A David Caruso Tribute - FanFiction

Another year has gone by

Re: Another year has gone by

Ja melancholisch war dieses Kapitel schon.
Aber es hat auch kleine Lichtblicke gegeben!
Hach, ich lechtze geradezu nach John/Laurie Momenten ... und diese gab es hier wieder. :-)
Eine wunderschöne Szene mit John auf der Couch und wir erfahren, dass er immer noch Lauries Bild bei sich trägt.....
Ich bin eine unverbesserliche Romantikerin, ich weiß, aber ich liebe sowas.
Schön war es auch zu lesen, dass er seine Gefühle zu Mika ganz klar definiert und sich darüber im Klaren ist.
Gefreut hat es mich, wieder was von Rose zu hören und ich bin gespannt, warum sie so spät noch angerufen hat, wenn die Verabredung doch klar war.

Wirklich sehr schön geschrieben, chyio, und ich hoffe auch Deine Melancholie vergeht wieder!

LG Eve

Re: Another year has gone by

Hihi, da mußte ich doch wirklich grinsen.
Also ich kann Euch versichern, daß ich NICHT melancholisch war, als ich es geschrieben habe. Auch nicht, als ich es angepaßt habe. Ich war nur in dem Teil des Monats, wo eindeutig die Hormone die Kontrolle über mich übernehmen. Wenn ich das merke und mich dann hinsetze und schreibe, dann kann ich mich so richtig schön hineinsteigern.

Gestern war ich einfach nur zu platt für einen klaren Gedanken. Nachdem ich über sechs Stunden in einem Cafè mit meiner Freundin gesessen und gequatscht habe, tat mir einfach nur noch der Hintern weh und meine Gedanken hatten einen absoluten Stillstand erreicht. Und mein Mundwerk auch. Passiert zwar selten, kommt aber durchaus mal vor.




Re: Another year has gone by

Uhi, 6 Stunden mit der Freundin im Cafe? Hammer! Chyio, ich glaube ich muß dich doch irgendwann mal besuchen! Ich kenne das auch... mit der Freundin sitzen....ratschen.....und total die Zeit vergessen! Macht aber doch sehr Spass vorallem wenn man gute Themn hat zu quatschen! Schön das es dir gut geht und nur die Hormone Samba tanzen bei dir!

LG Flymoon






Danke Chris!!!

"Fort sind all die schönen Stunden, mit meinem verschwund'nen Schatz verschwunden, denn ein tödlicher Schatten fiel...."
--Horatio Alger--

Re: Another year has gone by

...............und weil ich morgen nicht zu Hause sein werde und ich nicht weiß, ob ich an diesem verlassenen Ort einen Internetzugang habe, kommt heute Abend schon der nächste Teil.

@Eve: Nun, auch Melancholie gehört zum Leben und wenn Du mich fragst hat John allen Grund melancholisch zu sein. Aber ich freu mich, daß es Dir trotzdem gefallen hat. Und was die Sache mit Rose betrifft, darauf bin auch ICH schon sehr gespannt.

Flymoon: Ja, daß war mal ein kleiner Einblick in Johns Leben. Ich muß gestehen, daß es für mich einfacher ist Lauries Gefühlswelt aufzuzeigen, als die von John. Man weiß doch nie was in Mann wirklich vorgeht. Hoffen wir mal, daß es nicht zu weit von der Realität entfernt lag.

Sag Bescheid, wenn Du mal in der Nähe bist....ich sehe dann zu, daß ich ein Cafè auftue dessen Stühle bequemer sind als die von Sonntag!

Aber jetzt geht es erst einmal weiter. Und zwar mit dem Kapitel, weswegen ich die ganzen Änderungen erst angefangen habe. Ich muß aber dazu sagen, daß ich es auf Grund der Länge mal wieder in zwei Teile auf gesplittet habe. Nicht ganz gleichmäßig, wie ich gerade gesehen habe, aber anders geht es leider nicht.

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In guten wie in schlechten Zeiten -1

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War der Krieg den John und Laurie bisher geführt hatten, nur von Johns Seite ausgegangen, so änderte Laurie nun ganz abrupt die Spielregeln dafür.

Mit der gleichen Nichtachtung, wie John die ganze Zeit ihr gegenüber an den Tag gelegt hatte, ging sie nun an ihm vorbei, und warf nicht mal den Ansatz eines Blickes in seine Richtung. Kein Lächeln entwich ihren Lippen und auch die Traurigkeit, die sie bisher bei ihrem Streit erfüllt hatte, schien mit den zwei abgewürgten Telefonaten zum erliegen gekommen zu sein. Kurzer Hand gesagt: Sie drehte den Spieß um!

Spannungen am Arbeitsplatz wäre eine zu milde Bezeichnung gewesen, befand Andy als er die beiden einmal mehr an einander vorbei stolzieren sah. Der Krieg der Rosen, dagegen wäre der Sache sehr nahe gekommen. Nicht das einer von ihnen handgreiflich wurde oder sonst irgendwelche Gemeinheiten ausheckte – aber die Liebe, von der Andy immer gedacht hatte, daß sie doch noch bei den beiden vorhanden war, hatte sich augenscheinlich auf nimmer Widersehen verabschiedet und hatte nun einer Unversöhnlichkeit Platz gemacht, die wohl von keinem so schnell gebrochen werden konnte. Und am allerwenigsten von ihnen beiden selbst.

Traurig folgte Andy mit den Augen Laurie, wie sie mit versteinerte Miene zu Martinez hinüber ging, ihn mit dem strahlenden Lächeln begrüßte - von dem Andy gehofft hatte, daß sie es eines Tages wieder John gegenüber benutzen würde - und mit ihm in einem der Verhörzimmer verschwand. Sein Blick kehrte zu John zurück, der mit einem eben solch versteinerten Gesichtsausdruck an seinem Schreibtisch Platz genommen hatte und mit kräftigem Druck, aber mit seiner üblichen Langsamkeit, auf die Tastatur des Computers einhämmerte. War das der Ende einer so wunderschönen Ehe, um die Andy die beiden heimlich immer beneidet hatte? Nein, beschloß er für sich selbst. Das würde er nicht zulassen. Er hatte zwar noch keine Ahnung wie er es bewerkstelligen wollte, aber er würde, sobald er sich eine Möglichkeit für ihn ergab, den rettenden Engel spielen. Er würde zwar einen etwas schwergewichtigen Amor abgeben, aber wo stand denn geschrieben, daß Amor ein Fliegengewicht war, nur weil er fliegen konnte?

John ahnte nichts von den Gedanken, die sich nur einen Meter entfernt von ihm abspielten. Wütend hämmerte er auf die Tastatur ein, so als ob dieses unglückliche Etwas etwas dafür konnte, daß ihm eine Laus über die Leber gelaufen war. Eine schwere Laus, von mindestens 55 Kilo, mit rotem Haar und einer Verbohrtheit, die ihrem Körpergewicht in nichts nach stand. Und er hatte sich bei ihr für sein Verhalten gestern entschuldigen wollen?

Das konnte sie sich knicken! Es hatte nur eine zehntel Sekunde gebraucht, um in ihrem Gesicht seine eigene Wut und Ignoranz wieder zu finden – und einen weiteren Bruchteil, um zu vergessen, daß er sich eigentlich bei ihr entschuldigen wollte. Diesen Gesichtsausdruck hatte sie sich sonst immer für Leute aufgehoben, die ihr auf die Nerven gingen, oder die ihre Freundschaft aufs schäbigste ausgenutzt hatten. Ihn jetzt ihm gegenüber zu sehen, zeigte ihm ganz deutlich auf welchem Punkt der Beliebtheitsskala er bei ihr stand. Wenn es Minuswerte gegeben hätte, er wäre unterster Bereich gewesen.

Ungeduldig drückte John die Escape Taste und sah zu, wie sein Text, den er gerade geschrieben hatte, wieder verschwand.

Eifersucht! Ha! Das er nicht lachte! Bosheit war es gewesen, warum sie zu Mika gegangen war. Pure Bosheit, weil sie nicht sehen konnte, daß er glücklich war! Gleichermaßen wie sie zu Hause den Streit mit ihm gesucht hatte, weil sie nicht sehen konnte, daß er zufrieden mit seinem Leben war. Wie hatte er all die Jahre nur so blind sein können?! Zornig schlug er so heftig auf die Tasten ein, daß Andy von seiner Seite des Schreibtisches erst zu ihm hinüber schaute und dann den Blick auf die Tastatur vor ihm warf. Aber noch schien alles in Ordnung zu sein. Kein Rauch quoll aus Johns Nasenlöchern und die Tastatur schien noch immer das zu tun, wofür sie mal erschaffen worden war – ansonsten würde Andy mit Sicherheit kleinen Dampfwölkchen über Johns Kopf aufgehen sehen. Mit einem fast unsichtbaren Achseln zucken wandte sich Andy wieder seiner eigenen Arbeit zu.

John hatte diesen Blick von Andy nicht einmal bemerkt – seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Text vor sich und seine Wut auf Laurie, die sich mit ihrem Verhalten ihm gegenüber wieder zu einem Punkt hinauf geschaukelt hatte, wo Vernunft nichts mehr ausrichten konnte.

Nie hatte er es für möglich gehalten, daß Laurie diese niedere Tugend besaß. Oder geahnt, daß sie diese für sich annehmen würde – aber sieben Monate waren eine lange Zeit sich zu verändern. Und nun…..nun hatte sie es offensichtlich getan. Verdammt sei sie, fluchte John lautlos vor sich hin. Verdammt sei sie, daß sie so sehr sein Herz besessen hatte, daß sie ihn so weh tun konnte.

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Ein paar Räume weiter gingen Laurie ähnliche Gedanken durch den Kopf. Vorbei war die Traurigkeit, daß John nicht mehr mit ihr sprach. Vorbei war der Wunsch ihm zu erklären, warum sie zu Mika gegangen war. Und willkommen war die Wut, die sie nun endlich ihm gegenüber verspürte und sie nicht mehr zu einem hilflosen Opfers seines Zorns machte. Verdammt seiest du John, verfluchte sie ihn in stumm in ihren Gedanken, während sie dem netten Herren vor sich nicht mehr als ein flüchtiges, nichtssagendes Lächeln schenkte. Verdammt sei er, daß er so sehr ihr Herz besessen hatte, daß er ihr so weh tun konnte.

