Angeklagter im Kevin-Prozess leugnet Mordvorwurf - Verteidiger will Freispruch
Chemnitz (ddp-lsc). Der erste Tag im Prozess am Landgericht Chemnitz um die Tötung eines behinderten Jungen aus Sehmatal (Landkreis Annaberg) hat die Todesumstände des Kindes nicht erhellt. Der Lebensgefährte der Mutter des Jungen ist des Mordes an dem zehnjährigen Kevin angeklagt. Doch der 37-jährige hat den Tatvorwurf vor Gericht bestritten. «Ich habe es nicht getan und ich kann keinen beschuldigen», sagte er.
Der Staatsanwalt hatte dem Arbeitslosen aus Cranzahl zur Last gelegt, er habe Kevin am 6. August 2007 mit erheblichem Kraftaufwand gewürgt und dabei in Kauf genommen, das arg- und wehrlose Kind zu töten. Die Todesursache sei Ersticken infolge Halskompression gewesen.
Der Angeklagte räumte ein, den Jungen am späten Abend «komisch aussehend» im Bett gefunden zu haben. Daraufhin habe er die Mutter geweckt und Wiederbelebungsversuche unternommen. Der Notarzt habe dann den Tod festgestellt. Zuvor habe es oft Streitereien gegeben, sagte Lars S. Zuletzt habe er den Verdacht gehegt, dass die Frau fremdgehe. Doch habe er keinen Grund gehabt, dem Kind etwas zu tun.
Kevins Mutter berichtete, dass sie sich wegen fortgesetzter Alkoholprobleme und Streitereien wegen Kevin von ihrem Lebensgefährten trennen wollte. Vorhaltungen des Gerichts, dass sie möglicherweise mit dem schwerbehinderten Kind überfordert gewesen sein könnte, wies sie von sich. Er habe zehn Jahre zu ihr gehört und sie schaffe das auch ohne Partner. Sie schäme sich heute zutiefst dafür, dass sie Kevin als Säugling so misshandelt habe, dass er ein halbes Jahr ins Krankenhaus musste. Die damalige Bewährungsstrafe sei wegen guter Führung verkürzt worden.
Wie der zum Tatort gerufene Notarzt und die Rettungssanitäter aussagten, seien an Kevin keine Spuren äußerer Gewalteinwirkung festzustellen gewesen. Der Todeszeitpunkt müsse erst kurz zuvor gelegen haben.
Verteidiger Kay Estel will einen Freispruch für seinen Mandanten. Die Indizienlage sei dünn und es gäbe genügend entlastende Momente, sagte er am Rande der Verhandlung. Nach seiner Auffassung war nicht genügend im Umfeld der Mutter ermittelt worden. Das Oberlandesgericht hatte bereits im Januar die Entlassung von Lars S. aus der Untersuchungshaft veranlasst. Das Ermittlungsverfahren sei zu schleppend geführt worden.
Vorerst sind noch drei Verhandlungstage angesetzt.
Schrift: PROZESS UM KINDSTÖTUNG Kevins Rettung war möglich, doch alle schauten weg
Von Gisela Friedrichsen, Bremen
Bernd K. aus Bremen soll seinen Ziehsohn Kevin brutal misshandelt, die Leiche in den Kühlschrank gesteckt haben. Im Prozess gegen K. fordert die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung wegen Mordes. Doch weggeschaut haben alle - auch Ärzte und Behörden. ANZEIGE
Bremen - Mit einem eindrucksvollen und um bemerkenswerte Sachlichkeit bemühten Schlussvortrag hat am Dienstag Staatsanwalt Daniel Heinke der Großen Strafkammer IV des Landgerichts Bremen den "Fall Kevin" aufbereitet und die seiner Auffassung nach angemessene Strafe für den Angeklagten Bernd K., 43, beantragt: einen Freiheitsentzug von 13 Jahren wegen Mordes und Misshandlung Schutzbefohlener sowie Körperverletzung.
Angeklagter Bernd K.: Seinen eigenen Wunsch über den des Kindes gestellt Zur Großansicht AP
Angeklagter Bernd K.: Seinen eigenen Wunsch über den des Kindes gestellt Die Leiche des zweijährigen Kevin war, eingepackt in Decken und Mülltüten, am 10. Oktober 2006 im Kühlschrank K.s, seines sogenannten Ziehvaters, gefunden worden. Heinke zeichnete in seinem Plädoyer noch einmal den unvorstellbaren Leidensweg des vielfach misshandelten Jungen nach, der vom Jugendamt immer wieder und, nach dem Tod seiner Mutter im November 2005, die letzten Monate seines Lebens allein der Obhut des schwer drogenabhängigen und alkoholkranken K. anvertraut worden war.
Obwohl ein Gericht die Aufgabe hat, sich vor allem mit der Frage zu befassen, ob und wie sich der Angeklagte schuldig gemacht hat, rückte Heinke zunächst einmal das traurige Schicksal des Kindes in den Vordergrund: von einer HIV-infizierten, ebenfalls schwer rauschgift- und alkoholabhängigen Mutter in das Elend hineingeboren, das die Sucht über Menschen bringt, die nur noch eines im Sinn haben - nämlich Stoff zu besorgen. K. war nicht Kevins leiblicher Vater (mehr...). Doch er gab der von Rausch- und Entzugszuständen getriebenen jungen Frau und dem hilflosen Säugling noch den meisten Halt, in den Grenzen seiner eigenen Getriebenheit allerdings.
Rippenbrüche und zerschlagene Beine
MEHR ÜBER... Kevin-Prozess Kindstötung Kindesmisshandlung Methadon Fettembolie zu SPIEGEL WISSEN Unbegreiflich, dass der neugeborene Junge gegen das Votum der Klinik überhaupt seiner Mutter und deren Freund K. überlassen wurde. Schon 2004 kam Kevin mit zahlreichen Rippenbrüchen, einen Schädelbruch und gebrochenen Beinen ins Krankenhaus.
Unbegreiflich, dass er diesen Personen wieder mitgegeben wurde, nachdem Röntgenbilder seine zerschlagenen Knochen als Folgen von Misshandlung unwiderleglich vor Augen führten. K. versicherte damals, das Kind sei "wie wild und kaum zu bändigen" und breche sich anscheinend selbst die Knochen, indem es seine Beinchen durch die Gitterstäbe seines Bettes hindurchstecke. Da war Kevin acht Monate alt und in seiner Motorik deutlich zurückgeblieben. Unbegreiflich.
Das Gericht hatte über eine Vielzahl von Verletzungen Kevins nicht zu befinden, entweder, weil die entsprechenden Vorwürfe von der Staatsanwaltschaft vorweg bereits eingestellt worden waren oder am Ende des Prozesses vom Gericht fallengelassen wurden. Auf sie kam es bei der Beurteilung von K.s Schuld nicht an. Gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen Gunther Kruse hatte K. angegeben, gewusst zu haben, dass er nicht Kevins Vater war. Gleichwohl aber hing er an dem Kind und gab sich zielgerichtet als Vater aus. Heinke: "Er stellte seinen eigenen Wunsch über das Wohl des Kindes."
