Dilla´s & Eva´s grenzwissenschaftl. & polit. Forum - M 2003 bis 2006

Wer Profetiert v. d. Wahlen ?

Scharon fordert Entwaffnung......

Scharon fordert Entwaffnung
militanter Palästinenser

19. Nov 17:56


Israels Regierungschef Ariel Scharon
Foto: AP

Der israelische Regierungschef Scharon will den Neubeginn von Friedensverhandlungen mit den Palästinensern erleichtern. Er besteht offenbar nicht mehr auf eine Auflösung radikaler Palästinensergruppen.


Nach Meinung von Israels Ministerpräsident Ariel Scharon ist die Entwaffnung militanter palästinensischer Gruppen ausreichend für eine Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen. Das berichtet die Zeitung «Haaretz». Laut dem Bericht besteht Scharon nicht mehr auf der sofortigen Auflösung der radikalen Palästinensergruppen als Vorbedingung.


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Gleichwohl nannte er bereits die Entwaffnung einen «komplizierten Prozess». PLO-Chef Mahmud Abbas zeigte sich indes bereit, darüber mit Israel zu sprechen. Die Frage, wie mit Extremisten umzugehen sei, müsse in Verhandlungen mit Israel erörtert werden, sagte er laut einem Bericht der Nachrichtenagentur AP.

Scharon hatte eine Zerschlagung extremistischer Gruppen bislang zur Bedingung für die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen gemacht. Diese Forderung hat er nun fallen lassen.

Scharon zufolge müssten jedoch die palästinensischen Medien ihre «giftige Propaganda» beenden, zum zweiten dürften Israelis und Juden im Schulunterricht nicht länger dämonisiert werden. Angesprochen auf Scharons Äußerungen sagte Abbas am Freitag: «Wir müssen unseren Teil beitragen, aber sie (die Israelis) müssen mehr tun.» (nz)

LG. Pegus

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Die Macht der Zivilgesellschaft--Von Arundhati Roy

Die Macht der Zivilgesellschaft in einer imperialen Zeit
Von Arundhati Roy

Im Folgenden dokumentieren wir die deutsche Übersetzung eines Vortrags, den die weltbekannte indische Schriftstellerin ("Der Herr der kleinen Dinge") Arundhati Roy am 16. August 2004 in San Francisco, Kalifornien/USA, gehalten hat. Die Zwischenüberschriften haben wir nachträglich eingefügt.*


Ich bin gebeten worden über die „Macht der Zivilgesellschaft in einer imperialen Zeit” zu sprechen. Ich bin es nicht gewohnt zu tun was mir aufgetragen wird, aber durch einen glücklichen Zufall ist das genau das Thema über welches ich heute Abend sprechen wollte.

Wenn die Sprache verstümmelt und ihrer Bedeutung beraubt worden ist, was können wir dann unter „Macht der Zivilgesellschaft” verstehen? Wenn Freiheit Besatzung, wenn Demokratie neoliberalen Kapitalismus, wenn Reform Unterdrückung, wenn Worte wie „Bevollmächtigung” und „Friedenserhaltung” einem einen kalten Schauer über den Rücken jagen - dann kann die Bedeutung von „public Power” beliebig ausgesucht werden. Ein Bizepstrainingsgerät, eine öffentliche Powerdusche. Also werde ich „Macht der Zivilgesellschaft” eben zu definieren haben.

In Indien ist Public jetzt ein Hindi-Wort. Es bezeichnet das Volk. In Hindi haben wir sarkar und public, den Staat und die Menschen. Dieser Wortwahl liegt die Annahme zu Grunde, daß der Staat etwas ganz anderes als „das Volk” ist. Diese Unterscheidung hat mit der Tatsache zu tun, daß Indiens Freiheitskampf, obwohl er großartig war, auf keinste Weise revolutionär war. Die indische Elite trat problemlos und elegant in die Fußstapfen der britischen Imperialisten. Eine zutiefst verarmte, eigentlich feudale, Gesellschaft wurde zu einem modernen unabhängigen Nationalstaat. Auch heute noch, fünfzig Jahre danach, betrachten die wirklich Verlorenen den Staat als Mai-Baap, als elterlichen Fürsorger. Die etwas radikaleren, jene die noch immer Feuer im Bauch haben, bezeichnen ihn mit Chor, den Dieb, jemand der alles an sich reißt.

In jedem Fall ist Sarkar, für die meisten InderInnen etwas anderes als das Volk. Aber sobald man auf der indischen sozialen Leiter emporkommt verschwimmt die Unterscheidung zwischen dem Sarkar und dem Volk. Der indischen Elite fällt es wie allen anderen Eliten auf dieser Welt sehr schwer sich vom Staat zu unterscheiden. Sie sieht wie der Staat, sie denkt wie der Staat, sie spricht wie der Staat.

In den Vereinigten Staaten ist die Verwischung der Grenzen zwischen Sarkar und Volk viel gründlicher geschehen und ist tiefere Schichten der Gesellschaft gedrungen. Das könnte ein Zeichen für eine robuste Demokratie sein, aber leider ist es etwas komplizierter und unerfreulicher als das. Unter anderem hat es mit dem fein ausgearbeiteten Netz der Paranoia zu tun, welches der U.S. Sarkar, die Massenmedien der Konzerne und Hollywood gesponnen haben. Gewöhnliche AmerikanerInnen sind so manipuliert worden, daß sie sich für ein Volk im Belagerungszustand halten deren einzige Rettung und deren einziger Beschützer ihre Regierung ist. Wenn es nicht die Kommunisten sind, ist es al-Kaida. Wenn es nicht Kuba ist, ist es Nicaragua. Als Konsequenz wird diese mächtigste Nation der Welt - mit ihrem konkurrenzlosen Waffenarsenal, ihrer historischen Bereitschaft endlose Kriege zu führen und zu unterstützen, und diese einzige Nation welche jemals wirklich Atombomben benutzt hat - von einer von Angst gepeinigten Bürgerschaft bewohnt, welche aufspringt, wenn ein Schatten vorbeihuscht. Einem Volk welches nicht durch soziale Dienste, oder öffentliche Gesundheitsversorgung, oder Arbeitsgarantien an den Staat gebunden ist, sondern durch Furcht.

Diese synthetisch hergestellte Furcht wird dazu benutzt öffentliche Duldung für weitere Akte der Aggression zu erhalten. Und so geht es weiter, so baut man einen Turm von sich selbst erfüllenden Hysterien, welche nun ganz formell durch die verblüffenden, in technicolor gehaltenen, Terroralarmstufen der U.S. Regierung feinabgestimmt werden: Fuchsia, Türkis, Lachsrosa.

Für Beobachter von außerhalb macht es diese Verschmelzung von Sarkar und Zivilgesellschaft in den Vereinigten Staaten oft schwer die Taten der U.S. Regierung von jenen des amerikanischen Volkes zu unterscheiden. Es ist diese Verwirrung welche den Antiamerikanismus auf der Welt anflammt. Antiamerikanismus wird dann von der U.S. Regierung aufgegriffen und mithilfe ihrer getreuen Medien ausgestrahlt. Sie kennen die Routine: „Warum hassen sie uns? Sie hassen unsere Freiheit” ... usw. ... usw. Dies verstärkt das Gefühl der Isolation unter den AmerikanerInnen und macht die Umarmung von Sarkar und Gesellschaft sogar noch enger. Wie das kleine Rotkäppchen, das zum Knuddeln zum Wolf ins Bett springt.

Die Bedrohung eines äußeren Feindes dafür zu gebrauchen ein Volk für seine Zwecke aufmarschieren zu lassen ist ein lahmer alter Gaul, auf welchem Politiker seit Jahrhunderten in die Macht geritten sind. Aber könnte es sein, daß die einfachen Menschen diesen alten Gaul satt haben und sich nach etwas anderem sehnen? Es gibt ein altes indisches Filmlied, das geht so: yeh public hai, yeh sab jaanti hai (das Volk, es weiß alles). Wäre es nicht schön, wenn dieses Lied recht hätte, und die PolitikerInnen falsch?

Vor Washingtons illegaler Invasion des Iraks hat eine internationale Gallup-Umfrage gezeigt, daß die Unterstützung für einen im Alleingang durchgeführten Krieg in keinem einzigen europäischen Land mehr als 11 Prozent betrug. Am 15 Februar 2003 gingen nur wenige Wochen vor der Invasion mehr als zehn Millionen Menschen auf verschiedenen Kontinenten gegen den Krieg auf die Straße, auch in Nordamerika. Und doch zogen die Regierungen vieler angeblich demokratischer Länder in den Krieg.

Die Frage ist: Ist „Demokratie” noch demokratisch?

Sind demokratische Regierungen den Menschen die sie gewählt haben zur Rechenschaft verpflichtet? Und, was besonders bedeutsam ist, ist das Volk in demokratischen Ländern für die Taten ihres Sarkars verantwortlich?

Wenn man darüber nachdenkt erkennt man, daß die Logik welche dem Krieg gegen den Terrorismus und jene welche dem Terrorismus zugrunde liegt genau die gleiche ist. Beide lassen gewöhnliche Menschen für die Taten ihres Sarkars leiden. Al-Kaida nahm die Leben von Menschen in den Vereinigten Staaten als Rache für Taten ihres Staates in Palästina, Saudiarabien, Irak und Afghanistan. Die U.S. Regierung hat die Menschen in Afghanistan mit tausenden [Toten] für die Taten der Taliban zahlen lassen, und die Menschen im Irak mußten mit hunderttausenden [Toten] für die Taten Saddam Husseins zahlen.

Der entscheidende Unterschied ist, daß niemand Al-Kaida, die Taliban oder Saddam Hussein gewählt hat. Aber der Präsident der Vereinigten Staaten ist gewählt worden (oder naja... wenn man das so nennen will).

Die Permierminister Italiens, Spaniens und Großbritanniens sind gewählt worden. Könnte man dann argumentieren, daß die BürgerInnen dieser Länder für die Taten ihrer Regierungen verantwortlicher sind als die Irakis es für die Taten Saddam Husseins oder die AfghanInnen für jene der Taliban sind?

Wessen Gott entscheidet was ein „gerechter Krieg” ist, und was nicht? George Bush Senior hat einmal gesagt: „Ich werden mich niemals für die Vereinigten Staaten entschuldigen. Es interessiert mich nicht, was die Fakten sind.” Wenn der Präsident des mächtigsten Landes auf dieser Welt sich nicht darum kümmert was die Fakten sind, dann können wir zumindest sicher sien, daß wir ins imperiale Zeitalter eingetreten sind.

Also was bedeutet die Macht der Zivilgesellschaft in einer imperialistischen Zeit? Bedeutet sie überhaupt etwas? Existiert sie überhaupt?

In diesen angeblich demokratischen Zeiten behauptet das konventionelle politische Denken, daß die Macht des Volkes sich in Wahlen ausdrückt. In einer großen Zahl von Ländern werden dieses Jahr Stimmen abgegeben werden. Die meisten (aber nicht alle) werden die Regierung bekommen, für welche sie gestimmt haben. Aber werden sie jene Regierung bekommen, die sie haben wollen?

