das alles Menschenwerk ist und unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen zustande kam.
Es braucht nicht zu ängstigen, dass man mit seiner Zivilisation mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit allein im Weltall herumschwebt, und wenn man etwas auf Erden vollbracht hat, dann kann man sich auch in die Vorstellung fügen, dass das eigene Leben endlich ist, weil wir wie die Tiere und Pflanzen nur ein begrenztes natürliches Lebensreservoir haben. Diese Vorstellung ist freilich die schlimmste, eine ungeheuere Zumutung an einen Menschen. Aber darum kommt man nicht herum. Wem die Religion dabei hilft, mit dieser Vorstellung klarzukommen, bitte.
Die Frage ist, wann man, in welcher Öffentlichkeit, man mit seiner Meinung gegenüber wem heraustritt. Andere mögen beurteilen, aus welchen Motiven heraus man das gerade jetzt tut.
Viele Grüße
Rhoeni
Re: Kann man Gott lästern?
Zitat: Rhoeni
Hallo I.R.,
heute morgen etwas kürzer, und mein ewiger Kampf mit der Technik erlaubt auch keine ausgiebige Nutzung der Zitierfunktion, die anderen in Fleisch und Blut übergegangen ist.
"Gottesleugner" - in dem Sinne, der sagt irgendwann: "Es gibt keinen Gott." Und er ist dabei nicht allein.
Wie gesagt, aus der Perspektive derer, für die Gott und dessen Existenz in irgendeiner Form selbstverständlich ist. Wie absurd dies ist, merken wir dann, wenn wir jeden Nicht-Pastafarianer als Gottesleugner bezeichnen würden, weil er nicht an die Existenz des fliegenden Spaghettimonsters glaubt. Oder eben alle Menschen sind Gottesleugner, weil kein Mensch an alle jemals erfundenen Götter glaubt, glauben kann (oder darf, weil ein eifersüchtiger Gott die verbietet) Insofern entscheidet einen Atheisten vom Christen, dass bei dem Atheisten die Anzahl der "geleugneten" Götter um 1 größer ist, als die Anzahl der durch Christen geleugnete.
Zitat: Rhoeni
Würde mal sagen, dass dann eine Reaktion auf diesen Satz von - Menschen - kommt und nicht von irgendwelchen anderen Wesen, wenn er ihn nicht zu Eskimos oder Chinesen gesagt hat, und wenn er ihn so gesagt hat, dürfte die Reaktion von Leuten kommen, die deutsch verstehen. Oder wenn keine Reaktion kommt, hat er waschechte Agnostiker in der Nähe.
Das ist es, worin nicht nur wir beide, sondern auch eine große Anzahl derer, die in der Statistik irgendeiner Konfession geführt werden (komme bei den Mehrheitsverhältnissen noch darauf), einig sind.
Zitat: Rhoeni
Dann mal abwarten, was passiert. Es gibt noch Leute, die alle Übel, die dem Gottesleugner dann widerfahren, auf seinen Unglauben zurückführen.
Oder umgekehrt den Fund eines besonders schönen Exemplars von Sparassis crispa als Fügung Gottes zum insgeheimen, nur Gott im Gebet anvertrauten Vorhaben, eine schmackhafte Kartoffelsuppe kochen zu wollen.
Zitat: Rhoeni
Wenn man sich auf Debatten über diese Frage einläßt, spielt eine große Rolle, wie stark man sich persönlich betroffen fühlt. Sie wird für jemanden vor allem dann zum Problem, wenn an ihn und seine Angehörigen etwas herangetragen wird, das er nicht gewöhnt ist.
Unbestritten. Nur, und darauf werde ich auch noch zurückkommen, darf diese Gewöhnung als Masstab für das "Provoziertfühlen" herangezogen werden?
Zitat: Rhoeni
In welcher Weise Du Dich durch gewisse Zumutungen von christlicher Seite betroffen fühlst, ging aus Deinen Beiträgen der zurückliegenden Zeit hervor (wenn man weiß, mit wem man es zu tun hat), ganz deutlich in Deinem letzten von gestern abend.
Da wusste ich noch nix von der neuesten Zumutung: Der Wunsch der Trulle, im Töpferkurs einen Aschenbecher herstellen zu dürfen, wurde ihr mit dem Verweis auf die Fastenzeit abgeschlagen, in welcher man nicht rauchen dürfe. Abgesehen davon, dass ich ein Verbot des Rauchens in der Fastenzeit nicht kenne, auf Anhieb auch im Internet dazu nichts fand, inwieweit ist dieser Eingriff in unser aller Privatleben durch einen Lehrkörper zu dulden? Was kann man der Trulle daraufhin sagen, ohne den Lehrkörper als Respektsperson zu demontieren, ihr andererseits aber klarzumachen, dass wir uns nicht von einem religiösen Fanatiker in unserem privaten Bereich rumpfuschen lassen wollen?
