Parteivorstand der Linkspartei beschließt einen Mindestlohn von 10,00 und die Anhebung des ALG II -Regelsatzes auf 500 zu fordern. Linksfraktion im Bundestag beantragt kommende Woche einen Mindestlohn von 8,71 und 435 ALG II.
Von Edith Bartelmus-Scholich
Lange hat es gedauert, bis dass die Führungsspitze der Partei DIE LINKE sich die schon aus dem Jahr 2005 stammenden Forderungen der sozialen Bewegungen nach 10 Mindestlohn und einer sofortigen Anhebung des ALG II-Regelsatzes auf 500 zu eigen gemacht hat. Am 14. Februar 09 war es dann endlich so weit. Der Parteivorstand der Linkspartei beschloss ohne Gegenstimme: "Wir wollen den Regelsatz für Erwachsene auf 500 Euro anheben und fordern die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes von 10 Euro pro Stunde."
Vorausgegangen war Ende Dezember 08 das Vorpreschen der Fraktionsspitze mit dem sogenannten "Klaus-Ernst-Papier", "Vorschläge für eine bedarfsdeckende soziale Mindestsicherung", in dem nur 435 Regelsatz gefordert wurden und darüber hinaus nicht mit der Logik von Hartz IV gebrochen wurde. Als "Ultima Ratio" sah der Fraktionsentwurf auch Kürzungen der Leistung vor. Rasch geriet die Fraktionsspitze mit diesem zu Recht als "Hartz IV light" bezeichneten Konzept unter Beschuss durch KritikerInnen von innerhalb und außerhalb der Fraktion.
Die Reaktionen darauf waren zunächst wenig ermutigend. Die als Kritikerin auftretende Sozialpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Katja Kipping wurde als Störfaktor behandelt. Die Fraktionsvorsitzenden Lafontaine und Gysi griffen zu einem bewährten Totschlagargument. Sie bewerteten in einem offenen Brief vom 21.1.09 die Bezeichnung "Hartz IV light" für die Vorschläge der Fraktionsspitze als parteischädigend.
Am 26.1.09 um 20.00 Uhr legte der Fraktionsvorstand zur geschlossenen Tagung der Bundestagsfraktion am kommenden Tag eine leicht modifizierte "Kompromissfassung" zwischen Klaus Ernst und Katja Kipping zur Abstimmung vor. Immerhin hatte Kipping erreicht, dass die Möglichkeit, die Mindestsicherung bei Fehlverhalten zu kürzen aus dem Papier verschwunden war. In der Substanz war jedoch das "Klaus-Ernst-Papier" erhalten geblieben. Es basierte auf einem Entwurf der strömungsübergreifenden AG Mindestsicherung der LINKEN.NRW unter Mitarbeit von Daniel Kreutz. Klaus Ernst hatte aus diesem Papier von der Fraktionsmitarbeiterin Gaby Gottwald noch die letzten guten Vorschläge entfernen lassen. Die mit Sozialpolitik befassten FarktionskollegInnen wurden so von Ernst, der immerhin in den letzten 3,5 Jahren vier Mal am Ausschuss für Gesundheit (3x im ersten Jahr als Vollmitglied) und 10 Mal am Ausschuss für Arbeit und Soziales (in beiden nach dem ersten Jahr nur stv. Mitglied) teilgenommen hatte, ins Abseits gedrängt.
Das Kompromisspapier wurde in der Bundestagsfraktion durchgepeitscht. Für eine politische Frage, die für die LINKE zentral und mit ihrer Gründung untrennbar verbunden ist, blieb in der Fraktion keine Zeit zur Debatte. Änderungsanträge einiger Abgeordneter wurden mit der Zusage: "Eure Vorschläge werden vor Veröffentlichung noch eingearbeitet", abgebügelt. Am 27.1.09 verkündete die Fraktionsspitze, dass die "Kompromissfassung" des Papiers zur Mindestsicherung einstimmig beschlossen worden sei.
Im Anschluss daran mussten die KritikerInnen in der Fraktion feststellen, dass ihre Vorschläge keinesfalls Aufnahme gefunden hatten. In einem unserer Redaktion vorliegenden Brief von 6 Abgeordneten an den Fraktionsvorstand heißt es hierzu:
"Zum Vorgehen:
"Hartz IV muss weg" ist eine der zentralen Aussagen unserer Partei. Hier ist Glaubwürdigkeit, eine klare Positionierung und genaues Arbeiten besonders wichtig.
Der TOP wurde am Dienstag in der geschlossenen Sitzung behandelt. Weil vorher nicht mitgeteilt wurde, welche Punkte im Rahmen dieser geschlossenen Sitzung zur Debatte stehen würden, hatten die Abgeordneten keine Möglichkeit, sich darauf rechtzeitig vorzubereiten.
Das Papier, auf das sich Katja und Klaus Montagabend geeinigt hatten, lag allen Abgeordneten erst Montagabend ca. 20Uhr vor, zur Kenntnis nehmen konnten wir es daher faktisch erst am Dienstag früh. Eine genaue Prüfung war aber natürlich nicht möglich, da es am Dienstag zusätzlich zur Sitzung der Arbeitskreise auch noch die Gedenkstunde im Plenum gab, von anderen Terminen ganz zu schweigen.
Am Dienstag wurde uns von Oskar in der Sitzung gesagt, dass unsere Kritik zwar nicht sofort eingearbeitet werden könne, wir aber die Möglichkeit bekämen, sie miteinander zu diskutieren und dass sie danach einfließen würde. Begründet wurde dieses Vorgehen mit der Notwendigkeit, schnell und geschlossen zu reagieren und eine Presseerklärung herauszugeben.
Es war einzig und allein diese Zusicherung, die Ulla J. und Elke dazu bewog, zuzustimmen, statt sich zu enthalten. Für Kornelia war sie der ausschlaggebende Grund, an der Abstimmung nicht teilzunehmen, statt den Entwurf gleich abzulehnen. Mit Befremden mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass wir am Mittwoch und Donnerstag nach der Abstimmung allenfalls redaktionelle Änderungen, aber keine inhaltlichen Änderungen mehr einbringen konnten und dass das Papier, wo wie es war, als Fraktionspapier herausgegeben wurde. Das entspricht nicht der Zusage, die uns gemacht wurde."
In den folgenden Wochen scheiterte der Versuch der Fraktionsspitze mit der Schaffung von Fakten wie beschrieben die Debatte zu beenden. Viele Gliederungen der Partei, darunter auch Landesparteitage lehnten den Fraktionsbeschluss ab und stellten unterschiedliche weiter gehende Forderungen auf. In der Erwerbslosenbewegung wurde zur Nichtwahl der Linkspartei aufgerufen und innerhalb der Partei organisierten sich die Betroffenen in einer Bundesarbeitsgemeinschaft Hartz IV. Diesem Druck hat der Parteivorstand am 14.3.09 nachgegeben. Als Parteivorsitzender vertrat der gleiche Oskar Lafontaine, der noch Ende Januar das "Kompromisspapier" in der Fraktion durchgesetzt hatte, nun in den Medien die Forderungen 500 Regelsatz und 10 Mindestlohn.
Wer nun meint, dass auch der Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine gemeinsam mit den zahlreichen Mitgliedern, des Vorstandes, die gleichzeitig Mitglied der Bundestagsfraktion sind, diese Forderungen vertreten wird, sieht sich getäuscht. Die Führungsspitze, die Personalunion in Partei und in Fraktion schaltet und waltet, fordert in einem Antrag (s. Anlage) an den Deutschen Bundestag weiterhin 435 Regelsatz und 8,71 Mindestlohn. Begründet wird dieser Eiertanz damit, dass der Beschluss des Parteivorstands erst perspektivisch im Bundestagswahlprogramm erhoben werden soll. Die Mitglieder und WählerInnen der Partei werden diese taktische Variante kaum nachvollziehen können. Dies meinen auch sechs Abgeordnete der Linksfraktion: Inge Höger, Ulla Jelpke, Cornelia Möller, Elke Reinke, Sevim Dagdelen und Heike Hänsel stimmten als Minderheit in der Fraktion für die vom Parteivorstand beschlossenen Forderungen.
Was sich Politprofis wie Lafontaine, Gysi und Ernst bei derartigen Verwirrspielchen denken, wissen wir nicht. Die Vorgeschichte des Parteivorstandsbeschlusses lässt jedoch aufmerksam werden. Zunächst ist klar, dass die Forderungen 500 / 10 noch vor kurzem von Linkspartei und Linksfraktion abgelehnt wurden. Der Versuch der Führung im Rahmen der Bundestagsfraktion 435 / 8,71 festzuschreiben, wurde hinreichend dokumentiert. Für die Partei hatte Vorstandsmitglied Michael Schlecht noch vor einigen Wochen die Aufnahme der Forderungen 500 / 10 in den Aufruf zu den Demonstrationen am 28.3.09 abgelehnt. Er drohte mit Ausstieg aus dem Aktionsbündnis, sollten diese Forderungen im Aufruf stehen. Weiter ist die reine Aufnahme der Forderungen 500 Regelsatz und 10 Mindestlohn noch keine Garantie dafür, dass die Linksparteispitze nicht etwa ein Konzept einer Mindestsicherung, welches nicht mit Hartz IV bricht, weiter verfolgt. (Die Forderung von 500 Regelsatz kann durchaus Bestandteil eines Workfare-Konzeptes sein.) Bislang war die Vorgehensweise Linksfraktions- /Linksparteiführung so angelegt, dass die Annahme, dass mit dem Beschluss 500 / 10 des Parteivorstands vor allem die Debatte in der Partei beendet werden soll, nicht von der Hand zu weisen ist. Das Einbringen eines Antrags im Bundestag mit den Forderungen 435 / 10 durch die gleiche Führungsspitze in anderer Rolle erhärtet diese Annahme.
Es ist allerhöchste Zeit, Art. 1, Abs. 1 und Art. 20, Abs. 4, GG, Geltung und Wirkung zu verschaffen!
Re: Quo vadis, DIE LINKE oder "Die Revolution frißt ihre Kinder"
Zitat: bjk
Die SPD-nahe Tageszeitung WAZ, gefolgt von vielen Akteuren aus Politik, Verbänden und regierungstreuen Israel-Lobbyisten entfachten daraufhin eine beispiellose Hetzkampagne. Hermann Dierkes sei politisch nicht mehr tragbar. Er wurde als Antisemit und Linksfaschist verunglimpft. Diese Kampagne gipfelte in Morddrohungen. Auch Teile der Linkspartei warfen ihm Antisemitismus vor.
An die Unterzeichner der gemeinsamen Erklärung c/o Bundesgeschäftsführer DIE LINKE Dietmar Bartsch
Lieber Dietmar,
nachdem ich mich wieder einigermaßen stabilisiert habe, möchte ich auch Dir und den 33 weiteren Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern der Erklärung "Mit Boykottaufrufen ist eine Lösung im Nahost-Konflikt nicht zu erreichen" - antworten. Ich bitte Dich, mein Schreiben auch den übrigen Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern zukommen zulassen. Da Eure gemeinsame Erklärung öffentlich gemacht und auch im parteiinternen Newsletter abgedruckt worden ist, ohne zumindest meine Erklärung vom 24.02.09 (siehe Anlage) ebenfalls zu dokumentieren, bitte ich nun auch um Abdruck meines heutigen Antwortschreibens.
