Die Seeleute der Barkasse hoben die Riemen und nutzten den verbleibenden Schwung, um bis zu dem kleineren der beiden Langboote zu gleiten. Kräftige Nordmannarme empfingen sie dort und hielten die Barkasse längsseits des schlanken Langboots. Den Aufschwung der Barkasse nutzend schwang sich hein van Fleet auf den Drachen. Und Pöpke und Titje taten es ihm nach. Mit Schwung und viel Hallo wurden das Faß, der Handkarren und das Maststück herüber gehievt. Danach folgten die zwei Drebassen und zwei kleinere Kisten. Der Jarl der Nordmänner begrüßte Hein mit kurzem Nicken und Hein nickte zurück. "Ich hab Euch noch einige Signale mitgebracht, mit denen könnt Ihr im Falle von unvorhergesehen Schwierigkeiten Verstärkung herbeirufen. Das sind die Gelben Signale. Die grünen Signale bedeuten alles läuft wie geplant. Dann haben wir noch ein rotes Signal hinzugepackt, das bedeutet soviel wie "Rette sich wer kann", falls wir - was die Götter verhüten mögen - in eine Falle laufen oder zu starke Kräfte das Unternehmen scheitern lassen. Dann ziehen wir uns zurück und treffen uns am abgemachten Ort." Hein grinste. "Ich gehe nicht davon aus, dass das nötig sein wird, aber ich habe schon Fische fliegen sehen." "Als Türöffner hab ich euch Titje und Pöpke mitgebracht, die sollten die Außenbastion knacken können. Die Außenbastion und die Hafenbastion müssen in unsere Hand, sonst ist das Unternehmen gescheitert. Aber auch hier bin ich zuversichtlich." Hein nickte Pöpke und Titje zu. Die beiden kleinen Frauen grinsten breit zurück. "Gibt es noch Unklarheiten? Muß noch etwas abgestimmt werden?" fragte Hein den hochgewachsenen Nordmann.
Re: Im Auftrag des Falgathen IV
Die Langschiffe glitten heran und Hroc gab Signal an die Skúgvur aufzuschließen und längsseits zu gehen, während das Segel eingeholt wurde. Rasch wurden die Schiffe ob der wenig schwach bewegten See vertäut und die Männer beider Schiffe hatten wieder die Möglichkeit sich auszutauschen und rege Unterhaltungen zu führen. Vorfreude auf den kommenden Raubzug zeigte sich in üblen Späßen und rauhem Gelächter, welches die aufkommende Anspannung vor jeder Schlacht bekämpfte.
Hroc nahm sich nochmals die Zeit, die Männer einzuschwören und Thjóstur den Grimmigen sowie die Oddr zusammenzurufen. In Kürze ging er erneut die Punkte ihrer Planung durch und ließ die Männer diese wiederholen. Er beschrieb abermals den Angriff auf die Bastion auf der Klippe, daß sie vorweg die Ausrüstung nochmals prüften und dafür Sorge trugen, daß die bald zu ihnen stoßenden Schwertmänner der Schwarzen Braut sicher bis zum Tor der Bastion gelangten. Dort sollten sie den Seidr des Schwarzen Pulvers entfachen und damit den Sturm der Bastion ermöglichen.
Sein Blick glitt über das Wasser hin zu den mittelländischen Schiffen, wo sich gerade ein kleines Boot von der Schwarzen Braut löste und auf sie zuhielt. Es steuerte den Verbund backbord auf Seite der Skúgvur an und ging ebenfalls längsseits. Der Hersir der Schwarzen Braut Hein van Fleet kam persönlich an Bord der Skúgvur und auch Hroc wechselte auf das Schiff über, um ihn zu begrüßen. Rasch wurde der Nachschub und auch die zugesagten Schwertmänner übernommen, was zu einigem Gemurmel bei den Skipverjar führte. Titje und Pöpke liefen leicht rot an, als gut ein Dutzenddutzend Augenpaare sie unter Musterung nahmen.
