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Ein Wintermärchen - Thread 1

Re: Ein Wintermärchen

Nick

„Wir kannten uns... aus ihrer Zeit aus Washington“, diese Worten hallten in Nicks Ohren und er war wütend. Wütend über sich, weil er nicht in der Lage war reinen Tisch zu machen und ihm bewusst wurde, dass er im Grund gar nichts über Hollis wusste. Weder über die jetzigen Geschehnisse noch über ihr vorheriges Leben. Im Grunde musste er sich eingestehen, dass er sie bisher nie danach gefragt hatte. Es hatte ihm genügt wie es war, schön und unkompliziert. Doch jetzt im Nachhinein fragte er sich, ob das richtig war.

Dr. Moore hatte den Professor in der Zwischenzeit schon vor der Tür erwartet und klärte ihn sachlich und ruhig über die OP und Hollis´ Gesundheitszustand auf. Sie konnte sehen, dass die Umstände den Mann ziemlich mitnahmen und trat ihm gegenüber nicht mehr ganz so forsch auf. Soviel sie mitbekommen hatte, war er immerhin extra aus Hawaii angereist, um ihre Patientin zu sehen. Das tat schließlich nicht jeder Mann für seine Freundin. Eines wollte sie aber trotzdem gern von ihm wissen. „Wussten Sie das Mrs. Mann an einer Erbkrankheit leidet, die im Falle einer Narkose lebensgefährlich sein kann?“

Nick sah die ältere Frau verwundert an und schüttelte den Kopf. „Nein, davon hat sie mir nie erzählt. Sie erwähnte einmal etwas, von ihrem Bruder, der nach einem Unfall an den Folgen einer OP starb und dass sie sich die Schuld an seinem Tod gibt. Aber von einer Krankheit, hat sie nie etwas gesagt.“

Die Ärztin nickte verstehend und ahnte warum ihre Patientin geschwiegen hatte. Wie es aussah, steckte eine ganz andere Geschichte hinter der Krankheit. Der Sache wollte sie noch einmal näher auf den Grund gehen. Immerhin hatte die Frau sich deswegen selber in Lebensgefahr gebracht. Im Anschluss bat sie den Professor gegen Abend oder am nächsten Tag wieder vorbei zu schauen. Bis dahin war sie sich sicher, dass Mrs. Mann wieder aufnahmefähig war und Besuch empfangen konnte.

Hollis

Laut Anweisung von Dr. Moore wurde Hollis am frühen Nachmittag von der Intensivstation zurück verlegt. Ihr Zustand war stabil und wies keine Anzeichen von Komplikationen auf. Sie war zwar noch immer an verschiedene Kontrollgeräte angeschlossen, aber ansonsten außer Gefahr. Die Narkose hing ihr nach wie vor in den Gliedern, aber allmählich kehrte Farbe in ihr Gesicht zurück und sie schaffte es munter zu bleiben. Zumindest wurde Hollis das, nachdem ein Pfleger ihr Bett unsanft an der Türkante vorbei schrammte. Im Dämmerzustand registrierte sie, dass das Bett dann stehen blieb und es wieder ruhig wurde. Mühsam öffnete die blonde Frau die Augen und blickte sich um. Das Zimmer und die Trennwand kamen ihr bekannt vor. Plötzlich wusste sie wieder wo sie war. „Jethro?“, fragte sie und lauschte nach seiner Stimme.

Re: Ein Wintermärchen

Gibbs

Der Silberfuchs schlief noch immer unruhig, als er vom Quietschen der Tür geweckt wurde. Einer der Pfleger schob Hollis zurück ins Zimmer, und der Agent erschrak, als er sie sah. Allerdings musste er sich eingestehen, dass sie schon wieder deutlich besser aussah als am Mittag auf der Intensivstation. Er war mehr als erleichtert, dass sie zurück an seiner Seite war, allerdings hoffte er von ganzem Herzen, dass sein Magen nun endlich Ruhe geben würde.