Genossinnen und Genossen,
die heftige Kontroverse um den Israel-Boykott hat eine Reihe von programmatischen, politischen und Organisationsfragen aufgeworfen. Wir sollten größtes Interesse daran haben, sie Zug um Zug zu klären und nicht durch Stopschilder und Ausgrenzung zu beenden. Die öffentliche und parteiinterne Resonanz beweist, dass Klärungsbedarf besteht, die Partei ist gefordert.
Zunächst möchte ich nochmals klarstellen, dass ich nicht im Namen der Partei zu Boykott und Sanktionen gegen Israel aufgerufen habe. Im Rahmen eines persönliches Diskussionsbeitrags gegen Ende einer örtlichen Veranstaltung des Duisburg-Hamborner Ortsverbands der LINKEN zum Thema "Palästinensische Realität heute - Wege zu einem gerechten Frieden in Nahost und nach dem Film "Die Eiserne Mauer" des palästinensischen Filmemachers M. Alatar habe ich auf den Aufruf der sozialen Bewegungen beim Weltsozialforum von Belém hingewiesen. Referent war übrigens ein kompetenter Vertreter der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft.
Des Weiteren möchte ich wiederholt klarstellen, dass das mir unterschobene "Zitat" der WAZ, ich hätte mich "bewusst" in den Zusammenhang von Boykottaufrufen gegen Juden durch die Nazis gestellt, eine absichtliche Verkürzung dessen war, was ich dem WAZ-Journalisten auf seinen Anruf hin gesagt habe und eine geradezu infame Verfälschung meiner Argumentation. Von Euch hätte ich erwartet, dass Ihr zumindest beim Duisburger Kreisverbandsvorstand nachfragt, bevor Ihr in den Chor der "Verurteiler" einstimmt. Nach den Erfahrungen in Hessen und anderswo sollte das endlich die übliche Verfahrensweise in unserer Partei werden, anstatt sich von Presseterminen unter Zugzwang setzen zu lassen und im Zweifel über die eigenen Leute herzufallen.
Nach Eurer gemeinsamen Erklärung gehe ich allerdings davon aus, dass es nicht in erster Linie um ein Missverständnis auf Grund einer Verfälschung geht, sondern um unterschiedliche Positionen in der Frage von Boykott und Sanktionen gegen Israel generell. So ist das nach meiner Einschätzung auch von sehr vielen aufgefasst worden, die diese Kontroverse verfolgt haben. Zahlreiche Menschen, die mich aus langjähriger gewerkschaftlicher und politischer Arbeit kennen, haben das böse Spiel durchschaut und mich ihrer Solidarität versichert. Wir - d.h. der Kreisverband und ich selbst bekommen bis heute einen Strom von Mails, Briefen und Solidaritätsbeweisen - wie bei keinem anderen Thema zuvor - von innerhalb und außerhalb der Partei, aus dem In- und Ausland. Das Thema bewegt die Mitmenschen spätestens nach dem Gaza-Krieg ganz offensichtlich und die politischen Mainstream-Antworten haben massiv an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Und ich füge hinzu: Das gilt in gewisser Weise auch für die Partei DIE LINKE, die sich an den Antikriegsdemonstrationen im Januar nur sehr schwach beteiligt hat und durch die Teilnahme des einen oder anderen Vertreters an Pro-Israel-Aktionen Verwirrung erzeugt hat, darunter Mitunterzeichner Klaus Lederer.
Unter den vielen Solidaritätsbekundungen befinden sich zahlreiche von GewerkschafterInnen, GlobalisierungsKritikerInnen, Menschen, die sich erklärtermaßen bisher nicht politisch an der LINKEN orientiert haben, viele MigrantInnen und etliche jüdische Stimmen. Stellvertretend dafür, dass nicht alle Medien in den Chor der Verleumdungen gegen mich eingestimmt haben, will ich nur den Chefredakteur von Radio Duisburg erwähnen, der die über meinen "Fall" erneut angestoßene Diskussion über einen Boykott angesichts der, so wörtlich, "israelischen Gräueltaten" im Gaza-Krieg in seinem viel beachteten Wochenkommentar für legitim hält.
Gegen den medialen Popanz, der aus mir gemacht wurde und gegen die daraus erfolgte schwere Rufschädigung habe inzwischen eine wohl dokumentierte Beschwerde beim Deutschen Presserat eingereicht. Ich kämpfe um meine Rehabilitierung, ich will dazu beitragen, dass auch die verleumderischen Angriffe auf die LINKE zurück genommen werden und eine faire Diskussion innerhalb der Partei stattfinden kann über die vielen programmatischen und politischen Fragen, die mit der Kontroverse aufgeworfen sind.
Viele Hinweise und Beweise deuten darauf hin, dass die WAZ dieses Thema so hoch gezogen und an erster Stelle den politischen Rufmord betrieben hat, um einen aussichtsreichen OB-Kandidaten der LINKEN in Duisburg aus dem Feld zu schlagen und der LINKEN gerade im Superwahljahr insgesamt zu schaden. Der Vorwurf des Antisemitismus war nichts anderes als das Instrument dazu. Inzwischen gibt es etliche Hinweise darauf, dass Parteien und Verbände, die zunächst in den Chor der Verurteilungen eingestimmt hatten, erste Neubewertungen vornehmen, nachdem ihnen deutlich geworden ist, was sich eigentlich abgespielt hat. Die politische Entwicklung in Israel selbst und erschreckende Nachrichten mit weiteren Einzelheiten von den Kriegsverbrechen in Gaza scheinen nüchterne Analysen zu begünstigen.
Eure Erklärung bedient leider auch den Mainstream und eine sehr problematische außenpolitische Doktrin der Bundesrepublik. Ich halte das für sehr bedauerlich und es hat mich sehr betrübt, dass Ihr mich nicht wenigstens mit einem einzigen Satz gegen die unsäglichen Verleumdungen in Schutz genommen habt. Ich gestehe: Angesichts Eurer Erklärung hatte auch ich so meine Assoziationen, um einen Begriff von Euch zu verwenden. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, es war Ende der sechziger Jahre, als ich auf meine ersten Leserbriefe als Abendgymnasiast gegen die Apartheid in Südafrika böse Antworten erhalten habe, wo die erbärmlichen Unterdrückungsverhältnisse dort buchstäblich schön geredet wurden. Schlagartig kam mir die Erinnerung daran hoch, wie es bei uns jungen Gewerkschaftern Anfang der siebziger Jahre ankam, als der damalige IG Metall-Vorsitzende und stv. Aufsichtsratsvorsitzende von VW, Eugen Loderer, nach einer Südafrikareise erklärte, ein Land mit den Problemen Südafrikas könne "nicht rundum demokratisch sein" und von den damals geforderten (und praktizierten) Boykottmaßnahmen abriet, "weil sie nur die Arbeitnehmer träfen ...". Des Weiteren hatte ich noch einmal die Zeit vor Augen, wo uns Flugblätter der PDS in Duisburg vor die Füße geworfen wurden nach dem Motto: "Ihr habt uns gerade noch gefehlt". Eine Zeit, wo die Partei ständig verleumdet und für alles Mögliche verantwortlich gemacht wurde, wo schließlich unsere beiden Abgeordneten Gesine Lötzsch und Petra Pau im Bundestag gedemütigt wurden und noch nicht einmal ein Tischchen bekamen. Mit vielen anderen Genossinnen und Genossen haben wir gegen gehalten, mutig weiter gekämpft, wir haben unsere Glaubwürdigkeit und persönliche Integrität in die Waagschale geworfen. Wir haben hier über die Jahre erhebliche politische und organisatorische Erfolge erzielt. Ich erwarte dafür von Euch keinen Dank, ich will Euch nur den Spiegel vorhalten. Seid sicher, dass Eure abwertende Stellungnahme, in der ihr es noch nicht einmal für nötig haltet, meinen Namen zu erwähnen, auch vielen Parteimitgliedern und Sympathisanten zu denken gegeben hat. Sie beurteilen meine Lebensleistung anders als es aus Eurer Erklärung hervorgeht: Ich hätte "zu Recht öffentliche Empörung hervorgerufen". "Mit Boykottaufrufen ist eine Lösung im Nahost-Konflikt nicht zu erreichen." "Der Kommunalpolitiker trat von seiner Kandidatur zurück. Damit hätte diese unerfreuliche Angelegenheit nicht mehr Thema des Bundesparteitages werden müssen."
Nach Eurer Erklärung steht für Euch fest, dass "solche Äußerungen" (welche genau, die verfälschten?) unter Hinweis auf die Erklärung von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau "angesichts der deutschen Geschichte unsägliche Assoziationen wecken und finsterste Klischees bedienen".
Dazu Folgendes: Bis heute haben wir nicht eine einzige Zuschrift bekommen, die diese Behauptung belegen würde. Die Welle rechter Zustimmung - sie hätte sich ja auch in den zahlreichen Mails, Briefen usw. zeigen müssen - an unsere Adressen gab es nicht. Nach dem Abebben der tagelang anhaltenden Zuschriften mit haarsträubenden Anwürfen, Diffamierungen und Unterstellungen haben wir durchweg Schreiben, Briefe und Anrufe bekommen, die von humanistischen Einstellungen geprägt sind, sich gegen das schreiende Unrecht in Nahost aussprechen und politischen Handlungsbedarf sehen und die den Vorwurf des Antisemitismus gegen mich klar zurückweisen. Ob ein Boykott die richtige Antwort ist oder andere Formen von Sanktionen, das räume ich gerne ein, war nicht durchweg so eindeutig. Nur eine kleine Minderheit hat dazu Näheres ausgeführt. Diese hält eine Boykottforderung aus verschiedensten Gründen für nicht geeignet, sehen etwa die Problematik angesichts der deutschen Geschichte, die Angreifbarkeit einer solchen Position.
Es gab indessen auch viele Zuschriften von Individuen, Organisationen und Netzwerken, aus dem In- und Ausland, die an der Boykottkampagne teilnehmen. Sie beurteilen die Boykottfrage vollkommen anders als Ihr, die Ihr sie kategorisch ablehnt - und nicht nur aus Gründen, die für Deutschland spezifisch sind und in der Tat bedacht werden müssen. Ich halte das auch für einen Fehler in Eurer Erklärung. Ihr stellt Euch damit gegen die Versammlung der sozialen Bewegungen von Bélem, gegen die israelische Opposition selbst, die die BDS-Kampagne mit trägt, gegen namhafte jüdische Persönlichkeiten, gegen kirchliche Organisationen in Schweden, gegen Studentenorganisationen in Britannien, gegen norwegische und griechische Hafenarbeiter, den Aufruf von 57 französischen Intellektuellen, um nur einige zu nennen. Sind das auch alles Antisemiten? Bedienen die auch alle "finstere Klischees"?