In Indien haben wir dieses Jahr die Hindu-NationalistInnnen aus dem Amt gewählt. Aber auch als wir das feierten, war uns bewußt, daß bei Atombomben, Neoliberalismus, Privatisierungen, Zensur, riesigen Dämmen - bei jedem Thema außer unverhohlenem Hindu-Nationalismus, der Kongress und die BJP keine größeren ideologischen Unterschiede aufwiesen. Wir wissen, daß es das fünfzig Jahre alte Erbe der Kongresspartei ist, welches das Land kulturell und politisch für die Rechtsextremen vorbereitet hat. Es war auch die Kongresspartei, welche Indiens Märkte als erstes der Globalisierung durch die Konzerne eröffnet hat.

In ihrer Wahlkampagne hat die Kongresspartei angedeutet, daß sie bereit wäre einige Punkte ihrer früheren Wirtschaftspolitik zu überdenken. Millionen von Indiens Ärmsten kamen in großer Stärke hervor um in diesen Wahlen ihre Stimme abzugeben. Das Spektakel der großen indischen Demokratie ist live ausgestraht worden - die alten BäuerInnen, die Alten und Schwachen, die verhüllten Frauen mit ihrem wunderschönen Silberschmuck, welche auf Elefanten, Kamelen und Ochsenkarren wunderliche Reisen zu den Wahlurnen unternahmen. Im Widerspruch zu den Vorhersagen aller Experten und Umfrageinstituten Indiens gewann der Kongress mehr Stimmen als irgendeine andere Partei. Die kommunistischen Parteien Indiens gewannnen einen größeren Anteil der Stimmen als je zuvor. Indiens Arme haben klar gegen die „Wirtschaftsreformen” des Neoliberalismus und gegen den heranwachsenden Faschismus gestimmt. Sobald die Stimmen gezählt wurden, entließen die kommerziellen Medien jene [Armen WählerInnen] wie schlecht bezahlte und überflüssige Personen auf einem Drehort. Die Sender boten nun geteilte Bildschirme. Die eine Hälfte zeigte von außen das Haus von Sonia Gandhi, die Führerin der Kongresspartei, als die Koalitionsregierung zusammengefunden wurde.

Die andere Hälfte zeigte aufgeregte AktienhändlerInnen vor der Börse in Bombay, welche bei dem Gedanken in Panik gerieten, daß die Kongresspartei tatsächlich ihre Versprechen einhalten werde und das Mandat mit dem sie gewählt worden war auch umsetzen würde. Wir sahen wie der Sensex-Index hinauf, hinunter und seitwärts ging. Die Medien, deren eigenen öffentlich gelisteten Aktien an Wert verloren berichteten über den Einsturz an der Börse wie wenn Pakistan Interkontinentalraketen gegen Neu-Delhi abgefeuert hätte.

Noch bevor die neue Regierung formell eingeschworen worden war, machten führende PolitikerInnen der Kongresspartei beruhigende Bekanntmachungen für die Investoren und die Medien; daß nämlich die Privatisierung der öffentlichen Industrien weitergehen werde. Inzwischen hat die BJP, welche jetzt in Opposition ist, zynisch und komisch, damit begonnen ausländische Direktinvestitionen und die weitere Öffnung der indischen Märkte zu kritisieren.

Das ist die unaufrichtige sich weiterentwickelnde Dialektik der Wahldemokratien.

Was die Armen in Indien angeht: sobald sie ihre Stimmen bereitgestellt haben, erwartet man von ihnen, daß sie wieder nach Hause abmarschieren. Die Poltik wird ohne sie gemacht.

Und die Wahlen in den USA?

Und wie sieht es mit den Wahlen in den USA aus? Haben die WählerInnen in den USA eine echte Wahl?

Es ist wahr, daß wenn John Kerry Präsident wird, sich einige Öltycoons und christliche Fundamentalisten im Weißen Haus ändern werden. Wenige werden traurig darüber sein Dick Cheney, Donald Rumsfeld oder John Ashcroft mitsamt ihrer unverholenen Gaunerei abtreten zu sehen. Aber was wirklich bedenklich ist, ist daß auch in der neuen Verwaltung ihre Politik weitergehen wird. Wir werden Bushismus ohne Bush haben.

Die Positionen mit echter Macht - die Vorsitzenden der Banken, die CEOs - sind durch keine Wahl angreifbar (... und wer es auch wird, beide Seiten werden von diesen finanziert)

Unglücklicherweise hat sich die Wichtigkeit der U.S. Wahlen zu einer Art Persönlichkeitswettkampf verschlechtert. Eine Streiterei darüber, wer besser darin wäre, dem Imperium vorzustehen. John Kerry glaubt genauso stark an die Idee eines Imperiums wie George Bush.

Das politische System der USA ist sorgfältig konstriert worden, so daß niemand der die grundlegende Richtigkeit der militärisch-industriellen-korporativen Machtstruktur bezweifelt durch die Tore der Macht schreiten kann.

Bedenkt man dies, ist es kein Wunder, daß man in dieser Wahl vor zwei Absolventen der Yale Universität steht, welche beide Mitglieder von Skull and Bones sind, der gleichen Geheimgesellschaft; beide sind Millionäre, beide geben sich gerne als Soldaten, beide reden gerne den Krieg hoch und argumentieren fast kindisch darüber, wer den Krieg gegen den Terrorismus besser führen wird.

Wie Präsident Bill Clinton vor ihm, wird Kerry die Expansion der US Wirtschaft und ihre militärische Durchdringung der Welt weiterführen. Er sagt, daß er Bush auch dann die Berechtigung dafür gegeben hätte in den Krieg gegen den Irak zu ziehen wenn er gewußt hätte, daß der Irak keine Massenvernichtungswaffen besitzt. Er verspricht mehr Truppen in den Irak zu entsenden. Er sagte kürzlich, daß er Bushs Politik Israel und Ariel Sharon gegenüber zu 100 Prozent unterstütze. Er sagt, daß er 98% der Steuerkürzungen Bushs beibehalten will.

So liegt unter dem schrillen Austausch von Beleidigungen fast absoluter Konsens. Es sieht so aus, als würden die AmerikanerInnen auch dann Bush bekommen, wenn sie Kerry wählen. Präsident John Kerbush oder Präsident George Berry.

Es ist keine echte Wahl. Es ist eine Scheinwahl. Es ist als wähle man eine Marke von Waschmittel. Egal ob man Ivory Snow oder Tide kauft, sie gehören beide Proctor & Gamble.

Das bedeutet nicht, daß man eine Meinung vertritt, welche keine Abstufungen kennt, daß der Kongress und die BJP, New Labour und die Tories, die Demokraten und die Republikaner ununterscheidbar wären. Das ist natürlich nicht so. Auch nicht bei Tide und Ivory Snow. Tide hat Sauerstoff-Boosting und Ivory Snow ist ein sanfter Reiniger.

In Indien gibt es einen Unterschied zwischen einer offen faschistischen Partei (die BJP), und einer Partei welche schlau eine Gruppe gegen die andere ausspielt (Kongress) und die Saat für den Kommunalismus aussäät, welche dann von der BJP so geschickt geerntet wird.

Bei den heurigen Kandidaten für die U.S. Präsidentschaft gibt es Unterschiede in den I.Q.s und dem Ausmaß ihrer Rücksichtslosigkeit. Die Antikriegsbewegung in den Vereinigten Staaten hat bei der Aufzeigung der Lügen und Käuflichkeit welche zur Invasion des Iraks geführt haben eine phänomenale Arbeit geleistet, trotz der Propaganda und der Einschüchterung die sie erfuhr.

Das war nicht nur ein Dienst für die Menschen hier [in den USA], sondern auch für die ganze Welt. Aber jetzt, wenn die Antikriegsbewegung offen für Kerry wirbt, glaubt der Rest der Welt, daß sie dessen „sensiblen” Imperialismus unterstützt. Ist der Imperialismus der USA besser, wenn er von den Vereinten Nationen und den europäischen Staaten unterstützt wird? Ist es besser wenn die UNO indische und pakistanische Soldaten dazu auffordert, das Töten und Sterben im Irak zu erledigen, anstatt daß die U.S. Soldaten dies tun? Ist die einzige Veränderung auf welche die Irakis hoffen dürfen, daß französische, deutsche und russische Firmen auch bald an der Beute aus der Besatzung ihres Landes Anteil haben dürfen?

Wäre das wirklich besser oder schlechter für jemanden von uns, die wir in untergebenen Ländern leben? Ist es besser für die Welt einen intelligenten Herrscher an der Macht zu haben als einen dummen? Ist das unsere einzige Wahl?

Es tut mir leid; Es ist mir klar, daß dies unangenehme und sogar brutale Fragen sind, aber sie müssen gefragt werden.

Tatsache ist, daß die Wahldemokratie ein Prozess zynischer Manipulation geworden ist. Sie bietet uns heute nur einen sehr eingeengten politischen Raum. Zu glauben, daß dieser Raum eine echte Wahl darstellt wäre naiv.

Die Krise der modernen Demokratie

Unabhängig von der Gesetzgebung souveräner Staaten stehen internationale Instrumente des Handels und des Geldes einem komplexen System von länderübergreifenden Gesetzen und Verträgen vor, durch welche Methoden der Aneignung festgesetzt und ermöglicht worden sind, die den Kolonialismus kleinlich wirken lassen. Dieses System erlaubt den ungehinderten Transfer riesiger Mengen spekulativen Kapitals - heißen Geldes - in Drittweltländer, und aus ihnen heraus, was diesen in der Praxis ihre Wirtschaftspolitik vorschreibt. Die Fluchtdrohung aufrecht haltend, kann das internationale Kapital sich tiefer und tiefer in diese Wirtschaften saugen. Riesige transnationale Korporationen übernehmen die Kontrolle über ihre wichtigste Infrastruktur und ihre bedeutendsten natürlichen Ressourcen, ihren Bergbau, ihr Wasser, ihre Energieversorgung. Die Welthandelsorganisation, die Weltbank, der Internationale Währungsfond und andere Finanzinstitutionen wie die Asiatische Entwicklungsbank schreiben deren Wirtschaftsprogramme und parlamentarischen Gesetze de facto selbst. Mit einer tödlichen Kombination aus Arroganz und Rücksichtslosigkeit nehmen Sie einen großen Vorschlagshammer, gehen damit in fragile, von einander abhängige, historisch komplexe Gesellschaften, und zerschlagen sie.

Über all diesem weht die Fahne der „Reform”.
Als Konsequenzen dieser Reformen haben in Afrika, Asien und Lateinamerika tausende kleiner Unternehmen und Industrien geschlossen, millionen ArbeiterInnen und BäuerInnen haben ihre Beschäftigung und ihr Land verloren.

In einer Londoner Zeitung, dem Spectator, kann man sich wieder die Zuversicht holen, daß „wir in der glücklichsten, gesündesten und friedlischsten Ära der Menschheitsgeschichte leben”. Milliarden staunen verwundert: Wer ist „wir”? Wo lebt er? Was ist sein christlicher Vorname?

Was man verstehen muß ist, daß die moderne Demokratie stark auf einer nahezu religiösen Akzeptanz des Nationalstaates beruht. Aber die Globalisierung durch die Konzerne ist dadurch nicht gebunden. Und das bewegliche Kapital auch nicht. Und so, obwohl das Kapital die Gewalt des Nationalstaates braucht um Aufstände seiner DienerInnen niederzuschlagen, macht es diese Konstellation für jeden einzelnen Staat unmöglich, sich alleine gegen die Konzernglobalisierung zu stellen.

