The Phantom's Rose - Rollenspiel

The Phantom's Rose

Re: The Phantom's Rose

"Mein Name?" flüsterte Rric und sah Raoul mit Verwirrung im Blick an. Es war so lange her, dass ihn jemand nach seinem Namen gefragt hatte, dass er beinahe vergessen hatte, dass er einen besaß. Sein Name gehörte zu einer Welt, die er lange lange hinter sich gelassen und in die r nie wirklich gehört hatte.
"Eric" sagte er und das Wort fühlte sich fremd und fern auf seinen Lippen an. "Aber kaum jemand hat mich jemals so genannt." Missgeburt, Teufelskind und Phantom, das waren die Namen, die er gewohnt war.
"Eric" Raoul wiederholte den Namen nachdenklich. Und Eric fühlte, wie ihm beim Klang des ewig nicht mehr gehörten Wortes die Knie weich wurden. Er stützte sich mit einer Hand an den Wänden der Höhle ab. Mit seinem Namen hatte er Raoul Macht über sich verliehen. "Sag ihn nicht mehr." flüsterte er heiser.

 




Re: The Phantom's Rose

"Eric" wiederholte Raoul leise, die Bitte des Phantoms missachtend. Noch während er den Namen aussprach, bereute er bitter, danach gefragt zu haben. Denn plötzlich hatte sein Widersacher, das berüchtigte Phantom der Oper, einen Namen, eine Identität. Vor ihm stand kein namenloses Gespenst mehr, das in den Katakomben der Oper hauste, sondern ein Mann aus Fleisch und Blut. Raoul fühlte sich ihm plötzlich so nah wie nie zuvor und das machte ihm ungeheure Angst.
"Kannst du nicht hören, Raoul de Chagny" fuhr Eric ihn wütend an. Raoul zuckte zusammen und fragte sich unwillkürlich, wie der Klang des eigenen Namens jemandem offenbar soviel Schmerz zufügen konnte. "Sprich meinen Namen nie wieder aus" zischte das Phantom "Vergiss, dass du ihn je gehört hast, sonst... vergesse ich mich!"




Re: The Phantom's Rose

Eric hatte das Gefühl, vor Raoul fliehen zu müssen. Er hätte ihm niemals seinen Namen nennen dürfen. Eric existierte nicht mehr. Eric war das vernachlässigte und verabscheute Kind, das er vor langer Zeit hinter sich gelassen hatte. Eric war schwach und fürchtete sich noch immer vor Zurückweisung.
Es gab ihn nicht mehr. Heute war er das Phantom, das selbst Angst und Schrecken verbreitete. Mächtig und ohne Furcht.
Aber das Schlimme war, dass Eric noch immer in einem Winkel seiner Seele existierte und dass Raoul ihn mit seiner Stimme heraufbeschwören konnte.
Er wich noch einen Schritt zurück und prallte gegen die Höhlenwand. Er wusste, dass er sich wieder unter Kontrolle bekommen musste. Es war nur ein Name, ein Wort ohne Bedeutung. aber niemand wusste besser als er, wie mächtig Worte sein konnten. Er schluckte schwer und sah Raoul an. Ein leichter Schweißfilm hatte sich auf seiner Gesichtshaut gebildet und seine Kehle war trocken. Diesen Namen zu hören hatte ihn wieder in seine Vergangenheit zurückversetzt und es kostete ihn Kraft, sich an die Realität zu klammern, die ihm zu entgleiten drohte.
Bilder stürzte auf ihn ein: Seine Mutter, eine bildschöne Frau, die sich mit vor Grauen verzerrtem Gesicht von ihm abwandte.... der Aufseher in Zirkus, der ihn mit einem Stock schlug und ihm wieder und wieder seine Maske abriss, das einzige das ihm Schutz bot vor dem Spott der anderen ... Menschen, deren Gesichter zu spottenden Fratzen verzerrt waren, die sich gegen das Gitter seines Käfigs pressten.
"Nein!" sein dumpfer gequälter Schrei hallte von den Wänden der Höhle wider und er schlug sich die Hände vor das maskierte Gesicht.

