Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen - Sexueller Missbrauch

Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse

Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse

Haftbefehl gegen den Leiter der Jugendhilfeeinrichtung „Spatzennest“ in Ramsen wegen des Verdachts des sexuellen Kindesmissbrauchs
Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern

8. Februar 2007: Die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern hat den 40jährigen Erzieher, der von 1993 bis 2007 die Jugendhilfeein­richtung “Spatzennest” in Ramsen geleitet hatte, wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von sieben Mädchen im Kindesalter von 12, 11, 10, 9, 9, 7 und 6 Jahren in Haft genommen. Den heute morgen vollstreckten Haftbefehl hat das Amtsgericht Kaiserslautern gestern wegen Flucht- und Wiederholungsgefahr erlassen.

Nach dem vorläufigen Ergebnis der gemeinsam mit der Kriminalinspektion Worms bislang durchgeführten Ermittlungen soll der Beschuldigte während einer von ihm geleiteten Ferienfreizeit vom 28. Juli bis zum 18. August 2007 in Österreich in insgesamt 17 Fällen an den Mädchen Handlungen vorgenommen haben, die die Staatsanwaltschaft als von sexueller Motivation getragene erhebliche Ein­griffe in die körperliche Integrität bewertet.

So soll der Beschuldigte in mehreren Fällen die nackten Körper von sechs- bis elfjährigen Mädchen vollständig eingeseift, gewaschen oder eingecremt haben. Mehrfach soll er Mädchen in diesem Alter auch im Genitalbereich gewaschen oder eingecremt haben und zwar wiederholt auch gegen den erklärten Willen der Mädchen. In anderen Fällen soll er gegen den Widerspruch zweier Mädchen im Altern von zwölf und zehn Jahren rektale Fiebermessungen vorgenommen haben. In einem Fall soll er einem elf Jahre alten Mädchen einen Darmeinlauf verab­reicht haben.

Der sexuelle Kindesmissbrauch ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht. In Fällen, in denen es zur Einführung von Gegenständen in den Körper eines Kindes kommt, ist der Missbrauch als schwer zu bewerten und mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bedroht; die Höchststrafe beträgt hier 15 Jahre.

Der Beschuldigte hat zu den Vorwürfen im einzelnen noch nicht Stellung nehmen können, weil die Ermittlungen zur Stunde noch andauern und sein Verteidiger die Akten noch nicht in vollem Umfang zur Einsichtnahme erhalten hat. Er hat sich bislang nur zum Inhalt des anonym eingesandten Schrei­bens geäußert, das die Ermittlungen auslöste. Er gibt an, alles, was er in Österreich gemacht habe, sei ausschließ­lich von dem Bestreben getragen gewesen, die Mädchen verantwortungsbewusst und sorgfältig zu betreuen und zu behandeln. Zu den medizini­schen und hygienischen Maßnahmen sei er als „ausgebildeter Kran­ken­pfleger und Rettungsassistent“ befähigt und befugt ge­wesen.

Demgegenüber waren die Handlungen des Beschuldigten nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft von dem sexuell bestimmten Bestreben getragen, Mädchen im Kindesalter unter dem Bruch kindlichen Vertrauens und unter Ausnutzung einer Machtstellung als erwachsener “Betreuer” zu betrachten, zu berühren, zu betasten, zu streicheln, zu beobachten, zu bedrängen und so in ihre Intimsphäre einzudringen. Das gilt auch für die “krankenpflegerischen” Maßnahmen, die der Staatsanwaltschaft nur vordergründig medizinisch veranlasst erschei­nen.

Helmut Bleh - Leitender Oberstaatsanwalt - Staatsanwaltschaft Kaiserslautern
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Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse

Umfragen
PANORAMA Beitrag "Verdacht auf Missbrauch - Jugendamt zerstört Familien". Muss der verantwortliche Dezernent und Bürgermeister Georg Büttler aufgrund der erhobenen Vorwürfe von seinen Ämtern zurücktreten?
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Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse

Der Hintergrund: Behörden und Eltern müssen sich Fragen stellen

War anrüchiges Verhalten des inhaftierten Kinderheim-Leiters für Außenstehende kaum zu erkennen?



Die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern geht davon aus, dass der frühere Leiter des Kinderheims "Spatzennest" in Ramsen Kinder sexuell missbraucht hat. Ob sein Verhalten gegenüber Mädchen bei einer Ferienfreizeit tatsächlich sexuelle Motive hatte, bleibt abzuwarten, bis ein Gericht geurteilt hat.





Doch drängt sich die Frage auf, warum zuvor niemand den heute 40-jährigen Sozialpädagogen und Krankenpfleger in seine Schranken verwiesen hat. Von unserer Redakteurin Anke Herbert



Acht Frauen begleiten eine Kinder- und Jugendfreizeit nach Österreich. Geleitet wird sie von einem Experten, der als Sozialpädagoge ein Kinderheim führt und zudem eine Ausbildung als Krankenpfleger absolviert hat. Während der Freizeit ist es kein Geheimnis, dass der 40-Jährige einigen Mädchen, alle im vorpubertären Alter, besondere Aufmerksamkeit widmet. Wegen "Infektionen" hat er sie sogar im Genitalbereich behandelt. Keine der Frauen scheint sich daran zu stören.

Akzeptierten sie das Verhalten, weil der Mann sehr dominant sein soll, und weil sie es vom Kinderheim gewohnt sind, dass er Aufgaben übernimmt, die Eltern und Ärzten vorbehalten sein sollten? Dass das Verhalten des Mannes in Frage gestellt werden konnte, zeigt das Schreiben des österreichischen Jugendherbergvaters. Als Außenstehendem war es ihm offenbar möglich, neutral an die Sache heranzugehen und Ermittlungen in Gang zu setzen, die am Freitag zur Verhaftung des Sozialpädagogen führten.