Und sie hatte ihm helfen wollen, als sie Jimmy anrief und ihm von dem Zwischenfall mit der Dusche und van Clandon erzählt hatte! Hatte er überhaupt eine Ahnung, wie schwer es ihr gefallen war den Hörer in die Hand zu nehmen und seinen Freund anzurufen. Der Mika kannte – und  wahrscheinlich auch um die Geschichte wußte, die Laurie verbrochen hatte. Und sie hatte es trotzdem getan. Hatte ihr Unwohlsein hinunter geschluckt und hatte erst mit Robyn und später dann mit Jimmy gesprochen. Hatte ihm erzählt, was van Clendon ihm unterstellt hatte. Damit im Notfall, wenn Vincent van Clandon anfing John für Dinge zu beschuldigen, die er nicht getan hatte, Jimmy seine Kontakte spielen lassen und eine Versetzung für den arroganten Mann erbitten konnte.

Es war das mindeste, was sie nach ihrem verbalen Ausrutscher für John tun konnte. Und sie hatte es getan, hatte ihren Stolz hinunter geschluckt und hatte Jimmy angerufen. Ach wenn sie es doch gelassen hätte! Wütend über sich selbst, schlug Laurie sich mit der Hand vor die Stirn.

„Ist alles in Ordnung, Laurie?“, fragte Martinez sie von der Seite und Laurie wurde mit einem mal klar, daß sie sich noch immer in diesem blöden Verhör befand. Die Wut auf John hatte sie es wirklich für einen Augenblick vergessen lassen. „Ja“, nickte sie und schenkte James ein Lächeln von dem sie hoffte, daß es ihn beruhigen würde. „Alles in Ordnung.“ James nickte ihr zweifelnd zu, drehte sich dann aber wieder zu ihrem Mann, um mit seiner Befragung fortzufahren.

Nichts war in Ordnung! Aber Laurie lächelte wieder ihr verbindliches Lächeln und lauschte nun halbherzig den Antworten des Mannes zu ihrer linken.

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Und draußen, wo die vielen Schreibtische der Detectives standen, betrat nun Sylvia den Raum. Sie warf nur einen flüchtigen Blick in Andys Richtung, denn auch bei ihnen hatte der Haussegen heute morgen eindeutig auf Sturm gestanden. Und ähnlich wie Lauries Blick sich beim Anblick von John zu einer Maske aus Stein verwandelt hatte, so wurde auch Sylvias Blick unnahbar. Andy sah sie und er wollte ihr folgen, aber Sylvias Sturmschritt ließ ihm keine Gelegenheit, sich unauffällig seiner Freundin zu nähern. Nicht wenn er vermeiden wollte, daß ein jeder von ihnen mitbekam, daß er mit ihr zusammen war. Und genau das war heute morgen ihr Streitthema gewesen. Sylvia verstand Andys Beweggründe nicht, warum er ihre Beziehung geheim hielt. Und Andy verstand nicht, warum Sylvia ihn nicht verstehen wollte. Hilfesuchend sah sich Andy von der Mitte des Raumes zu seinem Partner um, aber dieser konnte ihm auch nicht helfen. Einzig ein lautloses Weiber, faßte für sie beide zusammen, was ihnen gerade durch den Kopf ging.

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Einzig und allein Vincent van Clendon stolzierte mit einem Lächeln im Gesicht herum. Für ihn bestand die Welt momentan nur aus Sonnenschein. Er war bei Lieutenant Fancy gewesen, hatte sich bei ihm über Mister John Kelly beschwert und hoffte nun, daß dieser Schritte gegen ihn einleiten würde. Nicht das Kelly ihn wirklich gemobbt hätte, aber das Gegenteil zu beweisen würde nicht einfach sein, und seinem Ruf gewaltig schaden. Und genau das wollte Vincent. John Kelly von seinem Podest holen, wo alle Welt ihn hinauf gestellt hatte. Sein Vorgesetzter, sein Partner, seine Kollegen und sogar seine Ex Frau. Und dann, wenn Kelly mit sich und der Gegenargumentation von Vincents Anschuldigung beschäftigt war, dann konnte Vincent allen hier zeigen, was für einen hervorragender Detective er abgeben würde. Vincent grinste in Gedanken daran, denn die Zeichen standen gut. Fancy lief mit einem Gesicht wie sieben Tage Regenwetter herum, John schien es gleich mit einem ganzen Monat Regen aufnehmen zu wollen und Andy…..Andy schaute ebenfalls nicht gerade glücklich aus. Vollkommen albern grinste Vincent sein Spiegelbild in der Umkleidekabine an. Vorsorglich hatte er sich vorher vergewissert, daß er keine ungewollten Zuschauer hatte, aber er war allein gewesen - und so hatte er sich vor den Spiegel gestellt und beglückwünschte sich nun selbst für seinen grandiosen Einfall. Und es war so leicht gewesen! Ein Blinder hatte sehen können, daß John seiner Ex Frau aus dem Weg ging. Und Vincent war nicht blind. Er hatte schon des öfteren beobachtet, wie John in den Umkleideraum verschwand, wenn sich ihm Laurie näherte. Den Keil unter die Tür zu schieben, ein Kinderlied zu singen und unter der Dusche darauf zu warten, daß die beiden sich über den Weg liefen…..das war ein Kinderspiel gewesen. Er wußte wann Laurie da war und er wußte, daß John einen Termin mit einem Herrn hatte, dem die Geldbörse entwendet worden war und sich nun nach dem Lauf der Ermittlungen erkundigen wollte. Vincent hatte neben ihm gestanden, als John das Telefonat mit ihm geführt hatte und er hatte gesehen, welche Uhrzeit er aufschrieb. Und dann….ja und dann, war alles andere wirklich ein Kleinigkeit gewesen. Und eine, die sich gelohnt hatte. Es war genauso abgelaufen, wie er es sich vorgestellt hatte. Jeder einzelner Punkt war genau nach seinem Plan abgelaufen. Außer der Tatsache, daß Laurie am Schluß seine Verabredung hätte annehmen sollen und sie ihm statt dessen richtig böse hatte auflaufen lassen. Nein, der Teil war vollkommen aus dem Ruder gelaufen. Aber das war nicht so schlimm, bekräftigte Vincent seinem Spiegelbild, wenn die Sache mit Kelly und der Anschuldigung des Mobbings erst einmal angelaufen war, dann würde sich Laurie ganz automatisch für ihn entscheiden. Da war er sich vollkommen sicher.

Strahlend verließ er den Umkleideraum und erwartete gut gelaunt die Dinge die nun unweigerlich folgen mußten.

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„Hey John, könntest du mal kurz rüber kommen. Das mußt du dir ansehen!“ Andys Stimme riß John aus seinem Hämmern und seiner Wut auf Laurie. Pflichtschuldig verließ er seinen Platz und ging zu Andy hinüber, um über seine Schulter hinweg einen Blick auf seinen Monitor zu werfen. Doch bevor er dazu kam, sich die Seite, die Andy aufgeschlagen hatte genauer anzusehen, drang Lieutenant Fancys Stimme zu ihnen herüber.

„Mr. Van Clendon, könnte ich sie mal für einen Augenblick sprechen?“ Gemeinsam mit allen anderen in diesem Raum starrten John und Andy erst zu van Clandon und dann zu Fancy. Ernst sah der Gesichtsausdruck des Lieutenants aus, aber fröhlich und siegessicher der von van Clandon. John hätte kotzen können, als er das selbstzufriedene Grinsen in seinem Gesicht sah, daß er John zuwarf. Aber er erinnerte sich an sein Versprechen sich selbst gegenüber, sich vorbildlich zu verhalten und sich nichts mehr zu schulden kommen zu lassen und lächelte deshalb zurück. Und hoffte dabei, daß dieses Lächeln nichts von seinen wahren Gefühlen zeigte. Andy und er sahen sich an. „Was der wohl von van Clendon will?“, fragte Andy so leise, daß John ihn kaum verstand. „Keine Ahnung“, zuckte John mit den Schultern. „Wir werden sehen.“ Er sah wieder Andy über die Schulter und konzentrierte sich statt dessen auf den Schirm vor sich. Eine Weile starrten sie beide schweigend darauf, doch schließlich pfiff John anerkennend durch die Zähne. „Nicht schlecht. Nicht schlecht.“ Er klopfte seinen Freund beifällig auf die Schulter. „Fährst du gleich zu unserem lieben Freund?“, aber diese Frage war eigentlich überflüssig, denn Andy war schon aufgestanden und war dabei sich das Jackett überzuziehen. „Selbstverständlich tue ich das. Du kommst nicht mit?“ Während Andy seine Kragen sortierte, sah er John fragend an. „Nein“, bedauernd schüttelte John den Kopf und begab sich wieder zu seiner Seite des Schreibtisches. „Fancy will, daß ich hier im Revier bleibe.“ Der Grund dafür blieb ungesagt, aber Andy war nicht unwissend. John hatte ihn heute in aller Herrgottsfrühe zu einem Kaffee eingeladen und ihm von den Anschuldigungen erzählt, die van Clandon gegen ihn ausgesprochen hatte. Und genauso schockiert wie John darüber gewesen war, genauso fassungslos hatte auch Andy reagiert. „Dieses miese.....“ „Spar dir den Kraftausdruck“, hatte John gesagt. „Er ist es nicht wert.“ Und van Clendon war es nicht wert! Aber wie es jetzt weiter ging, hatte John Andy nicht gesagt. Er wollte nicht diesen Freundschaftsbeweis von Jimmy offenbaren - auch wenn Andy sein bester Freund war. Und zum anderen wußte John selbst nicht, ob Jimmy auch Erfolg haben würde. Ein Gespräch zwischen ihm und van Clendon bedeutete noch gar nichts. Das konnte genauso gut heißen, daß er sich die Anschuldigungen gegenüber John, noch einmal anhören wollte und dann weiter sah.

