Mittwoch, 16. Mai 2007 Korruption und Rotlicht Sachsen droht Skandal
Dem Freistaat Sachsen droht ein Korruptionsskandal noch unbekannten Ausmaßes. In den kommenden Wochen soll auf Grundlage geheimer Verfassungsschutzakten gegen ein mutmaßliches kriminelles Netzwerk ermittelt werden. Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) wies am Mittwoch in Dresden das Landesamt für Verfassungsschutz an, entsprechende Dossiers herauszugeben.
Kopien der Akten sollen außer an die sächsische Generalstaatsanwaltschaft auch an das Bundeskriminalamt und Generalbundesanwältin Monika Harms gehen. Nach Medienberichten enthalten die Unterlagen brisantes Material zu Straftaten wie Korruption, Amtsmissbrauch, Verrat von Dienstgeheimnissen und Kinderprostitution. Darin verwickelt seien hohe Justiz- und Polizeibeamte sowie Politiker.
Buttolo erklärte, nötig sei eine rasche Aufklärung. Nach seinen Angaben enthalten die Dossiers Informationen über Verdächtige einer mutmaßlichen kriminellen Szene. Einzelheiten nannte er aber nicht. Hintergrund sollen kriminelle Millionengeschäfte mit Immobilien in den 1990er Jahren unter anderem in Leipzig sein.
Die Weitergabe der Akten ist seit Monaten umstritten. Der Landesdatenschutzbeauftragte lehnt eine Verwertung strikt ab, da der Verfassungsschutz zur Beobachtung der organisierten Kriminalität nicht befugt gewesen sei. Der Minister widersprach dem und berief sich dabei auch auf eine Empfehlung der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des sächsischen Landtags. Die hatte sich am Dienstagabend einstimmig für die Weitergabe eines Großteils der Akten ausgesprochen.
Re: Korruption und Rotlicht: Sachsen droht Skandal
Organisierte Kriminalität in Sachsen Geheimdienstakten gehen nach Karlsruhe
Einer der größten Korruptionsfälle in Sachsen wird die Generalbundesanwaltschaft beschäftigen. Dabei geht es um ein Netzwerk organisierter Kriminalität, in das Politiker, Polizisten und Justizbeamte verwickelt sein sollen. Die Parlamentarische Kontrollkommission des sächsischen Landtages beschloss am Abend, dass die Akten nach Karlsruhe gehen. Sie waren vom Verfassungsschutz gesammelt worden. Außerdem sollen die Unterlagen auch an die Generalstaatsanwaltschaft Sachsen und das Bundeskriminalamt weitergeleitet werden.
Die Kommission kritisierte allerdings auch, dass der Verfassungschutz mit Wissen um Straftatbestände über Jahre hinweg die Justiz nicht eingeschaltet habe.
Umstrittene Akten: Prozess oder Schredder?; Rechte: ddp
Umstrittene Akten: Prozess oder Schredder? Streit um Umgang mit Akten Zuvor hatte es lange Diskussionen gegeben, ob die Akten überhaupt verwendet werden dürfen oder vernichtet werden müssen. Dem Verfassungsschutz war vorgeworfen worden, die Informationen widerrechtlich gesammelt zu haben. Vor allem Datenschützer hatten eine mögliche Herausgabe kritisiert. Laut Medienberichten enthalten die Unterlagen Material zu Korruption, Amtsmissbrauch und Kinderprostitution.
Innenminister Buttolo will die Ermittlungen verwertet sehen; Rechte: dpa Innenminister Buttolo will die Ermittlungen verwertet sehen Buttolo zufrieden - Kritik der PKK soll geprüft werden Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) begrüßte das Votum der PKK, die seiner Auffassung gefolgt sei. Sie habe festgestellt, dass die Informationsbeschaffung durch den Verfassungsschutz in vier von fünf Fällen rechtmäßig gewesen sei, erklärte der Minister am späten Dienstagabend. Er werde nun anweisen, dass das Landesamt für Verfassungschutz die Akten den entsprechenden Strafverfolgungbehörden übergebe.
Buttolo hatte sich bereits vor der Sitzung der PKK für eine Weitergabe der Akten an die Justiz ausgesprochen, zugleich aber angekündigt, dem Votum der Kontrolleure folgen zu wollen.
Die aus Gründen des Datenschutzes drohende Vernichtung der Unterlagen hatte zu heftigem Streit geführt. Buttolo hielt dabei der Forderung nach einer Vernichtung der Akten entgegen, dass es den Bürgern nicht vermittelbar sei, diese zu schreddern oder ins Staatsarchiv zu geben.
Buttolo kündigte am Dienstagabend auch an, den Vorwurf der PKK unverzüglich prüfen zu lassen, wonach in den vergangenen Jahren in einigen Fällen relevante Straftatbestände scheinbar ohne erkennbare Hinderungsgründe den zuständigen Strafverfolger vorenthalten worden seien.
Schurig: Datensammlung war illegal.; Rechte: dpa
Schurig: Datensammlung war illegal. Aktenberge: Weil illegal gesammelt, ein Fall für den Schredder? Der sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig sagte dagegen, die Informationen dürften nicht weitergegeben werden, weil sie vom Verfassungsschutz rechtswidrig beschafft wurden. Schurig hatte am Montag erneut darauf hingewiesen, dass nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichts vom Juli 2005 der Verfassungsschutz das Material nicht hätte sammeln dürfen. Nur die Polizei dürfe gegen die organisierte Kriminalität ermitteln.
Eine Ausnahme sah das Urteil des Verfassungsgerichts allerdings vor: Wenn aus den Akten hervorgehe, dass eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung bestehen könnte, müsse dies die Staatsanwaltschaft prüfen.