"Spatzennest" war beliebt



Zwar nahm der Herbergsvater an einigen Dingen solchen Anstoß, dass er nach seinem Dafürhalten handeln musste, doch für die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern ist klar: Sollte der Sozialpädagoge bei seinem Umgang mit den Kindern Grenzen überschritten haben, war dies schwer zu erkennen. Obwohl viele Personen mit dem Heim zu tun hatten, gibt es bislang auch keine Hinweise über die Freizeit im Sommer 2007 hinaus, wonach der 40-Jährige im "Spatzennest" kleine Mädchen missbraucht haben könnte - indem er, wie von den Ermittlern angenommen, dies durch therapeutische und medizinische Handlungen tarnte. In Ramsen waren Bewohner und Mitarbeiter des "Spatzennest" beliebt, Kinder aus der Umgebung nutzten offene Angebote. Einwohner demonstrierten, als die Heimbewohner wegen der Ermittlungen im November 2007 in andere Einrichtungen gebracht wurden. Vermutungen in Richtung sexueller Kindesmissbrauch waren kein Thema, auch nicht, als eine Mutter 2003 wegen "Massage-Therapie" Anzeige erstattete. Am Ende ihrer Ermittlungen wertete die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern die Massagen als "Taktlosigkeit" und stellte das Verfahren ein. Die Staatsanwaltschaft wusste 2003 nichts von der Verbindung des Heimleiters zu den Wormser Missbrauchsprozessen (1993 bis 1997), die der "Spiegel" zwei Jahre später deutlich thematisierte. Im Fokus der Prozesse standen Eltern und weitere Angehörige, die ihre eigenen und fremde Kinder missbraucht haben sollten. Die Verhandlungen vor dem Landgericht Mainz endeten mit Freisprüchen. Sechs der 1993 aus ihren Familien genommenen Kinder waren die ersten Bewohner im "Spatzennest", während ihre Eltern in Untersuchungshaft kamen; zwei waren dort bis zur Schließung 2007 untergebracht, ein Mädchen, mittlerweile erwachsen, gehörte zum Betreuerstab und war auch auf der Freizeit dabei. In diesem Zusammenhang erhob der "Spiegel" unter Bezug auf Gutachter zwei Vorwürfe: dass der Heimleiter, von der Schuld der Eltern überzeugt, die Kinder derart manipuliert habe, dass sie nicht in ihre Familien zurück wollten, und dass er auf höchst zweideutige Art versucht habe zu beweisen, dass die Kinder missbraucht worden seien. Jugendamt und Amtsgericht Worms - für eine Rückführung der Kinder zuständig - bezeichneten die Manipulationsvorwürfe als haltlos. Sollte an den damaligen und heutigen Vorwürfen etwas dran sein, säßen Jugendämter, allen voran jenes der Stadt Worms, Heimträger, Gerichte, Vormünder und die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern im selben Boot: von etwas gewusst zu haben, ohne es richtig einzuschätzen. In der Rückschau erscheint das Verhalten des Heimleiters anrüchig, sowohl, was die Betreuung der Kinder aus den Missbrauchsprozessen angeht als auch, was die "Massage-Therapie" betrifft. Doch ohne das anonyme Schreiben nach der Freizeit 2007 wäre das allen Parteien vermutlich nie aufgefallen. Selbst die Eltern der betroffenen Freizeitkinder vermuteten hinter deren Erzählungen erst Schlimmeres, als sie dazu befragt wurden. Sollte der Heimleiter wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt werden, werden Eltern und Behörden abschätzen müssen, ob es zu weiteren Verfehlungen gegenüber Heimkindern und Kindern aus der Umgebung gekommen sein könnte. Davon unabhängig sollte der "Spatzennest"-Fall zumindest Anlass sein, noch sensibler zu werden, wenn es darum geht, das Kindeswohl gegen Datenschutz und Persönlichkeitsrechte abzuwägen. Damit es eben nicht mehr - wie 2003 - passieren kann, dass gegen einen Kinderheimleiter wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs ermittelt wird, ohne dass beispielsweise das für die Betriebsgenehmigung von Heimen zuständige Landesjugendamt davon erfahren darf. Wovon umgekehrt die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern profitiert hätte, weil sie dann den Bezug zu den Prozessen gesehen hätte.



Politische Dimension



Bleiben die politischen Wellen, die der "Spatzennest"-Fall schlagen könnte. So waren die Ermittlungen der Kaiserslauterer Staatsanwaltschaft Anlass für bundesweite Medien, erneut der Frage nachzugehen, ob es sich im Fall der im "Spatzennest" untergebrachten Kinder aus den Wormser Prozessen um Kindesentzug handelte, weil das Jugendamt der Weigerung der Kinder stattgab, in ihre Familien zurückzukehren. Gab es Missstände im "Spatzennest" und inwieweit wäre das Wormser Jugendamt mit Sozialdezernent Georg Büttler (SPD) an der Spitze dafür mitverantwortlich - weil möglicherweise zwischen Amt und Heimleiter ein zu persönlicher Kontakt bestand, waren Fragen in einer Stadtratssitzung. Dass Büttler darauf verwies, das Wormser Jugendamt sei nicht mehr allein für jene Kinder zuständig gewesen, die im Übrigen alle einen guten Werdegang genommen hätten, will die Opposition so nicht stehen lassen. Vor allem deshalb nicht, weil ein Wormser Kind gestorben war. Der Junge litt an Diabetes und kam offenbar weder mit seiner Krankheit noch mit der Selbstständigkeit zurecht, als er im Alter von 18 Jahren das "Spatzennest" verlassen musste.

Neben solchen Fragen, die vielleicht vor Gericht eine Rolle spielen, ist eines gewiss: Die Wormser Kinder, die noch im "Spatzennest" waren und die Einrichtung wechseln mussten, machen erneut Schlimmes durch. Anfang der 1990er Jahre mussten sie erleben, wie ihre Eltern in Untersuchungshaft und sie selbst ins Heim kamen. Jetzt wiederholen sich die Ereignisse für sie in gewisser Weise. Und wieder weiß niemand so genau, was in den vergangenen Jahren mit ihnen passiert ist.



Von unserer Redakteurin Anke Herbert

https://www.rheinpfalz.de/cgi-bin/cms2/cms.pl?cmd=showMsg&tpl=rhpMsg.html&path=/rhp/lokal&id=3213659

Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse

Neuer Vorwurf im Fall Spatzennest

Mutter beschuldigt Ex-Kinderheimleiter



Vom 16.02.2008

Von Reinhard Breidenbach

RAMSEN Stefan S. (40), wegen Verdachts auf Kindesmissbrauch inhaftierter Ex-Leiter des Kinderheims Spatzennest in Ramsen (Pfalz), wird laut Staatsanwaltschaft durch eine weitere Anzeige belastet. Bislang wird dem Pädagogen vorgeworfen, bei einer Ferienfreizeit in Österreich im Sommer 2007 in 17 Fällen Mädchen im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren unsittlich berührt zu haben; mit einer Tube habe er an einer Elfjährigen zudem einen Darmeinlauf vorgenommen.

Nach S.´s Verhaftung am 8.Februar habe eine weitere Mutter bei der Polizei erklärt, S. habe bei ihrem Kind einen Einlauf vorgenommen, so der Leitende Oberstaatsanwalt Helmut Bleh gegenüber dieser Zeitung.

Laut Bleh wurden auf Computern des S. zwei Bilder "mit deutlich kinderpornografischen Tendenzen" gefunden. Darüber hinaus untersuche das rheinland-pfälzische Landeskriminalamt derzeit Computer-Festplatten, die bei S. sichergestellt wurden, nach weiterem möglichen Beweismaterial.

Nach Aussage Blehs gibt S. den Ablauf der vorgeworfenen Handlungen zu, bestreitet aber eine sexuelle Motivation; als ausgebildeter Krankenpfleger sei er zu hygienischer Fürsorge befugt, außerdem habe ein Arzt die Handlungen angeordnet, laute die Argumentation des S.

