The Story goes on - Forever - Aus dem Spiel

Leeres Klassenzimmer im Vierten Stock

Leeres Klassenzimmer im Vierten Stock

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Das Leben ist ein Traum, den man wie ein Schlafwandler durchschreitet.

Violetta Kimmkorn- Lockhart - 17 Jahre alt - Gryffindor - Schulsprecherin
other characters: Ilja Krum - Pansy Malfoy-Parkinson - Remus Lupin - Jack Weasley - Benoit Vergniaud

07.03.2007

Bellas Herz klopfte ihr bis zum Hals als sie durch die Gänge des Schlosses hastete. Ihre rechte Hand war in der Umhangtasche vergraben und befühlte die ganze Zeit das Pergamentblatt, das sie erst vor wenigen Minuten bekommen hatte und das für ihren verwirrten Zustand verantwortlich war. Sie hatte ein ganz komisches Gefühl.
Wer konnte denn wissen, wo Draco sie immer hinbeordert hatte, wenn er sie treffen wollte? Wer konnte das wissen und sich erst jetzt – so lange Zeit nach dem letzten Mal, dass sie das Klassenzimmer benutzt hatte – dieses Wissen zu Nutze machen? Bella wollte nicht an so einen üblen Scherz denken. Das war doch unlogisch.
Aber alles andere war auch unlogisch.
Bella glaubte nicht, dass Pansy sich so schnell und so plötzlich von ihren jahrelangen Depressionen erholt haben könnte. Sie glaubte nicht an eine Genesung ihrer Mutter und schon gar nicht daran, dass sie in einem derartigen Falle sofort zu ihren Kindern gerannt käme. So war Pansy nicht, so war sie nie gewesen und so würde sie niemals sein. Pansy war eine gute Mutter gewesen, aber immer distanziert. Und Bella hatte sie auch nie gebraucht. Sie hatte Draco gehabt – an ihrem Vater hatte sie wie eine Klette gehangen – und später hatte sie dann Cedric gehabt. Pansy war nur eine Beigabe gewesen; sie hatte ihre Mutter einstmals vielleicht sogar geliebt, doch heute spürte sie nichts mehr außer Verachtung für Pansy. Nicht einmal mehr Mitleid.

Warum gehe ich da überhaupt hin?, fragte Bella sich, während sie die Treppe zum dritten Stock hinauf lief. Warum? Niemand wird da sein! Das ist entweder ein Versehen oder ein Streich oder sonst irgendein Schwachsinn.
Stufe um Stufe erklomm Bellatrix. Sie musste da hin. Sie konnte die Aufforderung nicht einfach in den Wind schlagen. Irgendjemand wartete dort oben auf sie und weckte irre Hoffnungen in Bella.
Sie war zu sehr Realistin um an ein Auftauchen ihres Vaters zu glauben – dazu war er ihr zu grausam genommen worden und dazu war er zu lange tot – aber Bellatrix hoffte so sehr irgendjemanden zu treffen. Irgendjemand, vielleicht ein Todesser in SEINEM Dienste, der irgendetwas Wichtiges und Großes mit der Familie Malfoy vor hatte, der ihr die Ehre zurückgeben konnte, die Bellatrix mit dem Tod ihres Vaters verloren sah. Oder vielleicht war es ein entfernter Verwandter. Irgendein Malfoy aus dem Ausland, der es geschafft hatte, Pansy aus ihrer Lethargie zu reißen und sie zu irgendetwas zu bewegen.

Noch eine Stufe. Noch eine. Noch eine. Bellas Beine drückten sich automatisch durch und trugen sie höher. Je näher die Slytherin dem bewussten Klassenzimmer kam, desto flacher wurde ihr Atem. Sei es nun aus der Anstrengung des Treppesteigens – aus dem Slytherinkerker waren es immerhin noch fünf Stockwerke, die zu bewältigen waren – oder vor Aufregung. Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem.
Bella übersprang die Trickstufe in der schmalen Treppe. Schneller weiter!
Ein Blick auf die Uhr sagte Bellatrix, dass sie noch fünf Minuten Zeit hatte. Die Gedanken in ihrem Kopf fuhren Karussell und überschlugen sich beinahe. Was nur sollte dieser Zettel?!
Bella wurde einfach nicht schlau daraus und ihre Ungewissheit, die mit Hoffnungen und Befürchtungen verknüpft wurde, machte sie völlig fertig.

Vierter Stock.
Bella blieb kurz stehen bevor sie ihre Schritte in Richtung Klassenzimmer lenkte. Es stand seit Jahr und Tag leer. Dort wurde kein Unterricht abgehalten, er diente mehr oder weniger als Abstellraum für überzählige Tische und Stühle und am Ende des Jahres manchmal für die Abschlussprüfungen.
Ohne groß nachzudenken hatten Bellas Füße sie auf dem kürzesten Weg zu dem Klassenzimmer getragen und so musste sie nur noch wenige Meter bewältigen, als sie den vierten Stock endlich erreicht hatte. Doch seltsam – je näher Bella dem Raum kam, desto langsamer wurden ihre Füße. Wollte sie wirklich in dieses Zimmer gehen? Wollte sie wirklich riskieren, einem lachenden Mitschüler ins Gesicht blicken und sich dem Gespött aussetzen zu müssen? Nein, das wollte sie doch sicher nicht. Oder doch?
Bella blieb vor der Tür stehen.
Aber wenn sie dieses Risiko nicht einging würde sie auch nicht erfahren, ob nicht wirklich jemand auf sie wartete.

Bellatrix biss sich auf die Lippe. Sie musste da rein! Sie würde nicht kneifen und sie würde nicht weggehen!
Seit drei Jahren war sie nicht mehr in dem Zimmer gewesen.
Die Slytherin holte noch einmal tief Luft, wie um sich auf einen großen Sprung bereit zu machen und legte die Hand auf die Türklinke.
Die Sekunden verstrichen.
Mach die Tür auf! Es ist sechs Uhr! Bellas innere Stimme herrschte sie so wütend an wie sonst nur mit einem Gryffindor umgehen würde. Sie war doch kein Waschlappen! Sie konnte doch diese dämliche Tür öffnen!
Ruckartig zog Bella am Türknauf und betrat hoch erhobenen Hauptes in das Klassenzimmer.

Pansy. Das war kein Scherz gewesen! Der Zettel stammte von Pansy! Sie saß da auf einem Stuhl, die Hände im Schoß gefaltet in einem wunderschönen Kleid, gut frisiert, geschminkt und mit ihrem selbstbeherrschten, strengen Gesichtsausdruck. Ein Gesicht, das nicht mehr grau und eingefallen war, sondern lebendig und voller Farbe.
Bella wäre beinahe vor Schreck wieder zurückgestolpert. Pansy hatte sie eigentlich nicht hier erwartet. Genau so wenig wie jeden anderen Menschen auch.
Innerhalb von Sekundenbruchteilen gingen Bella tausende von gedanken durch den Kopf.
Ihre Mutter war hier! In Hogwarts! Warum? Wie kam Pansy nur dazu? Wie hatte sie es geschafft, sich zu diesem Besuch aufzuraffen? Warum sah sie so gut aus? Wieso war sie überhaupt hier? Warum hatte sie Bella nicht früher und klarer Bescheid gegeben? Was wollte sie von Bella? Und warum war Cedric nicht hier?
Bella blinzelte kurz. Ihr Blick klebte an ihrer Mutter, als hätte sie sie noch nie zuvor gesehen. Und irgendwie stimmte das ja auch. Bella hatte ihre Mutter seit drei Jahren nicht mehr hier und nicht in solcher Verfassung gesehen. Warum war sie auf einmal da? Und warum allein?
Aber war sie überhaupt allein?
Im Augenwinkel ahnte Bellatrix, eine zweite Person ausmachen zu können. Sie saß im Halbdunkeln an einer Wand auf einem Stuhl, die Arme verschränkt.
Nur Sekunden nachdem Bella eingetreten war wandte Bella sich von ihrer Mutter hin zu dem Fremden. Sie konnte ihn nicht erkennen, sein Gesicht lag im Schatten. Aber sie kannte ihn. Sie kannte ihn.
Bella stockte der Atem. Die blonden Haare, die Nase… Kannte sie das nicht? Doch, doch, das kannte sie doch! Aber wie konnte sie das kennen?! Diese Haare hatten zu ihrem Vater gehört, dieses Profil hatte zu ihrem Vater gehört. Aber ihr Vater konnte dieser Mann nicht sein.
Bella schluckte. Nach dem Tod ihres Vaters hatte sie monatelang in Männern, die sie nur flüchtig angesehen hatte, ihren Vater gesehen. Wahrscheinlich hatte sie einfach in die Männergesichter das Gesicht ihres Vaters hineinprojiziert, weil sie sich so sehr gewünscht hatte, ihn zu sehen. Aber das war doch schon lange vorbei! Sie hatte doch den Tod ihres Vaters akzeptiert!

Zögernd machte Bella einen Schritt in das Klassenzimmer hinein. Sie starrte fassungslos zu dem Mann hinüber. Wenn er nur aus dem Schatten herauskommen und sich ihr ganz zeigen würde! Dann könnte sie das Trugbild besser von sich weisen können. Denn das konnte nicht ihr Vater sein. So sehr sie das auch wollte.
„Hallo, Mum.“, kam es leise über Bellas Lippen, doch kein Blick traf ihre Mutter. Sie wollte zu diesem Mann und traute sich gleichzeitig nicht, ihm näher zu kommen. Warum war er mit ihrer Mutter hier? Wer war er, verdammt noch mal?!
Wollte sie das überhaupt so genau wissen?

Bellatrix spürte nur das laute Pochen ihres Herzes und ihre schweißnassen Handinnenflächen als sie langsam die Tür hinter sich schloss.





09.03.2007

Der Wind zerrte wie ein wilder unsichtbarer Riese an Pansys Umhang kaum, dass sie das Haus verlassen hatte. Sie hatte ihre schwarze Kaputze tief in die Stirn geschlagen und dennoch peitschte ihr der Wind blonde Haarsträhnen ins Gesicht. Die Todesserin hielt ihren Blick gesenkt und achtete darauf wohin sie ihre Schritte setzte. Beinahe hätte sie es übersehen, wie Draco apparierte, doch nur wenige Sekunden nach seinem plötzlichen Verschwinden war auch von der hoch gewachsenen Hexe nichts mehr zu sehen.

Einige Meter von Hogwarts entfernt landete Pansy auf dem weichen Gras. Draco hatte sie schon erwartet. Er legte seine Hand auf ihren Rücken und geleitete sie zum Schloss. Kaum hatten sie das große Tor hinter sich zurück gelassen, fühlte sich Pansy von einer Welle der Erinnerungen überrollt. Viele Menschen behaupteten immer, dass sie sich unweigerlich wieder in ihre Schulzeit zurück versetzt fühlten, wenn sie die ehrwürdigen Mauern betrachten. Doch für Pansy lagen diese Erinnerungen schon so weit zurück, dass sie sich daran nicht erinnerte, wie es sich anfühlte eine Schülerin zu sein.
Immerhin lag ihr Schulabschluss schon beinahe 25 Jahre zurück. Eine unglaublich lange Zeit, die so schnell vergangen war. Es wäre lächerlich, sich angesichts der steinernen Treppe wieder wie ein Kind zu fühlen.
Ohne zu zögern stieg Draco die Treppe nach oben zu ihrem ausgemachten Treffpunkt, wo sie sich früher immer mit ihren Kindern getroffen hatten. Früher, als noch alles in Ordnung gewesen war.
Pansy stieg hinter ihrem Ehemann die Stufen empor und während sie seine breiten Schultern betrachtete fragte sie sich, wie genau Draco über die aktuellen Familienverhältnisse Bescheid wusste. Pansy hatte nicht viel erzählt. Sie hatte versucht alle unangenehmen Eindrücke von Draco fern zu halten seit dem Augenblick da sie ihn wieder gesehen hatte.
Ob er wohl davon wusste, dass Bellatrix mit ihrer Mutter kaum noch sprach? Sie hatte nicht einmal auf ihren letzten Brief geantwortet. Den Brief, in dem sie versucht hatte herauszufinden, wie es ihrem Sohn ging.
Draco war ein kluger Mann, doch zweifelte Pansy stark daran, dass er diese Sache in ihrem vollen Ausmaß kannte.
Cedric, ja mit Cedric war es besonders schlimm gekommen. Er war stets ein kleiner Rebell gewesen, der sich schwer tat sich unterzuordnen. Doch in den drei Jahren während Dracos Abwesenheit war er noch viel entschlossener und eigenständiger geworden. Seine Beziehung mit Potters Tochter war zwar noch nicht erwiesen, doch zweifelte Pansy nicht wirklich daran. Sie kannte ihren Sohn und wusste genau, dass es nur wahr sein konnte.
Vielleicht war es jetzt längst zu spät um ihn wieder in den Schoß der Familie zurück zu holen. Jedoch war Pansy keine Person, die es sich erlauben konnte einen Versuch zu starten. Wenn überhaupt konnte nur Bellatrix an ihn dringen, oder die starke Hand seines Vaters.
Es wird mir eine Freude sein, deinen Sohn zu quälen. Den Cruciatus Fluch kennt er ja schon von seinem Vater.
Warum nur konnte sie nicht auf hören an diese Worte zu denken? ER hatte damit versucht ihr zu drohen und nun konnte Pansy sie nicht vergessen. Es tat ihr weh daran zu denken, dass Draco seinem Sohn Schmerzen zugefügt hatte. Sie mochte nicht daran denken, dass er es für nötig hielt seinen Sohn derart zu maßregeln. Was konnte Cedric denn schon getan hatte, dass diese Bestrafung rechtfertigte? Er war doch noch ein kleiner Junge gewesen. Ihr Junge.
Das Klassenzimmer kam immer näher. Draco war schon eingetreten und Pansy gab sich Mühe, alle unangenehmen Gedanken zu vertreiben bevor sie ihm folgte.
Sie wollte nicht, dass er zufällig ihre Gedanken mitbekam. Pansy war sich zwar sicher, dass ihr Mann niemals Okklumentik an ihr anwenden würde, aber sie ging immer auf Nummer sicher.