Radikale Veränderung kann und wird nicht durch Staaten und Regierungen ausverhandelt werden; Sie kann nur von den Menschen erzwungen werden. Eine Zivilgesellschaft welche sich über Grenzen hinweg die Arme reicht.

Wenn wir also von „Der Macht der Zivilgesellschaft in einem imperialen Zeitalter” sprechen, empfindet es hoffentlich niemand als vorschnell anzunehmen, daß das einzige was es wert ist diskutiert zu werden, die Macht einer widersprechenden Zivilgesellschaft ist. Einer Zivilgesellschaft, welche das Konzept des Imperiums an sich ablehnt. Einer Zivilgesellschaft, welche sich als Gegenkraft zur eingesessenen Macht sieht - [welche] gegen internationale, nationale, regionale oder provinzielle Institutionen und Regierungen [auftritt], die dem Imperium dienen und es stützen.

Was für Wege sind Menschen welche sich gegen das Imperium stellen wollen offen? Mit Widerstand meine ich nicht nur die Artikulation einer widersprechenden Auffassung, sondern auch die effektive Erzwingung von Veränderung. Das Imperium spielt in unterschiedlichen Situationen unterschiedliche Karten aus. Es verwendet verschiedene Waffen um verschiedene Märkte aufzubrechen. Sie kennen das, [manchmal ist es] das Scheckbuch und [manchmal] die Cruise Missile.

Den Armen begegnet das Imperium in vielen Ländern nicht immer in der Form von Cruise Missiles und Panzern, wie es im Irak, in Afghanistan und in Vietnam geschah. Es erscheint in der Form verschiedenster Avatars vor Ort in ihrem Leben [Anm.: Ein Avatar ist die Verkörperung einer Gottheit auf Erden] - sie verlieren ihren Job, ihnen werden unbezahlbare Stromrechnungen zugesandt, ihnen wird die Wasserversorgung abgedreht, sie werden von ihren Häusern vertrieben und von ihrem Land entwurzelt. All dies wird von der repressiven Staatsmaschinerie überwacht oder durchgeführt, der Polizei, der Armee, der Justiz. Es ist ein Prozess erbarmungsloser Verarmung mit welchem die Armen historisch gesehen sehr vertraut sind. Das Imperium verstärkt bestehende Ungleichheiten und verschlimmert sie.

Noch bis vor kurzem war es für die Menschen oft schwierig sich als Opfer einer Eroberung des Imperiums zu sehen. Aber nun haben Anstrengungen und Kämpfe vor Ort begonnen ihre Rolle in größerer Klarheit zu sehen. Wie übertrieben dies auch klingen mag, Tatsache ist, daß sie auf verschiedenste Weise das Imperium auf ihre eigene Art konfrontieren. Dies geht im Irak, in Indien und in Argentinien unterschiedlich vor, und wieder anders sieht es auf den Straßen Europas und der Vereinigten Staaten aus.

Widerstand oder Terrorismus?

Massenwiderstandsbewegungen, individuelle AktivistInnen, JournalistInnen, KünstlerInnen und FilmemacherInnen sind zusammengekommen um dem Imperium seinen Glanz zu nehmen. Sie haben die Informationen zusammengeführt und die Cash-Flow-Diagramme und Vorstandsreden in echte Berichte über echte Menschen in echter Verzweiflung verwandelt. Sie haben gezeigt, wie das neo-liberale Projekt Menschen ihren Wohnraum, ihr Land, und ihre Jobs, ihre Freiheit und ihre Würde genommen hat. Sie haben das abstrakte berührbar gemacht. Sie haben dem früher körperlosen Feind einen Körper gegeben.

Das ist ein großartiger Erfolg. Er konnte durch die Zusammenkunft von verschiedenen politischen Gruppen, mit einer Vielzahl von Strategien, erreicht werden. Aber sie alle erkannten, daß das Ziel ihres Ärgers, ihres Aktivismus und ihrer Verbissenheit das gleiche war. Das war der Beginn der echten Globalisierung, der Globalisierung des Dissens.

Grob gesprochen gibt es heute in der Dritten Welt zwei Arten von Massenwiderstandsbewegungen. Die Bewegung der Landlosen LandarbeiterInnen in Brasilien, die Anti-Damm Bewegung in Indien, die Zapatisten in Mexiko, das Anti-Privatisierungs-Forum in Südafrika, und hunderte weitere, kämpfen gegen ihre eigenen souveränen Regierungen, welche zu Agenten des neoliberalen Projekts geworden sind. Viele dieser Anstrengungen sind radikal; sie kämpfen um die Struktur und die Art des Entwicklungsmodells ihrer eigenen Gesellschaft zu verändern.

Dann gibt es jene welche brutale neokoloniale Unternehmungen in umstrittenen Gebieten bekämpfen, deren Grenzen und Bruchlinien in vielen Fällen im vergangenen Jahrhundert künstlich von imperialistischen Mächte eingezeichnet worden sind. In Palästina, Tibet, Tschetschenien, Kaschmir und mehreren Staaten Indiens nordöstlicher Provinzen, kämpfen Menschen für ihre Selbstbestimmung.

Viele dieser Kämpfe waren vielleicht radikal, möglicherweise revolutionär, als sie begannen; aber oft zwingt sie die Brutalität der Unterdrückung in eine konservative, vielleicht sogar reaktionäre, Position aus welcher heraus sie die gleichen brutalen Strategien nutzen und die gleiche Sprache des religiösen und kulturellen Nationalismus sprechen wie die Staaten, welche sie ersetzen wollen.

Viele FußsoldatInnen dieser Anstrengungen wird es wie jenen gehen, welche in Südafrika die Apartheid bekämpft haben. Sobald sie die offensichtliche Besatzung überwunden haben, werden sie bemerken, daß ihnen noch ein großer Kampf bevorsteht - der Kampf gegen den verborgenen wirtschaftlichen Kolonialismus.

Inzwischen, in einer Zeit in welcher die Kluft die Arm und Reich trennt noch tiefer gegraben wird und der Kampf um die Kontrolle der Ressourcen dieser Welt sich intensiviert, wird der wirtschaftliche Kolonialismus durch militärische Angriffe wieder gestärkt.

Der heutige Irak ist ein tragisches Beispiel für diesen Prozeß. Eine illegale Invasion. Eine brutale Besatzung im Namen der Befreiung. Eine Neuauflage der Gesetze, welche den Korporationen eine schamlose Aneignung des Reichtums dieses Landes erlaubt; und jetzt die Scharade einer „irakischen Regierung”.

Aus diesen Gründen ist es absurd den irakischen Widerstand gegen die U.S. Besatzung allein als geistiges Werk von Terroristen, Aufständigen oder Unterstützern Saddam Husseins zu sehen. Wenn die Vereinigten Staaten überfallen und besetzt werden würden, würde dann jeder der kämpft um sie wieder zu befreien TerroristIn oder Bush-AnhängerIn sein?

Der irakische Widerstand kämpft auf der Frontlinie des Kampfes gegen das Imperium. Und daher ist dieser Kampf unser Kampf.

Wie jede Widerstandsbewegung vereinigt diese bunt zusammengewürfelte Faktionen. Frühere Baathisten, Liberale, IslamistInnen, beleidigte Kollaborateure, KommunistInnen, und andere. Selbstverständlich ist sie voll von Opportunismus, inneren Streitigkeiten, Demagogie und Kriminalität. Aber wenn wir nur makellose Bewegungen unterstützen, dann wird keine Widerstandsbewegung unserer moralischen Reinheit würdig sein.

Das soll nicht heißen, daß wir Widerstandsbewegungen nicht kritisieren sollen. Viele von ihnen leiden an einem Demokratiemangel, an einer Verherrlichung ihrer „Führer”, einem Mangel an Transparenz, einem Mangel an Vision und Zielrichtung. Aber am meisten leiden sie an ihrer Vertäufelung, Unterdrückung und einem Mangel an Ressourcen.

Bevor wir vorgeben wie ein moralisch hochwertiger irakischer Widerstand seinen weltlichen, feministischen, demokratischen, gewaltfreien Kampf zu führen hat, sollten wir den Widerstand auf unserer Seite verstärken, und die U.S.A., sowie die mit ihr verbündeten Staaten, dazu zwingen sich aus dem Irak zurückzuziehen.

In den Vereinigten Staaten fand die erste militante Konfrontation zwischen der Bewegung für weltweite Gerechtigkeit und der neoliberalen Junta, wie gut bekannt ist, im September 1999 bei der WTO-Konferenz in Seattle statt. Für viele Massenbewegungen in Entwicklungsländern, wo sie schon seit langem einsam und isoliert gekämpft hatten, war Seattle das erste erfreuliche Zeichen, daß ihr Zorn und ihre Vision für eine andere Art von Welt, von Menschen in den imperialistischen Ländern geteilt wird.

Weltsozialforum

Im Januar 2001 kamen 20.000 AktivIstinnen, StudentInnen, FilmemacherInnen - einige der besten Köpfe dieser Welt - in Porto Alegre, in Brasilien, zusammen, um ihre Erfahrungen bei und ihre Ideen für die Konfrontation mit dem Imperium auszutauschen. Das war die historisch gewordene Geburt des Weltsozialforums. Es war das erste formale Treffen einer aufregenden, anarchischen, unindoktrinierten, kraftvollen, neuen Art von „Zivilgesellschaft”. Der Aufruf des Weltsozialforums ist „Eine andere Welt ist möglich”. Es ist zu einer Plattform geworden, auf welcher hunderttausende Gespräche, Debatten und Seminare dabei geholfen haben eine Vision auszuarbeiten und ausreifen zu lassen, was für eine Art von Welt dies sein soll.

Im Januar 2004, als das vierte Weltsozialforum in Mumbai, in Indien, stattfand, zog es 200.000 Menschen an. Ich war noch nie Teil eines so kraftvollen Treffens. Es war ein Zeichen für den Erfolg des Sozialforums, daß die Mainstreammedien in Indien es vollkommen ignorierten. Aber das Weltsozialforum ist wegen seinem Erfolg in Gefahr. Die sichere, offene, festliche Atmosphäre des Forums hat es PolitikerInnen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs), welche eng mit dem politischen und wirtschaftlichen System verbunden sind, welches das Forum ablehnt, ermöglicht sich Gehör zu verschaffen.

Eine andere Gefahr ist, daß das Weltsozialforum, welches eine so entscheidende Rolle in der Bewegung für weltweite Gerechtigkeit gespielt hat, ein Ziel für sich wird. Allein die jährliche Organisation verbraucht die Energien einiger der besten AktivistInnen. Wenn Gespräche über Widerstand echten zivilen Ungehorsam ersetzen, dann könnte das Weltsozialforum eine wertvolle Institution für jene werden, denen sich das Forum ursprünglich entgegenstellte. Das Forum muß stattfinden und muß wachsen, aber wir müssen Wege finden unsere Gespräche dort in konkrete Taten zu verwandeln.

Als Widerstandsbewegungen begonnen haben über nationale Grenzen hinweg zu arbeiten und eine echte Bedrohung darzustellen, haben die Staaten ihre eigenen Strategien entwickelt, um mit ihnen fertig zu werden. Von Kooptation bis zur Unterdrückung.