Der Verteidiger des Beschuldigten, Helmut Schneider, hat Beschwerde gegen die Inhaftierung seines Mandanten eingelegt, über die das Landgericht Kaiserslautern vermutlich am Dienstag entscheiden wird.

Über den aktuellen Vorwurf hinaus hat der Fall eine weitere Dimension. Im Spatzennest, das seit November 2007 wegen der gegen S. erhobenen Anschuldigungen geschlossen ist, waren 1993 sechs Kinder untergebracht worden, deren Eltern und Verwandten die Mainzer Staatsanwaltschaft sexuellen Missbrauch vorwarf. In den drei so genannten Worms-Prozessen wurden aber alle 24 Angeklagten freigesprochen. S. hatte sie als Zeuge belastet.

Auch nach den Freisprüchen blieben die Kinder zunächst im Spatzennest, weil sie sich laut Wormser Jugendamt gegen die Rückkehr zu den Eltern sträubten. Vor dem Hintergrund der aktuellen Anschuldigungen gegen S. richtet sich nun zunehmend Kritik gegen das Jugendamt. Der zuständige Dezernent, Bürgermeister Georg Büttler, verwahrte sich am Freitag erneut gegen den im TV-Magazin "Panorama" wiederholt erhobenen Vorwurf, sein Amt sei früh über "Defizite" im Spatzennest informiert gewesen.

https://www.az-badkreuznach.de/rhein-main/objekt.php3?artikel_id=3164797

Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse

Landgericht bestätigt Haftbefehl gegen Erzieher wegen Missbrauch

Kaiserslautern (ddp-rps). Das Landgericht Kaiserslautern hat den Haftbefehl des dortigen Amtsgerichts gegen den ehemaligen Leiter der Jugendhilfeeinrichtung «Spatzennest» in Ramsen (Donnersbergkreis) bestätigt. Das Gericht habe eine entsprechende Beschwerde des 40-jährigen Erziehers als unbegründet zurückgewiesen, teilte die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern mit. Nach Auffassung des Gerichts liege ein dringender Tatverdacht gegen den Beschuldigten vor.

Dem Mann wird vorgeworfen, im Sommer vergangenen Jahres während einer Ferienfreizeit sexuelle Handlungen an 17 Mädchen vorgenommen zu haben. Mit einer Anklage ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch im Februar zu rechnen.

Der Beschuldigte soll die Mädchen im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren laut Staatsanwaltschaft unter anderem im Genitalbereich gewaschen, eingeseift oder eingecremt haben. Dies habe er wiederholt auch gegen den erklärten Willen der Kinder getan.

Der 40-Jährige bestreitet die Vorwürfe. Er habe die Mädchen lediglich verantwortungsbewusst und sorgfältig betreuen und behandeln wollen. Als ausgebildeter Krankenpfleger und Rettungsassistent sei er zu den medizinischen und hygienischen Maßnahmen befugt und befähigt gewesen.

24.02.2008 SR
https://www.e110.de/artikel/detail.cfm?pageid=67&id=86618

Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse

Frankfurter Rundschau

09. Februar 2008

Bruchstücke eines Skandals ;
Eine Dokumentation über einen Kindesmissbrauchs-Prozess wird den Opfern nicht gerecht

VON NATALIE SOONDRUM

Fotografen erwarten vornübergebeugt das Eintreffen der Angeklagten im Gerichtssaal. Sie schicken ihnen Salven von Blitzlicht entgegen. Die Ankömmlinge schützen sich davor notdürftig mit vor das Gesicht gedrückten Schals oder über den Kopf gezogenen Jacken und Decken. "Februar 1994. In Mainz präsentiert die Staatsanwaltschaft einen unglaublichen Fall. 25 Erwachsene sollen 16 Kinder brutal missbraucht haben", sagt die Stimme aus dem Off.

31 Monate Untersuchungshaft

So beginnt der Dokumentarfilm "Verdacht: Kindesmissbrauch - Der Justizskandal von Worms" von Jutta Pinzler und Dorothea Hohengarten. Die Regisseurinnen lassen den Hauptangeklagten von damals, den sie Jochen Beer nennen, zu Wort kommen. In der Zelle auf der Wormser Polizeiwache, wo seine 31 Monate dauernde Untersuchungshaft begann, beschreibt er seinen Leidensweg: Wie er und seine Frau die sechsmonatige Tochter beim Jugendamt abgeben mussten und trotz Einwände ihrer Anwälte von der Staatsanwaltschaft festgehalten wurden. Seine Frau, ihre Mutter, sein Bruder - sie alle waren angeklagt, die Kinder gemeinsam gequält und missbraucht zu haben.

Die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft sollten sich als unhaltbar erweisen. Doch als Beer unschuldig frei gesprochen wird, liegt sein Leben in Trümmern. Die Schwiegermutter hat die Haft nicht überlebt. Seine Kinder sind im Heim untergebracht, wollen ihre Eltern nie wieder sehen. Und einige Jahre später will seine Frau die Trennung.

Ein anderes Opfer der hysterischen Vorverurteilung in denWormser Prozessen ist Steven Gebhardt. Er war Besitzer der Kneipe, in deren Keller die Kinder angeblich vergewaltigt worden seien. Er soll davon Videoaufnahmen gemacht und diese verkauft haben. Kein einziges Band tauchte jemals auf. "Verhaftet wurde ich als Ehemann, Geschäftseigner, Hausbesitzer, Vermieter. Entlassen wurde ich als Sozialhilfeempfänger." Haus und Kneipe sind futsch, aufgefressen von Anwaltskosten. Die Frau hat ihn verlassen. 15 000 Euro erhält er als Kompensation, doch sein Leben kann ihm niemand zurück erstatten.

Wie konnte das in unserem Rechtsstaat geschehen? Hier beginnen die Schwierigkeiten der vielversprechenden Reportage. Die Stimme aus dem Off ergänzt die Geschichte bruchstückhaft: Von zwei zerstrittenen Familien ist die Rede. Dann, dass Jochen Beers Frau aus früherer Ehe zwei Kinder hat, die bei der Großmutter leben. Als Beers Frau von ihm ein Kind zur Welt bringt, behauptet ihr Ex-Mann beim Jugendamt, Beer missbrauche die Stiefkinder.

Der Bürgermeister von Worms, die beiden Richter von damals, die Vertreterin der Nebenanklage sowie zwei Kinder-Psychologen tragen in Interviews Fragmente vom Lauf der Dinge in den Jahren 1993 bis 1996 bei. Doch den Regisseurinnen gelingt nicht, die Flut der Einzelheiten zu einem runden Ganzen zusammen zu fügen.