Im scharfen Kontrast zu den positiven Rückmeldungen stand eine Fülle von Mails an die Internetseite der WAZ, auf der Internetseite Political Incorrect (deren bloßes Lesen schon starker Nerven bedarf!) usw. sowie an mich privat, die mich in den ersten Tagen in Grund und Boden verurteilt haben. Was sich da in unerhörtem Ausmaß gegen einen linken OB-Kandidaten und die LINKE insgesamt austobte und hinter Israel versteckte und zum Teil geradezu philosemitisch aufführte, war nicht der humanistische Aufschrei gegen "Antisemitismus" und "rot lackierte Faschisten", sondern in sehr großem Umfang zutiefst menschenverachtend, rassistisch und faschistoid. Islamophobie, Migrantenfeindlichkeit und Kulturchauvinismus waren erschreckend häufige Stereotypen. Uns hat das sehr zu denken gegeben. Nehmt das bitte einfach zur Kenntnis. Diese Tatsachen stützen Eure Ausgangsthese jedenfalls nicht.
Des Weiteren schreibt Ihr: "Äußerungen, die antisemitisch sind oder wirken, sind für uns gänzlich inakzeptabel ..." Ich weise entschieden zurück, dass meine Äußerungen in der ganzen Streitfrage antisemitisch waren. Dabei kann ich allerdings nur die Verantwortung für etwas übernehmen, was ich gesagt und getan habe. Für die bewusste Verkürzung und Fälschung meiner Ausführungen in dem fraglichen Telefonat kann ich das nicht. Ich habe das bereits am 24.02. gegenüber der WAZ richtig gestellt. Meine Erklärung findet sich auch auf den Internetseiten des Kreisverbands und des Landesverbands NRW. Sie sollte Euch ebenfalls bekannt gewesen sein. In der WAZ fand sie keine Berücksichtigung. Im Gegenteil. Derselbe WAZ-Mitarbeiter setzte seine unsaubere Arbeitsweise fort, indem er tags darauf eine Mailkorrespondenz mit der Pressestelle von ATTAC und ein Telefonat mit der Pressesprecherin Frau Distelrath ebenfalls so verfälschte, um bei der Leserschaft den Eindruck zu erwecken, es gebe überhaupt keinen Aufruf von Seiten des Weltsozialforums, auf den ich mich berufen hatte. Dazu habe ich inzwischen die schriftliche Aussage von Frau Distelrath.
Selbstverständlich kämpfen wir als LINKE gegen antisemitische Äußerungen und Aktivitäten. Ich brauche Euch gegenüber hoffentlich keine Tätigkeitsnachweise zu führen. Nur soviel: Im Herbst letzten Jahres gewann ein Mitglied unseres Kreisverbands mit unserer Unterstützung einen Prozess gegen einen städtischen Mitarbeiter, der sich des öfteren in übelster Weise durch antisemitische und migrantenfeindliche Witze öffentlich hervorgetan hatte.
Politisch sehr problematisch wird Euer Postulat allerdings, wenn es heißt " ... Äußerungen, die antisemitisch wirken". Als führende Mitglieder und MandatsträgerInnen unserer Partei solltet Ihr Euch nicht auf so dünnes Eis begeben. DIE LINKE würde sich damit in die Hände derjenigen Akteure begeben, die jede Kritik an der israelischen Regierungspolitik, an der Unterdrückung der Palästinenser, den Kriegsverbrechen in Gaza und anderswo unter dem Stichwort "Antisemitismus" tabuisieren wollen und ihre entsprechende mediale Macht dafür ausspielen. Das hat doch diese ganze Angelegenheit auch wieder einmal deutlich gemacht! Über den Antisemitismus-Vorwurf als politische Waffe gibt es inzwischen Fallstudien und politikwissenschaftliche Literatur. Ich empfehle Euch nur Mearsheimer/Walt: Die Israel-Lobby, eine Fallstudie aus den USA. Ihr werdet erschreckende Parallelen darin finden zu der Art und Weise, wie ich öffentlich nieder gemacht worden bin
Noch eine letzte Bemerkung: Ihr besteht darauf, dass sich unsere Partei, die sich dem Kampf gegen Faschismus, Antisemitismus und Rassismus programmatisch verschrieben habe, hier "keine Zweideutigkeiten" erlauben dürfe. Ich teile Eure Meinung und möchte auch hier darauf verzichten, Tätigkeitsnachweise aus meinem fast 40-jährigen politischen und gewerkschaftlichen Leben anzuführen. Sie sind Legende.
Von Euch und von der gesamten Partei erwarte ich allerdings, dass wir uns auch in der Grundsatzfrage Universalität der Menschenrechte und des Völkerrechts (insbesondere des Rechts auf Selbstbestimmung) keinerlei "Zweideutigkeiten" erlauben. Diese Rechte werden durch eine brutale israelische Unterdrückungspolitik dem palästinensischen Volk vorenthalten. Die israelische Regierungspolitik und Armee sind Täter, nicht Opfer. Der wahl- und machtpolitische Vormarsch von ausgesprochen rechtsradikalen und rassistischen Strömungen in Israel sollte uns allen allergrößte Sorgen machen. Er erschwert die Suche nach einem gerechten Frieden noch mehr als bisher schon. Die LINKE muss sich demgegenüber positionieren. Die linke Opposition in Israel und ihre Zusammenarbeit mit der palästinensischen Seite muss von uns entschieden unterstützt werden.
Menschenrechte sind für mich die minimale gemeinsame politische Geschäftsgrundlage. Auch für Israel darf es davon keine Freistellung geben. Ich halte diese Klarstellung auch deshalb für wichtig, weil DIE LINKE mit Praktiken und Ideologien definitiv gebrochen hat, die sich im Namen des Sozialismus ebenfalls schwerste Verfehlungen haben zuschulden kommen lassen. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass dieses Kapitel in der LINKEN aufgearbeitet worden ist und die politischen Lehren gezogen wurden. Wenn wir heute, aus Gründen einer angeblichen "Staatsräson" oder aus koalitionspolitischen Rücksichtnahmen mit dieser programmatischen Grundsatzfrage gegenüber der vorherrschenden israelischen Politik "großzügig" umgehen, könnte uns das noch böse auf die Füße fallen. Menschenrechte sind unteilbar und ich werde Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch weiterhin so nennen.
Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass es noch auf lange Zeit aufgrund der historisch untilgbaren Naziverbrechen ein besonderes Verhältnis zwischen Deutschland und Israel geben muss. Dazu zählen die Erinnerungskultur, der zwischenmenschliche, kulturelle, wissenschaftliche und wirtschaftliche Austausch. Dazu gehört auch die Unterstützung bei der Suche nach einem gerechten Frieden in Nahost. Nicht länger hinnehmbar ist die fortgesetzte Komplizenschaft bei der Unterdrückung der Palästinenser.
Mit freundlichen Grüssen
gez. Hermann Dierkes
Anlage: Meine Erklärung vom 24.02.09, die von der WAZ nicht berücksichtigt wurde
Persönliche Stellungnahme von Hermann Dierkes zum WAZ-Artikel vom 24.02.09
Zu den Angriffen auf meine Person und die LINKE im Zusammenhang mit dem Bericht über die Nahost-Veranstaltung in Hamborn erkläre ich Folgendes:
1. Ich halte die in im Aufruf des 9. Weltsozialforums und zahlreicher Globalisierungs-kritikerInnen aus aller Welt enthaltenen Aktionsformen gegen die unhaltbare Politik der israelischen Regierung gegenüber dem palästinensischen Volk für legitim. Auch durch Boykott, Deinvestition und einen Stop der Waffenlieferungen muss versucht werden, diese Politik zum Einlenken zu bewegen. Wenn alle Proteste und UN-Resolutionen nichts nützen, um ständigen schweren Menschenrechtsverletzungen in den Arm zu fallen, sind auch diese Mittel legitim. Sie mit dem rassistischen Nazi-Boykott gegen jüdische Geschäfte zu vergleichen, ist zutiefst unredlich. Das Welt-sozialforum fördert nicht Rassismus und Unterdrückung, sondern bekämpft sie in allen Formen.
2. Berechtigte Kritik an der israelischen Regierungspolitik als "antisemitisch" zu diffa-mieren, fällt auf ihre Urheber zurück. Die LINKE ist entschiedene Vorkämpferin gegen Rassismus und Neonazis. Etliche ihrer Mitglieder wurden unlängst Opfer von neonazistischen Übergriffen auf dem Nachhauseweg von der großen Anti-Nazi-Demo in Dresden.
3. Wer die Ablehnung brutaler Kriege gegen die Zivilbevölkerung wie zuletzt in Gaza, illegale Siedlungen in den besetzten Gebieten, Landraub und ethnische Säuberung, Mauerbau, wirtschaftliche Strangulierung und Unterdrückung mit der Keule "Antisemitismus" und als eine Form des Rassismus diffamiert, bei dem muss etwas fürchterlich durcheinandergeraten sein. Er muss sich fragen lassen, wo die Grenze für seinen Zynismus ist welche moralischen und politischen Maßstäbe er eigentlich vertritt. Menschenrechte sind unteilbar. Ihre schwerwiegende und ständige Verletzung können auch nicht mit der Nazibarbarei und der Bedrohung der Existenz Israels gerechtfertigt werden. Die israelische Regierung und Armee sind in diesem Konflikt Täter, nicht Opfer. Diese Politik schadet auch Israel ganz immens, indem sie die Feindschaft in der Region und weltweit vertieft anstatt abzubauen.
4. Ich bedauere außerordentlich, dass Stimmen aus der deutsch-israelischen Gesellschaft Duisburg so reflexartig reagiert haben und meine Kritik so unsachlich diffamieren wie bereits im "Flaggenstreit". Ich weiß, daß es in der jüdischen Gemeinde - und der Diaspora weltweit - viele andere Stimmen gibt, die diese israelische Regierungspolitik nicht unterstützen. Wer Nazibarbarei und Shoa instrumentalisiert, um das schlimme Unrecht an den Palästinensern zu rechtfertigen, sich über das Völkerrecht hinwegsetzt, verhöhnt die Opfer der Nazi-Barbarei und der Helden des Warschauer Aufstands. Wer die Kämpfer für die universalen Menschenrechte als Antisemiten diffamiert, macht den Menschen aus durchsichtigen Gründen ein X für ein U vor und verharmlost den Antisemitismus. Mein Einsatz gilt einem baldigen gerechten Frieden in Nahost. Gerechter Friede für Israelis und Palästinenser! Wer das Existenzrecht Israels in definierten Grenzen verteidigt wie ich, muss auch das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser respektieren. Blinde Rechtfertigung der israelischen Regierungspolitik läuft Gefahr, Antisemitismus zu verstärken. Meine Position ist im Übrigen deckungsgleich mit derjenigen der linken Opposition in Israel selbst.