"Hallo, Holly," brachte er heiser hervor. Noch immer funktionierte seine Stimme nicht so, wie sie sollte. "Du hast einem alten Mann einen ganz schönen Schrecken eingejagt... Mach das nie wieder!" krächzte er nach einer Weile. Gleichzeitig spürte er, dass sein Verdauungstrakt noch immer keine Ruhe gab und erneut Unheil im Anmarsch war. Warum zum Teufel musste er immer so extrem auf dieses Scheißzeug reagieren?! Er hatte seit über 24 Stunden nichts gegessen und spuckte längst nur noch Galle - das aber dafür mit erstaunlicher Ausdauer. Da Dr. Moore den Teller mitgenommen hatte, sah es allerdings mit Auffangschalen denkbar schlecht aus, und so blieb Jethro nichts anderes übrig, als heftig zu klingeln und zu hoffen, dass eine der Schwestern schneller war als sein Magen - und nach Möglichkeit auch schneller als sein "Hinterausgang".

"Entschuldigung," konnte er gerade noch murmeln, als eine der Lernschwestern hereingestürmt kam und ihm die Schale eine Zehntelsekunde zu spät in die Hand drückte. Sie blieb wie Dr. Moore neben ihm stehen und versuchte, ihm die Sache so gut wie möglich zu erleichtern, doch viel ausrichten konnte sie nicht. Jethros Magen schien regelrechte Krampfanfälle auszulösen, so dass der Agent sich immer wieder hilflos zusammenkrümmte, nur um anschließend ein- oder zwei Mundvoll Galle auszuspucken und nach Luft zu schnappen.

Dann ging alles ganz schnell. Ehe Gibbs zwischen den Krämpfen auch nur reagieren konnte, beschloss sein Darm, dem Magen Konkurrenz zu machen und ebenfalls im Rekordtempo seinen Inhalt loszuwerden. Ein widerlicher Gestank breitete sich im Zimmer aus, und das letzte, was Jethro registrierte, war, dass Dr. Kinning plötzlich neben ihm stand.




Re: Ein Wintermärchen

Hollis

Durch Gibbs´ Brechanfall aufgeschreckt, fuhr Hollis erschrocken hoch. Am liebsten wäre sie aus dem Bett und an seine Seite gesprungen. Doch diverse Strippen hielten sie fest und sämtliche Geräte begannen Alarm zu schlagen. Daher konnte sie nur tatenlos zusehen, wie eine Schwester herein stürzte und sich um ihren Freund kümmerte. Vor lauter Angst nahm sie den sich ausbreitenden Gestank gar nicht wahr und bombardierte den heran eilenden Arzt sofort mit Fragen: „Was ist los? Was ist mit ihm?“ Die blanke Panik stand ihr ins Gesicht geschrieben und es fiel ihr sichtlich schwer sich zu beruhigen.

Re: Ein Wintermärchen

Dr. Kinning

Der alte Arzt war ebenfalls überrascht, dass sein Patient noch immer krampfte und sich übergab und nun auch noch einen Kreislaufkollaps nachlegte. Gleichzeitig registrierte er, dass die Dame im Nachbarbett dieser Zustand viel zu sehr aufregte, und er verfluchte sich innerlich, jemals dieser Zimmerbelegung zugestimmt zu haben. Er überließ Gibbs für einen Moment der Schwester, nachdem er relativ sicher war, dass der Patient im Augenblick stabil war. Während er automatisch Dr. Moore um Unterstützung anpiepte, trat er an Hollis' Seite. "Machen Sie sich keine Sorgen, junge Frau. Sie dürfen sich nicht so aufregen, sonst liegen Sie gleich genauso da. Es geht ihm..." gut, hätte er beinahe gesagt, verkniff sich diese Bemerkung allerdings lieber. Gut war wohl doch ein bisschen übertrieben. "Wir haben es im Griff," erklärte er stattdessen. "Er hat die Narkose nicht so gut vertragen, aber das geht vorbei. Sie können nichts für tun, nicht im Moment."

Dann trat er wieder auf die andere Seite der Trennwand, wo Jethro noch immer regungslos in einer unappetitlichen Lache lag. Fast gleichzeitig tauchten zwei weitere Pfleger mit einem neuen Bett auf und machten sich daran, den Patienten zu säubern und neu einzukleiden. Die Lernschwester, die aufgrund des Gestanks mittlerweile ebenfalls nicht mehr weit von einer Brechattacke entfernt war, riss beide Fensterflügel weit auf. Dr. Kinning hatte Gibbs rasch mit einer ersten Infusion versorgt und wartete nun geduldig, bis der Agent im sauberen Bett lag. Anschließend drehte er ihn vorsichtig auf den Rücken und spritzte ihm ein weiteres Medikament. "Komm schon, Junge," knurrte er leise. "Mit so einem Kreislauf hättest du nicht einmal die Grundausbildung überleben dürfen... los, Marine, kämpf endlich!" Doch es dauerte noch endlose Minuten, ehe der Silberfuchs verwirrt die Augen aufschlug.