Da ist die ergreifende Geschichte einer Alleinerziehenden, die eines Tages ihre drei Kinder nicht mehr vom Kindergarten abholen darf. Nach Prozessende muss sie noch Jahre darauf warten, bis ihre Kinder, die sich nach ihr sehnen, zu ihr nach Hause kommen dürfen. Wer ist die Frau? In welchem Zusammenhang steht sie zu den Angeklagten? Sollen ihre Kinder auch missbraucht worden sein? Die Frage bleibt unbeantwortet.

Hintergründe nicht erwähnt

Auch das Fehlverhalten der damals neuen Wildwasser-Mitarbeiterin, Ute P., an die das Jugendamt die Kinder übermittelt, und seine weitreichenden Folgen vermag der Film nicht schlüssig darzustellen. Was unerwähnt bleibt, ist, dass die Religionslehrerin eine psychologische Fortbildung zur "Aufdeckungstheorie" besucht hatte. Ihre Kernthese besagt, dass in Deutschland immer mehr Kinder missbraucht würden. Es käme darauf an, die Kinder zum Sprechen zu bringen.

In der Folge traktierte sie unter anderem die Stiefkinder Beers so lange mit suggestiven Fragen, bis sie schließlich wahllos Menschen in ihrem Umfeld nannten, die sie missbraucht hätten, was P. für bare Münze nahm.

Die Dokumentation versäumt es, diese Verkettung unglücklicher Umstände stringent darzustellen. Die wichtige, aber eben auch kontroverse Fachdebatte um den Umgang mit missbrauchten Kindern bleibt ausgeblendet.

Alles wird angerissen, nichts vertieft. Der Zuschauer kann sich kein Urteil bilden. Er muss sich deshalb die Frage stellen, ob der Film ihn nicht letztlich dazu zwingt, beim Betrachten des Leids der damals Vorverurteilten noch einmal denselben Blickwinkel einzunehmen, wie die sensationslüsternen Fotografen zu Beginn.

"Verdacht: Kindesmissbrauch- Der Justizskandal von Worms", Arte, So., 22.45 Uhr.

Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse

Schwere Vorwürfe gegen Jugendämter
Beschreibung: 14.02.2008. Freisprüche im Wormser Missbrauchs-Prozess. Kinder trotzdem nicht zurück. Kinder übergeben an Zeuge Heimleiter, gegen den dann später Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs erhoben werden.
Stichwörter: Jugendamt, Justiz, Missbrauch, Worms, Heim, Ramsen
Kategorien: News & Politik

Permanenter Link:
https://www.myvideo.de/watch/4402793/Schwere_Vorwuerfe_gegen_Jugendaemter

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Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse - Es geht munter weiter

Wormser Prozesse und es geht weiter

Es hat sich überhaupt nichts geändert. Im Gegenteil, die Lobby scheint aus dem Prozess gelernt zu haben, wie man zukünftig noch besser verschleiert. 1999 wiederholt sich ein ähnliches Dilemma in Berlin Lichtenrade, an der Käthe Kollwitz Schule. Gesponsert vom erlauchten Kreis der Lobbyisten aus dem Berliner Senat, zieht der Verein Strohhalm e.V. durch die Schulen und betreibt Präventionskurse, die man als Casting bezeichnen kann. Wo immer sich ein Ansatz finden ließ, sei es gerade eine Scheidung oder andere Krisen in der Familie, streute man Salz in die Wunden und kippte Öl ins Feuer. Notfalls half eine Lehrerin mit anonymen Anzeigen nach.

Da wurden Kinder fast zwei Stunden in der Schule Marathon Verhören ausgesetzt. Mit von der Partie, ebenfalls erlauchte Lobbyisten aus den Polizei Reihen. Und wenn die Verhöre zur Niederlage wurden, schlussfolgerten die Beamten in ihren Notizen: "Das Kind verschließt sich völlig dem Thema Missbrauch." Senat, Beamte und Justiz betreiben ein Verfahren, in dem man die Auswahl hat zwischen schuldig oder schuldig. Für die Lobby scheint das Gegenteil zu gelten.

Da setzt eine Lehrerin eine ihrer Schülerin nach der Schule in ihren Privatwagen, fährt sie zu einem Heim und eröffnet ihr doch gleich hier zu bleiben, falls sie sich misshandelt fühlt. Das Mädchen ist entsetzt und will die Schule wechseln. Einem Zehnjährigen nimmt man den Haustürschlüssel ab, verschleppt ihn aus dem Haus wie zu Gestapo Zeiten, selbst die sonst so kritischen Beamten distanzieren sich von der Maßnahme. Einen Gerichtsbeschluss gibt es nicht. Für Juristen war das zweifelsfrei Kindesentzug und Freiheitsberaubung.

Zehn Monate wird der Junge in einem kleinen Heim psychisch malträtiert, so wie Jopt es beschreibt. Gerichte, Eltern und Gutachter werden belogen, das Kind würde zur Schule gehen. Das Bundesministerium stellt den Entzug der Schulpflicht fest - Ein Jahr lang.

Doch diesmal haben auch die Gutachter dazugelernt. Die Gerichtsgutachterin dokumentiert auf einem hundert Seiten Gutachten die Machenschaften des Jugendamtes und den grausamen Leidensweg der geradezu taktisch eingefädelten Traumatisierung des Kindes. Das System mutet wie ein "Guantanamo Infantile" an. Per Durchsuchungsbeschluss holt die Staatsanwaltschaft Akten aus dem Jugendamt Tempelhof. Obwohl erdrückender Beweislage stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen die Jugendamtsmitarbeiter und Lehrerinnen ein.

Doch tatsächlich hat sich in den letzten zehn Jahren die Zahl der gewaltsamen Herausnahmen von Kindern (Der schwersten Eingriff in das Elternrecht - BVG) durch Jugendämter fast verdoppelt. Im Jahre 2006 waren es fast 11.000. Alle 40 Minuten verlieren in Deutschland Kinder ihre Eltern!

Die Wormser Prozesse sind kein Präzedenzfall sondern nur die Spitze eines Eisberges. Es ist davon auszugehen, dass ähnliche Methoden, wie in diesen Prozessen aufgezeigt, sich jeden Tag in Deutschland zwei bis drei Mal wiederholen. Die größte Kindeswohlgefährdung, die man begehen kann, ist, sein Kind in Deutschland zu belassen.

Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse

Nibelungen-Kurier, 24. Juli 2008

Missbrauchsprozess gegen «Spatzennest»-Erzieher

Angeklagter war Hauptzeuge in berüchtigten Wormser Prozessen / Auftakt kommende Woche

Kaiserslautern (ddp-rps). Wenn Stefan S. vom kommenden Dienstag an vor dem Landgericht Kaiserslautern steht, dürften vielfach Erinnerungen an einen der größten Justizskandale der 90er Jahre wachwerden. Denn der Angeklagte, der sich nun selbst wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verantworten muss, war Hauptbelastungszeuge in den sogenannten Wormser Prozessen. 25 Frauen und Männer waren damals wegen Missbrauchs angeklagt, Eltern wurde vorgeworfen, sich an ihren eigenen Kindern unsittlich vergangen zu haben. Am Ende stand ein Freispruch für alle Angeklagten. Die Kinder wurden dennoch in Heimen untergebracht.

