Gruppe Enigma - Texthaufen

Inspirationshilfe

Re: Inspirationshilfe

"Hi Mandy!"
"Hi, Ihr Süßen! *schmatz* *schmatz* *schmmmmatz*"
"Hallo Liebling!"
"Määändy! Du hier? Lass dich knutschen"
usw usw usw.

Ich hasse diese 15-Jährigen-Parties. Nicht, weil ich dazu jemals eingeladen worden wäre, ich hab nur beruflich damit zu tun. Ich mach einfach mal weiter, dann werden Sie schon verstehen: Erstmal folgen 20 Minuten Begrüßungsritual, das in langatmiges, nennen wir es "Small Talk" übergeht, wobei dieser Begriff eigentlich schon zu viel sagt. Was wir hören, ist vielmehr nicht endenwollendes Aneinanderreihen von Gefühlsbeschreibungen beim Glotzen der letzten Big-Brother-Folge. Ich könnte das jetzt alles von meinem Band abtippen, habe aber keine Lust. Daher mache ich dort weiter, wo es interessant wird:

Cindy: TOTAL der Hit sind ja jetzt Klitoralpiercings. Soll ich Euch meins mal zeigen? Wuhuhuuuu!

Mandy (gelangweilt): Jaja

Cindy: Willste mal anfassen, Süße? Wuuu! Mein Bärchen steht da TOTAL drauf ab!

(Gekicher. Im Hintergrund Utz-Utz)

Mandy: Entweder er STEHT drauf oder er FÄHRT drauf ab!

Cindy: Du solltest mal sehen, was da absteht! Wuhuuu!

(Gekicher und Gegacker allenthalben)

Cindy: Du tust ja fast so, als ob ...

Mandy: Als ob was ...

Cindy: Ach, gar nichts. Ich meine nur, hey, du wirkst heute so ABGESTANDEN!

(Gelächter)

Mandy: Ach, weißt Du, ich hab das alles nicht nötig. Im Übrigen hab ich jetzt den VOLL GEILEN ULTIMATIVEN Kick gefunden!

Cindy (verunsichert): Ja?

Mandy (leise): Ich sag nur: Unbefleckte Empfängnis! (kichert selbst)

Cindy: Jetzt echt oder was? Wie soll'n DAS gehen?

Mandy: Bei Dir geht DAS sowieso nicht mehr!

(Wieder Gekicher)

Cindy (wird rot; dann leise): Kommste mal mit raus, Mandy?

Mandy (nickt und steht auf)

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Cindy: Du, Mandy, ich muss Dir was erzählen. Ich bin auch noch Jungfrau. Mich hat echt noch keiner angefasst. Nicht mal der Typ von Tattoo4U, der hat Handschuhe angezogen, das Schwein! Nee, echt keiner. Aber erzähl's nicht Silke, ja?

Mandy: Nee, klar nich!

Cindy: Und auch nicht Judith, ja? Versprochen?

Mandy: Ehrenwort!

Cindy: Jetzt hab ich dir was von mir gesagt, jetzt bist Du dran: Erzähl mal was über Deine unbefleckte Empfängnis, wie meinst'n das?

Mandy: Das ist nur so ne Idee von mir, aber ich will das UNBEDINGT ausprobieren. Der Punkt ist der: Diese ganzen Hippies und so, diese Eltern und Punks und wie sie alle heißen, die haben doch immer nur versucht, mit möglichst viel Sex möglichst keine Kinder zu haben. Ich hab mir jetzt gedacht, warum nicht andersrum? Wär doch geil, was?

Cindy (guckt fragend)

Mandy (rückt etwas näher heran): War nur'n Witz, Cindy! Ich wollte dich doch nur von diesen geschwätzigen Schnepfen wegkriegen.

Cindy (errötet): Jetzt echt, Mandy? Du bist echt ne Freundin! Jetzt im Ernst, weißt Du, wie die sich jetzt über dich das Maul zerreißen?

Mandy (legt den Arm um Cindy): Ach weißt du, mir sind die doch egal!

Cindy: Und mir erst! Ich würd' mich lieber noch ein bisschen mit dir über unbefleckte Empfängnis unterhalten. (Pause) Oder über befleckte Empfängnis (kichert)

Mandy (nach einer Pause): So ein Piercing, tut das weh?

Cindy: Fühl doch selber.