Massenbewegungen und Massenmedien

Ich werde über drei Gefahren sprechen, welche Widerstandsbewegungen heute bedrohen: die problematische Beziehung zwischen den Massenbewegungen und den Massenmedien, der Gefahr der NGO-isierung des Widerstandes, und der Konfrontation der Widerstandsbewegungen mit zunehmend repressiven Staaten.

Das Zusammentreffen von Massenmedien und Massenbewegungen ist kompliziert.

Staaten haben gelernt, daß von Krisen angetriebene Medien es sich nicht leisten können zu lange beim selben Thema zu verweilen. Wie Wirtschaftsbetriebe einen Umsatz von Geld brauchen, brauchen die Medien einen Umsatz von Krisen. Ganze Länder werden zu Nachrichten von gestern. Sie hören auf zu existieren, und die Dunkelheit wird schwärzer, als noch zur Zeit befor das Licht kurz auf sie gefallen war. Wir sahen wie das mit Afghanistan geschah, als die Sowjets sich zurückzogen. Und nun, nachdem die Operation Enduring Freedom die CIA-Figur Hamid Karzai installiert hat, ist Afghanistan wieder seinen Warlords zurückgegeben worden.

Eine andere CIA-Figur, Iyad Allawi, ist im Irak installiert worden, und so ist für die Medien vielleicht die Zeit gekommen, sich auch von dort wieder zu entfernen.

Während Regierungen die Kunst eine Krise durchzuwarten perfektionieren, werden die Widerstandsbewegungen im Wirbel der Krisenproduktion vermehrt dazu verführt, Wege zu finden Krisen in einem einfach verdaubaren und zuschauerfreundlichen Format herzustellen.

Von jeder Bewegung welche ernstgenommen werden will, von jedem „Thema” wird erwartet, daß es seinen eigenen Heißluftballon starten läßt um sein Markenzeichen und seinen Zweck zu bewerben.

Deswegen sind Hungertote ein effektiveres Werbemittel für die Verarmung als Millionen unterernährter Menschen. Dämme sind nicht für Nachrichten gut, bis die von ihnen verursachten Verwüstungen gute Bilder liefern. (Und dann ist es zu spät).

Tagelang im ansteigenden Wasser eines Reservoirs zu stehen und dabei sein Haus und seine Habseligkeiten wegschwimmen zu sehen war einmal eine effektive Strategie beim Protest gegen große Dämme, aber das funktioniert nicht mehr. Die Medien langweilen sich dabei inzwischen zu tode. Also erwartet man von den hunderttausenden Menschen die von Dämmen vertrieben werden, daß sie sich neue Tricks einfallen lassen oder den Kampf aufgeben.

Bunte Demonstrationen und Wochenendmärsche sind ein kraftvoller Ausdruck, aber reichen nicht aus um einen Krieg zu verhindern. Kriege werden nur dann gestoppt werden, wenn SoldatInnen sich weigern zu kämpfen, wenn ArbeiterInnen sich weigern Waffen auf Schiffe und Flugzeuge zu laden, wenn die Menschen die wirtschaftlichen Außenposten des Imperiums, welche sich über die ganze Welt erstrecken, boykottieren.

Wenn wir Raum für zivilen Widerstand zurückerobern wollen, werden wir uns selbst von der Tyrannei der Kriesenberichterstattung und ihrer Furcht vor dem Weltlichen befreien müssen. Wir werden unsere Erfahrung, unsere Kreativität, und unsere Kunst dafür einsetzen die Methoden dieses Zustands zu hinterfragen; Methoden welche sicherstellen, daß „normal” bleibt was grausam, ungerecht, inakzeptabel ist. Wir müssen jene politischen Programme und Prozesse für alle sichtbar machen welche ganz gewöhnliche Dinge - Nahrung, Wasser, eine Unterkunft, Würde - zu einem so unerreichbaren Traum für gewöhnliche Menschen machen. Für eine erfolgreiche Prävention ist es notwendig zu verstehen, daß Krieg die Folge eines mangelhaften und ungerechten Friedens ist.

Was die Massenwiderstandsbewegungen betrifft ist es so, daß keine Menge an Berichterstattung durch die Medien eine große und starke Massenbeteiligung vor Ort ersetzen kann. Es gibt einfach keine Alternative zu altmodischer, aufwendiger, politischer Mobilisation.

Die Konzernglobalisierung hat die Distanz zwischen den Entscheidungsträgern und jenen welche die Konsequenz ihrer Entscheidungen zu ertragen haben vergrößert. Foren wie das Weltsozialforum ermöglichen es örtlichen Widerstandsbewegungen diese Distanz zu reduzieren und sich mit den Bewegungen aus den reichen Ländern zu verbinden. Diese Allianz ist wichtig und sehr fruchtvoll. Als zum Beispiel Indiens erster privater Damm, der Maheshwar-Damm gebaut wurde, hat eine Allianz zwischen Narmada Bachao Andolan (NBA), der deutschen Organisation Urgewald, der Erklärung von Bern und dem International Rivers Network in Berkeley es geschafft einige internationale Banken und Korporationen dazu zu bringen aus dem Projekt wieder auszusteigen. Das wäre ohne eine solide Widerstandsbewegung vor Ort unmöglich gewesen. Die Stimme dieser örtlichen Bewegung ist von UnterstützerInnen überall auf der Welt verstärkt worden, was die Investoren in eine peinliche Situation brachte und sie dazu zwang sich zurückzuziehen.

Eine vielzahl ähnler Allianzen welche spezifische Projekte und spezifische Konzerne als Ziel hätten, würden dabei helfen eine andere Welt möglich zu machen. Wir sollten mit den Konzernen beginnen welche mit Saddam Hussein Geschäfte machten und nun von der Zerstörung und Besatzung des Iraks profitieren.

Die NGO-isierung des Widerstandes

Eine zweite Gefahr welche die Massenbewegungen heute bedroht ist die NGO-isierung des Widerstandes. Es wird einfach sein das was ich sagen werde als eine Anklage gegen alle NGOs darzustellen. Das wäre nicht richtig. Es gibt zwar schmutzige Gewässer in welchen Schein-NGOs schwimmen die dazu gegründet werden um Geld zu machen oder um Steuern auszuweichen (in Staaten wie Bihar werden sie als Mitgift gegeben), aber es gibt auch NGOs die welche wertvolle Arbeit machen. Aber es ist wichtig die NGOs in einem breiteren politischen Kontext zu betrachten.

In Indien begann der NGO-Boom zum Beispiel in den späten 80er und frühen 90er Jahren. Er fiel mit der Öffnung indischer Märkte für den Neoliberalismus zusammen. Zu diesem Zeitpunkt reduzierte der indische Staat, um den Erfordernissen der strukturellen Anpassung zu genügen, die Finanzierung der Entwicklung ländlicher Regionen und von Bereichen wie Landwirtschaft, Engergie, Transport und öffentliche Gesundheitsversorgung. Als der Staat sich von seiner traditionelle Rolle trennte kamen NGOs um in genau diesen Bereichen zu arbeiten. Der Unterschied ist natürlich, daß die Gelder welche sie zur Verfügung haben nur ein winziger Bruchteil der Reduktionen in den öffentlichen Ausgaben sind. Die meisten großen NGOs werden von Hilfs- und Entwicklungsagenturen finanziert und patronisiert, welche wiederum von westlichen Regierungen, der Weltbank, der UNO und einigen multinationalen Konzernen finanziert werden. Obwohl sie vielleicht nicht die gleichen Agenturen sind, sind sie sicherlich Teil der selben losen politischen Formation, welche das neoliberale Projekt überwacht und den Einschnitt in der öffentlichen Finanzierung erst gefordert hat.

Warum sollten diese Agenturen NGOs finanzieren? Könnte es einfach altmodischer missionarischer Eifer sein? Schuldgefühle? Es ist ein bisschen mehr als das. NGOs vermitteln den Eindruck, daß sie das Vakuum füllen, welches der Staat zurückgelassen hat. Und das machen sie auch, aber in einem substanziell nicht relevanten Ausmaß. Ihr echter Beitrag ist, daß sie politischen Ärger entschärfen und das auf was ein jeder ein Recht haben sollte als Hilfe oder im Namen der Wohltätigkeit austeilen.

Sie verändern die Psyche der Bevölkerung. Sie machen Menschen zu abhängigen Opfern und stumpfen die Ecken des politischen Widerstandes ab. NGOs bilden eine Art Puffer zwischen dem Sarkar und der Bevölkerung. Zwischen dem Imperium und seinen Untertanen. Sie sind zu den Vermittlern, den Erklärern und den Umsetzern geworden.

Auf lange Sicht gesehen, sind NGOs ihren Finanzierern verpflichtet, nicht den Menschen mit welchen sie zu tun haben. Sie sind was BotanikerInnen eine Indikatorspezies nennen würden. Es ist fast so, daß je größer die vom Neoliberalismus verursachte Zerstörung geworden ist, umso mehr NGOs auftauchen. Nichts illustriert dies passender als das Phänomen in den USA, welche sich dazu vorbereitet in einem Land einzufallen und gleichzeitig die NGOs bereit macht um in dieser Zerstörung wieder aufzuräumen.

Um sicherzustellen, daß ihre Finanzierung nicht gefährdet ist, und daß die Regierungen der Länder in welchen sie Arbeiten ihnen weiterhin erlauben werden ihre Funktion zu erfüllen, müssen NGOs ihre Arbeit in einem hohlen Rahmen darstellen, dem der politische und historische Hintergrund herausgerissen worden ist. Oder zumindest jener historische und politische Hintergrund, den man nicht gerne hört.

Apolitische (und daher in Wirklichkeit extrem politische) Notrufe aus armen Ländern und Kriegszonen lassen diese (dunkelhäutigen) Menschen dieser (dunkelhäutigen) Länder schließlich wie pathologische Opfer aussehen. Noch ein unterernährter Inder, noch eine verhungernde Äthiopierin, noch ein afghanisches Flüchtlingslager, noch eine verkrüppelte Sudanesin ... welche alle der Hilfe des weißen Mannes bedürfen. Sie verstärken ohne es zu wissen rasisstische Vorurteile und betonen die Errungenschaften, den Komfort und das Mitgefühl (die harte Liebe) der westlichen Gesellschaft. Sie sind die weltlichen Missionare der modernen Welt.

Und schließlich spielt das für NGOs vergfügbare Kapital die gleiche Rolle in alternativer Politik, wie das spekulative Kapital welches in armen Wirtschaftsräumen ein- und wieder ausfließt, in einem geringeren Maße zwar, aber auf heimtückischere Weise. Es beginnt die Themen zu bestimmen. Es macht Konfrontationen zu Verhandlungen. Es entpolitisiert den Widerstand. Es mischt sich in regionale Bewegungen ein welche traditionell selbstständig gearbeitet hatten. NGOs haben Gelder mit welchen Menschen angestellt werden können, die sonst AktivistInnen in Widerstandsbewegungen sein könnten, aber nun fühlen, daß sie etwas sofort wirksames, konstruktives und gutes machen können (und sich ihren Lebensunterhalt verdienen, während sie das tun). Echter politischer Widerstand bietet keine solchen Abkürzungen.