Zu diesen Kinderheimen gehörte auch das «Spatzennest» im pfälzischen Ramsen, dessen Leiter Stefan S. bis zu seiner Entlassung im vergangenen Herbst war. Laut Anklageschrift soll der Pädagoge acht unter seiner Obhut stehende Mädchen sexuell missbraucht haben. Während einer Ferienfreizeit in Österreich im Sommer 2007 soll er die Mädchen im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren unter anderem im Genitalbereich gewaschen, eingeseift oder eingecremt haben, und zwar wiederholt auch gegen ihren erklärten Willen. Auch soll er rektale Fiebermessungen vorgenommen und den Mädchen Darmeinläufe verabreicht haben.

Zum Zeitpunkt der Vorfälle, wegen denen der 40-Jährige nun angeklagt ist, sollen auch noch zwei der Kinder aus den Wormser Prozessen im «Spatzennest» untergebracht gewesen sein. Von dem sexuellen Missbrauch in Österreich waren sie nach Angaben der Staatsanwaltschaft jedoch nicht betroffen. Nach Angaben des Leitenden Staatsanwalts in Kaiserslautern, Helmut Bleh, passten beide Kinder «nicht in das Raster» des Angeklagten.

Stefan S. sitzt seit Februar in Untersuchungshaft. Die ihm vorgeworfenen Taten hat er zum Teil eingeräumt. Er bestreitet aber den Vorwurf, gegen den Willen der Mädchen gehandelt zu haben. Vielmehr habe er sie verantwortungsbewusst und sorgfältig betreuen wollen. Als ausgebildeter Krankenpfleger sei er zu den medizinischen und hygienischen Maßnahmen befugt und befähigt gewesen.

Die Staatsanwaltschaft geht jedoch davon aus, dass der Beschuldigte seine Machtstellung als Betreuer zu sexuellen Zwecken ausgenutzt habe. Die »krankenpflegerischen Maßnahmen« seien nur vordergründig medizinisch veranlasst gewesen. »Er hat schon deutlich auf die Kinder Einfluss genommen«, sagt Bleh. Sein pädagogisches Konzept habe die Kinder von den Eltern ferngehalten.

Nach seiner Verhaftung wuchs in der Öffentlichkeit die Kritik am Jugendamt der Stadt Worms. Zwei unbekannte Personen stellten nach Angaben der Staatsanwaltschaft sogar Strafanzeige gegen das Jugendamt, weil in ihren Augen der Erzieher trotz gewisser Anhaltspunkte nicht ausreichend kontrolliert worden sei.

«Wir haben das geprüft. Wir sehen da aber keinen Tatverdacht», sagte Bleh. Das Jugendamt selbst will sich derzeit nicht mehr zu dem Thema «Spatzennest» äußern. Ein Sprecher verwies gegenüber der Nachrichtenagentur ddp auf das laufende Verfahren. Trotz der Verbindungen zu den Wormser Prozessen ist es Bleh wichtig, klare Trennlinien zu definieren. «Das in Worms war etwas anderes. Da ist ein völlig neuer Prozess und hat nichts damit zu tun», sagt der Leitende Oberstaatsanwalt.

Bisher sind acht Verhandlungstermine für den Prozess gegen Stefan S. vorgesehen. Insgesamt sollen rund 15 Zeugen gehört werden. Ein Urteil wird für den 27. August erwartet.



https://nibelungen-kurier.de/?t=news&s=Lokalnachricht&ID=12268

Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse

Die Schatten der Vergangenheit
Ehemaliger Hauptbelastungszeuge steht jetzt selbst vor Gericht

Kaiserslautern (ddp). Wenn Stefan S. heute vor dem Landgericht
Kaiserslautern steht, dürften vielfach Erinnerungen an einen der größten
Justizskandale der 90er Jahre wach werden. Denn der Angeklagte, der
sich nun selbst wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verantworten
muss, war Hauptbelastungszeuge in den sogenannten Wormser
Prozessen. 25 Frauen und Männer waren damals wegen Missbrauchs
angeklagt, Eltern wurde vorgeworfen, sich an ihren eigenen Kindern
unsittlich vergangen zu haben. Am Ende stand ein Freispruch für alle
Angeklagten. Die Kinder wurden dennoch in Heimen untergebracht.

Zu diesen Kinderheimen gehörte auch das «Spatzennest» im
pfälzischen Ramsen, dessen Leiter Stefan S. bis zu seiner Entlassung
im vergangenen Herbst war. Laut Anklageschrift soll der Pädagoge acht
unter seiner Obhut stehende Mädchen sexuell missbraucht haben.
Während einer Ferienfreizeit in Österreich im Sommer 2007 soll er die
Mädchen im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren unter anderem im
Genitalbereich gewaschen, eingeseift oder eingecremt haben, und zwar
wiederholt auch gegen ihren erklärten Willen. Auch soll er rektale
Fiebermessungen vorgenommen und den Mädchen Darmeinläufe
verabreicht haben.

Kinder aus Wormser Prozessen nicht betroffen
Zum Zeitpunkt der Vorfälle, wegen denen der 40-Jährige nun
angeklagt ist, sollen auch noch zwei der Kinder aus den Wormser
Prozessen im «Spatzennest» untergebracht gewesen sein. Von dem
sexuellen Missbrauch in Österreich waren sie nach Angaben der
Staatsanwaltschaft jedoch nicht betroffen. Laut dem Leitenden
Staatsanwalt in Kaiserslautern, Helmut Bleh, passten beide Kinder
«nicht in das Raster» des Angeklagten.

Stefan S. sitzt seit Februar in Untersuchungshaft. Die ihm
vorgeworfenen Taten hat er zum Teil eingeräumt. Er bestreitet aber
den Vorwurf, gegen den Willen der Mädchen gehandelt zu haben.
Vielmehr habe er sie verantwortungsbewusst und sorgfältig betreuen
wollen. Als ausgebildeter Krankenpfleger sei er zu den medizinischen
und hygienischen Maßnahmen befugt und befähigt gewesen.

Machtstellung ausgenutzt
Die Staatsanwaltschaft geht jedoch davon aus, dass der
Beschuldigte seine Machtstellung als Betreuer zu sexuellen Zwecken
ausgenutzt habe. Die »krankenpflegerischen Maßnahmen« seien nur
vordergründig medizinisch veranlasst gewesen. »Er hat schon deutlich
auf die Kinder Einfluss genommen«, sagt Bleh. Sein pädagogisches
Konzept habe die Kinder von den Eltern ferngehalten.