"Was... was ist passiert?" fragte er heiser. Seine Hand wanderte automatisch auf seinen Bauch. "Haben Sie Schmerzen?" fragte Dr. Kinning ernst. "Nein... ja... vielleicht..." stammelte Gibbs. "Eher... es ist... ja, habe ich.", beichtete er schließlich. Dr. Kinning nickte. "Ich gebe ihnen noch ein Schmerzmittel, dann wird es gleich besser. Die Infusion sollte ihrem Kreislauf wieder auf die Sprünge helfen, und ein Mittel gegen Übelkeit und Durchfall haben Sie auch schon bekommen. Meine Güte, haben Sie eigentlich auch irgendwelche Allergien, die Sie uns im Vorfeld lieber verschwiegen haben?! Solche Nachwirkungen habe ich seit zwanzig Jahren nicht mehr erlebt!" Der Agent brachte ein schwaches Lächeln zustande. "Nein... ich habe keine Allergien. Hatte ich noch nie." "Hm-hm," nickte Dr. Kinning, während er konzentriert eine weitere Spritze aufzog. "Dann drehen Sie sich bitte noch mal auf die Seite - ihren Bauch piesacke ich heute wohl besser nicht mehr." Der Agent zuckte nicht mit der Wimper, als Dr. Kinning die Nadel rasch in seinem Allerwertesten versenkte. Er war zu müde und zu schwach, um etwas zu erwidern, und nachdem der alte Arzt sein Werk vollendet hatte, drehte er sich zurück auf den Rücken und wartete darauf, dass die Medikamente Wirkung zeigten. Er registrierte nicht einmal, dass in all der Aufregung niemand daran gedacht hatte, den Vorhang zwischen den Betten zu schließen.




Re: Ein Wintermärchen

Hollis´ Blutdruck hatte in der Zwischenzeit utopische Werte angenommen und Dr. Moore war kurz davor aus der Haut zu fahren. Mit einem raschen Griff zog sie den Trennvorhang zu und wandte sich an die Agentin. Jegliche Farbe war aus dem Gesicht ihrer Patientin gewichen und die Ärztin war drauf und dran sie in ein anderes Zimmer zu verlegen. Doch durch den Schneesturm und damit verbundene Unfälle war das Krankenhaus restlos überfüllt. Daher blieb ihr nichts anderes übrig, als Hollis ruhig zu stellen. Bevor die junge Frau protestieren konnte, hatte sie schon ein Beruhigungsmittel in die Infusionskanüle befördert und sah wie die Werte langsam nach unten gingen. „Hören Mrs. Mann, wenn Sie und ihr Partner im neuen Jahr schnell hier raus wollen, sollten Sie sich schonen. Und nicht nur was die körplichen Teile betrifft.“

Hollis nickte Dr. Moore stumm zu und ließ sich erschöpft ins Kissen sinken. Das neue Jahr klang in ihren Ohren so unglaubhaft und weit entfernt, obwohl es nur noch ein paar Stunden waren. Ohnehin kamen ihr die letzten Tage wie Monate vor und das ganze vergangene Jahr wie eine halbe Ewigkeit, an die sie sich nur noch schemenhaft erinnerte. Mit geschlossenen Augen hörte sie wie die Ärztin die Tür hinter sich ins Schloss zog und sie mit Jethro alleine ließ. Es dauerte eine Weile bis Hollis ihre Stimme wieder fand und in den Raum hinein fragte: „Jethro, alles in Ordnung?“

Re: Ein Wintermärchen

Gibbs

Der Silberfuchs blieb erschöpft auf dem Rücken liegen, nachdem sich das Zimmer geleert hatte. Er döste automatisch ein und zuckte fast zusammen, als Hollis Stimme plötzlich zu hören war. "Bestens..." krächzte er leise. "Und selbst? Geht es dir gut?" Er schloss erneut die Augen und lächelte, weil ihm klar wurde, dass sie so nie ein ordentliches Gespräch zustande bekommen würden. Beiden war die Sorge um den anderen wichtiger als die eigenen Probleme, und beide pfiffen mehr oder weniger auf dem letzten Loch. Aber sie wurden nicht müde, dem anderen zu versichern, dass es halb so schlimm war. "Was hältst du von einem kleinen Mittagsschlaf?" fragte er heiser. "Ich glaube, den haben wir beide gerade bitter nötig..." Hollis widersprach nicht, und gleich darauf waren beide fest eingeschlafen.