Die NGO-isierung der Politik droht den Widerstand in einen respektablen, vernünftigen, bezahlten 9 Uhr früh bis 5 Uhr Nachmittags-Job zu machen. Und dazu gibts noch einige Vergünstigungen. Echter Widerstand hat echte Konsequenzen. Und er wird nicht bezahlt.

Der Kampf zwischen Zivilgesellschaft und Imperium: In Indien und anderswo

Das bringt uns zur dritten Gefahr über welche ich heute sprechen will: die gefährliche Art der eigentlichen Konfrontation zwischen Widerstandsbewegungen und immer repressiveren Staaten. Zwischen der Zivilgesellschaft und den Agenten des Imperiums.

Wann immer ziviler Widerstand die geringsten Anzeichen gezeigt hat sich von symbolischen Aktionen zu irgendetwas auch nur im entferntesten Gefährlichen zu entwickeln wurde die Unterdrückung gnadenlos. Wir haben gesehen, was bei den Demonstrationen in Seattle, in Miami, in Göteburg und in Genua passiert ist.

In den Vereinigten Staaten hat man nun den USA Patriot Act, welcher für Regierungen überall auf der Welt zu einem Entwurf für Antiterrorgesetze geworden ist. Freiheiten werden eingeschränkt, und dies wird mit dem Schutz der Freiheit gerechtfertigt. Und wenn wir einmal unsere Freiheiten aufgegeben haben, wird es eine Revolution geben müssen um sie wieder zurückzugewinnen.

Einige Regierungen haben viel Erfahrung bei der Einschränkung von Freiheiten und sehen noch immer viele Möglichkeiten dabei. Die Regierung von Indien, schon lange ein Teilnehmer bei diesem Spiel, wirft Licht auf den Pfad.

Über die Jahre hat die indische Regierung eine Vielzahl von Gesetzen erlassen welche es ihr erlauben fast jeden als terroristisch, aufständisch oder militant zu kennzeichnen. Bei uns gibt es das Militärische Sonderermächtigungsgesetz, das Gesetz für Öffentliche Sicherheit, das Gesetz für Sicherheit in besonderen Gebieten, das Gangster-Gesetz, den Terrorist and Disruptive Areas Act (den es formal zwar nicht mehr gibt, aber unter welchem noch immer Menschen vor Gericht stehen) und POTA (Gesetz zur Verhinderung von Terrorismus), was ein Breitbandantibiotikum gegen die Krankheit des Dissens ist.

Es werden noch weitere Schritte unternommen, wie Gerichtsurteile, welche darauf hinauslaufen die Redefreiheit einzuschränken, Regierungsangestellten das Recht zu streiken nehmen, und Menschen das Recht auf einen Lebensunterhalt nehmen. Gerichte haben begonnen unsere Lebenweise in Indien zu bestimmen. Und die Gerichte zu kritisieren ist strafbar.

Die Zahl jener Menschen welche im letzten Jahrzehnt von Polizei- und Sicherheitskräften geötet worden ist muß in Zehntausenden angegeben werden. Im Staat Andhra Pradesh (dem Vorzeigemodell für Konzernglobalisierung in Indien) werden pro Jahr im Durchschnitt etwa 200 „ExtremistInnen” bei etwas das „Zusammenstöße” genannt wird getötet. Die Polizei in Bombay gibt damit an, wieviele „Gangster” sie in „Shoot Outs” erschossen hat. In Kashmir, wo ein Zustand herrscht der eine Art von Krieg darstellt, wurden seit 1989 ungefähr 80.000 Menschen getötet. Tausende sind einfach „verschwunden”. In den nordöstlichen Provinzen ist die Situation ähnlich.

In den letzten Jahren hat die indische Polizei häufig Feuer auf unbewaffnete Menschen eröffnet, meistens Daliten und Adivasis. Die bevorzugte Methode ist es sie umzubringen und sie dann TerroristInnen zu nennen. Indien steht hier aber nicht alleine da. Wir haben gesehen wie ähnliches in Ländern wie Bolivien, Chile und Südafrika passiert ist. In der Ära des Neoliberalismus ist Armut ein Verbrechen und Widerstand gegen sie wird vermehrt als Terrorismus bezeichnet.

In Indien wird POTA (Prevention of Terrorism Act) auch oft Production of Terrorism Act genannt. Es ist ein vielseitig einsetzbares, für alles verwendbares Gesetz, das genausogut gegen ein Mitglied Al-Kaidas wie gegen einen verärgerten Buschauffeur angewendet werden kann. Wie bei allen Antiterrorgesetzen ist die Genialität hinter POTA, daß es sein kann, was auch immer die Regierung gerade braucht. Nach dem Pogrom in Gujarat vom Jahr 2002, in welchem etwa 2.000 MuslimInnen brutal von Hindumobs getötet worden sind und 150.000 von ihren Häusern vertrieben wurden, sind 287 Menschen unter POTA angeklagt worden. Von diesen sind 286 MuslimInnen und einer ein Sikh.

POTA läßt unter Polizeigewahrsam erhaltene Geständnisse als Beweismittel vor Gericht zu. Das führt dazu, daß Folter die Nachforschungen ersetzt. Das South Asia Human Rights Documentation Center berichtet, daß es in Indien die meisten Folterungen und Todesfälle während der Inhaftierung weltweit gibt. Regierungsdaten zeigen, daß es allein 2002 1.307 Todesfälle in Polizeigewahrsam gegeben hat.

Vor einigen Monaten war ich Mitglied eines Volkstribunals welches sich mit POTA befasste. Während einer Dauer von zwei Tagen hörten wir uns entsetzliche Berichte darüber an, was in unserer wundervollen Demokratie vor sich geht. Es gibt alles - von Leuten welche dazu gezwungen werden Urin zu trinken, denen das Gewand vom Leib gerissen wird, die gedemütigt werden, denen elektrische Schocks gegeben werden, die mit Zigaretten verbrannt werden, denen Eisenstäbe in den After geschoben werden, die zu Tode geschlagen und getreten werden. Die neue Regierung hat versprochen POTA aufzuheben. Ich wäre überascht wenn das passiert, bevor eine neue Gesetzgebung unter einem anderen Namen in Kraft getreten ist. Wenn es nicht POTA ist, dann wird es MOTA sein, oder etwas ähnliches.

Wenn jeder Weg des gewaltfreien Widerstandes gesperrt wird und jeder der gegen die Verletzung von Menschenrechten protestiert Terrorist genannt wird, sollten wir dann wirklich überrascht sein, wenn große Teile des Landes von jenen überrannt werden, welche an einen bewaffneten Kampf glauben und mehr oder weniger außerhalb der Kontrolle des Staates stehen: in Kashmir, in den nordöstlichen Provinzen, in großen Teilen von Madhya Pradesh, Chattisgarh, Jharkhand und Andhra Pradesh. Die einfachen Menschen in diesen Regionen sind zwischen der Gewalt der Militanten und der des des Staates gefangen.

Die Armee schätzt, daß in Kashmir zu jeder Zeit zwischen 3.000 und 4.000 Militante operieren. Um sie zu kontrollieren setzt der indische Staat dort etwa 500.000 SoldatInnen ein. Es sind offensichtlich nicht nur die Militanten welche die Armee kontrollieren will, sonderen eine ganze Bevölkerung von gedemütigten unglücklichen Menschen welche die indische Armee als eine Besatzungsmacht betrachten.

Das Militärische Sonderermächtigungsgesetz erlaubt es nicht nur Offizieren sondern auch niedrigrangigerem Personal der Armee Gewalt gegen jede Person anzuwenden, und sie auch zu töten, wenn sie verdächtigt wird, die öffentliche Ordnung zu stören. Es wurde 1958 zunächst für einige Gebiete in Manipur erlassen. Heute wird es beinahe im ganzen Nordosten und in Kaschmir angewandt. Die Berichte von Folterungen, Verschwundenen, Todesfällen während der Gefangenschaft, Vergewaltigungen und Massenhinrichtungen durch Sicherheitskräfte ist genug um einem den Magen umzudrehen.

In Andhra Pradesh, in einem der bedeutendsten Staaten Indiens, ist die die marxistisch-leninistische Volkskriegsgruppe seit Jahren an einem gewalttätigen bewaffneten Konflikt beteiligt und war das Hauptziel bei vielen vorgetäuschten „Zusammenstößen” der Polizei Andhra Pradeshs. Sie hielten am 28. Juli 2004 in der Stadt Warangal ihr erstes öffentliches Treffen seit Jahren.

Hunderttausende Menschen kamen. Unter POTA gelten diese nun alle als TerroristInnen. Wird man sie alle in einer indischen Version von Guntanamo Bay einsperren?

Der ganze Nordosten und das Kaschmirtal stehen vor einem Aufruhr. Was wird der Staat mit diesen millionen Menschen machen?

Es gibt heute keine Diskussion auf der Welt welche wichtiger ist, als die Debatte über die Strategien des Widerstandes. Und die Wahl der Strategie ist nicht ganz in den Händen der Bevölkerung. Sie liegt auch in den Händen des Sarkars.

Denn wenn die USA den Irak in jener Art überfällt und besetzt wie sie es gemacht hat, nämlich mit überwältigender militärischer Übermacht, kann man vom Widerstand dann erwarten, daß er ein gewöhnlicher militärischer sein wird? (Natürlich würde er auch terroristisch genannt werden, wenn er ein gewöhnlicher wäre.) Auf eine seltsame Art macht das Arsenal von Waffen und konkurrenzloser Luftwaffe und Feuerkraft den Terror zur unausweichlichen Antwort. Was den Menschen an Geld und Macht fählt, werden sie durch Verborgenheit und Strategie wettzumachen versuchen.

Wenn die Staaten in diesen unruhigen Zeiten, die einem zur Verzweiflung bringend können, nicht alles tun um die gewaltfreien Widerstandsbewegungen anzuerkennen, dann privilegieren sie automatisch jene welche sich der Gewalt zuwenden. Keine Verurteilung des Terrorismus durch einen Staat ist glaubwürdig, wenn dieser nicht vorzeigen kann, daß er offen für Veränderungen durch gewaltfreien Dissens ist.

Aber anstelle dessen werden gewaltfreie Widerstandsbewegungen zerschlagen. Jede Art von politischer Massen-mobilisierung oder -Organisation wird bestochen, gebrochen oder einfach ignoriert.

Inzwischen widmen die Staaten, die Konzernmedien, und vergessen wir nicht die Filmindustrie, ihre Zeit, ihre Aufmerksamkeit, ihre Technologie, ihre Forschung und ihre Bewunderung dem Krieg und dem Terrorismus. Die Gewalt ist vergöttlicht worden.

Die Botschaft die daraus hervorgeht ist beunruhigend und gefährlich: Wenn du versuchen willst einem Ärger der Bevölkerung Ausdruck zu verleihen, ist Gewalt effektiver als Gewaltfreiheit.

Während die Kluft die Arm und Reich trennt größer wird, während die Notwendigkeit immer akuter wird die Ressourcen der Welt zuzuweisen und zu kontrollieren um die große kapitalistische Maschine zu füttern, wird der Aufruhr sich verstärken.

Für jene von uns welche auf der falschen Seite des Imperiums leben, wird die Demütigung unerträglich.