Hermann Dierkes Hufstrasse 38 47166 Duisburg Duisburg, den 20.03.09
Schluss mit dem Kesseltreiben gegen Hermann Dierkes - 17-03-09 21:23 Rufmordkampagne gegen LINKEN-Politiker Dierkes zeigt Wirkung - 26-02-09 23:08
Nein, so lautete die Schlagzeile nicht, vielmehr stand geschrieben: Bisky stärkt Bartsch den Rücken. Was aber nichts anderes als wie beim halbvollen bzw. halbleeren Wasserglas ist, also rein akademisch. Und auch das Forum demokratischer Sozialismus verbreitet die Auffassung, dass die PDL eine Programmdebatte braucht, und keine Personaldebatte. Was grundsätzlich richtig ist, dennoch den wesentlichen Punkt außer Acht lässt:
Die Trennung von Personen und politischen Ansichten ist ein absurdes Unterfangen, weil Personen immer für Ansichten stehen, und bestimmte Ansichten immer von bestimmten Personen vertreten werden, und das permanent und vehement, wenn man sowohl die rein theoretische Lernfähigkeit als auch die Wendementalität von Menschen vernachlässigt. Und die Auseinandersetzung mit Standpunkten und Ansichten hat deshalb auch immer einen persönlichen Aspekt , weil eine Trennung nicht möglich ist. Und wem diese Auseinandersetzung dann nicht in den Kram passt, neigt dazu, das Ganze damit abzutun, es läge nur daran, dass irgendeiner oder -einem eine Nase nicht passt. Womit damit jede inhaltliche Auseinandersetzung den Bach runter geht
Persönliche Befindlichkeiten und Animositäten sind durchaus ernstzunehmende Fakten, aber man muss sich dennoch bewusst sein, dass Auseinandersetzungen mit Personen auch die mit ihren Ansichten und Standpunkten ist. Es damit auch in der PDL geübte Praxis ist, zur Sicherung der eigenen Politik zum Mittel der Aus- und Abgrenzung, der Diffamierung zu greifen, die Demontage von unliebsamen Personen zu forcieren. Wie dieser Säuberungsprozess in Schleswig-Holstein nach der Austrittsaufforderung unserer Landessprecherin abgelaufen ist, wissen manche zur Genüge und andere wollen es bis heute nicht wahrhaben. Wohl verbrämt war es in ihren Augen ja auch nur der notwendige Klärungsprozess.
Wir sollten uns aber nichts vormachen: Das, was sich seit längerem um die Person Oskar Lafontaine abspielt, mal eskaliert wie derzeit, mal untergründig und hinterhältig so jedenfalls meine persönliche Ansicht im Verborgenen abläuft, zielt genau in dieselbe Richtung: Der Demontage linker Politik und ihrer Exponenten. Und wie einfach wird die ganze Programmdebatte, wenn man möglichst alle störenden Kräfte schon mal ausgeschaltet oder geschwächt hat. Wie einfach kann dann die Verbrüderung mit der Sozialdemokratie gedeihen, wenn das Programm von jeglicher utopistischen Gesellschaftskritik gereinigt ist! Verwunderlich ist es logischerweise nicht, dass der Gen. Bisky eindeutig zum Bartsch hält, und auch die neubundesländischen Parteifürsten zu dieser Politik stehen, während kritische Anmerkungen eben eher aus NRW oder B-W kommen, wobei Schleswig-Holstein sich selber in die diffuse Lage gebracht hat, keine Standpunkte zu haben und äußern zu können was somit wohl auch unser Beitrag zur Programmdebatte sein dürfte .
Übrigens: Diejenigen, die die Geschichte der PDS ein wenig kennen, werden wissen, dass der Bartschismus kein neues Phänomen ist, und gerade die schwärzeste und erfolgloseste Epoche der PDS in jener Zeit war, als der Bartschismus vorherrschte und linke Systemkritik nicht nur geleugnet, sondern auch vergessen wurde
Kommentar zum Bisky-Bartsch-Lafontaine Konflikt von Florian Paul 06.01.10
Natürlich ist der in den Medien breit inszenierte Konflikt zwischen Bartsch und Lafontaine zwar ein Stellvertreterkrieg, aber er ist Realität. Machtworte - derer hat es schon zu PDS Zeiten zu viele gegeben und wenn die Parteispitze nicht achtsam mit solchen Maßregelungen lernt umzugehen, wird außer diesen Machtworten nicht mehr viel übrig bleiben. Immer wenn es darauf angekommen wäre Konflikte auszudiskutieren, wurden Machworte gesprochen.
In Wirklichkeit prallen jetzt (endlich) unterschiedliche Vorstellungen über die Zukunft der Partei aufeinander, deren vagen Vorgeschmack man bereits bei der Ausarbeitung des NRW-Wahlprogramms im Mund hätte haben können. Auch anhand der Aufstellungsversammlungen zur vergangenen Bundestagswahl in den Ländern, in die sich die Parteispitze fast immer auf die eine oder andere Weise wusste einzumischen, konnte man bereits erahnen, was da noch kommen mag. Es sind und bleiben dennoch Stellvertreterkriege: Der Konflikt um ein noch zu erarbeitendes Parteiprogramm und die Macht innerhalb der Partei kocht jetzt auf diese zugegeben nicht gerade feine englische Art hoch.
Welche Ausrichtung soll sich die LINKE geben, eine weichgespülte SPD oder die einzige sozialistische Partei in Deutschland, die es seit langem in dieser Stärke gab? Welcher Genosse oder besser: Genossin, soll Parteivorsitzende werden? Viele hätten da gerne eine One-Women-Spitze aus dem Osten, nicht zu letzt die Parteifürsten aus den Ostlandesverbänden, die selber damit zu Recht kommen müssen, dass Mitgliederzugewinne praktisch nur noch in den westlichen Landesverbänden zustande kommen, oder eigene Parlamentarier die STASI nicht mehr kennen. Der Landesverband NRW ist jetzt schon stärker, als so mancher Landesverband im Osten und das gefällt nicht allen und schon gar nicht bedingungslos, andere Verlautbarungen hin, andere Verlautbarungen her!
Für die einfachen Mitglieder mögen diese Konflikte unwichtig sein. Undurchschaubar sind sie des Öfteren allemal - letztlich unverbesserliche Idealisten eben, die PlakatkleberInnen und MaterialverteilerInnen, das Fußvolk, die Basis der Partei. Aber für weitaus weniger GenossInnen, in weitaus gehobeneren Positionen, hängt weitaus mehr davon ab, als so mancher denken mag, wenn der Oskar den Dietmar plötzlich nicht mehr mag.
Kommentar von Florian Paul, Mitglied des geschäftsführenden Landesvorstands der bayerischen LINKEN
... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen! von Yossi Wolfson
Re: Quo vadis, DIE LINKE oder "Die Revolution frißt ihre Kinder"
... hab zum obigen Kommentar von Claus Samtleben gerade interessante Stellungnahmen gefunden und zwar unter: https://www.linksblick.net/?p=1943
... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen! von Yossi Wolfson
Re: Quo vadis, DIE LINKE oder "Die Revolution frißt ihre Kinder"
Hier ein - wie ich finde - ausgezeichneter Kommentar zu den derzeitigen Grabenkämpfen innerhalb der PDL in der Berliner Umschau:
Die andere Republik des Oskar Lafontaine
Kämpferisches Signal an seine Partei und die Gesellschaft
Von Charly Kneffel
Jetzt wird er wieder alle gegen sich haben. Oskar Lafontaines Rede auf dem Neujahrsempfang der Linken wird seine Gegner, davon hat er auch innerhalb seiner Partei genug, zur Weißglut bringen. Das ist nicht der Kurs der modernen Linken, die an einem Reformbündnis mit der SPD und den Grünen, die längst auf einem anderen Trip sind, basteln.
... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen! von Yossi Wolfson
Re: Quo vadis, DIE LINKE oder "Die Revolution frißt ihre Kinder"
... die Botschaft des nachfolgenden Artikels von Albrecht Müller (NachDenkSeiten) befördert im Prinzip die gleiche Botschaft, wie sie auch im Beitrag So einfach ist massenverBLÖDende "politische Meinungsverbildung"angesprochen wird, nämlich Manipulation und Meinungsmache der herrschenden Medienmafia bzw. der Herrschenden mittels ihrer Medienmafia.
Die neoliberale Strategie: Aus allen potentiellen Konkurrenten Realos machen
Verantwortlich: Albrecht Müller
Wer sich die Freiheit seiner Gedanken erhalten will, wer den kritischen Umgang mit dem Geschehen üben will, kann das zurzeit sehr gut an der tobenden Debatte um die Entwicklung bei der Linken tun. Eigentlich, so hatte mancher kritische Beobachter gemeint, wäre mit der Wirtschaftskrise auch die Erfolgschance der neoliberalen Ideologie erledigt. Das hat sich schon deshalb als Fehleinschätzung erwiesen, weil die mit viel publizistischer und finanzieller Macht ausgestattete Bewegung immer noch die Möglichkeit hat, über Manipulation und Meinungsmache die Macht zu sichern. Albrecht Müller.
Sie vermögen damit das Volk und vor allem die Multiplikatoren zu beeinflussen. Aber damit nicht genug: Sie nehmen direkt Einfluss auf die innere Willensbildung ihrer Konkurrenten. Das ist der eigentliche Grund dafür, dass es so schwer beziehungsweise gar nicht gelingt, uns eine politische Alternative zur Schwarz-Gelb oder wie zuvor zu neoliberal eingefärbten Schwarz-Rot oder Rot-Grün zu bieten.
Einfluss nicht nur auf die Wählerschaft, sondern auch auf die innere Willensbildung der Parteien. Alle wurden nach rechts getrimmt und zu Reformern und Realos.
Versetzen Sie sich einfach einmal in die Lage eines Strategen des rechtskonservativen, seit den siebziger Jahren neoliberal eingefärbten Lagers und unterstellen Sie dabei getrost, dass Sie über reichlich finanzielle Mittel, vor allem aber über publizistische Mittel direkt oder über PR-Agenturen verfügen. Dann sind Sie klug beraten,
wenn Sie ihre Gedanken und ihre Tätigkeit dafür einsetzen, die Wahlentscheidungen zu Gunsten der ihnen nahe stehenden Parteien Union und FDP zu beeinflussen und wichtige politische Entscheidungen im Interesse ihrer Bewegung zu steuern
Sie werden darüber hinaus versuchen, die innere Willensbildung der im Spiel befindlichen Parteien zu prägen.
Das ist genau so in den letzten Jahren geschehen: der linksliberale Flügel bei der FDP ist auf eine Restgröße ohne gesellschaftspolitische Relevanz reduziert worden; entgegen aller schönen Sprüche von der Sozialdemokratisierung ist die Union in ihrer praktischen Politik heute wesentlich von ihrem Wirtschaftsrat geprägt. Kleine Nuancen fördern die Glaubwürdigkeit. Die SPD ist - beginnend mit der Vorbereitung des Kanzlerwechsels von Willy Brandt zu Helmut Schmidt und komplettiert mit Gerhard Schröders Agenda 2010 - heute wesentlich neoliberal geprägt. Dort hat sich eindeutig der rechte Flügel durchgesetzt. Und es ist nicht erkennbar, dass sich dies mit Steinmeier und Gabriel ändern sollte. Die Grünen haben sich zu einer Bastion der Realos gemausert.
