"Du hast was drauf, Alter" übertönte die Stimme des Typen aus der hinteren Reihe das Fluchen des Anführers. "Bist cooler als der Boss." Der kleine, hagere Glatzkopf, zu dem die Stimme gehörte, trat hervor und streckte ihm seine Hand entgegen: "Ich bin Jussuf, Mann. Willkommen im Verein. Willst du unser neuer Alphaman sein?"
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Re: Zeilenroman. Jetzt erst recht!
"Verarschen kann ich mich allein!", brüllte Karl, machte aus dem Stand einen grandiosen Flickflack und sprintete anschließend wie der gute alte Johnson die Straße hinunter.
Re: Zeilenroman. Jetzt erst recht!
"Ihm nach!", brüllte Yussuf, der sich jetzt als Alphamännchen verstand. Der alte Boss drehte sich um, zog sein Messer und trat Yussuf von hinten in die Kniekehle. "Ihm nach!" brüllte nun auch er in alter Alphatiermanier und schwang sich auf seinen Tretroller.
Re: Zeilenroman. Jetzt erst recht!
Mit den Geräuschen einer Dampfmaschine und dem inneren Bild von Lola-rennt legte sich Karl während eines Kurvenverlaufes schräg, um nicht lang hinzuschlagen. Der Wind zerrte an seinem schütteren Haar und seine Wut spornte ihn an. Hatte er doch ein Ziel. Und zudem jetzt auch noch zahlreiche Verfolger.
Re: Zeilenroman. Jetzt erst recht!
Als er in die Fußgängerzone einbog, musste Yussuf wohl oder übel sein Mofa abstellen, schließlich waren solche Fahrzeuge dort gar nicht erlaubt. So kam es, dass Karl nur noch von einem Trupp Jugendlicher auf Schusters Rappen verfolgt wurde, was auf Außenstehende eher den Eindruck eines extravaganten sportlichen Events machte. Es dauerte nicht lange, und ein paar herumstreundende Jogger hatten sich der Gruppe angeschlossen.
Re: Zeilenroman. Jetzt erst recht!
"Achtung! An alle Einsatzwagen: Wir fordern Verstärkung an! Im Innenstadtbereich bewegt sich ein unangemeldeter Demonstrationszug mit hoher Geschwindigkeit Richtung Kaiserallee....jetzt Dumpfburgerplatz.... jetzt Freizeitheim Laaben. Wir bitten um Verstärkung. An alle Einsatzwagen!" Oberwachtmeister Werner fiel vor Schreck fast der Coffee-to-go-Becher aus der Hand. Er schubste den schlafenden Kollegen Lippich an, wurschtelte mühsam seine Uniform zurecht und ließ den Motor an.
Re: Zeilenroman. Jetzt erst recht!
"Erstmal ordentlich ins Horn stoßen, was Lippe?" feixte Werner, als er die Sirene anstellte. "Wetz' schon mal den Knüppel, wir jagen ein paar Chaoten!" "Hätt'ste mich nich wecken können, wenn wir da sind?" murrte Lippich und schob sich das Hemd in die Hose. "Gegen was sind die überhaupt?" "Du bist mir so ein Sympathisant! Erste Regel bei Demonstrationen: Frag' nie, worum's geht!"
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Re: Zeilenroman. Jetzt erst recht!
Mit großem Lalülala kurvte der Streifenwagen entlang besagter Kaiserallee, überquerte den inzwischen wieder leeren Platz und fuhr dann direkt auf das Freizeitheim zu. Weit hinter dem heruntergekommen Gebäude am Ende der langen Straße sahen die beiden Uniformierten eine große Staubwolke. Plötzlich stoppte der Oberwachtmeister die Fahrt und starrte seitlich aus dem Fenster.
Re: Zeilenroman. Jetzt erst recht!
Ins Karls Kopf spielten sich Szenen von Verfolgungsjagden aus Polizeiruf 110 ab, vielleicht wars auch der Tatort. Er schaute sich um und suchte nach einer Chance zu entkommen. Hinter dem Freizeitheim würde er schon ein Versteck finden, dachte er. Sirenen erreichten sein sowieso schon von dem Gepöbe der Verfolger geschändetes Ohr. Er glaubte fast, einen Rythmus in dieser Kakophonie zu erkennen, eins von diesen ganz fiesen Agro-Hiphop-Liedern. Ist ja richtig geil, dachte er und verschwand im Hinterhof des Freizeitheims.
Re: Zeilenroman. Jetzt erst recht!
Der vermeintliche Aggro-Sound kam, wie er bald bemerkte, von einer Kolonne Bauarbeiter, die mit einem Dutzend Presslufthammern am Abriss des Freizeitheims arbeiteten. Der Bautafel zufolge sollte es der Erweiterung des benachbarten Krematoriums weichen, dessen Schornstein gerade freudig qualmte, obwohl (oder weil?) heute Totensonntag war.