Ich weiß nicht was soll es bedeuten Daß ich so traurig bin; Ein Märchen aus alten Zeiten, Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt, Und ruhig fließt der Rhein; Der Gipfel des Berges funkelt Im Abendsonnenschein.
Die schönste Jungfrau sitzet Dort oben wunderbar; Ihr goldnes Geschmeide blitzet, Sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme Und singt ein Lied dabei; Das hat eine wundersame, Gewaltige Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiffe Ergreift es mit wildem Weh; Er schaut nicht die Felsenriffe, Er schaut nur hinauf in die Höh'.
Ich glaube, die Wellen verschlingen Am Ende Schiffer und Kahn; Und das hat mit ihrem Singen Die Lore-Ley getan.
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Re: Die wahre Lyrik
Heideröslein
Sah ein Knab' ein Röslein stehn, Röslein auf der Heiden, war so jung und morgenschön, lief er schnell, es nah zu sehn, sah's mit vielen Freuden.
Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden.
Knabe sprach: Ich breche dich, Röslein auf der Heiden! Röslein sprach: Ich steche dich, daß du ewig denkst an mich, und ich will's nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden.
Und der wilde Knabe brach's Röslein auf der Heiden; Röslein wehrte sich und stach, half ihm doch kein Weh und Ach, mußt' es eben leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden.
Johann Wolfgang von Goethe
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Re: Die wahre Lyrik
Muahahahaha (Goethe) das ist echt geil... -Aus Dem Nachlass-
Wo man mir Guts erzeigt überall, 's ist eine Flasche Eilfer. Am Rhein und Main, im Neckartal, Man bringt mir lächlend Eilfer. Und nennt gar manchen braven Mann Viel seltner als den Eilfer: Hat er der Menschheit wohlgetan, Ist immer noch kein Eilfer: Die guten Fürsten nennt man so, Beinahe wie den Eilfer; Uns machen ihre Taten froh, Sie leben hoch im Eilfer. Und manchen Namen nenn' ich leis, Still schöppelnd meinen Eilfer: Sie weiß es, wenn es niemand weiß, Da schmeckt mir erst der Eilfer. Von meinen Liedern sprechen sie Fast rühmlich wie vom Eilfer, Und Blum' und Zweige brechen sie, Mich kränzend und den Eilfer. Das alles wär' ein größres Heil - Ich teilte gern den Eilfer - Nähm' Hafis auch nur seinen Teil Und schlurfte mit den Eilfer. Drum eil' ich in das Paradies, Wo leider nie vom Eilfer Die Gläub'gen trinken. Sei er süß Der Himmelswein! Kein Eilfer. Geschwinde, Hafis, eile hin! Da steht ein Römer Eilfer!
Also wer es nicht kapiert hat, Eilfer ist ein Wein. ^^
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Re: Die wahre Lyrik
Süßes Kind, die Perlenreihen, Wie ich irgend nur vermochte, Wollte traulich dir verleihen, Als der Liebe Lampendochte.
Und nun kommst du, hast ein Zeichen Dran gehängt, das, unter allen Den Abraxas seinesgleichen, Mir am schlecht'sten will gefallen.
Diese ganz moderne Narrheit Magst du mir nach Schiras bringen! Soll ich wohl, in seiner Starrheit, Hölzchen quer auf Hölzchen singen?
Abraham, den Herrn der Sterne, Hat er sich zum Ahn erlesen; Moses ist, in wüster Ferne, Durch den Einen groß gewesen.
David auch, durch viel Gebrechen, Ja Verbrechen durch gewandelt, Wusste doch sich loszusprechen: Einem hab' ich recht gehandelt.
Jesus fühlte rein und dachte Nur den Einen Gott im stillen; Wer ihn selbst zum Gotte machte Kränkte seinen heil'gen Willen.
Und so muss das Rechte scheinen, Was auch Mahomet gelungen; Nur durch den Begriff des Einen Hat er alle Welt bezwungen.
Wenn du aber dennoch Huld'gung Diesem leid'gen Ding verlangest, Diene mir es zur Entschuld'gung Dass du nicht alleine prangest. -
Doch allein! - Da viele Frauen Salomonis ihn verkehrten, Götter betend anzuschauen, Wie die Närrinnen verehrten.
Isis' Horn, Anubis' Rachen Boten sie dem Judenstolze, Mir willst du zum Gotte machen Solch ein Jammerbild am Holze!
Und ich will nicht besser scheinen, Als es sich mit mir eräugnet, Salomo verschwur den seinen, Meinen Gott hab' ich verleugnet.
Lass die Renegatenbürde Mich in diesem Kuss verschmerzen: Denn ein Vitzliputzli würde Talisman an deinem Herzen.
J.W.G
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Re: Die wahre Lyrik
Ein Gedicht
Ein Gedicht, aus Worten gemacht. Wo kommen die Worte her? Aus den Fugen wie Asseln, Aus dem Maistrauch wie Blüten, Aus dem Feuer wie Pfiffe, Was mir zufällt, nehm ich,
Es zu kämmen gegen den Strich, Es zu paaren widernatürlich, Es nackt zu scheren, In Lauge zu waschen Mein Wort
Meine Taube, mein Fremdling Von den Lippen zerrissen, Vom Atem gestoßen, In den Flugsand geschrieben
Mit seinesgleichen Mit seinesungleichen
Zeile für Zeile, Meine eigene Wüste Zeile für Zeile Mein Paradies.
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Re: Die wahre Lyrik
Erich Fried - Was es ist
Es ist Unsinn sagt die Vernunft Es ist was es ist sagt die Liebe
Es ist Unglück sagt die Berechnung Es ist nichts als Schmerz sagt die Angst Es ist aussichtslos sagt die Einsicht Es ist was es ist sagt die Liebe
Es ist lächerlich sagt der Stolz Es ist leichtsinnig sagt die Vorsicht Es ist unmöglich sagt die Erfahrung Es ist was es ist sagt die Liebe
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