Der Klassenraum sah noch ebenso aus, wie drei Jahre zuvor bei ihrem letzten Treffen mit den Kindern. Man konnte nicht einmal behaupten, dass die Staubschicht recht angewachsen wäre.
Draco hatte sich auf einen Stuhl an der Seite gesetzt. Sein Gesicht lag im Halbdunkel und war nur schwerlich zu erkennen, aber Pansy erkannte ihn ohnehin auch schon an seiner Gestalt.
Sie wunderte sich wie er es schaffte, so ruhig zu sein.
Pansy selbst war recht nervös. Sie fragte sich schon seit sie aufgestanden war, wie ihre Kinder wohl auf sie reagieren würden. Bellatrix würde sich natürlich wie verrückt darüber freuen, dass ihr Vater noch am Leben war. Aber würde sie sich danach vielleicht auch wenigstens ein kleines bisschen darüber freuen, dass ihre Mutter auch hier war?
Und Cedric! Ja, wie würde Cedric wohl auf seinen Vater reagieren? Pansy machte sich keine Hoffnungen, dass ihr Sohn glücklich über das Zusammentreffen mit seiner Mutter sein würde. Zu groß war seine Enttäuschung. Aber würde er es wenigstens schaffen seinen Vater in die Arme zu schließen?
Gerne wäre Pansy rastlos in der leeren Klasse auf und abgetigert, aber sie setzte sich ruhig auf einen Stuhl, schob ihre Beine anmutig zur Seite wie eine englische Adelige und legte ihre Hände in den Schoß.

Nur wenige Augenblicke nach ihrer Ankunft im Klassenzimmer hörte Pansy bereits Schritte. Unwillkürlicher begann ihr Herz etwas schneller zu schlagen. Ohne Zweifel standt dort draußen Bellatrix, ihre Tochter. Kein anderer Schüler würde sich um diese Zeit hierher verirren.
Als der Blondschopf nun leise keuchend in der Tür stand erschien auf Pansys Gesicht ein warmes Lächeln. Es war schön ihre Tochter so gesund und froh zu sehen.
Pansy erhob sich von ihrem Platz und ging zwei Schritte auf ihre Tochter zu. Sie bemerkte die unsicheren Blicke die Bellatrix ihrem Vater zuwarf.
Ob es denn wirklich möglich war, dass sie ihn nicht erkannte?
Pansy schaute ihrer geliebten Tochter in die verwirrten blauen Augen.

Bellatrix Liebes!
Verachtest du mich schon so sehr, dass du mich nicht mehr anständig begrüßt? Sind dir meine Arme schon so fremd, dass du gar nicht mehr daran denkst sie zu berühren?
Erinnerst du dich denn nicht mehr daran, wer sich all die Jahre um dich gekümmert hat?
Erinnerst du dich nicht mehr daran, wer an deinem Bett gesessen hat wenn du krank warst?
Erinnerst du dich nicht mehr daran wer deine fieberheiße Hand hielt?
Nein, das tust du nicht. Du erinnerst dich an nichts, denn deine Augen waren stets geschlossen. Du schautest nur kurz auf, als dein Vater den Raum betrat und für einige wenige Augenblicke seine Aufmerksamkeit schenkte.
Deine Augen haben geleuchtet, wie stets wenn sein Blick auf dir ruhte. Oh wie weh, wie weh, es doch tat diese innige Zweisamkeit zwischen euch zu beobachten und wie verloren ich mich fühlte.
Doch kaum war er wieder aus dem Zimmer getreten sank dein Kopf wieder erschöpft auf das Bett.
Wer hat dir zu trinken gegeben?
Wer hat dir einen kühlen Lappen auf die Stirn gelegt?
Bellatrix, Liebes!
Wie sehr hat sich mein krankes Mutterherz danach gesehnt deine Augen so zum Leuchten zu bringen, wie es ihm mit einem einzelnen Wort gelang.
Hast du denn nicht gemerkt, wie ich um deine Aufmerksamkeit buhlte in dem ich dir jeden Wunsch erfüllte?
Nein, das hast du nicht.
Du hattest nur Augen und Ohren für deinen Vater. Ihn liebtest du bedingungslos. Von ihm hast du nie etwas gefordert. Du hast dankbar genommen was er dir an Liebe und Zuneigung zugeworfen hat. Aber meine übergroße Liebe hast du verschmäht. Sie war dir nie gut genug. Du warst ihm nicht einmal böse, als er nicht wieder kam. Du hast nur geweint und geweint. Du hast die ganze Welt gehasst, aber ihn nie.
Er hat dich im Stich gelassen, aber ihm warst du nie böse.
Aber mir, mir warst du böse und bist es noch. Mir konntest du es nicht verzeihen, dass ich nicht für dich da war.
Kannst du denn dich verstehen, dass ich nicht anders konnte.
Kannst du nicht verstehen, dass ich dir nicht helfen konnte, weil ich selbst das Gefühl hatte den Verstand zu verlieren?
Bellatrix, Liebes!
Du warst nicht die Einzige, der es schwer fiel allein zu sein. Das Recht zu trauern gehörte nicht dir allein.
Aber ich hätte mich dennoch um dich kümmern müssen. Verzeih einem alten, schwachen Weib, dass es nicht genug Kraft hatte sich um dich zu kümmern?
Wirst du das tun, Bellatrix?
Ich verlange nicht von dir, mich so zu lieben wie du deinen Vater liebst. Es wäre töricht zu glauben, dass dir dies je möglich wäre.
Aber erlaube mir, wieder deine Mutter zu sein.


Die Distanz zwischen den beiden Frauen schien unmenschlich groß.
„Hallo, Mum!“
Leere, dahin gemurmelte Worte. Sie klangen mehr wie ein Pflichtprogramm und nicht wie eine freudige Begrüßung. Aber was hatte Pansy schon zu erwarten. Sie musste glücklich darüber sein, dass ihre Tochter sie wenigstens ansah.
Pansy ging noch einen weiteren Schritt auf sie zu und streichelte sanft die Wange ihrer Tochter.
„Bellatrix, Liebes!“ Ich hab dir so viel zu erklären!
Kein weiteres Wort drang über Pansys Lippen. Sie ließ ihre Hand noch kurz auf Bellatrix’ Wange ruhen, bis sie das Gefühl hatte, dass ihre Tochter genug hatte.
Sie waren nicht gekommen um Pansy mit ihrer Tochter auszusöhnen. Heute ging es nicht um sie.
Pansy lächelte wehmütig. Bald würde Bellatrix nur noch Augen für ihn haben.
Gut, sollte sie doch. Pansy war nicht neidisch auf ihren Mann. So etwas gehörte sich nicht.
Als Bellatrix keine Anstalten machte sich dem Mann im Halbdunkel zuzuwenden ergriff die Todesserin erneut das Wort.
„Willst du zu deinem Vater denn nicht Guten Tag sagen?“




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Pansy Malfoy-Parkinson – 42 Jahre – Todesserin
other characters: Violetta – Ilja – Jack – Remus - Benoit

Kein Wort vermag Unsagbares zu sagen.
Drum bleibe, was ich trage, ungesagt.
Und dir zuliebe will ich nicht mehr klagen.
Denn du, mein stolzer Sohn hast nie geklagt.

Und hätt' ich hundert Söhne: Keiner wäre
Mir je ein Trost für diesen, diesen einen
Sagt ich: hundert? Ja, ich sagte hundert
Und meinte hundert. Und ich habe keinen.

Mascha Kaléko

12.03.2007

Es war enttäuschend zu sehen, dass es knapp vor sechs Uhr war und seine Kinder noch nicht reagiert hatten. Natürlich, Draco wusste, dass er vielleicht zu viel erwartete. Er war drei Jahre lang tot gewesen. Doch immerhin hatte er das Siegel unter seine Handschrift gesetzt. Wie weit war es gekommen, wenn die Kinder nicht auf das hörten, was seine Frau ihnen sagte? War Pansy denn so nachlässig gewesen? Er konnte sich nicht vorstellen, dass die Erziehung der Kinder so beanspruchend gewesen wäre. Bellatrix war ein einfaches Kind, sie brauchte nicht viel zu ihrem Glück und war artig und hörte auf das was er ihr sagte. Ja, auf das was er ihr sagte.

Draco beäugte seine Frau. Hatte sie über ihre Kinder gar keine Macht? Musste Draco einschreiten und seinen Kindern klar machen, was Eltern waren? Besonders Cedric sollte es lernen.
Die Uhr tickte ruhig weiter, es war kurz vor sechs Uhr. Pansy schien sich zu verkrampfen, als Schritte vor der Tür zu hören waren. Nur noch wenige Sekunden, dann war es Punkt sechs Uhr. Und genau zum Schlag öffnete sich die Tür und ein Mädchen trat herein. Augenblicklich schlich sich ein sehr dezentes Lächeln auf seine Lippen. Seine Augen wirkten mit einem Schlaf viel wärmer als sonst, beinahe so, als würde er sich unheimlich freuen. Bellatrix schien ihn nicht zu erkennen. Oder sie konnte es nur nicht glauben. Ihre Begrüßung der Mutter gegenüber ließ auch einiges zu wünschen übrig.

‚Drei Jahre Abwesenheit und ich muss so viel wieder aufholen, wie man es nicht erwartet hätte. Wer würde auch glauben, dass die eigene Familie sich so gehen lassen würde…’

Die Atmosphäre war unheimlich künstlich. Nicht nur, dass Bellatrix sehr kühl zu ihrer Mutter war, Draco sah auch eine gewisse Nervosität. Was sollte er nur mit so einer Familie machen?

„Willst du deinem Vater denn nicht Guten Tag sagen?“, sagte Pansy und Draco warf ihr einen scharfen Blick zu.

„Pansy!“, zischte Draco. Bellatrix sollte selbst den Mut haben und zu ihm herüber kommen. Sie sollte sehen, dass sie sich nicht täuschte. Sie sollte versuchen zu erkennen, ob das wirklich ihr Vater war. Nun war der Moment vorbei. Pansy wollte die Situation besser machen. Draco konnte ihr nicht lange böse sein. Immerhin konnte er selbst die Anspannung fühlen, die in der Luft lag. Er stand langsam von dem Sessel auf und trat neben Pansy, um somit unmittelbar vor Bellatrix zu stehen.
Sie war gewachsen. Er hatte es schon bemerkt als sie zur Tür hereingekommen war. Und sie hatte auch längeres Haar. Automatisch glitt seine Hand zu der Haarpracht und berührte sie prüfend, als könnte er so besser erkennen, dass die Haare gewachsen waren und seine Tochter gesund war. Er wirkte weder unzufrieden, noch zufrieden als seine Hand wieder reglos neben ihm hing.

„Du bist gewachsen, Bellatrix.“, sagte er knapp und drehte sich wieder herum. Er tat einen Schritt auf seinen Mantel zu und kramte nach etwas.

„Wo ist dein Bruder? Er verspätet sich. Manieren konnte ihm in den drei Jahren meiner Abwesenheit wohl auch niemand beibringen.“

Draco schien nicht gefunden zu haben, was er gesucht hatte, denn er drehte sich wieder herum und sah auf seine zwei Frauen. Er war froh, seine Tochter sehen zu können aber gleichzeitig stieg in ihm die unbändige Wut auf seinen Sohn. Sollte er heute nicht erscheinen wäre es ein Fehler mehr, denn Cedric begangen hatte. Immer wieder musste Draco sich fragen warum sein Sohn so geworden war. Was hatte er falsch gemacht, dass er ihn so bestrafte und sich derartig gegen ihn wendete? Draco – und natürlich auch Pansy – hatte ihm immer beigebracht, was es hieß ein Reinblüter zu sein. Sie hatten ihm gezeigt, dass er stolz auf seinen Namen sein konnte und nun… Nun ging das Gerücht durch die Schule, dass Cedric mit einer Potter verkehrte – nein, noch viel schlimmer, er verkehrte nicht mit ihr, er hatte eine Beziehung zu ihr.

„Solange sich mein Sohn nicht dazu bequemt das Klassenzimmer aufzusuchen, setz dich doch, Bellatrix. Erzähl mir, was du in den letzten drei Jahren so getan hast.“

Draco klang, als wäre er gerade eben von einer kurzen Geschäftsreise zurückgekommen, und nicht von den Toten wieder auferstanden.