Nach seiner Verhaftung wuchs in der Öffentlichkeit die Kritik am
Jugendamt der Stadt Worms. Zwei unbekannte Personen stellten nach
Angaben der Staatsanwaltschaft sogar Strafanzeige gegen das
Jugendamt, weil in ihren Augen der Erzieher trotz gewisser
Anhaltspunkte nicht ausreichend kontrolliert worden sei.

Klare Trennlinie zwischen den Prozessen
«Wir haben das geprüft. Wir sehen da aber keinen Tatverdacht»,
sagte Bleh. Das Jugendamt selbst will sich derzeit nicht mehr zu dem
Thema «Spatzennest» äußern. Ein Sprecher auf ddp-Anfrage auf das
laufende Verfahren. Trotz der Verbindungen zu den Wormser Prozessen
ist es Bleh wichtig, klare Trennlinien zu definieren. «Das in Worms
war etwas anderes. Da ist ein völlig neuer Prozess und hat nichts
damit zu tun», sagt der Leitende Oberstaatsanwalt.

Bisher sind acht Verhandlungstermine für den Prozess gegen Stefan
S. vorgesehen. Insgesamt sollen rund 15 Zeugen gehört werden. Ein
Urteil wird für den 27. August erwartet.

29.07.2008 Ta
https://www.e110.de/artikel/detail.cfm?pageid=65&id=89433

Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse

Spatzennest-Prozess: Bewährungsstrafe und Berufsverbot für Ex-Heimleiter

Kaiserslautern (ddp). Das Landgericht Kaiserslautern hat am
Freitag den ehemaligen Leiter des Kinderheims «Spatzennest» im
pfälzischen Ramsen zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Das
Gericht befand den 41 Jahre alten Stefan S. des sexuellen Missbrauchs
von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von
Schutzbefohlenen in zwei Fällen für schuldig. Die Bewährungszeit
wurde auf drei Jahre festgesetzt. Darüber hinaus verhängte das
Gericht ein auf drei Jahre befristetes Berufsverbot gegen den
41-jährigen Erzieher, soweit die Arbeit mit Mädchen unter 14 Jahren
betroffen ist. In den sechs übrigen Fällen wurde der Angeklagte
dagegen freigesprochen.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Pädagogen und Krankenpfleger
vorgeworfen, fünf unter seiner Obhut stehende Mädchen im Alter
zwischen sieben und elf Jahren während einer Ferienfreizeit im Sommer
2007 in Österreich in acht Fällen sexuell missbraucht zu haben. So
soll er sie unter anderem im Genitalbereich gewaschen, eingeseift und
eingecremt haben. Auch soll er zwei der Mädchen Darmeinläufe
verabreicht haben. Im Prozess hatte der Angeklagte die Handlungen an
sich eingeräumt, hatte aber ausdrücklich betont, er habe dabei keine
sexuellen Motive verfolgt.

Nur wegen zwei Fällen verurteilt
Verurteilt wurde er nun wegen zweier Fälle, in denen er zwei
Mädchen an Brust, Gesäß und im Genitalbereich eingecremt hatte. «Das
Eincremen der Mädchen war nicht erforderlich. Das konnten sie
selbst», sagte der Vorsitzende Richter. Die Frage, ob diese
Handlungen sexuell motiviert waren, wertete er in seiner
Urteilsbegründung dabei als unerheblich. Entscheidend für die
Bewertung als Missbrauch sei, dass die Handlungen «nach ihrem äußeren
Erscheinungsbild» objektiv sexuellen Charakter besessen hätten und
der Angeklagte sich dieses Charakters auch bewusst gewesen sei.

Freigesprochen wurde der 41-Jährige dagegen in einem weiteren
Fall, in dem er ein Mädchen gewaschen hatte, vermutlich mit Hilfe
eines Waschlappens. Auch hier sei zwar ein sexueller Bezug erkennbar,
jedoch sei die für eine Verurteilung relevante
«Erheblichkeitsschwelle» nicht überschritten worden. Die beiden
Darmeinläufe wertete das Gericht dagegen nicht als sexuelle
Handlungen. Hier habe die medizinische Indikation einer möglichen
Verstopfung den sexuellen Charakter der Handlung klar überwogen.

Grenzüberschreitungen im sexuellen Bereich
Bei der Festsetzung des Strafmaßes hielt das Gericht dem
Angeklagten unter anderem zugute, dass ein planmäßiges Vorgehen nicht
erkennbar gewesen sei. Gegen den Angeklagten spreche allerdings, dass
die Taten, wegen denen er letztlich verurteilt wurde, von weiteren
«Grenzüberschreitungen im sexuellen Bereich» begleitet wurden.
Deshalb sei es geboten, durch das befristete Berufsverbot den Kontakt
mit Mädchen unter 14 Jahren bis auf weiteres zu unterbinden.

Gegen das Urteil kann binnen einer Woche Revision zum
Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt werden. Die Verteidiger, die
Freispruch gefordert hatten, kündigten an, dies zunächst vorsorglich
tun zu wollen. Anschließen werde man dann prüfen, ob man tatsächlich
ins Hauptverfahren vor dem BGH gehen wolle. Auch die
Staatsanwaltschaft, die drei Jahre Haft und ein fünfjähriges
Berufsverbot gefordert hatte, will zunächst die schriftliche
Urteilsbegründung abwarten.

Erinnerungen an Wormser Prozesse
Durch den Prozess waren Erinnerungen an einen der größten
Justizskandale der 90er Jahre wachgeworden. Stefan S. war damals
Hauptbelastungszeuge in den sogenannten Wormser Prozessen. 25 Männern
und Frauen war damals vorgeworfen worden, sich an ihren eigenen
Kindern vergangen zu haben. Am Ende standen Freisprüche für alle
Angeklagten. Die Kinder wurden dennoch in Heimen untergebracht,
einige davon im «Spatzennest».

23.08.2008 Ta
https://www.e110.de/artikel/detail.cfm?pageid=67&id=89953

Re: Jugendamt Worms: Missbrauchsprozesse

Fall Spatzennest - Freispruch oder drei Jahre Haft?

Staatsanwaltschaft: Erhebliche kriminelle Energie bei Missbrauch von Schutzbefohlenen/Verteidiger: Angeklagter wollte helfen

Vom 14.08.2008 KAISERSLAUTERN Freispruch fordern die Verteidiger für Stefan S., den ehemaligen Leiter des Kinderheims Spatzennest in Ramsen. Drei Jahre Haft und ein fünfjähriges Berufsverbot für den Pädagogen verlangt die Staatsanwaltschaft: In sechs Fällen habe sich S. des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen, Mädchen im Alter zwischen 7 und 11 Jahren, schuldig gemacht.
Von Reinhard Breidenbach

Am 22. August will das Landgericht Kaiserslautern sein Urteil sprechen.

