zurück aus dem (leider etwas verregnetem) Urlaub in Florida hätte ich mir auch eine schönere Nachricht gewünscht. Nach eine Nacht darüber schlafen, nimmt mir Frank mit seiner Einschätzung die Worte sozusagen aus der Tastatur.
Unser allseits "geschätzter" Herr Prof. Rumpf hatte das typische Verhalten türkischer Staatsanwälte allerdings in seinen Berichten zum Fall genau so beschrieben. Also alles keine echte Überraschung. Stärker noch als bei uns, überläßt die türkische Staatsanwaltschaft wohl die Bewertung des Falles dem Richter. Von sich aus eine Anklage fallen zu lassen, kommt in der Türkei wohl eher selten vor.
Martina hatte mich vor Monaten schon davor gewarnt, den Staatsanwalt als Schlafmütze zu unterschätzen. Er war auch zu Marcos U-Haft Zeiten ein Hardliner, der sich energisch gegen jede Entlassung gestämmt hatte. Sein Verhalten ist also nur folgerichtig.
Obwohl also eigentlich nichts passiert ist und ein Freispruch noch genau so wahrscheinlich ist wie zuvor, hat der Staatsanwalt es trotzdem geschafft ein Element der Verunsicherung einzubringen. Nicht was Marco und den Fall angeht natürlich, sondern was die Rechtstaatlichkeit des Gerichtes angeht. Wenn ich schon darunter leide, so kann ich nur ahnen, wie es Marco jetzt geht .
Umso dankbarer bin ich über die frühe Stellungnahme der Staatsanwaltschaft in Lüneburg und deren Entscheidung, das Ermittlungsverfahren einzustellen. Keine Zeitung versäumt darauf hinzuweisen und der Widerspruch zwischen den beiden Aussagen der beiden Staatsanwälte ist wohl kaum zu übertreffen.
Viele Grüße
Andreas
Gerechtigkeit für Marco!
Re: Hoffen wir auf Gerechtigkeit!
Ich bin auch sehr enttäuscht und traurig.
Aber trotzdem, es ist noch nichts verloren.
Es ist nur der Antrag des Staatsanwaltes der
bei laufender Verhandlung einschläft. Wen
wundert es das der Mann dann den Durchblick
verliert ? Der Richter hat beim letzten Termin
am 10.04.09 auch nicht auf ihn gehört. Zum
Glück hat die Staatsanwaltschaft Lüneburg eine
eindeutige Richtlinie gegeben.
Hoffen wir weiter auf ein glückliches Ende !
Liebe Grüße
Silvio
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Re: Hoffen wir auf Gerechtigkeit!
Hallo zusammen, ich verstehe Euere Aufregung nicht. Spätestens nach der Einschätzung der Staatsanwaltschaft (ich glaube) Lüneburg war das Kind doch gewickelt. Nach meiner Interpretation, eine schallende Ohrfeige für die türkischen Büttenredner und die Dauer der Untersuchungshaft, als festgestellt wurde, dass nach der gegebenen Beweislage, letztendlich durch türkischen Diletantismus verursacht, ein rechtsstaatliches Verfahren nicht zu führen ist. Marco musste aufgrund der Unschuldsvermutung seine Unschuld nie beweisen. Die weiteren Faschingsreden in der Türkei wären für Marco und seine Familie doch nur noch interessant, wenn sie in Anlehnung an einen Strafprozess, ein zivilrechtliches Verfahren gegen die Inselaffen anstreben wollten und das kann ich mir nach dem jahrelangen Stress beim besten Willen nicht vorstellen. Kurz und gut, die türkische Justiz hat wieder einmal bewiesen, dass sie es nicht kann. cu Wolfgang
Re: Hoffen wir auf Gerechtigkeit!
Hallo alle zusammen,
Als ich von dieser Sache erfuhr, war ich auch sehr enttäuscht, sauer und traurig, dass diese Farce(!) kein Ende nimmt bzw. kein Ende nehmen will.
Ich hoffe, das die Sache dennoch ein gutes Ende nimmt.
Habe noch ein Artikel und ein Videolink von ZDF-Mittagsmagazin vom 05.06.
anbei noch einige Überlegungen zur Motivation des türkischen Staatsanwaltes.