12.03.2007

Nur aus den Augenwinkeln sah Bellatrix, wie ihre Mutter aufstand und auf sie zuging. Sie sah nicht ihre Hand, die sich sanft wie ein Blatt auf Bellas blasse Wange legte. Sie sah nicht, wie ihre Mutter lächelte – wie sie nach drei Jahren zum ersten Mal lächelte, Bella anlächelte.
Bellatrix hatte nur Augen für diesen Mann, der dort im Schatten saß und sie an längst vergangene Zeiten erinnerte. Wie hypnotisiert starrte Bellatrix auf die Erscheinung. Denn es konnte nur eine Erscheinung sein. Es konnte nur ein Trugbild sein, eine Vision ihres Geistes. Aber keine Realität. Das konnte nicht wahr sein.
“Bellatrix, Liebes!“
Pansys Stimme war zärtlich, weich, einfühlsam. Bellatrix hörte sie und wusste, dass dies die liebevollsten Worte waren, die ihre Mutter seit drei Jahren jemals zu ihr gesprochen hatte. Zum ersten Mal seit drei Jahren klang Pansy so, als würde sie nicht leiden. Als würde sie sich ganz ihrer Tochter widmen, als würde sie sie wirklich lieben, ernst nehmen und sich um sie kümmern. Und dieser Moment war der erste seit drei Jahren in dem Bella all das egal war.
Wie sehr hatte sie sich manchmal gewünscht – ohne es vielleicht zu wissen – dass ihre Mutter so mit ihr sprechen würde. So, als hätte sie sich selbst vergessen, weil es Bellatrix gab, die ihre Mutter brauchte. Aber jetzt war das alles gleichgültig. Jetzt war Pansys Zuneigung völlig egal. Jetzt starrte Bellatrix nur auf den Mann dort drüben neben dem Lehrerpult.
Nein, Bellatrix spürte nicht die zarte, liebevolle Berührung ihrer Mutter. Sie spürte nur den Blick des Fremden auf ihr und all ihr Sein war ausgefüllt von seiner Präsenz.
Er konnte es doch nicht sein!

“Willst du zu deinem Vater denn nicht Guten Tag sagen?“
Wie ein Keulenschlag trafen diese Worte die Slytherin. Bella war, als wanke der Boden unter ihren Füßen. Sie öffnete den Mund – um etwas zu sagen, oder nur um nach Luft zu schnappen? Ihr ganzer Körper verkrampfte sich.
Sie hatte es gewusst. Sie hatte ihn auf den ersten Blick erkannt. Und auch doch nicht. Denn ihr Verstand war ihr im Weg gestanden. Sie hatte es nicht begreifen können, weil ihr Vorstellungsvermögen zu gering gewesen war, aber jetzt…!
Bellatrix’ Hand, die immer noch in der Umhangtasche ruhte, krallte sich in den Pergamentfetzen.
Seine Schrift! Und sie hatte sie nicht erkannt! Nicht erkennen können.
Bellatrix spürte, wie ihr die Beine weich wurden. Nein, nicht jetzt umkippen, nicht jetzt, nicht jetzt.

Der Mann stand auf.
Dein Vater!
Er kam auf sie zu.
Das gut geschnittene, strenge Gesicht. Die blonden Haare. Die Nase. Die Augen. Die Figur. Die Bewegungen. Wie hatte sie das nicht erkennen können?!
Möchtest du ihm nicht Guten Tag sagen?
“Pansy!“ Die Stimme! Wie hatte sie nur glauben können, er sei es nicht? Wie hatte sie nur glauben können, Draco sei gestorben? Obwohl er doch jetzt so leibhaftig vor ihr stand! Vor ihr stand, sie ansah und sprach!
Mit einer Stimme, die genau so klang wie Bella sie kannte. So unnahbar und streng und doch hörte Bellatrix diese Stimme lieber als alle anderen. Sie hörte seine Schelte lieber als die zärtlichsten Liebkosungen ihrer Mutter oder die fröhlichsten Scherze Cedrics. Dracos Stimme war ungehalten. Und doch wäre Bellatrix ihm am liebsten an den Hals gefallen, vor ihm auf die Knie gesunken und hätte sich an sein Bein geklammert. Nur, um ihm nahe zu sein, nur, um sich zu vergewissern, dass er sie nicht noch einmal verlassen würde.
Aber Bella konnte sich keinen Millimeter rühren als Draco auf sie zukam. Sie bebte nicht einmal, so sehr war sie von ihm in den Bann geschlagen worden. Sie konnte ihm nicht entgegenkommen. Sie konnte nicht einmal etwas sagen. Sie konnte nicht einmal Guten Tag sagen. Nicht einmal „Dad“. Gar nichts.

Beinahe verzweifelt über diese absolute Hilflosigkeit, die Bella verspürte, obwohl sie so viele Dinge sagen und tun wollte sah sie Draco zu wie er einen Fuß vor den anderen setzte und mit jedem langen Schritt ein Stück näher zu Bellatrix kam. Und dann war er endlich bei ihr! Er stand vor ihr, ganz nah. So nah, wie Bella es sich all die Jahre über ausgemalt hatte, wenn sie davon geträumt hatte, ihren Vater noch einmal zu sehen.
Bella musste den Kopf heben um Draco ins Gesicht blicken zu müssen. Aber sie musste ihn nicht mehr so hoch heben wie noch vor drei Jahren.
Wenigstens konnte Bella sich wieder bewegen. Mit großen und wahrscheinlich sehr naiv und verständnislos dreinblickenden Augen suchte sie in Dracos Gesicht nach all den bekannten Zügen. Und nach einem Hauch von Freude. Einem Hauch von Wiedersehen. Aber sie fand nichts.
Und plötzlich war das auch wieder gleichgültig. Denn es zählte nur, dass Draco da war und vor ihr stand und sie ansah.
Er hob die Hand und berührte ihr Haar. Sanft fuhr sie über ihren Scheitel und dicht an ihrem Gesicht vorbei. Für einen Sekundenbruchteil schloss Bellatrix die Augen und spürte nur noch die Hand ihres Vaters.
Diese Berührung war so anders als die ihrer Mutter. Dracos Hand war nicht so leicht wie die Pansys. Ein Schauer rann ihren Rücken hinunter und Bellatrix wünschte sich, er möge sie niemals wieder zurückziehen.
Aber das geschah selbstverständlich nicht.

Zu schnell war der Augenblick vorbei, in dem Draco seine Tochter gestreichelt hatte, in dem niemand ein Wort gesagt hatte.
“Du bist gewachsen, Bellatrix.“
Wie er ihren Namen aussprach!
Bellatrix. Bellatrix. Bellatrix. Nur er konnte ihren Namen so aussprechen.
Er ging wieder von ihr weg und Bella biss sich auf die Lippen.
Unruhig ging Draco im Klassenraum umher, suchte etwas in seiner Manteltasche und sagte etwas über Cedric. Doch das war alles gleichgültig. Bella saugte nur jede seiner Bewegungen in sich auf, brannte sie in ihr Gedächtnis ein und alles andere war unwichtig.
Erst als Draco wieder direkt das Wort an Bellatrix wandte und ihren Namen zu ihrem Entzücken ein zweites Mal aussprach, wurde Bellatrix wieder des Sinns seiner Worte gewahr.
Wie automatisch setzte Bellatrix sich in Bewegung – die Aufforderung war von Draco gekommen, sie musste ihr unbedingt Folge leisten! Mit ihren üblich fließenden Bewegungen schritt sie nun ihrerseits auf Draco zu. Bella hatte das Gefühl, wie auf einer Wolke dahinzuschweben. Jetzt endlich schaffte sie es, Draco von sich aus näher zu kommen.

Langsam verkraftete Bellatrix’ Verstand die Tatsache, dass auf einmal ihr Vater vor ihr stand.
Bella blieb vor ihm stehen. Sie setzte sich jetzt nicht hin. Sie wollte ihn sich zuerst noch einmal ansehen. Und sie musste etwas zu ihm sagen.
„Hallo, Dad.“, flüsterte sie. Ein Lächeln schlich sich auf Bellas Züge und gleichzeitig spürte sie, wie Tränen in ihr aufstiegen.
Ihr Dad war wieder da!
All ihre Träume, die sie sich in drei Jahren selbst gemachter Pein ausgedacht hatte, wurden jetzt wahr! Es waren keine Träume mehr, das war die Realität! Für einen Moment glaubte Bella, dieses wunderbare Gefühl würde sie zermalmen wie einen Käfer, weil sie zu klein und zu schwach war, um dieses Glück voll und ganz empfinden zu können. Es schnürte ihr die Luft ab und ließ sie nicht mehr klar denken.
Sie musste etwas tun!
Sie stand jetzt so dicht vor Draco, dass sie ihn berühren konnte. Langsam hob Bella die Hände. Noch etwas zögernd, als warte sie auf ein Zeichen von ihm oder könne sie noch nicht ganz glauben, dass sich die Gestalt ihres Vaters nicht in Luft auflösen würde, sobald sie ihn anfasste, langte sie mit beiden Händen nach den Ärmeln von Dracos Umhang. Der Stoff war weich und er löste sich nicht in Luft auf als Bellatrix danach griff. Der Damm war gebrochen. Bella machte den letzten kleinen Schritt, der sie noch von ihrem Vater trennte und warf sich wie ein kleines Kind in seine Arme. Ihre Arme schlangen sich um seine Taille und sie drückte ihn, so fest sie konnte. Ihr Gesicht war in seinem schwarzen Umhang vergraben. Sie war ihm wieder so nahe! Sie spürte ihn und sie sah ihn und sie roch ihn!
Bellatrix dachte nicht mehr daran, wie sehr ihr Vater Schwäche verurteilte und verachtete. Als sie endlich ihren Vater umklammert hielt, brach die kleine Slytherin in haltloses Weinen aus.
So lange Zeit hatte sie auf ihn verzichten müssen, so lange hatte sie um ihn geweint, hatte sich verzweifelt in seine Arme zurück gewünscht, hatte so oft vor Schmerz geschrien, weil sie glaubte, ihn nicht aushalten zu können. Und jetzt war er wieder da. Er war wieder da und alles war vergessen.
Vor Schluchzern bebend drückte Bellatrix sich an ihren Vater. Er musste sie jetzt weinen lassen. Es war egal, was er dachte. Es war alles egal außer der Tatsache, dass er jetzt hier bei ihr war.




18.03.2007

Pansy spürte Dracos prüfenden Blick, auch wenn sie ihn nicht sehen konnte. Sie wusste, dass er dort im Halbdunkeln stand und jede einzelne Bewegung sah, jeden Blick den Pansy und ihre Tochter sich zuwarfen und er musste erstaunt sein, über die Distanz und Kälte die zwischen ihnen herrschte. Vielleicht war er sogar enttäuscht; Pansy wusste es nicht. Dieses eine Mal war sie nicht in der Lage die Gefühle ihres Mannes einzuschätzen. Seit seiner Rückkehr hatte sie ohnehin das Gefühl ihren Mann nicht mehr richtig zu kennen. Er hatte sich verändert, oder war sie es, die sich verändert hatte?
In den drei Jahren seiner Abwesenheit hatte Pansy nicht ein einziges Mal das Gefühl gehabt sich für etwas rechtfertigen zu müssen. Sie hatte gelebt, so wie sie es für richtig hielt und es hatte niemanden gegeben der sie je zurechtgewiesen hatte.
Doch kaum war Draco zurückgekehrt spürte Pansy wieder diese Angst zu versagen und ihn zu enttäuschen. Sein stiller Vorwurf war für Pansy nicht zu überhören und schnürte ihr beinahe die Luft ab, aber er war nicht der einzige der unzufrieden war. Obwohl sie es sich noch nicht eingestehen wollte, ja sich dieser Tatsache noch nicht einmal wirklich bewusst war, fühlte Pansy eine Wut, tief in ihr drinnen.
Noch nie, seit sie Draco kannte, war sie jemals wütend auf ihn gewesen. Nie hatte sie ihn angeschrieen oder ihm ein Fehlverhalten unterstellt, doch dieses eine Mal war Pansy von seinem Verhalten enttäuscht.
Drei Jahre lang hatte er in Japan gelebt und er hatte nicht ein einziges Mal einen Brief geschrieben, dass er noch lebte und dass es ihm gut ging. Nicht ein einziges Mal hatte er an das Wohl seiner Familie gedacht, wo er doch hätte wissen müssen wie sehr sie unter seinem Tod litten. Ein einziger Brief hätte genügt und alles wäre anders gekommen.
Hätte er nur eine Eule geschickt, so würde Pansy jetzt nicht in diesem Klassenzimmer stehen, voll gestellt mit Schulmöbeln, die keiner brauchte und die doch aufbewahrt wurde, für Notfälle wie es immer so schön hieß.
Es zerriss ihr beinahe das Herz zu sehen, dass sich ihre Tochter von ihr abgewandt hatte. Die zärtlichen und liebevoll gemeinten Berührungen ihrer Mutter rührten die junge Slytherin nicht mehr. Pansy wollte sich entschuldigen. Sie wollte ihrer Tochter sagen können, dass sie Bellatrix immer geliebt hatte, in all den drei Jahren und in all den Jahren davor und dass sie sie in den Jahren die noch folgen würden bis zu ihrem Tod immer lieben würde.
Ja, aber warum hatte sie es während Dracos Abwesenheit nicht geschafft sich um ihre Kinder zu kümmern? Es gab so viel, dass Pansy sich von der Seele reden wollte und dennoch nie getan hatte, weil es sich für eine Todesserin nicht schickte offen und ehrlich über ihre Gefühle zu reden. Eines Tages sollte Bellatrix erfahren, dass Pansy nie eine richtige Mutter gehabt hatte. Dass ihre Mutter die Familie verlassen hatte als Pansy noch ein kleines Kind war, dass ihre Mutter nicht geschrieben hatte, als Pansy ihren elften Geburtstag feierte und auch nicht als sie den Brief von Hogwarts bekam.
Gerne hätte Pansy ihrer Tochter auch gesagt, dass es für sie unmöglich gewesen war mit ihr über Dracos Tod zu sprechen, weil die Gefühle einfach zu groß gewesen waren um mit ihnen fertig zu werden. Noch würde Bellatrix dies nicht verstehen, aber eines Tages vielleicht würde sie die Reaktion ihrer Mutter nachvollziehen können. Möglicherweise auch nie.