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An der Stelle ist natürlich das Band zu Ende gewesen. So ist das ja immer. Naja, ich werde trotzdem auch in Zukunft weiterhin kleine Sender in die Gucci-Handtaschen-Plagiate einnähen, die ich auf dem Flohmarkt verkaufe. Weil davon kann doch sonst kein Mensch leben. Und unbefleckt ist ja schließlich auch keiner von uns. Obwohl mich das Thema ja schon interessiert. Aber jetzt muss ich wieder arbeiten. Vor allen Dingen an der Akku-Laufzeit. Ich mach das ja nicht wegen des Geldes, oder? So einer bin ich ja nicht!



Schweigend vertilgten wir Wurstwaren. Es schmeckte überraschend widerlich. Dabei war es doch nur Wurst! Peter Hein

Re: Inspirationshilfe

Judith (schmeisst sich weg vor Lachen):
Na, warte, wenn ich die in die Finger krieg! Tolle Freundinnen!!! Und weitererzählen werd ich das auch.... nein, am Besten ich lass das Band bei der nächsten Party vom DJ abspielen! Laut. Vor allen Leuten, vor dem Marc, dem Phillip, usw., hehe!
Kann man das käuflich erwerben, Johannes?


Apropos: neues Wort?????

Re: Inspirationshilfe

@Judith: Dann müssen wir das aber zuerst aufnehmen.

Neues Wort: Muffin Mann



Schweigend vertilgten wir Wurstwaren. Es schmeckte überraschend widerlich. Dabei war es doch nur Wurst! Peter Hein

Re: Inspirationshilfe

ich find die Geschichte auch wundervoll!!
Den Ideen sind keine Grenzen mehr gesetzt und wir können einfach alle schreiben, was wir wollen!
Aber wer ist denn diese Silke da in deinem Text?
Wer ünbernimmt denn den Muffin Mann? Darf ich eine Vorbehalt anmelden?
Eventuell spiel ich das nächste Solo:-)

Re: Inspirationshilfe

Na, doppelt geht doch auch, oder?
(nur falls es mich wieder überkommt)

Re: Inspirationshilfe

Machen wir ne Hochzeit?

Re: Inspirationshilfe

Keine Neun!

Re: Inspirationshilfe

Johannes schafft nichtmal sex, äh, sechs!
(Sorry der lag so offen auf der hand )

Re: Inspirationshilfe

So flach war der doch gar nicht, höhö!

Wo bleibt denn der Vorbehalt nu? Ich brauch Inspiración, unpedingt!!!

Re: Inspirationshilfe

„Muffin Mann“

Ich erzähle Euch jetzt die wohl traurigste Sache der Welt. Ich muss sie unbedingt loswerden, sonst kann ich nie wieder ruhig schlafen. Alles begann mit einem Nachmittagskaffee bei meiner besten Freundin Karen.

„Wir haben uns heute auf der Bank am Kanal getroffen...“, fing meine Freundin zu erzählen an. „Und er hat meine Hand genommen.“ Dabei ging ihr Blick in die Ferne und sie lächelte.

Wir saßen bei ihr zu Hause am Kaffeetisch. Ich hatte den Kuchen mitgebracht, sie den Kaffee gekocht. Karens Kaffee schmeckte nie. Aber das war egal. Mein Kuchen hingegen war mal wieder extrem lecker.

Karen erzählte mir immer alles. Seit wir befreundet sind, und das ist schon lange, ermöglichte sie mir täglich einen tiefen Blick in ihre komplizierte Seele. Ihre Berichte erinnerten mich immer an verbale Tagebucheintragungen. Erinnerungen, vermixt mit den täglichen Begebenheiten in ihrem Leben und den dazu gehörigen Gefühlszuständen, alles bekam ich präsentiert, wenn wir uns gegenüber saßen und Kaffee oder Bier tranken. Und das taten wir oft.

„Greta, er hat so schöne Hände. Und sie krabbeln auf mir herum und ich liebe ihn, allein dafür, dass er das tut!“

Sie war seit Jahren das erste Mal wieder frisch verliebt. An jenem Nachmittag rückte sie mit dieser Information heraus. Seitdem schien der Damm gebrochen und ich hörte ihren endlosen Schwärmereien stundenlang zu. Sie redete noch mehr, als sie es ohnehin schon immer getan hatte. Währenddessen kam es vor, dass sie plötzlich meine Hände nahm oder vormachte, was sie meinte, wie er irgendwas gesagt oder getan hatte. Teilweise veränderte sie ihre Stimmlage dabei und sprach mit seinen Worten.

„Karen, liebe Karen, Du bist so schön, lass uns von hier fort gehen, woanders hin, bitte. Ich nehme Dich mit, ich trag Dich auf meinen Händen durch die Welt. Für immer und ewig.“ So sprach er wohl einmal zu ihr. Und als sie es mir vormachte, fing sie zu weinen an und sagte:

„Wie soll ich das denn machen, Greta, ich kann doch nicht einfach weggehen von hier?“

Dann musste ich sie lange trösten.