Der Unterschied zu seinem deutschen Kollegen besteht ja nicht nur in der Nationalität und der unterschiedlichen Rechtskultur sondern auch, dass der deutsche Staatsanwalt sich überlegen musste, ob er mit diesem "Blatt" ein "Spiel" wagen sollte, während sein türkischer Kollege vor dem Problem steht, mit diesem "Blatt" gewinnen zu wollen.
Die Antwort des deutschen Staatsanwaltes ist bekannt. Er sieht keinerlei Aussichten ein Verfahren gewinnen zu können und stellte das Ermittlungsverfahren daher ein.
Der türkische Staatsanwalt hatte nur die Wahl sich geschlagen zu geben oder auf "Frechheit siegt" zu setzen. Auf Strafe wegen schwerwiegender seelischer Störungen konnte er nicht mehr plädieren, da er beim letzten Prozesstag selber das Gutachten der Nebenklage verworfen hatte. Also blieb ihm "nur" noch sexueller Missbrauch und Vergewaltigung. Dafür hat er zwar auch keine Beweise, aber man kann es ja mal versuchen. Wer viel fordert bekommt ja vielleicht etwas und hat dann nicht völlig verloren.
Dass es sich dabei um Menschen handelt und nicht um ein Spiel, dass man gewinnen oder verlieren kann, scheint den Leuten nicht mehr in den Sinn zu kommen. Traurig aber wahr.
Wolfgang, Marco kann es nicht egal sein, wie das Verfahren in der Türkei ausgeht. Auch wenn das Urteil in Deutschland nicht umgesetzt wird, geht es doch um seinen Ruf. Außerdem würde eine Verurteilung auch die Übernahme der Prozesskosten zur Folge haben. Die kann die Türkei in Deutschland zwar auch nicht eintreiben, aber soll Marco bei jedem Urlaub im Ausland erst überprüfen müssen, ob dieses in die Türkei ausliefert?
Viele Grüße
Andreas
Gerechtigkeit für Marco!
Re: Hoffen wir auf Gerechtigkeit!
"Wolfgang, Marco kann es nicht egal sein, wie das Verfahren in der Türkei ausgeht. Auch wenn das Urteil in Deutschland nicht umgesetzt wird, geht es doch um seinen Ruf. Außerdem würde eine Verurteilung auch die Übernahme der Prozesskosten zur Folge haben. Die kann die Türkei in Deutschland zwar auch nicht eintreiben, aber soll Marco bei jedem Urlaub im Ausland erst überprüfen müssen, ob dieses in die Türkei ausliefert?"
Ich sehe es genau so wie Andreas in seinem letzten Absatz. Marco ist bisher absolut ungerecht behandelt worden und sein Glaube an die Gerechtigkeit hat massiv gelitten. Er hat es mehr als verdient als unbescholtener junger Mann sein Leben nach diesen langwierigen Strapazen wieder vollständig in den Griff zu bekommen. Dazu gehört auch, dass sein guter Ruf wieder hergestellt wird. Ich weiß nicht, wie das mit den Prozesskosten und ggf. deren Eintreibung aussieht. Leider muss man damit rechnen, dass das türkische Gericht da noch eine Rechnung aufmacht. Wenn das so ist, könnte sich dann endlich mal unsere Regierung ins Zeug werfen und den Betrag übernehmen. Die wissen doch auch, dass Marco aufgrund der politischen Differenzen zwischen der Türkei und Deutschland so lange in der U-Haft leiden musste. Es wäre eine weitere Gemeinheit für Marco, wenn er bei jedem Auslandsbesuch erst abklären müsste, ob ihm da eine Auslieferungsgefahr droht.
Ich habe mich bisher sehr zurückgehalten bezüglich der EU-Tauglichkeit der Türkei. Aber wenn es in dem Verfahren gegen Marco in der Türkei eine völlig andere als die Lüneburger Entschedung geben sollte, dann ist es für mich der Beweis, dass die Türkei rechtsstaatlich noch völlig daneben liegt und noch lange nicht in die EU aufgenommen werden darf.
Trotz Allem allen noch einen schönen Restsonntag
Helmuth
Re: Hoffen wir auf Gerechtigkeit!