Hein überreichte Hroc einige Metallzylinder, welcher dieser kritisch betrachtete und nach der dazugehörigen Erklärung rasch an Titje und Pöpke weiterreichte. "Gibt es noch Unklarheiten? Muß noch etwas abgestimmt werden?" fragte Hein an Hroc gewandt, der leicht die Schultern hochzog. Eigentlich nicht. sagte dieser Wir nehmen die Schanze, entfesseln den Seidr des schwarzen Pulvers und lassen so Muspelheimr auf Midgard los, bis die Mauern wanken. Das Ganze krönen wir dann mit einem grünen Flämmchen. Ist das so richtig, ja? Hein schaute erst verdutzt und verständnislos, bis er die leicht hochgezogenen Mundwinkel von Hroc bemerkte und ebenfalls grinsen mußte. So oder so ähnlich. erwiderte er daher.
Hroc deutete auf das Heck der Laganarfi, der mächtigen, 22 Klafter messenden Lagans Erbe, wo der graubärtige Kjalar am Hjolm stand. Kjalar sagte, daß diese Küste außer Salz- und Heidegras kaum Bewuchs hat. Es wird also ein sehr offenes, hoffentlich felsiges Gelände sein. Meine Männer sind so gut vorbereitet, wie es geht, um halbwegs unbemerkt heranzukommen. Sein Blick fiel auf Titje und Pöpke. Deine Männer indes sind klein, aber das könnte uns hierbei sehr von Nutzen sein. sagte Hroc grinsend. Er warf eine Lederplane über ein Bündel der Ladung zurück und enthüllte damit feuchte Schafsfelle, deren einstmals strahlendes weiß nun grün bräunlich schimmerte. Was ein paar Tage im Meerwasser nicht alles bewirken, nicht wahr? sagte Hroc stolz, während Titje, Pöpke und Hein der schwere modrige Schafsgeruch mit einer Mischung aus altem Tang langsam in die Nase stieg. Ihr Gesicht zeigte Ekel und die Augen unlösbare Fragen. Hroc war ein wenig enttäuscht, daß sie das offensichtliche nicht erkannten. Nun... sagte er und strich über die feuchten, stränig-langen, grün-braunen Wollhaare. Damit und mit einigen frischen Halmen darin, seit ihr ein Hügel Heidegras ... ein sich langsam, sehr langsam bewegender Hügel Heidegras...
Titje und Pöpke wurden bleich, während sich aus den Tiefen von Heins Bauch langsam ein unheimliches Kichern emporarbeitete...
Re: Im Auftrag des Falgathen IV
Hein unterdrückte das Grinsen. Er verabschiedete sich von Hroc und den Mädels und schwang sich zurück auf die Barkasse. Er blickte nochmals zurück auf die beiden Langboote und die beiden Kameraden, die er in der Obhut der Nordleute gelassen hatte. Aber er wußte, sie waren in guten Händen und wahrscheinlich sicherer als er selbst auf der Kogge. Zug um Zug kam die Barkasse der Braut näher. Alles war geklärt. Alle hatten ihre Anweisungen. Alle hatten das Material, das sie brauchten. Gut, dachte er, packen wir es an. Die Barkasse ging längsseits der Braut und Hein kletterte an Bord. Mit geübten Bewegungen wurde die Barkasse wieder an Bord gehievt. Hein schaute noch einmal etwas wehmütig auf die Braut. Einen kurzen Augenblick dachte er darüber nach, noch einmal Piet ins Gewissen zu reden und ihm, im Falle das der Braut irgendwas passierte, Tod und Teufel anzudrohen. Aber er verwarf es. Piet wußte das ganz genau. Und Piet mochte manchmal ein unglaublicher Idiot sein, nichts desto trotz war er ein hervorragender Seemann, auch wenn er immer backbord und steuerbord verwechselte. Etwas gedankenverloren schritt er über die wackelige Planke an Bord der Londriens Ehre. "Ablegen!" brüllte er aus Gewohnheit, bis ihm einfiel, dass er ja Fedder als Kommandanten eingesetzt hatte. Der stand schon auf dem Achterdeck neben der Steuerpinne. Hein schaute zu ihm herüber und tippte zum Gruße des Kommandanten an den Hut. "Fedder! Dein Kommando!" rief er herüber, dann begab er sich unter Deck.
Re: Im Auftrag des Falgathen IV
"Die Leinen los! bringt diese fette londrische Sau in Bewegung!" bellte Fedder vom Achterkastell, zupfte seinen schlichten schwarzen Hut zurecht und grinste Hein an. "Packt Ladung an Deck und tut wenigstens so, als wärt ihr faule londrische Hurenböcke! Das mit den Hurenböcken liegt euch doch im Blute!" Der Signalgast schien sich in seiner Rolle als kommandierender Offizier zur See zu gefallen und nahm mit seinem Schiff Kurs auf den Zielhafen.