Leon Vance

Der NCIS-Direktor war durch ein wichtiges Telefonat aufgehalten worden. Nachdem er das Zimmer und den arroganten Hawaiianer verlassen hatte, hatte sich seine Frau gemeldet und ihn gebeten, noch einige Dinge für die abendliche Feier zu besorgen. Seufzend war Leon ihrer Bitte nachgekommen, hatte anschließend die Einkäufe im Auto verstaut und machte sich nun erneut auf den Weg ins Hospital. Diesmal hatte er sogar an einen Strauß Blumen gedacht. Er atmete noch einmal tief durch und klopfte höflich an die Tür mit der Nummer 141. Ein heiseres "Herein" war zu hören, und Vance trat ohne zu zögern ein.

Im nächsten Moment blieb er wie angewurzelt stehen. Er hatte vieles erwartet, aber nicht, seinen ranghöchsten Agenten in einem derart miserablen Zustand anzutreffen - und auch nicht mit einer blonden Frau im Nachbarbett. "Guten Tag, Ma'am," grüßte er höflich, während er verdattert auf das hintere Bett zusteuerte. "Jethro..." Ihm fehlten die Worte. "Leon," antwortete der Agent und bemühte sich um eine feste Stimme und eine aufrechte Sitzhaltung. "Das ist eine Überraschung. Was machen Sie denn in Nevada?" Der Direktor starrte ihn sprachlos an, fing sich jedoch schnell wieder. "Ich bin privat in der Nähe, und ihre letzten Anrufe haben mich etwas mißtrauisch gemacht," gab er zu. "Telefonieren Sie immer, wenn Sie auf dem Behandlungstisch liegen?" Gibbs lächelte schwach. "Nein... nur wenn Sie anrufen." Vance versuchte noch immer, sich den Schreck über das bleiche Gesicht seines Agenten nicht anmerken zu lassen. Auch Jethro setzte alles daran, sich vor seinem Vorgesetzten keine Blöße zu geben. Glücklicherweise war mittlerweile wenigstens der üble Gestank wieder dem üblichen Desinfektionsmittelgeruch gewichen.

"Agent Gibbs," wechselte Vance zum förmlichen Teil des Gesprächs, "bitte, verraten Sie mir, was auf diesem Flughafen passiert ist und warum ich einem - zugegebenermaßen nicht gerade intelligenten - Cop erklären muss, dass der NCIS eine Bundesbehörde ist?! Hatten Sie ihren Ausweis nicht dabei?!" Er konnte nich verhindern, dass seine Wut über die ganze Geschichte deutlich zu spüren war. Jethro wusste, dass ihm ohnehin ein offizielles Verfahren bevorstand, doch es hing viel davon ab, wie gut er Leon die Sache bereits jetzt verkaufen konnte. Mit Jenny wäre es ein geringeres Problem gewesen, doch Leon bevorzugte eine klare Einhaltung der Dienstvorschriften. Mühsam richtete er sich auf und versuchte zu erklären, was passiert war. Es ärgerte ihn, dass er aus seinem gereizten Hals kaum Worte hervorbekam und immer wieder innehalten musste, um Luft zu schnappen. "Mrs. Mann... Mrs. Mann und ich..." keuchte er, "wir..." "Wer bitte ist Mrs. Mann?" schnappte Leon aufgebracht zurück, obwohl er bereits eine starke Vermutung hatte, was er als Antwort bekommen würde.