Hohe Justiz-Beamte im Mädchen-Bordell? Wie die "Bild-Zeitung" berichtete, sollen die umstrittenen Akten unter anderem Hinweise darauf enthalten, dass hochrangige Juristen Anfang der 90er Jahre ein Leipziger Bordell besuchten, in dem minderjährige Mädchen zur Prostitution gezwungen wurden. Ein hoher Polizeibeamter habe damals junge Frauen, die als Ausreißerinnen auf der Straße lebten, dem Bordell zugeführt.
SPD und Grüne sprachen sich zudem dafür aus, einen Untersuchungsausschuss einzurichten, wenn sich Korruptionsvorwürfe gegen Politiker und Vertreter der Justiz erhärten sollten.
Re: Korruption und Rotlicht: Sachsen droht Skandal
Sachsen: Vermutlich Korruptionsaffäre ungeahnten Ausmaßes Nach Erkenntnissen der Verfassungsschützer seien Justiz, Polizei und Politik in einen Korruptionsskandal verwickelt. Es werden z. B. Beschuldigungen gegen den Präsidenten eines Amtsgerichtes sowie gegen mehrere Politiker erhoben. Der Spezialist für Korruption, Jürgen Roth, habe angeblich Einblick in die 15.600 Blatt umfassenden Akten gehabt, was bisher nur fünf Mitarbeitern der Kontrollkommission gestattet war. Demnach sollen auch Kontakte ins Rotlichtmilieu bestanden haben. Die Kontrollkommission hat entschieden, diesen Fall an eine andere Ermittlungsbehörde zu übergeben. Zurzeit streiten alle Beschuldigten die Taten ab. "Wenn nur die Hälfte stimmt, dann wäre das schon fatal", so ein Abgeordneter. Quelle: www.sueddeutsche.de
Dresden - Sachsen droht ein Korruptionsskandal von noch unbekanntem Ausmaß. In den kommenden Wochen sollen bisher streng geheim gehaltene Verfassungsschutz-Daten über ein mutmaßliches Geflecht organisierter Kriminalität an die Strafverfolgungsbehörden gehen. Medienberichte der vergangenen Tage lösten erste Erschütterungen aus. Die Unterlagen sollen hoch brisantes Material enthalten: In Korruption, Amtsmissbrauch, dubiose Immobiliendeals und Kinderprostitution sollen auch hohe Justiz- und Polizeibeamte und Politiker verwickelt sein. Sogar von Morden ist die Rede. Eine offizielle Bestätigung gibt es bisher ebenso wenig wie Namen oder Details genannt werden. Die Geheimdienstkontrolleure des Landtags und der Innenminister sind zu strikter Geheimhaltung verpflichtet. Trotzdem verdichten sich die Anzeichen für einen Skandal großer Tragweite. Laut einem Regierungsbeschluss vom Dienstag soll nun Generalbundesanwältin Monika Harms Kopien der Unterlagen erhalten. Nach ersten Erkenntnissen könnten auch Richter und Staatsanwälte belastet sein. Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) sagte, unter keinen Umständen dürfe der Eindruck entstehen, dass im Freistaat durch Mauscheleien etwas vertuscht werde.
Über die Weitergabe der vom Verfassungsschutz zwischen 2005 und 2006 zusammengetragenen Informationen hatte es heftigen Streit gegeben. Nach Ansicht von Sachsens Datenschutz-Beauftragtem Andreas Schurig hätten sie nie gesammelt werden dürfen und müssten deswegen vernichtet werden. Das sächsische Verfassungsgericht entschied 2005, dass der Verfassungsschutz nur noch in ganz engem Rahmen die organisierte Kriminalität beobachten darf - wenn sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung bedroht. Der Datenschützer sieht das bei den diskutierten Fällen nicht.
Die Parlamentarische Kontrollkommission und der zuständige Innenminister kamen nach Prüfung der Akten jedoch zu einem anderen Schluss. Am späten Dienstagabend verkündete Buttolo, was Politiker aller Parteien seit Bekanntwerden der Vorwürfe forderten: Ein Großteil der Unterlagen kann von der Staatsanwaltschaft ausgewertet werden. Die Sachsen haben einen Anspruch darauf, dass zügig und lückenlos jedem Verdacht einer Straftat nachgegangen wird, sagte wenig später Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU).
Sollten die Staatsanwälte oder Richter die Auffassung des Datenschützers teilen, könnte es sein, dass es nie zu einem Prozess kommt. Zudem könnten Straftaten wie Bestechlichkeit und Korruption längst verjährt sein, sagte der Dresdner Staatsanwalt Christian Avenarius. Er und seine Kollegen sollen für die Ermittlungen in den nächsten Monaten federführend zuständig sein.
Bewahrheiten sich die Vorwürfe, könnte der Skandal in Sachsen ein mittleres Erdbeben auslösen. Hier geht es um hochrangige organisierte Kriminalität und nicht um irgendwelche gelegentlichen Ausflüge ins Rotlichtmilieu, sagte der Publizist Jürgen Roth, der die Akten eingesehen haben will.
Vergleichbare Dimensionen habe es allenfalls beim Kölner Müllskandal und beim Frankfurter Immobilien- und Schmiergeldskandal gegeben, sagte Dieter Hüsgen von der Antikorruptionsorganisation Transparency International. In Frankfurt werden rund 170 Beschuldigten Bestechung, Untreue, Betrug, Steuerhinterziehung und Geldwäsche vorgeworfen. In Köln ging es um Millionen-Schmiergelder, die beim Bau einer Müllverbrennungsanlage geflossen sein sollen. (dpa) https://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1493162
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Sachsen stolpert in Korruptionssumpf Regierung übergibt Verfassungsschutz-Dossier an Generalbundesanwältin - Kritik vom Datenschützer
Dresden.