Ein anderes Mal, berichtete sie, hatte er sie zum Kino abgeholt. Er hatte extra dafür eine Limousine gemietet, so eine außergewöhnlich lange, die sonst nur die Superstars kutschierte. Er hatte ihr die Tür aufgehalten und ist nach ihr mit eingestiegen. Sogar einen Chauffeur hatten sie gehabt. Sie haben dann auf den weißen Ledersitzen geknutscht und dem Fahrer befohlen, auf die Autobahn zu fahren. Die Schiebefenster zum Chauffeur hatten sie geschlossen. So hatten sie sich allein gefühlt.

„Er hat mir meine Kleidung gaanz langsam ausgezogen, er hat mich überall geküsst und sich schwer auf mich gelegt, Du, das hat er wirklich getan!“ Zur Bekräftigung legte sie beide Hände auf meine Schultern und schüttelte mich. Ich freute mich für sie.

„Mir wurde immer heißer dort in dem Wagen und er drang in mich ein und ein Feuerwerk explodierte vor meinen Augen. Das ist wirklich das Schönste, Greta, hörst Du, wirklich das Allerschönste auf der Welt!“ Sie beschrieb dann noch alles in allen Einzelheiten, die ich an dieser Stelle lieber unerwähnt lassen möchte. Jedenfalls erschien sie mir so ausgelassen und glücklich, wie gesagt, schon seit Jahren nicht mehr.

Und in meinem tiefsten Hinterstübchen klang leise der Neid an. Ich fragte mich ernsthaft, ob es solche Männer überhaupt geben könnte. Dann schalt ich mich schnell. Pfui, deine Eifersucht steht dir nicht, sagte ich zu mir und wandte mich wieder meiner Freundin zu. Wohlwollend nickte ich und sie erzählte noch eine halbe Stunde von sich und ihrem Liebhaber.

„Ich würde ihn gerne einmal kennen lernen…“, meinte ich, als sie gerade eine Pause machte, um an ihrem Kaffee zu nippen. Da schaute sie plötzlich ganz komisch.

„Das geht nicht.“, sagte sie schlicht. Eine Begründung blieb aus.

Eine Woche später erschien Karen tränenaufgelöst bei mir zu Hause. Ich schob sie aufs Sofa und versuchte aus ihrem Gestammel schlau zu werden. Aus den Bruchstücken puzzelte ich folgende Situation zusammen: Sie hatte sich wieder mit ihm getroffen, alles war wunderbar und perfekt gewesen, bis sein Handy geklingelt hatte. Da war er auf einmal ganz merkwürdig geworden, ja fast wütend, und er hat seine Sachen zusammengekramt und sich mit den Worten „Hör auf, mir ständig hinterherzulaufen!“ von ihr verabschiedet.

Karen war so durcheinander, dass ich sie über Nacht bei mir behielt. Sie schlief neben mir im Bett und mehrmals in der Nacht schluchzte sie herzzerreißend auf. Dann wiegte ich sie in meinen Armen, bis sie wieder einschlief. Ich musste am nächsten Tage früh zur Arbeit und ließ sie weiterschlafen. Als ich dann nachmittags zurückkam, war sie nicht mehr da. Ich rief bei ihr an, sie meldete sich und fing sofort fröhlich zu quatschen an. Er hätte sich bei ihr gemeldet, hätte sich entschuldigt, alles wäre wieder gut, er wäre ja so perfekt und verständnisvoll und grade bei ihr und ich dürfe jetzt nicht mehr stören. Dann legte sie auf.

Und manchmal entstand dann bei mir das Gefühl, sie würde sich verändern. Anfangs schüttelte ich den Verdacht von mir ab, unterstellte mir immer noch Neid. Dann aber fiel mir auf, wie blass und dünn sie in der letzten Zeit geworden ist. Sie meldete sich nicht mehr täglich bei mir, manches Mal musste ich das Telefon lange klingeln lassen, bis sie ranging. Dann wimmelte sie mich ab, sie hätte Besuch von ihm und keine Zeit. Wenn wir uns trafen, das im Übrigen immer seltener, diskutierten wir darüber, ob dieser Kerl wirklich gut für sie sei.

„Karen, Dir geht es offensichtlich nicht gut. Warum?“, fragte ich sie einmal. Sie senkte den Kopf und starrte verbockt in ihre Tasse.

