Mit der Aussage, dass du dir etwas nicht vorstellen kannst, hast du die formallogische Ebene übrigends verlassen. Hier kann ich dir nur antworten, was ich schon mal sagte, wenn du es dir nicht vorstellen kannst, dann nicht, weil es nicht geht, sondern weil du die Welt der Zwänge heute siehst mit all ihren Erscheinungen von Gewalt etc. und dir dann die Zwänge wegdenkst. Du siehst den Polizisten, der sich einem seine Frau schlagenden Mann in den Arm wirft. Und dann stellst du dir dieselbe Szene ohne Polizisten vor und glaubst, das sei Anarchie. Klar, dass man dann Schutzeinrichtungen für die Frau usw. will und klar, dass man Anarchie als freies und gutes interpretiertes, ein Mindestmaß an "Struktur" haben will, damit das nicht passiert. Aber da fällst du schon auf die Anti-Anarchisten-Propaganda hinein und zwar auf mehreren Ebenen:
- In dieser Situation würde zwar kein Polizist einschreiten, aber die Nachbarn, die das Geschrei der Frau hören würden. Denn dieses Geschrei deutet sehr stark auf die Ausübung von Herrschaft hin und die will man nicht, weder bei sich, noch bei andren, weil, wie die Freiheit Deutschlands am Hindukusch verteidigt werden kann ( Achtung Scherz, nicht dass einigen das Herz in die Hose fällt), so fängt die Verteidigung meiner Freiheit bei der Freiheit der anderen an. Ignoriere ich die Freiheit der anderen, so kommt es zum Bonnhöfereffekt (freies Zitat, habe es wörtlich nicht im Kopf): Als sie die Kommunisten holten, schwieg ich, denn ich war kein Kommunist; als sie die Juden holten, schwieg ich, denn ich war kein Jude; als sie mich holten, da war niemand mehr da, der was hätte sagen können. In diesen Sinne fängt meine Freiheit da an, wo es gilt, die Freiheit der geschlagenen Frau zu schützen.
- Schlagende Männer sind in der Regel nicht so auf die Welt gekommen. Da kann die Erziehung eine Rolle spielen, da kann es Arbeitsfrust sein, Willkür, der man irgendwie, irgendwo ausgesetzt ist und sie nicht an denen abläßt, die das Verursachen, sondern an Schwächeren (Wilhelm Reich: nach oben buckeln, nach unten treten). Da es in dem strukturfreien Zusammenleben kein Oben und Unten gibt, fällt auch dieser Effekt weg (sehr verkürzt erklärt, aber es wird halt Zeitmäßig immer später).
In dem Moment, wo wir Menschen aufhören müssen Rollen zu spielen (situationistische Erklärung), sondern frei uns selbst mit allem, was dazugehört, bejahen können, ohne gesellschaftlichen Zwängen unterworfen zu sein, dann hören auch die aus diesen Zwängen resultierenden Unterdrückungsgelüste auf. Das trifft möglicherweise nicht zu 100% zu, aber betrachtet man die jetzigen Ehedramen, amoglaufenden Schüler, die vielen Selbstmorde (und ich habe noch keine Statistik gesehen, wie sehr die Selbstmordrate seit Einführung von Harz IV in die Höhe geschnellt ist, nur mal ein Beispiel von vielen), Beschaffungskriminalität aller Art, so würde doch der allergrößte Teil wegfallen, weil die Zwänge, aus denen dies Verhalten entstammt, wegfällt.
Und welche Entscheidungen betreffen mehrere? Generell sagte ich das mal: Wer will oder sieht es als nützlich an? Niemand, also nicht so wichtig. Und das? Soundsoviel, großartig koordinieren wir das, wer will dann und dort, aha drei, wir brauchen nur zwei, wann würde einer von euch statt dessen wollen? usw. Nicht eine besserwissende Hierarchie sagt, was und wie was abgepackt wird, sondern die Leute vor Ort, die das wollen. Und da die allermeisten nicht im Chaos - im Sinne von, man verbraucht nur und produziert nichts - leben wollen, finden sich auch überall Leute, war zu tun. Lenin sagte: Vertrauen ist gut, kontrolle ist besser. Und was ist DARAUS geworden? Mehr Vertrauen, sonst kommt die Kontrolle. Und das ende ähnlich, wie andere Kontrollsysteme auch.