Am Ende der Plädoyers an diesem vierten Verhandlungstag hat der Angeklagte selbst das letzte Wort. "Aus den Erfahrungen dieser Hauptverhandlung würde ich heute vieles anders oder gar nicht machen", sagt er in ruhigem Tonfall. Stets habe er in bester Absicht gehandelt, "keine Handlung war irgendwie sexuell motiviert, dabei bleibe ich, ohne Wenn und Aber".

Nach Überzeugung der Staatsanwältin Astrid Gebing hat S. dagegen mit "erheblicher krimineller Energie" gehandelt, als er im Sommer 2007 während einer Ferienfreizeit in Österreich Mädchen auch im Genitalbereich wusch und eincremte und ihnen mit Tuben Mini-Klistiere verabreichte. S. habe eine "Vorliebe für kleine Mädchen, vor allem für deren Genitalbereich", so die Anklägerin. Dass er in der Ferienfreizeit die Anweisung erteilte, Mädchen sollten ohne Unterhosen schlafen, dass sich zudem zwei Fotos mit kinderpornografischen Tendenzen auf seinem Computer fanden - für die Staatsanwältin klare Zeichen, dass S. mit sexueller Motivation handelte. Er wisse nicht, wie die Fotos auf seinen Rechner kamen, hatte S. erklärt.

Eine Zeugin war sich in der Hauptverhandlung allerdings nahezu sicher, das Mädchen auf einem der Fotos zu erkennen: eine heute 15-Jährige, die im Zuge der so genannten Worms-Prozesse in den 90-er Jahren ihren Eltern weggenommen und ins Spatzennest zu S. gebracht worden war. 1993 - 97 standen 25 Angeklagte wegen Kindesmissbrauchs vor dem Mainzer Landgericht. Es gab ausnahmslos Freisprüche. Dennoch wurden sechs Kinder auf Weisung von Amtsgericht und Jugendamt Worms ihren Eltern nicht zurückgegeben, blieben vielmehr bei S. im Spatzennest. Die Staatsanwältin Gebing weist in ihrem Plädoyer auf diesen Zusammenhang hin: "Der Angeklagte war Hauptbelastungszeuge in den Worms-Prozessen. Auch nach den Freisprüchen kamen sechs Kinder nicht zu ihren Familien zurück." Die Brisanz, die dahinter steckt: Betroffene Worms-Eltern werfen S. vor, er habe die Kinder einer Gehirnwäsche unterzogen, um sie an sich zu binden. Vor dem Hintergrund des Kaiserslauterer Verfahrens gewinnt dieser Vorwurf wie von selbst an Schärfe.

Bei der Ferienfreizeit in Österreich habe S. vorsätzlich gehandelt, so die Anklägerin, "er hat bewusst und planvoll Vertrauensverhältnisse aufgebaut, um sexuelle Handlungen ausführen zu können - ein legitimiertes Umfeld für pädophile Doktorspiele". Rechtsanwältin Carmen Alsentzer, die als Nebenklägerin eines der laut Anklage betroffenen Mädchen vertritt, weist auf einen besonders sensiblen Punkt hin: Das Mädchen ist stark lernbehindert. Das wiege besonders schwer zulasten des Angeklagten.

Die Auffassung der Verteidiger Helmut Schneider und Dr. Hans Dieter Bäcker steht alledem diametral entgegen: S. habe zwar Grenzen überschritten und zuweilen unsensibel gehandelt, aber er habe sich nicht strafbar gemacht. "Wenn es anders wäre, dann stünde ich als Vater von zwei Mädchen heute nicht hier", erklärt Schneider, ohne dabei pathetisch oder anderweitig emotional zu wirken.

Ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern habe S. nicht aus sexuellen Motiven aufgebaut, "sondern um zu helfen". Eine Kernfrage: Warum hat S. die Mädchen nicht von den an der Freizeit beteiligten sieben Helferinnen eincremen und duschen lassen? "Weil er sich darüber keine Gedanken gemacht hat", so die Verteidiger. Die Anweisung des S., dass Mädchen nachts keine Unterhosen tragen sollten? Verteidiger Schneider berichtet, er habe im Internet recherchiert und bei Google herausgefunden, dass 50 Prozent der Menschen nachts ohne Unterwäsche schliefen. Die Mikro-Klistiere, die S. Mädchen - nach seiner Aussage wegen Verstopfung - verabreichte? Das habe nicht den geringsten sexuellen Bezug, sei vielmehr medizinisch notwendig gewesen.

Soweit S. Mädchen im Intimbereich eingecremt habe, sei dies allenfalls unabsichtlich geschehen, "die Grenze der Erheblichkeit" sei nicht überschritten worden, deshalb liege keine strafbare sexuelle Handlung im Sinn des Gesetzes vor, argumentieren die Verteidiger. Sie bezweifeln zudem die Glaubwürdigkeit von Mädchen, die - auch in der Hauptverhandlung - davon berichteten, S. habe sie im Intimbereich eingecremt, obwohl sie das nicht wollten. Solche Vorwürfe hatten Mädchen auch frühzeitig gegenüber der Polizei geäußert; doch an deren Vernehmungsmethoden üben Schneider und Bäcker Kritik: "Wenn die ein lernbehindertes Kind befragen, müssten sie eigentlich einen Psychologen hinzuziehen."

So stehen sich die Auffassungen nach einem sehr sachlich und zügig durchgeführten Prozess völlig unvereinbar gegenüber. Das allerletzte Wort hat nun das Gericht.

https://www.allgemeine-zeitung.de/rhein-main/objekt.php3?artikel_id=3391541

Urteil im «Spatzennest»-Prozess erwartet

Kaiserslautern (ddp-rps). Im Missbrauchsprozess gegen den ehemaligen Leiter des Kinderheimes «Spatzennest» im pfälzischen Ramsen wird am Freitag (22. August, 12 Uhr) das Urteil erwartet. Die Staatsanwaltschaft hatte vergangene Woche wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in fünf Fällen eine Gesamtstrafe von drei Jahren sowie ein Berufsverbot für den 40-jährigen Angeklagten gefordert. Die Verteidigung plädierte hingegen auf Freispruch.

Laut Staatsanwaltschaft soll der Pädagoge fünf unter seiner Obhut stehende Mädchen während einer Ferienfreizeit in Österreich im Sommer 2007 sexuell missbraucht haben. So soll er sie unter anderem im Genitalbereich gewaschen, eingeseift und eingecremt haben. Auch soll er in Einzelfällen Darmeinläufe verabreicht haben. Der Angeklagte bestritt jegliches sexuelle Motiv seines Handelns.



https://nibelungen-kurier.de/?t=news&s=Lokalnachricht&ID=12906

Betreff: Bericht Rheinpfalz von heute, 23.08.08

„Bezug war ihm bewusst"
Bewährungsstrafe und Berufsverbot I'm „Spatzennest"-Prozess - Gericht spricht auch Worms an



KAISERSLAUTERN (ahb). Mit einem Urteil, das zwischen den Forderungen von Anklage und Verteidigung liegt, ist gestern vor der Großen Jugendkammer Des Landgerichts Kaiserslautern der sogenannte „Spatzennest"-Prozess zu Ende gegangen. Der wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern angeklagte Sozialpädagoge und frühere Kinderheimleiter erhielt ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und ein befristetes Berufsverbot.