Alle diese Prozesse waren begleitet von massiver Beeinflussung der Meinungsbildung innerhalb dieser Parteien. Die Guten waren immer die rechten Flügel, die Realos, wie schon der Name suggeriert. Dabei haben die jeweiligen politischen Gegner, die Medien und die rechten Flügel im Inneren der betreffenden Parteien quasi als trojanische Pferde zusammengewirkt. Typisch dafür die Vorgänge um die angestrebte Bildung einer linken Koalition und Alternative in Hamburg, in Hessen und im Saarland. Die hessische SPD zum Beispiel war massivem publizistischen Druck ausgesetzt, der dann mithilfe der vier Dissidenten zu einem politisch wirksamen Nein umgesetzt wurde. Im Saarland war der Vorsitzende der Grünen auf die andere Seite gezogen. Dieser Wortbruch des Hubert Ulrich wurde publizistisch im Gegensatz zum Verhalten Andrea Ypsilantis zu einer unbedeutenden Angelegenheit heruntergespielt. Die Beeinflussung der inneren Willensbildung wurde jedes Mal politisch hoch wirksam. Diese Vorgänge habe ich in Meinungsmache, Kapitel 20 Meinungsmache zur Sicherung von Macht und Einfluss beschrieben. Teile dieser Texte finden sich in den NachDenkSeiten als Leseproben aus Meinungsmache.
Jetzt ist vor allem die Linkspartei dran. Sie ist zurzeit einer massiven Kampagne ausgesetzt, bei der es im Kern darum geht, die inhaltlichen Kanten abzuschleifen, die sie zurzeit noch hat. Das Profil lässt sich in wenigen Stichworten zusammenfassen: möglichst schneller Abzug aus Afghanistan und Konzentration auf die Lösung von Konflikten mit friedlichen Mitteln, keine weitere Privatisierung öffentlichen Eigentums, keine weitere Verringerung von Mitarbeitern im öffentlichen Dienst, Abschied von den Hartz-Gesetzen, Einführung eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns, Sicherung einer armutsfesten Rente, Rücknahme der Rente mit 67. Das Ziel der laufenden Kampagne ist klar: Auch die Linkspartei soll so sehr auf Anpassung getrimmt werden, dass sie nicht mehr als links wirksam und auch nicht als solches erkennbar und damit für viele nicht mehr wählbar ist.
Die im Zentrum des Konflikts stehenden Personen sind gemessen daran zweitrangig. Sie dienen allerdings als Katalysatoren der Auseinandersetzung und auch zur Charakterisierung und Dämonisierung.
Dokumente zur Kampagne Eine Auswahl siehe Anlage. Beteiligt sind nahezu alle Medien. Ausnahme beispielsweise der Stern. Massiv wie immer ist die Bild-Zeitung im Geschäft.
Die laufende Kampagne ist deprimierend und wirkt zerstörerisch für einzelne Personen; sie ist aber spannend zu beobachten, weil daran beispielhaft erkennbar wird, wie bei uns Meinung gemacht wird, mit welchen Methoden, mit welchen Mitteln und Medien. Die Kampagne zeigt auch, was möglich ist: die totale Meinungsbildung weiter Kreise von Journalisten, von Multiplikatoren und auch des Volkes.
Rücksichtslos und zerstörerisch Selbst in modernen Zeiten gilt in der Regel, dass die Medien die privaten Geschichten von Politikern nicht veröffentlichen. Das ist zwar immer mal wieder durchbrochen worden - bei Seehofer zum Beispiel, oder auch lange zurück im Vorfeld des Rücktritts von Willy Brandt im April und Mai 1974, als bösartige und unterstellende Storys bei Bild und anderswo veröffentlicht wurden. Jetzt erlebt Oskar Lafontaine den Bruch dieser Regel.
Da er in der bundesrepublikanischen Debatte aber so etwas wie eine Unperson darstellt, wird auch keine Rücksicht auf seine Krankheit genommen. Gnadenlos fallen Medien wie an vorderster Front die Bild-Zeitung über ihn her - auch mit unglaublich verdrehenden und lügenden Darstellungen. Siehe die beiden im Anhang dokumentierten und in Stichworten kommentierten Beiträge bei der Bild-Zeitung vom vergangenen Samstag.
Die totale Manipulation ist möglich. Das wird auch im konkreten Fall wieder belegt. Es ist immer wieder erstaunlich, dass es gelingt, bei wichtigen Medien Parolen und Botschaften zu platzieren, die mit der Wirklichkeit nichts oder nahezu nichts zu tun haben. Das gelingt in der Regel dann, wenn die entsprechenden Botschaften ständig wiederholt und von verschiedenen Absendern ausgesandt werden. Im konkreten Fall ist es für den Erfolg der von neoliberaler Seite betriebenen Kampagne und ihrer Botschaften sehr wichtig, dass die eigentlichen Interessenten im Hintergrund bleiben und das Geschäft im wesentlichen innerhalb der Linken selbst betrieben wird. Bartsch oder Brie als Absender oder einzelne Landesvorsitzende aus dem Lager der so genannten Realos sind als Quellen wichtig, wie selbstverständlich auch die Vielfalt und die relative Breite der sich einsetzenden Medien, also Bild genauso wie die Frankfurter Rundschau.
Wenn Sie Zeit haben, dann überfliegen sie die in der Dokumentation verlinkten Beiträge, sie werden eine erstaunliche Gleichrichtung, wenn nicht Gleichschaltung, der Botschaften vorfinden.
Erstaunlich gleichlautende Botschaften Im folgenden werden einige der Hauptbotschaften zitiert und beleuchtet:
a. Konflikt zwischen West und Ost. b. «Realo» oder radikal? (dpa 15.1.), RealosOst gegen Hardliner West (ZDF 15.1.). Der radikale Kurs Lafontaines. Realitätsverweigerer (Süddeutsche Zeitung)
Kommentierung zu a. und b.: Der Konflikt zwischen Lafontaine und Bartsch wird zu einem Konflikt zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland hochstilisiert. Das stimmt schon deshalb nicht, weil einige der Matadore wie etwa der Chef der thüringischen Linkspartei, Bodo Ramelow, wie auch der am Konflikt beteiligte Chefredakteur des parteinahen Organs Neues Deutschland, Jürgen Reents, aus dem Westen kommen. Es stimmt weiter nicht, weil sowohl im Westen Anhänger von Bartsch vorhanden sind wie auch im Osten Anhänger von Lafontaine. Vor allem gibt es dort viele Anhänger der Linken, die etwa von dem Anpassungskurs an neoliberale Glaubensmuster, wie sie im Koalitionsvertrag von Brandenburg enthalten sind, nichts halten. Selbst unter den Lesern der NachDenkSeiten sind vermutlich nicht nur Hunderte, sondern Tausende, die diese Entwicklung kritisch sehen.
Aber die Stilisierung zu einem Streit zwischen Ost und West erscheint den Matadoren geeignet, um größere Bataillone gegen Lafontaine in Stellung bringen zu können.
Fast schon nett ist die in der Kampagne geübte Praxis, wie bei einem Western in Gut und Bös aufzuteilen und dann die Guten im Osten und die Bösen im Westen zu verorten. Wirklich atemberaubend ist der Versuch, dabei die eigentlich aus der SED kommende Truppe einschließlich von bekannten Stasi-Mitarbeitern wie André Brie den Guten zuzuordnen, und ehemalige aktive Gewerkschafter wie Klaus Ernst, den stellvertretenden Vorsitzenden, zu den Radikalinskis und Realitätsverweigerern zu stempeln.
Beispielhaft für diesen durchaus gelingenden Versuch ist die Süddeutsche Zeitung vom 15. Januar, wo Lafontaine zum Realitätsverweigerer, Bartsch zum Pragmatiker und André Brie zum Vordenker, Pragmatiker und Realist der Linken stilisiert wird. Ähnlich die Welt: Linke Sektierer. Und eine Fülle anderer Medien.
c. Die Westlinken sind nicht bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen. So wird es ohne jeden Beleg und im Widerspruch zu den Fakten behauptet. Die hessischen Linken haben ganz selbstverständlich daran mitgearbeitet, dort nach der Abwahl von Roland Koch eine alternative Koalition aus Rot, Grün und Rot zusammenzubringen. Sie wollten allerdings nicht der (unglaublichen) Forderung der Bundes-SPD folgen, auf ein Mitspracherecht bei der Abstimmung im Bundesrat zu verzichten. In keiner der Landeskoalitionen ist so etwas üblich. Überall gilt dann, wenn sich die Koalitionspartner nicht einigen können, das Prinzip Enthaltung.
Auch für das Saarland und dort insbesondere ist die Behauptung, die Linke sei nicht bereit zur Übernahme der Verantwortung gewesen, nicht richtig. Von der Anti-Regierungs-Linken im Westen zu schreiben, wie es die Frankfurter Rundschau am 14. Januar tut, ist eine bewusst gestreute Lüge: Der gesamte Wahlkampf der dortigen Linkspartei zielte auf einen Regierungswechsel. Wenn der grüne Landesvorsitzende sich nicht für die FDP und Peter Müllers Koalition verdingt hätte, wäre es zur Koalition gekommen.
Aber unabhängig von diesen Fakten ist die Verbreitung unwahrer Parolen möglich und wird geglaubt.
Radikales Programm? Es ist interessant, im Zusammenhang mit den Parolen a., b. und c. auch noch der Frage nach den sachlichen Differenzen nachzugehen und zu prüfen, was aus dieser Perspektive an den Behauptungen vom Mangel an Regierungsbereitschaft, an der Parole Hardliner West oder der Behauptung, der Kurs von Lafontaine sei radikal, er sei ein Realitätsverweigerer, die West-Linken wollten die Parlamente von ganz links aus aufmischen (Frankfurter Rundschau) dran ist.
Zunächst ist hier noch anzumerken, dass in der Kampagne gegen die so genannten Radikalen bei der Linkspartei die Aussagen zum Programm je nach Lust und Laune gewechselt werden: manchmal heißt es, die Linkspartei sei insgesamt programmlos, dann heißt es wieder, die Gruppe um Lafontaine beharre auf ihren programmatischen Vorstellungen. Beides passt nicht zusammen.
Bei den Inhalten selbst gibt es in der Tat Differenzen zwischen dem Flügel um Bartsch und dem anderen Flügel um Lafontaine. Nehmen wir uns ein programmatisches Element nach dem andern vor:
Erstens: Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan. Diese Position wird inzwischen von der evangelischen Ratsvorsitzenden Käßmann, dem CDU-Mitglied Todenhöfer und mit guter Begründung sogar vom Vorsitzenden der katholischen Bischofskonferenz vertreten. Zollitsch zum Afghanistan-Einsatz: Es sind gravierende Fehler gemacht worden. In seiner Begründung taucht das richtige Motiv auf: der Militäreinsatz habe die Lage der Menschen verschlimmert. Von radikal kann keine Rede sein. Die Linkspartei um Lafontaine steht eher in der Gefahr, in dieser Frage am Ende noch vom Verteidigungsminister zu Guttenberg überholt zu werden. Und dennoch taugt das Thema offenbar für die aktuelle Kampagne.