Andy nickte John verständnisvoll zu. „Wir sehen uns später“, bemerkte er zu ihm und drehte sich dann auf dem Absatz um. „Hey Greg! Lust auf einen Sparziergang?“ Andys Haifischlächeln sprach nicht gerade davon, daß er nur vor hatte frische Luft zu schnappen. „Klingt großartig“, erwiderte Medavoy. „Ein wenig Ablenkung tut mir ganz gut:“ Und noch während er sprach, schnappte er sich sein Jackett von der Stuhllehne. Andy erwiderte sein Lächeln, wurde dann aber von dem Anblick von Sylvia abgelenkt. „Hey Sylvia!“, entgegen seiner Absicht mit Medavoy fischen zu gehen, trat Andy seiner Freundin schnell in den Weg. „Kann ich dich kurz sprechen?“ Von oben bis unten wurde er gemustert, bevor Sylvia ihn mit einem kurzen und äußerst vernichtenden Nein stehen ließ.  Schockiert starrte Andy ihr nach. Diesen Tonfall kannte er von seinem Freund und Partner nur zu gut. Doch als er sich umdrehte mußte er feststellen, daß John gar nicht zugehört hatte – mit dem Telefonhörer in der Hand saß er dem Fenster zugewandt und war sichtlich in ein Gespräch vertieft. Andy drehte sich wider zu Sylvia um, die aber bereits die Etage verlassen hatte. Verdammt, fluchte er nun mit demselben Wort, welches heute im Revier wohl das häufigste verwendete Wort war. Das würde eine harte Nuß werden Sylvia wieder umzustimmen. „Komm schon, Medavoy. Laß uns Haifische jagen.“ Und meinte damit nicht nur dem Kerl, denen sie einen Besuch abstatten wollten. Sylvia hätte er jetzt auch zu gerne eingefangen und ein ernstes Wort mit ihr geredet.

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Im großen und ganzen war es ein Tag wie jeder andere. Bis auf die Tatsache, daß Laurie kein Versuch machte mit John zu reden. John sie dafür mit Nichtachtung strafte, Sylvia sauer auf Andy war und Andy – die gute Seele – versuchte das ganze wieder einzurenken. Aber eines hatten sie alle vier gemeinsam: Überstunden standen auf dem Programm!





Re: Another year has gone by

Die Emotionen schlagen hoch im Moment...
Die Mobbinggeschichte läuft für John nicht so gut. Da ich mich so ein bisschen auskenne, was Mobbing betrifft, weiß ich, dass nicht immer der Richtige bestraft wird, obwohl ich in diesem Fall immer noch hoffe, dass Du, chyio, John nicht im Stich läßt und die Sache irgendwie doch noch ordentlich geklärt wird.

Da bin ich ja mal froh, dass unsere Befürchtungen, was Deine Melancholie betrifft doch nicht zutrafen. Ja so ein Megagespräch kann schon schlauchen. .-) Aber so ein Gespräch mit der Freundin muß auch mal sein.
Aber 6 S T U N D E N. Ich glaube, ich hätte danach weder reden noch sitzen können. ;-)

LG Eve

Re: Another year has gone by

Chyio, ich habe begonnen zu lesen, ich hoffe das ich morgen dazu komme um den Rest zu lesen! Sorry, aber bei mir geht es drunter und drüber im Moment!

LG Flymoon






Danke Chris!!!

"Fort sind all die schönen Stunden, mit meinem verschwund'nen Schatz verschwunden, denn ein tödlicher Schatten fiel...."
--Horatio Alger--

Re: Another year has gone by

Guten Morgen.....

So nun kommt also der zweite Teil dieses Kapitels. Ein wenig später als üblich, aber was soll ich sagen? Die Sonne war Schuld! Ich konnte ihr einfach nicht widerstehen!

@Flymoon: Mach Dir keine Gedanken darüber. Ich bin sicher, daß Du irgendwann dafür wieder Zeit finden wirst.

@Eve: Oh man, mit Dir habe ich ja wirklich eine schwierige Leserin gefunden. Schwierig jetzt in dem Sinne, daß es anscheinend nicht viel gibt, wo Du vielleicht keine Ahnung von hast. Erst muß ich feststellen, daß auch Du bei einem Anwalt gearbeitet hast und Dich mit solchen Dingen auskennst und nun weißt Du auch noch über Mobbing Bescheid. Nun, ich verspreche, daß ich mein Bestes geben werde um nicht all zu viel Unsinn darüber zu erzählen. Und für den Rest schlage ich vor, daß Du ihn einfach überliest.

Nach sechs Stunden war ich weder zu dem einen noch zu dem anderen fähig. Liegen fand ich toll und mein Telefon hatte ich gleich vorsorglich schon einmal ausgestöpselt.

Aber jetzt kommt das Ende dieses Kapitels....

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In guten wie in schlechten Zeiten – 2

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Es war schon spät, als John von seinem Schreibtisch hochschaute und einen Blick aus dem Fenster warf. Dunkelheit hatte sich bereits über die Stadt gelegt und die Laternen gezwungen, ihr sanftes Licht über die Straßen von New York zu verteilen.

Müde rieb er sich die brennenden Augen. Entgegen seinen Erwartungen, durfte er auch nicht nach dem Gespräch zwischen Fancy und van Clendon mit Andy auf die Straße hinaus. Was immer da besprochen worden war – es war noch immer das große Geheimnis im Revier. Van Clendon war irgendwann mit einem noch breiteren Lächeln im Gesicht aus Fancys Büro hinausgekommen, als er hineingegangen war und schritt dann mit hoch aufgerichtetem Kopf  Fancy hinterher, als ob er sein Schoßhund war. Betrübt war John ihnen mit den Augen gefolgt, wie sie sich durch die Schreibtische schlängelten und die Etage verließen. Es war wohl doch nicht so gelaufen, wie Jimmy es sich vorgestellt hatte. Nun konnte sich John in den schönsten Farben ausmalen, wie seine Zukunft hier statt finden würde. Denn die kurzen Pausen die er hatte, hatte er dafür genutzt um sich über das Thema Mobbing ein wenig kundig zu machen – und alles was er darüber heraus gefunden hatte, ließ ihn nicht gerade vor Freude jauchzen. 

Im Grunde genommen war er auch nicht unglücklich darüber gewesen hier im Revier bleiben zu müssen. So hatte er in Ruhe recherchieren können, Telefonate führen, die schon längst überfällig waren und eine Menge heißen Kaffee trinken können. Eigentlich mal eine ganz willkommene Abwechslung, vor allem, wenn man in Betracht zog, daß es nun schon den ganzen Tag ununterbrochen regnete. Aber den Tag im Revier zu verbringen, hieß auch immer wieder Laurie sehen zu müssen. Mit einem süffisanten Grinsen, dachte John daran, daß das Laurie bestimmt genauso wenig paßte wie ihm, daß sie ausgerechnet heute einen Tag hatte, der es ihr unmöglich machte, das Revier zu vermeiden.

Seine langen Arme reckten sich über den Kopf und ein Knacken in seinen Schultergelenken verriet, wie verspannt er von der Schreibtischarbeit inzwischen war. Zu seiner Seite, nur ein paar Meter von ihm entfernt, hörte er Schritte die ihm von Klangmuster so vertraut waren, wie Frank Sinatras Lied `New York, New York`. Laurie war um diese Zeit also auch noch im Dienst. John senkte die Arme und wandte sich mit einem leisen Aufstöhnen über seine schmerzenden Schultern, wieder seinem Computer zu.

Das unvermutete Klingeln des Telefons, ließ John zusammen zucken und sein Blick folgte dem Klingeln, welches aus dem schwarzen Apparat zu seiner Seite kam. Aber auch der beschwörende Blick aus seinen blauen Augen, brachte es nicht  wieder zu verstummen. Mit einem stillen Seufzer hob er den Hörer ab, um die nächste halbe Stunde seines Lebens dem aufgebrachten Anrufer zu widmen, der nichts anderes zu tun hatte, als sich über New Yorks Ampelschaltung zu mokieren. Wo war Andy wenn man ihn brauchte? 

Der Minutenzeiger auf Johns Armbanduhr, vollendete soeben die achte Stunde an diesem Abend, als auch Andy mit einem müden Ächzen sich in seinem Stuhl zurück lehnte.

„Das war’s für heute! Mir reicht es, ich mache Feierabend.“ Andy quälte sich aus seinem Stuhl hoch und ließ laut die Gelenke seiner Finger knacken. „Wie sieht’s bei dir aus?“, fragend schaute Andy zu John hinunter, der noch immer fleißig damit beschäftigt war, irgendwelche Wörter in seinen Computer einzugeben. „Bin auch gleich fertig.“ John sah nicht mal von seiner Tastatur hoch, sondern schrieb konzentriert seinen Text zu Ende.

„Man, ich kann es nicht glauben, wir sind schon wieder die letzten.“ Andy schaute sich erstaunt in dem großen Raum um, konnte aber bis auf eine Menge leerer Schreibtische niemanden weiter entdecken. „Wann sind die denn alle gegangen?“ Eigentlich eine rhetorische Frage, auf die John aber eine Antwort wußte.

„Fancy ist heute schon um vier gegangen. Seine Töchter haben heute eine Schulaufführung und seine Frau ist extra vorbeigekommen, um ihn abzuholen. Sie hatte wohl Angst, daß ihr Mann sonst eine Ausrede finden würde sich davor zu drücken.“ Ein Grinsen stahl sich auf Johns Lippen, als er an das überraschte Gesicht seines Vorgesetzten erinnerte, wie seine Frau plötzlich vor ihm stand.

„Medavoy hatte sich schon vor eine Stunde von uns verabschiedet und Martinez ist noch mit Sylvia und Kemps zusammen beim Verhör. Stevens und Laurie haben noch mit einem Zeugen eine Gegenüberstellung, ein Stockwerk höher. Aber ich denke, daß er auch gleich da sein müßte um seine Sachen zu holen. Gegenüberstellungen dauern ja Gott sei Dank nicht so lange.“

John  betätigte die Löschen Taste auf der Tastatur und ließ damit das letzte geschriebene Wort wieder verschwinden. Überrascht sah Andy auf seinen Partner runter. „Woher weißt du das alles? Haben sich die Leute bei dir persönlich an und abgemeldet, oder was?“ Nun endlich schaute John von seiner Arbeit auf und schenkte Andy ein Lächeln. „Es hat schon seine Gründe, warum ich so langsam tippe. Ich höre nämlich noch nebenbei zu, was hier so passiert.“ „Aha.“ Andy sah keineswegs überzeugt aus von der Argumentation seines Freundes. „Weißt du“, setzte er nach einer Weile des Schweigens hinzu, „du hast schon bessere Ausreden zur Hand gehabt, warum du nur ein Finger zum Schreiben nimmst.“

Andy feixte, doch sein Partner ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. „Das ist schon richtig, aber immerhin, weiß ich noch am nächsten Tag was ich geschrieben habe.“ John grinste nun ebenfalls und schaltete bei der Gelegenheit den Schirm sowie den Computer aus.