Derartige Aktionen haben ungefähr die Qualität, welche, in umgekehrter Art, Christen in der DDR als Unterdrückung bezeichnen und bezeichneten.
Was also wäre eine angemessene Reaktion? Ärger machen? Auslachen? Dulden? Ignorieren?
Zitat: Rhoeni
Du willst unterscheiden zwischen Betroffen fühlen und betroffen sein? Wenn sich jemand getroffen fühlt, dann ist er es auch. Weil es ja um Menschen geht.
Ich will einen Massstab finden, welchen man an einen Umgang miteinander anlegen kann und welcher dann beidseitig gilt. Das Verletzen religiöser Gefühle wird nicht selten ins Feld geführt, wenn es gilt, irgendetwas abzulehnen oder zu verbieten, wie z.B. einen Teil des Madonna-Konzerts, ein Theaterstück, nein, nicht Idomeneo, oder Satire, Comics und Karikaturen. Soll es, kann es also ausreichen, Betroffenheit zu signalisieren? Und dass nicht jeder getroffen ist, der dies nach aussen signalisiert, kann Dir jeder Fußballfan unter den Stichwort "Schwalbe" ausführlich erläutern. Der Zweck ist derselbe: Bestrafung des "Gegners" durch eine schiedsrichtende Instanz.
Die Stunksitzung macht ihrem Namen mal wieder alle „Ehre“: Eine Privatperson hat Anzeige gegen die alternativen Karnevalisten im E-Werk gestellt, die in einem Sketch Papst Benedikt XVI. als Popstar und Joachim Kardinal Meisner als Möchtegern-Popstar darstellen, die zum Schluss knutschend in einem Bett landen. Der Erstatter der Anzeige sieht in der Szene eine „Störung des religiösen Friedens“ nach Strafgesetzbuch. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aufgenommen. [...] Bei der Ausstrahlung der Stunksitzung im WDR am Karnevalssamstag (21.45 Uhr) wird die aktuelle Skandal-Nummer wegen ihrer Schlussszene nicht nur gekürzt, sondern überhaupt nicht zu sehen sein. Dies hatte der Sender jedoch bereits vor der Aufnahme der Ermittlungen beschlossen, so WDR-Sprecherin Kristina Bausch: „Wir haben religiöse Gefühle zu respektieren. Im Fall der Ausstrahlung wären diese Vorgaben verletzt worden.“ [....] Stunksitzungs-Sprecher Winni Rau bedauert die „WDR-Zensur“ („Das ist nicht besonders mutig.“ ) und vermutet eine „Kampagne von katholischer Seite“. In der Kirchenzeitung des Erzbistums sei zum Boykott der Sitzung aufgerufen und Druck auf den WDR ausgeübt worden, die Szene nicht zu senden. „Das war eine politische und nicht eine sachliche Entscheidung, sich diesem Druck zu beugen.“ Kritik komme nur von Leuten, die den Sketch nicht gesehen hätten. Aus dem Publikum gebe es bislang keine negativen Reaktionen.[...]
Zitat: Rhoeni
Verständlich ist die Situation, wenn man in einer hoffnungslosen Minderheitenposition ist, wenn man es mit einer Mehrheit zu tun hat, die von frühester Kindheit an nichts anderes kennengelernt, also in unseren Breiten: Christ der einen oder anderen Konfession zu sein.
Eine Frage, die ich mir schon als Kind immer wieder gedanklich gestellt habe: Was wäre ich, wenn ich nicht da geboren wäre, wo ich geboren wurde? Eskimo? Waldindianer?
Mehr und mehr gewinne ich die Erkenntnis, dass es soviele wirkliche Christen nicht gibt, meist handelt es sich um den Gewohnheitschristen, der den Eltern zuliebe nicht aus der Kirche austritt, oder tatsächlich glaubt, mit der Kirchensteuer Gutes zu finanzieren.
Zitat: Rhoeni
Nun muß man sich darauf einrichten, mit welchen Menschen man zusammenlebt. In W., wo ich jetzt lebe, bin ich mir ziemlich im klaren darüber, mit meiner Position ziemlich allein auf weiter Flur zu sein. Da mir aber von den Leuten hier vor allem Freundlichkeit bis hin zu Herzlichkeit entgegengebracht wird (das war auch in diesem Forum der Fall), will man diese Gefühle nach Möglichkeit erwidern. Hier folgt man dem Prinzip, dass Religion Privatsache ist. Und ich sehe keine Veranlassung, irgendjemanden, der das nicht will,
Hier wurdest Du scheinbar unterbrochen? Nein, ganz so allein auf weiter Flur fühle ich mich gar nicht, nur sind eben Atheisten erstens seltener auf Missionstour und zum zweiten fehlt das verbindende Element (Kirchgang, Zeremonien) um nach aussen hin Masse zu signalisieren. Auch kenne ich keinen Atheisten, der einen durchgestrichenen Fisch auf sein Auto klebt.
