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Korruption und Rotlicht: Sachsen droht Skandal

Re: Korruption und Rotlicht: Sachsen droht Skandal

Journalisten vor dem Dresdner Amtsgericht
Prozess wegen Recherchen zum "Sachsensumpf"

Wenn Journalisten Affären aufdecken, müssen sie Beweise vorlegen können. Was aber, wenn diese möglicherweise manipuliert oder gar unterdrückt werden? Vor dem Dresdner Amtsgericht müssen sich derzeit zwei Journalisten verantworten, die im sogenannten "Sachsensumpf" gewühlt hatten.

Von Gabor Halasz, MDR

* Sachsensumpf: Journalisten vor Gericht, tagesthemen, 22:15 Uhr [Gabor Halasz, MDR]
https://www.tagesschau.de/inland/sachsensumpf100.html

Re: Korruption und Rotlicht: Sachsen droht Skandal

13.08.2010

Sachsensumpf
Dresdner Gericht verurteilt kritische Journalisten
Verurteilte Journalisten: Polizisten "massiv in ihrer Ehre verletzt"
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DDP

Verurteilte Journalisten: Polizisten "massiv in ihrer Ehre verletzt"

Das Amtsgericht Dresden hat zwei Journalisten wegen übler Nachrede in einem Artikel zur Sachsensumpf-Affäre zu Geldstrafen verurteilt. Ungewöhnlich: Statt eines presserechtlichen Verfahrens gab es ein Strafverfahren und die Dresdner Justiz entschied quasi in eigener Sache. Der Journalistenverband ist entsetzt.

Dresden - Dürfen Journalisten sich wundern? Dürfen sie schreiben, dass es zumindest merkwürdig ist, wenn Polizisten sich schon vor der Vernehmung von Zeugen ihr Urteil gebildet haben? Dürfen sie fragen, ob wohl alles mit rechten Dingen zugegangen ist?

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Sie dürfen es nicht. Zwei freie Journalisten, die über die Sachsensumpf-Affäre berichtet haben, sind am Freitag für eine solche Frage wegen übler Nachrede verurteilt worden. Das Dresdner Amtsgericht sprach die beiden in einem Strafprozess schuldig, mit einer Veröffentlichung auf "Zeit Online" Polizisten massiv in ihrer Ehre verletzt zu haben. 2500 Euro muss jeder von ihnen zahlen. Die Journalisten kündigten umgehend Rechtsmittel an.

Zwei Berichte, die Anfang 2008 auf "Zeit Online" und im SPIEGEL erschienen sind, hatte die Anklage beanstandet. Darin geht es um angebliche Kontakte von zwei früheren ranghohen Richtern der sächsischen Justiz zum Leipziger Rotlicht-Milieu Anfang der neunziger Jahre und die späteren Ermittlungen der Polizei.

Strafe fürs Fragestellen

Laut Anklage hätten die beiden Journalisten mit einer bewusst unvollständigen Berichterstattung die Juristen und die Polizeibeamte verunglimpft. Die beiden hochrangigen Juristen traten in dem Prozess als Nebenkläger auf. Die Staatsanwaltschaft hatte Geldstrafen von jeweils 6000 Euro gefordert, die Nebenklage sogar eine Freiheitsstrafe. Das Gericht blieb hinter diesen Forderungen jedoch weit zurück.

Die beiden Journalisten hatten in dem Artikel für "Zeit Online" länger zurückliegende Ermittlungen der Polizei beleuchtet und die Frage gestellt, ob Beamte möglicherweise unter Druck gesetzt worden sein könnten. Strafrichter Hermann Hepp-Schwab wertete dies bereits als Tatsachenbehauptung. Sie hätten damit schwere und ehrverletzende Vorwürfe gegen die Polizisten erhoben.

Von einem weiteren Vorwurf wurden die Journalisten dagegen freigesprochen. Dabei ging es um einen Bericht des SPIEGEL über die Vorwürfe gegen die beiden Richter, zu dem die beiden Informationen zugeliefert hatten. Für die fraglichen Formulierungen hatte der Autor des Artikels die Verantwortung übernommen und eine Geldstrafe gezahlt, außerdem druckte der SPIEGEL eine Korrektur. Das Strafverfahren wurde eingestellt.

Als "schmerzlich für die beiden Kollegen und schädlich für den Journalismus in Deutschland" bezeichnete Michael Konken vom Deutschen Journalistenverband (DJV) den Richterspruch. "Wenn das Urteil Schule macht, besteht die Gefahr, dass auch andernorts versucht wird, kritisch und investigativ recherchierende Journalisten einzuschüchtern."