„Hat dein fabelhaftes Gehör dir auch zugetragen, was das Gespräch zwischen Fancy und van Clendon gebracht hat?“, fragte Andy neugierig. Jedoch wußte auch John nichts über den Ausgang der Geschichte zu sagen. Also schüttelte er nur den Kopf und nahm sein Jackett von der Stuhllehne hinter sich. „Nein, keine Ahnung. Ich habe nur gesehen, wie van Clendon mit Fancy und einem strahlenden Lächeln aus seinem Büro gekommen sind und dann die Etage verlassen habe. Aber es sind Gerüchte im Umlauf, daß sie dann zu Cassidy gegangen sind.“ John drehte sich der Magen um, wenn er nur daran dachte. Trotzdem hob er leichthin die Schulter. „Aber ich denke mal morgen werden wir näheres wissen.“

Doch die letzten Worte waren in einen leeren Raum gesprochen, denn Sylvia hatte zusammen mit Kemps den Raum betreten und Andy war nur mit einem kurzen Kopfnicken in Johns Richtung davon geeilt. John hörte noch ein undeutliches Murmeln in seinen eigenen Worten, daß er dringend noch was mit Sylvia besprechen mußte und dann war er schon fort. Kopfschüttelnd schaute er seinem Freund hinterher, während er sich gemächlich das Jackett überzog.

Wichtig war es allerdings was Andy Sylvia zu sagen hatte. Er wollte das leidige Thema ihres Streites hinter sich bringen und jetzt wo keiner mehr da war, konnte er auch das sagen, was er schon die ganze Zeit hatte sagen wollen. „Sylvia, warte mal.“ Mit beachtlicher Schnelligkeit für seinen Körperumfang, rannte er der kleinen Frau hinterher, welche allerdings keine Anstalten machte auf ihn zu warten. „Sylvia!“ Mit einem Aufkeuchen erreichte Andy seine Freundin und hielt sie am Arm fest. „Sylvia warte.“ Die Brünette mit dem kurzen Haar blieb stehen und drehte sich mehr mißmutig, als wohlgesonnen zu dem Detective um. „Was!“, blaffte sie ihn an. Sie hatte den Streit von heute morgen nicht vergessen. Was erwartete er denn eigentlich von ihr? Das sie auf immer und ewig die versteckte Freundin blieb, die nur wenn sie alleine waren ihre Gefühle zeigen durfte!

Entweder er stand endlich zu ihr, oder er konnte hingehen wo der Pfeffer wuchs, hatte sie ihm deswegen heute morgen an den Kopf geworfen. Mit einem Tonfall, der Andy unangenehm an Laurie erinnerte, wenn sie John die Leviten gelesen hatte.

Und aus diesem Beispiel heraus und weil Sylvia ganz offensichtlich hielt was sie versprochen hatte  - das vernichtende Nein von vorhin, zeigte es nur zu deutlich - wußte Andy, daß er besser tat was sie von ihm verlangte, wenn er nicht als Geschnetzeltes in der Pfanne landen und von ihr mit Genuß zum Abendbrot verspeist werden wollte.

„Sylvia, ich wollte mich bei dir entschuldigen.“ Selbst bei diesem Kurzspurt keuchte Andy noch nach Atem.  Manchmal fragte er sich wie er die Aufnahmeprüfung in die Polizeischule geschafft hatte.

Sylvia tat ihm nicht den Gefallen auf seine Bemerkung zu antworten, sondern stand nur mit verschränkten Armen da und wartete auf ein Fortsetzung der Entschuldigung. In weiteren zwanzig Sekunden, würde sie anfangen mit der Fußspitze ungeduldig auf den Fußboden zu klopfen, wie Andy wußte. Eine wütende Reaktion von ihr, die er nicht nur einmal erleben durfte. Also beeilte er sich lieber mit seinen nächsten Worten. „Ich wollte dich fragen, ob wir nicht zusammen mit John zu Abend essen wollen. Der arme Kerl hat doch nun niemanden mehr, der für ihn kocht und ich würde ihn ungern als Partner verlieren.“

Sylvia starrte ihn an, als ob Chinesisch zu seiner Muttersprache geworden war. Sie schwieg und Andy wischte sich nervös den Schweiß von der Stirn. Er wußte, daß es nicht direkt das war, was sie heute morgen gefordert hatte, aber es war zumindestens ein Anfang, wie er fand.

Sie konnte doch nicht ernsthaft von ihm erwarten, daß er sich in nur zehn Stunden um hundertachtzig Grad drehte.

Noch immer sagte Sylvia kein Ton, und der Schweiß fing bereits an in kleinen Bächen von seiner Stirn zu tropfen. Schnell holte Andy sein Taschentuch aus der Hosentasche und betupfte sich damit die Stirn. „Bitte“, setzte er noch leise hinzu, als Sylvia so gar keine Reaktion zeigen wollte. Abermals wischte er sich über die Stirn.

Nachdenklichkeit zeigte sich nun endlich in Sylvias Augen Ein gutes Zeichen wie Andy befand. Immerhin noch besser als ihn hier stehen zu lassen.

„Mika hatte nie gekocht.“ Ein winziges Lächeln erschien in ihren Mundwinkeln und Andy wußte, daß er das Schlimmste überstanden hatte. „Ja ich weiß. Findest du nicht auch, daß John dadurch ganz schön abgenommen hat?“, versuchte er die Situation mit einem weiteren Scherz zu entspannen. Mit Erleichterung sah er, wie Sylvias Mundwinkel anfingen zu zucken. Schließlich nickte sie. „In Ordnung, wir fangen mit John an.“ Sylvia beugte sich an Andy vorbei und sah zu John, der noch damit beschäftigt war, die Papiere auf seinem Schreibtisch zu ordnen. „Hey John? Hast Du Lust mit meinem Freund und mir zum Essen zu gehen?“, rief sie Andys Partner quer durch den ganzen Raum fragend zu. „Ich meine natürlich mit Andy und mir.“ Andy zuckte bei diesen Worten förmlich zusammen und wurde auf der Stelle kreidebleich. Pst, wollte er zu ihr sagen. Das können doch alle hören.  Aber ein Blick in Sylvias Gesicht sagte ihm, daß es für ihn wesentlich klüger war, wenn er den Mund hielt. 

„Gerne.“ Obwohl Andy nicht zu John schaute, konnte er hören wie sein Partner lächelte. Verdammt sei er. Und verdammt sei Sylvia, daß sie ihn ohne mit der Wimper zu zucken in solch eine Situation brachte.

Andy sah, wie John gemächlich seinen Mantel überzog und dann zu den beiden hinüber schlenderte, noch immer mit dem wissenden Lächeln im Gesicht. Und viel zu langsam wie Andy befand. Er wollte hier raus, bevor noch jemand kam und ihn noch weiter in Verlegenheit brachte.

Andy hatte sich schon viele Dinge in seinem Leben gewünscht, doch dabei nur selten das Glück gehabt zu beobachten wie sie in Erfüllung gingen. Diesmal hatte er nicht mal die Zeit einen Wunsch zu äußern, denn mit John zusammen kam auch Martinez aus dem Verhörraum auf ihn und Sylvia zu. „Hallo! Ich dachte schon, daß ich der letzte bin.“ James Martinez stellte sich zu Andy und Sylvia. Andy beäugte den jungen Detective mißtrauisch. Hatte er Sylvias Worte mit bekommen? Nein, befand er, nachdem er mit seiner Musterung fertig war, James sah ihn genauso an wie sonst auch. „Wir wollten gerade gehen“, murmelte Andy leise und faßte dabei Sylvia am Arm, um sie die Treppe hinunter zu führen. Raus aus dem Revier, raus aus weiteren Peinlichkeiten. „Ja, Andy hat Recht“, stimmte Sylvia an Martinez gewandt zu. „Wir haben John zu uns zum Essen eingeladen. Wenn sie möchten, dann kommen sie doch auch vorbei.“

Andy blieb abrupt stehen und drehte sich erst fassungslos zu Sylvia um und dann zu dem kleinen Latino - Detective. Schweiß sammelte sich wieder auf seiner Stirn und seine Hand griff automatisch in die Hosentasche nachdem soeben verstauten Taschentuch.

„Danke für das Angebot, aber ich habe meinen Eltern versprochen heute Abend bei ihnen vorbei zu schauen.“ Bedauernd schüttelte James den Kopf. „Vielleicht können wir das ja ein anderes Mal wiederholen.“ „Was wiederholen?“ Andy, Sylvia, John und Martinez drehten sich in die Richtung aus der die Stimme kam. Und diese kam von der Treppe direkt auf sie zu. Stevens, und dicht hinter ihm war Laurie.

Hektisch wischte sich Andy über die Stirn und betete, daß das alles hier endlich ein Ende fand. Und er betete, daß Sylvia jetzt nicht das sagte, was er vermutete. Sie tat es. „Hey Stevens!“ Lächelnd begrüßte Sylvia den blonden Detektive und wandte sich dann an die Frau, die direkt hinter ihm ging. „Laurie! Schön das ihr gerade kommt. Wir haben gerade überlegt, ob wir uns nicht mal alle zu einem Essen treffen wollen.“

Das Taschentuch in Andys Hand war nun klitschnaß und Andy mit den Nerven fix und fertig. Alle zum Essen treffen wollten? , wiederholte er stumm Sylvias letzten Worte. Das klang ja so, als ob sie eine kleine Party draus machen wollte. Wenn er nicht aufpaßte, dann hatte sie in null Komma nichts das ganze Department eingeladen. Andy drehte sich hilfesuchend zu seinem Partner um, der mit den Händen in der Hosentasche dastand und die Szene amüsiert betrachtete. Nein, von ihm konnte er wohl keine Hilfe erwarten. Ob das seine Rache für die Bemerkungen in seinem Ohr waren, die Andy ihm bei der Undercover Aktion erzählt hatte? Andy vermutete es fast und wandte sich wieder zu Sylvia.

Strahlend stand seine kleine Freundin da und hatte offensichtlich großes Vergnügen an der Situation.