In 21 Fällen von sexuellem Missbrauch kleiner Mädchen bei einer Freizeit der Kirchengemeinden Ramsen (Donnersbergkreis) I'm Sommer 2007 in Österreich hatte die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern Anklage erhoben. Zugelassen wurden vom Gericht acht Fälle, vier wies es zurück. In den restlichen neun Fällen laufen noch Ermittlungen. Die seit 29. Juli verhandelten Anklagen endeten gestern in zwei Fällen mit einer Verurteilung. In sechs wurde der jetzt 41-jährige frühere Leiter Des Ramser Kinderheims „Spatzennest" freigesprochen.



Wie berichtet, ging es bei den Vorwürfen um das Eincremen und Duschen von Mädchen zwischen sechs und elf Jahren, auch I'm Genitalbereich, sowie um zwei Einläufe mit einem rezeptfreien Mittel. Diese Handlungen seien nur vorgeblich medizinisch und hygienisch notwendig, tatsächlich aber sexuell motiviert gewesen, hatte Staatsanwältin Astrid Gebing argumentiert. Die Verteidiger Helmut Schneider und Hans-Dieter Bäcker vertraten demgegenüber den Standpunkt ihres Mandanten, der I'm Verlauf der Verhandlung zwar einräumte, eventuell Grenzen überschritten zu haben. Dies sei aber ohne Vorsatz und nur aus Fürsorge geschehen.



Verurteilt wurde der Sozialpädagoge und Krankenpfleger in zwei Fällen wegen Eincremens. Dabei folgte die Kammer dem Bundesgerichtshof, wonach sexuelle Handlungen nach ihrem äußeren Erscheinungsbild eindeutig sexualbezogen sein müssen. Die Gesamtumstände relativierten dies in beiden Fällen nicht: Das Eincremen sei nicht notwendig gewesen. Indem der 41-Jährige die Kinder mit der bloßen Hand eingecremt habe, sei zudem die Erheblichkeitsschwelle überschritten worden. Eine tatsächliche sexuelle Motivation spiele keine Rolle. Jedoch sei dem Verurteilten wegen eines früheren Ermittlungsverfahrens der sexuelle Bezug seiner Handlungen bewusst gewesen.



Taten von „geringer Intensität"



Dass Grenzüberschreitungen nicht immer als sexuelle Handlungen eingeordnet werden müssen, machte die Kammer am Beispiel Duschen einer Siebenjährigen deutlich, einer der Fälle, in dem der Sozialpädagoge freigesprochen wurde. Das Berühren I'm Genitalbereich sei dabei nicht erheblich gewesen, zudem habe ER die Verantwortung für die Pflege Des Mädchens gehabt. Bei den Einläufen sah die Kammer die Überlagerung eines sexuellen Bezugs durch die medizinische Notwendigkeit, weil beide Kinder an Verstopfung gelitten hätten.



Wegen der „geringen Intensität der Straftaten" legte die Kammer ein Gesamtstrafmaß von einem Jahr Haft auf Bewährung fest. Sie glaubt, dass sich der Verurteilte nichts mehr zuschulden kommen lässt, weil ER das Risiko nun gut einschätzen könne. Denn mit diesem Prozess habe ER erfahren, dass sexueller Missbrauch auch dann öffentlich werden könne, wenn ER sich I'm Betreuungsumfeld abspiele.



Dessen ungeachtet erteilte die Kammer dem Sozialpädagogen ein dreijähriges Berufsverbot in der Kinder- und Jugendarbeit mit Mädchen unter 14 Jahren. Bei der Abwägung habe nichts gegen ein solches Verbot gesprochen. Die Taten habe der Verurteilte unter Missbrauch seines Berufs begangen. Und ER würde wieder solche Taten begehen, wenn ER weiterarbeiten dürfte.



Die Prozessparteien behielten sich gestern vor, Revision einzulegen, das Urteil ist also nicht rechtskräftig. Staatsanwältin Gebing zeigte sich froh über das von ihr beantragte Berufsverbot. Ansonsten hätte sie sich allerdings „etwas mehr vorstellen können". Auf jeden Fall werde die Staatsanwaltschaft weiter ermitteln. „Nicht sonderlich enttäuscht" waren die Verteidiger Des 41-Jährigen, auch wenn sie auf Freispruch in Allen Fällen gehofft hatten. Doch seien gerade die massiveren Vorwürfe vom Tisch und das oberste Ziel, ihren Mandanten vor einer Haftstrafe zu bewahren, erreicht, so Helmut Schneider.



Die Kammer sprach gestern auch den Zusammenhang zwischen dem Verurteilten und den Wormser Missbrauchsprozessen von 1994 bis 1997 an. Wie berichtet, hatte das Jugendamt Worms damals I'm „Spatzennest" sechs Kinder wegen der Prozesse gegen ihre Eltern untergebracht. Nach den Freisprüchen wollten sie nicht mehr in ihre Familien zurück. Die Schuld daran gaben bundesweite Medien dem Sozialpädagogen: Er habe eine Vorliebe für kleine Mädchen, habe die Kinder emotional von sich abhängig gemacht und entsprechend manipuliert. Das Jugendamt Worms wurde verdächtigt, dies zu decken.



Worms sieht Träger in der Pflicht



Zuletzt I'm „Spatzennest" untergebracht waren neun Kinder - fünf von ihnen aus Worms -, die aber nicht mehr aus den damaligen Prozessen stammten und auch nicht von den in Kaiserslautern verhandelten Anklagen betroffen waren. Seit der Schließung der Einrichtung Ende 2007 werden sie in anderen Heimen betreut. Die Stadt Worms lehnt es auch nach der gestrigen Verurteilung AB, über frühere Vorwürfe gegen den Heimleiter zu reden. Daneben verweist sie darauf, dass die fortlaufende Überwachung der Eignung Des in Heimen eingesetzten Personals dem jeweiligen Träger obliege, I'm „Spatzennest"-Fall der Jugendhilfe-Einrichtungen Südwest I'm südpfälzischen Schwegenheim. Nach Bekanntwerden der jüngsten Vorwürfe habe das Jugendamt sofort reagiert und die Kinder anderswo untergebracht. Bis zu diesem Zeitpunkt I'm November 2007 habe es aber auch bei dem für die Heimaufsicht zuständigen Landesjugendamt keine Anhaltspunkte für eine frühere Herausnahme gegeben.



HERBERA