Her mit den Nudeln und ab in den Swimmingpool! Der Bademeister hatte wirklich einen harschen Ton am Leib. Mein Sohn erschauderte. Ich ebenso, nahm ihn aber bei der Hand, zog ihn zum Beckenrand und redete liebevoll auf ihn ein. Na, Muttersöhnchen! Etwa kein Bock auf Seepferdchen? Das Ungetüm von Mann grunzte, entlud einen Rülpser und schnappte sich mein Herzblatt. Denn Mann tau, Jungchen! Ab ins Nass! Er schubste das Kindvon mir fort ins Wasser, warf die Schwimmhilfe hinterher und sah zu, wie es zappelnd gegen die Schwerkraft ankämpfte. Nach endlosen Sekunden der Angst erreichte er die Styroporwurst und klammerte sich daran. He! Was erlauben Sie sich eigentlich? Sie sind doch kein Pädagoge!! Der Bademeister griff zur Schaufel, die am Mauersims lehnte, hob sie hoch und rief: Nein! Ich bin der Gärtner! Der Bademeister ist tot! Ich vergrub ihn hinterm Plantschbecken! Alle Leute im Freibad drehten die Köpfe. Ich auch. Mein Sohn paddelte ruhig im Schwimmer umher. Vorm Zaun, weit weg von hier und direkt hinterm Babybecken sah ich einen Haufen frischer Erde. Die Zeit verlangsamte sich, ich stürzte mit einem eleganten Kopfsprung ins Schwimmerbecken, schleppte meinen Sohn zum gegenüberliegenden Rand, übergab ihn dem gerade eingetroffenen Polizisten, stürzte mich erneut ins blaue Nass, kraulte zurück, enstieg dem Becken und streckte den mutmaßlichen Bademeistermörder mit einem sauberen Handschlag nieder. Als der Applaus der Badegäste erscholl, fiel ich erleichtert in Ohnmacht.
Durch die Litfaßsäule zieht der Scheiß-Geruch aus der U-Bahn. Die Lady mit dem Flaschenhals zieht vorbei und ignoriert uns. Ist uns recht so, denn wir riechen nach Wurst-Basar. Wir gehen zum Schlachter und pumpen uns mit Mett voll. Lecker, Speckschwarte. Wir furzen und gucken durch die grüne Sonnenbrille. Es ist doch alles grün.
Re: Blitztexte
"Country & Western ist eigentlich nicht so mein Ding", sagte Rüdiger, als Babette ihn zu dem Konzert einlud, "aber wenn Du möchtest, komme ich gern mit." Von wegen! An Musik war Rüdiger nie interessiert. Und U.S.-amerikanischer Volksmusik schon gar nicht. Er hätte Babette viel lieber zum Essen eingeladen. Essen das war was Tolles für Rüdiger. "Das ist eine der ältesten Kulturformen", meinte er jedes Mal abwinkend, wenn ihn jemand mit ins Kino, auf ein Konzert oder gar ins Theater mitnehmen wollte. Und dann kam Babette. Verkäuferin im Wurst-Basar. Das war doch was! Da war er auch schon mal bereit, Kompromisse zu machen. Dann eben auch zu einem Country-&-Western-Konzert.
Die Band hieß "Die Strohballen" und kam aus dem Sauerländischen. "Die werden Dir gefallen", meinte Babette mit einem strahlenden Lächeln, "Wirst schon sehen."
Und dann kam der Moment auf den die 35 Zuschauer in der "Alten Eiche" so lange gewartet hatte. Das Licht ging aus und es jammerte eine Slide-Gitarre überlaut durch den großen Saal. Das Licht ging an. "Boah ey!" Rüdiger strahlte Babette an. Auf der Bühne stand ein Mann, der eine Litfasssäule hätte Konkurrenz machen können. Und mit einem ebenso voluminösen Flaschenhals bearbeitete er eine überdimensionale Gitarre, die eher an eine Giraffe in Originalgröße erinnerte. Der Gitarrist musste mindestens 180 kg wiegen. "War auch gar nicht teuer", sagte Babette und blinzelte über ihre Sonnenbrille, "über 100 kg ist der Eintritt immer frei wenn die spielen."
