BAS-LAG: Das China Miéville-Forum - Palgolaks Bibliothek

Pro & Contra bekannte Fantasy-Settings und -Archetypen

Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?

Vermutlich bin ich da sehr eigen, aber ich brauche Abwechselung (natürlich immer auf Basis von guter Dramaturgie und detailreicher Tiefe), ansonsten langweile ich mich erschreckend schnell. Deshalb kann ich Romane, in denen Elfen, Zwerge, Drachen im bekannten (Fantasy-)Mittelalter-Setting erscheinen, einfach nicht mehr ertragen. Da kann mich die Geschichte auch nicht mehr überzeugen, wenn mir ständig die gleichen ausgelatschten Fantasy-Archetypen um die Ohren gehauen werden, so detailliert sie vielleicht auch geschildert sein mögen.

Ich bin ein großer Cate Blanchet-Fan, doch wenn kaum noch Filme produziert würden, in denen Cate Blanchet nicht mit spielt, wäre ich doch recht schnell auch davon angenervt, da könnte die Story noch so gut sein.

Grundsätzlich gibt es ja die Theorie, dass es nur eine bestimmte Anzahl von Konflikten und Handlungslinien gibt, die eigentlich immer nur variiert werden. Wenn mir dann auch noch ständig die selben Settings und Archetypen begegnen und Autoren, die eigentlich nicht mehr wollen, als bloß zu unterhalten, nehme ich von diesen Werken doch lieber Abstand und ärgere mich darüber, dass die Verlage gerade solche Werke en masse für das jugendliche Publikum auf den Markt werfen.

Es grüßt





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Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?

Vermutlich nicht, auch wenn es anscheinend genug Leser gibt, die auf Abwechslung gar keinen Wert legen
Nun ja, und das ist dann natürlich eine Geschmacksfrage, gegen die man nicht mehr viel einwenden kann. Viele Leute lesen gerne Romane in einem Setting, das eine literarische Aufarbeitung unserer Realität ist. Das wiederum ist ein Setting, mit dem ich wenig anfangen kann. Das liegt aber nicht daran, dass Bücher dieser Art generell zweitklassig wären - es ist einfach nicht mein Ding. Und ich schere sie auch nicht über einen Kamm, sondern wenn mir ein Buch in der "Realität" unterkommt, das mir doch inhaltlich etwas zu bieten hat, lese ich es trotzdem mit Interesse und nehme das Setting halt in Kauf.
Da möchte ich doch einwenden, dass das bei den besseren Vertretern des Subgenres auch nicht passieren sollte.
Ich denke, dass ist sicher ein Punkt, an dem wir uns grundsätzlich unterscheiden: Ich bin Autist genug, dass es schon sehr lange dauern würde, bis ich die Schauspielerin überhaupt wiedererkennen würde. Und wenn ich sie erkenne, hätte ich trotzdem keine Probleme, sie in jedem Film als neue Figur wahrzunehmen und die "Vertrautheit" und "Vorprägungen" von der neuen Darstellung überlagern zu lassen. Dafür habe ich viel mehr Probleme damit, wenn eine Figur während des Films die Frisur ändert und ich sie nicht wiedererkenne ...
Früher habe ich diese meine spezielle Disposition als störend empfunden, aber je älter ich werde, umso mehr lerne ich die Vorteile schätzen
Ich bin kein Freund dieser Theorie. Natürlich ist etwas Wahres dran - aber gerade die Kombination der begrenzten verfügbaren Elemente ist das Neue an einer Geschichte, und diese Kombinationsmöglichkeiten sind potenziell unendlich. Und die Theorie vom "es gibt nichts Neues mehr" wird leider immer wieder von denjenigen als Entschuldigung vorgebracht, die einfach zu faul sind und eine Entschuldigung nicht für den begrenzten Fundus an Elementen suchen, sondern für ihre altbackene Kombination derselben.
Aber gerade weil die Elemente begrenzt, aber die Kombinationsmöglichkeiten unendlich sind, achte ich bei Geschichten auch mehr auf diese Kombinationen - also auf Inhalte und Bezüge, statt auf die äußerlich sichtbaren Bausteine, die in das Netz eingefügt wurden.
Und ich denke, da liegt gerade der Kern des Problems: Nicht an den Settings, sondern dass derzeit in dieser Art von Setting einfach zu viele Autoren unterwegs sind, die nicht genug daraus machen. Oder zumindest nicht das, was du gerne sehen würdest ... oder was beispielsweise Mieville in seinen Werken unterbringt.
Also, vielleicht spielt da wirklich der Geschmack rein und dir gefällt dieses Setting einfach (grundsätzlich) nicht (mehr). Aber wenn ich deine Einwände lese, habe ich immer das Gefühl, dass das, was dich konkret stört, eigentlich nicht wirklich dem Setting zwangsweise inhärente Elemente sind, sondern vielmehr die konkreten Ausformungen des Settings in den derzeit populären Romanen. Und nach ein paar schlechten Erfahrungen in einem Subgenre ist es mitunter nicht nur einfacher, sondern auch oft ökonomischer, einfach das komplette Subgenre links liegen zu lassen anstatt weiterhin jedes Werk aus dem Bereich individuell zu prüfen.
Fürs private Lesevergnügen kann ich die Einstellung verstehen. Aber gerade wenn man selbst Einfluss nehmen und "bessere" Literatur fördern will, halte ich den Ansatz für kontraproduktiv. Denn die Leser, die "Fantasy in der Art vom Herrn der Ringe" lesen wollen, erreicht man nicht, indem man ihnen sagt: "Lasst doch den Mittelalter-Scheiß. Lest lieber was ganz anderes."
Man erreicht sie, indem man ihnen Fantasy im gewünschten Setting präsentiert - aber dabei gezielt versucht, eigenständige und bessere Vertreter des Subgenres auszusuchen und hervorzuheben. Wenn also jemand "Fantasy in der Art vom Herrn der Ringe" sucht, würde ich ihm eher "Die sieben Zitadellen" als "Shannara" empfehlen. Auch "Gormenghast" müsste man streng genommen ja dem "feudal angehauchten Mittelalter-Setting" zuordnen, und doch wäre ein Leser, der sich im Laufe seiner Leseentwicklung dorthinbewegt, schon verdammt nah bei Mieville.
Und die Möglichkeit, solche "Lesewege" zu konstruieren, die die eigene Vorstellung und die Vorlieben anderer Leser sinnvoll verknüpfen, nimmt man sich halt, wenn man aufhört, innerhalb eines Settings die Geschichten zu differenzieren, sondern alles nach äußerem Etikett in dieselbe Schublade wirft.