Ziehvater K. verfügt über manipulatives Geschick
AUS DEM GERICHTSSAAL DER SPIEGEL Gisela Friedrichsen ist Gerichtsreporterin des SPIEGEL Und als die schwer alkoholgeschädigte Mutter an einem Milzriss starb, schien der kleine Junge der Einzige zu sein, der für K. noch etwas bedeutete. Nur so lässt sich erklären, dass der K. mit Polamidon substituierende Arzt, dass einer seiner Anwälte, die ihn jetzt verteidigen, dass der zuständige Sozialarbeiter im Jugendamt und andere offenbar davor zurückschreckten, ihm den letzten Strohhalm auch noch zu nehmen. Dass dies das Leben des Kindes kosten könnte - man hat es nicht sehen, nicht wahrhaben wollen.
K. verfügt trotz seiner Sucht und Abhängigkeit über ein manipulatives Geschick, seine Absichten durchzusetzen. Das tat er, indem er drohend auftrat. Oder er erweckte einen fürsorglichen Eindruck. Oder er gab sich als besserungswillig und zu Verantwortung bereit aus. Seine Ausreden wirkten offenbar glaubwürdig, seine Versäumnisse blieben folgenlos. Wie kann das sein? Ist es nachvollziehbar, dass K. zwar in einer Behörde Hausverbot erhielt, weil sich die Mitarbeiterinnen vor seiner Aggressivität fürchteten - dass man ihm aber das wehrlose Kind bedenkenlos überließ?
"Der größte und stabilste Knochen des Körpers"
Es konnte in dem Prozess trotz 19 Sachverständiger nicht geklärt werden, durch welche Gewalteinwirkung wann genau welche Verletzungen Kevin zugefügt wurden. Durch Schleudern an die Wand? Durch massives Einwirken mittels eines Gegenstandes? Durch unmittelbare Gewalt? Nur der linke Oberschenkelknochen, der vollständig durchtrennt war, lässt Schlüsse zu.
"Das ist der größte und stabilste Knochen des Körpers", so Staatsanwalt Heinke. "Um ihn zu brechen, reicht es nicht aus, dass man stolpert oder hinfällt. Hier wurde direkt auf das Kind eingewirkt, mit enormer Gewalt." Die Durchtrennung dieses großen Röhrenknochens verursachte vermutlich auch die Fettembolie, an der Kevin letztlich starb.
ZUM THEMA AUF SPIEGEL ONLINE
* Inzest: "Er hat immer so getan, als würde er mich nicht hören" (20.05.2008) * Urteil im Rabbi-Prozess: Ein Stich, eine Wunde, ein Zweifel (20.05.2008) * Totschlagsprozess: Kevins Ziehvater könnte vermindert schuldfähig sein (09.05.2008) * Gutachter-Aussage: Schwere Knochenbrüche sind Ursache für Kevins Tod (20.03.2008) * Kevin-Prozess: "Es gab viel problematischere Fälle" (07.03.2008) * Gutachten: Kevin hatte Kokain und Methadon im Blut (08.01.2008) * Kevins Stiefvater: "Ich bin das Schwein" (30.10.2007)
Es gibt laut Staatsanwaltschaft mehrere mögliche Todesursachen, etwa einen Blutmangelschock oder den Tod durch Ersticken unter weicher Bedeckung. "Rechtlich gesehen ist es gleich, woran Kevin starb. Denn alle denkbaren Todesursachen sind auf den Angeklagten zurückzuführen."
Psychiater Kruse hatte eine verminderte Steuerungsfähigkeit K.s zur Tatzeit nicht ausgeschlossen - mit Vorbehalt allerdings, da K. sich nicht zu seiner Verfassung zur Tatzeit geäußert hatte. Da man nicht einmal weiß, wann genau Kevin starb - zwischen dem 20. April und Ende August 2006 vermutlich - , und K. sich in diesem Zeitraum völlig zurückgezogen hatte, so dass es auch keine Zeugen gibt, die etwas über seinen Zustand sagen könnten, bleibt vieles Spekulation. Kruse konnte nur Rückschlüsse ziehen aus K.s Verfassung nach der Festnahme und den lange währenden Entzugserscheinungen in der Haft. So etwas sei nur schwer zu simulieren, so der Psychiater.
Kevin "hätte gerettet werden können"
"Hätte das Kind überlebt, wenn es angemessen versorgt worden wäre?" fragte Heinke. Kevin hatte schon vergleichsweise lange überlebt mit seinen vielfach gebrochenen Armen und Beinen und Rippen. Einige der Brüche waren von selbst verheilt, andere zeigten Zeichen von Zusammenwachsen. "Er hätte also gerettet werden können, wenn auch nicht mit absoluter Sicherheit."
Sogar sein elender Zustand hätte nach klinischer Erfahrung noch behandelt werden können durch Sauerstoffzufuhr und vor allem Intensivpflege. Doch dann wurde sein linker Oberschenkel brachial auseinandergebrochen. Die Schmerzen, wenn Kevin nicht sogar das Bewusstsein verlor, müssen bestialisch gewesen sein.
Darin sieht der Staatsanwalt einen "deutlichen Tötungsvorsatz", da nach Auffassung der Staatsanwaltschaft der bedingte Tötungsvorsatz voraussetzt, "dass sich der Täter zumindest mit dem Tod seines Opfers abfindet oder mit der Möglichkeit eines tödlichen Ausgangs seines Handelns rechnet". Dies gelte sogar, wenn der Täter den Tod ablehne, aber trotzdem handle. Heinke sieht auch das Mordmerkmal "Grausamkeit" als erfüllt an: "Wer einem zweijährigen Kind den Oberschenkel durchbricht und fünf weitere Brüche zufügt, der kann nur grausam gehandelt haben!"
"Bedingter Tötungsvorsatz"
Mord bedeutet Lebenslang. Liegen bei K. die Voraussetzungen des schuldmindernden Paragraphen 21 vor? Kruse mochte sie nicht ganz ausschließen. Andererseits war K. zwischendurch immer wieder in der Lage, sein Leben zu organisieren. Selbst wenn es nur darum ging, im Kinderwagen Kevins eine Spritze vorrätig zu halten, um sich etwa nach einem Behördenbesuch gleich wieder einen Schuss setzen zu können.
Es war K. laut Staatsanwaltschaft bewusst, dass er das Kind schon mehrfach schmerzhaft verletzt hatte; er wusste, dass dies unter Rauschgifteinfluss geschehen war und er sich nicht immer in der Gewalt hatte; er wusste, dass er weiterhin Drogen nehmen würde - und dass wieder etwas passieren könnte.
Doch ob K. sich zu hundert Prozent sicher war, wieder gewalttätig gegenüber dem Kind zu werden - das wollte Heinke denn doch nicht unterstellen. "Es ist also von einer Milderung auszugehen, auch, weil der Tötungsvorsatz nur bedingt war. Das reduziert etwas die Maximalschuld."
Am 28. Mai wird die Verteidigung plädieren. Das Urteil soll am 5. Juni verkündet werden.
