die intention für herrn schmidt war eigentlich ne ganz andre. jemand bat mich, mal einen richtig misanthropen text zu schreiben, weil ihm die anderen alle viel zu butterblumig waren. und ganz ehrlich, es war echt schwer. irgendwie liegen mir die blümchen doch eher..
Re: Grenzgänger
@Nici: Die Inspiration bei der Gräfin ist unverkennbar @Gräfin: Das Verträumte kommt rüber, aber mir erscheints im ganzen irgendwie nicht so rund. Vielleicht hab ichs zu schnell gelesen, aber ich habe das Gefühl, mir ist irgendwas wesentliches entgangen.
Jedenfalls habt ihr mich beide inspririert, jetzt auch mal was runterzuschreiben ...
Der nächste bitte!
Re: Grenzgänger
Als wir vor zwei Jahren in die Wohnung eingezogen waren, hatten die Faktoren überwogen, die uns zum Auszug bewegt hatten. Im Grunde war es auch nicht schlecht, es war sauber und hell und die Straßenbahnhaltestelle war nicht weit, und dadurch hatten wir jetzt sozusagen Dorf und Stadt in einem, dafür zahlten wir auch mal einen Euro mehr. Und nahmen vielleicht auch das eine oder andere Handycap in Kauf, und es wird ja auch nicht alles so ernst genommen wie es gekocht wird, schließlich ist es ja auch nur eine Wohnung.
Dass unsere Nachbarn, die auch unsere Vermieter waren, nicht ganz bei Trost sind, hätten wir natürlich schon merken müssen, als sie angefangen hatten, über unseren Tagesablauf Buch zu führen. Es kam zum ersten Mal zur Sprache, als die Heizung letzten Winter wiederholt ausgefallen war. Es gab aus heiterem Himmel einen lauten Knall, und danach war warmes Wasser nur noch über den Campingkocher zu erhalten. Wir informierten den Vermieter, doch dieser präsentierte uns (über das renommierte Anwaltsbüro "Recht und Ordnung") einen detaillierten Tagesplan darüber, wann welches Fenster zu welchem Grad geöffnet oder nicht geöffnet war. Der Zusammenhang erschloss sich uns zwar nicht, aber es war immerhin eine Arbeit von 40 Seiten mit einem Anhang von 170 Fotografien und einem Verweis auf weitere Aufnahmen, das musste man schon honorieren.
Meine Frau hatte als erstes die Idee, einmal freundlich nachzufragen, was überhaupt das Problem sei und worum es gehen würde, schließlich seien wir ja auf eine gute Nachbarschaft bedacht und so eine Überwachung sei ja albern und außerdem wahrscheinlich nicht legal. Was das für eine unverschämte Unterstellung sei, wir würden von ihrem Anwalt hören, und außerdem seien wir viel zu laut und was wir für Besuch hätten, das stünde alles nicht im Mietvertrag. Aha, das war ja immerhin schon ein Anhaltspunkt, wenn nicht zwei. Aber so mit zwei Kindern, da fallen halt auch immer ein paar Hobelspäne, und hin und wieder muss man die Tür auch mal für Besuch öffnen, um nicht zu verblöden.
Eines Tages kletterte das größere unserer beiden Kinder, Maurice, über den Zaun und wollte gerade Nachbars Terasse entern, als sie herausgestürmt kam und ihn abwehrte, so dass er rückwärts auf den Kopf fiel und sich eine schlimme Beule zuzog. Die Anzeige wegen Hausfriedensbruch kam nicht mehr von dem Anwaltsbüro, sondern von dem Vermieterehepaar selbst. Auf Nachfrage bei "Recht und Ordnung" erklärte man uns nur, den genannten Klienten gäbe es nicht in der Kartei.
Das Schreiben des Mietervereins war freundlich, aber gespickt mit Paragraphen. Kleinkinder seien generell nicht deliktfähig, wohingegen das Schubsen eines zweijährigen Kindes durch eine erwachsene Person mit anschließendem Krankenhausaufenthalt des Kindes den Tatbestand der Körperverletzung, wenn nicht gar Kindesmisshandlung erfüllen würde. Unser Kind sei bei unserem Einzug vor einem Jahr zwei Jahre alt gewesen, nach deutschem Recht sei es nun drei, erklärten unsere Vermieter, wieder anwaltslos, das Anwaltsbüro nahm inzwischen auch unsere Anrufe nicht mehr entgegen.
Letzte Woche mussten wir feststellen, dass die Vermieter eine Webseite mit Fotos bestückt hatten, wer in dem Haus ein und aus ging. Vom Postboten über die Schwiegermutter und Cousin Konrad bis zu meinem Exkommilitonen Wolfi, der einmal zu Besuch war, der alten Frau Rahmaninov, die manchmal die Blumen goss sowie den Zeugen Jehovas waren alle vertreten, und auch ein junger Mann, den ich überhaupt nicht zuordnen konnte. Ich wollte mich aber nicht mit meiner Frau über Dinge streiten, die auf der Webseite unserer Hausterroristen standen. Dass jetzt der Bogen überspannt war, war aber überdeutlich. Und in dieser Nacht kam mir eine Idee.