____________________ Hier stand früher: "Frauen neigen zum Gegenteil." Aber jetzt nicht mehr.
Re: Blitztexte
Die Frau mit der Sonnenbrille stand an der Litfaßsäule gegenüber vom Wurstbasar und etwas an der Haltung wie sie den Flaschenhals ihres Aldibieres umschloss, erinnerte mich an eine Szene aus dem Thriller, den ich neulich mit Karin im Cinnemaxx um die Ecke angesehen hatte. Karin war meine Freundin seit der Schulzeit und sie hatte für mich schon immer Ähnlichkeit mit meiner Schwester gehabt. Meine Schwester hatte früh geheiratet, ihr Mann war einer von diesen Ewigstudenten der Neunziger, als Studiengebühren blos ein Gruselwort aus dem Mund irgendwelcher aufstrebender Dekananwärter gewesen war. Als ich dann studierte, sah mein Dekan so aus, als zöge ihn seine Mutter immer noch jeden Morgen höchst persönlich an. Solche Mütter soll es ja geben, die ihren erwachsenen Söhnen die fein zusammengelegte Wäsche per Post zuschicken, weil diese schon längst in einer anderen Stadt arbeiten. Mein Mitbewohner war auch so ein Söhnchen, er konnte nicht abwaschen und benutzte daher nur Einwegteller und Wegwerfbesteck, aber seine Freundin war eigentlich eine patente Frau. Sie konnte einem lachend in die Augen sehen und dabei, ohne im geringsten unsicher zu wirken, die achte Flasche Aldibier mit einer lässig, provokanten Handbewegung umschließen, dass man stundenlang nur noch auf den Flaschenhals und ihre Finger schauen mochte, dabei Zeit und Raum vergessend, in Gedanken umherschweifend den Faden verlor.
Re: Blitztexte
@Judith: Sehr witzig finde ich die Ohnmacht nach dem "James-Bond-Einsatz". :-)
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Re: Blitztexte
Ich fand sie eher unpassend...
Überhaupt sind die Texte hier sehr verworren, wenig strukturiert... sieht man wieder, dass ich jemand bin, der immer nur erste Entwürfe bei Aufsätzen abgibt...
Re: Blitztexte
@Silke: Ein Subgeschichte in einer Geschichte, die keine ist? Na, die Stichworte hattest Du schnell erschlagen. Aber gegen Ende persiflierst Du selbst ja den Stil der Geschichte. Das hat was.
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Re: Blitztexte
Eigentlich mag ich meine Arbeit ganz gerne. Wenn nur die Mittagspausen nicht wären. Nichts gegen Döner, aber wie oft in der Woche kann man Döner essen? Vier mal hab ich mal geschafft. Am Freitag war ich dann krankgeschrieben. Seither mach ich nicht mehr als zwei, und immer einen Tag Pause dazwischen. Dann gibt's noch den Wurstbasar, der hat immer Hühner, die sich auf Spießen drehen. Das geht maximal einmal die Woche, bleiben zwei Tage. Ein Fertiggericht vom Rewe noch, bleibt noch einer. Und ich MUSS mittags warm essen, ich bin so sozialisiert, ich kann sonst nicht arbeiten. Heute war wieder Freitag, und ich hatte alles schon durch. Vielleicht mal ein Tagesessen vom Wurst-Basar? Nee, das macht nicht satt, die knausern immer so mit den Portionen. Gemächlich ging ich die Lister Meile entlang und suchte eine Inspiration. Der asiatische Straßenverkauf? Nee, zu teuer, zu fettig und überhaupt. Da war da diese Litfasssäule. Die hatte ich ja noch nie bemerkt. Das Plakat einzige Plakat auf der Säule erregte sofort meine Neugier. Ich guckte über den Rand meiner Sonnenbrille und las die beiden Worte:
HUNGER? ESSEN!
Sonst stand da nichts drauf. Ich kam nicht drauf, was das nun wieder sollte. Werbung für Essen? Die Stadt oder was? Irritiert lief ich um die Säule herum und entdeckte auf der anderen Seite eine Luke, wie eine Essensausgabe. Vorsichtig steckte ich den Kopf hinein, das interessierte mich nun schon, was das hier alles sollte. Vielleicht verkauften die ja wirklich Essen hier, in dieser Säule. Möglicherweise war da eine Küche drunter, und das Essen, das man bestellte, wurde von einer kleinen Bedienung eine Wendeltreppe nach oben zur Luke gebracht. Obwohl die Vorstellung, dass einer den ganzen Tag diesen Flaschenhals hinauf und hinuntersteigt, schon etwas komisch WAAAAAAH!
Der Autor sieht sich an dieser Stelle genötigt, die Erzählperspektive von der ersten in die dritte Person zu wechseln, da durch das unerwartete Ableben des Erzählers die Fortführung der Ich-Perspektive für den Leser nicht mehr nachvollziehbar wäre. Den Schluss daher in Kürze: Der Protagonist wurde Opfer einer außerirdischen Lebensform, die sich, als Straßeninventar getarnt, die Körper neugieriger Stadtmenschen einverleibt. Die Behörden raten, sich von ungewöhnlichen Dingen, insbesondere Objekten zu Kunst-, Werbe- Streu- und Beleuchtungszwecken fernzuhalten und den Kopf nicht in dunkle Öffnungen zu stecken. Essen Sie lieber fünfmal die Woche Döner, als dass Sie sich auf Experimente einlassen, deren Ausgang Sie nicht absehen können. Damit verabschiede ich mich von heute und ... was ist das denn, haben meine Vermieter in meiner Abwesenheit eine Duschkabine in der Küche eingebaut? Das ist ja nett ...
Ich hatte darauf hingewiesen!
Re: Blitztexte
... also ... ich finde zwar auch, dass einige Texte noch überarbeitungswürdig sind, aber mit der Betonung auf "würdig". Das Attribut "unstrukturiert" finde ich auf die wenigsten (immerhin Speed-)Geschichten hier zutreffend.
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