Re: Im Auftrag des Falgathen IV
Auf den Langschiffen der Vinländer warf der geirangersche Hersir einen letzten Blick in Richtung der sich vom Verband lösenden londrischen Kogge. Der Kurfl setzte sich langsam aber stetig in Bewegung und nahm mit ordentlicher Seitendrift Kurs auf die fränkische Küste. Hroc seufzte und wandte sich von dem hochbordigen Ungetüm ab. Er ließ die Stützen aufrichten, auf welche die Spiere des Rahsegels üblicherweise abgesenkt wurde. Statt dessen wurden zwei Riemen daraufgewuchtet und darüber die nassen Schafsfelle zum Trockenen in die Brise gehängt. Dort verloren sie alsbald tropfend ihr Wasser. Dann winkte er Titje und Pöpke herbei...
Re: Im Auftrag des Falgathen IV
Die Kogge machte leidlich Fahrt, bei dieser drückenden und schwülen Hitze. Quellwolken zweigten an, dass sich wahrscheinlich heute noch Gewitter entladen würden. Aber kurz nach Mittag frischte der Wind wieder auf. Längst schon war die fränkische Küste in Sicht. Den Kurs zu halten war bei der Kogge auch nicht schwer und Fedders zwölf Mann hatten nicht wirklich viel zu tun um die Kogge mit raumen Wind zu segeln. Ja, das waren sie wohl, die Vorteile dieser Zuber mit Segeln. Sie blieben gutmütig auch bei wechselnden Winden und wenn man sparen wollte konnte man diese großen Schiffe mit fünf oder sechs Mann segeln. Fedder fühlte sich großartig. Sonne, Wind, klare Sicht und ruhiges Wasser. Ein Schiff unter seinem Kommando unter den Füßen und seine Gruppe sprang auf sein Kommando. Ein bischen fühlte er sich wie Piet Speigatt, oder wie Hein. Naja, wie Hein vielleicht nicht, der schien letzte Zeit doch eher mürrisch und unzufrieden. Er pfiff eine muntere Weise und ließ das Ruder immer wieder einmal leicht korrigieren. Langsam glitt die Ehre auf die Küste zu. Die Bastionen und die Hafeneinfahrt von Erquy waren schon zu erkennen. Und im Hintergrund einige Masten. Der Hafen schien recht gut gefüllt. Es könnten gut und gern sechs oder sieben größere Segler an den Kais festgemacht haben. Ein bischen fing Fedder an zu schwitzen. Jetzt ging es langsam aufs Ganze.
Re: Im Auftrag des Falgathen IV
"Naja, wenigstens lohnt sich der Landgang, bei den Pfeffersack-Kähnen." brummte Fedder vor sich hin und äugte nach eventuellen Geschützrohren in den Hafenbefestigungen und bei den Seglern.
Re: Im Auftrag des Falgathen IV
"Klar bei Trosse!" kam vom Kai. Das unterarmdicke Flechtwerke wurde über massive Poller gelegt. Fedder legte das Ruder gegen und langsam wurde die Ehre in Richtung Kai gedrückt. "Fender klarmachen!" brüllte er rüber. "Fender klar!" kam promt zurück. Die zweite Trosse wurde bereit gemacht. Kaum hatten die Fender den sanften Stoß des Schiffes am den Kai abgefangen, wurde auch die Bugtrosse an den Pollern belegt. Fedder stand der Schweiß auf der Stirn, obwohl es sich jetzt gegen Abend deutlich abgekühlt hatte. Der breite Steg wurde zum Kai gelegt und das letzte bischen Tuch gerefft. Die Ehre hatte Erquy erreicht. Ein Gehilfe des Hafenmeisters wartete schon vor dem Schiff auf den Kommandanten und Fedder wurde siedendheiß klar, dass er das ja war. Hein hatte ihm die Liste mit den Waren zukommen lassen, die auf dem Kai zum Verkauf angeboten werden sollten. Neben Leinen und Wolle waren das auch 20 Last Kuh- und Schweinemist. Fedder roch es nicht mehr, aber er nahm an, dass sie alle ein Parfüm nach Tierscheiße verströmten. Man konnte auch deutlich sehen, wie der Gehilfe des Hafenmeisters die Nase rümpfte. Fedder grinste und stapfte mit der Liste von Bord und zu dem Mann am Kai. "Guten Tag der Herr, sprecht ihr meine Sprache?" wandte sich Fedder an den Franzosen. "Natürlisch! Isch verste'e euch gut! 'abt ihr die Papierö szusammön?" Fedder reichte ihm die Unterlagen, die Hein wohl noch auf der Braut 'ergänzt' hatte. "Ihr könnt Eurö Waren 'ier auf dem Kai anbietön. Für das Stapeln habt ihr eine courtage von szwei kupfer pro Last szu entrichtön. Wenn Ihr Arbeiskröfte benötigt, so könnt ihr Schauermannschaften bekommön. Aber Ihr 'abt ja genug Leutö an Bord, nes pas?" Fedder nickte einfach dazu und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Das fehlte noch, dass die Schauerleute an Bord herum schnüffelten. Langsam machte sich seine Gruppe an das mühsame Ausladen der Waren, während der Franzose sich wieder in den Bereich der frischeren Luft aufmachte, auch wenn das in einer Stadt immer schwer war.