„Was ist denn das überhaupt für einer, wie heißt er eigentlich? Das hast Du mir nie gesagt!“

„Es ist alles gut, Greta, mach Dir keine Sorgen. Er liebt mich. Es geht mir wunderbar.“
Und nach kurzer Pause, fügte sie noch hinzu: „Du kannst ihn meinetwegen den Muffin Mann nennen!“

Ich schüttelte fassungslos den Kopf, aber mehr war aus ihr nicht herauszubringen. Sie nahm ihre Tasche und ging. Ich begriff gar nichts mehr.

Letzten Samstag vor zwei Monaten dann, passierte es. Wir beide waren zum Frühstück verabredet. Doch sie kam nicht. Das ist noch nie vorgekommen, dass sie wegblieb, ohne sich zu abzumelden. Ich begann, mir Sorgen zu machen. Zu Hause ging niemand ans Telefon und ihr Handy war ausgeschaltet. Ich hinterließ eine Nachricht auf ihrer Mailbox. Und weil ich ganz unruhig wurde, rasten meine Gedanken und mir fiel auf einmal der Ersatzschlüssel zu ihrer Wohnung ein. Sie hatte ihn mir vor langer Zeit mal gegeben, als sie mal zu einer Fortbildung fahren musste, damit ich ihre Katze füttern konnte. Ich eilte nach Hause, kramte in der Schublade, fand ihn und fuhr schnell zu ihrer Wohnung.

Warum ich so panisch geworden bin? Weil mich die Sache mit dem Typen eh schon länger aufgeregt hat. Nie hab ich ihn gesehen, sie hatte ihn immer von mir ferngehalten. Für eine beste Freundin doch sehr komisch, oder? Na, und ihr Verhalten wurde ja auch immer merkwürdiger.

Es war still im Treppenhaus, als ich die Stufen hinaufging. Es roch nach Müll und altem Kohl. Mein Herz klopfte. Ich öffnete die Wohnungstür, sie war nicht abgeschlossen. Der Müllgeruch strömte mir entgegen. Die Katze maunzte. Ansonsten Stille. Ich fand sie im Schlafzimmer. Sie lag auf dem Rücken, die Decke stramm unter ihren Armen festgesteckt. Die Hände nestelten an dem Bezug herum und sie murmelte vor sich hin. Ihr Blick ging zur Decke und hätten sich nicht ihre Finger und Lippen bewegt, so hätte ich sie für tot halten können.

„Karen! Was tust Du da?“, fragte ich und stürzte ihr entgegen. Sie drehte den Kopf zu mir und sah mich an.

Und da meinte ich plötzlich, zu verstehen. Ich ging zum Telefon und rief bei ihren Eltern an, danach wählte ich die Nummer eines guten Bekannten von mir. Er gab mir die Nummer des zuständigen Landeskrankenhauses. Als alle Anrufe erledigt waren, setzte ich mich zu ihr ans Bett, hielt ihre Hand und erzählte ihr irgendetwas, was mir gerade in den Sinn kam.

„Warum nur der Muffin Mann?“, fragte ich sie noch, ehe sie abgeholt wurde.

„Greta, er hat mir jeden Tag einen Muffin geschenkt! Das ist so liebevoll von ihm gewesen.“ Sie lächelte.

„Ja, und wo ist er jetzt hin, Karen?“

„Ich hab ihn versenkt. In der Kiesgrube. Weit draußen.“

Sie tat mir so unendlich leid, wie sie dort lag und sich selber einen vormachte. Diesen Mann gab es gar nicht und sie glaubte doch so sehr an ihn, dass sie ihn in sich selber hatte umbringen müssen, als es nicht mehr weiterging. Wie muss sie gelitten haben und ich hab es nicht erkennen wollen. So dachte ich. Später im Krankenhaus sprachen die Ärzte von einer so genannten „paranoide Schizophrenie“, was so viel heißen soll, wie: sie hat sich einen vorgemacht.

Und als ich heute in der Zeitung las, dass Angler in einer Kiesgrube nahe bei Hannover die Leiche eines Mannes im Wasser gefunden haben, an dessen Beinen ein Muffinbackblech festgebunden war, wurde mir die Tragweite von Karens Geschichte erst richtig bewusst. Aber ich habe dann schnell beschlossen, zu schweigen, um meine Freundin nicht noch mehr in Schwierigkeiten zu bringen. Sie hat es sowieso schon viel zu schwer und ihr Leben ist so traurig geworden.

Ich besuche sie regelmäßig. Aber die Medikamente, die sie bekommt, legen sie total lahm. Ihre Bewegungen sind unnatürlich langsam und der Speichel läuft ihr ständig aus dem Mund.
Sie spricht nicht, meine Karen. Mit niemanden. Aber vielleicht ist das auch gut so….