Früher war Draco der einzige gewesen, dem sie alles anvertraut hatte. Ihm hatte sie sich immer nahe gefühlt und ihm hatte sie bedingungslos vertraut. Er wusste alles von ihr. Von ihrer Kindheit, ihrem Vater und ihrem Verlangen nach der Zuneigung ihrer Mutter. Ana war es nicht gewesen die mit ihr den Zauberstab gekauft hatte, Ana war es auch nicht gewesen die mit ihr ihren Abschluss gefeiert hatte und es war Narzissa gewesen, die ihr an ihrem Hochzeitstag den weißen Brautschleier ins Haar gesteckt hatte. Seit nun fast 25 Jahren war Pansy mit Draco verheiratet und er hatte sich in diesen Jahren verändert. Als sie ihre Beziehung begannen war er ein 16-jähriger Junge von dem zu viel verlangt wurde und der drohte an diesen Anforderungen zu zerbrechen. Sogar bei der Maulenden Myrthe hatte er Trost gesucht, doch mit den Jahren war er an den Herausforderungen gewachsen. Er brauchte niemanden mehr bei dem er sich Ausheulen durfte und seine Gefühlskälte schuf einen Abstand zwischen ihnen, den es vorher nicht gegeben hätte. Pansy konnte es sich nicht vorstellen ihm jemals von ihren Gefühlen während seiner Abwesenheit zu erzählen. Er würde sie nur für jämmerlich und schwach halten. Aber das war sie auch. Ohne Draco war sie ein Nichts und nur seine Rückkehr hatte ihr die Kraft gegeben wieder aufzustehen und ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen.
Auch wenn es für alle den Anschein hatte, dass Pansy weiterhin die gute, fügsame Ehefrau war, die sie immer gewesen war, so hatte sich in Pansy doch etwas verändert. Das Idealbild, das sie von Draco hatte begann an manchen Stellen zu bröckeln. Nur wenig; die Risse, fein wie eines von Bellatrix’ Haaren, waren kaum zu sehen, aber sie waren da.
Der Cruciatusfluch, der Brief der nie geschrieben wurde...

„Pansy“
Unwillkürlich zuckte die Angesprochene zusammen als sie den scharfen Ton ihres Ehemannes hörte. Wie ein Hund der von seinem Herrn an der Leine gezogen wird. Sie hatte es doch nur gut gemeint. Sie hatte nur erreichen wollen, dass Bellatrix endlich ihre Schüchternheit und Unsicherheit überwand und das längst fällige Wiedersehen stattfinden konnte.
Es tat ihr leid, Dracos Pläne durchkreuzt zu haben. Sie hatte nicht gewusst, was er erwartet hatte.
Doch nun trat er aus dem Schatten hervor und stellte sich neben sie. Pansys Blick wanderte von Draco zu Bellatrix. Sie beobachtete gespannt die Veränderungen im Gesicht ihrer Tochter. Die Augen weiteten sich vor Erstaunen. Es sah aus, als würde sie die Welt nicht mehr verstehen. Unwillkürlich verschwand der betroffene Gesichtsausdruck, den sie nach Dracos Rüge angenommen hatte, und machte Platz für den Hauch eines Lächelns. Es tat gut Bellatrix wieder einmal glücklich zu sehen. Langsam streckte Draco seine Hand aus uns streichelte Bellatrix’ blonde Mähne. Sein Gesichtsausdruck ließ keine Wiedersehensfreude erkennen und auch seine ersten Worte seit drei Jahren an seine Tochter ließen nicht auf irgendwelche liebevollen Gefühle schließen. Es wirkte fast so, als wäre Draco nur gekommen um den Gesundheitszustand seiner Tochter zu prüfen und nicht um ihr zu zeigen, dass er noch lebte.
Bellatrix hingegen war vor lauter Glück unfähig auch nur ein Wort zu sagen, sie konnte sich nicht einmal bewegen. Erst nach einiger Zeit gelang es ihr sich soweit zu sammeln, dass sie ein flapsiges „Hallo Dad!“ über die Lippen brachte.
Draco hatte sich von seiner Tochter längst entfernt, er schien in seiner Manteltasche irgendetwas zu suchen, doch Pansy konnte sich nicht vorstellen was es sein könnte. Vielleicht seine Uhr; sie konnte es wirklich nicht sagen.
Sie widerstand der Versuchung ihn danach zu fragen. Es war ohnehin unwichtig, denn seine Laune wurde zunehmend schlechter. Er beklagte sich, dass Cedric noch nicht aufgetaucht war. Den Gedanken an ihren Sohn hatte Pansy in den letzten Minuten gut verdrängt, aber nun kehrte die Angst vor seinem Erscheinen wieder zurück.
Die Mutter wusste selbst nicht, welche Situation sie sich wünschte.
Sollte Cedric hier auftauchen, so würde sich Dracos Stimmung bestimmt weiter verschlechtern und es würde zum Streit kommen. Cedric würde bestimmt nicht zögern seinem Vater Vorwürfe zu machen. Mit seinen 17 Jahren war er nun erwachsen. Nach seinem Schulabschluss konnte er sich einen Arbeitsplatz in der Zaubererwelt suchen und seiner Familie gänzlich den Rücken zukehren. Er brauchte sie nicht mehr und er wollte auch nicht mehr Teil ihrer Familie sein.
Doch Draco würde seinen Sohn bestimmt nicht so einfach gehen lassen. Er war ein Malfoy, er sollte die Familientraditionen fortführen, so wie er unweigerlich die Linie der Malfoys fortführen würde.
Die Malfoys, eine reinblütige Familie seit Generationen. Niemals würde Draco es zulassen, dass sein Sohn Schande über den Namen bringen würde indem er nicht in SEINEN Dienst trat, oder noch schlimmer: in dem er sich mit Schlammblütern und Potters abgab.
Wenn Cedric jedoch gar nicht erst auftauchte, so war dies ein Zeichen, dass er mit seiner Familie schon gänzlich abgeschlossen hatte und dass es ihm völlig egal war, was seine Mutter von ihm wollte oder dass sie ihn brauchte.

„Manieren konnte ihm in den drei Jahren meiner Abwesenheit wohl auch niemand beibringen.“ Dieser Satz war eindeutig an Pansy gerichtet. Niemand sonst war in den letzten drei Jahren für ihn verantwortlich gewesen und es schnitt Pansy ins Herz so etwas zu hören. Draco wusste doch selbst, wie es Pansy ergangen war. Er hatte sie gesehen, müde und traurig. Er konnte doch nicht erwarten, dass sie es geschafft hatte Cedric in den Schoß der Familie zurück zu holen, wo doch er selbst daran gescheitert war.
Cedric ist ein guter Junge.
Sein Ärger auf den Erstgeborenen war nicht zu überhören, doch er versuchte ihn, zumindest vor Bellatrix zu überspielen, in dem er sie bat etwas über die vergangen Jahre zu berichten.
Pansy wandte nun zum ersten Mal seit einiger Zeit den Blick von ihrem Mann, drehte sich halb um und schaute aus dem Fenster. Doch noch bevor ihre Augen die grüne Landschaft vor dem Fenster richtig wahrgenommen hatten, wurde ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihre Tochter gelenkt.
Die Kleine hatte es nicht geschafft kühl und sachlich über die letzten Ereignisse zu sprechen. Das Mädchen hatte die Arme um ihren Vater geschlungen und das Gesicht tief in seinem Umhang vergraben. Der dichte, schwarze Stoff verschluckte beinahe jedes Geräusch, doch an den zuckenden Schultern ihrer Tochter konnte Pansy erkennen, dass sie weinte.
Wie ein kleines Kind weinte sie ohne Hemmungen und ließ all ihre Trauer und ihre Freude an die Oberfläche.
Lass deine Gefühle nur raus, kleine Bellatrix. Noch wird man es dir verzeihen.
Pansys Lächeln wurde noch etwas breiter und sie fühlte eine tiefe Freude. Sie musste einige Male blinzeln um zu verhindern, dass auch ihr Tränen über die Wange rollten.
Doch Pansy hatte sich wieder völlig unter Kontrolle. Eine Todesserin weint nicht. Tränen waren ein Zeichen von Schwäche, die einem Kind zwar noch verziehen werden konnten, aber nicht einer erwachsenen Frau. Selbst in solchen Situationen nicht.
Draco weinte ja auch nicht.
Bellatrix hatte es geschafft die kühle Stimmung etwas zu brechen unter der Pansy die ganze Zeit gelitten hatte. Die Malfoys waren doch eine normale Familie, die sich liebte. Cedric würde das auch noch einsehen. Blut war immer dicker als Wasser und so tief konnte seine Liebe zu dieser Potter Tochter noch gar nicht sein, dass er vergaß was seine Eltern alles für ihn getan hatten.
Pansy wurde zuversichtlich und zunehmend ruhiger. Es wäre utopisch anzunehmen, dass Cedric seinem Vater um den Hals fallen würde, aber auch er musste doch seinen Vater lieben auch wenn sein vermeintlicher Hass ihn glauben ließ, dass es nicht so war.
Sie mussten ihm nur zeigen, dass sie auf seiner Seite waren und nur das Beste für ihn wollten. Dann würde schon alles gut werden.
Mit Ungeduld wartete Pansy auf das Eintreffen ihres Sohnes während sie weiter ihre schluchzende Tochter beobachtete, hoffte, dass auch Draco endlich seine Arme um sie legen würde und sich zugleich wünschte, dass Bellatrix auch ihre Mutter so liebevoll umarmen würde.




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Pansy Malfoy-Parkinson – 42 Jahre – Todesserin
other characters: Violetta – Ilja – Jack – Remus - Benoit

Kein Wort vermag Unsagbares zu sagen.
Drum bleibe, was ich trage, ungesagt.
Und dir zuliebe will ich nicht mehr klagen.
Denn du, mein stolzer Sohn hast nie geklagt.

Und hätt' ich hundert Söhne: Keiner wäre
Mir je ein Trost für diesen, diesen einen
Sagt ich: hundert? Ja, ich sagte hundert
Und meinte hundert. Und ich habe keinen.

Mascha Kaléko

20.03.2007

Cedrics Gefühle standen irgendwie auf dem Kopf. Er genoss es so, hier mit Susannah zu sitzen. Es war alles noch so frisch, so rein und so ungewohnt. Aber es war schön Schritt für Schritt vorwärts zu gehen und einfach nur immer weiter vorzudringen. Cedric musste noch vieles an Susannah kennenlernen und ihre Liebe würde noch wachsen und mit jedem Tag stärker werden. Trotzdem schenkte sie ihm schon jetzt die Kraft, alles irgendwie mit Fassung zu tragen. Er hatte das Gefühl stark genug zu sein, um in dieses Klassenzimmer zu gehen. So lange hatte er genau um das gekämpft. Als er sich seinen Gefühlen bewusst wurde hatte er zuerst versucht sie zu verdängen. Er wollte es nicht wahrhaben, dass er sich in Susannah Potter verliebt hatte. Ausgerechnet in dieses Mädchen, dessen Vater durch die Hand eines Malfoys gestorben war. Cedric hatte Angst davor, dass sie ihn vielleicht mit seinem Vater gleichsetzte und das hätte ihm so verdammt weh getan. Doch irgendwann konnte er seine Gefühle nicht mehr verdrängen. Ab diesem Zeitpunkt hatte er gekämpft. Er hatte sie beobachtet, sei es wenn sie lachend mit Freundinnen durch die Gänge lief oder auf dem Besen fliegend Quidditch spielte. Wenn sie nachdenklich da sass gab er alles dafür um zu wissen an was sie dachte. Ja, viel von ihr hatte er schon kennengelernt und alles an ihr war einfach nur so perfekt. In diesem Moment war Cedric der glücklichste Mensch auf Erden.
Sie liess ihn alle Strapazen, die er in seiner Kindheit durchgemacht hatte vergessen. Auch das sie jetzt Verständnis zeigte liess Cedric lächeln.