Seine mögliche Mitschuld am Tod des kleinen Kevin vor zwei Jahren wird noch vor Gericht verhandelt. Nun hat der angeklagte Sozialarbeiter die Arbeit wieder aufgenommen. Die Opposition im Bremer Senat ist aufgebracht und fordert Konsequenzen.
Mehr als eineinhalb Jahre nach dem grausigen Fund der Leiche des kleinen Kevin aus Bremen ist der schwer beschuldigte Sozialarbeiter des Jungen wieder im Dienst. Der sogenannte Fallmanager, der sich wegen des Todes des Jungen noch vor Gericht verantworten muss, arbeitet nach Angaben der Sozialbehörde in der Verwaltung. Er sei nicht mit der Sozialarbeit mit Familien betraut. Eine Suspendierung wird geprüft. Die CDU-Opposition in der Hansestadt sieht einen "unfassbaren und skandalösen Vorgang". Es müsse geklärt werden, ob eine Entlassung des Mitarbeiters wegen nicht eingehaltener Fristen gescheitert sei. Anzeige
Die Leiche Kevins war mit rund zwei Dutzend Knochenbrüchen im Oktober 2006 im Kühlschrank seines Ziehvaters entdeckt worden. Schon erste Analysen des Falls ergaben massive Fehler bei der zuständigen Sozialbehörde. Das Kind stand unter der Obhut des Staates. "Dieser Mitarbeiter hat durch eigenes Versagen eine Schlüsselrolle im Fall des kleinen Kevin gespielt", sagte der CDU-Abgeordnete und Vorsitzende des damals eingesetzten Untersuchungsausschusses, Helmut Pflugradt.
Personalrat widerspricht Kündigungsverfahren Die Sozialbehörde sei damals davon ausgegangen, dass ein erster, auf Akten gestützter Bericht für eine Kündigung nicht ausreichend sei, sagte eine Sprecherin der Sozialverwaltung. Nach einem Bericht der Innenrevision sei dann ein Kündigungsverfahren eingeleitet worden. Diesem sei jedoch vom Personalrat widersprochen worden. Eine Einigungsstelle habe schließlich formal argumentiert, dass bereits nach dem ersten Bericht der Arbeitgeber hätte die Kündigung aussprechen müssen, die Frist für ein solches Verfahren nun aber abgelaufen sei.
Mehr zum Thema Prozessauftakt in Bremen: Kevins Ziehvater schweigt Untersuchungsausschuss: "Kevin könnte noch leben" Tod des kleinen Kevin: Eine Geschichte des Versagens In der Sozialverwaltung sieht man derzeit noch zwei Ansatzpunkte, um doch noch zu einer Entlassung des Mannes zu kommen. Erstens durch das Urteil gegen den Ziehvater, aus dem sich möglicherweise Anhaltspunkte ergeben. Der 43-Jährige ist wegen Totschlags angeklagt. Das Urteil soll voraussichtlich am 5. Juni gesprochen werden. Die zweite und aussichtsreichere Möglichkeit sei dann das Verfahren gegen den Sozialarbeiter selber.
Schrift: BEHÖRDENWAHNSINN IM FALL KEVIN Sozialarbeiter hat 240 Kinder gleichzeitig betreut
Bremer Jugendamt am Pranger: Vor dem Untersuchungsausschuss zum Tod des zweijährigen Kevin hat der frühere Amtsvormund des Jungen über eine extreme Arbeitsbelastung geklagt. Für 640 Kinder seien gerade einmal drei Betreuer zuständig gewesen. ANZEIGE
Bremen - "Das schlechte Gewissen, weil sie sowieso nicht alles schaffen, das schiebt man vor sich her", sagte der 64-jährige Sozialarbeiter vor dem Ausschuss. Er betreue im Schnitt 240 Kinder. Nur 30 Prozent von ihnen kenne er gut. Zum Fall Kevin verweigerte er die Aussage. Der frühere Fallmanager des Jungen erschien nicht vor dem Ausschuss. Er hatte sich zuvor krank gemeldet. Ein neuer Anhörungstermin steht noch nicht fest.
Kevins Wohnhaus in Bremen: Schwerste Misshandlungen, obwohl er unter der Obhut des Jugendamtes stand Großbildansicht DDP
Kevins Wohnhaus in Bremen: Schwerste Misshandlungen, obwohl er unter der Obhut des Jugendamtes stand Kevin war im Oktober 2006 tot im Kühlschrank seines drogenabhängigen Ziehvaters gefunden worden. Der Junge war vermutlich schon Ende April oder Anfang Mai an den Folgen schwerster Misshandlungen gestorben, obwohl er unter der Obhut des Bremer Jugendamtes stand.
Die Amtsvormunde hätten sich in der Vergangenheit mehrfach bei der Amtsleitung über ihre Arbeitssituation beschwert, sagte der Sozialarbeiter, der in Begleitung seines Anwalts erschienen war. Geändert habe sich aber nichts. Erst nach dem Tod von Kevin hatte der Senat angekündigt, die Zahl der Amtsvormunde auf sechs zu erhöhen.
Zugleich sagte der Zeuge, dass die Leitung des Jugendamts sehr auf die Kosten von Erziehungsmaßnahmen geachtet habe. Der Amtsvormund berichtete von einem Mündel, für das er im Januar 2005 auf Empfehlung des Gesundheitsamtes eine besonders teure Maßnahme beantragt habe. Erst im Oktober 2005 habe die Amtsleitung darüber entschieden. Dies habe rein finanzielle Gründe gehabt, sagte der Sozialarbeiter.
Schwere Versäumnisse des Fallmanagers
Gegen ihn sowie den früheren Fallmanager Kevins ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Verletzung der Fürsorgepflicht. Vor dem Untersuchungsausschuss hatten Zeugen dem Fallmanager wiederholt schwere Versäumnisse vorgeworfen. Er habe regelmäßig nicht auf Warnhinweise reagiert, die auf eine Misshandlung Kevins hindeuteten. Eine Familienhebamme hatte den Fallmanager als "sehr unengagiert und konzeptlos" beschrieben.
Eine Kollegin des Jugendamtmitarbeiters beschrieb diesen als "angenehmen, netten Menschen". Sie habe wenig Einblick in seine Fälle gehabt. Alle seien in ihrer Arbeit sehr überlastet gewesen. Ein einziges Mal hatte die 57-Jährige mit Kevins Familie Kontakt. Nach einem polizeilichen Notlagenbericht hatte sie die Familie aufgesucht, weil der zuständige Fallmanager nicht da gewesen sei. Sie habe keine Notwendigkeit gesehen, das Kind in Obhut zu nehmen.
Sie habe immer im Hinterkopf gehabt, dass die Familiengerichte das Recht der Kinder, bei ihren Eltern zu leben, sehr hoch hielten. Bevor Kinder aus Familien genommen würden, müssten erst andere Hilfen fehlgeschlagen sein. Nach dem Tod von Kevin würden nun Kinder schon viel früher in Obhut genommen, sagte die Zeugin.
Im Prozess um den Tod des kleinen Kevin, dessen Leiche im Herbst 2006 in einem Kühlschrank gefunden wurde, äußerte sich erstmals der angeklagte Ziehvater. In seinem Schlusswort bedauerte der Drogensüchtige die Tat.