Zitat: Isquierda
Bisher ist es ja in der öffentlichen Meinung so, dass "Anarchie" gern mit "Chaos" verwechselt wird - ich denke, das ist falsch - aber ich bestreite eben auch keine anarchistische Struktur. |
Nun, ich bestreite eine anarchistische Struktur vehement (kann aber auch mit dem Begriff strukturloses Zusammenleben leben). Und ich sehe da überhaupt kein Chaos. Chaos ist, durch Zwänge seelisch zerstörten Menschen den Zwang nehmen; sozusagen körperlich frei, aber im Geiste versklavt. Man ist aber durch Zwänge im Geisteaber nur dann versklavt , wenn man keine Vorstellungen von der Freiheit hat. Wenn der Geist frei ist, dann folgt sozusagen der Körper dem Geist nach, wenn die Zwänge wegfallen. Und da Anarchie nur entstehen kann, wenn es die allermeisten Menschen wollen, so sind die allermeisten Menschen einfach nur frei, wenn die Herrschaftszwänge fallen.
Zitat: Isquierda
Was mich noch irritiert, ist deine Abwehr gegen "Basis-demokratie" kannst du mir das bitte näher erklären? was verstehst du darunter und warum bist du dagegen? |
Basisdemokratie ist eine Herrschaftsform, die möglicherweise die allerfreiesten Herrschaftsstrukturen hat, aber eben auf der Ebene der Herrschaftsstruktur bleibt. Herrschaftsformen haben so einige Eigenheiten: 1. es gibt meist irgendjemand, der da aus irgendeinem Grunde profitiert (wenn nicht sogar davon ausgehen muss, dass diese irgendeine Gruppe die Politstruktur sogar "uneigennützig" beeinflusst); 2. Herrshaftsformen und seien sie noch so unstetig, versuchen sich zu festigen. Diese in "Bewegung" zu halten, wird einiges an Machtkämpfen erfordern und da hab ich keinen Bock drauf. 3. Recht ist kein Garant für geduldete Übergriffe und Recht ist nichts dauerhaftes. Es kann durch Umstürze beseitigt oder durch Reformen geändert werden. So kann schnell über die Hintertür dasselbe wiederkommen, zu dessen Anschaffung ich vorher beigetragen hatte. 4. die Strukturen fangen an sich anzumassen, das menschliche freie miteinander, das nur diese Menschen entwas angeht, zu reglementieren, sich einzumischen und zu prädominieren. 5. es entsteht eine Struktur, die von ihrer Basis erwartet, sich einbringen zu müssen. Wenn sich jemand zurückzieht, so wird dieser Wunsch nicht respektiert, sondern es tritt derselbe Fall wie heute ein: egal, ob du dich für Politik interessierst oder nicht, sie bestimmt dein Leben. Wenn sich einer in der Basisdemokratie nicht am politichen Leben beteiligt, so wird bestenfalls über seinen Kopf hinweg entschieden. Zusätzlich könnt es so was wie Bezirksfeten oder derartiges geben, also mit höchst unangenehme Zwagsvereinnahmungen. Ich feiere aus Freude, nicht als politischer Akt. Das ist das, was mir auf die Schnelle einfällt. Und wenn du sagst, das gibt es alles nicht, dann sage ich dir, es ist in Gruppen - und Basisdemokratie ist sozusagen eine Großgruppe, die Zusammengehörigkeitsgefühl benötigt - äußerst kompliziert mit Außenseitern umzugehen. Sehr häuft gibt es keine, weil die wieder schell gehen. Aber in der strukturierten Gesellschaft können die nicht gehen und da kommen sie unter die Räder, auch die basisdemokratischen. |