Jedes irakische Kind welches von den Vereinigten Staaten getötet worden ist war unser Kind. Jeder Gefangende der in Abu Ghraib gefoltert worden ist war unser Kamerad. Jeder ihrer Schreie war unserer. Wenn sie gedemütigt werden, so sind es wir die gedemütigt werden. Die US SoldatInnen welche im Irak kämpfen - zum Großteil Freiwillige aus einer Konskription in Kleinstädten und armen Stadtteilen - sind genauso Opfer dieses schrecklichen Vorgangs wie die IrakerInnen, einem Vorgehen das von ihnen fordert für einen Sieg zu sterben, der niemals ihrer sein wird.

Die Mandarine der Konzernwelt, die CEOs, die Bankiers, die PolitikerInnen, die RichterInnnen und Generäle sehen von oben auf uns herab und schütteln ernst ihre Häupter. „Es gibt keine Alternative”, sagen sie. Und lassen wir die Hunde des Kriegs von den Ketten.

Dann kommt aus den Ruinen Afghanistans, den Schutthaufen des Iraks und Tschetscheniens, von den Straßen des besetzten Palästinas, aus den Bergen Kaschmirs, von den Hügeln und Prärien Kolumbiens und aus den Wäldern Andhra Pradehs und Assms die kalte Antwort: „Es gibt keine Alternative, außer dem Terror”. Terrorismus. Bewaffneter Kampf. Aufstand. Nenne es wie du willst.

Terrorismus ist bösartig, ekelhaft und entmenschlicht sowohl diejenigen die ihn ausüben wie auch seine Opfer. Aber genauso tut es der Krieg. Man könnte sagen, daß der Terrorismus die Privatisierung des Krieges ist. TerroristInnen sind die Freihändler des Krieges. Es sind Leute die nicht glauben, daß der Staat ein Monopol auf die legitime Anwendung von Gewalt hat.

Die menschliche Gesellschaft steuert einen furchtbaren Ort an.

Natürlich gibt es eine Alternative zum Terrorismus. Sie wird Gerechtigkeit genannt.

Es wird Zeit zu erkennen, daß keine noch so große Zahl nuklearer Waffen oder Daisy Cutters, weder eine Full-spectrum Dominance noch falsche Regierungsräte oder Loya Jirgas den Frieden auf Kosten der Gerechtigkeit kaufen können.

Das Verlangen nach Hegemonie und Übermacht von manchen wird dazu führen, daß andere sich mit noch stärker nach Würde und Gerechtigkeit sehnen.

Welche Form der Kampf haben wird, ober er wunderschön oder blutdürstig sein wird, hängt von uns ab.

Übersetzt von: Matthias
Democracy Now! / ZNet 24.08.2004

LG. Pegus

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Re: Wer Profetiert v. d. Wahrheit?

Hallo Pegus,

danke für die Neuigkeiten von Arundhati Roy. Ich muss mir das Ganze aber erst in Ruhe durchlesen.

Noch ein schönes Wochenende,
liebe Grüße,
Eva

i>"Wenn eine freie Gesellschaft den vielen, die arm sind, nicht helfen kann, so kann sie auch jene nicht retten, die reich sind" John F. Kennedy

Wiederwahl von George W. Bush ?????

Ist bei der Wiederwahl von George W. Bush vielleicht doch nicht alles mit rechten Dingen zugegangen? Wissenschaftler der University of California in Berkeley haben herausgefunden, dass es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Verwendung elektronischer Wahlmaschinen und einem überproportional hohen Stimmenanteil für George W. Bush gibt.

Analysiert wurden unter anderem Faktoren wie Wahlbeteiligung, Wählerregistrierung, Wechselwählertrends und ethnische Herkunft der Einwohner, wie der Onlinedienst Heise.de berichtet. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass überall dort, wo elektronische Wahlmaschinen zum Einsatz kamen, Bush deutlich mehr Stimmen bekam, als eigentlich zu erwarten gewesen wären.

Die Berkeley-Wissenschaftler stützen damit Vorwürfe des US-Politikers Jeff Fisher, der schon kurz nach der Wahl statistische Auffälligkeiten in Gegenden, wo Wahlstimmen eingescannt wurden, ausgemacht hatte. In der Summe kommen Hout und seine Kollegen auf 130.000 bzw. 260.000 irreguläre Stimmen - je nachdem, ob es sich dabei um "Ghost-Votes" handelte, also Stimmen, die Bush einfach hinzugerechnet wurden, oder um tatsächlich abgegebene Stimmen, die vorsätzlich geändert wurden, mit dem Ergebnis, dass nicht nur Bush Stimmen mehr, sondern Kerry gleichzeitig die selbe Anzahl Stimmen weniger erhielt. Laut Wahlbehörde Floridas hatte Bush den Staat mit einem Vorsprung von 380.000 Stimmen gewonnen.

Auffällig ist nach Angaben der Wissenschaftler auch, dass insbesondere dort, wo Demokraten traditionell ihre Hochburgen in Florida haben, Bush die meisten Extra-Stimmen erhielt. Allein für Broward County ermittelten die Forscher rund 76.000 "Bush-Stimmen", die "mit 99,9-prozentiger Sicherheit" nicht mit Veränderungsprozessen in der Bevölkerung erklärt werden können. Die Wissenschaftler sehen in den Zahlen vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass entweder schon vor der Wahl die Wahlmaschinen mit Stimmen gefüttert wurden oder dass das Ergebnis nach dem Wahlgang durch Software-Manipulationen oder Hacker-Angriffe beeinflusst wurde.

PS: Dir auch ein sehr gemütliches WE. Eva...
LG: Pegus

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Re: Scharon fordert Entwaffnung......

Ja, da hast schon Recht Eva, dass ich das von der A. Roy wegen Dir abkopiert habe. Deine Begeisterung für die Dame ist mir natürlich nicht entgangen. Möglicherweise, dass meine ich Ernst, wird Sie mal einen Nobelpreis abbekommen. Spräche viel dafür!<...
Cüss, Pegus
PS: Soll ein Geistphoto sein. w.u.
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Re: Scharon fordert Entwaffnung......

Hallo Pegus,

danke! :-)

Ich denke, Arundathi Roy könnte nicht nur einmal einen Nobelpreis bekommen, sondern wäre eine gute Anführerin, um endlich etwas auf dieser Welt zu ändern.

Ob das wirklich ein Geist auf dem Foto ist, ist schwer zu sagen. Man müsste es etwas genauer untersuchen, möglich wäre es.

Liebe Grüsse,
Eva

"Wenn eine freie Gesellschaft den vielen, die arm sind, nicht helfen kann, so kann sie auch jene nicht retten, die reich sind" John F. Kennedy

Re: Scharon fordert Entwaffnung......

hallo ihr
ich habe mir die mühe gemacht die rede von Roy durchzulesen.
auch wenn ich mich jetzt mal wieder unbeliebt mache....aber wenn diese frau den nobelpreis verdient hat,dann hat ihn auf der anderen seite arnold schwarzenegger auch verdient.
ich stelle hier nur 2 extreme gegenüber.

am anfang konnte man es noch gut lesen....aber zur mitte hin las es sich wie die doktrin von attac.

es werden die vorfälle von seatle 1999 erwähnt.
unterschwellig erkennt man ihre symphatie für die gewalt die in seatle,und seid dem auf allen weltwirtschaftsgipfeln von demomstranten ausgeübt wird.

ich kann mir gut vorstellen,das hier einiges in Ihre rede von "wir bauen eine bessere welt - menschen" eingefügt wurde.
wenn dem nicht so ist,und es vollständig nur Ihre rede ist...dann möge uns gott von ihr als weltführerin bewahren.
ich vermisse nämlich neutralität und den versuch zwischen dem imperium und dem volk zu vermitteln.denn das müsste eine weltführerin.
wer glaubt das man das imperium so ohne weiteres durch eine "bessere welt" ersetzen kann,der ist als weltfühererIn ungeeignet.

(ich ziehe jetzt schonmal den kopf ein :-)) )

liebe grüsse

A. Roy

Hi Bube_der_Staebe, diess Privileg wird wohl Eva geniessen *lol*...
Eva, kennt die Dame besser, und dürfte A.Roys Protokolle sowie Aufrtitte besser kennen, als wir andern hier. Viel Vergnügen B. ;-)
LG. Pegus

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Re: Scharon fordert Entwaffnung......

Hallo ihr,

mir war Arundhati Roy bisher völlig unbekannt.
Habe nun erstmals etwas über diese Frau gelesen.

@ Bube der Stäbde
Ich glaube, dass eine einzelne Rede nicht ausreicht, sich ein Bild über eine Person zu machen.
Zumal in dieser Rede hauptsächlich eine detaillierte Zusammenfassung der weltlichen Zustände dargestellt wurde, verbunden mit wichtigen politischen Ereignissen.
Natürlich schon aus ihrer Sichtweise, doch gewährt es mir zu wenig Einblick, um sagen zu können" Möge uns Gott vor solch einer Weltführerin behüten" oder aber "Arundhati wäre eine geeignete Weltführerin".

Doch daran sehen wir wieder, wie unterschiedlich die Individuen Bilder in ihrem Herzen tragen, was eine "neue Welt" betrifft und wie die Umsetzung dorthin und mit wem machbar wäre.

Ich persönlich glaube grundsätzlich, dass dieser festgefahrene Karren und damit bezeichne ich allgemein die Welt als Karren in diesem Falle, nicht mehr auf diplomatischem Wege herauszuziehen ist aus dem Dreck.
Egal mit welchem/welcher WeltführerIn, es ist so ein nicht enden wollender Kreislauf, der Millionen von kleinen Verbindungen in sich trägt, die abgeändert gehören. Für einen , für zwei oder auch fünf auf einander folgende WeltführerIN in einem Zeitraum von 100 Jahren und viel länger nicht abzuändern.
Doch diese Zeit steht nicht zur Verfügung!
Alles ist so verzwickt und hängt in einander gebunden, dass nur eine komplette Auflösung es beenden kann, um danach etwas vollständig Neues konzipieren zu können.
Denn wir mal ganz ehrlich sind udn uns jedes Land auf der Welt wirklich aus neutraler Sicht betrachten und wie diese Länder mit einander verbunden sind, allein durch das politische Geflecht etc...uns deren Zustände ansehen, auch das "miteinander" jedes einzelnen Menschen mit anderen beschauen, glaubt ihr wirklich die großen Mächte wären bereit ihren Status abzugeben, für die Gerechtigkeit, für das Wohl aller...?
Machen wir uns doch nichts vor, SIE SIND DARAN DEFINITIV NICHT INTERESSIERT.
Und dies kann ich mir nicht schön reden, denn es ist Tatsache, dass leider die Welt regiert wird im Mantel des Schattens.
Da wird man mit diplomatischen Verhandlungen bei diesen Mächten wohl kaum ankommen. Leider!
Und selbst wenn man irgendwo einen Anknüpfungspunkt finden würde, um alles langsam mal in eine andere Bahn bringen zu können, wie lange würde es dauern, bis sich auf diesem Wege alles auf der Welt zum Guten ändern würde?
Die Erde atmet schwer, die Zeit läuft davon, die wir längst nicht mehr haben, jedenfalls nicht den nötigen großen Zeitabstand, den wir auf diesem Wege der Lösung benötigen würden.
Was hat sich in den letzten 10 Jahren denn getan?
Wurde der Karren selbst auch nur 1 cm aus dem Dreck gezogen?
Ich muss leider sagen: NEIN!
Man stampfte ihn nur noch tiefer in den modrigen Morast hinein.
Lediglich das Denken einer noch viel zu geringeren Masse hat sich verändert zum Positiven. Bewusstseinentwicklungen fanden stand unter der Bevölkerung. Extrem in den Jahren 1999-2003.
Und dennoch ist es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

In meinen Augen hat sich der festgefahrene Karren entwickelt zu einer tickenden Zeitbombe und das wohl längst nicht erst seit ein paar Jahren. Nur wird es jetzt eben sehr stark bewusst, wo man hilflos auf den Karren schaut und nicht weiss, wie man ihn aus dem Mist bewegen könnte. Denn jedes herum rütteln an dem Karren könnte wohl schon bewirken, dass er in der Luft explodiert, so viel Spannung ist auf diesem "Ding" drauf.
Ihn sacht Stück für Stück zu bewegen, wäre eine sehr friedliche Lösung, mit möglichst wenig "Schaden".
Aber wie schon erwähnt, die "Step by Step-Stufe" kann nicht durchgeführt werden, aufgrund der fehlenden Zeit.