Sachsen droht ein Korruptionsskandal. In den kommenden Wochen sollen bisher streng geheim gehaltene Verfassungsschutz-Daten über ein mutmaßliches Geflecht organisierter Kriminalität an die Strafverfolgungsbehörden gehen. Medienberichte lösten erste Erschütterungen aus. Die Unterlagen sollen hoch brisantes Material enthalten: In Korruption, Amtsmissbrauch, dubiose Immobiliendeals und Kinderprostitution sollen hohe Justiz- und Polizeibeamte und Politiker verwickelt sein. Sogar von Morden ist die Rede.
Eine offizielle Bestätigung gibt es bisher ebenso wenig wie Namen oder Details genannt werden. Die Geheimdienstkontrolleure des Landtags und der Innenminister sind zu strikter Geheimhaltung verpflichtet. Trotzdem verdichten sich die Anzeichen für einen Skandal großer Tragweite. Laut einem Regierungsbeschluss vom Dienstag soll Generalbundesanwältin Monika Harms Kopien der Unterlagen erhalten. Nach ersten Erkenntnissen könnten auch Richter und Staatsanwälte belastet sein. Der sächsische Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) sagte, unter keinen Umständen dürfe der Eindruck entstehen, dass im Freistaat etwas vertuscht werde.
Streit um Weitergabe
Über die Weitergabe der vom Verfassungsschutz zwischen 2005 und 2006 zusammengetragenen Informationen hatte es heftigen Streit gegeben. Nach Ansicht des sächsischen Datenschutz-Beauftragtem Andreas Schurig hätten sie nie gesammelt werden dürfen und müssten deswegen vernichtet werden. Das sächsische Verfassungsgericht entschied 2005, dass der Verfassungsschutz nur h in ganz engem Rahmen die organisierte Kriminalität beobachten darf - wenn sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung bedroht. Der Datenschützer sieht das bei den diskutierten Fällen nicht.
Die Parlamentarische Kontrollkommission und der Innenminister kamen nach Prüfung der Akten jedoch zu einem anderen Schluss. Am späten Dienstagabend verkündete Buttolo, was Politiker aller Parteien forderten: Ein Großteil der Unterlagen kann von der Staatsanwaltschaft ausgewertet werden. "Die Sachsen haben einen Anspruch darauf, dass zügig und lückenlos jedem Verdacht einer Straftat nachgegangen wird", sagte wenig später Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU).
Sollten die Staatsanwälte oder Richter die Auffassung des Datenschützers teilen, könnte es sein, dass es nie zum Prozess kommt. Zudem könnten Straftaten wie Bestechlichkeit und Korruption längst verjährt sein, sagte der Dresdner Staatsanwalt Christian Avenarius. Bewahrheiten sich die Vorwürfe, könnte der Skandal ein politisches Erdbeben auslösen. Vergleichbare Dimensionen habe es beim Kölner Müllskandal und beim Frankfurter Immobilienskandal gegeben, sagte Dieter Hüsgen von Transparency International. In Frankfurt werden 170 Beschuldigten Bestechung, Untreue, Betrug, Steuerhinterziehung und Geldwäsche vorgeworfen. In Köln ging es um Millionen-Schmiergelder, die beim Bau einer Müllverbrennungsanlage geflossen sein sollen.
Re: Korruption und Rotlicht: Sachsen droht Skandal
18.05.2007 18:21 Uhr Trennlinie Mehr als 200 Verdächtige Treffen bei "Aphrodite" Die Korruptionsaffäre in Sachsen weitet sich aus: Der als geheim eingestufte Verfassungsschutzbericht soll Angehörige von Polizei, Justiz und Politik belasten -darunter einen Bundestagsabgeordneten und den Präsident eines Amtgerichts. In der Kritik stehen auch die CDU-Minister für Inneres und Justiz. Von Christiane Kohl
In den Skandal um mutmaßliche Verbindungen zwischen kriminellen Netzwerken und hohen Amtsträgern in Sachsen sollen etwa 200 Personen verwickelt sein - darunter Politiker, Juristen und Polizisten. Die vom Landesverfassungsschutz gesammelten Daten sollen, wie die Süddeutsche Zeitung erfuhr, auch Beschuldigungen gegen einen SPD-Bundestagsabgeordneten sowie den Präsidenten eines Amtsgerichts enthalten.
In die Kritik sind auch der sächsische Innenminister Albrecht Buttolo sowie sein Amtskollege aus dem Justiz-Ressort, Geert Mackenroth (beide CDU), geraten. Buttolo wird vorgeworfen, das Parlament nicht rechtzeitig über die brisanten Akten der Verfassungsschützer informiert zu haben, Mackenroth kreidet man an, dass er erst kürzlich einen Beamten befördert habe, der durch die Unterlagen belastet wird.
Die 15.600 Seiten umfassenden Akten des Verfassungsschutzes, die den Wirbel auslösten, sind immer noch als streng geheim eingestuft - lediglich fünf Landtagsabgeordnete der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) durften sie bislang sichten.
Enge Verbindungen ins Rotlichtmilieu
Aber auch der Korruptionsspezialist Jürgen Roth will einen Blick in die Datensammlung geworfen haben, er nennt Aktenzeichen und Einzelheiten über angebliche Beschuldigte. Da ist beispielsweise ein Staatsanwalt aus Leipzig. Laut Roth soll er den Akten zufolge "eng mit dem Rotlicht verbunden sein, Dienstgeheimnisse verraten haben und ein Teil des mafiosen Leipziger Netzwerkes gewesen sein"
Seit 1993 hat der Jurist, der aus Koblenz stammt und zuweilen ein Goldkettchen am Arm tragen soll, in Leipzig gearbeitet. Dem Mann wird nun vorgeworfen, wegen seiner Beziehungen ins Milieu erpressbar gewesen zu sein. Genannt wird ein Bordell mit Namen Aphrodite, in dem tschechische Kinder zur Prostitution gezwungen worden sein sollen - der Puff galt als Treffpunkt der Szene.