 




Re: The Phantom's Rose

Raoul fühlte sich plötzlich vollkommen hilflos und die Situation war ihm mehr als unangenehm. Gerade eben noch, als Eric die Hände um seinen Hals gelegt hatte, war da wieder diese altbekannte Wut zwischen ihnen gewesen, dieser gegenseitige Zerstörungswille und Raoul hatte ihn mit der Frage nach seinem Namen einfach aus dem Konzept bringen wollen. Er wusste selbst nicht warum, aber irgendwie war er davon ausgegangen, dass Eric gar keinen Namen hatte. Er war für ihn immer das zerstörerische, wahnsinnige und geheimnisvolle, ja durchaus auch anziehende und faszinierende Phantom gewesen, aber nie ein Mensch mit einem richtigen Namen und einer Geschichte. Er hatte vermutet, dass das Phantom ihn auslachen würde, vielleicht auch verärgert sein würde über seine banale Frage - aber mit dieser heftigen, emotionalen Reaktion hatte er nicht gerechnet.
Gerade eben noch, als die vertraute Wut auf das Phantom wieder aufgelebt war, hatte er sich wieder sicher gefühlt, war auf Angriff aus gewesen. Doch jetzt plötzlich, als er Eric so hilflos vor sich sah, blutete ihm das Herz. Eric zeigte eine zutiefst menschliche Reaktion, die sein Innerstes rührte und die ihn einfach nicht kalt lassen konnte. Ohne über die Konsequenzen nachzudenken und ohne auf seinen Verstand zu hören, trat Raoul auf ihn zu und legte ihm sanft die Hand auf die Schulter. Er wusste nicht, was er sagen sollte und Worte schienen ihm in diesem Moment auch vollkommen unangebracht. Ganz langsam, aber unmissverständlich zog er Eric an sich, vergrub seine Hand in dessem dichten, schwarzen Haar und hielt ihn einfach fest. Raoul spürte sofort, wie sich Eric in seinen Armen versteifte, sein Körper schien zu erstarren, sich zu wehren, doch Raoul ignorierte es. Er wusste, in wenigen Sekunden konnte die alte Wut zwischen ihnen wieder hervorbrechen. Doch bis es soweit war, wollte er diesen Moment genießen, Erics Körper ganz dicht an seinem spüren. Gegen alle Vernunft.




Re: The Phantom's Rose

Eric versteifte sich zunächst in Raouls Armen, aber dann fühlte er, wie er sich geegn seinen Willen entspannte. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass jemand ihn umarmte.
Aus seinen geheimen Verstecken in der Oper hatte er alle Arten von Umarmungen beobachtet. Tröstende, triumphierende, freundschaftliche, liebevolle... wie bei vielen der dinge die er beobachtet hatte, hatte er sie nie wirklich verstanden. Aber jetzt bekam er sie selber zu spüren, die Wärme und Geborgenheit, die von einer solchen Umarmung ausgehen konnte. Und er schmolz regelrecht in ihr dahin. Für einen kurzen Augenblick erlaubte er sich Raouls Nähe zu genießen.
Dann machte er sich von ihm los. "Du musst gehen" sagte er heiser. "Ich habe dich angelogen, es gibt einen Weg aus der Höhle. Und ich will, dass du ihn nimmst. Bevor ... bevor ich dich nie mehr gehen lassen kann."

 




Re: The Phantom's Rose

"Du hast was?" Ungläubig starrte Raoul Eric an. Seine Worte schienen ihn wie ein kalter Luftzug wieder in die Wirklichkeit zurück zu holen und es fröstelte ihn. Wie durch einen dichten Nebel waren Erics Worte zu ihm durchgedrungen und nur langsam verstand er deren Bedeutung. "Du meinst, ich hätte schon vor Stunden gehen können? All dies hätte nicht passieren müssen?" Raoul spürte, wie ihm kalt wurde. Erics Wärme, seine körperliche Nähe schien plötzlich meilenweit entfernt, seit die Welt außerhalb dieser Höhle, mit Christine und allen anderen Menschen plötzlich wieder in unmittelbare Reichweite gerückt war. Wortlos blickten sie sich an und mit jeder Sekunde schien sich das Schweigen, alles Unausgesprochene, wie ein unüberwindbarer Graben zwischen ihnen unaufhaltsam auszubreiten.
Raoul war es, der das Schweigen schließlich mit einem Flüstern brach. "Warum, Eric?"





Re: The Phantom's Rose

"Frag mich das nicht" zischte Eric. "Du müsstest es doch eigentlich wissen, wenn du auch nur eine Sekunde darüber nachdenkst." Ganz sicher würde er sich vor Raoul nicht so sehr demütigen, ihm zu erklären warum die Vorstellung wieder diese unendliche erdrückende Einsamkeit zu erleben einfach unerträglich gewesen war. Aber jetzt war es ihm noch unmöglicher, raoul hier zu halten, wo er langsam eingehen würde, wo er anfangen würde ihn zu hassen. Genau wie Christine damals konnte er ihn nicht festhalten.
Eric, der sein Leben lang niemals Mitgefühl und Wärme erfahren hatte, hielt das für eine große Schwäche. Er konnte nicht beurteilen, dass das was er empfand zutiefst menschlich war.
"Komm jetzt" er packte Raoul grob am Arm und zog ihn in Richtung des Ausgangs. "Du musst gehen. Sie warten draußen auf dich."