"Nein, einfach war es nicht, es war immer ein Kampf und manchmal musste ich auch gegen mich selber kämpfen. Sehr oft wollte ich aufgeben und einfach nur das tun, was mein Vater sagte. Doch in diesen Momenten raffte ich mich wieder auf um weiter zu kämpfen. Nein, einfach war es nicht, der Erziehung des Vaters zu trotzen und viel musste ich ertragen. Aber es gibt Menschen, die noch schlimmer dran waren wie ich. Ich konnte wenigstens mein Leben trotzdem noch irgendwie geniessen." sagte er dann leise. Ja, sehr oft konnte er auch lachen. Sei das mit Bellatrix oder mit seinen wenigen Freunden. Manchmal war er eben einfach nur ein ganz normaler 17 Jähriger Junge, der in Slytherin war und das auch liebte. Cedric war schon im richtigen Haus, auch wenn er die Ideale seiner Familie ablehnte. Cedric wollte in keinem anderen Haus sein. Es gehörte zu ihm und er fühlte sich wohl.
Cedric lächelte, als sich Susannah an ihn lehnte und streichelte ihr zärtlich über den Rücken. Es tat gut zu hören, dass sie stolz war auf ihn. Sie akzeptierte ihn so wie er war und das fand Cedric einfach nur schön. Susannah gab ihm ein Gefühl von Geborgenheit. Endlich durfte Cedric Liebe erfahren. Vorher hatte er dieses Wort nicht gekannt. In seiner Familie gab es nur strenge Erziehung und das richtige einstellen der Kinder. Sie sollten genauso sein wie die Eltern, gefühlslos und der bösen Seite verschrieben. Nie hatte Cedric zärtliche Worte wie `ich liebe dich mein Sohn` gehört.
Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn er nur ab und zu das Gefühl bekommen hatte geliebt zu werden. Aber das wusste niemand genau und man konnte es auch nicht herausfinden.

Nun hatte Cedric genug Kraft gesammelt um zu diesem Treffen zu gehen. Er würde hingehen und stark sein. Für seine Liebe, für Susannah und dass sie ohne sich immer Sorgen machen zu müssen leben konnte. Würde er wirklich auf seinen Vater treffen dann war es nuneinmal so und er musste stark sein. Stark sein um sich weiterhin gegen ihn zu wehren und gegen ihn zu rebellieren. Als er zuallem hin noch die liebevollen Worte von Susannah hörte lächelte er sie an und zog sie nahe zu ich heran. Zärtlich strich er durch die Haare. "Ich liebe dich auch und ich werde immer für dich und unsere Liebe kämpfen. Nein, wir lassen uns das nicht nehmen. Niemand kann uns auseinanderbringen. Auch wenn uns viele Steine in den Weg gelegt werden, sie werden unsere Liebe strärken" flüsterte er dann leise in ihr Ohr. Er meinte diese Worte ser ernst. Er war so glücklich, dass er Susannah endlich seine Freundin nennen konnte. Die anderen waren ihm einfach nur egal. Sollen sie doch denken, was sie wollen. Cedric und Susannah wussten ja, wie es war.

Cedric hätte noch Stunden hier herumsitzen können. Mit Susannah in seinen Armen. Er drehte ihren Kopf zu ihm und küsste sie. Es war ein Kuss voller Leidenschaft, den er einfach brauchte, um die Kraft zu sammeln die nötig war um in das Zimmer zu gehen. Es war schwer für ihn und er war verwirrt, aber er wusste, dass Susannah mit ihren Gedanken bei ihm war. Dass sie sogar mitkommen wollte zeigte ihm alles. Schliesslich löste er sich von ihr. "Danke das du da bist" sagte er leise und streichelte ihr über die Wange. Er liess seine Hand auf der Wange liegen und schaute ihre tief in die Augen. "Du bist so wunderschön" flüsterte er noch weiter. "Du gibst mir die Kraft alles zu überstehen, egal was mich in diesem Zimmer erwartet. Ich werde mich jetzt auf den Weg machen und ich werde stark sein" sagte er und lächelte sie an. "Ich werde dich nachher suchen, sobald ich alles überstanden habe. Dann werde ich dich wahrscheinlich brauchen" fügte er dann noch hinzu. Nocheinmal zog er sie zu sich und küsste sie zärtlich. "Ich liebe dich" sagte er nocheinmal. Er konnte diese drei Worte momentan nicht genug sagen. Ja, er tat es wirklich und es war ein unbeschreibliches Gefühl. Es war einfach nur wunderschön.

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Nach einem letzten Kuss erhob er sich und machte sich auf den Weg. Er lächelte Susannah noch einmal zu und schickte ihr einen Handkuss. Den böse Blick der Bibliothekarin ignorierte er wie auch die Blicke der anderen Schüler, die in der Bibliothek sassen. Sollten sie doch denken, was sie wollten, sollten sie Gerüchte verbreiten wie sie wollten, momentan war es Cedric einfach nur egal. Wichtig war er und seine Susannah, dass die beiden endlich zueinander gefunden hatten. Auf dem Weg zum leeren Klassenzimmer versuchte er sich nocheinmal zu sammeln. Für ihn hatte es nie irgendetwas gutes bedeutet, wenn er dahin beordert wurde. Das hat immer geheissen, auf seine Eltern zu treffen. Nicht einmal in der Schule hatte er Ruhe vor ihnen. Was es jetzt bedeutete wusste er nicht. Er wusste es wirklich nicht. Aber trotz allem wollte er es herausfinden. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er viel zu spät war. Aber das gehörte ein Stück weit zu seiner Rebellion und es war gut so, weil er wusste, dass es seine Eltern auf die Palme brachte. Seine Eltern. Wieso dachte er seine Eltern, sein Vater war tod. Er war tot auch wenn er gerade erst seine Handschrift gesehen hatte. Cedric wollte einfach nicht seinem Vater gegenüberstehen, deswegen versuchte er diesen Gedanken zu verdrängen. Es würde schon nicht sein Vater sein, er hatte wahrscheinlich Hlluzinationen, vergessen in dieser langen Zeit wie die schrift seines Vaters wirklich aussah. Tief in seinem Innern wusste er, dass das falsch war. Er wusste, dass er wenn er die Türe zum Klassenzimmer öffnete, seinen Vater erblicken würde. Aber er wollte es einfach nicht wahrhaben, es durfte einfach nicht sein.

Nach einer Zeit, die ihm wie Stunden vorkam kam er endlich vor dem Klassenzimmer an. Er holte noch eiinmal tief Luft und sammelte sich. Dann öffnete er die Tür. Er hatte die Augen geschlossen und öffnete sie erst, als er in das Zimmer sehen konnte. Was er da sah schnürte ihm den Atem ab. All das Sammeln und tief Luft holen hatte nichts gebracht. Er stand einfach nur da und starrte auf die Szene, die sich vor ihm abspielte. Zuerst fiel sein Blick auf seine Mutter. Sie schaute auf das Geschehen, welches neben ihr ablief. In ihrem Blick lag etwas hoffnungsvolles, wie Cedric fand. Es war das erste Mal seit langem, dass er seine Mutter so sah. So wie früher eben, schön hergerichtet und eine richtige Malfoy. Dann liess er seinen Blick weiter schweifen und genau das war es, was ihn das atmen vergessen liess. Da war Bellatrix, sie klammerte sich schluchzend an einen Mann. Dieser Mann war niemand anderes als sein Vater. Sein Vater. Draco Malfoy. Die Person die er am meisten verachtete. Er sollte tot sein, warum lag er verdammt nocheinmal nicht tot in seinem Grab. Cedric konnte es einfach nicht glauben. Wieso musste er wieder auftauchen? Ausgerechnet jetzt? Jetzt wo er wieder die Hoffnung hatte, dass er doch ein bisschen Glück im Leben haben durfte? Die ganze Zeit war sein Vater für ihn gestorben und er hatte sich ein Leben aufgebaut, dass ihm sogar gefiehl. Ohne Malfoy Ideale, ohne die Erziehungsmethoden seines Vaters. Und jetzt stand er einfach plötzlich so mir nichts dir nichts im Raum. Cedric schluckte schwer. Wieso? Wieso musste ihm so etwas passieren? Im ersten Moment konnte er nichts sagen, er stand einfach nur da wie versteinert und blickte auf das Geschehen vor ihm. Er brauchte Zeit bis er seine Stimme wieder fand.

"Was geht hier vor sich?" fragte er dann. "Warum liegst du nicht in deinem Grab?" kam es ihm dann knurrend über die Lippen. Seine Stimme war kalt und unberechenbar. Er war wütend, sein Vater hatte sie alle die ganze Zeit verarscht. Wusste er wie Belltarix gelitten hatte als die Zeit über? Was für Hoffnungen er in ihm selber geweckt hatte, die jetzt mit einem Schlag zerstört wurden. Hoffnungen auf ein normales Leben, mit Susannah an seiner Seite. Warum? Cedric verstand es einfach nicht.



25.03.2007

Für Draco war die Begrüßung abgeschlossen. Er hatte seine Tochter gesehen, gesund und munter und sie war so, wie er sie sich gewünscht hatte. Sie hatte eine wunderbare Ausstrahlung und wirkte wie eine Malfoy. Wenn Cedric sich auch so entwickelt hatte, war alles perfekt. Wenn Cedric sich geändert hatte, dann konnte Draco aufatmen. Aber ein Blick auf seine teure Uhr verriet ihm, dass er sich nicht geändert haben konnte. Es war bereits zehn Minuten nach sechs Uhr. Niemals hatte er ihm derartige Unpünktlichkeit gelehrt. Eher im Gegenteil, er war erpicht darauf, dass Cedric lernte, dass er zu seinem Wort stehen musste und sich immer bemühen sollte. Selbst wenn ein Feind ihm einen Treffpunkt sagte, er sollte pünktlich erscheinen. Oder gar nicht. Draco blickte auf. Seine Tochter lag in seinen Armen, weinte und schluchzte.
Ihr ganzer Körper bebte. Genau in diesem Moment erkannte Draco wie zerbrechlich seine Tochter war. Sie war klein, gerade erst fünfzehn Jahre alt und doch so erwachsen. Wegen ihm, weil er es so wollte. Für einen Moment fühlte er sich hilflos und wusste nicht, was er tun sollte. Sein Blick glitt zu Pansy. Ihr Blick war zärtlich. Und wenn er sich nicht täuschte auch ein wenig wehmütig. Wäre Draco kein echter Malfoy, wären in ihm zumindest für einen kurzen Moment Flammen der Unsicherheit aufgegangen. Ob er nicht etwas falsch gemacht hatte bei seiner Familie, ob das alles, was er sich aufgebaut hatte wirklich so perfekt war, wie er es sich vorstellte und wünschte. Und ob er seinen Frauen nicht unrecht tat und zu kühl war. Doch Draco Malfoy wäre nicht Draco Malfoy, wenn ihn solche Dinge störten. Sein Gedanke war lediglich einer: ‚Hoffentlich sieht man keine Flecken auf meinem Umhang.’.

Die Maske in Dracos Gesicht saß noch immer perfekt. Er war vielleicht etwas überfordert von dieser Situation doch auch er wusste was man tun musste, wenn sich ein Mensch – besonders wenn es die eigene Tochter war – in seine Arme warf und weinte. Vor allem war er für ihn ein klein wenig nachvollziehbar. Er war drei Jahre lang verschwunden und nun stand er wieder hier, vor Bellatrix, so frisch wie eh und je. Auch sie musste gelitten haben.
Langsam legte Draco seine Hände um seine Tochter und klopfte ihr auf den Rücken. Sie sollte sich lieber schneller beruhigen, sollte sie jemand so sehen wäre es auf keinen Fall vorteilhaft für die Familie.

„Nur ruhig, Bellatrix. Jetzt ist alles wieder in Ordnung, du kannst aufhören zu weinen.“, sagte Draco, in dem Versuch ihr nicht zu allzu hart in Erinnerung zu rufen, dass sie nicht vor anderen weinen sollte. Sie hatte tatsächlich Glück, dass nur er und ihre Mutter hier waren. Vielleicht sollte er sie daran noch direkter erinnern, sobald sie aufbrachen.

Im nächsten Moment ging die Tür auf und Dracos Sohn stand in der Tür. Draco legte die Hände auf die Schultern seiner Tochter und drückte sie von sich. Er würde sie nicht vertreiben, sie sollte sich nur wieder beruhigen können. Ihre Tränen sollten trocknen und er wollte sich eingehend mit Cedric befassen. Draco kannte seinen Sohn gut genug, er war ein Rebell, unruhig und mit nichts zufriedenzustellen. Sobald man ihm den kleinen Finger gab wollte er die ganze Hand. Das war an sich gut für einen Jungen, doch Cedric betrieb diese Weisheit in die falsche Richtung. Erwartend sah Draco zu seinem Sohn, entfernte sich kaum von Bellatrix, der er noch immer eine Hand auf die Schulter gelegt hatte, und wartete, dass Cedric seine Worte fand.

‚Warum liegst du nicht in deinem Grab?’