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Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?

"Every moment of a science fiction story must represent the triumph of writing over worldbuilding."
- M. John Harrison
Link: https://uzwi.wordpress.com/2007/01/27/very-afraid/

Ich glaube damit hat Harrison vollkommen recht: Das Setting muss jederzeit den Anforderungen der Geschichte nachgeben. Deshalb bin ich auch sehr skeptisch, wenn mir jemand sagt: Gut, das Setting ist altbekannt, aber die Geschichte ist klasse. Ich glaube, dass eine Geschichte, die sich unabhängig vom Setting erzählen lässt, schon etwas falsch gemacht hat: Eine herausragende Geschichte besitzt ein auf sie zugeschnittenes Setting. (Und m. E. ist der größte Feind der guten Geschichte die bessere Geschichte.)
Möglicherweise lässt sich aus einem bekannten Setting noch ein neuer Aspekt herausholen, aber dass gelingt meiner Erfahrung nach nur selten.
Nehmen wir mal die Elfen als Beispiel.
Es gibt die Hauselfen aus JKRs "Harry Potter" Reihe.
Es gibt die Elfen aus Terry Pratchetts "Lords und Ladys".
Es gibt die Elfen aus Michael Swanwicks "Tochter des stählernen Drachen".
Das sind, wie ich finde, interessante Twists im Elfen-Stoff. Aber wie viele Legolas-Klone sind euch schon begegnet? Schlimmer noch: Wie viele Mk "Gandalf" Weiser-Mentor-Klone sind euch schon begegnet? Wenn diese Figur auftritt, muss der Autor richtig schnell was spannendes Unternehmen, da meine Banalitätsgrenze sehr niedrig ist. Und nur selten wird eine so ausgelutschte Figur genommen, wenn der Autor etwas Ungewöhnliches unternimmt - solche Klischees sind meist ein Zeichen von Belanglosigkeit. Klar, eine nette Geschichte lässt sich da immer noch erzählen, aber warum soll ich nette Geschichten lesen, wenn es noch so viele hervorragende gibt?
Gerade bei phantastischen Settings bin ich sehr zögerlich, wenn die Wunder mich langweilen - dann hätte ich besser eine mimetische Geschichte gelesen.