„Hey, das ist eine großartige Idee!“, rief Stevens aus. „Wir hatten dieses Jahr doch keine interne Weihnachtsfeier. Warum machen wir statt dessen nicht eine Osterfeier draus?“ Andys schlimmste Alpträume schienen sich gerade zu erfüllen, vor allen Dingen dann, als Sylvia begeistert nickte. „Klar. Warum nicht. Bis Ostern sind es nur noch zweieinhalb Wochen, genügend Zeit, um den anderen Bescheid zu sagen und zu planen. Was sagst du dazu, Laurie?“ Laurie nickte langsam und nicht ganz so enthusiastisch wie Sylvia. Trotzdem gab sie ihre Zustimmung. „Klingt gut.“ Sylvia richtete ihre Aufmerksamkeit von Laurie auf John. „Und was sagst du dazu?“ „Eine Osterfeier ist schon mal eine witzige Idee. Mal was anderes als die üblichen Weihnachtsfeiern.“ „James?“ Der dunkelhaarige Detective war von dem Vorschlag ebenfalls recht angetan. „Klingt wirklich gut. Aber wie willst du es machen? Einen Aushang ans schwarze Brett oder jeden einzeln Bescheid sagen?“, erkundigte sich Martinez bei Sylvia.

Das schwarze Brett! Andys Stimmung sank mit jedem weiteren Wort welches gesprochen wurde. Natürlich würde sich Sylvia für das schwarze Brett entscheiden! Wenn sie ihre Beziehung schon offiziell machen wollte, dann würde sie sich nicht mit Halbheiten zufrieden geben.

„Ein Aushang am schwarzen Brett ist eine gute Idee, denke ich. So können wir mehr Leute erreichen“, erwiderte Sylvia auch prompt Andys schlimmste Befürchtungen. „Ich werde mir mal überlegen, wo wir das machen können und den Zettel dann dort anhängen.“ Das nasse Taschentuch wanderte wieder in Andys Hosentasche. Es war vorbei, er hatte verloren und Sylvia ihren Willen bekommen. Nun hieß es das Beste aus der ganzen Situation zu machen. Andy sah wieder zu John, der scheinbar voll konzentriert auf alles andere war, nur nicht auf Laurie. Ihre Anwesenheit schien er nicht einmal zu bemerken. Und Laurie tat es ihm gleich, indem sie die Treppe unter sich ins Auge faßte.

Traurig ließ Andy seinen Blick zwischen den beiden hin und her wandern. So sah also das Ende einer perfekten Ehe aus. Gestrandet in Nichtachtung und Ignoranz. Nein, darauf würde er sich nicht einlassen. Auch wenn er John am liebsten gerade zum Teufel schicken wollte, weil er ihm so hinterhältig in den Rücken gefallen war, schwor sich Andy erneuert, daß er sich Amors Pfeile ausleihen würde.

Laurie bemerkte Andys Blick und lächelte ihn an. Ein kleines Lächeln, ebenfalls mit ein wenig Wehmut versetzt. Sie schob sich an Stevens vorbei und auch an den anderen, die sich um Sylvia scharten. „Na gut, Leute. Ich muß noch mal ins Büro.“ Sie wandte sich an Stevens. „Willst du gleich mitkommen? Wenn ich ohnehin noch mal ins Büro muß, dann kann ich dir die Akte auch gleich geben und muß sie dir nicht extra morgen vorbei bringen.“

John grinste boshaft in sich hinein, Laurie wollte wohl vermeiden, daß sie sich morgen ebenso häufig über den Weg liefen wie heute. Das konnte ihm nur Recht sein – er hatte auch keine Lust, sie öfter als notwendig um sich zu haben. „Klingt gut“, erwiderte Stevens auch artig. „Prima“, mischte sich nun auch noch Kemps in das Gespräch ein. „Dann kannst du mir auch gleich den Durchsuchungsbefehl für Hardys Haus geben. Antonia hat gesagt, daß sie ihn hat und sie ihn für mich auf ihrem Schreibtisch liegen läßt.“ Spöttisch lächelte Laurie erst Kemps an und besah sich dann auch noch die restlichen Mitglieder ihrer kleinen Gruppe. „Hat sonst noch jemand Wünsche?“, fragte sie. Martinez kicherte. „Nein, aber mein Auto steht in der Nähe von Deinem Büro. Ich werde dich also auch noch ein Stück begleiten.“ Nun war es an Laurie zu schmunzeln. „Na dann sieht es so aus, als ob wie noch alle einen Ausflug zu dem Gebäude der Staatsanwaltschaft vor uns haben.“ Sie drehte sich nun endgültig von der Gruppe weg und führte diese auf ihren Weg an. Dicht gefolgt von Andy und Sylvia, der diese Unterbrechung zum Anlaß nahm, auch Sylvia von hier fort zu bringen. Für heute hatte sie wirklich schon genügend angestellt.

John und Martinez folgten, während Stevens den Abschluß der kleinen Gruppe bildete. „Sag mal John, kann es sein, daß auch du heute morgen Schwierigkeiten hattest einen Parkplatz zu finden? Ich glaube ich habe deinen Wagen nicht weit von meinem gesehen.“ Ein undeutliches murmeln drang an Lauries Ohr, daß aber eindeutig ein ja enthielt. Na klasse, dachte sie. Nicht mal ihren Feierabend konnte sie in Ruhe beginnen. Wütend stampfte sie die Treppe hinunter und verließ das Revier, ohne sich darum zu scheren, wer ihr nun folgte oder nicht. Sie war so wütend. Wütend auf sich, wütend auf John, wütend auf diese ganze dämliche Situation.

Während Andy Laurie folgte, versuchte er Sylvia noch einmal leise zur Rede zu stellen. „Mußte denn das wirklich sein?“ Sylvia nickte und strahle Andy dabei an. „Entweder so, oder aber wir gehen, wenn wir aus dem Revier raus sind, getrennte Wege.“

Schweigend lief Andy neben Sylvia her – aus dem Revier raus.

„Noch da?“ Schmunzelnd warf Sylvia einen Seitenblick zu Andy, welcher als Antwort nur unglücklich schnaufte. „Das war Erpressung“, entgegnete er schließlich. „Eine ganz gemeine widerwärtige Erpressung!“ Aus Sylvias Schmunzeln wurde ein ansteckendes Lachen. „Ach komm schon Andy, so schlimm ist es doch gar nicht.“ Und dann zu Andys maßlosen Entsetzten, hakte sie sich bei ihm unter. Vor aller Augen! Wage es, sprachen Sylvias Augen zu ihm, mit einem Blick der ihre gutmütigen Worte Lügen strafte. Andy schluckte, und holte erneuert das inzwischen klitschnasse Taschentuch aus seiner Hosentasche. Trotzdem wischte er sich damit gequält über die Stirn und versuchte fieberhaft zu überlegen was jetzt die richtige Antwort auf ihren Blick war. Ein Scherz? Oder lieber das was ihm wirklich durch den Kopf ging? Oder aber noch besser, eine Frage die sie hören wollte?

„Nehmen wir deinen Wagen oder meinen“, brachte er schließlich stockend hervor. Es war der richtige Satz gewesen. „Meinen.“ Und dann lächelte sie ihn so süß an, daß Andy fast vergaß, was sie ihm gerade angetan hatte. „Laß uns meinen nehmen und zu mir fahren. Ich habe das noch drei riesengroße Steaks zu Hause.“ Und diese Weiterführung des Satzes, brachte Andy dazu auch den Rest zu vergessen. Liebe ging nun mal durch den Magen!

„Hey Kelly!“ Alle drehten sich zu dem Mann um, der diese zwei Worte so voller Verachtung ausgesprochen hatte und nun mit schnellen Schritten zu John aufschloß. Vincent van Clendon. Und sein Gesicht beherbergte nun nicht mehr das strahlende Lächeln, welches den ganzen Tag nicht von ihm zu wischen gewesen war.

„Das können sie gut, nicht wahr?“ Verblüfft starrte John den schwarzhaarigen Mann an. „Wovon sprechen sie, Mann?“ Andy konnte sehen, daß John, wie auch der Rest der kleinen Gruppe, keine Ahnung hatte wovon van Clendon sprach. Aggressiv war sein Tonfall und seine Körperhaltung hatte eine bedrohliche Haltung angenommen. Andy hörte wie Laurie wieder zurück kam und sich neben ihn, Andy, stellte.  Er warf ihr nur einen flüchtigen Blick zu, denn Vincent van Clendon baute sich drohend vor John auf, welcher nun aus einem Instinkt heraus ebenfalls die Schultern straffte und den Mann vor ihm kalt musterte.

„Sie wissen sehr gut wovon ich spreche, Kelly.“

Die ersten Passanten blieben neugierig bei dem lauten Wortwechsel stehen, doch keiner der Anwesenden schenkt ihnen auch nur die geringste Beachtung.

„Erst versuchen sie mich in einem schlechten Licht da stehen zu lassen, heimsen alle Lorbeeren für sich ein und verstecken sich dann hinter Lieutenant Fancys Rücken!“ Mit keinem Wort sprach er von der Anschuldigung wegen mobbens und auch John verlor kein Wort darüber. Sie wußten auch so worum es ging. „Aber jetzt haben sie mich da wo sie mich schon immer haben wollten“, spie van Clandon John vor die Füße. „Ich bin aus dem Revier versetzt worden.“

Ein abwertendes Murmeln brach unter den Zuschauern aus und ein jeder von ihnen betrachte John nun abfällig.

 „Hey Clandon, finden sie nicht, daß sie hier den falschen Mann beschuldigen?“ fragte Andy indem er sich zu den beiden stellte. „Sie habe doch ganz deutlich in dem Duschraum davon gesprochen, daß John sie loswerden will. Das war eine recht leichtsinnige Bemerkung, denn jeder von uns weiß, daß John nichts dafür getan hat! Fancy mußte nur mal die Ohren aufsperren um das mitzubekommen.“ Andy baute sich nun heftig erregt zur der Seite der beiden auf. Niemand beschuldigte seinen Freund! „Und kein Mensch kann erwarten, daß man noch mit so jemanden zusammen arbeiten will.“

Das verächtliche Murmeln richtete sich nun gegen van Clendon.