Draco hörte die Worte, sein Blick wurde eisiger als der Winter am Nordpol. Die Luft schien zu zerbrechen, so angespannt war Draco. Und mit einem Mal löste sich alles auf. Draco lachte kühl, griff sich mit der Hand, die auf Bellatrix geruht hatte, an den Kopf und lies sein künstliches, kaltes Lachen hören.
Was hatte Draco erwartet? Dass sein Sohn sich geändert hatte und er seinen Vater begeistert begrüßen würde? Oder etwa, dass er sich geändert hatte und vielleicht endlich der Malfoy Erbe war, den er sich gewünscht hatte?
Viel zu viel Erwartung hatte Draco aufgebaut und die Enttäuschung, die er diesen einen, kurzen Moment gefühlt hatte, diese Enttäuschung überschwemmte ihn jetzt. Er musste lachen. So einfältig, wie konnte er nach all den Jahren noch immer so einfältig sein? Todesser sollten es besser wissen. Genau wie dieser Potterjunge, er hatte sich niemals geändert.
Draco taumelte nach hinten, und setzte sich in den nächstbesten Stuhl. Sein gekünsteltes Lachen beendete er abrupt und starrte seinen Sohn wieder aus kalten Augen an.

„Ich hätte mir ein herzlicheres Willkommen erwartet. Vielleicht hätte Bellatrix ein wenig von ihrem Enthusiasmus an dich geben sollen. Aber darum geht es mir gar nicht.“

Draco dachte nicht im Traum daran, Bellatrix zu beleidigen oder zu kritisieren. Nicht, was ihre Begrüßung anging. Sie hatte reagiert, wie er es für gut befunden hatte. Er wollte, dass sie sich nicht weiter veränderte. Mit Sicherheit war Bellatrix sich der Tatsache bewusst, dass sie diese Reaktion nie in der Öffentlichkeit zeigen durfte. Ihre Tränen machten ihn stolz, sie weinte für ihn. Aber dies war eines der vielen Dinge, die Draco ihr nie sagen würde. Die Draco nie irgendjemandem sagen würde. Es war einfach nicht angebracht und passend.

„Ich bin nicht hier, um dir zu beweisen, dass dein Vater selbst stärker als der Tod ist. Mir sind bestimmte Gerüchte zu Ohren gekommen.“

Draco stand wieder auf. Er war um den Schreibtisch herumgegangen. Seine Hände waren auf das dunkle Holz gestützt. Für einen Moment ließ Draco die kalte Stille wirken, bis er die rechte Hand zur Faust ballte und sie auf den Tisch schmetterte.

„Denkst du, ich habe die Familie Potter umsonst derartig leiden lassen? Denkst du, ich könnte stolz auf dich sein, wenn du eine Potter vögelst?“

Draco war aufgebracht. Seine Augen waren klein vor Wut, sein Atem ging schnell, dabei blieb seine Stimme so ruhig wie nur irgendwie möglich. Seine Frau kannte diese Seite an ihm, sie wusste alles. Ob er Bellatrix nun verschrecken würde? Nein, er konnte es nur bezweifeln. Sie war eine gute Tochter, sie verstand die Einwände. Niemals hatte sie sich mit diesem Getümmel abgegeben, das sich Potter oder Weasley nannte. Auf sie konnte er stolz sein. Draco nahm die Hände vom Tisch und ging einige Schritte weiter durch den Raum. Er musste seine Ruhe bewahren, es war sein erster Tag vor Bellatrix und Cedric, vielleicht hatte sich doch etwas verändert? Wie ein Irrer, der sich an ein Streichholz klammert damit ihm wärmer wird, klammerte sich Draco an die Hoffnung. Denn diese starb bekanntlich zuletzt.

„Oder…. Willst du mich vielleicht überraschen? Hast du einen Plan, der den eines Malfoy würdig ist und willst diese Erbin des Potter’schen Blutes ausrotten? Sag mir, Cedric, was schwebt dir vor? Willst du mich letztendlich doch noch ins Grab bringen, indem ich an einem Herzinfarkt sterbe weil mein Sohn so einfältig ist und sich mit einer Potter abgibt?“

Dracos Augen funkelten. Vor Wut, vor Verzweiflung. Sogar ein wenig Enttäuschung hätte man erkennen können, wäre Draco nicht derartig darauf erpicht gewesen in den düstersten Ecken des Raumes herumzuwandern um sich zu beruhigen und nicht sofort auf seinen einfältigen Sohn zu stürzen. Wenn Draco ihm etwas antat, war das Blut der Malfoys vielleicht verloren. Egal, was Cedric tat, Draco musste seinen Erben behalten. Bellatrix war eine gute Tochter, aber niemand würde in das Haus der Malfoy einheiraten. Draco bezweifelte, dass es überhaupt irgendeinen Zauberer auf der Welt gab, der zu Bellatrix passte und ihr gerecht wurde. Aber sie war erst fünfzehn, darüber brauchte er sich noch keine Gedanken machen.


„Nun, berichte mir, Cedric. Was hast du in diesen drei Jahren getan? Hast du es genossen mir Schande zu bereiten?“

Draco drehte sich herum, setzte sich wieder auf den Stuhl, auf dem er bereits gesessen hatte als er seinem Lachkrampf nachgegeben hatte, und betrachtete seinen Sohn abwartend. Draco war gespannt, ob Cedric sich wieder aufführen würde wie ein wilder Bulle.


02.04.2007

Genauso gut hätte Bellatrix vom Blitz getroffen werden können – sie war auf ein solches Ereignis ebenso sorgfältig vorbereitet gewesen wie auf das Erscheinen ihres Vaters. Nie hätte sie gedacht, dass sie so hilflos und gleichzeitig so glücklich sein könnte, niemals hätte sie gedacht, dass sie so von ihren eigenen Gefühlen gebeutelt werden könnte und doch wollte sie um keinen Preis der Welt diese Empfindung missen. Auch wenn sie daran zerbrechen würde, weil sie zu schwach war, um es zu begreifen.
Bellas Finger krallten sich in den dicken Stoff des vertrauten schwarzen Umhangs ihres Vaters. Sie war sich sicher, niemals wieder los lassen zu können. Denn hier hörte sie den Herzschlag seines Herzens, von dem sie gedacht hatte, es wäre schon längst zum Stillstand gekommen. Hier konnte sie spüren, wie sich seine Lungen rhythmisch mit Luft füllten. Sie merkte es, wenn er ausatmete, wie seine Muskeln arbeiteten, selbst wenn er so still stand wie jetzt. Was wollte sie denn mehr?
Bellas kleiner Körper bebte; sie weinte, wie sie noch nie in ihrem Leben geweint hatte. Denn diesmal weinte sie nicht, weil sie glaubte, vor Trauer und Schmerz vergehen zu müssen, sondern weil sie nicht wusste, wie sie mit diesem plötzlichen Glück fertig werden sollte.

Erst als sich die Arme ihres Vaters endlich um ihre schmalen Schultern legten, als er sie kurz ans ich drückte und er ihr den Rücke tätschelte, schaffte Bellatrix es, aufzuhören zu schluchzen. Plötzlich ganz still geworden stand sie da, die Augen immer noch geschlossen und das Gesicht an seinen Umhang gepresst. War sie ihm jemals so nahe gewesen? Hatte sie ihn jemals so umklammert gehalten und hatte er ihr jemals so über den Rücken gestreichelt? Bella wusste es nicht mehr und es war auch völlig gleichgültig. Es war nur wichtig, dass Draco es jetzt tat.
Nicht einmal das verklärte Lächeln ihrer Mutter, das Bellas innerste Gefühle widerspiegelte und Bellatrix bestätigte, wie wundervoll die Situation war, hätte den Genuss des Augenblicks noch vergrößern können.
Es war wichtig, dass sie die Sekunden genoss, als wären es Stunden. Denn sie währten nicht lange.

„Nur ruhig, Bellatrix. Jetzt ist alles wieder in Ordnung, du kannst aufhören zu weinen.“
Nicht einmal seine Stimme hatte sich verändert. Doch auch die Worte, die sie aussprach hatten sich nicht verändert. Schlagartig wurde Bella bewusst, dass sie sich wie ein kleines Kind heulend an ihren Vater klammerte, seinen Umhang vollschniefte und sich keineswegs so verhielt, wie Draco es stets von ihr verlangt hatte.
Was soll er nur von mir denken?! Der panische Gedanke schoss durch Bellas Kopf. Sie wollte doch nie schwach erscheinen! Nicht vor ihm! Sie wollte ihm doch nur zeigen, wie sehr sie ihn liebte!
Aber das tust du am ehesten, wenn du dich so verhältst, wie er es wünscht, Bellatrix!
Bella biss sich auf die Lippen. Sie hatte sich gehen lassen. Das hätte niemals passieren dürfen!
Willig ließ die junge Slytherins ich von ihrem Vater wegschieben. Sie straffte die Schultern und versuchte, ein Lächeln auf die Lippen zu setzen – der Versuch scheiterte zwar kläglich, doch wenigstens schaffte Bella es, ihren Tränen Einhalt zu gebieten.
Sie wusste genau, wie Draco auf jede Art von „emotionaler Entgleisung“ reagierte! Sie hätte das nicht tun sollen! Was hatten ihre Tränen denn schon gebracht? Sie hatte ihm dadurch nicht gezeigt, wie sehr sie ihn liebte, sie hatte nur gezeigt, wie sehr ihr seine strenge Hand gefehlt hatte. Hätte sie ihn so gefasst begrüßt wie er sie, hätte sie ihm besser klar gemacht, dass sie immer noch die gleiche Tochter war wie vor drei Jahren, dass sie in der Zeit seiner Abwesenheit nicht die Familienehre hatte sinken lassen. Sie hätte ihm besser gezeigt, wie sehr sie ihn schätzte, wie sehr sie ihn liebte, wenn sie nicht geweint hätte, sondern das getan hätte, was er von ihr verlangte.
Mit einer schnellen Handbewegung wischte Bellatrix die Tränenspuren von ihrem Gesicht. Nein, jetzt würde sie nicht mehr weinen. Sie würde jetzt wieder die Tochter sein, die Draco sich wünschte und die er verdiente. Er brauchte kein plärrendes Etwas, das ihm am Hals hing, er brauchte Bellatrix.

Ein scheuer Blick zur Mutter hinüber. Hatte sie auch so heftig auf Dracos Erscheinung reagiert?
Für einen Sekundenbruchteil sah Bella vor sich ihre Mutter, wie sie sie in den letzten drei Jahren kennen gelernt hatte: Eine völlig verzweifelte, weinende, schluchzende Person, die jetzt nicht mehr an der Sessellehne hing, sondern an Dracos Arm. Doch das Bild verflüchtigte sich schnell. Denn Pansy war nicht mehr das heulende Zerrbild einer Malfoy, das sie in den letzten Jahren gewesen war. Das Lächeln auf ihren Lippen ließ Bella wieder die stolze Todesserin sehen, die Pansy früher gewesen war. Eine neue Achtung vor der Mutter stieg in Bellatrix auf. Die Achtung, die sie auch früher schon vor ihr gehabt hatte – einfach weil sie Dracos Frau und ihm wahrscheinlich viel näher stand als Bella. Weil sie so viel mehr für ihn tun konnte als Bella. Weil sie ihn für sich gewonnen hatte, ohne seine Tochter zu sein.
Pansy hatte sicher nicht geweint. Bella spürte, dass ihre Mutter nicht so die Fassung verloren hatte wie sie eben. Sicher hatte Dracos Auftauchen in ihr wieder die alte Stärke zurückkommen lassen. Sie war ihm bestimmt nicht völlig fertig mit der Welt in die Arme gesunken. Vor ihm war sie immer die stolze, schöne Todesserin gewesen und vielleicht war sie es auch in den letzten Jahren gewesen. Vielleicht hatte Bella es nur nicht gemerkt, weil der Schmerz auch bei Pansy alle Empfindungen überdeckt hatte.
Wie mit neuen Augen sah Bella ihre Mutter an. Nein. Sie hatte bestimmt nicht geweint.

Gerade als Bella nun auch, wie es sich gehörte, zu ihrer Mutter hinüber gehen wollte, um sie anständig zu begrüßen – denn nun stand diese förmliche Etikette nicht mehr in Frage wie noch vor ein paar Minuten – als sich die Tür öffnete.
Cedric.
Für eine winzige Sekunde schlich sich ein Lächeln auf Bellas Lippen. Cedric! Endlich!
Jetzt, da Draco wieder da war, Pansy sich offenbar wieder in die starke Schönheit verwandelt hatte, die sie immer gewesen war, schien auch Cedrics Verhalten außer Frage zu stehen. Er würde sich wieder in die Familie eingliedern wie früher, er würde Draco begrüßen, er würde sich über die Heimkehr seines Vaters freuen.
Doch noch bevor Cedric seinen Mund öffnete um seine lästerlichen Worte auszusprechen, wusste Bella, dass ihr Bruder sich keineswegs freuen würde. Sein versteinertes, wütendes Gesicht sprach Bände. Purer Hass sprang aus seinen Augen.