Vorsicht! Nitpicking-Modus wird aktiviert:

Entschuldigung, aber das ist formal-logischer Unsinn; wenn es nur eine begrenzte Anzahl von Basiselementen gibt, dann gibt es auch nur eine begrenzte Anzahl von Kombinationsmöglichkeiten. Die nehmen zwar exponentiell zu, bleiben aber begrenzt - wenn du mir sagst, wie viele Basiselemente es gibt, kann ich dir die Anzahl der Kombinationsmöglichkeiten sagen.

Theophagos

Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?

Hallo,

Die Frage ist woran man als Leser eigentlich interessiert ist. An
bestimmten Settings? Mag sein, dass bestimmte Settings mehr reizen als
andere. Ich bin immer an Geschichten interessiert. Ich liebe
Geschichten. Schon immer! Und dabei spielt das Setting ne geringe Rolle.
Die Geschichte muss mir gefallen, muss mich reizen, faszinieren, oder
welche Begriffe einem da auch einfallen mögen. Ich könnte sogar einen
Western lesen und hin und weg sein. Liebesroman, Familienepos, weiß der
Geier. Die Story muss es bringen! Und da spielen natürlich dann
individuelle Kriterien eine Rolle. Dramaturgie, Tiefe, Spannung, Srache,
welche von vielen nicht wahrgenommen wird, würdet euch wundern, etc. pp.
Da hat ja jeder andere Ansprüche. Ich kann sagen, dass Spannung für
mich nicht zu den sooo wichtigen Kriterien zählt. Aber die Sprache kann
einem die Sinne küssen.
Ich liebe natürlich Fantasy und SF besonders, klar auch wegen der
Settings (weil ich wohl bis ans Ende meines Lebens ein kleiner Junge
bleiben werde ;-) ), aber vor allem weil die Geschichten da einen
ungleich größeren Auslauf haben, tun und lassen können was sie wollen.
Geht nicht gibs nicht. Aber das können Geschichten ja sowieso, oder
sollten sie jedenfalls können.
Ich würde jedenfalls die Settings nicht so mit Bedeutung überladen, es
sei denn die Settings selbst erzählen die Geschichte.

Viele Grüsse Alechadro

PS Ich hab auf eure Empfehlung mal Den seltsamen Fall des Dr. Jekyll
und Mr. Hyde gelesen. Großartig! Danke für den Tip!
Die Qualität des Buches liegt hier zum Beispiel für mich weniger
im Setting als in der Geschichte selbst und natürlich in der
wundervollen Sprache!

Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?