Re: Ein Wintermärchen

 

Hollis

Hollis hatte das Gespräch der beiden Männer schweigend verfolgt. Sie kannte den Schwarzen nicht, hatte aber eine wage Ahnung um wen es sich handelte. Mittlerweile fühlte sie sich auch ausgeruht und kräftiger als vor ein paar Stunden, so dass es ihr nicht mehr schwer fiel sich im Bett aufzusetzen. Der Ton des Mannes gefiel ihr nicht. Wieder einer, der der Meinung war den Sachverhalt einschätzen zu können. Es war ihr ziemlich egal, ob er womöglich Gibbs´ Vorgesetzer war oder nicht. Ihr gegenüber konnte er nichts sagen, denn schließlich war sie seit einem Jahr im Ruhestand und niemanden mehr Rechenschaft schuldig. Daher richtete sie sich auf als ihr Name fiel und straffte automatisch die Schultern.

„Ich bin das“, antwortete Hollis mit fester Stimme in Vance Richtung. Sie hatte allerdings keine Lust dem Mann auf die Nase zu binden wer sie war und welchen Dienstgrad sie trug. Das war im Augenblick irrelevant und gehörte ohnehin der Vergangenheit an. Aus diesem Grund versuchte sie dem Kerl auch erst einmal den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Agent Gibbs und ich saßen auf Grund eines Schneesturms auf dem hiesigen Flughafen fest und wurden unbeabsichtigt in eine Drogengeschichte verwickelt. Das Leben eines Kindes war in Gefahr und wir befanden uns in einer Ausnahmesituation. Wir sahen es als unsere Pflicht an zu helfen. Da war keine Zeit für Formalitäten. Aus diesem Grund gibt es meiner Meinung nach nichts, wofür sich Agent Gibbs rechtfertigen müsste!“ Natürlich hatte sie keine Zweifel, dass ihr Freund sich selbst verteidigen konnte, aber gesundheitlich fühlte er sich momentan offensichtlich nicht ganz dazu in der Lage. Ihr Mine war ernst und verriet, dass sie nicht zulassen würde, dass er Jethro Vorwürfe machte. Ihr war es ziemlich egal, welchen Rang der Mann begleitete und ob ihm ihre Worte passten oder nicht. Sie hatte schon während der aktiven Dienstzeit nicht mit ihrer Meinung hinter dem Berg gehalten und würde es auch jetzt nicht tun.

„Und mit wem bitte habe ich das Vergnügen?“, wollte sie letztendlich wissen, nachdem sie ihrerseits den erklärenden Teil beendet hatte.



Re: Ein Wintermärchen

Leon Vance

Der Direktor wandte sich überrascht um, als die Dame im Nachbarbett sich plötzlich in das Gespräch einmischte. Er beschloss, sicherheitshalber nicht zu fragen, warum sie mit seinem Agenten das Zimmer teilte - aber offensichtlich beruhten die im Hauptquartier kursierenden Gerüchte über die "zukünftige Ex-Frau Nummer 4" doch auf einer realen Grundlage. Und ausreichend Selbstbewusstsein schien sie ebenfalls zu besitzen.

"Leon Vance," stellte er sich vor und trat neben ihr Bett, um ihr höflich die Hand zu reichen. "Ich bin der Direktor des NCIS, bei dem Special Agent Gibbs tätig ist." Der scharfe Blick der Frau verriet ihm, dass sie sehr genau wusste, was das für eine Behörde war und was sie tat. Vermutlich hatte sie ebenfalls eine Agentenlaufbahn oder etwas ähnliches hinter sich, vielleicht war sie auch noch in Dienst. Da sie wesentlich munterer zu sein schien als Jethro, richtete er die nächsten Fragen an sie - er war ohnehin gespannt, wie lange der Silberfuchs es zuließ, dass jemand anderes für ihn antwortete. So kannte er ihn gar nicht, und Vance hätte geschmunzelt, wenn es nicht ein eindeutiges Zeiches gewesen wäre, dass es seinem Agenten sehr schlecht ging. "Dass Bundesagenten Zivilcourage zeigen und nicht einfach wegsehen, wenn neben ihnen Unrecht geschieht, ist durchaus zu begrüßen," gab er schließlich zu. "Allerdings will mir noch nicht ganz klar werden, warum die örtliche Polizei oder der Flughafensicherheitsdienst - in dessen Zuständigkeitsbereich so etwas fällt - sich nicht ebenso gut darum kümmern konnte. Agent Gibbs, Sie wissen, was ich von Selbstjustiz halte, nicht wahr? Bitte, erklären Sie mir, warum Sie die Sache nicht den dafür zuständigen Behörden übergeben haben, sondern stattdessen offensichtlich in Wildwestmanier selbst gehandelt haben. Von den Versicherungsschäden will ich hier noch gar nicht reden, aber wenn ich das richtig sehe, werde ich eine Weile auf ihre Dienste verzichten müssen! Und ich bin nicht sehr begeistert, wenn meine Agenten ihren Urlaub dazu nutzen, sich krankenhausreif prügeln zu lassen!!"