Hallo Andreas,
ich weiß natürlich nicht, wie Marco über die Sache denkt und kann so nur mich selbst hinterfragen, wie ich in dem Fall handeln würde. Dabei glaube ich, hätte mich die Dauer der Untersuchungshaft so weichgekocht, dass mir nur an einem schnellen Ende läge, zumal die deutsche Staatsanwaltschaft sehr schnell zum bekannten Ergebnis kam und mir damit wenigstens indirekt attestierte, dass bei der gegebenen Beweislage keine Aussicht auf einen Schuldspruch besteht.
Der Hase im Pfeffer liegt für mich an der Zügigkeit, mit der die deutsche Staatsanwaltschaft entschieden hat. Letztendlich liegt in dem Fall erheblicher Sprengstoff. Beim geringsten Zweifel hätte man das Urteil in der Türkei sicherlich ausgesessen.
Zu Marco's Ruf, den habe ich nie beschädigt gesehen. Schließlich mußte er ja zu keinem Zeitpunkt seine Unschuld beweisen, er ist unschuldig. Und wenn die deutsche Staatsanwaltschaft nun zu dem Ergebnis kommt, dass keine Aussicht bei Klageführung besteht, bleibt Marco natürlich unschuldig.
Zu den Prozesskosten gibt es natürlich selbst bei einem Schuldspruch und der Revisionsablehnung Alternativen. Ich denke an die sogenannte Beschwerde gegen die Nichtzulassung. Wenn in dem Fall selbst von Nichtjuristen, Formfehler in erheblicher Anzahl (Beweiserhebungsverbot, Beweisverwertungsverbot, polizeiliches kontra richterliches Vernehmungsprotokoll, unberechtigte Ausreise u.s.w. und sofort)erkannt werden, welche Möglichkeiten müssen sich da einem Anwalt eröffnen.
Ich glaube nicht, dass der Spruch des Gerichtes so ausfällt, dass auf Marco Kosten zu kommen. Man stelle sich nur einmal vor, aufgrund einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung werden all die Versäumnisse und Verfehlungen der Strafverfolgungsbehörde öffentlich. Möglichkeiten dazu gibt es, siehe Spiegel.
Daran kann der Türkei nun wirklich nicht gelegen sein.
cu Wolfgang
Re: Hoffen wir auf Gerechtigkeit!
Hallo Wolfgang,
die Staatsanwaltschaft hat entschieden, nachdem das Beweisverfahren in der Türkei abgeschlossen wurde und ihr alle Unterlagen zur Verfügung standen. Dass sie nicht auf das Prozessende gewartet hat, ist wohl auch Ausdruck ihrer Unabhängigkeit.
Natürlich war Marcos Ruf bei uns nie auch nur angekratzt, aber ich befürchte wir sind hier nicht ganz das Mass aller Dinge.
Recht haben und Recht bekommen ist auch in der Türkei unter anderem eine Frage des Geldes. Anwälte und Gutachten sind teuer und eine Revision oder sonstige Klage würde nochmals größere Finanzmittel und Nerven kosten. Die Grenzen der Belastung sind aber jetzt schon erreicht, wenn nicht überschritten.
So oder so, hoffen wir auf ein gutes Ende. Auf den Richter kommt es an, nicht auf den Staatsanwalt oder die Nebenklage.
Viele liebe Grüße
Andreas
Ps. Eine Beobachtung am Rande. Spiegel online war der Amoklauf des türkischen Staatsanwaltes nicht einmal eine Meldung wert. Ganz im Gegenteil zur Entscheidung des deutschen Staatsanwaltes.
Gerechtigkeit für Marco!
Re: Hoffen wir auf Gerechtigkeit!
Hallo Nathan,
>PS ... Amoklauf des Staatsanwalts....
Treffend bemerkt (Wie immer )
Re: Hoffen wir auf Gerechtigkeit!
Anbei mal eine kleine Rechnung.
Die Höchststrafe für die Vorwürfe beträgt für Erwachsene 8 Jahre und für Jugendliche 5 Jahre und 4 Monate von denen bei guter Führung 2/3 abzusitzen wären, also 3 Jahre und 7 Monate. Abzüglich der 8 Monate U-Haft wären das 2 Jahre und 11 Monate.
Die 8 Monate U-Haft würden Marco bei uns wegen der besonderen Härte mal drei angerechnet, also 3 x 8 = 24 Monate = 2 Jahre. Es verblieben also hier noch 1 Jahr und 7 Monate.
Marco hat ohne Urteil also schon über die Häfte der maximalen Strafe verbüßt.