Zitat: Rhoeni
Der Anlass, dass ich mich im vorigen Jahr hier eingeschaltet habe, waren dumme Sprüche über Jesus, von denen ich wußte, daß sie gerade eine Person in diesem Forum verletzen würden. hinterher hat sich herausgestellt, dass das mit irgendwelchen Intrigen hinter der Bühne verbunden war, mit denen ich nichts zu tun hatte.
Der Anlass interessiert mich auch gar nicht, ich gebe zu, nichtmal alles gelesen zu haben, Deine Beiträge waren es, die interessierten.
Zitat: Rhoeni
Wenn ich die "Idomeneo"-Provinzposse in Berlin nunmehr aus einiger räumlicher Entfernung betrachte, tun mir vor allem die Steuergelder leid, die für den Personenschutz nach der Wiederaufnahme der Aufführung ausgegeben wurden. Was wäre aber gewesen, wenn wirklich ein Irrer im Theater zugeschlagen hätte, wie bei der Eröffnung des Berliner Hauptbahnhofes - einer von ihren Ausmaßen her noch schlimmere Provinzposse mit herumfliegenden tonnenschweren Teilen - der Typ, der mehr als 30 Menschen, darunter einen Aids-Infizierten, mit einem Messer schwer verletzte?
Und wenn im Hauptbahnhof eine Zeitung mit Mohammed-Karikaturen verkauft worden wäre, die Großeltern des Typs in Anatolien geboren wären .....
Zitat: Rhoeni
Jetzt könnte man noch auf Fragen Kirchensteuer, Volksbildung und die Eidesformel im Parlament kommen - alles Ebenen des Aushandelns, bei denen sich Konfessionslose in einer hoffnungslosen Minderheitenposition befinden.
Alles Ebenen, welche die Lobbyarbeit der Großkirchen belegen und Anzeichen eines Gottesstaates tragen.
Zitat: Rhoeni
Hier im Philosophie-Teil ist aber die Gretchenfrage berührt worden. Und da ist es in letzter Zeit vor allem die Theodizee-Problematik, die mich auch beruflich beschäftigt, die man in deutschen Territorien ziemlich genau mit dem Jahr 1710 als solche bezeichnet. Leibniz ließen die bohrenden Fragen der schon 1705 verstorbenen Königin von Preußen keine Ruhe.
Das sind genau jene Teile, die mich persönlich überhaupt nicht berühren. Mir ist es schlichtweg egal, ob eine Religion mit der Auslegung ihrer Grundlagen aufgrund von Zirkelschlüssen Probleme hat. Nichtsdestotrotz lese ich Deine diesbezüglichen Ausführungen mit großem Interesse, bildet halt. Und wenn ich was genauer wissen will oder nicht verstehe, frage ich halt nach.
Zitat: Rhoeni
Damit kann meines Erachtens ein Mensch nicht klarkommen, der den christlichen Gott als "Allgütig" und "Allmächtig" ansieht. Die Juden und Muslime schreiben ihm ja erst gar nicht diese Eigenschaft zu.
Ist Allah nicht auch allmächtig? Oder bezog sich das nur auf "Allgütig"?
Zitat: Rhoeni
Diese Vorstellung ist freilich die schlimmste, eine ungeheuere Zumutung an einen Menschen. Aber darum kommt man nicht herum. Wem die Religion dabei hilft, mit dieser Vorstellung klarzukommen, bitte.
Die Frage ist, wann man, in welcher Öffentlichkeit, man mit seiner Meinung gegenüber wem heraustritt. Andere mögen beurteilen, aus welchen Motiven heraus man das gerade jetzt tut.
Man tat und man tut dies immer. Es gibt halt gewisse Unterschiede in der Qualität mancher Ereignisse, an die man sich dranhängen kann. So wie die Fußball-WM oder noch mehr die Handball-WM mit der Hoffnung verknüpft wurde, diesem Sport mehr Interessierte zuzuführen, mehr Aufmerksamkeit zu erlangen, so versuchten (putzigerweise beide) Kirchen, die Wahl des deutschen Papstes zur Mitgliederwerbung und zu größerer Öffentlichkeitwirksamkeit zu nutzen. Die Themenauswahl der Kardinäle folgt schon strategischen Gesichtspunkten, man will immer polarisieren und auch ein klein wenig provozieren. Schließlich will man ja zitiert werden.
Es gibt leider genügend Leute, die mit der Zitierfunktion bestens klarkommen.