Zweitens: Keine weitere Privatisierung öffentlicher Einrichtungen und Unternehmen. Das ist eine der wichtigsten Forderungen für die Politik der nächsten Jahre und Jahrzehnte. Die Notwendigkeit wird inzwischen von vielen Kommunalpolitikern und darunter sogar von konservativen Kommunalpolitikern gesehen. Viele Kommunen versuchen, ihre Versorgungs- und Entsorgungswerke zurückzukaufen. In einigen Städten wie in Leipzig und in Freiburg sind Mehrheiten über einen Volksentscheid zusammengekommen, um die Privatisierung von Stadtwerken und öffentlichen Wohnungsbeständen zu verhindern. Es gibt eine klare Mehrheit in Deutschland gegen die Privatisierung der Deutschen Bahn. Wir wissen, dass die Privatisierung öffentlicher Unternehmen und Einrichtungen die Quelle schlimmer Spekulationen auf den Kapitalmärkten war und zugleich das Einfallstor zur Gängelung von Arbeitnehmern. Auf der anderen Seite ist klar, dass die Finanzwirtschaft auf die weitere Privatisierung setzt, weil dabei sowohl an den Schnäppchen als auch an der Transaktion der Vermögenswerte riesige Gewinne gemacht werden. - Die Verweigerung dieser Plünderung soll radikal sein? Radikal ist die Plünderung. Radikal ist das, was die Linke an Privatisierung in Berlin zum Beispiel mitgemacht hat und wozu sie auch in Brandenburg ihre Hand gereicht hat.
Sind wir wirklich schon so weit gekommen, dass jetzt auch schon hinter diesem Teil der Linken Linken, also auch hinter der Bartsch- und Brie-Linken große Interessen stecken? So wie sie hinter der Union und der FDP aber auch hinter dem Steinmeier-/Gabriel-Flügel der SPD und hinter führenden Grünen stecken? Geht das so schnell? Und muss das sein?
Es geht also bei der aktuellen Debatte auch um viel Geld. Die mächtigen Interessen in Deutschland wollen sich die Plünderung des öffentlichen Eigentums durch eine inhaltlich orientierte Linke nicht stören lassen. Deshalb der Versuch, sie als radikal abzustempeln und die Anpassung an die Realos der eigenen und der anderen Parteien zu erzwingen.
Drittens: Kein Abbau von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst. Auch das ist keine radikale Forderung. Sie ist in der jetzigen Wirtschaftskrise konjunkturpolitisch geboten, um antizyklisch zu wirken. Sie ist aber auch wenn auch nicht in jeder Kommune - sachlich geboten, weil es im öffentlichen Bereich eine Fülle von darniederliegenden Aufgaben gibt.
Viertens: Schluss mit Hartz IV. Als Sozialdemokrat müsste man wünschen, dass die SPD und die Grünen endlich verstehen, was sie mit der Agenda 2010 und Hartz IV angerichtet haben: Die Zerstörung der sozialen Sicherheit. Siehe dazu hier: Zu den vergessenen Nebenwirkungen von Hartz IV und Agenda 2010 und in vielen anderen Beiträgen der NachDenkSeiten in den letzten drei Wochen.
Fünftens: Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente und Wiederherstellung des früheren Renteneintrittsalters. Selbst in konservativen Kreisen wird inzwischen eingeräumt, dass die Privatvorsorge mit Riester-Rente und Rürup-Rente ein teurer Irrweg ist. Und die Erhöhung des Renteneintrittsalters ist angesichts der hohen Arbeitslosigkeit der 50-und 60-jährigen geradezu abstrus. Was soll an der Rückkehr zur Vernunft hier radikal sein? - Auch hier stecken hinter den Attacken auf solche Forderungen klar erkennbare große Interessen: die Interessen der Versicherungswirtschaft und der Banken.
Sechstens: Einführung eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns. Das fordert inzwischen ja sogar die SPD.
Das waren sechs Beispiele für die programmatischen Vorstellungen der Lafontaine-Linken. Vielleicht habe ich etwas vergessen. Umwerfend radikal kann es aber dann nicht sein. So ist zum Beispiel die Forderung danach, die Vermögenden und die Menschen und Gruppen mit höheren Einkommen wieder stärker an der Finanzierung der öffentlichen Aufgaben zu beteiligen vielleicht so wie zu Kohls Zeiten mit Vermögensteuer und einem Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer von 53%, die SPD hatte einmal 56% gefordert - nicht sonderlich radikal. Und auch die Streichung der Steuerfreiheit der Gewinne beim Verkauf von Unternehmen und Unternehmensteilen, die von Schröder und Eichel eingeführt wurde, wäre keinesfalls ein radikales Unternehmen. Das gilt im übrigen auch nicht für die Übernahme der mit schon über 100 Milliarden geretteten und damit subventionierten Banken in öffentliches Eigentum. Ich persönlich bin dabei nur deshalb skeptisch, weil sich nach aller Erfahrung auch in diesen öffentlichen Banken dann die konservativen Seilschaften drängeln und durchsetzen. Aber radikal wäre es nicht, wenn wir Steuerzahler auch besitzen wollten, was wir gerettet und bezahlt haben.
Diese programmatischen Elemente als Maximalpositionen oder als die Positionen von Hundertprozentigen, die niemals einen Jota von ihrer Position abweichen würden, wie es die Süddeutsche Zeitung am 15. Januar reichlich verschroben beschreibt, und andere Medien ähnlich, kann nur als Element einer ausgeklügelten Kampagne verstanden werden. Alleine kommt ein Journalist auf eine so abwegige Beurteilung nicht.
Nach diesen notwendig ausführlichen Anmerkungen zu den Inhalten nun zurück zu den gleich lautenden Botschaften der laufenden Kampagne:
d. Lafontaine sei gegen die deutsche Einheit gewesen, heißt es in mehreren Pamphleten. Allen voran bei Bild und leider bei Helmut Schmidt. (Siehe Anlage) Das ist eine Geschichtsfälschung, die immer wieder wiederholt wird. Ich habe als Abgeordneter auch gegen die damalige Währungsunion gestimmt. Weil ich der Überzeugung war, dass die Umtauschrelationen und die sonstigen Umstände es den Betrieben in Mittel- und Ostdeutschland überaus schwer machen, ihre produzierten Güter und Dienstleistungen noch loszuwerden. Außerdem fehlte die gezielte Hilfe zur Modernisierung damals schon im Ansatz. Wenn jetzt immer noch jenen, die gegen die leichtfertig durchgesetzte Währungsumstellung waren, unterstellt wird, sie seien gegen die deutsche Vereinigung gewesen, dann stecken dahinter erkennbare Interessen: man will sich frei waschen von der Verantwortung für das Desaster, das noch heute sichtbar ist.
e. Bartsch - der erfolgreiche Manager. Weltoffen und verantwortungsbewusst. Die Aufbauarbeit von Bartsch war vermutlich in Ordnung, ich denke sogar gut. Ein endgültiges und ausgewogenes Urteil kann ich mir nicht anmaßen. Aber ich kann Wahlkämpfe beurteilen und vor allem auch Wahlkämpfe von Parteien, die von ihren Gegnern über die Maßen attackiert und stigmatisiert werden. Mit dieser Erfahrung im Hintergrund kann ich die Wahlkämpfe der Linkspartei bis zum Beginn der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs zum Beispiel nicht als glorios, sondern als weit gehend falsch betrachten. Entsprechend enttäuschend war denn auch das Europawahlergebnis mit 7,5 %, weit abgeschlagen hinter den Grünen mit 12,1 % und der FDP mit 11 %. Bei der Bundestagswahl gerade einmal drei Monate später erreichte die Linkspartei 11,9 %. Dazwischen lag eine Änderung der Wahlkampfstrategie zumindest von Seiten Lafontaines. Er hat die Gegnerschaft der Medien und die Diffamierungskampagnen zum Thema gemacht und neben der angepassten SPD wenigstens eine Alternative aufgezeigt. Siehe dazu auch den Beitrag in den NachDenkSeiten vom 12.1.2010.
f. Gysi sei beschädigt. Er sei Bartsch in den Rücken gefallen. Er habe in den ostdeutschen Landesverbänden Sympathien eingebüßt. Das wird in verschiedenen Beiträgen zum Thema immer so daher geschrieben. Als Belege werden dann die Stimmen von Freunden von Bartsch zitiert. Wie die Wählerinnen und Wähler, wie die Mitglieder der Linkspartei insgesamt auf diesen Vorgang reagieren und ob sie Gysi wegen dessen Intervention gegen das sonderbare Verhalten eines Bundesgeschäftsführer das Vertrauen entziehen, das steht dahin. Ich weiß es nicht. Aber die Medien wissen es nahezu gleich lautend. Da ist deutlich erkennbar: Hier wird die nächste Runde eingeläutet. Denn diese Art von gleich lautender Agitation kommt nicht aus dem Nichts. Sie ist insbesondere von Dietmar Bartsch, nachdem er angekündigt hatte, im Mai nicht wieder antreten zu wollen, also vom amtierenden Bundesgeschäftsführer der Linkspartei kräftig befördert worden. Das kann jedoch auch dann nicht die Aufgabe eines Bundesgeschäftsführers sein, wenn er seinen Rücktritt angekündigt hat.
Mohr Oskar hat seine Schuldigkeit getan, er kann gehen.
Einige der in der Dokumentation zitierten Medienschaffenden gehen davon aus, dass mit dem Abtritt von Bartsch der Konflikt und damit auch die Richtungsentscheidung der Linkspartei nicht entschieden ist. Dass die Leute um Bartsch das so sehen, ist deutlich erkennbar. Sie haben vermutlich darauf gesetzt, den aus dem Saarland stammenden Vorsitzenden jetzt schon mürbe zu machen und ihn loszuwerden. Das hätte ihnen die Freiheit gegeben, die Linkspartei programmatisch anzupassen.
Diese Lösung ist vorerst gescheitert. Aber das sagt noch nichts über die weitere Entwicklung. Der Machtkampf ist nur vorerst entschieden. (dpa offensichtlich nach Gespräch mit Bartsch) oder die FAZ vom 17. Januar: Dietmar Bartsch wird warten. Er ist 51, Lafontaine 66. Bartsch ist ein alter Volleyballer. Da gilt: Der letzte Schlag zählt.
Die mediale Unterstützung für Bartsch in der abgelaufenen und laufenden Kampagne deutet darauf hin, dass er auch für den nächsten Schlag die Unterstützung der Mehrheit der Medien haben wird. Darauf muss sich die Führung der Linkspartei einstellen und sowohl ihre Mitglieder als auch ihre Wählerinnen und Wähler frühzeitig und immer wieder auf diesen Vorgang aufmerksam machen. Das ist sehr aktuell.