Mit einem emotionalen Schlusswort im Bremer Prozess um den Tod des kleinen Kevin hat der angeklagte Ziehvater erstmals sein Schweigen gebrochen. "Ich bin erschüttert über diese Katastrophe, es ist ungeheuer traumatisch. Meine Reue ist drastisch", sagte der 43 Jahre alte Mann vor dem Landgericht. Zuvor hatten seine Anwälte in ihren Plädoyers keine konkreten Anträge gestellt. Sie führten stattdessen den starken Drogeneinfluss auf ihren Mandanten zum offenen Todeszeitpunkt des Kindes an. Der Mann sei ein liebevoller Vater gewesen und habe nicht die Absicht gehabt, das Kind zu töten. Außerdem sei die Todesursache weiter ungeklärt.
Kevin wurde im Oktober 2006 mit zahlreichen Knochenbrüchen tot im Kühlschrank des drogensüchtigen Ziehvaters gefunden. Die Anklage hatte 13 Jahre Haft für den Mann gefordert und die Tat als Mord und schwere Misshandlung von Schutzbefohlenen gewertet. Der Staatsanwalt hatte nicht auf eine lebenslange Haftstrafe plädiert, weil eine verminderte Schuldfähigkeit des Mannes nicht auszuschließen sei. Sie hatten keine Chance
"Ich weiß einfach nicht, was damals passiert ist." Der Angeklagte verfolgte - wie an anderen Verhandlungstagen auch - am Schluss fast regungs- und teilnahmslos den Prozessverlauf. "Ich finde bis heute nicht die richtigen Worte, um meine Fassungslosigkeit zu zeigen und meine Betroffenheit zum Ausdruck zu bringen", sagte er nach einem Blick in seine Notizen. Wenn er sage, er sei maßlos traurig, treffe dies nicht das Ausmaß seiner Gefühle. "Es tut mir leid - in meinem Fall klingt das wie eine Verniedlichung, weil das so extrem tief geht. Ich würde gern mehr sagen, aber es geht nicht. Ich weiß einfach nicht, was damals passiert ist."
Der Ziehvater hat nach Überzeugung von Staatsanwalt Daniel Heinke den linken Oberschenkel von Kevin gebrochen, danach kam es möglicherweise zu einer Fettembolie und Herzversagen. Für die beiden Verteidiger Thomas Becker und Jörg Hübel blieben dagegen Zweifel an der genauen Todesursache: "Was ist eigentlich genau passiert? Wir wissen es nicht, es gibt viele Unwägbarkeiten."
"Völliger Absturz" in die Drogensucht Aus Sicht der Verteidigung ist nicht auszuschließen, dass Knochenbrüche und Einblutungen erst nach dem Tod des Jungen entstanden seien. Zudem habe ein Kinderarzt im Zeitraum zwischen Mitte 2004 und Ende 2005 bei 18 Untersuchungen von Kevin nie typische Verletzungen entdeckt, die eine Kindesmisshandlung belegten. Der Angeklagte habe sich vielmehr liebevoll um den Jungen gekümmert.
Er habe versucht, mit Kevins Mutter eine bürgerliche Beziehung aufzubauen. Als dies nach einer Fehlgeburt der Mutter und deren Tod scheiterte, habe er einen "völligen Absturz" von Drogenmissbrauch durchlebt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass wegen der Drogenabhängigkeit mildernde Umstände vorlägen. Der Angeklagte solle Gelegenheit bekommen, die Vorgänge aufzuarbeiten, sagte Becker. Wie das geschehen könne, bleibe abzuwarten.
Kevins Ziehvater vor Gericht Erschüttert über die Katastrophe DruckenVersendenSpeichernVorherige Seite yiggdeliciouslinkwebnewsdiggwong Der Angeklagte meldete sich erstmals vor Gericht zu Wort
Der Angeklagte meldete sich erstmals vor Gericht zu Wort
28. Mai 2008 Im Prozess um den Tod des zwei Jahre alten Kevin aus Bremen hat sich der Angeklagte erstmals selbst zu Wort gemeldet. Er sei erschüttert über die Katastrophe, sagte er. Bis heute finde er nicht die richtigen Worte, um seine Fassungslosigkeit zu beschreiben und seine Betroffenheit richtig zum Ausdruck zu bringen.
Wenn ich sage, dass ich maßlos traurig bin, ist es unzureichend, weil es viel mehr ist als Traurigkeit. Wenn er sage, es tue ihm leid, sei dies eine Verniedlichung, weil es so extrem tief geht. Er wisse einfach nicht, was da passiert ist. Sein Anwalt Becker sagte, sein Mandant habe sich auch liebevoll um Kevin gekümmert.
Verteidiger belastet Mutter
Zumindest ein Teil der Kevin zugefügten Verletzungen seien seinem Mandanten nicht nachzuweisen, sondern gingen in Richtung der ebenfalls drogenabhängigen Mutter. Zum Thema
* Fall Kevin: Er könnte noch leben, wenn man gehandelt hätte * Fall Kevin: Bericht weist Behörden massive Fehler nach * Kevin starb an den Folgen physischer Gewalt
Becker sagte, er habe den Eindruck, dass der Ziehvater sich wirklich bemüht habe, eine scheinbürgerliche Welt aufrechtzuerhalten. Doch nach der Totgeburt seines Sohnes Joshua und dem Tod von Kevins Mutter sei für den Angeklagten eine Welt zusammengebrochen. Danach sei sein Drogenkonsum rapide angestiegen. Am Ende habe er an Verfolgungswahn gelitten. Deshalb sei auch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt denkbar.
Ziehvater ist kein Monster
Der Ziehvater sei nicht das Monster, für den ihn viele hielten. Der Drogenabhängige sei von vielen Zeugen als aggressiv dargestellt worden. Tatsächlich habe es aber keine schwerwiegenden Gewalttätigkeiten gegenüber Dritten gegeben. Unter welchen Umständen Kevin starb, habe nicht geklärt werden können. Weder die Todesursache, noch der Todeszeitpunkt seien bekannt. Eine Tötungsabsicht könne dem Angeklagten deshalb nicht nachgewiesen werden, sagte der Anwalt. Selbst Tötung durch Unterlassung sei nicht glaubhaft.
Urteil am fünften Juni erwartet
Dann müsste man ihm unterstellen, dass er in irgendeiner Form erkannt hat, dass Kevin aufgrund des Bruches des linken Oberschenkels sterben muss. Der frühere Lebensgefährte von Kevins Mutter muss sich seit Oktober 2007 wegen Totschlags vor dem Landgericht verantworten.
Die Polizei hatte die Leiche des schwer misshandelten Jungen im Kühlschrank des Mannes gefunden. Bei der Obduktion waren bei dem toten Kind zwei Dutzend ältere und neuere Knochenbrüche entdeckt worden. Die Staatsanwaltschaft fordert 13 Jahre Haft wegen Mordes und Misshandlung Schutzbefohlener. Das Urteil wird für den fünften Juni erwartet.