Der Staatsanwalt ist seit April dieses Jahres Präsident eines Amtsgerichts. Aus seiner Leipziger Zeit wird ihm vorgeworfen, die Ermittlungen im Fall des Mordversuchs gegen den Immobilien-Manager Martin Klockzin blockiert zu haben. Für eine Stellungnahme war der Jurist am Freitag nicht zu erreichen.
Der Hauptabteilungsleiter für Eigentumsklärung beim Leipziger Wohnungsbetrieb (LWB) war im Oktober 1994 durch mehrere Schüsse lebensgefährlich verletzt worden. Die Auftraggeber der Tat, zwei Immobilienmakler aus Bayern, aber wurden erst Jahre später zu vergleichsweise geringen Geldstrafen verurteilt.
Die Makler hatten Klockzin "eine Abreibung" verpassen wollen, weil dieser ihnen den Zuschlag für ein Mietshaus in der Riemannstraße verweigert hatte: Das Gebäude in der Leipziger Südstadt galt als wertvolles Filetstück, und es ging - vielleicht auch nicht ganz zufällig - an eine Rechtsanwältin, die später als Nebenklägerin von Klockzin auftrat.
Heiß umkämpfter Immobilienmarkt
In den neunziger Jahren war der Leipziger Immobilienmarkt heiß umkämpft, das bekam auch Rainer Fornahl zu spüren, seinerzeit Klockzins Vorgänger bei der LWB und heute SPD-Bundestagsabgeordneter. Fornahl wird in der Datensammlung vorgeworfen, teure Sanierungen für Häuser angestoßen zu haben, die später rückübertragen wurden - das habe die LWB zweistellige Millionensummen gekostet.
Fornahl bestreitet die Vorwürfe entschieden, sie seien "ganz und gar aus der Luft gegriffen". Was ist nun echt von den Beschuldigungen in den Unterlagen und was nicht? "Wenn nur die Hälfte stimmt", meint ein sächsischer Abgeordneter, "dann wäre das schon fatal".
Die PKK hatte in seltener Einmütigkeit entschieden, die Unterlagen an eine unbelastete Ermittlungsbehörde weiterzuleiten: "In der Summe können die genannten Tatbestände eine Gefährdung der Demokratie bedeuten, deshalb ist dringend Handlung geboten", sagt André Hahn, der für die Linkspartei in der Kontrollkommission sitzt.
Innenminister Buttolo aber will nur gefilterte "Informationen aus den Akten" weitergeben, keine Kopien der Originale - weshalb Hahn bereits argwöhnt, dass "die wahren Belege wohl unter der Decke bleiben". Unterdessen prüft der Innenminister Rücktrittsforderungen gegen den Präsidenten des Landesverfassungsschutzes Rainer Stock - er dürfte das erste Bauernopfer werden.
Dresden - Sachsen droht ein Korruptionsskandal noch unbekannten Ausmaßes. In den kommenden Wochen sollen bislang streng geheime Verfassungsschutz-Daten an die Strafverfolgungsbehörden gehen. Medienberichten zufolge enthalten die Unterlagen brisantes Material zu Straftaten wie Korruption, Amtsmissbrauch und Kinderprostitution. Darin verwickelt seien hohe Polizeibeamte und Politiker. Die Bundesanwaltschaft soll eingeschaltet werden. Auch Richter und Staatsanwälte könnten in den Skandal verwickelt sein. (dpa) Kölnische Rundschau (Mittwoch, den 16. Mai 2007 - 14:31 Uhr)
Re: Korruption und Rotlicht: Sachsen droht Skandal
Freitag, 25. Mai 2007 Korruption und Rotlicht Sachsen droht Skandal
Der sächsische Verfassungsschutz hat erste Informationen zur Aufklärung eines mutmaßlichen Netzwerks Organisierter Kriminalität im Freistaat an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Das teilte Sachsens Generalstaatsanwalt Jörg Schwalm in Dresden mit. Die vorliegenden Unterlagen enthielten unter anderem nachrichtendienstliche Erkenntnisse über Organisierte Kriminalität in Leipzig seit Mitte der 90er Jahre. Nach Medienberichten soll es Hinweise auf die Verstrickung hochrangiger Politiker und Justizbeamter in Straftaten wie Korruption, Amtsmissbrauch und Kinderprostitution geben. Am Vormittag war das Material zunächst den Geheimdienstkontrolleuren des Landtags vorgelegt worden.
Mit der Aufklärung wird nach Angaben der zuständigen Staatsanwaltschaft Dresden unverzüglich begonnen. Sie hat dazu bereits vor Übergabe der Unterlagen ein vierköpfiges Spezial-Team aus Experten der Anti-Korruptionseinheit INES zusammengestellt. Der für den Verfassungsschutz zuständige Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) sagte: "Die Bevölkerung hat einen Anspruch darauf, dass die Fälle schnell aufgeklärt werden." Die Staatsanwaltschaft werde mit allen notwendigen Informationen unterstützt, die nicht dem Quellenschutz unterliegen.
Kopien an Generalbundesanwältin Harms
Daten zu zwei weiteren kriminellen Netzwerken in Sachsen gehen laut Buttolo in den kommenden zwei Wochen an die Ermittlungsbehörden. Da auch Staatsanwälte oder Richter aus Sachsen in den kriminellen Netzwerken mitgewirkt haben könnten, soll eine Kopie aller Geheimdienstinformationen an Generalbundesanwältin Monika Harms gehen. Ob sie sich mit den Fällen beschäftigen wird, war zunächst allerdings unklar.
Die in der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des Landtags organisierten Geheimdienstkontrolleure forderten Generalstaatsanwalt Schwalm nach Einsicht der Unterlagen auf, das Bundeskriminalamt um die Strafverfolgung zu bitten. Die sächsische Staatsregierung hätte zudem zu prüfen, ob eine zeitweilige Suspendierung von in den Geheimdienstakten erwähnten Beamten notwendig sei.
