Rauchbomben und Knallkörper, uringefüllte Becher und Flaschen als Wurfgeschosse, Hassgesänge und Pöbeleien: Osnabrück erlebte die schlimmsten Fußball-Ausschreitungen seit zehn Jahren. Die Freude über das 3:1 des VfL gegen die KSV Holstein wurde durch gewalttätige Hooligans aus Kiel, Kassel und Oldenburg getrübt, die offenbar gezielt und geplant Gewalt und Angst verbreiten wollten.
| Lust an Chaos und Krawall: Hooligans aus Kiel zettelten in Osnabrück Ausschreitungen an. Foto: Michael Hehmann |
Wenn ich so ein Gesocks sehe, dann vergeht mir der Spaß am Sport. Ich wünsche mir, dass die vor dem Stadion in Empfang genommen werden, damit man die Personalien aufnimmt, um ein lebenslanges Stadionverbot zu verhängen und sie haftbar zu machen für alle Schäden. Der Osnabrücker Trainer Karsten Baumann fand die richtigen Worte nach den Ausschreitungen, die sich wie ein Schatten über den dramatischen Sieg des VfL legten. Vor einer Woche hatten 8000 friedliche VfL-Anhänger in Dortmund ein Beispiel gegeben für die positive Kraft des Fußballs.
Am Freitag genügten etwas mehr als 200 gewaltbereite junge Männer und Frauen, um das Erlebnis Fußball zu trüben. Sie entzündeten gefährliches Magnesiumpulver und Feuerwerkskörper, die sie in den benachbarten Zuschauerblock und auf den Rasen warfen.
Sie saßen auf dem Zaun, zeigten ihre blanken Hinterteile und pöbelten im Chor. Sie warfen mit Flaschen und Beleidigungen, sie waren einfach nur widerlich. Ein 10-jähriger Junge und zwei Polizisten erlitten ein Knalltrauma, als Feuerwerkskörper explodierten.
Kinder weinten
Auf den Tribünen weinten Kinder, die dieser Ausbruch ängstigte; ihre Eltern stimmten ein in den Chor der 16000 Zuschauer: Raus-schmei-ßen! Raus-schmei-ßen! Auf dem Rasen unterbrach der 28-jährige Schiedsrichter Benjamin Cortus das Spiel, schickte die Mannschaften für eine knappe Viertelstunde in die Kabinen, danach ging es weiter. Cortus: Wenn noch ein einziger Feuerwerkskörper explodiert wäre, hätte ich abgebrochen. Da stand es 1:1, und wahrscheinlich hätte der DFB die Partie wiederholen lassen.
Vor dem Kieler Block marschierte Polizei auf, doch die Einsatzleitung setzte auf Deeskalation. Ein Vorrücken in den nahezu voll besetzten, engen Block hätte einen Gewaltausbruch zur Folge gehabt. Ich bin seit 2002 Einsatzleiter bei Spielen in Osnabrück, aber diese Dimension habe ich noch nicht erlebt, sagte Kriminaloberrat Wilhelm Völler. Er postierte eine Polizeikette vor dem Block, die jede Provokation inklusive der Würfe mit uringefüllten Bechern stoisch hinnahm. Immerhin: Es wurde nicht mehr gezündelt, das Spiel wurde zu Ende geführt.
Gegenangriff der Osnabrücker
Als die Hooligans nach dem Spiel möglichst schnell in die Busse geführt und zur Abfahrt gedrängt werden sollten, kam der Gegenangriff von Osnabrückern. Sie griffen die Polizeibeamten massiv an, daraufhin wurden Pfefferspray und Schlagstock eingesetzt, heißt es in der Pressemitteilung der Polizei. Krankenwagen wurden von Osnabrücker Hools mit Feuerwerkskörpern beworfen; sie drehten um. Auf dem Rückweg lösten die Kieler Krawallmacher an einer Autobahnraststätte durch eine Pyro-Aktion einen weiteren Polizei-Einsatz aus.
Die Polizei geht davon aus, dass es sich um eine systematisch vorbereitete Abschiedsparty der Kieler Hooligans handelte; dabei mischten angeblich gewaltbereite Fans aus Kassel und Oldenburg mit. Die Verantwortlichen der KSV Holstein distanzierten sich von den Tätern, entschuldigten sich und müssen mit einer Geldstrafe durch den DFB rechnen. Auch den VfL Osnabrück, an dessen Sicherheitsdienst vorbei die Pyrotechnik in den Block eingeschleust wurde, erwartet eine Geldstrafe.
Auf Dutzende der Krawallmacher kommen Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs und Körperverletzung zu; die Auswertung der Videobilder wird Monate dauern, aber zu zahlreichen Anklagen und Stadionverboten führen. |