Was macht man mit Menschen, die die Welt nicht braucht? Ohne die die Welt lebenswerter wäre, ein besserer Ort, etwas Schönes wäre! Verkleidet als fahrender Installateur, dann als Schokoladenvertreter und schließlich (erfolgreich) als Kirchenmann, klingelte Wolfi, die gute Seele, an ihrer Tür, bis er endlich Einlass bekam (er war mir noch einen Gefallen schuldig, und ich wusste einige Dinge aus seiner Vergangenheit, zum Beispiel wo sein Diplomzeugnis gedruckt worden war). Wolfi erschlug die beiden, ich glaube, mit einer eisernen Bibel, und Ruhe kehrte ein.
Hinterher zeigten wir ihm die Fotos auf der Webseite, weil wir dachten, wir würden ihn dann vielleicht los. Er meinte nur, da würde man sowieso nichts drauf entdecken. Weil er gerade eine Wohnung brauchte, zog er einfach bei den Nachbarn ein, die brauchten die Wohnung jetzt auch nicht mehr.
Gott, war das ruhig auf einmal. Und das Nachbarschaftsverhältnis, echt dufte! Die Terasse konnten wir endlich wieder nutzten, sogar mit Grillparties und so. Miete war auch kein Problem mehr. Was nicht alles manchmal alles möglich wird, wenn nur der entscheidende Stein aus dem Weg geräumt wird. Das ist eine Methapher für Mord, falls sie es nicht bemerkt haben. Leider ist das verboten. Drum würden wir sowas auch niemals, sie wissen schon!
Fast wären wir danach auch ausgezogen, entweder auf Staatskosten oder auf Kosten unseres Schlafs. Aber im Grunde war es hier nicht so schlecht, es war sauber und hell und die Straßenbahnhaltestelle war nicht weit. Und nach unseren Nachbarn hatte niemals mehr jemand gefragt.
Der nächste bitte!
Re: Grenzgänger
Lustig! Es erinnert mich an die Geschichte mit meinen nachbarn, als erst die Katzen und dann die Kinder auf die frisch geteerte Treppe gestiegen sind. Ich mag deinen Tonfall! Irgendwie fällt der so trocken auf das vergängliche Laub. Entschuldigung, ich bin plemplem.
Gräfins Text lese ich später. Ich habe damit angefangen, konnte mich aber nicht darauf konzentrieren. Entschuldigung, ich bin wohl wirklich plemplem.
Re: Grenzgänger
Dreimal sowieso in einem Absatz! Gottogottogott. Hab eben noch'n bisschen rumeditiert. Gestern wollte ich gern was "Schnelles" schreiben (manchmal plage ich mich so lange für einen Absatz und werde ungeduldig).
Vielleicht sollte man einen Thread eröffnen für 1/2-Stunden-Texte ...
Der nächste bitte!
Re: Grenzgänger
Zitat: Graefinjutsch
lauch meine zaubermacht und meinen willen verliere.
mit ihre ewiggleichen Rollenspielen anfingen,
Warum schreibst du alles klein? Ich habe das neulich ganz bewußt bei meinem Depritext benutzt, um die Zurücknahme der Stimme zu verdeutlichen, aber in diesem Text erschwert es mir die Konzentration. Ich finde einige Sätze zu schwierig formuliert, kann dir kaum folgen, weil die Sätze so verschachtelt sind.
Re: Grenzgänger
Ich habe das natürlich auch bewußt eingesetzt, habe aber auch gemerkt, dass es zu anstrengend wird, auf Dauer. Auch die Verschachtelung ist Absicht, ich hab das einfach mal ausprobiert und muss offensichtlich noch viel dran arbeiten.
Re: Grenzgänger
Süßes Avatar !
Re: Grenzgänger
Zitat: Frida
Zitat: Graefinjutsch
mit ihren ewiggleichen Rollenspielen anfingen,
Wenn schon, dann schon. :-)
Die Kleinschreibung find ich auch schwierig.
Frauen neigen zum Gegenteil.
____________________ Hier stand früher: "Frauen neigen zum Gegenteil." Aber jetzt nicht mehr.
Re: Grenzgänger
Na! Ich glaub, ich spinn!
Neinein, Ihr habt natürlich recht, obwohl ich die Atmosphäre schon ganz geil finde. Und den Clou auch. Findet Ihr das denn so gar nicht, ey?
Würdet Ihr denn das Ganze nochmal lesen, wenn ichs denn verbraucherfreundlicher gestalten täte?