Andys Worte überraschten John. Waren es nicht genau die gewesen, die Jimmy zu ihm gesagt hatte? War Andy der Freund gewesen, der Jimmy angerufen hatte? Stumm und kaum merklich schüttelte John den Kopf, während er van Clandon weiterhin im Auge behielt. Nein, daß konnte nicht sein. Jimmy und Andy waren sich nur einmal flüchtig begegnet, Andy würde nicht auf den Gedanken kommen ihn anzurufen. Schnell warf John einen Blick zu seinem Freund, richtete dann aber seine ungeteilte Aufmerksamkeit wieder den Mann ihm gegenüber, dessen Körperhaltung alles andere als friedlich aussah. Oder hatte er es doch getan?

Van Clendon warf nur einen kurzen Blick in Andys Richtung – mit ihm hatte er keine Rechnung offen, aber mit dem rothaarigen Mann da vor ihm schon. Der hatte ihn von Anfang an nicht leiden können und alles dafür getan um ihn zu schaden. „Ich bin zwar raus, Kelly, aber so leicht lasse ich sie nicht davon kommen.“ Van Clandon ging kampfeslustig einen Schritt auf John zu und Laurie ebenfalls. Dicht hinter John blieb sie stehen und Andy konnte sehen, wie ihre Augen reglerecht Wut versprühten. Oh, oh, wenn er an van  Clandons Stelle wäre, dann würde er jetzt ganz schnell den Mund halten.

Die inzwischen beachtliche Menschenmenge fing nun aufgeregt an zu flüstern. Hier würde gleich etwas passieren – das lag nur zu deutlich in der Luft.

Auch Andy hatte das Gefühl, daß hier gleich was passieren würde. Aber es war was anderes, als was er vermutet hatte. Von dem er nicht einmal gewußt hatte, daß es noch da war, nicht nach dem Krieg den John und Laurie seit Wochen miteinander ausfochten.

John schaute nicht einmal hinter sich, sondern schob gleich den Arm vor Laurie, um sie aus dem Schußfeld zu halten. Und mit diesem Heben des Armes, stand da plötzlich wieder ein Paar. Abgelenkt von dem Bild was sich Andy bot, schenkte er den Rest der Unterhaltung nur wenig Beachtung. Er hörte wie John nur ein leises Nein zu Laurie sagte. Und Laurie blieb wirklich stehen und musterte den Mann vor sich mit heißer Verachtung.

Vincent van Clandon machte diese Geste von den beiden noch wütender. Seit Wochen versuchte er nun schon bei Laurie zu landen und hatte sich nichts anderes als eine Abfuhr nach der anderen von ihr geholt. Und nun stellte sie sich ganz offen neben ihren Ex Mann und bezog damit eindeutig Stellung gegen ihn, van Clandon.

Die Zuschauer um sie herum holten kollektiv Luft.

 „Na Kelly“, spöttelte er. „Muß erst dein Weib kommen, um dich vor mir zu beschützen? Was bist du doch für ein Weichei!“

Andy würde nicht gerade sagen, daß John ein Weichei war und auch nicht vor einer Konfrontation zurückschreckte, doch im Moment hatte er alle Hände voll zu tun Laurie von van Clandon fernzuhalten, die nun Johns Arm einfach beiseite schob und versuchte zu dem ehemaligen Auszubildenden von John durchzukommen. Aufgehalten von ein paar Armen, die ihren Körper nun eng umschlangen und sie von van Clandon wieder zurück zog. „Nein!“, flüsterte John ihr abermals ins Ohr und versuchte seine Ex Frau zu beruhigen. Doch Laurie wollte sich gar nicht beruhigen, wie Andy bemerkte. Mit beiden Händen versuchte sie sich aus Johns Umklammerung zu lösen, jedoch war Johns Griff fest genug, um sie weiterhin von van Clandon fern zuhalten

Andy und auch die anderen Zuschauer, seine Kollegen oder aber auch die schaulustigen Passanten, wußten gar nicht mehr wo sie zuerst hinschauen sollten. Zu van Clandon der noch immer spöttische Bemerkungen machte und damit Lauries Temperament noch mehr zum kochen brachte. Oder zu John und Laurie die ihren eigenen Kampf auszutragen schienen. Tief in seinem Inneren wünschte sich Andy, daß Laurie sich von John befreien konnte. Dieser Dreckskerl hatte nichts anderes verdient. Aber John war stärker als Laurie und eindeutig solche Ausbrüche gewöhnt. Denn obwohl er sie scheinbar locker im Arm hielt, war sein Griff fest und unnachgiebig. Ungeachtet dessen das John stärker war als Laurie, fand sie dennoch eine Möglichkeit sich aus seiner Umklammerung zu befreien. Andy sah, wie sie plötzlich die Arme hoch riß und durch Johns Umarmung einfach hindurch rutschte. Noch bevor John, behindert von Lauries Mantel - das einzige was er von seiner Ex Frau noch in den Armen hielt - nachgreifen konnte, war diese schon bei van Clandon und schickte ihn mit einem einzigen gut gezielten Faustschlag zu Boden. Andy zog zischend die Luft ein und wandte sich für einen kurzen Augenblick von der Gestalt am Fußboden ab. Autsch, das mußte weh getan haben.

Die Zuschauer um sie herum fingen zustimmend an zu murmeln. Der schwarzhaarige Mann hatte es nicht wirklich anders verdient!

„Haben sie noch nie was von den Worten gehört, die man vor dem Altar spricht? In guten wie in schlechten Zeiten?“, zischte Laurie van Clandon zu. Heiß brannte die Wut in ihren Augen und kalt war der Blick, den sie auf das Blut warf, welches zwischen van Clandon Finger hervorquoll. Ungerührt wandte sie sich von dem Mann auf dem Fußboden ab und ging zu John zurück, um ihren Mantel wieder an sich zu nehmen. Laurie sah John nicht an, nahm nur den Mantel an sich und ging dann zu den schweren Glastüren, die der Vorraum der Staatsanwaltschaft von der Straße trennte.

Andy schaute ihr hinterher – wie es wohl jeder hier tat. Abwechselnd zu dem Mann am Boden, zu John und zu der rothaarigen Frau, die so temperamentvoll den Zwist beendet hatte. Und dann schaute er zu John, der sich ebenfalls zu Laurie gedreht hatte. Undefinierbares lag in seinen Augen. Irgendwo zwischen Verblüffung und Zärtlichkeit.

Na, wenn Amor ihm mal nicht zuvor gekommen war!

Andy sah zu van Clandon hinunter. „Mann, haben sie nicht gewußt, daß man sich mit dieser Frau besser nicht anlegen sollte?“ Seine Worte waren spöttisch und das Lachen um ihn herum war es auch. Einer nach dem anderen verließ den kleinen Platz vor der Staatsanwaltschaft und keiner hatte Mitleid mit dem Mann, der noch immer auf dem Boden lag und sich die blutende Nase hielt. Niemand griff eine Frau an, sei es mit Fäusten oder mit Worten. Und dieser Mann hatte nichts anderes getan. Es war nur gerecht, daß er eine verpaßt bekommen hatte – und noch besser war es, daß sie selbst dafür gesorgt hatte!

Andy war einer der letzten, der Sylvias Arm bei sich unterhakte und mit ihr den Platz verließ.

Aber der letzte Mann der noch übrig war – wenn man mal von van Clandon absah – war John. Noch immer stand er wo Laurie ihn verlassen hatte und starrte auf die Glastür. Kein Gedanke mehr war in ihm, daß sie boshaft war. Der einzige Gedanke der übrig blieb war.....es war wohl doch Eifersucht gewesen, die sie zu Mika getrieben hatte. Und John war ihr nicht so egal, wie sie ihm immer gezeigt hatte.





Re: Another year has gone by

Hach, chyio, was für ein geniales Kapitel! :-)
Ich sitze hier und habe immer noch ein fettes Grinsen auf meinem Gesicht.
Erst mal der Teil mit Sylvia und Andy....da hab ich mich schon kaum halten können...Männer sind manchmal wie kleine Kinder. Es war so schön mitzuverfolgen, wie er immer mehr ins Schwitzen kam. Eigentlich hätte man ihm ja auch ein Schild um den Hals hängen können und ihn einmal quer durchs Revier schicken können! Tja ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Das gilt auch für den zweiten Teil mit Lauries "Befreiuungsschlag" gegenüber van Clendon. Das hatte der wirklich verdient!
Und nun kommt John schon wieder mal ins Grübeln, über ihre Beweggründe!

So, nun noch eins chyio, gerade dieses Kapitel hat mir wieder mal ganz deutlich bewiesen, warum ich schon soooooo lange Deine Geschichte verfolge. Mach Dir bitte keinen Kopf, darüber, dass jemand anderes vielleicht über einige Dinge, die Du beabsichtigst in Deiner Story zu verwenden besser Bescheid weiß. Wenn Du permanent "Müll" schreiben würdest, wäre ich schon längst nicht mehr dabei. Und solltest Du mal dermaßen daneben liegen, werde ich es Dir schon schonend beibringen.
Und sei mal froh, dass Du noch keine Erfahrung mit Mobbing hattest. Ich gehörte zwar noch nie zu den bedauernswerten Opfern, aber ich habe sowas in meiner Umgebung schon öfters erlebt und das ist immer sehr, sehr schlimm.
Also, Deine FF ist gut und laß Dich bloß nicht beirren und ich bin N I C H T
schwierig!!! ;-)

LG Eve

Re: Another year has gone by

Nein! Wie gut war das denn jetzt?! Ich kann mich im großen und ganzen Eve nur anschließen, sie hat mir buchstäblich die Worte aus dem Mund genommen!

Zwei neue Kapitel die alles beinhalten warum auch ich so begeistert bin von deiner Geschichte!! Andy war ja wirklich der Bringer, du hast das echt so bildlich rübergebracht das ich ihn so da stehen sah, mit vielen kleinen Schweißperlen auf der Stirn,wie er verzweifelt versucht Sylvia auszubremsen. Hihi, einfach genial!!

Und John? Tja, du verbohrtes Mannsbild! Augen auf.....kann ich da nur sagen!

Bravo Laurie, was war das für eine Harke und ich meine für beide John und van Clandon!!! 

Absolut Spitze Chyio!! Ich saß hier jetzt für ne Viertelstunde und habe in der Zeit das Chaos bei mir hier wunderbar vergessen! Ich kann mich wieder nur mal für den Lesegenuss bei dir bedanken!

LG Flymoon






Danke Chris!!!