 

Re: The Phantom's Rose

Eric zerrte ihn beinahe grob zu der gegenüberliegenden Felswand, betätigte einen geheimen Mechanismus und mit einem leisen Grollen gaben die Steine einen schmalen Durchgang frei. Raoul fühlte nichts, nur ein unerträglich lautes Tosen in seinem Kopf. Alles ging so schnell. Eben noch hatte er mit dem Schicksal gehadert, den Rest seiner Tage hier unten in ewiger Dunkelheit mit dem Phantom verbringen zu müssen und jetzt...von einem Moment auf den nächsten lag die Welt, wie er sie gekannt hatte, wieder offen vor ihm.
Eric's Griff um seinen Arm schien plötzlich, für den Bruchteil einer Sekunde fester, seine Finger krallten sich förmlich durch das dünne Hemd in seine Haut. Dann ließ er ihn ruckartig los und deutete auf den Durchgang. "Geh, Raoul." stieß er hervor. "Geh, werde glücklich mit Christine. Und verschwende nie wieder einen Gedanken an mich."
Raoul wusste, dass ihm das nie gelingen würde. Er würde vielleicht verdrängen können, was hier unten zwischen ihnen geschehen war, aber vergessen? Niemals. So sehr sich sein Verstand es auch wünschte. Für einen Moment war er versucht, Eric zu berühren, sich von ihm zu verabschieden. Der Drang, noch ein letztes Mal seine Nähe zu spüren schien beinahe übermächtig. Alles in Raoul sträubte sich dagegen, ihn hier unten allein seinem Schicksal zu überlassen. Doch es war zu spät. Erics Entscheidung war gefallen und Raoul wusste, dass sie richtig war. Er musste jetzt an sich selbst, an seine Zukunft denken. Und an Christine.
"Leb wohl, Eric." war alles, was er hervorbrachte, bevor er seinen Blick von dem Erics losriss, sich umdrehte und durch den Felsen verschwand. Und obwohl ein Teil von ihm Erleichterung darüber verspürte, das enge, unterirdische Gefängnis endlich hinter sich lassen zu können, kostete es ihn doch seine ganze Kraft, sich nicht ein einziges Mal mehr nach Eric umzusehen.



Re: The Phantom's Rose

Für lange Zeit stand Eric wie gelähmt und sah Raoul nach. Es war, als würde mit ihm auch jeglicher Sinn aus seinem Leben verschwinden und er fühlte sich wie eine leere Hülle.
Erst als das immer dämmriger werdende Licht in der Höhle verhieß, dass viele der Kerzen heruntergebrannt waren, kam wieder etwas Leben in ihn. "Ich erlösche, wie diese Kerzen" flüsterte er verzweifelt, während er sich in der düsteren Höhle umsah, die ihm das einzige Zuhause war, das er jemals gekannt hatte. "Ich hätte niemals jemanden wie Raoul in meinem Leben einen Platz einnehmen lassen dürfen." Schwach stützte er sich an einem der Felsen ab. "Ich hätte ihn töten müssen, sobald er auftauchte und alles verdarb. Warum habe ich es nicht getan, wie ich es bei so vielen anderen Menschen getan habe? Christine war einfach zu lenken, sie war nichts anderes als eine Puppe. Ihr Leben lang hätte sie mir gehorcht und gedient, angetrieben von ihrer Angst und ihrer Faszination. Ich hatte sie an meinen Fäden und konnte sie kontrollieren wie diese gesamte Oper. Und dann kam er..." Eric ließ sich langsam auf den Boden sinken, da er nicht mehr die Kraft hatte zu stehen. "Lebendig ... tapfer ... entschlossen... was für eine Kraft er besaß. Und ich habe es zugelassen, dass er Macht über mich gewann."
Mit einiger Mühe schaffte er es wieder auf die Beine zu kommen und begab sich an einen der Altar-ähnlichen Tische an der Felswand. Mit nur einem Blick fand er das winzige kristallene Fläschchen, in dem sich eine kostbare durchsichtige Flüssigkeit befand und ergriff es. Sein allerletzter Ausweg, den er sich offen hielt. Fasziniert betrachtete er das Gift im Flackern der Kerzen. Die Flüssigkeit würde ihm einen schnellen qualenfreien Tod bereiten.
Aber er konnte es nicht nehmen. Nicht, weil er sich vor dem Tod fürchtete. Dieser erschien ihm schon lange wie das süßeste Geschenk. Aber er fürchtete sich davor, dass Raoul ihm nach seinem Tod noch immer fehlen würde. "Ich kann nicht gehen" flüsterte er. "Ich muss ihn wiedersehen. Auch wenn ich ihn nur heimsuchen kann, wie ein lebendiger Geist."