Ob die Verfassungsschutz-Daten an die Staatsanwaltschaft weitergegeben werden dürfen, war zunächst umstritten. Nach einem Urteil des sächsischen Verfassungsgerichts durfte der Geheimdienst zuletzt nur noch in Ausnahmefällen Daten über Organisierte Kriminalität zusammentragen - dann, wenn sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung bedroht. Sachsens oberster Datenschützer Andreas Schurig hatte das bei den diskutierten Fällen nicht gesehen. Innenminister Buttolo setzte sich jedoch über sein Votum hinweg.
In der Affäre um organisierte Kriminalität in Sachsen haben am Freitag offiziell die Ermittlungen begonnen. Der Sächsische Verfassungsschutz hat ein erstes Dossier mit bislang geheimen Informationen an die Staatsanwaltschaft übergeben. Die Akten sollen Hinweise auf kriminelle Netzwerke in Sachsen enthalten, in die hochrangige Politiker, Justiz- und Polizeibeamte verstrickt sein sollen.
Buttolo: Bevölkerung hat einen Anspruch auf schnelle Aufklärung; Rechte: dpa
Buttolo: Aufklärung beginnt unverzüglich Mit der Aufklärung wird nach Angaben der zuständigen Staatsanwaltschaft Dresden unverzüglich begonnen. Sie hat dazu bereits vor Übergabe der Unterlagen ein vierköpfiges Spezial-Team aus Experten der Anti-Korruptionseinheit INES zusammengestellt. Der für den Verfassungsschutz zuständige Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) sagte, die Bevölkerung habe einen Anspruch darauf, dass die Fälle schnell aufgeklärt werden. Daten zu zwei weiteren kriminellen Netzwerken in Sachsen gehen laut Buttolo in den kommenden zwei Wochen an die Ermittlungsbehörden.
Wird sich die Generalbundesanwältin des Falles annehmen?; Rechte: ddp Wird sich die Generalbundesanwältin des Falles annehmen? Kopie an Harms - Abgeordnete wollen BKA hinzuziehen Da auch Justizkreise in die kriminellen Aktivitäten verwickelt sein können, geht eine Kopie der Akten Generalbundesanwältin Monika Harms. Ob sie sich des Falls annimmt, ist noch unklar. Die in der Parlamentarischen Kontrollkommission des Landtags organisierten Geheimdienstkontrolleure forderten Generalstaatsanwalt Schwalm auf, das Bundeskriminalamt um die Strafverfolgung zu bitten. Die sächsische Staatsregierung hätte zudem zu prüfen, ob eine zeitweilige Suspendierung von in den Geheimdienstakten erwähnten Beamten notwendig sei.
Korruption, Mord und Kinderprostitution Medienberichten zufolge reichen die Vorwürfe von Korruption und Amtsmissbrauch bis zu Kinderprostitution. Die Akten sollen auch Auskunft über die Verstrickungen höchster Kreise in zwei Morde und einen Mordversuch in der Leipziger Immobilien-Branche geben.
Die Hauptaktivitäten des kriminellen Netzwerkes sollen in Leipzig, Chemnitz und Plauen gelegen haben. Aber auch Politiker aus Dresden sollen verwickelt sein.
Re: Korruption und Rotlicht: Sachsen droht Skandal
«Spiegel»: Leipziger Politiker holten sich Prostituierte ins Rathaus
Leipzig (ddp). In der Affäre um angebliche Verbindungen sächsischer Politiker und Justizbeamter zum organisierten Verbrechen und ins Rotlichtmilieu sind offenbar auch zwei bundesweit bekannte Leipziger Politiker belastet. Wie das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» vorab berichtete, sollen sich die beiden Männer mehrfach tschechische Prostituierte in Leipziger Diensträume geholt haben. Das Blatt beruft sich auf Angaben des sächsischen Verfassungsschutzes. Die bis zu neun Frauen seien über Zuhälter angeheuert und diskret in das Rathaus gebracht worden.
Darüber hinaus wurde bekannt, dass hochrangige Vertreter der Leipziger Stadtverwaltung mit Immobilienmanagern unrechtmäßige geschäftliche Absprachen getroffen haben sollen. So hätten sich Rathausbeamte und die Geschäftsleute regelmäßig zu so genannten «Tafelrunden» in einem Restaurant getroffen, wie die «Leipziger Volkszeitung» berichtete.
Ferner soll dem Blatt zufolge neben einem ehemaligen Grünen-Politiker auch ein hoher FDP-Politiker in die Affäre verwickelt sein. Auch in diesem Fall gehe es um Verbindungen in das Rotlichtmilieu. Darüber hinaus gebe es weitere Hinweise auf Kindesmissbrauch. Betroffen seien mehrere Staatsanwälte und ein Strafrichter.
Die Affäre war vor drei Wochen durch Medienberichte über den brisanten Inhalt einer geheimen und umfangreichen Datensammlung des Verfassungsschutzes ins Rollen geraten.
Re: Korruption und Rotlicht: Sachsen droht Skandal
Buttolo: Kampf dem maffiosen Netzwerk in Sachsen
Der sächsischen Landtag hat am Dienstag über die Korruptionsaffäre um die angebliche Verstrickung von Politikern und Justizbeamten in die organisierte Kriminalität debattiert. Die Opposition forderte auf einer Sondersitzung in Dresden die rückhaltlose Aufklärung der Vorwürfe. [mehr]
Buttolo: Kampf dem maffiosen Netzwerk Sächsischer Landtag diskutiert über Korruption
Der sächsische Innenminister Albrecht Buttolo hat alle Demokraten dazu aufgerufen, das mafiöse Geflecht im Freistaat zu zerschlagen. "Wir müssen zusammenstehen, damit das kriminelle Netzwerk zerstört wird", sagte der CDU-Politiker am Dienstag in Dresden anlässlich einer Sondersitzung des Landtages zur Affäre um Geheimdienstakten über mögliche Korruptionsfälle.