"Nicht nachvollziehbar"

Ungewöhnlich an dem Fall ist, dass gegen die Journalisten gleich strafrechtlich vorgegangen wurde. Die Betroffenen hätten sich auch, wie es allgemein üblich ist, zunächst presserechtlich gegen die veröffentlichten Artikel zur Wehr setzen können. Die eigentümliche Begründung der Nebenkläger-Verteidigerin im NDR-Magazin "Zapp": Ein presserechtliches Verfahren sei im Vergleich zu einem strafrechtlichen zu teuer für ihre Mandanten. Statt sich also an die Redaktion zu wenden, wurden die beiden Journalisten persönlich zur Verantwortung gezogen. Nebeneffekt: Der Artikel ist weiterhin auf Zeit Online abrufbar.

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"Das Presserecht bietet die notwendigen Instrumente, mit denen sich Betroffene gegen mögliche Fehler von Journalistinnen und Journalisten zur Wehr setzen können", erklärte die DJV-Vorsitzende in Sachsen, Sabine Bachert. Warum in Dresden anders vorgegangen wurde, sei nicht nachvollziehbar. "In Anklage und Prozess wurden völlig normale journalistische Arbeitsabläufe und Handlungen kriminalisiert. Das können wir nicht hinnehmen."

Ebenfalls ungewöhnlich ist, dass ausgerechnet das Amtsgericht Dresden die beiden Journalisten verurteilt hat. So ist der Strafrichter Mitglied des Gerichts, an dem einer der Nebenkläger tätig ist. Der Generalstaatsanwalt des Landes hatte darauf verzichtet, das Verfahren an eine andere Staatsanwaltschaft zu delegieren. "Irritierend" nennt das der Hamburger Strafverteidiger Gerhard Strate in "Zapp". Üblichweise würden in solchen Fällen die Verfahren an einen anderen Gerichtsort gegeben, um den Verdacht der Befangenheit auszuräumen.

Sachsen war vor drei Jahren wegen einer angeblichen Korruptionsaffäre lange in den Schlagzeilen. Die Vorwürfe zum sogenannten Sachsensumpf stammten aus einer Aktensammlung der Verfassungsschützer. Externe Prüfer kamen zum Ergebnis, dass die Dossiers überwiegend aufgebauscht worden seien. Aus Sicht der Opposition gibt es aber noch offene Fragen.

ore/ddp/apn
https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,711705,00.html

Re: Korruption und Rotlicht: Sachsen droht Skandal

Sachsensumpf-Prozess
Prozess gegen Leipziger Journalisten geht in die nächste Runde

Der "Sachsensumpf-Prozess" wird neu aufgerollt. Die Staatsanwaltschaft fordert eine härtere Strafe, die beiden verurteilten Journalisten verlangen einen Freispruch.

© Arno Burgi/dpa
Die Journalisten Thomas Datt (l.) und Arndt Ginzel vor der Urteilsverkündung im Amtsgericht Dresden am 13. August

Die Journalisten Thomas Datt (l.) und Arndt Ginzel vor der Urteilsverkündung im Amtsgericht Dresden am 13. August

Die Staatsanwaltschaft Dresden hat gegen ein Urteil des Amtsgerichts Dresden Berufung eingelegt. Die 37 und 42 Jahre alten freiberuflichen Journalisten waren für einen ZEIT- ONLINE-Beitrag über eine angebliche Korruptionsaffäre in Sachsen wegen übler Nachrede zu je 2500 Euro Strafe verurteilt worden. Für einen zweiten Artikel im Magazin Spiegel wurden sie von den Vorwürfen freigesprochen.
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Die Beschwerde richte sich sowohl gegen den Freispruch als auch dagegen, dass die Anklage auf Verleumdung vom Gericht fallen gelassen wurde, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden.

Auch die beiden Journalisten haben das Urteil angefochten. Sie verlangen einen vollständigen Freispruch. Der Fall muss nun vor dem Landgericht neu aufgerollt werden.

Der Rechtspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Johannes Lichdi, nannte die Staatsanwaltschaft in einer Erklärung "unbelehrbar" und warf ihr "maßlosen Verfolgungseifer" vor.
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Justiz | Sachsen | Medien

Die sogenannte Korruptionsaffäre war 2007 in Sachsen hoch gekocht, als Details aus geheimen Akten des Verfassungsschutzes öffentlich wurden. Darin ging es um kriminelle Netzwerke, in die Justiz und Politik verstrickt gewesen sein sollen. Experten zufolge waren diese Akten aber aufgebauscht worden.

Die nachfolgenden Ermittlungen zu darin aufgelisteten Fällen brachten keine Ergebnisse. Mit den Vorgängen beschäftigt sich wie schon in der vergangenen Legislaturperiode ein Untersuchungsausschuss des Landtages.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-08/sachsensumpf-prozess-berufung