Nur um mal zu verdeutlichen, welche Dimensionen dieser Justizskandal schon angenommen hat.
Viele Grüße
Andreas
Gerechtigkeit für Marco!
Re: Hoffen wir auf Gerechtigkeit!
Hallo,
ich habe mich mal in das türkische Starfgesetzbuch vertieft. Manchmal ist es interessanter zu erfahren, was der türkische Staatsanwalt NICHT fordert.
Kindesmissbrauch ist in Art. 103 des türk. StGB geregelt und sieht eine Strafe von 3 - 8 Jahren vor, für Erwachsene. Für Jugendliche wird 1/3 abgezogen, also geht hier das Strafmaß von 2 - 5,33 Jahre, wobei in minderschweren Fällen die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird bzw. auch in eine Geldstrafe umgesetzt werden kann.
Kommt es zum Geschlechtsverkehr greift Abs. 2 des gleichen Artikels und das Strafmaß geht von 8 - 15 Jahren für Erwachsene, also 5,33 - 10 Jahre für Jugendliche.
Im Fall einer schweren seelischen Störung kann sogar Lebenslänglich verhängt werden, für Jugendliche 15 Jahre.
Wir wissen alle, dass Charlottes Anwalt genau das versucht hat.
Der Staatsanwalt berücksichtigt also schon das Gutachten des gerichtsmedizinischen Zentrums in Istanbul, welches keinen Beweis einer seelischen Störung und eines Vergewaltigung im medizinischen Sinne gesehen hat. Beide Punkte wurden vom Staatsanwalt daher fallen gelassen.
Er bezieht sich "nur" noch auf den ersten Absatz von Art. 103 beruft sich dabei allein auf die Aussage von Charlotte und fordert die Erkennung auf schweren Kindesmissbrauch und einer Vergewaltigung im juristischen Sinne, um das Strafmaß möglichst voll auszunutzen. Interessant ist aber, dass er dabei immer nur sagt, "er glaube" Charlotte. Beweise gibt es dafür nämlich nicht und das weiß er auch. Nach Aussage des deutschen Staatsanwaltes reicht die Aussage von Charlotte allein nämlich nicht aus.
Eigentlich sollte es Marcos Anwälten daher nicht schwer fallen, die Forderungen des Staatsanwaltes zurückzuweisen und einen Freispruch zu erwirken.
Viele Grüße
Andreas
Gerechtigkeit für Marco!
Re: Hoffen wir auf Gerechtigkeit!
Staatsanwalt gegen Staatsanwalt
Opinio Autor DerTerraner | Karben
Bei der Beurteilung der Beweislage zum Fall Marco Weiss kommen zwei Staatsanwälte zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen. Wie passt das zusammen?
Das Ermittlungsverfahren gegen Marco Weiss wurde im Jahr 2007 kurz nach bekanntwerden der Vorwürfe in Lüneburg eröffnet. Damals noch mit dem ursprünglichen Ziel, das Verfahren nach Deutschland zu holen. Dieses Begehren wurde von den türkischen Behörden zwar abgelehnt, aber Lüneburg wurde mit allen prozessrelevanten Akten versorgt, so dass der dortige Staatsanwalt nach Abschluss der Beweisaufnahme in der Türkei über die vollständige Prozessakte verfügte. Basierend darauf wurde das Ermittlungsverfahren Anfang Mai 2009 eingestellt, da sich der Anfangsverdacht gegen Marco Weiss nicht erhärtet hätte (https://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C55736576_L20.pdf).
Wie ist es möglich, dass zwei Staatsanwälte bei exakt gleicher Beweislage zu derartig unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen? Hier reicht es nicht einmal für eine Anklage und in der Türkei soll es für eine mehrjährige Gefängnisstrafe reichen? Das überschreitet den Rahmen der möglichen juristischen Interpretationen bei weitem. Wie passt das zusammen?
Nun, die Ausgangslage ist für beide Staatsanwälte völlig unterschiedlich. Der deutsche Staatsanwalt denkt nicht einmal daran, mit so einem miesen "Blatt" einen Prozess zu wagen, während der türkische Staatsanwalt entscheiden musste, ob er nun aufgibt oder bis zum bitteren Ende (für wen auch immer) weitermacht. Er hat sich für letzteres entschieden. Bei positiver Auslegung weil er sich als Ankläger dem Mädchen verpflichtet fühlt und der Nebenklage das Feld nicht alleine überlassen möchte, bei negativer Auslegung weil er keine Verantwortung für die überlange U-Haft übernehmen möchte oder vielleicht auch als Trotzreaktion auf die Entscheidung der deutschen Staatsanwaltschaft.