Seit Wochen wird Sachsen von einer Affäre in Atem gehalten, in der es um Amtsmissbrauch, Korruption und Kinderprostitution gehen soll.
Akten für Strafverfolgung
Justizminister Geert Mackenroth (CDU) sprach von einer ernsthaften rechtsstaatlichen Bewährungsprobe. Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) sagte, wer sich strafbar gemacht habe, müsse auch bestraft werden. Die Sitzung war von der Linksfraktion beantragt worden.
Buttolo warnte, im Rahmen der Aufklärung sähe die organisierte Kriminalität Misstrauen, Verleumdungen und schüchtere Menschen ein. "Wenn ihr das gelingt, wird sie unseren guten Ruf zerstören. Alle, die sich jetzt am Kampf gegen die organisierte Kriminalität beteiligen, werden sich Rufmordkampagnen gegenübersehen." Er habe sich deshalb entschlossen, die Akten des Verfassungsschutzes nicht zu vernichten oder ins Staatsarchiv geben zu lassen, sondern sie den Strafverfolgungsbehörden zu übergeben, betonte der Innenminister. Dies sei er seinem Gewissen schuldig.
Kritik Richtung links
Laut Buttolo sollen die vier Fallkomplexe bis zum Sommer dieses Jahres so aufgearbeitet sein, dass sie der sächsischen Generalstaatsanwaltschaft und Generalbundesanwältin Monika Harms übergeben werden können. Die bisherigen Erkenntnisse nannte der Politiker schockierend.
Zugleich kritisierte der Innenressort-Chef die Linksfraktion wegen deren ablehnender Haltung gegenüber dem Verfassungsschutz. Ohne diese Behörde hätte es die Erkenntnisse nicht gegeben. Der Geheimdienst beobachtete jahrelang die organisierte Kriminalität, musste seine Tätigkeit aber nach einem Urteil des Leipziger Verfassungsgerichts 2006 einstellen.
Links: BKA einschalten
Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Andre Hahn, forderte hingegen die Einschaltung des Bundeskriminalamtes (BKA) zur Aufklärung der Affäre. Das BKA dürfe sich einschalten, wenn eine Landesbehörde darum ersuche. Dies sei bis heute nicht geschehen. Es sei auch zu fragen, zu welchem Zeitpunkt Ministerpräsident Georg Milbradt vom Inhalt der brisanten Akten gewusst habe und was er unternommen oder auch unterlassen habe. Auf die Beantwortung solcher Aspekte hätten die sächsischen Bürger einen Anspruch, erklärte Hahn.
Zu Beginn der Sitzung lehnte das Parlament den Antrag der NPD-Fraktion ab, über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Korruptionsfälle zu debattieren.
Infobox In Sachsen sorgen seit mehr als drei Wochen nahezu täglich neue schwere Vorwürfe gegen Richter, Staatsanwälte, Polizisten und hohe Politiker für Aufregung. Medienberichten zufolge enthalten noch geheime Verfassungsschutzakten Hinweise auf brisante Verbindungen von Justiz, Polizei und Politik zur organisierten Kriminalität.
Unter anderem soll es um Straftaten wie Korruption, Amtsmissbrauch und Kinderprostitution gehen. Die Staatsanwaltschaft Dresden hat Ermittlungen aufgenommen. Kopien der Verfassungsschutzunterlagen gehen auch an Generalbundesanwältin Monika Harms.
Re: Korruption und Rotlicht: Sachsen droht Skandal
DIE ZEIT, 07.06.2007 Nr. 24 Leichen im Sumpf
Von Toralf Staud
Mord, sexuelle Gewalt und Korruption der Verfassungsschutz in Sachsen spähte einen Abgrund aus. Nun geht es an die Aufklärung. Im Leipziger Rathaus spielt ein Teil der Affäre: Dort sollen tschechische Nutten Politikern zugeführt worden sein
Im Leipziger Rathaus spielt ein Teil der Affäre: Dort sollen tschechische Nutten Politikern zugeführt worden sein
Geert Mackenroth (CDU), der sächsische Justizminister, sah sich vor einigen Tagen zu einer bemerkenswerten Feststellung veranlasst. »Sachsen ist kein Sumpf«, schrieb er in einem Gastbeitrag für eine Dresdener Regionalzeitung. Eine Selbstverständlichkeit, so hätte man früher meinen können eine gewagte Behauptung, so scheint es nun.
Seit mittlerweile drei Wochen ist der Freistaat in heller Aufregung. Nahezu täglich werden Details aus einer Aktensammlung des Landesamtes für Verfassungsschutz zur »Organisierten Kriminalität« bekannt. Darin geht es um Korruption und Amtsmissbrauch, um dunkle Immobiliengeschäfte und sexuelle Gewalt gegen Kinder. Hochrangige Polizisten, Staatsanwälte und Politiker sollen verwickelt sein. Gelesen hat die Akten nur eine Handvoll Personen, aber allenthalben sind Geraune und Mutmaßungen zu hören, Schuldzuweisungen und Ablenkungsmanöver. Am Montag erschien im Magazin Spiegel eine Geschichte über Prostituierte, die jahrelang im Leipziger Rathaus verkehrt haben sollen.