Da den Realos bei der Linkspartei vermutlich wie den Rechten in der SPD die Macht im Staat nur dann attraktiv erscheint, wenn sie sie auch in ihrer Partei besitzen, werden wir den nächsten Schlag in dieser Auseinandersetzung im Vorfeld der nordrhein-westfälischen Landtagswahlen erleben. Es könnte der Gruppe um Bartsch nichts Besseres passieren für den inneren Machtausbau als ein schlechtes Ergebnis der nordrhein-westfälischen Linkspartei. Deshalb werden sie vermutlich viel tun, um die Unruhe und die schlechten Kommentare und Berichte am Laufen zu halten. Die Einlassungen Dietmar Bartschs direkt nach seinem Rückzieher deuten darauf hin. Er ist immerhin noch Bundesgeschäftsführer und beginnt bereits kräftig mit der Demontage des Fraktionsvorsitzenden Gysi zum Beispiel. Wenn es ihm um seine Partei gehen würde und nicht zu allererst um die Durchsetzung seiner Richtung, dann hätte er geschwiegen und hätte seine Freunde ermuntert auch zu schweigen. Das haben sie nicht getan, und sie werden weiter in ihrem innerparteilichen Kampf das Image der gesamten Partei beschädigen, solange sie den Kampf nicht für sich, ihre Richtung und ihre Jobs entschieden haben.
Wer die Geschichte der SPD in den letzten 40 Jahren aufmerksam verfolgt hat, kennt diese Mechanismen. In ihr waren immer Leute platziert, die das Interesse ihrer politischen Gegner vertraten. Sie war bei wichtigen Willensbildungen und Entscheidungen fremdbestimmt und verzehrte sich in dieser Fremdbestimmung. Warum sollte das bei der Linkspartei nicht auch so sein?
Da wir aber ein Interesse an einer Alternative zur herrschenden Ideologie haben, brauchen wir eine nicht angepasste Linke. Nur deshalb kümmert uns das ganze Thema. Weil der beste Weg zur Verhinderung der skizzierten Entwicklung ihre Offenlegung ist, ist dieser Text geschrieben.
P.S.: Beim Versuch der herrschenden neoliberalen Ideologen, auch aus der Linkspartei eine Partei von Realos zu machen, geht es nicht nur um die Linkspartei und deren Entwicklung. Es geht auch um die Sicherung der neoliberalen Bastion bei der SPD und bei den Grünen.
Die innere programmatische Entwicklung zumindest in diesen drei Parteien ist über kommunizierende Röhren miteinander verbunden. Wenn die Linkspartei nach rechts rückt, dann kann die SPD-Führung dort, nämlich bei der Agenda 2010 und Hartz IV, bleiben, wo sie heute ist. Sie ist nicht gezwungen, sich nach links zu bewegen, um Wähler von der Linken zurückzuholen. Deshalb freuen sich Steinmeier und Gabriel wie die Schneekönige und verstärken den Kampf gegen den inhaltlich orientierten Teil der Linkspartei. Sie möchten die zuvor beschriebenen inhaltlichen Positionen der angeblich radikalen Teile der Linken wegräumen. Sie verstärken den Streit mit den ihnen eigenen primitiven Methoden: mit dem Angebot an Bartsch, die Partei zu wechseln.
Ich finde diese Reaktion und das Verhalten von Sigmar Gabriel ausgesprochen enttäuschend. Weil uns nichts anderes übrig bleibt, begann zumindest ich nämlich zu hoffen, Gabriel könne sich eines Besseren besinnen und wirklich eine Kurskorrektur der SPD weg vom Schröder Kurs betreiben. Jetzt hofft er stattdessen darauf, dass sich auch bei der Linkspartei die Reformer durchsetzen. Das ist wegen der inhaltlichen Seite traurig, und es ist enttäuschend wegen des erkennbaren Mangels an strategischer Fähigkeit. So kann man nur hoffen, dass sich innerhalb der Linkspartei die inhaltlich orientierten Kräfte halten und verstärken. Dann könnte in Arbeitsteilung mit den Realos auch auf lange Sicht eine wirklich attraktive Partei draus werden.
... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen! von Yossi Wolfson
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Re: Quo vadis, DIE LINKE oder "Die Revolution frißt ihre Kinder"
Das Realo-PDLnahe "Neues Deutschland" berichtet heute unter https://www.neues-deutschland.de/artikel/163688.debatte-ueber-rot-rot-gruen.html von einem Aufruf junger Politiker aus SPD, Grünen und Linkspartei mit dem Titel »Das Leben ist bunter!« Unterzeichnet haben diesen sogenannten Aufruf Marco Bülow, Frank Schwalbe und die frühere PDS-Vizevorsitzende Angela Marquardt (alle SPD), Halina Wawzyniak und Jan Korte (LINKE) sowie Nicole Maisch und Anton Hofreiter (Grüne).
Charly Kneffel aus der "Berliner Umschau" hat hierzu einen Kommentar abgegeben, der wie die (symbolische) Faust aufs Auge der Realo-PDL-friends paßt, wobei Charly Kneffel deren provokatorisches Pamphlet beinahe verharmlosend ein naives Tralala nennt. Ich sehe das nicht nur als hinterhältiges Attentat auf Lafontaine sondern auch auf die PDL in NRW an, wo ja bekanntlich schon im Mai gewählt wird. Ziel aller Querschüsse von Wawzyniak, Bartsch, Ramelow & Kumpanen ist es offensichtlich, die PDL in NRW unter 5% zu halten, damit sie den Realo-Ziellauf zur Mitregierungsmacht und damit den Run der PDL-Realo-Seilschaft auf Pöstchen, Posten, Dienstwagen und lukrative Pfründe nicht stören kann. Ich bin deshalb nicht der Meinung wie Charly Kneffel, daß diese Realo-Truppe "den Kampf in der LINKEn" schon verloren hat. Ansonsten hat Charly mir die Worte vom Tippfinger genommen!
Halina Wawzyniak und Stefan Liebich wollen strategische Neuausrichtung der Linken
Von Charly Kneffel
Das Timing ist mal wieder Weltklasse. Kaum hat ein sichtlich angeschlagener Oskar Lafontaine seine Rückzug aus der Bundespolitik öffentlich gemacht, stößt eine Gruppe jungrechter Pragmatiker aus seiner Partei, die sich sinnigerweise Die Linke nennt, mit einem programmatischen Vorschlag hervor, mit dem sie die Entwicklung, die in den 90er Jahren in der PDS durchgesetzt wurde, nun auch in der Gesamtpartei verbindlich machen will.
[ ... ] Hier wird das naive Tralala der Gruppe um Halina Wawzyniak, Jan Korte oder Stefan Liebich um nur die Angehörigen der Partei Die Linke zu nennen an seine Grenzen stoßen. Der Kampf in der Linken ist spätestens seit Oskar Lafontaines Abgang verloren. [ ... ]
... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen! von Yossi Wolfson
Re: Quo vadis, DIE LINKE oder "Die Revolution frißt ihre Kinder"
"... deshalb müssen wir den Kampf gegen UNDEMOKRATISCHEN ZENTRALISMUS und PRINZIPIENLOSEN KARRIERISMUS in der Partei mit aller Entschiedenheit fortsetzen ..."
Der Sprecher der Bayerischen Linkspartei, Franc Zega hat sich an alle Mitglieder gewandt. In dem nachstehend dokumentierten Schreiben stellt er klar, dass er nicht zu der Nominierungsrunde der LandesprecherInnen für die neue Führungsspitze eingeladen worden war. An dem undemokratischen Prozedere übt er heftige Kritik. Der Vorschlag Klaus Ernst zum Vorsitzenden zu wählen findet nicht seine Zustimmung. ebs
Dokumentiert:
Brief von Landessprecher Franc Zega an alle Mitglieder und Kreisverbände in Bayern
Nominierung der Kandidaten/ innen für den Parteivorstand der Partei DIE LINKE
Liebe Genossinnen, liebe Genossen,
für die vielen schriftlichen und telefonischen Stellungnahmen der Mitglieder unserer Partei zu den Vorgängen bei der Sitzung des Landesvorstandes am 23. Januar 2010 in München, die mich in den letzten Tagen erreicht haben, möchte ich mich bei allen herzlich bedanken. Nicht nur für die Zustimmung zu der Stellungnahme, die die Landesvorstandsmitglieder Eva Bernardi, Belinda Brechbilder, Ramona Tax, Florian Paul, Stefan Gebuhr, Michael Treitinger, "Mümmel", Hermann Ruttmann, Alexander Süßmair, Erkan Dinar und ich als Antwort auf das Schreiben an die LaVo und die Kreisverbände der Partei von den Landesvorstandsmitgliedern Anton Salzbrunn, Eva Mendl, Harald Weinberg, Nicole Gohlke, Eva Bulling-Schröter, Gilberte Lebien-Schachner, Michaele Siebe, Anny Heike und Wolfgang Ziller zu den Vorgängen (Auszug aus der Landesvorstandssitzung) bei der besagten Sitzung abgegeben haben, möchte ich unseren Mitgliedern danken, sondern auch für die Kritik, die mir mitgeteilt wurde.
Der überwiegende Teil unserer Mitglieder im Landesverband der Partei in Bayern verlangt mit Recht einen politisch und organisatorisch funktionierenden Landesverband. Viele Genossinnen und Genossen sind der Meinung, dass die im Augenblick amtierenden Mitglieder des Landesvorstandes den ihnen von der Basis der Partei erteilten Auftrag nur ungenügend wahrnehmen. Deshalb auch der Wunsch einiger ORTSVERBÄNDE im Landesverband Bayern, so schnell wie möglich eine Neuwahl des Landesvorstandes durchzuführen.
Die Satzung unserer Partei ist in diesem Punkt deutlich und sieht im Rahmen eines außerordentlichen Parteitags eine solche Möglichkeit vor. Als Demokraten sollten wir uns dem Willen einer Mehrheit, wenn diese vorhanden ist, nicht widersetzen ODER IHN GAR IGNORIEREN. Sonst würden wir so handeln wie die Landesvorstandsmitglieder, die die Sitzung des Landesvorstandes am 23. Januar 2010 geschlossen verlassen haben, weil sie mit ALLEINE SCHON MIT der Behandlung der eingereichten Anträge im Landesvorstand nicht einverstanden waren, WEIL SIE UNLIEBSAME MEHRHEITEN BEFÜRCHTETEN. Diesem Beispiel sollten wir, liebe Genossinnen und Genossen, auf keinen Fall folgen. Uns allen muss wichtig sein, die Politik unserer Partei nach Möglichkeit auf einer breiten Basis zu vertreten und sich nicht dem Willen einiger weniger Macht- und Karrieresüchtiger zu beugen.
Das ist meine persönliche Meinung zu dem unsolidarischen Verhalten einiger Mitglieder des augenblicklichen Landesvorstandes der Partei DIE LINKE in Bayern.
Der Rücktritt der Landesschatzmeisterin Gilberte Lebien-Schachner als angeblich direkte Folge der Ereignisse bei der Landesvorstandssitzung in München am 23.1.2010 ist sehr bedauerlich, zumal sie in den letzten Jahren sehr viel für diese Partei geleistet hat. Ihr Rücktritt ändert aber nichts an der Tatsache, dass auch sie als Amtsträgerin durch das Verlassen der Sitzung am 23.01.2010 ein unsolidarisches Verhalten an den Tag gelegt hat. Ihre Rücktrittsbegründung bestätigt zumindest bei mir IHRE "blinde" Gefolgschaft zu einigen Mitgliedern des Landesvorstandes, die außer im Landesvorstand auch noch im Bundestag als Abgeordnete vertreten sind.