Die Erde, die Menschen, die Tiere...auf gut Deutsch gesagt: "sie sind fertig". Sie können nicht mehr! Es ist als wäre nur noch wenig Atem vorhanden, als entzöge man einem Raum immer mehr Sauerstoff und alles japst nur noch nach Luft.

Entweder es gäbe ein Wunder oder es endet in einem Disaster, weil es anders nicht mehr zu beenden wäre.

Es hat sich leider in den letzten zehn Jahren die Situation nicht verbessert, sondern drastisch verschlechtert, egal in welchen Bereichen man hinsieht.
Und noch immer steuert man in diese Richtung! In die Richtung, in der seit Jahrhunderten alles gesteuert wurde und nun liegt das endgültige Resultat fast vor.
Dies ändern auf einen Abschnitt von 10, 20 ....30 Jahren?
Schier unmöglich bei diesen Zuständen und Machtbewegungen, die die Oberhand haben!

Meine Meinung hat nichts mit Resignation zu tun oder dass ich keine Hoffnugn hätte. Nein, gewiss nicht.
Ich habe sogar extrem große Hoffnungen für diese Welt und ich weiss, wie viele andere auch, dass ganz am Ende es nur zum Guten sich wenden KANN und nicht anders möglich ist, weil die Schöpfung es nicht zulassen wird, dass das eigene Erschaffene - unsere Welt mit allem drum und dran- vergehen wird.
Und sicherlich wird es eines Tages eine wunderbare neue Zeit geben und das dunkle Alte, was uns jetzt noch umgibt, wird wie eine Legende nur noch erscheinen.

Ich hätte niemals geglaubt, dass ich folgenden Satz aussprechen könnte:
"Ein Krieg für die Liebe"

Mit Liebe meine ich die allumfassende Liebe zu Allem! Zu jedem Ding, zu jedem lebenden Wesen und die Liebe zu allen erschaffenen Dingen.
Ich weiss, es klingt hart, es klingt banal und so widersprüchlich.
Wie kann ich das Wort Liebe nur mit Krieg in Verbindung bringen, nicht wahr?
Ich habe über diesen Satz oftmals gehangen, ihn aufgeschrieben, betrachtet, geweint, verzweifelt mir angesehen udn WOLLTE diesen Satz nicht verstehen. Kämpfte gegen ihn an, wie ein kleines Staubkorn gegen einen Wüstensturm.

Doch mittlerweile ist er für mich persönlich zu einer grausamen Wahrheit geworden, aber gleichzeitig, so verrückt wie es klingen mag, auch zu einer befreienden Wahrheit.
Denn anders wird es wohl kaum möglich sein, die Erde von diesen Schergen der "dunklen Macht" zu befreien udn das vor allem rechtzeitig.

Vielleicht werden viele von euch es nicht nachvollziehen können, was ich hier sage. Ich konnte es ja eine zeitlang nicht einmal selbst.

Wäre es auf einem anderen Wege machbar in kürzester Zeit, ich glaube ein Großteil der "Erwachten" würden sogar dafür freiwillig ihr Leben schenken, um unseren Nachkommen und unseren Kindern, eine friedvolle Welt hinterlassen zu können.

Leider kommt keine Fee und zieht mit ihrem Licht durch die Welt , umkreist einmal mit ihrem Glitterflimmer die Köpfe dieser finsteren Machthaber, dass sie morgen schon einen totalen Bewusstseinwandel erleben und all ihre Anschauungen über Board werfen, um den Menschen Frieden und der Erde den nötigen Atem zu schenken, den sie brauchen.
Sie WOLLEN die Notdürftigen in dieser Welt nicht helfen!
Auch nicht in den kommenden Jahren.
Ganz im Gegenteil.
Sie sitzen auf ihren Thron und werden sich von diesem nicht freiwillig hinunter schubsen lassen.
Und will man diesen Thron stürzen, so wird es nicht ausreichen, dass ein Narr sich vor ihnen niederkniet und darum höflichst bittet, dass wir Gerechtigkeit brauchen, dass Überfluss geteilt werden kann mit den Ärmsten der Armen, dass wir Liebe brauchen und Hoffnung...etc..
Der auf dem Thron dort sitzt, er lacht diesen Narr aus, denn er kennt keine Liebe. Er kennt nur Macht und versinkt in diesem berauschendem Gefühl. Einen Drogenabhängigen heilt man nicht in einer Stunde und schon gar nicht, wenn der Wille nicht vorhanden ist.

Will man diese Welt vor dem totalen Zerfall retten, geht es eines Tages nur mit Knall und Fall, weil sie sonst jämmerlich ersticken würde.
Zumindestens sehe ich nach den Veränderungen der letzten Jahre, keinen anderen Weg mehr.

Die Zeitbrücke, die man baute, wir befinden uns mitten drauf.
Und dieser Zeitraum, der noch zur Verfügung steht, scheint geringer zu sein, wie manch einer glaubt.

Ich wünsche allen alles Liebe und Gute und trotz meiner nicht so aufbauenden Worte, einen wunderschönen Sonntag.

LG
Arka

n Allem kannst du das Nichts erkennen und im Nichts All-ES!

Re: Scharon fordert Entwaffnung......

Ich habe hier mal noch etwas gelesen über Arundhati Roy und füge dies mal hier ein, da ich ihre Ansichten schon sehr interessant finde:

Die neue korporative Befreiungstheologie
Ansprache von Arundhati Roy. Die indische Schriftstellerin bei der Entgegennahme des Sydney Friedenspreises über den Irak-Krieg und die Hymne der Neoliberalismus: Befreie die Märkte. Knebele das Volk

Von Arundhati Roy - The Hindu / Junge Welt 11.11.2004

Als der Sydney Friedenspreis dieses Jahres verkündet wurde, stellten jene, die mich gut kennen, einige hinterlistige Fragen: Warum geben sie den Preis der größten Unruhestifterin, die wir kennen? Hat ihnen denn niemand gesagt, dass sie keinen friedlichen Knochen im Leibe hat? Und, denkwürdig, Arundhati Didi (in Hindi die Bezeichnung für ältere Schwester - H.K.), was ist der Sydney Friedenspreis? Gab es einen Krieg in Sydney, den du beenden halfst?

Aus meiner Sicht muss ich sagen, dass ich höchst erfreut bin, den Sydney Friedenspreis zu erhalten. Aber ich muss ihn akzeptieren als einen Literaturpreis, der eine Schriftstellerin für ihr Werk ehrt, weil im Gegensatz zu vielen Tugenden, die mir fälschlich zugeschrieben werden, ich keine Aktivistin bin, nicht die Führerin einer Bewegung und gewiss nicht die “Stimme der Stimmlosen”. (Wir wissen natürlich, dass es so etwas wie “Stimmlose” nicht gibt. Es gibt nur die absichtlich zum Schweigen Gebrachten oder die vorzugsweise Ungehörten.) Ich bin eine Schriftstellerin, die nicht beanspruchen kann, jemanden zu repräsentieren, außer mich selber. Selbst wenn ich es also gern tun würde, wäre es vermessen zu sagen, dass ich diesen Preis im Namen jener annehme, die in den Kampf der Machtlosen und der Rechtlosen gegen die Mächtigen involviert sind. Dennoch könnte ich sagen, ich akzeptiere ihn als Ausdruck der Sydney Friedensstiftung von Solidarität mit einer Art von Politik und Weltbetrachtung, die Millionen von uns rund um den Globus teilen.

Alarmierender Paradigmenwechsel
Es mag ironisch scheinen, dass einer Person, die die meiste Zeit damit verbringt, über Strategien des Widerstands nachzudenken, und Pläne schmiedet, den vermeintlichen Frieden zu stören, ein Friedenspreis verliehen wird. Sie müssen sich erinnern, ich komme aus einem im wesentlichen feudalen Land - und es gibt nur wenig beunruhigendere Dinge als einen feudalen Frieden. Manchmal liegt Wahrheit in alten Klischees. Es kann keinen wirklichen Frieden ohne Gerechtigkeit geben. Und ohne Widerstand wird es keine Gerechtigkeit geben.

Heute wird nicht allein die Gerechtigkeit, sondern die Idee von Gerechtigkeit attackiert. Der Angriff auf verletzliche, fragile Sektionen der Gesellschaft ist plötzlich so komplett, so grausam und so clever - alle erfassend und doch spezifisch gezielt, dreist brutal und doch unglaublich heimtückisch -, dass seine reine Unverschämtheit unsere Definition von Gerechtigkeit zerfressen hat. Er hat uns gezwungen, unser Augenmaß zu reduzieren und unsere Erwartungen zu beschneiden. Selbst unter den Gutwilligen wird das expansive, großartige Konzept von Gerechtigkeit allmählich ersetzt durch das reduzierte, bei weitem zerbrechlichere Predigen von “Menschenrechten”.

“Gerechtigkeit für die Reichen”
Denkt man darüber nach, entdeckt man einen alarmierenden Paradigmenwechsel. Der Unterschied ist, dass Begriffe von Gleichheit, von Parität verwässert und abgeschwächt werden. Es ist ein Prozess von Abnutzung und Zermürbung. Fast unbewusst beginnen wir an Gerechtigkeit für die Reichen und an Menschenrechte für die Armen zu glauben. Gerechtigkeit für die Corporate World (Welt der Großunternehmen), Menschenrechte für ihre Opfer. Gerechtigkeit für Amerikaner, Menschenrechte für Afghanen und Iraker. Gerechtigkeit für Indiens obere Kasten, Menschenrechte (wenn überhaupt) für Dalits und Adivasi (Kastenlose und Ureinwohner - H.K.). Gerechtigkeit für weiße Australier und Menschenrechte für Aborigines und Immigranten (meistens nicht einmal das).