Leider ist die Berichterstattung der verschiedenen Medien zum Fall Marco Weiss mal wieder ziemlich unzureichend. Schlagzeilen wie die obige und ähnliche hätten sich durch etwas Recherche leicht vermeiden lassen.
Kindesmissbrauch wird in Art. 103 des türkischen StGB geregelt und sieht Freiheitsstrafen von 3-8 Jahren vor, für Erwachsene. Für Minderjährige reduziert sich die Strafe üblicherweise um 1/3 also auf 2-5,33 Jahre(!). Strafen bis zu drei Jahren können zur Bewährung ausgeschrieben werden. Auch eine Umwandlung in eine Geldstrafe ist möglich. Bei vollzogenem Geschlechtsverkehr kommt Abs. 2 von Art. 103 zur Geltung und die Strafe erhöht sich drastisch auf 8 - 15 Jahre (5,33 - 10 Jahre für Minderjährige) und bei schweren seelischen Störungen droht sogar lebenslänglich (https://www.tuerkei-recht.de/Der_Fall_Marco_W.pdf).
Das Gutachten des gerichtsmedizinischen Zentrums in Istanbul hatte keine Beweise für eine seelische Störung und/oder einer Vergewaltigung (mit vollzogenem Geschlechtsverkehr) gesehen. Daher bezieht sich der Staatsanwalt auch nur auf Art. 103 Abs. 1 und strebt ein Strafmass von 2-5,33 Jahren für Marco Weiss an. Auch wenn das immer noch nach viel klingt, so darf man doch nicht vergessen, dass die Klägerseite sich noch am Tag vor Marcos Entlassung sicher gab, dass das Gericht Marco zur Höchststrafe von 10 Jahren für Jugendliche verurteilen würde. So gesehen backt die Anklage inzwischen deutlich kleinere Brötchen.
Das Problem besteht für den türkischen Staatsanwalt trotzdem darin, dass er sich in seinem Plädoyer nur auf die schriftliche Aussage des Mädchens stützen kann (Die Samenspuren können schließlich auch durch Petting erklärt werden). Nach Aussage des deutschen Staatsanwaltes reicht das aber für eine Verurteilung nicht aus und auch im türkischen Recht dürfte das nicht anders sein. Auch ist eine Aussage ohne Befragungsmöglichkeiten durch den Richter und die Verteidigung für eine Verurteilung wertlos.
Der Richter hatte zudem im Prinzip schon am 14.12.07 über den Fall entschieden. Er hatte Marco Weiss ja nicht nur einfach aus der U-Haft entlassen, sondern auch keine Kaution verlangt und ihn zudem auch ausreisen lassen und sich damit jeder Möglichkeit beraubt, eine höhere Strafe auch durchzusetzen. Später hat er seine Einschätzung noch einmal bekräftigt, indem er Marco Weiss von der Pflicht befreit hatte, noch beim Prozess persönlich anwesend zu sein. Da sich die Beweislage zudem seit damals weiter zu Gunsten von Marco Weiss verbessert hat, ist es sehr unwahrscheinlich, dass der Richter dem türkischen Staatsanwalt folgen wird.
Aber auch ein Urteil im Rahmen der verbrachten U-Haft dürfte schwierig sein. Marcos Aussage, dass er Charlottes wirkliches Alter nicht kannte, ist durch Zeugen glaubhaft belegt und der Richter kann Charlottes Aussage nur ganz oder gar nicht glauben.
Meiner Meinung nach ist daher ein Freispruch oder eine Verfahrenseinstellung die juristisch sauberste und wahrscheinlichste Option für den 15. Juli.
Dass Marco Weiss durch die überlange U-Haft und den Belastungen durch die Prozessdauer für sein Leben bereits aufs schwerste vorabbestraft und traumatisiert wurde, steht dagegen auf einem ganz anderem Blatt.
Fotos: Die Bilder stammen von Marcos Bruder, Sascha Weiss, von der Seite www.hilfe-fuer-marco.de