Re: Im Auftrag des Falgathen IV
Fedder war verdutzt. Sie hatten das Tuch und die Wolle am Kai gestapelt und ein Stück weiter die Kuh- und Schweinescheiße zu einem Haufen aufgeworfen. Das erste was nachgefragt wurde, war der Mist. Ein Geselle der Pulvermühle wollte den ganzen Haufen erwerben und das auch schon sofort. Fedder hatte den Eindruck, dass man ihn hier übers Ohr hauen wollte - nicht, dass das für ihr Unternehmen auch nur einen Hauch von einer Relevanz haben würde - aber in der Rolle eines Schiffskapitäns oder gar eines Handelskapitäns durfte er nicht zu leichtgläubig sein. Also hatte er ersteinmal abgelehnt und den Burschen auf Morgen vertröstet. Morgen früh würde es eh keinen Unterschied mehr machen. Die Sonne war gerade untergegangen. Fedder hatte die Beobachtungen des Hafens und der anderen Schiffe notiert und Hein zukommen lassen. Im Hafen lagen acht Fischerboote, sechs Lastkähne und sieben Großschiffe. Fünf waren Franzmänner, einer ein Bretone und ein weiterer war Versinake. Keiner der Kähne schien Geschütze zu besitzen. Die Innenbastion hatte drei Ebenen mit je drei Geschützen. Das Kaliber schien drei bis vier Zoll zu betragen, soweit man dies auf diese Entfernung einschätzen konnte. Die Stärke der Besatzung konnte man nur schätzen. Bei zwei Leuten pro Geschütz würden es gegen 20 sein, bei drei eher dreißig. Während der Liegezeit der Ehre war es zu keiner Wachablösung gekommen und auf den Zinnen waren zwei bis vier Männer zu sehen. Von der Außenbastion konnte er nur sagen, das sie etwa genauso groß war, und vermutlich ähnlich bestückt. Vielleicht etwas größer. Der Hafenmeister hatte vielleicht drei oder vier Gehilfen, Büttel hatten sie nur einmal gesehen, eine Gruppe von vier. Fedder grinste. Ein friedliches Städtchen. Und auch recht hübsch. Voller netter Leute. Und sehr freundlich. Naja, zumindest das würde sich alsbald ändern. Er wartete noch eine Weile, bis die Sonne gänzlich untergegangen war. Dann stapfte er unter Deck und gab Hein bescheit.
Re: Im Auftrag des Falgathen IV
Fedder trommelte, nachdem er Hein auf den aktuellen Stand gebracht hatte, seine Leute zusammen. "Jungens, macht euch Landfein! Sucht eure schönsten, glänzendsten Sachen zusammen. Aber gebt damit nicht auf Deck an, das soll für die braven Bürger hier im Ort schliesslich eine Überraschung werden, nicht wahr?" Der Signalgast schmunzelte boshaft. "Und wehe heute abend lässt sich einer vollaufen! Wenn wir nen Fehler machen, kommen wir aus diesem Hafen nicht mehr weg und den Schuldigen dafür nagel ich eigenhändig an eine Tür!" offenbar wollte der hochgewachsene Seemann die eigene unsicherheit ein bischen übertünchen.