»Ich dachte immer, dass es so etwas nur in miesen Krimis gibt«
Der eigentliche Skandal droht durch das Ausbreiten solcher Schlüpfrigkeiten aus dem Blick zu geraten: Mehr als ein Jahrzehnt lang haben Polizei und Justiz in Sachsen in etlichen Fällen versagt, wurden Ermittlungen in politisch brisanten Fällen unterbunden. Dass plötzlich Vorgänge wieder aufgerollt werden, die zum Teil bis in die frühen neunziger Jahre zurückreichen, ist einem eher trockenen innenpolitischen Grundsatzstreit zu verdanken. Im Jahr 2003 hatte die damals noch allein regierende CDU das Verfassungsschutzgesetz geändert und den Geheimdienst mit der Beobachtung der Organisierten Kriminalität im Lande beauftragt. Dagegen hatte die PDS-Fraktion vor dem Sächsischen Verfassungsgericht geklagt und im Sommer 2005 gewonnen. Seitdem befassten sich mehrere Stellen, unter anderem der Sächsische Datenschutzbeauftragte, mit der Frage, was aus den anscheinend rechtswidrig gesammelten Informationen werden solle. Teile der Landesregierung hätten die Akten am liebsten in den Schredder geschickt, auch der Datenschützer plädierte dafür. Das wiederum erregte den Argwohn der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des Landtages. Ein halbes Jahr lang arbeiteten sich die fünf Mitglieder durch die hochgeheimen Papiere und waren schockiert. »Ich dachte immer, dass es so etwas nur in miesen Krimis gibt«, sagt der Abgeordnete Frank Kupfer von der seit fünfzehn Jahren im Freistaat regierenden CDU.
Auf gut 15000 Aktenseiten haben die Verfassungsschützer Berichte zu fünf unterschiedlichen Komplexen zusammengetragen. In einem davon geht es um »normale« Bandenkriminalität, in einem anderen um die Rockerszene und Verbindungen ins rechtsextremistische Milieu. Politisch brisanter sind Berichte über Kontakte von Dresdener Zuhältern zu Sicherheitsbeamten in der Landeshauptstadt. Unter anderem geht es in den Akten um einen Exminister und Kokain. Am meisten politischen Sprengstoff birgt offenbar ein Vorgang unter dem Decknamen »Abseits«. In mehreren Regionen im Land sind demnach über mehr als ein Jahrzehnt hinweg Netzwerke von korrupten Polizisten, Richtern und Staatsanwälten gewachsen, so in Chemnitz und Plauen, vor allem aber in Leipzig.
Die Messestadt war Anfang der neunziger Jahre ein besonderes Pflaster. Sie feierte sich als »Boomtown« des Wilden Ostens und warb mit dem Slogan »Leipzig kommt«. Mit teils rabiaten Methoden wurden damals die Claims in den lukrativsten Immobilienvierteln abgesteckt. Die Gesetzeslage nach dem Einigungsvertrag war unklar. In den Ämtern saßen verunsicherte DDR-Beamte. Die Spitzenposten in Universitäten, Behörden und Medien wurden mit Aufbauhelfern aus dem Westen besetzt, die dort oft keine Chance auf ähnliche Jobs gehabt hätten.
Der oberste Aufklärer weiß es schon vorher: Die Vorwürfe sind falsch
Aus den »Partnerländern« Bayern und Baden-Württemberg kamen halbe Juristenjahrgänge, die sich schon von Trinkgelagen aus Studentenzeiten kannten und jetzt ganze Staatsanwaltschaften und Gerichte übernahmen. Das war die Zeit, als ein Baulöwe namens Dr. Jürgen Schneider Banken, Behörden und Baufirmen foppen konnte und Milliardenverluste anhäufte. Der Leipziger Wohnungsbaugesellschaft LWB kamen mehr als 700 Millionen Mark abhanden, ein Skandal, zu dessen Aufklärung der damalige Oberbürgermeister Hinrich Lehmann-Grube (SPD) wenig beitrug. Mehrere Morde blieben ungeklärt und tauchen nun in den Akten des Verfassungsschutzes wieder auf. Prozesse endeten mit auffallend milden Strafen.
Als sich später der oberste Korruptionsermittler der Leipziger Polizei der Sache annahm, wurde er suspendiert. Im Mittelpunkt dieses Teilskandals steht ein ehemaliger Leipziger Oberstaatsanwalt, Norbert Röger mit Namen, der 1993 aus Koblenz nach Leipzig gekommen war. Den Verfassungsschutzakten zufolge soll er sich wie andere Politiker und Juristen durch Bordellbesuche erpressbar gemacht und später Ermittlungen behindert und Prozesse vereitelt haben. Er selbst äußert sich nicht zu diesen Vorwürfen. Vor sechs Wochen, als die Anschuldigungen intern längst bekannt waren, beförderte ihn Justizminister Geert Mackenroth noch zum Präsidenten eines Amtsgerichtes, eine Position, in der er als unabhängiger Richter ein Disziplinarverfahren durch das Ministerium nicht mehr zu fürchten braucht.
In den Akten des Verfassungsschutzes summieren sich derartige Fälle zu einem offenbar beängstigenden Gesamtbild von Polizei und Justiz im Lande. Inzwischen hat die Parlamentarische Kontrollkommission in einem beispiellosen Beschluss mit den Stimmen von CDU-Vertretern der Landesregierung detaillierte Vorgaben dazu übermittelt, welchen sächsischen Staatsanwälten die Akten zu übergeben seien. Zugeich sollen die Generalbundesanwältin und das Bundeskriminalamt »die gleichen Unterlagen in Kopie« erhalten.
Außerdem fordern die Abgeordneten Aufklärung darüber, warum der Geheimdienst nicht wie es Pflicht gewesen wäre seine Erkenntnisse an die Strafverfolgungsbehörden weitergab. Und warum die PKK niemals über die brisanten Verdachtsmomente informiert wurde. Das sind Fragen, die wohl bald einen Untersuchungsausschuss des Landtages beschäftigen werden.