Plötzlich fielen Bella all ihre Gedanken bezüglich ihres Bruders wieder ein.
Er hatte nie um den Tod seines Vaters geweint. Zwar war Cedric immer für Bella da gewesen, aber er hatte Draco nie so geliebt wie die kleine 12-Jährige. Er war ohnehin immer der Rebell gewesen, der sich gegen Vater auflehnte und selten seine Anweisungen befolgte.
Außerdem hatte er sich in letzter Zeit zurückgezogen. Er sprach nicht mehr so viel mit Bella. Hockte er nicht außergewöhnlich oft allein in der Bibliothek, in der Großen halle oder am See herum? Immer war er allein, schien völlig gedankenverloren. Was hatte er bloß? Warum teilte er sich Bella nicht mit?
Und dann… Cedric in der Großen Halle. Seine neugierigen Blicke trafen immer wieder dieses eine Mädchen. Eine blonde Schönheit mit einem sanften Lächeln. Ein blondes Mädchen, das am Gryffindor-Tisch saß und den Namen Potter trug.


Scharf sog Bella die Luft ein. Ja, sie ahnte es schon eine ganze Weile. Aber bis zu Draco waren die Gerüchte doch sicher nicht durchgedrungen, oder?
Es dauerte nicht lange, bis Bella wusste, dass nicht die möglicherweise zu ihrem Vater durchgedrungenen Gerüchte über Cedrics Liebesleben das größte Problem darstellte. Es war Cedric selbst, der das Problem darstellte.
"Was geht hier vor sich? Warum liegst du nicht in deinem Grab?"
Bellatrix glaubte, ihr müsse das Herz stehen bleiben. Mit schreckensgeweiteten Augen starrte sie ihren Bruder an, dessen Stimme voll von nur schlecht unterdrücktem Zorn war. All ihre Muskeln spannten sich ab, als könne sie damit die bösen Worte ihres Bruders abprallen lassen. Aber sie prallten nicht an ihr ab, sie drangen tief in sie hinein und schienen Bellas Eingeweide wie Messer zu durchstechen.
Wie konnte Cedric nur?!
Wie konnte er es wagen, seinem Vater so zu begegnen? Hatte er denn gar keinen Respekt mehr in sich? Wie brachte er es nur fertig, solche Worte über die Lippen zu bringen und seinen Vater damit zu meinen?
Für Bellatrix wäre dies ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Selbst wenn sie jemals das Bedürfnis verspürt hätte, Draco derartig bösartig anzusprechen, hätte sie es niemals gewagt – dafür hatte sie viel zu viel Respekt vor der Autorität ihres Vaters.

Doch Cedric besaß diesen Respekt offenbar nicht mehr. Bella wurde beinahe schlecht. Plötzlich hatte sie unbändige Angst. Gut, Cedric war schon immer aufmüpfig gewesen, es hatte oft Streit zwischen ihm und Draco gegeben und keiner von diesen Zwistigkeiten war besonders angenehm gewesen, doch früher hatte immer Draco die Oberhand behalten: Er hatte es immer wieder geschafft, Cedric zur Räson zu bringen, ihn zu beschwichtigen und seinen Zorn einzudämmen. Würde ihm das heute wieder gelingen? Bella war sich nicht sicher.
Selbstverständlich zweifelte sie keine Sekunde an den Fähigkeiten oder an der Autorität ihres Vaters, er hatte sich nicht verändert. Cedric hatte sich verändert.
Bella betrachtete die schlanke Figur ihres Bruders. Er war in die Hähe geschossen in den letzten drei Jahren. Er war kräftiger und männlicher geworden. Er war in den letzten drei Jahren erwachsen geworden. Und er hatte keinen Vater gehabt, der auf ihn aufpasste. Er war jetzt 17. Er würde sich nichts mehr von seinem Vater sagen lassen. Bella wusste es. Dafür kannte sie Cedric einfach zu gut.
Jetzt hatte Bella also ihren Vater wieder, aber irgendwie glaubte Bella zu wissen, dass sie dafür ihren Bruder hergeben würde müssen. Sie würde nicht die Zuneigung beider Männer behalten können. Und auch wenn die Entscheidung für Bella schon längst gefallen war – sie würde sich nie von ihrem Vater und der Familie Malfoy abwenden – so konnte sie sich doch nicht vorstellen, wie ein Leben ohne Cedrics Beistand aussehen würde.
Aber sie würde es meistern müssen. Denn der Hass der aus Cedrics Augen, Stimme und seiner Haltung sprach würde diese Familie zerbrechen. Wenn nicht Draco ein Einsehen hätte…

Bellas Blick irrte zu ihrem Vater. Sie stand immer noch neben ihm, doch sein Augenmerk lag nun auf Cedric. Flehend sah sie ihn an.
Oh, Dad, bitte, tus nicht! Ich weiß, er hätte deine Strafen verdient, er ist kein guter Sohn, so wie du ihn verdient hast, aber bitte, bitte, lass ihm etwas Zeit! Er wird sich wieder einfügen, er wird sich dir beugen, er wird es tun, wenn du nur ein wenig Geduld zeigst! Bitte, Dad!
In diesem Moment nahm Draco seine Hand von Bellas Schulter und begann zu lachen. Es war ein gezwungenes, kaltes Lachen. Die Hand, die eben noch Bellatrix umfasst hatte und sie beschützt hatte, griff in einer verzweifelten Geste an den Kopf, als müsse Draco ihn festhalten.
Bella hielt die Luft an. Sie wusste, dass es jetzt zu spät war. Nien, Draco würde Cedric niemals Zeit lassen um sich wieder an den Vater zu gewöhnen. Draco wollte einen perfekten Sohn und das sofort und auf der Stelle. Das war sein gutes Recht, Bellatrix war davon überzeugt, doch sie war auch vom Dickkopf ihres Bruders überzeugt. Sie würden beide um kein Handbreit nachgeben.

Dracos Stimme klang genauso eisig wie Cedrics als er zu sprechen begann. Bellas Atem ging flach; sie fürchtete sich vor der Konfrontation der beiden Männer und ihr unruhiger Blick sprang immer wieder zwischen Draco und Cedric hin und her.
Und es kam wirklich so schlimm, wie Bella es erwartet hatte.
Wie ein Tiger im Käfig wanderte ihr Vater unruhig im Zimmer herum. Er wirkte fahrig und aufgebracht, doch gleichzeitig strahlte er eine solche Stärke und Autorität aus, dass es Bella beinahe den Atem raubte.
„Ich bin nicht hier, um dir zu beweisen, dass dein Vater selbst stärker als der Tod ist. Mir sind bestimmte Gerüchte zu Ohren gekommen.“
Für einen kurzen Moment schloss die Slytherin die Augen. Er wusste es. Er wusste es, wie er alles wusste. Es war dumm gewesen zu denken, ihr Vater wäre auf dieses Gespräch unvorbereitet gewesen. Und es war genauso dumm gewesen zu denken, er nutze sein Wissen nicht oder würde es zu einem späteren Zeitpunkt benutzen.

„Denkst du, ich habe die Familie Potter umsonst derartig leiden lassen? Denkst du, ich könnte stolz auf dich sein, wenn du eine Potter vögelst?“

Bella biss sich auf die Lippen. Sie musste sich beherrschen um nicht laut los zu schreien. Ihr Bruder vögelte keine Potter! Nein! Niemals! Das würde er nicht tun! So weit war es doch noch nicht gekommen, oder?
Der Gedanke an ihren Bruder, wie er mit der Potter-Tochter in einem Bett lag, ihr zärtlich über die Wange strich und sie anlächelte, bereitete ihr beinahe körperliche Schmerzen. So würde doch nicht einmal Cedric die Familie verraten! Seine Schwester verraten! Oder etwa doch? Wenn Draco es sagte, musste doch etwas Wahres dran sein. Oder etwa nicht?
Dracos Augen waren klein vor Zorn und er war kurz vorm Explodieren. Bella kniff die Lippen zusammen. Er hatte Recht mit allem, was er sagte.
Ihre Fingernägel krallten sich in ihre Handballen.
Er tat absolut das Richtige. Wenn Cedric sich so gehen ließ musste der Vater eingreifen. Draco hatte keine Wahl. Er musste mit harter Hand Cedric davor bewahren, etwas unglaublich dummes zu tun. Oder es zu wiederholen.

“Willst du mich letztendlich doch noch ins Grab bringen, indem ich an einem Herzinfarkt sterbe weil mein Sohn so einfältig ist und sich mit einer Potter abgibt?“

Das würde er ohne zu zögern tun! schoss es durch Bellatrix’ Kopf und gleichzeitig schalt sie sich dafür. Nein, nicht einmal Cedric würde es darauf anlegen. Er hasste seine Familie doch nicht.
Verzweiflung spiegelte sich in Bellas Gesicht wieder, als sie Cedric ansah. Wie er da stand, groß und gutaussehend und mit wutverzerrtem Gesicht.
Zweifellos hasste er Draco.
Und Bella konnte nichts dagegen tun. Sie konnte ihn nicht umstimmen, ihn zu nichts zwingen. Sie war völlig machtlos und nur Draco besaß die Möglichkeit, Cedric irgendwie wieder zur Familie zu bringen. Aber würde ihm das gelingen?
Zweifelnd sah Bella zwischen ihrem Bruder und ihrem Vater hin- und her.
Offenbar hatte Draco sich wieder etwas beruhigt und bei seinen nächsten, ruhigeren Worten entspannte Bellatrix sich wieder etwas.
Vielleicht würde es ihm doch gelingen. Vielleicht.





05.04.2007

Einige Augenblicke lang gab sich Pansy der Illusion hin, bald wieder eine glücklich vereinte Familie zu haben. Vor ihren Augen schwebte ein altes Familienportrait.
Eine glücklich lächelnde Bellatrix, neben ihr ein blonder Junge, ihr Cedric, der versuchte die strenge Miene seines Vaters zu imitieren und scheiterte, auch wenn er dabei sehr niedlich aussah und sie selbst, Pansy, eine hoch gewachsene Frau in ihren Dreißigern. Mit klaren blauen Augen und starken Armen um ihre Familie beieinander zu halten, sie zu umsorgen und auf sie Acht zu geben.
Das Portrait hing über dem Kaminsims und gab dem Besucher einen guten Eindruck von den Malfoys. Dieses Bild war es, das erhalten werden sollte nicht das der zerstörten Familie.
Beinahe schon zuversichtlich sah Pansy dem Treffen zwischen Vater und Sohn entgegen bis sie die Schritte auf der Treppe hörte.

Als die Geräusche an ihr Ohr drangen waren alle guten Gedanken augenblicklich ausgelöscht. Die energischen, schnellen Schritte machten Pansy Angst. Sie war ein Narr, wenn sie wirklich dachte, dass alles gut werden würde. Cedric würde sich seinem Vater niemals in die Arme werfen, so war er nicht erzogen worden. Und auch schon vor Dracos Verschwinden war das Verhältnis zwischen den beiden Männern, ganz und gar nicht harmonisch gewesen, sondern geprägt von Missverständnissen und Streit. Auch hatte Cedric nie um seinen Vater getrauert, so wie Bellatrix. Er hatte erleichtert geschienen, als Draco nicht mehr wieder gekommen war. Ständig war er mit seinem Vater in Streit geraten, weil er einfach nicht einsehen wollte, dass Draco für ihn nur das Beste wollte.
Hätte Pansy in diesen Tagen nur ein wenig mehr Kraft gehabt um sich um ihre Kinder zu kümmern, vielleicht hätte sie dann Zugang zu ihrem verschlossenen Sohn finden können. Vielleicht hätte er ihr dann endlich sagen können, was ihm so sehr auf dem Herzen brannte und was ihn so sehr in Rage brachte, dass er glaubte seine Familie aus seinem Leben streichen zu müssen.
Doch wollte nicht ein jeder Junge einmal seine Grenzen austesten und sich gegen seine Eltern erheben? Oder war das nur das Wunschdenken einer verzweifelten Frau, die wusste, dass ihr Traum von einer harmonischen Familie in tausend kleine Scherben zerfallen war, die man nicht mehr zusammen fügen konnte, aber es einfach nicht wahrhaben wollte, weil es wehtat zu erkennen, dass man gescheitert war. Hätte Pansy jemals einen Bruder gehabt, vielleicht hätte sie diese Frage dann eher beantworten können. Sie hatte niemals viel Kontakt zu männlichen Wesen gehabt. Ihr erster Freund war Draco gewesen und sie hatte sich, nachdem er ihr seine Aufmerksamkeit schenkte, niemals einem anderen zugewandt.
Es war auch nicht so, dass es viele gegeben hätten, die mit ihr hatten anbandeln wollen. Zu Schulzeiten war Pansy weder besonders klug, noch gewitzt gewesen und auch ihre Schönheit, die in späteren Jahren so manches Mal gelobt wurde, war nicht sichtbar gewesen. Nicht für die anderen Schüler, nur für Draco. Denn er war es gewesen, der sie zu dem gemacht hatte was sie jetzt war. Niemand hatte je einen so großen Einfluss auf sie ausgeübt, keinem hatte sie sich je so ausgeliefert.