"Fort sind all die schönen Stunden, mit meinem verschwund'nen Schatz verschwunden, denn ein tödlicher Schatten fiel...."
--Horatio Alger--

Re: Another year has gone by

@Eve: Ich glaube wenn es nach Sylvia gegangen wäre, dann hätte sie dies auch am liebsten getan. Wie gut, daß sie wenigstens ein wenig Mitleid mit Andy gezeigt hat. Aber das schwarze Brett kam der Sacher schon gefährlich nahe.

Ich weiß, daß Du nicht schwierig bist, Eve. Nur manchmal sitze ich hier und möchte mit dem Kopf auf die Tischplatte aufschlagen, wenn ich lese, daß Du auch davon Ahnung hast. Aber es ist ein ganz liebesvolles aufschlagen und tut auch nicht besonders weh. Und lächeln tu ich auch dabei.

@Flymoon: Schön, daß ich Dich mit diesem Kapitel ein wenig ablenken konnte. Wie Du ja weißt, wußte ich ja noch nicht so genau wie ich es ändere. Aber jetzt zu lesen, daß es Dir trotzdem gut gefallen hat, ist einfach nur großartig.

Andy seine Art ist einfach eine Erwähnung wert. Schon in der Serie habe ich mich köstlich über ihn amüsiert, hatte es aber nicht für möglich gehalten, das auch noch in meiner Geschichte mit unter zubringen....bis ich zu diesem Kapitel kam. Da flutschte es dann ganz von allein.

So, jetzt sollten wir mal nach den Konsequenzen schauen. Wieder ist das Kapitel geteilt und wieder ist es nicht mittig. Aber auch in diesem Fall gilt, daß es partout nicht anders ging.

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Die Golden Gate Bridge -1

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Kemps und Stevens warfen nur einen kurzen Blick zu van Clandon und auch in ihren Gesichtern zeigte sich kein Mitleid. Abscheu, ja, das war vorhanden, aber Mitleid hatte der Mann, der John auf offener Straße und vor allen Leuten demütigen wollte, nicht zu erwarten.

Den Kopf schüttelnd folgten sie Laurie in das Gebäude der Staatsanwaltschaft, wo sie sie in ihrem Büro wiederfanden.

Ein riesiger Strauß roter Rosen stand auf ihrem Schreibtisch und Laurie selbst stand mit versteinertem Gesichtsausdruck davor und hielt den dazu gehörigen Gruß in der Hand.

„Laurie?“ Bei Klang ihres Namens, ließ Laurie das Kärtchen sinken und sah zu den beiden Cops hinüber. Fern wirkte ihr Blick für die beiden Cops und bei weitem nicht so aufgebracht, wie es erwartet hatten. Nach der Auseinandersetzung mit van Clandon hatten sie angenommen, daß sie noch immer wie eine Löwenmutter die ihr junges verteidigt, durch die Gegend tigern würde, oder zumindestens, daß ihre Augen die Abscheu auf den schwarzhaarigen Mann wiederspiegelten. Aber sie erwarteten nicht, daß sie still vor ihrem Schreibtisch stand, sich ihre Schultern zu Boden zogen und sie mehr den Eindruck von Traurigkeit vermittelte, als von Wut.

„Oh, da seid ihr ja.“ Ohne den Zwischenfall mit van Clandon noch einmal zu erwähnen, oder auch nur den Anschein zu machen, als ob die dabei gewesen war, legte Laurie das Kärtchen auf ihren Schreibtisch zu dem Strauß mit Rosen und nahm statt dessen eine Akte und einen weißen Briefumschlag von ihm. „Ich habe schon mal den Durchsuchungsbefehl von Antonias Schreibtisch geholt.“ Sie reichte den Umschlag an Kemps weiter, welcher zusammen mit Stevens in ihrer Bürotür stehen geblieben war. „Danke“, murmelte er, aber Laurie war noch nicht fertig mit ihm. Triumphierend hielt sie einen winzigen gelben Post it Zettel in die Höhe, knapp aus Kemps seiner Reichweite und genügend weit weg, daß er zwar die Schrift darauf erkennen konnte, aber nicht deren Inhalt. Es war Antonias Schrift, soviel konnte Kemps auch aus dieser Entfernung sagen, doch wie Laurie es beabsichtigt hatte, war für ihn nicht erkennbar, was auf dem Zettel stand. „Ich hab da noch was“, lächelte Laurie spitzbübisch und ein wenig von der Laurie, die gerade van Clandon eine verpaßt hatte, kam zurück. „Das sehe ich!“, antwortete ihr der Detective erfüllt von schlechter Vorahnung, nahm aber seine Augen nicht von Antonias Zeilen. Und als Laurie noch immer keine Anstalten machte ihm den Zettel zu geben, fügte er noch fragend und schon ins Schicksal ergeben hinzu: „In Ordnung Laurie, was willst du?“ Mit seinen letzten Worten sah er auf die momentane Besitzerin des Zettels.

„Ich will...“, Laurie hielt grinsend den Zettel näher zu Kemps hin, um ihn gleich darauf aber wieder zurück zuziehen, als er danach greifen wollte. „Laurie!“, entrüstet baute sich Kemps vor ihr auf. „Ich will einen ganz genauen Bericht, wie euer Kaffeetrinken war!“, lachend übergab Laurie ihm nun den gelben Aufkleber und grinste dabei von einem Ohr zum anderen, als sie sah, wie Kemps sich bei ihren Worten in ein leichtes rot verwandelte. „Das geht dich nichts an“, brummte er vor sich hin und brachte damit nicht nur Laurie zum lachen, sondern auch Stevens, der neben ihm stand. Grinsend warfen sich die beiden einen wissenden Blick zu und beobachteten, wie Kemps den Zettel schnell in seiner Jackentasche verschwinden ließ. Es hatte keine Telefonnummer auf der unkonventionellen Einladung gestanden, wußte Laurie. Und das hieß, daß dies nicht ihre erste Verabredung war. Dies und der Hinweis, daß sie ja zu dem Italiener gehen konnten. Nicht zu dem Italiener mit Namen.... oder etwa dem Italiener unten an der Ecke. Nein zum Italiener – und den Rest würde Kemps schon wissen.

Ob Kemps sich schon verfluchte, daß er Laurie gebeten hatte, ihr den Durchsuchungsbefehl von Antonias Schreibtisch zu geben? Vermutlich. Jedenfalls verabschiedete er sich mit ungewöhnlicher Hast von ihnen und stürmte dann regelrecht aus dem Büro heraus. Männer! lachte Laurie leise vor sich hin. Doch es war kein böswilliger Gedanke an das andere Geschlecht, mehr ein amüsiertes aufblitzen, daß sie so schnell in Verlegenheit gebracht werden konnten, wenn es um eine geheimnisvolle Liebste ging.

„Für dich habe ich leider nicht so gute Nachrichten“, wandte sich Laurie schließlich an Stevens und gab die Akte an ihn weiter. „Leider nur eine häßliche brauen Mappe, mit einer Menge Papier in sich.“ Achtlos hoben sich die Schultern von Stevens, während er die Akte aus Lauries Händen nahm. „Ich weiß nicht, warum ich darüber nicht gerade unglücklich bin!“, griente er und spielte dabei ganz unmißverständlich auf Lauries leichten Schabernack Kemps gegenüber an. „Wir sehen uns morgen.“ Grüßend hob er die Finger zu seiner nicht vorhanden Mütze und eilte dann Kemps nach, der sich nicht einmal die Zeit genommen hatte auf den Fahrstuhl zu warten, sondern die Treppe benutzt hatte.

Eine kleine Weile stand Laurie noch da und sah lächelnd den beiden Männern hinterher. Doch mit jeder Sekunde die verging, wurde ihr Gesicht immer ernster, bis nur noch zusammen gepreßte Lippen übrig blieben. Langsam drehte sie sich zu dem Blumenstrauß auf ihrem Tisch um, doch auch jetzt wollte sich kein Lächeln mehr auf ihre Lippen stehlen. Und das obwohl die langstieligen Rosen von Danny kamen. Ebenso langsam wie sie sich umgedreht hatte, ging sie jetzt zu ihrem Schreibtisch zurück und ließ sich auf ihren Stuhl fallen – den Strauß vor sich nicht aus den Augen lassend. Sie hätte sich freuen sollen. Wann hatte sie denn das letzte Mal Blumen bekommen? Und dann auch noch, wo er gar nicht in der Stadt war, sondern sich auf dieser Weiterbildung in Kalifornien befand. Ich vermisse Dich! Ruf mich an, ab acht habe ich nur noch Ohren für Dich! Danny ….Seufzend legte Laurie das Kärtchen wieder vor sich auf den Tisch ab und vergrub dann ihren Kopf in den Armen über dem Kärtchen. Ruf mich an! Laurie hätte weinen können. Warum ausgerechnet heute Abend? Warum nicht morgen, oder übermorgen? Oder besser noch, warum war er gestern nicht ans Telefon gegangen, als sie ihn erreichen wollte, oder den Tag davor? Warum ausgerechnet heute Abend, wo ihr der Sinn nach allem anderen stand nur nicht nach reden oder nachdenken? Sie wollte nicht nachdenken. Sie wollte sich jetzt nicht den Kopf über Danny zerbrechen und sie wollte sich jetzt auch keine Gedanken darüber machen über das was da gerade passiert war. Sie wollte am liebsten ganz weit weg laufen und ihren Kopf im Sand vergraben, daß sie nichts mehr hören oder sehen mußte.

Was war da gerade passiert? fragte sie sich und löste sich wieder von seinem Gruß. Müde rieb sie sich übers Gesicht und warf dabei einen weiteren Blick auf die kleine, weiße Karte vor sich. John war passiert. Das war es! Dank van Clandon. Wenn sie den Mann schon bis jetzt nicht besonders gemocht hatte, jetzt war sie nahe dran ihn zu hassen! Es tat ihr nicht leid, daß sie ihm eine verpaßt hatte. Es tat ihr nur leid, daß sie mit ihrem Wutausbruch schon wieder einmal John dazu gezwungen hatte, für sie Partei zu ergreifen. Stöhnend schlug sie mit der Stirn auf die Tischplatte. Nahm das denn nie ein Ende? Konnte sie denn nicht einmal ihr Temperament im Zaum halten?

Wie einfach hatte sie John nach den beiden abgewürgten Telefonaten endlich aus ihren Gedanken schieben können. Wie einfach war da der Entschluß gefaßt gewesen, bei Danny zu bleiben! Und jetzt? Jetzt war sie wieder genau da angekommen, wo sie nie wieder hingewollt hatte. Zwischen zwei Stühlen, ohne die Möglichkeit sich festzuhalten.