Dass das Misstrauen der Geheimdienstkontrolleure möglicherweise berechtigt ist, zeigte sich schon kurz nach ihrem Beschluss. Gegen den sächsischen Generalstaatsanwalt, der die Aufklärung des Skandals koordinieren soll, wurden Vorwürfe laut, er habe vor einigen Jahren selbst Ermittlungen in einem Leipziger Immobilienskandal verhindert, der den damaligen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf in Bedrängnis gebracht hatte. Und Justizminister Mackenroth berief für die Oberaufsicht der Korruptionsermittlungen ausgerechnet einen Juristen aus Baden-Württemberg der bei seiner ersten Pressekonferenz auch gleich zu Protokoll gab, er gehe nicht davon aus, dass sich die Vorwürfe gegen die sächsische Justiz bestätigen würden.
Re: Korruption und Rotlicht: Sachsen droht Skandal
10. Juni 2007
ORGANISIERTE KRIMINALITÄT Milbradt räumt monatelange Kenntnis von Korruptionsaffäre ein
Kanzleramtschef de Maizière unter Druck: Nachdem bekannt wurde, dass der frühere sächsische Innenminister schon früh von der Korruptionsaffäre wusste, hat ihn ein Rechtsanwalt wegen Strafvereitelung im Amt angezeigt. Auch Ministerpräsident Milbradt weiß schon seit Monaten Bescheid.
Berlin/Dresden - Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) räumte ein, dass ihm schon seit Monaten bekannt ist, dass der Landesverfassungsschutz Informationen über möglicherweise brisante Fälle Organisierter Kriminalität gesammelt hat. "Ich bin vor einigen Monaten über das Problem informiert worden, dass Akten existieren, und dass der Datenschutzbeauftragte eine Verwertung für rechtswidrig hält", sagte Milbradt der "Welt". Zugleich machte deutlich, dass er den Inhalt, nicht aber die Akten selbst kennt: "Ich habe die Akten nicht gelesen."
Verfassungsschutz in Sachsen: Wer wusste wann was? Großbildansicht DPA
Verfassungsschutz in Sachsen: Wer wusste wann was?
Anfang Oktober 2006 hatte der Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig dem Verfassungsschutz erstmals öffentlich vorgeworfen, rechtswidrig Fälle Organisierter Kriminalität zu beobachten, und gefordert, die gesammelten Daten nicht zu verwenden. Die sächsischen Verfassungsschützer hatten zwischen 2003 und 2006 zum Teil unerlaubt Informationen über Korruptionsfälle gesammelt. Davon waren Ermittlungsbehörden und das Landesparlament jedoch nicht in Kenntnis gesetzt worden.
Unklar blieb, ob Milbradt auch über die Dimension der vom Verfassungsschutz beobachteten Fälle Bescheid wusste, die im Herbst des vergangenen Jahres noch nicht an die Öffentlichkeit gedrungen war. Erst im Mai wurde dann bekannt, dass es der Skandal bis in Führungsetagen von Politik, Justiz und Polizei hineinreichte.
In Sachsen sorgen seit knapp vier Wochen fast täglich neue schwere Vorwürfe gegen Richter, Staatsanwälte, Polizisten und hohe Politiker für Aufregung. Berichten zufolge enthalten bislang geheime Verfassungsschutzakten Hinweise auf brisante Verbindungen von Justiz, Polizei und Politik zur organisierten Kriminalität. Erste Unterlagen waren in den vergangenen zwei Wochen an die Staatsanwaltschaft Dresden und in Kopie an die Generalbundesanwaltschaft übermittelt worden.
Milbradt wollte nicht ausschließen, dass andere Mitglieder der Landesregierung bereits früher über die Datensammlung informiert waren. Auf die Frage, ob auch Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) als ehemaliger sächsischer Innenminister Kenntnisse hatte, sagte er: "Das mag sein."
Darauf deuten auch Informationen des SPIEGEL hin. Aus einem internen Vermerk des Verfassungsschutzes geht nämlich hervor, dass die jetzt vorliegenden Fälle im Korruptionsskandal bereits "zwischen April 2005 und Mitte Juli 2005 bekannt geworden" seien. Die Erkenntnisse seien zeitnah auch dem Innenministerium mitgeteilt worden, das seinerzeit von de Maizière geführt wurde. Demnach hätte es weitaus früher zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kommen können.
Anzeige gegen de Maizière
Ein Umstand, der de Maizière nun auch juristisch unter Druck bringen könnte. Die Staatsanwaltschaft Dresden eine Strafanzeige gegen den Kanzleramtsminister Oberstaatsanwalt Christian Avenarius bestätigte heute einen Bericht der "Dresdner Morgenpost am Sonntag", wonach der Dresdner Rechtsanwalt Klaus Koenig gegen de Maizière eine Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt gestellt hat. "Die Frage, ob Beweismittel verwertbar sind, entscheidet nicht Herr de Maizière, sondern die Staatsanwälte und Richter. Die skandalöse Untätigkeit verletzt den Amtseid auf die sächsische Verfassung", zitierte das Blatt Koenig.
De Maizières Sprecherin Astrid Kny wollte zu der Anzeige keinen Kommentar abgeben. Sie wies aber die Kritik aus dem sächsischen Landtag zurück. Die sächsische Opposition hatte zuvor beschlossen, einen Untersuchungsausschuss wegen der Korruptionsaffäre einzurichten. Sollte der Kanzleramtsminister vor einen Untersuchungsausschuss zitiert werden, werde de Maizière der Ladung selbstverständlich Folge leisten, sagte Kny der AP. Im Übrigen habe der Minister jedoch korrekt gehandelt. Es handele sich um eine Geheimdienstaffäre, bei der etwas über Gerüchte zu lesen sei, aber Konkretes stehe nicht im Raum.
Die Bundesregierung hatte sich am Freitag hinter de Maizère gestellt und Forderungen der sächsischen Opposition abgelehnt, dieser solle seine Funktion als Geheimdienstbeauftragter der Bundesregierung ruhen lassen.