Es wird mehr als deutlich, dass das Verletzen von Menschenrechten ein fester und notwendiger Teil des Prozesses der Verwirklichung einer Zwangs- und ungerechten politischen und wirtschaftlichen Struktur in der Welt ist. Ohne die Verletzung von Menschenrechten in einem enormen Ausmaß würde das neoliberale Projekt im Traumreich von Politik verbleiben. Aber zunehmende Menschenrechtsverletzungen werden dargestellt als unglückliche, fast zufällige Nebenerscheinungen eines ansonsten politisch und ökonomisch akzeptablen Systems. Als wären sie ein kleines Problem, das mit Hilfe einiger Extraaufmerksamkeit von Nichtregierungsorganisationen bereinigt werden kann. Deshalb werden in Konfliktgebieten - in Kaschmir oder in Irak beispielsweise - Menschenrechtsaktivisten mit einem Maß von Verdächtigung betrachtet. Viele Widerstandsbewegungen in armen Ländern, die gegen gewaltiges Unrecht ankämpfen und die Prinzipien von “Befreiung” und “Entwicklung” hinterfragen, sehen Menschenrechtsorganisationen als moderne Missionare an, die gekommen sind, um dem Imperialismus seine schmutzigen Ränder zu nehmen, politische Wut zu kanalisieren und den Status quo zu erhalten.

Die Invasion im Irak
Es ist erst ein paar Wochen her, da hat die Mehrheit der Australier Premier John Howard wiedergewählt, unter dessen Führung Australien an der illegalen Invasion und Okkupation Iraks teilgenommen hat. Die Invasion Iraks wird mit Gewissheit in die Geschichte als einer der feigsten Kriege eingehen. Es war ein Krieg, in dem eine Bande von reichen Nationen, ausgerüstet mit genügend Kernwaffen, um die Welt mehrfach zu zerstören, ein armes Land einkesselte, es fälschlich des Besitzes von Kernwaffen bezichtigte, die Vereinten Nationen zwang, es zu entwaffnen, es dann überfiel, besetzte und nun dabei ist, es zu verkaufen.

Ich spreche von Irak, nicht weil jeder darüber redet (schlimm genug auf Kosten anderen Horrors, der sich dadurch im Dunkeln an anderen Plätzen entfalten kann), sondern weil es ein Zeichen dafür ist, was wir zu erwarten haben. Irak markiert eine Möglichkeit, die Kabale zwischen Corporate World und Militär, die als “Imperium” bekannt geworden ist, bei der Arbeit zu beobachten. Im neuen Irak sind die Handschuhe ausgezogen.

Während der Kampf um die Kontrolle der Weltressourcen sich intentiviert, erfährt der ökonomische Kolonialismus durch formale militärische Aggression ein Comeback. Irak ist die logische Kulmination des Prozesses von korporativer Globalisierung, in der Neokolonialismus und Neoliberalismus verschmolzen sind. Wenn wir es wagten, hinter den Vorhang von Blut zu blicken, so würden wir die gnadenlosen Transaktionen sehen, die hinter der Bühne ablaufen. Doch zuerst die Bühne selbst.

1991 führte US-Präsident George Bush senior die Operation Wüstensturm. Zehntausende Iraker wurden in dem Krieg getötet. Irakische Felder wurden mit 300 Tonnen abgeschwächtem Uran bombardiert, was ein vierfaches Ansteigen von Krebserkrankungen bei Kindern verursachte. Mehr als 13 Jahre lang haben 24 Millionen Iraker in einer Kriegszone gelebt, in der ihnen Nahrung und Medikamente und sauberes Wasser verwehrt wurden. Im Trubel der US-Wahlen erinnern wir uns, dass das Niveau an Grausamkeiten nicht flukturierte, egal, ob die Demokraten oder die Republikaner im Weißen Haus waren. Eine halbe Million irakischer Kinder starb wegen der Wirtschaftssanktionen vor der “Operation Schock und Schrecken”.

“Wir zählen keine Toten”
Bis vor kurzem hatten wir keine Vorstellung davon, wieviele Iraker getötet wurden, während es sorgfältig registriert wurde, wieviele US-Soldaten ihr Leben verloren. US-General Tommy Franks sagte: “Wir zählen keine Toten” (und meinte irakische). Er hätte hinzufügen können: “Wir folgen auch der Genfer Konvention nicht.” Eine neue, detaillierte Studie, vom medizinischen Journal Lancet veröffentlicht, schätzt, dass 100.000 Iraker seit der Invasion 2003 ihr Leben ließen. Das sind 100 Säle, wie dieser hier, voll von Toten. Das sind 100 Säle voll von Freunden, Eltern, Kindern, Kollegen, Liebenden - wie Sie. Der Unterschied ist, dass heute nicht viele Kinder anwesend sind - vergessen wir nicht Iraks Kinder. Technisch wird dieses Blutbad Präzisionsbombardieren genannt. In gewöhnlicher Sprache nennt man es Abschlachten.

Das meiste davon ist Allgemeinwissen. Jene, die die Invasion unterstützen und für die Invasoren votieren, können sich nicht hinter Ignoranz verstecken. Sie müssen wirklich glauben, dass diese epische Brutalität richtig und gerecht ist oder zumindest akzeptabel, weil sie in ihrem Interesse erfolgt.

Die “zivilisierte, moderne” Welt - gewissenhaft auf einem Erbe von Genozid, Sklaverei und Kolonialismus errichtet - kontrolliert jetzt das meiste Öl der Welt. Und die meisten Waffen der Welt, das meiste Geld der Welt. Und die meisten Medien der Welt, die eingebetteten korporativen Medien, in denen die Doktrin von freier Rede ersetzt wurde durch die Doktrin von freier Rede, wenn du zustimmst.

Der UN-Waffenchefinspektor Hans Blix sagte, er fand kein Beweismaterial für Kernwaffen in Irak. Jedes von den Regierungen der USA und Großbritanniens vorgeführte Beweisstückchen erwiesen sich als falsch - ob es Berichte von Saddam Husseins Urankäufen in Niger oder der vom britischen Geheimdienst waren, der sich als Plagiat einer alten Studentendissertation herausstellte. Und trotzdem brachten im Vorfeld des Krieges die “respektabelsten” Zeitungen und TV-Kanäle in den USA Schlagzeilen über “Beweise” von Iraks Arsenal an Kernwaffen. Es stellte sich heraus, dass die Quelle der fabrizierten “Beweise” Ahmed Chalabi war, der (wie General Suharto in Indonesien, General Pinochet in Chile, die Taliban und natürlich selbst Saddam Hussein) mit Millionen Dollar von der guten alten CIA gespickt worden war.

Und so wurde ein Land in die Vergessenheit gebombt. Es ist wahr, dass es einiges Gemurmel von Entschuldigungen gibt. Sorry für diese Leute, aber wir müssen wirklich weiterziehen. Neue Gerüchte treffen ein über Kernwaffen in Iran und Syrien. Und raten Sie mal, wer von diesen neuerlichen Gerüchten berichtet. Dieselben Reporter, die falsche Erstmeldungen über Irak brachten, das ernstlich eingebettete A-Team.

Der Chef der britischen BBC musste zurücktreten, und ein Mann beging Selbstmord, weil ein BBC-Reporter die Blair-Administration angeklagt hatte, Geheimdienstberichte über Iraks Massenvernichtungswaffenprogramm frisiert zu haben. Aber der Führer Britanniens behält seinen Job, auch wenn seine Regierung viel mehr machte als Geheimdienstberichte zu frisieren. Sie ist verantwortlich für die illegale Invasion eines Landes und den Massenmord an dessen Volk.

Kriegsverbrecher Bush
Vom Besucher Australiens, wie ich, erwartet man Antwort auf folgende Fragen, wenn er den Visaantrag ausfüllt: Haben Sie jemals Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschheit oder gegen Menschenrechte begangen oder waren darin verwickelt? Würden George Bush und Tony Blair australische Einreisevisa erhalten? Unter den Bestimmungen des Völkerrechts würden sie mit Sicherheit als Kriegsverbrecher qualifiziert werden.

Trotzdem ist es naiv, sich vorzustellen, wenn man sie von der Macht entfernte, würde sich die Welt verändern. Die Tragödie ist, dass ihre politischen Rivalen keinen wirklichen Disput mit ihrer Politik führen. Der Kern der US-Wahlkampagne war, wer einen besseren “Oberkommandeur” und einen effektiveren Manager des amerikanischen Imperiums abgeben würde. Demokratie bietet den Wählern nicht länger eine wirkliche, sondern nur eine trügerische Wahl.

Auch wenn keine Massenvernichtungswaffen in Irak gefunden wurden, überraschend neue Beweise haben enthüllt, dass Saddam Hussein ein Waffenprogramm plante. (So als wenn ich plante, eine olympische Goldmedaille im Synchronschwimmen zu gewinnen). Zum Glück gibt es die Doktrin des vorbeugenden Schlages. Weiß Gott, welche anderen bösen Gedanken er hegte - vielleicht Tampax an amerikanische Senatoren zu verschicken oder weibliche Kaninchen in Burkas in Londons U-Bahn auszusetzen. Ohne Zweifel wird das alles enthüllt werden im freien und fairen Gerichtsprozess Saddam Husseins, der im neuen Irak ansteht.

Alles, außer dem Kapitel, in dem wir erfahren würden, wie die USA und Großbritannien ihn mit Geld und materieller Assistenz hofierten, als er mörderische Attacken auf irakische Kurden und Schias verübte. Alles, außer dem Kapitel, in dem wir erfahren würden, dass ein 12.000 Seiten langer, von der Regierung Saddam Husseins vorgelegter Bericht an die UNO von den USA zensiert worden ist, weil er 24 US-Unternehmen enthielt, die sich an Iraks nuklearem und konventionellem Waffenprogramm vor dem Golfkrieg beteiligten (darunter Bechtel, DuPont, Eastman Kodak, Hewlett Packard, International Computer Systems und Unisys).

Irak - privatisiert und verkauft
Also wurde der Irak “befreit”. Sein Volk wird unterdrückt und seine Märkte werden “befreit”. Das ist die Hymne der Neoliberalismus. Befreie die Märkte. Knebele das Volk.

Die US-Regierung hat ganze Sektoren der irakischen Wirtschaft privatisiert und verkauft. Wirtschaftspolitik und Steuergesetze wurden umgeschrieben. Auslandsfirmen können jetzt 100 Prozent irakische Firmen kaufen und die Profite exportieren. Das ist eine blanke Verletzung internationaler Gesetze, an die sich eine Besatzungsmacht zu halten hat, und einer der Hauptgründe für die heimliche und hurtige Scharade, mit der die Macht an eine irakischen “Interimregierung übergeben” wurde. Wenn erst die Übergabe des Irak an die Multinationalen komplett ist, kann eine milde Dosis von wirklicher Demokratie nicht schaden. Tatsächlich mag es sogar gute Öffentlichkeitsarbeit für die korporative Version von Befreiungstheologie sein, die ansonsten als Neue Demokratie bekannt ist.

Übersetzung: Hilmar König aus der Tageszeitung The Hindu vom 7. November. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Jungen Welt


Veröffentlicht am 14.11.04


LG
Arka



In Allem kannst du das Nichts erkennen und im Nichts All-ES!

A.Roy...

Hi - Bube_der_Staebe, wären wir alle der selben Meinung, würden wir Clone und keine Menschen sein. Mir sagt einiges zu von A. Roy, anderes weniger. Doch immerhin, stellt Sie sich dem System, und vermittelt diesses auch!< Was schon mal eindeutig, für diesse Lady spricht. Gebe es mehrere von Ihrer Klasse, sässen wir jetzt nicht Global in der Sch...
Salü, Pegus

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