Damit stimme ich überein. Nicht aber mit der Schlussfolgerung, dass dann jedes Setting optimalerweise nur einmal vorkommt. Jede neue Geschichte hat ein optimales Setting - aber nicht jede braucht ihr eigenes. Wie schon häufiger als Beispiel genannt: Die meisten Romane außerhalb der Phantastik spielen in einer "zeitgenössischen Realität". Viele Geschichten sind dort auch am besten aufgehoben - und man kann auch beliebig viele Geschichten davor platzieren. Und dasselbe gilt auch für das "Fantasy-Mittelaltersetting". Manche Geschichte funktioniert nur vor einem Setting, andere vor mehreren - aber kein Setting funktioniert besser für Geschichten im Allgemeinen.
Insofern würde ich dein Argument eher als Einwand dagegen ansehen, das Setting von vornherein und unabhängig von der konkreten Geschichte zu bewerten.
Du vertrittst also die These, dass ein Element eines Settings umso schlechter in einer eigenständigen Geschichte unterzubringen ist, je häufiger es schon verwendet wurde. Dem möchte ich entschieden widersprechen - eher ist das Gegenteil der Fall: Die bisherige Verwendung eines Elementes schafft einen referentiellen Kontext, den der Autor für sich nutzen kann.
Als praktisches Beispiel: Ich würde in eigenen Romanen zwar Elfen verwenden, aber keine Orks. Und zwar gerade weil Elfen eine lange literarische Tradition haben und schon über die Sagen und Mythen vordefiniert in die moderne Fantasy eingegangen sind; und weil sie dann auch in der modernen Fantasy auf unterschiedliche Weise interpretiert wurden. Wenn ich also einen "Elfen" auftauchen lasse, habe ich zum einen die Möglichkeit, mit diesen Referenzierungen zu spielen und so Sinnhaftigkeit zu erzeugen - denn gerade die Eingebundenheit in einen literaturhistorischen Kontext ist Grundlage literarischer Qualität. Und zum anderen geben mir die zahlreichen vorhandenen Interpretationen die Möglichkeit, auch mit einer eigenen Interpretation, einer "Nuance" des Elfen wahrgenommen zu werden, weil es kein so dominantes Vorbild gibt, das alles überlagert.
Orks hingegen sind allzu fest mit Tolkien assoziiert. Verwendet wurden sie ansonsten nur von Epigonen, die sich ebenfalls offen an Tolkien anlehnen und selbst wiederum auf Tolkien referieren. Ich habe für diese Figur also keinen weiten Bedeutungshorizont, mit dem ich spielen kann; und ich kann sie auch kaum neu definieren, ohne dass jeder Leser sofort doch wieder den Tolkien-Ork vor Augen hat - außer in der deutlichen Form einer Parodie. Bevor der Ork als allgemeines literarisches Element in den Werkzeugkasten wandern kann, muss erst noch einiges über ihn geschrieben werden: Und zwar neben reinen Epigonenwerken auch noch genug gebrochene Darstellung, um das Vorbild zu demontieren, und Werke von eigenständiger literarischer Relevanz, die diese Figur mit zusätzlichen Definitionen versehen.
Die Frage ist allerdings: Braucht man den Ork? Vermutlich nicht. Aber der Elf ist nun mal mit diesem Kontext da, und gerade weil er einen breiteren Kontext hat und schon öfter verwendet wurde, ist er unproblematischer. Dass es heute viele einseitig gebildete Fans gibt, die bei Elf doch direkt wieder an Tolkien denken, ist eher ein soziales denn ein literarisches Problem ...
Entschuldigung, diese Antwort hast du nicht richtig durchgerechnet. Aber zunächst mal: Ich habe mich bei meiner Einschätzung an den Maßstäben der Informatik orientiert. Und da habe ich gelernt, dass mit "nicht lösbar" "nicht in polynominalzeit lösbar" bedeutet. Und das reicht mir eigentlich auch als praxisrelevante Definition für "Unendlichkeit". Insofern würde ich also eher deinen Einwand als "formal-logischer Unsinn" bezeichnen - und das ist jetzt nicht böse gemeint, sondern einfach nur sachlich und im Wortsinne: als mathematische Theorienhuberei ohne Praxisrelevanz.
Aber auch rein "formal-logisch", also mathematisch, ist der Einwand fehlerhaft. Deutsch hat einschließlich Umlauten 29 Buchstaben. Wie viele mögliche Geschichten kann ich damit bilden? Die Antwort darauf lautet, nicht nur praktisch (also nach der Informatiker-Definition), sondern auch mathematisch unendlich viele - weil nämlich weder die Wortlänge noch die Satzlänge (als Segmentierungsgrenzen) noch die Textlänge theoretisch begrenzt sind. Und aus eben diesem Grund sind auch die Kominationmöglichkeiten sämtlicher Elemente sprachlicher Gestaltung theoretisch ebenso unendlich wie praktisch. Aber das nur als mein Beitrag zur formal-logischen Komponente der Frage


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Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?

... Figuren werden auch von vielen Lesern als wichtig genannt, und vermutlich gibt es noch andere Kriterien, die mir spontan nicht einfallen. Bei dieser Vielfalt wundert mich schon, warum so viele Leute gerade das Setting allein quasi als "Qualitätsetikett" auf eine Geschichte aufdrücken wollen. Und das nicht nur in der Fantasy-Frage.
Ich habe das Gefühl, es liegt daran, dass man das Setting als einziges einordnen kann, ohne die Geschichte wirklich gelesen zu haben - meist schon "nach Klappentext". Insofern greift natürlich jeder gerne danach, der eine schnelle Orientierungshilfe zu den für ihn "richtigen" Büchern sucht.