Die Verteidiger des angeklagten Ziehvaters haben kein konkretes Strafmaß gefordert. Anwalt Thomas Becker ging an diesem Mittwoch in seinem Plädoyer vor dem Bremer Landgericht von Körperverletzung, maximal Körperverletzung mit Todesfolge aus. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der 43 Jahre alte Angeklagte die Absicht gehabt habe, Kevin zu töten. Sie wiesen auf seinen hohen Drogenkonsum hin. Eine verminderte Schuldfähigkeit könne nicht ausgeschlossen werden. Das Urteil wird für den fünften Juni erwartet.
Bremen (ddp-nrd). Ein zweiter Fall Kevin ist aus Sicht des Sozialpädagogik-Experten Jürgen Blandow zumindest in Bremen kaum möglich. «Der Fall Kevin wird sich nicht wiederholen», sagte der pensionierte Professor der Sozialpädagogik an der Universität Bremen der Nachrichtenagentur ddp. Dafür sei die Sozialbehörde inzwischen zu sehr sensibilisiert. Seit dem gewaltsamen Tod des kleinen Jungen seien vielfältige Maßnahmen eingeleitet worden. Allerdings könnten Misshandlungen von Kindern mit Todesfolge nie ausgeschlossen werden.
Der Tod von Kevin, der unter der Vormundschaft des Jugendamtes stand, hätte dagegen verhindert werden können, sagte der Professor. Schließlich sei eine Vielzahl von Experten mit dem Fall betraut gewesen. Es habe zahlreiche Hinweise auf die erheblichen Probleme in der Familie gegeben. Dass das Jugendamt nicht reagierte, sei eine «extreme Schlamperei» gewesen. «In dem Fall ist alles schief gelaufen, was schief laufen konnte", fügte Blandow hinzu.
Inzwischen sei das Personal in den Sozialzentren und in der Amtsvormundschaft aufgestockt worden. Problematische Familien würden deutlich öfter kontrolliert. Es gebe häufiger Fallkonferenzen mit Ärzten, Erzieherinnen und Sozialarbeitern. Die Sozialarbeiter stünden nicht mehr unter dem finanziellen Druck, wie es ihn früher gab. «Das ist ein entscheidender Punkt», sagte Blandow. Nun könnten sie allein nach fachlichen Gesichtspunkten entscheiden.
Vor dem Fall Kevin habe es in Einrichtungen wie dem Hermann-Hildebrandt-Kinderheim eine Auslastung von 60 Prozent gegeben. Weil gefährdete Kinder jetzt frühzeitig aus den Familien herausgenommen würden, sei die Auslastung inzwischen auf 120 Prozent angestiegen. Zudem gebe es einen Boom an sozialpädagogischen Familienhilfen. Auch sei das Kindernottelefon eingerichtet worden.
Prozess um Kindestod: Zehn Jahre Haft für Kevins Ziehvater 05. Jun 15:27 Blumen, Kerzen und Stofftiere wurden am Wohnhaus in Bremen niedergelegt Bild vergrößern Blumen, Kerzen und Stofftiere wurden am Wohnhaus in Bremen niedergelegt Foto: AP Das Gericht blieb unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Bei den Bremer Sozialbehörden wurde eine Mitschuld festgestellt ein Prozess gegen sie wird folgen.
Nach dem tödlichen Martyrium des kleinen Kevin aus Bremen hat das Landgericht den Ziehvater des Jungen am Donnerstag zu zehn Jahren Haft verurteilt. Dabei blieb das Gericht erheblich unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die 13 Jahre wegen wegen Mordes und schwerer Misshandlung gefordert hatte. Die Verteidiger hatten keine konkreten Anträge gestellt.
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Das Gericht sprach ihn wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen für schuldig. Außerdem wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet, aber erst, wenn er drei Jahre Haft verbüßt hat. Die Leiche Kevins war im Oktober 2006 im Kühlschrank des drogensüchtigen 43-Jährigen gefunden worden.
Das Schicksal des Jungen hatte bundesweit für Erschütterung und Entsetzen gesorgt. Fahnder hatten die Leiche des Zweijährigen eingewickelt in Decken und Müllsäcke im Kühlschrank entdeckt. Zu diesem Zeitpunkt war Kevin, der unter der Obhut des Staates stand, vermutlich schon Monate tot. Bei der Obduktion der Leiche waren rund zwei Dutzend Brüche festgestellt worden. Untersuchungen hatten massive Fehler bei den Sozialbehörden der Hansestadt ergeben.
Dabei wurde die Mitschuld der Behörden an Kevins Tod festgestellt. Der zuständige Sachbearbeiter und der Amtsvormund von Kevin sind wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen angeklagt. Der Prozess steht noch aus.
Wenige Stunden vor der Verkündung des Urteils gegen den Ziehvater räumte der Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen in einem NDR-Interview ein, der Staat habe bei seiner Fürsorgepflicht für Kevin versagt. «Wir haben uns alle in der Stadt, die Politik, die Bürgerinnen und Bürger vorgenommen, alles Menschenmögliche zu tun, damit sich so etwas nach Menschenmöglichkeit jedenfalls, nicht mehr wiederholen kann», betonte der SPD-Politiker. Eine ganze Reihe von Maßnahmen seien auf den Weg gebracht worden. (dpa/AP)
Schrift: KINDESMISSHANDLUNG MIT TODESFOLGE Kevins Ziehvater zu zehn Jahren Haft verurteilt
Misshandelt, gequält und wohl zu Tode geprügelt: Kevin aus Bremen, dessen Leiche die Polizei in einem Kühlschrank fand, starb an den Folgen schwerer Knochenbrüche. Nun hat das Landgericht den Ziehvater des Jungen wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt.
Bremen - Die Strafkammer sprach Bernd K. auch wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig und ordnete die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an, aber erst nach drei Jahren verbüßter Haft. Die Leiche von Kevin war im Oktober 2006 im Kühlschrank des Drogensüchtigen gefunden worden.
Kevins Ziehvater Bernd K.: Zehn Jahre ins Gefängnis Zur Großansicht AP
Kevins Ziehvater Bernd K.: Zehn Jahre ins Gefängnis Die Staatsanwaltschaft hatte auf eine Verurteilung wegen Mordes und eine Haftstrafe von 13 Jahren plädiert (mehr...). Strafmildernd hatte die Anklage gewertet, dass der Mann wegen seiner Drogensucht zur Tatzeit möglicherweise vermindert schuldfähig war. Die Verteidigung hatte eine Verurteilung wegen Körperverletzung, maximal wegen Körperverletzung mit Todesfolge gefordert. Ein Strafmaß hatte sie nicht genannt.
Das Schicksal des Jungen hatte bundesweit für Erschütterung und Entsetzen gesorgt. Fahnder hatten die Leiche des Zweijährigen eingewickelt in Decken und Müllsäcke in K.s Kühlschrank entdeckt.
Zu diesem Zeitpunkt war Kevin, der unter der Obhut des Staates stand, vermutlich schon Monate tot. Bei der Obduktion der Leiche waren rund zwei Dutzend Brüche festgestellt worden. Untersuchungen hatten massive Fehler bei den Sozialbehörden der Hansestadt ergeben.