Gibbs

Jethro kämpfte noch immer um einen regelmäßigen Atem. "Der Flughafen wurde evakuiert," krächzte er mühsam. Er war froh, dass Hollis ihm eine kleine Verschnaufpause verschafft hatte, doch so weit wie möglich wollte er selbst mit Leon sprechen. Allerdings ahnte er, dass das nicht unbedingt sehr weit sein würde. "Das Personal hatte keine Kapazitäten, und wenn wir ihn hätten laufen lassen, wäre er jetzt über alle Berge." Bereits jetzt war er so heiser, dass Vance ihn kaum verstand. "Er hätte das Kind zu Brei geschlagen. Und was Prügeln angeht - ich stimme Ihnen zu, ich kann mir ebenfalls schönere Orte vorstellen, meinen Urlaub zu verbringen!!" Er legte seine letzte Kraft in diesen Satz, um Vance klarzumachen, dass er auf die Konseqenzen der "wünschenswerten Zivilcourage" durchaus gerne verzichten konnte. Freiwillig war er mit Sicherheit nicht hier, das musste selbst Vance klar sein.




Re: Ein Wintermärchen

Hollis + Leon

Ihre Vermutung war somit doch richtig und Hollis ergriff die ihr gereichte Hand. Das war also der neue Direktor des NCIS. Obwohl sie keine Idee hatte, hätte sie sich den Mann irgendwie anders vorgestellt. Er hatte absolut nicht mit Jennifer Shepard, seiner Vorgängerin, gemein und es fiel ihr schwer den Mann einzuschätzen. Er reagierte allerdings sehr souverän auf ihre Schilderung und hielt sich auch sonst mit seiner Reaktion bedeckt. Seine Frage, zum Verbleib der örtlichen Polizei, war natürlich berechtigt und Hollis hörte schweigend zu, als Gibbs ihm eine Antwort gab. Schließlich mussten die zwei dienstlich mit einander auskommen und da war es nicht gut, wenn sie sich einmischte. Außerdem rundete Gibbs das Gespräch sehr gut ab und gab ihr keinen Grund mehr einzugreifen.

Der Direktor sah zwischen den beiden geschundenen Gestalten hin und her. Er fragte sich unweigerlich, was das für ein Mann gewesen sein musste, der die beiden so zurichtete. Da sein Chefermittler im wahrsten Sinne des Wortes auf dem letzte Loch pfiff, wandte er sich direkt an die Frau: „Haben Sie eigentlich auch einen Namen zu dem Kerl, dem Sie die ganze Misere zu verdanken haben? Und was ist mit den Beweismitteln? Wurden die sichergestellt? Haben Sie irgendwelche Beweise für das was geschah?“

Für die ehemalige Agentin kamen die Fragen des Direktors nicht überraschend, aber trotzdem in geballter Ladung. Wortlos griff sie nach dem zotteligen Teddy an ihrer Seite und reichte ihm Vance. „Hier bitte, da haben Sie ihren Belastungszeugen. Er hatte ziemlich viel Ecstasy im Bauch und ist leider immer noch nicht vernehmungsfähig. Sein Dealer heißt Ethan Finch. Ein ungepflegter Weißer Mitte Dreißig mit halblangen Haaren, der das neuen Jahr dank schlagkräftigem Unterstützung“, dabei dachte sie schmunzelnd an Dr. Kody und seine Krücke „in einer Gefängniszelle begrüßen darf. Haben Sie sonst noch Fragen?“, wollte Hollis wissen und sah Vance herausfordernd an. Zu einem anderen Zeitpunkt und an einem anderen Ort hätte sie dem Mann jederzeit bereitwillig Auskunft gegeben, aber im Augenblick war sie nicht sonderlich in Stimmung dazu. Die OP und das ganze Drumherum waren auch für sie zu viel gewesen.