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Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?

Zunächst zur Unendlichkeit - da war ich insofern etwas hastig, als dass ich Ketten, die stets dasselbe Element nutzen, außer acht gelassen habe - aber Wiederholungen langweilen mich schnell.
Bei dem Gebrauch des Begriffs "Unendlich" bin ich pingelig: Bloß weil etwas meinen Horizont übersteigt, ist es noch nicht Unendlich. Das war, wie gesagt, auch kein Einwand gegen deine Konklusion, sondern nur gegen den Begriff.
Praxisrelevanz hat die Unterscheidung durchaus, da "Unendlich" mit ganz anderen Dingen konnotiert wird, als "verflixt Viel".

Mehr oder minder: Ich glaube, dass ein Setting nur eine begrenzte Anzahl von originellen Geschichten hergibt. Einige Settings sind so dicht bestückt mit Geschichten, dass es schwer wird Originalität hinein zu bringen; es reicht ja auch nicht, eine gute Figur oder Szene zu haben (das reicht allenfalls für eine Kurzgeschichte, nimmer für die "Fat-Fantasy").
Bevor man eine Geschichte nicht gelesen hat, weiß man nicht, ob sie gut oder schlecht ist; einige Zeichen weisen aber deutlich darauf hin, dass sie (vermutlich) nicht besonders originell ist. Und dann zieht: Wenn eine unoriginelle Geschichte zu erwarten ist, warum sollte ich sie dann nicht links liegen lassen und nach etwas Originellerem Ausschau halten?

Ich wollte aus etwas Anderes hinaus. Ja, es ist leichter, ein unverbrauchtes Element originell zu verwenden - man muss es bloß verwenden. Es ist schwieriger ein weit verbreitetes Element zu verwenden, weil ein Klon kein spielen mit Kontext ist. Darauf wollte ich hinaus: Man kann selbst mit den die Fantasy dominierenden Elfen noch spannende Dinge anstellen - nur nicht mit einem Legolas-Klon. Viele Autoren schreiben eigentlich Fanfiction (in dieser Hinsicht). Sie finden die Legolas-Elfen irrsinnig cool und verwenden sie weiter. Damit man ihnen nicht "Plagiat!" nachruft, wandeln sie ihren Elfen marginal ab. Das langweilt mich.
Spielerisch mit dem Kontext umgehen, kann sehr fein sein - passiert aber nur sehr selten.
Mit der "Ork"-Figur kann man noch sehr viel anstellen, gerade, wenn man sie nicht "Ork" nennt: Die Changeling "Red Caps" sind eigentlich Orks und bieten, wie ich finde, sehr viel Potential.
Aber es läuft wohl letztlich auf die Frage hinaus: Bin ich neugierig auf literarische Nova? In dieser Hinsicht bin ich ein ganz wertekonservativer Modernist: Wenn es mit nichts Neues bietet, ist es nicht wert gelesen zu werden.

Theophagos

Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?

Ich muss Theophagus recht geben, wenn er sagt, dass allein die Entscheidung der Autoren, bekannte Fantasy-Archetypen und -Settings zu benutzen, eine "falsche" ist. Für mich bedeutet sie zumindest eine kleine künstlerische Niederlage, die sich zudem meist tatsächlich auch in der Banalität und fehlender Relevanz der Geschichten, die erzählt werden, widerspiegelt.
In diesem Zusammenhang hört man dann eben auch von den Autoren (wie z.B. von dem unglaublich erfolgreichen Markus Heitz!), dass sie ja nicht mehr wollen, als bloß zu unterhalten und letztendlich produzieren sie nichts weiter als flache Popcorn-Kino-Literatur.

Ohne Frage gibt es die Möglichkeit, alte Klischees zu konterkarieren und zu dekonstruieren, aber dies geschieht leider zu 95% eben nicht.
Ebenso sicher ist es, dass nicht jede Geschichte im abgefahrenen und originellen Gewandt eine grundsätzlich interessante bzw. lesenswerte ist.