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Foto: DDP Video: SPIEGEL TV "Das Schicksal des kleinen Kevin hat die ganze Stadt fassungslos gemacht", sagte Bürgermeister Jens Böhrnsen am Mittwoch. "Wir unternehmen alles Menschenmögliche, damit so etwas nicht noch einmal passieren kann." Böhrnsen persönlich war im Januar 2006 von Mitarbeitern eines Kinderheims auf die Sorgen um Kevin angesprochen worden. Er hatte daraufhin Sozialsenatorin Karin Röpke gebeten, sich des Falls anzunehmen.
MEHR ÜBER... Kindstötung Landgericht Bremen Kindesmisshandlung zu SPIEGEL WISSEN Wenige Stunden vor der Verkündung des Urteils für den Ziehvater Bernd K. sagte der Bürgermeister in einem NDR-Interview: "Kevin stand unter Amtsvormundschaft, das heißt, der Staat war zur Fürsorge für Kevin verpflichtet, und er hat versagt mit seinen Behörden und Ämtern, im Schutz Kevins vor den Gewalttätigkeiten des Vaters."
Zu den Konsequenzen aus dem Fall sagte der SPD-Politiker: "Wir haben ein Kinder- und Jugendschutztelefon eingerichtet, das rund um die Uhr erreichbar ist. Wir haben einen Kriseninterventionsdienst geschaffen, wir haben in Bremen verbindliche Vorsorgeuntersuchungen eingeführt, wir haben ein Elternbesuchsprogramm eingesetzt und wir haben ein Familien-Hebammen-Programm, Programme zur Elternbildung und vieles mehr. Uns geht es mit all diesen Maßnahmen darum, dass wir ein Netzwerk der Fürsorge schaffen, um unsere Kinder zu schützen."
Am Kinder- und Jugendschutztelefon, das im Februar 2007 eingerichtet wurde, meldeten sich bis April 2008 insgesamt 1125 besorgte Anrufer. In rund 30 Prozent der Fälle musste das Jugendamt sofort einschreiten, manchmal gemeinsam mit der Polizei. Zeitweilig schwoll auch die Zahl der Heimunterbringungen deutlich an.
<p><br />Fall Kevin: Suspendierter Amtsleiter verteidigt seine Arbeit</p><p>Bremen (ddp-nrd). Der nach dem Tod des zweijährigen Kevin suspendierte Leiter des Bremer Amtes für Soziale Dienste, Jürgen Hartwig, hat seine in die Kritik geratene Amtsführung verteidigt. Er habe lediglich die Aufträge von der Sozialbehörde zur Umstrukturierung des Amtes ausgeführt, sagte Hartwig vor dem Untersuchungsausschuss im Fall Kevin. Er sei davon ausgegangen, dass die zahlreichen Vorgaben umsetzbar gewesen seien. Unter anderem sollten 90 Stellen eingespart und das Amt in zunächst zwölf und später in sechs Sozialzentren untergliedert werden.</p><p>Während des Reformierungsprozesses sei «keine Zeit zum Luftholen» gewesen, betonte Hartwig. Deshalb habe er es auch verpasst, die Umsetzung der Vorgaben zu überprüfen. Er habe zwar bei den Mitarbeitern eine «deutliche Verärgerung über die Zunahme des Drucks» gespürt. «Ich habe aber angenommen, dass die Dinge leistbar sind», sagte Hartwig. Er gab zu, auf Hinweise von Mitarbeitern zu einer Arbeitsüberlastung zum Teil nicht reagiert zu haben.</p><p>Dass sich mit der Zeit die Amtsführung und die Sozialzentren in zwei Welten bewegt hätten, wie der Ausschussvorsitzende Helmut Pflugrath (CDU) sagte, habe er nicht bemerkt. Er habe auch keine Veranlassung gehabt, anzunehmen, dass die Dienst- und Fachaufsicht, wie im Fall Kevin geschehen, nicht funktioniert habe.</p><p>Nach dem Tod des zweijährigen Jungen, der unter der Obhut des Jugendamtes gestanden hatte, war Hartwig in die Kritik geraten. Er hatte gegen sich selbst ein Disziplinarverfahren eingeleitet und wurde bis auf weiteres von seinen Aufgaben entbunden. Vor dem Ausschuss bestätigte er, dass er inzwischen mit der Hochschule Bremen in Verhandlungen für einen Forschungsauftrag stehe.</p><p>28.02.2007 Sab<br /><a href="https://www.e110.de/artikel/detail.cfm?pageid=67&id=80337">https://www.e110.de/artikel/detail.cfm?pageid=67&id=80337</a></p><p> </p>
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Zehn Jahre Haft für Kevins Ziehvater Körperverletzung mit Todesfolge
Wegen der tödlichen Misshandlung des zweijährigen Kevin hat das Landgericht Bremen den Ziehvater zu zehn Jahren Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. Es blieb damit unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die 13 Jahre Gefängnis wegen Mordes gefordert hatte. Die Strafkammer sprach den 43-jährigen Bernd K. auch wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig und ordnete die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an, aber erst nach drei Jahren verbüßter Haft. Danach ist bei erfolgreichem Verlauf der Therapie eine vorzeitige Entlassung möglich: also schon nach fünf oder sechs Jahren. Das Publikum im Gerichtssaal reagierte darauf empört.
Kevins Ziehvater verfolgte den Richterspruch teilnahmslos. Der Vorsitzende Richter, Helmut Kellermann, sagte bei der Urteilsbegründung: "Es bleibt auch für uns nur ein undeutliches und unscharfes Bild". Das emotionale Schlusswort (Siehe untern!) des Angeklagten mit der Aussage, er wisse nicht mehr, was damals passiert sei, stellte Kellermann in Frage: "Ich bin ganz ehrlich. Das glaube ich Ihnen nicht." Und dann begann er ausführlich Kevin Leidensweg aufzuzeichnen. "Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass andere Personen hierfür verantwortlich sein können", sagte der Richter zu den schweren körperlichen Misshandlungen. Nur der Angeklagte selbst und Kevins ebenfalls drogensüchtige Mutter Sandra K., die im November 2005 starb, waren dafür verantwortlich. "Sie hatten Angst vor Entdeckung!", sagte der Richter. Der 43-Jährige habe immer wieder Ausreden benutzt. Grabstein [Quelle: DPA] "Wir hätten besser auf dich aufpassen müssen!" war bei Kevins Beerdigung in einem Brief zu lesen.