Re: Ein Wintermärchen

Gibbs + Vance

Schmunzelnd reichte Leon den Teddy wieder zurück. "Sehr freundlich, aber hier ist er in seinem derzeitigen Zustand sicher besser aufgehoben. Und so wie Sie es schildern, wird Ethan Finch auch im nächsten Jahr noch zur Verfügung stehen. Agent Gibbs, ich gehe davon aus, dass Sie mir die Einzelheiten zukommen lassen, wenn Sie... wenn Sie wieder auf den Beinen sind." Er trat noch einmal neben Gibbs' Bett. "Dann bleibt mir nicht mehr viel, außer Ihnen beiden eine gute Genesung zu wünschen, und natürlich einen guten Start ins neue Jahr... nun, so gut er unter diesen Umständen eben sein kann. Jethro, erholen Sie sich gut." Er blickte seinem ranghöchsten Agenten fest in die Augen, und Gibbs erwiderte diesen Blick. "Das werde ich, Sir," grinste er schwach. "So schnell kriegt man mich nicht kaputt."

In diesem Moment betrat Dr. Kinning den Raum und blickte den Besucher überrascht an. "Du liebe Güte, was ist denn hier für ein Verkehr?! Dafür, dass sie beide nicht aus Nevada kommen, haben sie aber verdammt viele Besucher!" Er blickte Leon an, der höflich in Richtung Tür getreten war. "Ich werde nicht länger stören, Doktor," versicherte er. "Ich wollte ohnehin gerade gehen. Auf Wiedersehen!" Nachdem Vance verschwunden war, trat der alte Arzt zunächst zu Hollis und prüfte die Werte der Geräte. Offensichtlich war er zufrieden, denn als nächstes trat er zu Jethro und versicherte sich noch einmal, dass der Vorhang geschlossen war. Gibbs gab sich größte Mühe, möglichst fit zu wirken, doch Leons Besuch hatte seine Kraftreserven bereits wieder verbraucht. Er hoffte inständig, dass Dr. Kinning gerade keine Folterattacken plante, denn die würde er in seiner derzeitigen Verfassung nicht akzeptabel hinter sich bringen können.

Dem alten Arzt entging die unterschwellige Sorge in den Augen seines Patienten nicht. "Keine Sorge," beruhigte er ihn. "Sie erinnern sich sicher noch, was ich bereits gestern angedeutet habe, oder?" Er nahm einige saubere Tücher von einem Stapel und schlug die Bettdecke zurück. "Ihre Werte sind zufriedenstellend, nach allem, was ich bisher weiß, scheinen ihre Nieren zu funktionieren. Ihr Blutdruck ist noch zu hoch, aber das muss nicht unbedingt von den Nieren kommen. Zumindest ist ihre Flüssigkeitsbilanz in Ordnung, wenn Sie wissen, was ich damit meine." Jethro brauchte einen Moment, bis er begriff, worauf der Mediziner hinaus wollte. Dann allerdings zog er rasch das Hemd nach oben und warf einen kurzen Blick auf seinen noch immer verkabelten Intimbereich. "Sie wollen sagen, dass ich jetzt wieder alleine pinkeln darf, sehe ich das richtig?!" fragte er hoffnungsvoll. Dr. Kinning lachte. "Ganz richtig. Sie bekommen eine Ente, laufen sollten Sie im Moment besser noch nicht." Er bedeutete seinem Patienten, sich hinzulegen und machte sich rasch ans Werk. Jethro sog scharf Luft durch die Zähne, da sein bestes Stück durch den Fremdkörper ziemlich gereizt und empfindlich war. Doch die ganze Aktion war schnell vorbei, und Jethro atmete erleichtert auf.

"Das war es auch schon für heute," schloss der Mediziner, als er seine Sachen zusammen packte. "Es sei denn, Sie planen den Jahreswechsel mit weiteren Brechattacken zu verbringen. Aber das scheint ja zum Glück nachgelassen zu haben." Jethro nickte. "Vielen Dank," krächzte er. "Ich habe nur noch eine Bitte... würden Sie den Vorhang wieder aufmachen?" Dr. Kinning lachte und kam der Bitte nach. "Aber nur, wenn Sie beide anständig bleiben... Agent Würfelhusten, sie haben mir nämlich immer noch nicht erklärt, was die Lady gestern in ihrem Bett verloren hatte. Noch so eine Aktion, und ich bringe Sie woanders unter - haben wir uns verstanden?!" Jethro nickte noch einmal und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Danke, Doktor."