Was ich allerdings sehr klar wahrnehme, ist dass 1. Autoren die völlig neue (und im besten Falle komplexe) Welten schaffen, sich zumeist auch sehr viel mehr Gedanken um soziale Gefüge und gesellschaftliche Zusammenhänge in der geschaffenen Welt machen, als jene, die altbekannte Fantasy-Klischees benutzen und zum 2. dass eine banale Geschichte, die mit originellen Kreaturen und Settings erzählt wird, mich immer noch sehr viel mehr zu fesseln weiß und zum kindlichen Stauen bringt, als eine, die eben die Fantasy-Klischees bedient.

Es grüßt





Actibus aut verbis noli tu adsuescere pravis.

Pro & Contra bekannte Fantasy-Settings und -Archetypen

Hier geht nun die Diskussion weiter, damit der SUB-Thread nicht zu speziell wird.

Es grüßt





Actibus aut verbis noli tu adsuescere pravis.

Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?

Nun ja, ich bekenne mich schuldig, dass ich mich überhaupt auf die theoretische Diskussion eingelassen hatte. Hätte ich nicht tun dürfen, nachdem ich allein deinen Bezug zur "mathematischen Unendlichkeit" schon für ablenkend vom eigentlichen Thema gehalten habe
Also präzisiere ich meine ursprüngliche Aussage strikt aufs Thema bezogen: Normalerweise kommt der Einwand, dass es "ja nur eine endliche Anzahl von Themen/Motiven/etc. gäbe", stets verknüpft mit der Folgerung, dass dann "ja ohnehin alles schon mal dagewesen ist". Mein Gegenargument mit der unendlichen Anzahl an Verknüpfungen sollte eigentlich nur aussagen, dass man eben doch noch was neues bringen kann. Dafür reicht, angesichts der Zahl möglicher "Bausteine" für einen Roman, eine exponentielle Steigerung schon aus. Damit ist dann die Zahl sinnvoller Verknüpfungen - im Gegensatz zur Zahl der Verknüpfungen insgesamt - zwar nicht theoretisch unendlich, aber für den praktischen Gebrauch in hinreichendem Maße, dass sich die Suche nach dem Neuen noch lohnt. Wie dann und wann ja mal ein Werk beweist.
Dem wiederum würde ich nur dann zustimmen, wenn man das Setting ganz eng und konkret definiert. "Fantasy vor mittelalterlich anmutendem Umfeld" hingegen ist eine so weit gefasste Beschreibung für ein Setting, dass man sie kaum so weit füllen kann, dass sämtliche Variationsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.
Dass viele Autoren die noch freien Variationsmöglichkeiten nicht nutzen, ist eine andere Frage und nicht die Schuld des Settings.
Wie gesagt, zur persönlichen Lektüreauswahl - okay. Das Problem, was ich damit habe, ist nur, dass man sich damit denselben Mechanismus zueigen macht, mit dem wiederum die deutsche Hochliteratur SF und Fantasy grundsätzlich ausklammert. Und damit eigentlich genau das tut, was dazu führt, dass der deutsche Markt für literarische Fantasy de facto nicht existiert. Und ich finde es ein wenig widersinnig, wenn man sich einerseits über die viele schlechte Fantasy beschwert, andererseits aber unreflektiert die Algorithmen durchlebt, die für diesen Zustand mitverantwortlich sind.
Das ist wohl wahr. Wobei dann wieder eine andere Frage ist, wie viel Fanfic der Autoren ist, und wieviel Fanfic für die Fans - geschrieben halt, weil es Fans gibt, die etwas in der Art lesen wollen. Und selbst wenn man für Fans schreibt, gibt es Möglichkeiten, die Anlehnung auf originelle Weise zu suchen und nicht nur über Klone.
Aber damit stößt man einen Teufelskreis an: Solange alle, die überhaupt auf Originalität achten, das erfolgreichste Fantasy-Subgenre pauschal meiden, wird die Originalität aus diesem Subgenre förmlich herausgezüchtet. Durch die fehlende Originalität in diesem Genre werden die Leser dort auch immer weniger "herangebildet" und nicht mit orginellerer Fantasy vertraut gemacht. Und damit wird dann quasi die Nachwuchsförderung für anspruchsvolle Fantasy an der breitesten potenziellen Leserbasis vernachlässigt - letztlich zu Lasten derer, die gerne was anderes lesen würden, es aber nur in dem Maße bekommen, wie es für die Verlage einen interessanten Markt darstellt.


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