VideoTag der Urteilsverkündung, [2'26] Von Mathias Siebert. 5. Juni 2008 | buten un binnen
VideoKommentar zum Urteil, [3'06] Von Folkert Lenz. 5. Juni 2008 | Nordwestradio
"Einzelne hätten den Zug in die Katastrophe aufhalten können" Richter Kellermann stellte wegen des großen öffentlichen Interesses an dem Prozess fest, dass der Sachverhalt keine Schlussfolgerung hinsichtlich der Verantwortung anderer an dem Tod Kevins zulasse. Allerdings habe es sicherlich genügend Situationen gegeben, zu denen diese Katastrophe hätte aufgehalten werden können. Nach dem Leichenfund waren schnell massive Fehler der Sozialbehörden in der Hansestadt bekannt geworden. Gegen den für Kevin zuständigen Sozialarbeiter und den Amtsvormund des Kindes steht noch ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen bevor. Bremens Regierungschef Jens Böhrnsen sagte im Interview, Kevin habe unter Amtsvormundschaft gestanden. Der Staat war zur Führsorge verpflichtet "und er hat versagt mit seinen Behörden und Ämtern, im Schutz Kevins vor den Gewalttätigkeiten des Vaters". Bernd K. vor Gericht [Quelle: DPA] Der Angeklagte Bernd K. verfolgte den Richterspruch teilnahmslos.
VideoWas hat sich nach Kevins Tod geändert? [2'24] Von Marianne Strauch. 5. Juni 2008 | buten un binnen
Kevins Tod bleibt weiter ein Rätsel Im Verlauf der Beweisaufnahme konnte nicht geklärt werden, wie die 24 Knochenbrüche bei Kevin entstanden sind und wann sein Tod eingetreten ist. Auch die Todesursache blebt ein Rätsel. Aber alles sei "auf konkrete Gewaltanwendung des Angeklagten zurückzuführen". Einen Tötungsvorsatz konnten die Kammer des Landgerichtes nicht feststellen. Aber der Angeklagte habe seinen Wunsch, das Kind bei sich zu behalten, über das Wohl des Kindes gestellt. Der Richter sagte zum Angeklagte: "Das Risiko, dass das Kind Ihnen weggenommen wird, hätten Sie eingehen müssen! " Bernd K. unterließ Hilfeleistungen zum Wohl Kevins und täuschte das System.
Bernd Kk. füttert Kevin [Quelle: privat/Radio Bremen] Der angeklagte Ziehvater Bernd Kk. füttert Kevin.
Rückblick auf das kurze Leben von Kevin und was sein Schicksal in Politik, den Ämtern und in unserer Gesellschaft ausgelöst hat:
VideoRückblick auf den Fall Kevin, [4'42] Von Marianne Strauch und Rainer Kahrs. 4. Juni 2008 | buten un binnen
Schlusswort des Angeklagten Der angeklagte Ziehvater las am 28. Mai 2008 im Anschluss an die Plädoyers seiner Anwälte eine Erklärung vom Zettel ab. Er stockte mehrfach in seiner Rede und atmete tief durch. Das Ganze dauerte nur wenige Minuten und war wegen der schlechten Akkustik im Saal 218 des Landgerichts nur sehr undeutlich zu verstehen. Aber dem Vernehmen nach sagte Kevins Ziehvater Folgendes:
"Ich finde bis heute nicht die richtigen Worte. Ich kann es nur mit Fassungslosigkeit beschreiben und kann mit Betroffenheit zum Ausdruck bringen. Wenn ich sage, dass ich maßlos traurig bin, dann ist das unzureichend, weil es viel mehr ist. Wenn ich sage, dass mir das mit Kevin Leid tut, dann ist das nicht ausreichend beschrieben. Es erfasst nicht das wirkliche Ausmaß meiner Trauer und klingt wie eine Verniedlichung, weil es so extrem tief geht. Meine Reue ist drastisch. Ich bin erschüttert von der Katastrophe. Ich würde gern mehr sagen, aber das kann ich nicht. Ich weiß wirklich nicht, was da passiert ist. Wenn ich die Fernsehberichte verfolge und höre, dass ich der Täter bin, dann bin ich wie traumatisiert. Ich weiß nicht, was da passiert ist. Ich weiß es nicht." Kamerateam vor dem Wohnhaus [Quelle: DDP] Kamerateam vor dem Wohnhaus im Bremer Stadtteil Gröpelingen.
VideoKevins Leidensweg, [2'56] Von Roland Kloos. 5. Juni 2008 | Bremen Eins
Schrift: URTEIL IM FALL KEVIN "Sie müssen mit dieser Schuld fertig werden"
Von Barbara Hans, Bremen
21 Knochenbrüche, unzählige Blutergüsse, schlimmste Schmerzen: Unvorstellbar sind die Qualen, die Kevin ertragen hat, bevor er starb. Das Landgericht Bremen hat seinen Ziehvater zu zehn Jahren Haft verurteilt. Dem Angeklagten ist es trotz eines Mammut-Prozesses kaum näher gekommen.
Bremen - Zumindest in Zahlen ist alles erfasst: 85 Zeugen wurden von der Schwurgerichtskammer II des Landgerichts Bremen im Fall Kevin gehört, 25 Sachverständige befragt. 29 Verhandlungstage lang versucht die Kammer, Licht in das kurze Leben von Kevin zu bringen, dessen Leiche Polizisten am 10. Oktober 2006 in einer Wohnung im zweiten Stock in der Kulmer Straße Straße im Bremer Stadtteil Gröpelingen gefunden hatten. Kevin maß 83 Zentimeter, war in einen 53 Zentimeter breiten Kühlschrank gequetscht worden.
Bernd K.: "In Bremen Geschichte schreiben" DPA
Bernd K.: "In Bremen Geschichte schreiben" "Es ist nicht wieder gut zu machen, in keiner Weise", sagte der Vorsitzende Richter Helmut Kellermann am Ende seiner Urteilsverkündung zu dem angeklagten Stiefvater des Jungen, Bernd K.
Der 44-Jährige wurde wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen zu zehn Jahren Haft verurteilt, von denen er zwei in einer Entziehungsanstalt verbringen muss. Das Gericht blieb damit deutlich unter der Forderung von Staatsanwalt Daniel Heinke, der das Mordmerkmal der Grausamkeit als erwiesen ansah und eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren gefordert hatte.
Bernd K. schwieg beharrlich
In seiner fast zweistündigen Urteilsbegründung versuchte Kellermann die Argumentation der Kammer darzulegen - und machte keinen Hehl daraus, dass auch unter den Mitgliedern nicht immer Einigkeit darüber bestand, was Kevin in seinem kurzen Leben widerfahren und inwieweit K. dafür juristisch zur Verantwortung zu ziehen ist. "Es gab Situationen, wo der Zug in die Katastrophe hätte aufgehalten werden können", betonte Kellermann. Allerdings seien diese zwar moralischer, nicht jedoch zwingend auch juristischer Art.
Kevin ist zum Synonym geworden für eine Debatte über den Kinderschutz in Deutschland: Das Handeln der zuständigen Behörden ist ebenso in die Diskussion geraten wie die Kürzung von Geldern und der lasche Umgang mit Drogenabhängigen. "Ob all diese Aspekte zum Tod Kevins beigetragen haben, kann man nicht sagen", so Kellermann.
Das Gericht hatte die mühsame Aufgabe, herauszufinden, was zwischen Mai 2006, dem Zeitpunkt, zu dem Kevin das letzte Mal lebend gesehen worden ist, und dem 10. Oktober 2006 geschehen ist.