Da öffnete sich die dunkelbraune Holztür mit einem leisen Quietschen und herein trat Cedric Malfoy. Es war noch nicht viel Zeit vergangen, seit Pansy ihren Sohn das letzte Mal gesehen hatte. Erst vor wenigen Wochen hatte der Hogwarts Express ihn von ihr fort genommen. Auf unbestimmte Zeit, oder für immer.
Aber auch wenn nur eine kurze Zeitspanne vergangen war, so hatte sich Cedric doch sehr verändert. Pansy sah es sofort in der Art, wie er seinen Vater anblickte. Er schien nicht erschüttert, oder glücklich, wie Bellatrix, sondern in seinen Augen funkelte Zorn. Es stimmte ihn wütend, seinen Vater zu sehen.
Sein Leben ohne Vater hatte ihm gefallen, da bestand kein Zweifel. Drei Jahre lang hatte er tun und lassen können, was er wollte und es hatte niemanden gegeben, der ihn je zu Recht gewiesen hatte. Es hatten keine schmerzhaften und nervenaufreibenden Übungsstunden mit dem Vater mehr gegeben, keine Unterrichtsstunden in Dunkler Magie.
Er hatte so sein können, wie er wollte und sich nicht verstellen müssen, um den Ansprüchen seines Vaters zu genügen.
Pansy konnte verstehen, dass er nicht mehr in dieses enge Korsett der der starren Regeln und Pflichten zurück gedrängt werden wollte, aber doch nur, weil er nicht einsehen konnte, dass dies für ihn der einzige Weg war um glücklich zu werden.
Niemals würde es einem Schlammblut gelingen ihn zufrieden zu stellen und selbst eine Potter reichte nicht an seine Klasse heran.
Er war ein reinblütiger Zauberer, der einer der größten Familien entstammte die es je gegeben hatte. Seine Großmutter war eine echte Black und auch in ihm floss das Blut dieser ehrwürdigen und mächtigen Familie.
Warum wollte er denn nicht begreifen, dass sein Weg schon vorgezeichnet war?
Dass es sein Schicksal war ein Todesser zu werden, wie sein Vater?
Niemand konnte glücklich werden, der versuchte seinem Schicksal zu entkommen.

"Warum liegst du nicht in deinem Grab?"
Cedrics Worte zerschnitten die Stille, die sich nach seinem Eintreten über den Raum gelegt hatte, wie ein Schwert ohne Rücksicht auf mögliche Opfer.
Pansy zwang sich stehen zu bleiben und ihrem Sohn nicht entgegen zu laufen. Sie wollte sich vor ihn hinstellen und ihn mit den Armen umfassen, um ihn vor dem Zorn seines Vaters zu schützen. Immerhin war er ihr kleiner Junge, denn sie geboren und genährt und geliebt hatte, als sich noch niemand groß für in interessierte, weil er nur ein Baby gewesen war, mit dem man nicht besonders viel anfangen konnte.
Man hatte ihn angesehen, bemerkt, dass es ein sehr strammer Bursche war, der seinen Eltern gewiss viel Freude machen würde und war dann hinüber in den Salon gegangen um mit dem Vater auf das Wohl des Knaben anzustoßen und nebenbei noch über allerhand dunkler Geschäfte zu reden. Aber Pansy war zurück geblieben und hatte ihren Sohn im Arm gehalten und ihn unentwegt gestreichelt, weil er das Kostbarste war, das sie je besessen hatte.
Sie hatte sich geschworen immer auf ihn acht zugeben und ihn vor allem Unheil dieser Welt zu schützen, nicht ahnend, dass er eines Tages seinen eigenen Vater als Übel ansehen würde.
Es fiel Pansy schwer sich zwischen ihren Sohn und ihrem Ehemann zu entscheiden. Niemand konnte behaupten, dass sie es nicht gemerkt hatte, wie sehr ihr Sohn unter Dracos Prüfungen gelitten hatte. Doch Pansy vertraute Draco. Sie wusste, dass er Cedric niemals etwas antun würde, weil er seinen Sohn ebenso liebte, wie sie ihn.
Oftmals war sie knapp davor gewesen sich in die Streitigkeiten der beiden Männer einzumischen, aber dennoch hatte sie nie dementsprechend reagiert. Es schien ihr unpassend und schimpflich sich ohne Erlaubnis in die Angelegenheiten ihres Mannes einzumischen, besonders dann wenn sie sicher war, dass er es nicht für gut heißen würde.
Auch an diesem Tage blieb Pansy unbeweglich stehen, wie eine dieser griechischen Brunnenfiguren die sie so gerne betrachtete. Sie bewunderte ihren leeren Blick und ihre Gesichter, die dennoch ausdrucksstark waren und Geschichten erzählten, die Pansy nicht hören konnte. Hätte sie sich selbst betrachten können, an diesem Abend im voll gestellten Klassenzimmer, dann hätte sie vielleicht eher verstanden, dass jede Figur ihre eigene Geschichte erzählte von Liebe und Verfall.

Neben sich hörte Pansy wie ihre Tochter scharf die Luft einzog. Sie warf einen kurzen Blick hinüber.
Ihre blonde Mähne hing ihr ins Gesicht und konnte dennoch das Entsetzen in ihren Augen nicht verstecken. Stocksteif beobachtete sie die Szene zwischen ihrem Vater und ihrem Bruder und gab sich Mühe keine Regung zu zeigen. Pansy wusste, dass an Bellatrix nichts spurlos vorüber ging. Sie war viel sensibler, als sie zu zeigen gewillt war. Immer hatte sie sich Mühe gegeben ihrem Vater zu gefallen; sie hatte ihm nur selten Anlass dazu gegeben von ihr enttäuscht zu sein. Hin und her gerissen zwischen unverbrüchlicher Treue und Zuneigung zu ihrem Vater und der tiefen Liebe zu ihrem Bruder musste sie den Streit nun mit ansehen, ohne etwas tun zu können, dass die Wogen glättete.
Gerne hätte Pansy ihre Arme ausgestreckt um sie still zu sich zu rufen und ihr durch zärtliche Berührungen ihre Angst zu nehmen.
Aber Pansy war sich nicht mehr sicher, ob Bellatrix das überhaupt noch wollte. Die Begrüßung hatte sie nur kalt und zögerlich beantwortet, vermutlich war es schon zu spät um Gefühle in ihrer Tochter wecken zu können.
Bellatrix war immer schon ein trotziges Kind gewesen. Wenn sie beschlossen hatte ohne ihre Mutter auskommen zu wollen, dann hielt sie das auch durch.
Pansy fühlte fast schon so etwas wie Stolz, ob ihrer willensstarken Tochter und dennoch hätte sie es jetzt lieber gesehen, wenn Bellatrix jetzt neben ihr gestanden hätte und sie ihre kleine, zarte Hand in der ihren gefühlt hätte.

Als die Frau sich wieder den beiden Männern zuwandte fühlte sie eine eisige Kälte über ihren Rücken kriechen. Es tat weh, die beiden so zu beobachten und die eisge Kälte in ihren Stimmen zu hören. Es war unmöglich die Gefühle so weit auf Eis zu stellen, dass man es nicht spürte, wie weh es tat, zu hören welch abscheulichen Worte sie sich an den Kopf warfen.
Pansy hatte es immer geschafft, ihre Gefühle zu unterdrücken, wenn es darum ging fremde Menschen zu quälen, sie zu foltern und zu töten.
Unzählige Male hatte sie den Cruciatus-Fluch angewandt um Informationen aus Menschen herauszupressen. Sie hatte kein Mitleid gefühlt, als sie ein Auror angefleht hatte ihm doch sein Leben zu schenken, weil er zu Hause einen kleinen Sohn hatte, der im selben Alter war wie Cedric.
Pansy hatte nie Reue gefühlt, aber wenn es um ihre eigene Familie ging, glaubte Pansy bei jedem bösen Wort, das so unbedacht fiel, einen Stich im Herzen zu spüren, der niemals wieder aufhören würde zu schmerzen.

„Denkst du, ich könnte stolz auf dich sein, wenn du eine Potter vögelst?“
Dracos sarkastische Antwort auf Cedrics Frage, nahm Pansy beinahe die Luft weg. Sie hatte nicht daran gedacht, dass er das Thema sofort und vor allem auf so brutale Weise anschnitt. Vermutlich hatte sie gehofft, dass er vorher noch eine ganze Weile drumherum reden würde, obwohl sie doch eigentlich wissen musste, dass Draco niemand war, der eine offene Diskussion scheute. Er war nicht geduldig genug um langsam zum Thema hinzuführen, seine Geduld reichte nur für eine offene Konfrontation.
Angespannt begann er im Zimmer auf und ab zu wandern. Sein Schritt war schwer und seine Augen ruhelos. Pansy konnte erkennen, dass ihr Ehemann sehr wütend war. Sie musste ihm nicht einmal in die Augen blicken um zu wissen, dass sein Zorn groß war. Eine gute Ehefrau merkte dies an der Art wie ihr Gatte seinen Körper hielt, wie er sich bewegte und wie er sprach.
Pansy war seit 25 Jahren verheiratet. Sie brauchte keine klare Sicht um zu wissen, was ihre Familie fühlte.
Am schwersten war es für sie derzeit Cedric einzuschätzen. Zu sehr hatte er sich in den letzten Jahren verändert und zu wenig wusste Pansy über dieses Mädchen, dass er angeblich liebte. Diese Potter.
Ob es wirklich liebe war, was er für dieses Mädchen fühlte?
Das war doch unmöglich! Er kannte sie doch noch gar nicht wirklich. War dies nur eine weitere seiner Provokationen in denen er beweisen wollte kein Malfoy zu sein? Anders zu sein, als seine Familie?
Er war eben doch noch ein Kind.

Pansy wurde unruhiger. Sie fürchtete, dass die Menschen im Raum unter ihnen die lautstarke Diskussion hören könnte, oder dass sie Dracos Schritte hörten und nachsahen, was sich im leeren Klassenzimmer abspielte. Es wäre beschämend für die ganze Sippe, sollte jemand von ihren Problemen Wind bekommen.
Das Verhalten, das sie momentan an den Tag legten, war nicht das einer vornehmen und edlen Magierfamilie.
Die internen Probleme gingen niemanden etwas an. Für die Magierwelt sollten sie immer die perfekten Malfoys bleiben, das war ihr Ziel.
Aber Pansy wünschte sich noch viel mehr als das. Stumm flehte sie ihren Mann an, doch Mitleid mit dem Sohn zu haben, auch wenn sie sicher war, dass in dem breiten Spektrum das die Gefühle ihres Mannes umfasste, Mitleid nicht dabei war.
Sie hoffte so sehr, dass er einsah, dass ihr Cedric noch ein Kind war. Ohne böse Absichten, vielleicht ein wenig zu rebellisch, aber er war doch noch immer ihr Sohn. Er durfte ihn nicht weiter provozieren, sondern musste ihm gut zu reden.
Doch alles Flehen war vermutlich vergeblich. Die beiden waren sich viel zu ähnlich um gut miteinander auszukommen.
Draco blieb immer standhaft bei seiner Meinung und änderte sie niemals. Was er sagte war Recht und gut und es war nicht Pansys Aufgabe ihm da hinein zu reden. Bei Erziehungsfragen hatte er niemals nach Pansys Meinung gefragt und jetzt wagte Pansy es nicht, ihm Vorschriften zu machen. Er war sein eigener Herr und sie war nur seine Frau.
Pansy fürchtete sich ein wenig vor Cedrics Reaktion. Er war leicht aufbrausend und war schnell beleidigt. Es war gut möglich, dass ihn allein der Ausdruck „vögeln“ im Zusammenhang mit seiner Freundin in Rage brachte. Dann sagte er oft Dinge, die er besser verschwiegen hätte, zu seinem eigenen Wohl.
Doch so war er eben. Kopflos stürzte er sich in Dinge, verrannte sich darin und machte alles nur viel schlimmer als es schon war.
Cedric war unzufrieden mit der Gesellschaft, mit dem Schwarz-Weiß-Denken der Menschen und hielt alle für das Böse.
Nur übersah er dabei, dass er denjenigen Menschen wehtat, die immer alles getan hatten um ihn glücklich zu machen und die ihn liebten.
Pansy versteckte ihre Faust in ihrem warmen schwarzen Umhang, den sie seit ihrem Eintreffen im Schloss nicht abgelegt hatte, und der nun viel zu warm war, und grub ihre halblangen Fingernägel tief in die Handfläche.
Bestimmt würden sich schon bald Abdrücke auf der Hand zeigen, doch der Schmerz war angenehm und lenkte ein wenig von der angespannten Situation ab.
Es war schön in zu spüren. Er war vorhersehbar und beständig.
Pansy hatte Angst vor Cedrics Reaktion, aber nicht vor dem Schmerz in ihrer Hand, denn über ihn war sie die einzige Herrin.



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Pansy Malfoy-Parkinson – 42 Jahre – Todesserin
other characters: Violetta – Ilja – Jack – Remus - Benoit

Kein Wort vermag Unsagbares zu sagen.
Drum bleibe, was ich trage, ungesagt.
Und dir zuliebe will ich nicht mehr klagen.
Denn du, mein stolzer Sohn hast nie geklagt.

Und hätt' ich hundert Söhne: Keiner wäre
Mir je ein Trost für diesen, diesen einen
Sagt ich: hundert? Ja, ich sagte hundert
Und meinte hundert. Und ich habe keinen.

Mascha Kaléko