Der Rücktritt des Genossen Florian Paul aus dem Landesvorstand und sein Austritt aus der Partei DIE LINKE als Folge der Vorkommnisse bei der besagten Sitzung am 23.1.2010 in München schmerzt mich persönlich ganz besonders. Mit Florian Paul haben wir einen unserer profiliertesten und fähigsten jungen Politiker in unserer Partei in Bayern verloren. Das soll uns nicht gleichgültig sein und deshalb müssen wir den Kampf gegen UNDEMOKRATISCHEN ZENTRALISMUS und PRINZIPIENLOSEN KARRIERISMUS in der Partei mit aller Entschiedenheit fortsetzen. Die Macht gehört allein der Basis der Partei und nicht einigen Wenigen, die bislang gut verstanden haben, die Mehrheit geschickt zu täuschen, um sich persönliche Vorteile in ihrem Machtstreben zu verschaffen und um die Kontrolle über die Partei zu gewinnen. Liebe Genossinnen und Genossen, vergesst nicht Regensburg und die Aufstellungsversammlung für die BTW 2010 in München!
Die in der Presse und im Rundfunk abgegebenen Stellungnahmen von Landessprecherin Eva Bulling-Schröter zur Nominierung des Genossen Klaus Ernst und der Genossin Sabine Lötzsch als die neue Doppelspitze der Partei beim Parteitag im Mai bzw. zu den Zuständen im Landesverband der Partei in Bayern gibt lediglich ihre persönliche Meinung wieder. Sie hat keine Stellungnahme mit mir erläutert bzw. um meine Meinung gefragt. Ihre Behauptung gegenüber einigen Bundestagsabgeordneten der Partei, ich wäre zu der vom Fraktionsvorstand einberufenen Sitzung der Landessprecher/innen am 25.1.2010 nach Berlin eingeladen, ist NACHWEISLICH unzutreffend und frei erfunden. Diese Behauptung stellte sie auch mir persönlich gegenüber am 26.1.2010 in Berlin auf, ohne dafür einen Beleg vorweisen zu können. INZWISCHEN LIEGEN VON DER BUNDSPARTEI BEWEISE VOR, DASS ICH ICH NICHT EINGELADEN WORDEN WAR. Bei dieser Sitzung wurden die einzelnen Landessprecher/innen darüber befragt, wie sie zur Nominierung der neuen Doppelspitze stehen.
Es ist undemokratisch und verwerflich, die gewählten Repräsentanten der Partei, die möglicherweise eine für bestimmte "Machtzirkel" unliebsame Meinung vertreten, NICHT EINMAL ANZUHÖREN.
Mit keinen der von der Genossin Eva Bulling-Schröter in den Medien abgegebenen Stellungnahmen im Namen des Landesverbandes bin ich einverstanden noch stimme ich ihnen zu. ZUDEM BIN ICH ENTTÄUSCHT, DASS AUSGERECHNET EVA BULLING-SCHRÖTER, DIE SICH IMMER GEGEN KORRESPONDENZ MIT DEM SZ-JOURNALISTEN UND IHRER MEINUNG NACH FEIND DER PARTEI DIE LINKE UWE RITZER AUSSPRACH, EBEN JENEN EINSPANNT.
Zu dem Verhalten unserer Spitzenpolitiker der Partei aus Bayern passt auch die Angelegenheit mit der von Genosse Klaus Ernst am 26.1.2010 anberaumten Sitzung der Landesgruppe der Abgeordneten aus Bayern in Berlin. Die Sitzung, zu der auch ich schriftlich eingeladen wurde, ist kurzfristig abgesagt worden. Die Absage wurde mir jedoch nicht, wie üblich, vom Büro des Abgeordneten Klaus Ernst mitgeteilt, sondern von Genossin Kornelia Möller, die mich in Berlin empfangen hat und sich gemeinsam mit dem Genossen Abgeordneten Alexander Süßmair um mich bemüht hat und mich zu der öffentlichen Sitzung der Fraktion eingeladen hat. Dem Genossen Klaus Ernst begegnete ich kurz vor der Sitzung, die von ihm geleitet wurde und er verlor kein Wort der Entschuldigung oder des Bedauerns über das Ausfallen der Sitzung. Es fällt mir persönlich nur schwer, zu glauben, dass der Genosse Klaus Ernst unsere Partei, falls er zum Vorsitzenden gewählt wird, weiter nach vorne bringen wird. Die Machenschaften von Regensburg und München scheinen nun eine Fortsetzung auf einer höheren Ebene zu finden.
KLAUS ERNST TRÄGT GROßE MITVERANTWORTUNG FÜR DIE PROBLEME IM BAYERISCHEN LANDESVERBAND. ER SPALTET VOR ORT UND GRENZT AUS UND VERSUCHT GUTSHERRLICH DEN LANDESVERBAND ZU BEHERRSCHEN. SOMIT IST ER DEFINTIV NICHT ALS BUNDESVORSITZENDER DER PARTEI GEEIGNET.
Es wird Zeit, liebe Genossinnen und Genossen, endlich zu erkennen, dass unsere Ideale und Hoffnungen, die in den programmatischen Eckpunkten der Partei verankert sind, durch die neuen Entwicklungen im Landesverband in Bayern, aber auch im Bund gefährdet sind.
Re: Quo vadis, DIE LINKE oder "Die Revolution frißt ihre Kinder"
Kriegshetze
Mobbing gegen Sahra Wagenknecht Von Werner Pirker
Michael Leutert, sächsischer Abgeordneter der Linksfraktion im Bundestag, hat gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung seiner Kollegin Sahra Wagenknecht die Eignung für eine Führungsposition in der Partei abgesprochen. Darauf Bezug nehmend, daß sich Wagenknecht an den Standing ovations für Schimon Peres nach dessen Rede im Bundestag nicht beteiligt hatte, sagte er: »Wer am Tag der Befreiung von Auschwitz nicht willens ist, während der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag dem israelischen Staatspräsidenten und Friedensnobelpreisträger Schimon Peres den nötigen Respekt zu bezeugen, der ist für mich nicht wählbar.« Damit hat er sich ganz klar als Initiator einer Mobbingkampagne gegen die linke Linken-Politikerin, die vom Vorstand für das Amt einer stellvertretenden Parteivorsitzenden vorgeschlagen wurde, zu erkennen gegeben.
Allein, daß Leutert das Wort »Friedensnobelpreisträger« keineswegs angewidert, sondern mit Ehrfurcht in den Mund nimmt, bezeugt das kriecherische Verhältnis, das er zur herrschenden Politik unterhält. Denn nur in seltenen Fällen haben sich Friedensnobelpreisträger tatsächlich um den Frieden verdient gemacht. Peres, der den Preis 1994 gemeinsam mit Yitzhak Rabbin und Yassir Arafat für die Einleitung des Oslo-Friedensprozesses bekommen hatte, hat nicht nur maßgeblich zum Scheitern aller Nahostfriedensbemühungen beigetragen. Er hat als Präsident auch das kriegsverbrecherische Vorgehen der israelischen Streitkräfte gegen Gaza mitzuverantworten. Wie selbstverständlich akzeptiert der sächsische Linkspolitiker den zionistische Monopolanspruch auf das Vermächtnis der Holocaust-Opfer, wenn er »am Tag der Befreiung von Auschwitz« besonderen Respekt für den israelischen Präsidenten einfordert.
Peres hat in seiner Berliner Rede das deutsche Publikum auf einen Krieg gegen den Iran, dem er die Vorbereitung einer »zweiten Shoa« unterstellte, eingestimmt. Seine Kriegshetze fiel auf fruchtbaren Boden und wurde von deutschen Politikern und Kommentatoren zum Teil noch übertroffen. Die Drohkulisse, die von den USA in den arabischen Golfstaaten gegen Teheran gerade aufgezogen wird, läßt das Schlimmste befürchten. Anders als beim Krieg gegen den Irak wird sich Berlin bei einem Waffengang gegen den Iran seiner »Verantwortung« nicht entziehen. Seiner »Verantwortung für die Sicherheit Israels«, wie es dann heißen wird.
Noch gibt es in Deutschland eine Partei, die, zumindest im Fall Afghanistan, der imperialistischen Kriegspolitik ablehnend gegenübersteht. Doch wird sie eine Antikriegspartei bleiben, wenn der Schlachtruf »Solidarität mit Israel« ertönt? Leuterts Haßkampagne gegen Sahra Wagenknecht und andere läßt Gegenteiliges befürchten. Zumal ja nicht nur er die Linkspartei auf Solidarität mit dem zionistischen Apartheidstaat einzuschwören versucht. Auch ein Gregor Gysi hat sich das zur Aufgabe gemacht. Schlechte Aussichten für den Frieden.
01.02.2010 Erklärung zur Rede von Shimon Peres im Bundestag am 27. Januar 2010 Ich habe am 27. Januar 2010 an der Gedenkfeier des Deutschen Bundestags aus Anlass des 65. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz teilgenommen.
Zum Gedenken an die Opfer des Holocaust habe ich mich selbstverständlich von meinem Platz erhoben. Dass ich nach der Rede von Shimon Peres nicht an den stehenden Ovationen teilgenommen habe, liegt darin begründet, dass ich einem Staatsmann, der selbst für Krieg mitverantwortlich ist, einen solchen Respekt nicht zollen kann. Zudem hat Peres mit der Behauptung, der Iran verfüge über Nuklearwaffen, in seiner Rede die Unwahrheit verbreitet. Wie gefährlich solche Äußerungen werden können, ist seit dem Krieg gegen den Irak bekannt.
Mein Verhalten bedeutet in keinster Weise, dass ich dem Anlass der Rede, dem Gedenken an das von Deutschen verübte Verbrechen des Holocaust, den Respekt versage. Vor den Opfern der Shoa verneige ich mich in tiefer Demut.
Richtigstellung zur Gedenkveranstaltung zum Holocaust-Gedenktag Posted by heikehaensel 31.01.10
Hiermit fordere ich eine Richtigstellung der seit gestern verbreiteten Meldung, ich sei bei der Rede von Shimon Peres im Bundestag anläßlich des Holocaust-Gedenktages demonstrativ sitzen geblieben. Dies ist eine falsche Behauptung des Abgeordneten Michael Leutert, die er in denunziatorischer Weise verbreitet hat. Ich konnte aus terminlichen Gründen nicht an der Gedenkveranstaltung teilnehmen, war also gar nicht anwesend. Da der Informant Leutert trotzdem meinen Namen erwähnt hat, zeigt die Absicht der politischen Verleumdung. Die ungeprüfte Weitergabe von Behauptungen ist Ausdruck eines unseriösen Journalismus. Es ist befremdlich, daß sich diese Zeitungen für solche Desinformationen mißbrauchen lassen.
Längst hat Spiegel-Online nach Lafontaine das nächste Mobbing-Opfer ins Visier genommen, nämlich Sahrah Wagenknecht. In spiegelüblich widerlichem Journaillenstil wird "Indiskretes" über Wagenknecht ausgekübelt, was ihr wegen Millionenbetrugs verurteilter und in Irland lebende Ehemann, Ralph Thomas Niemeyer, ins Internet gestellt haben soll.