Doch Bernd K. - die graumelierten Haare hat er am Tag der Urteilsverkündung zum Zopf gebunden, trägt ein blau-weiß gestreiftes Hemd mit beigefarbener Strickjacke, das Gesicht ist aschfahl - schwieg beharrlich. Seine Anwälte hatten ihm geraten, von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen.
Es war der Versuch, ein Puzzle zusammenzusetzen - doch viele Teile gab es nicht.
"Es bleibt nur ein undeutliches und unscharfes Bild übrig"
K. hat nur sehr bedingt am sozialen Leben teilgenommen. Die Zeugen aus dieser Szene - Bekannte aus dem Drogenmilieu oder Nachbarn, die K. mitunter wüst beschimpfte und bedrohte - waren wenig hilfreich, ein Bild von K. zu zeichnen. "Es bleibt nur ein undeutliches und unscharfes Bild übrig", so Richtee Kellermann. Was ist geschehen seit Kevins Geburt im Krankenhaus Bremen-Nord, zugleich Zeitpunkt des ersten Eintrages in der Akte Kevin?
Kevins Leiden ist kaum in Worte zu fassen: Ärzte stellten 21 Knochenbrüche, zahllose Blutergüsse fest. Wann sich was ereignete, die Frage konnte das Gericht trotz großem Aufwand nicht klären.
ZUM THEMA AUF SPIEGEL ONLINE
* Kindesmisshandlung mit Todesfolge: Kevins Ziehvater zu zehn Jahren Haft verurteilt (05.06.2008) * Kevin-Prozess: Ziehvater bricht sein Schweigen (28.05.2008) * Prozess um Kindstötung: Kevins Rettung war möglich, doch alle schauten weg (20.05.2008) * Totschlagsprozess: Kevins Ziehvater könnte vermindert schuldfähig sein (09.05.2008) * Gutachter-Aussage: Schwere Knochenbrüche sind Ursache für Kevins Tod (20.03.2008) * Kevin-Prozess: "Es gab viel problematischere Fälle" (07.03.2008)
"Kevin sei ein sehr wildes Kind", rechtfertigte sich K. gegenüber Ärzten. Er habe sich mit seinen Beinchen im Gitterbett verfangen, sich die Verletzungen selbst zugefügt. Doch Kevin ist bis zu seinem Tod sehr schwach, sehr klein, kann kaum sprechen, nicht laufen. "Retardiert", sagen die Gutachter. Sie meinen: Der Junge ist zu schwach, zu klein, um sich selbst derart zu verletzen. "Er hatte nicht die Kraft, sich solche Brüche zuzufügen", resümiert Kellermann. Ein Rechtsmediziner hatte vor Gericht demonstriert, welcher Kraft es bedarf, den noch sehr biegsamen Knochen eines Kleinkindes zu brechen. Ein einfacher Sturz? Undenkbar.
Kevins Situation verschlechtert sich nach dem Tod seiner Mutter Sandra, die im Herbst 2005 an einem Milzriss starb.
Ende Februar 2006 willigt K. ein, Kevin stundenweise zu einer Tagesmutter zu geben. Letztlich bringt er den Jungen aber nur viermal zu der Frau. Am 17. März 2006 fallen ihr schwere Verletzungen des Jungen auf - ein "wie eine Banane verformtes" Schienbein, Blutergüsse im Genitalbereich, Kevins Fußgelenk ist notdürftig verbunden.
Wenn sie Kevins Bein auch nur berührt, fängt er an zu weinen. Die Tagesmutter wendet sich an das Jugendamt, wird aber dort, wie Kellermann betont, "leider" nicht ernst genommen mit ihrem Anliegen. Sie solle den Jungen abends dem Vater aushändigen, sagt man ihr.
K. prügelt, pöbelt, schimpft - liebt aber zugleich den Jungen
Beim letzten Treffen mit dem Amtsvormund im April 2006 hinterlässt Kevin jedoch einen guten Eindruck. Er sei zwar blass, schwach, dünn gewesen, aber munter und zufrieden.
Es ist dieser Gegensatz, der das Urteil wie ein roter Faden durchzieht: Die Eindrücke, die die Menschen, die Kevin lebend gesehen haben, von ihm gewonnen haben, widersprechen sich. K. brach ihm die Knochen - doch der Junge - und auch K. - hinterlassen wenig später bei den Behörden einen guten Eindruck. Eine Sachbearbeiterin erinnerte sich sogar explizit an einen Kuss, den Kevin ihr gab. K. prügelt, pöbelt, schimpft - liebt aber zugleich den Jungen, äußert immer wieder die Angst, ihn zu verlieren.
Letztlich verliert er ihn durch sein eigenes Handeln: Kevin starb Ende Juni oder Anfang Juli, zu diesem Schluss kam die Kammer. "Genauer können wir es nicht sagen", sagt Kellermann. Es klingt wie das Fazit des Prozesses.
Durch "stumpfe Gewalteinwirkung" erleidet Kevin fünf weitere Knochenbrüche. Er stirbt an einem Versagen der rechten Herzklappe in Folge einer Fettembolie - verursacht durch die Knochenbrüche. "Die Gewalteinwirkung allein hat nicht gereicht, das können wir sagen." Wie viel Zeit aber zwischen der Verletzung und dem Tod lag, ist unklar: Es können Minuten gewesen sein, aber auch Stunden und Tage.
"Wenn du nicht ruhig bist, reiße ich dir den Arsch auf"
Was für ein Mensch K. ist, vermochte auch das Gericht nicht zu klären. Vielleicht ist es ohnehin schwer festzustellen. K.s Leben war seit Jahren durch Drogen- und Alkoholsucht geprägt. Gegenüber Außenstehenden sei er aggressiv gewesen, führte Kellermann aus. Frauen waren "Schlampen", auch Sandra K., die "für jeden die Beine breit mache". Als "Scheiß Türken" betitelte er seine Nachbarn vom Balkon. Wenn man ihm das Kind wegnehme, droht er, werde er "in Bremen Geschichte schreiben".
Zu Kevin, den er auch "mein Dicker" nannte, habe er einmal im Treppenhaus gesagt: "Wenn du nicht ruhig bist, dann reiße ich dir den Arsch auf." Danach war Kevin ruhig und K. so amüsiert, dass er lachte. Doch K. sei auch liebevoll mit dem Jungen umgegangen, fürsorglich. Er habe durchaus mit ihm kommuniziert, argumentierte das Gericht heute. Aber sieht so Kommunikation aus?
MEHR ÜBER... Fall Kevin Landgericht Bremen Kindstötung Kindesmisshandlung zu SPIEGEL WISSEN Hilfsangebote habe er abgelehnt und sich in einen "Traum vom bürgerlichen Leben" geflüchtet. Einen Traum von Frau und Kind, sauberer Wohnung und ohne Drogen. Doch die Frau hatte er verloren, ein gemeinsames Kind brachte sie tot zur Welt, von den Drogen kam er nicht los.
"Sie haben das Kind geliebt", sagte Kellermann am Ende der Urteilsbegründung zu K. "Sie müssen mit dieser Schuld fertig werden." Der Verurteilte schluckte sichtbar - mit wässrigen Augen. Gesagt hat er nichts.