Laurie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr – viertel vor neun. Danny wartete nun also schon seit fünfundvierzig Minuten auf ihren Anruf. Und er mußte leider noch weiter warten, beschloß Laurie, sie mußte erst einmal versuchen das Chaos in ihr wieder unter Kontrolle zu bekommen, bevor sie mit ihm sprechen konnte. Steif stand sie von ihrem Stuhl auf, dehnte ihre müden Glieder und lief in ihrem Büro auf und ab. Die Hände mal nachdenklich vor der Brust verschränkt, mal über ihre kalten Arme reibend. Manchmal fluchte sie leise vor sich hin und manchmal ließ sie laut ihren Frust aus sich hinaus. Und immer wieder warf sie einen Blick zu diesem wundervollen Rosenstrauß auf ihrem Tisch. Woher nahmen Männer nur immer ihren siebten Sinn, wenn es um sie ging? Da plätscherte auf Wochen hinaus die Beziehung so vor sich hin und dann, dann wenn es darum ging, daß Veränderungen auf dem Programm standen, waren sie plötzlich da. Aufmerksam und fürsorglich. Oh sie war ungerecht! Laurie begann ihre Wanderung von vorn. Danny war immer aufmerksam und fürsorglich zu ihr – er war nur nicht gerade mit viel Zeit gesegnet. Vom Fenster aus warf sie wieder einen Blick zu den Rosen. Rosen...wann hatte sie die das letzte Mal bekommen? Nachdenklich lehnte sich Laurie an das Fensterbrett an und betrachtete die Blumen. Sie liebte ihn. Sie liebte Danny wirklich. Und sie liebte John. Und was noch viel schlimmer war: neben den Platz den John in ihrem Herzen einnahm, war kaum noch Platz für Danny.

Stöhnend schlug sie die Hände vors Gesicht. Was für ein Teufelskreis! Sie wollte John und Danny, Danny wollte sie, John wollte Mika... die logische Schlußfolgerung bei diesem Dilemma lag also ganz offen auf der Hand: sie sollte bei Danny bleiben! Ja, bekräftigte sie für sich selbst. Sie würde bei Danny bleiben! Ungeachtet dessen, was heute passiert war. Ungeachtet dessen, daß van Clandon es geschafft hatte, ihr klar zu machen, daß die Worte in guten wie in schlechten Zeiten, damals vor dem Altar, nicht nur einfach so dahin gesagt waren. Sie würde bei Danny bleiben.....

Und mit diesem Entschluß ging Laurie zu ihrem Schreibtisch zurück und nahm den Hörer vom Telefon in die Hand, wählte die Nummer die sie schon sooft getippt hatte und wartete das Danny mit ihr sprechen würde.

„Hey, Sweety. Schön das du anrufst.“ Unwillkürlich glitt bei dieser liebevollen Begrüßung von Danny, ein Lächeln über Lauries Gesicht. „Selber hey.“ Am anderen Ende hörte Laurie ein leises Lachen. „Na das klang ja überzeugend“, kam es heiser zurück. „Streß gehabt?“ Verblüfft sah Laurie den Hörer in ihrer Hand an. Wie konnte er nach zwei Worten schon wissen, daß ihr Tag nicht gerade rosig verlaufen war? Hatte sie sich so schlecht unter Kontrolle, daß eine Begrüßung für eine Vermutung schon ausreichte? „Ein wenig schon.“

Das war eine ganz, ganz milde Untertreibung für ihren Tag, jedoch wollte sie nicht auf die näheren Umstände dafür eingehen. Jetzt wollte sie einfach nur John und van Clandon beiseite schieben und sich von Dannys Stimme und von seinem Lachen verzaubern lassen. „Streß gibt es doch immer“, setzte sie deswegen noch unbekümmert dazu und zerstreute damit schon im Ansatz mögliche Sorgen um sie.

„Und wie läuft es bei Dir? Wie kommt ihr mit eurer Weiterbildung weiter? Ist sie interessant?“ Ein Seufzen antwortete auf ihre Frage und Laurie lächelte still vor sich hin. Weiterbildungen waren niemals interessant. Lange Konferenzsäle, ewig redende Dozenten und trockene Theorie...nein, soweit sie sich erinnern konnte, waren sie einfach nur tödlich langweilig. Bis man dann später anwenden konnte, worüber man vorher fast eingeschlafen war.

 „Es geht so.“ Laurie meinte fast ein Gähnen aus Dannys Stimme zu hören und sie stellte sich grienend vor, wie Danny auf einem dieser Hotelsessel saß, gelangweilt die Beine vor sich ausgestreckt hatte und versuchte sich zu erinnern, was denn dieser Tag positives gebracht hatte. „Lach nicht“, kam es auch sofort zurück. „Wenn du hier sitzen würdest, dann würde es dir auch nicht anders ergehen!“ Der Anfang seines Satzes war tatsächlich von einem unterdrücktem Gähnen begleitet worden, bemerkte Laurie und spürte wie aus ihrem grienen ein breites, zärtliches Lächeln wurde. Ach Danny! Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und schlug die Beine übereinander. 

 „Da hast du vermutlich recht“, schmunzelte sie vor sich hin. „Aber ich habe mich auch nicht nach Kalifornien verdrückt, um an einem Seminar teilzunehmen.“ Erschrocken schwieg Laurie über ihre ungeschickt dahin geworfene Bemerkung und schlug sich ärgerlich in dem Schweigen, daß nun an ihrem Ohr entstand, die Hand vor die Stirn. Wie konnte sie nur so etwas sagen? Keine fünf Minuten sprachen sie nun miteinander und schon hatte sie den zweiten wunden Punkt in ihrer Beziehung an gepiekt. „Es tut mir leid“, sprach sie schnell weiter, bevor Danny sich auch nur über ihre Gedankenlosigkeit äußern konnte. „So habe ich es nicht gemeint. Ich wollte damit nur sagen, daß du mir hier fehlst.“ Das Schweigen am anderen Ende nahm nun einen ganz anderen Tonfall an. „Du fehlst mir auch“, antworte ihr Danny leise auf die zweite Bemerkung und ließ die erste unter den Tisch fallen. Stille herrschte für einen Moment zwischen ihnen. Ruhe, in der keiner was sagte, aber trotzdem die unausgesprochenen Worte hin und her flossen. Wehmütig lächelte Laurie die Rosen vor sich an. Es tat gut ihn zu hören. Es wärmte ihr Herz und drückte die Sorgen ein Stück weit von ihr fort. Ihre Entscheidung bei Danny zu bleiben und John zu vergessen war eine gute Entscheidung – Laurie konnte es mit jeder Faser ihres Herzens spüren. Sie beugte sich nach vorn und zog eine einzelne von den langstieligen Blumen aus der Vase und roch daran. Rieb sich mit den Blütenblättern über ihre Wangen und stellte sich mit geschlossenen Augen vor, daß es Dannys Lippen waren, die sie dort liebkosten.

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„Und wie war dein Tag heute?“ Und obwohl es der natürlichste Satz auf der Welt war, so war es doch der Satz der - vermutlich ausgelöst von den letzten Ereignissen - ein Déjà-vu in Laurie wach rief. Ein plötzliches Rauschen erfüllte ihre Ohren und trieb Dannys Stimme von sich fort. Trieb sie zurück in ihre Küche mit John, wo sie sich selbst sah wie er sie nach ihrem Tag fragte. Das Rauschen wurde lauter und die Realität verschwand in der Erinnerung von dem Tag ihrer Trennung, wo sie über diesen einzelnen Satz sich so hochgespult hatte, daß ein Black out und eine Scheidungsforderung das Ergebnis gewesen war.

Danny sprach am anderen Ende der Leitung weiter, aber der Wind in ihren Ohren war so laut, daß sie seine Stimme nicht mehr hören konnte. Ihre Augen waren auf die fallengelassene Rose vor ihr gerichtet, doch sie sah auch sie nicht, sondern sah in ihr John. Sie sah sich selbst. Sah, wie sie John wild anfunkelte und dann mit einer Stimme sprach die ihr gehörte und doch auch wieder nicht: „Ach John, was soll das? Das hat doch gar keinen Sinn mehr mit uns. Wir streiten nur noch und ich kann einfach nicht mehr. Ich will das nicht mehr.“ Sie sah wie John seine Lippen bewegte, doch durch das Rauschen in ihren Ohren hörte sie seine Antwort nicht. Aber Laurie sah sich selbst in der Küche, sah wie ihre Lippen sich bewegten und sie diesen unvermeidlichen Satz sagte, der ihrer beider Leben so zerstört hatte: „John, ich will die Scheidung und ich will, daß du endlich gehst.“

Wieder entglitten John sämtliche Gesichtszüge und wieder starrte er sie fassungslos an.

Dannys Stimme in ihrem Telefon wurde lauter, sorgenvoller – doch Laurie hörte ihn nicht.

Sie hörte nur den Wind in seiner ohrenbetäubenden Stärke und sie sah John wie er auf sie zukam. Sie sah wie er ihre Hände nahm in die seinen nahm, sie eindringlich ansah und anfing zu reden. Plötzlich ließ das Rauschen in ihren Ohren nach und sie konnte die Worte hören, die sie damals in ihrer Wut nicht hatte hören können.

......Laurie, wir konnten beide nichts dafür! Laß uns endlich darüber reden.....Wir.....

Laurie ließ in der Gegenwart den Hörer auf den Tisch fallen und hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu. Sie wollte seine Worte nicht hören. Sie wollte nicht darüber nachdenken....

„Laurie? Laurie....!“ Dannys Stimme kam ganz leise aus dem Telefonhörer zu ihrer Seite, doch ihr Name drang nicht zu ihr durch. .....Wir konnten beide nichts dafür...!

Das war nicht wahr. Das - war - nicht - wahr! Langsam fing ihr Körper an vor und zurück zu schaukeln und so unbewußt sie das Schaukeln aufnahm, so unbewußt fing sie an vor sich hin zu summen. Immer und immer wieder. Vor und zurück.

„Laurie!“ Danny schrie nun ins Telefon und unterbrach endlich die Schwärze ihrer Gedanken.

Irritiert ließ Laurie ihre Hände von den Ohren sinken und öffnete wieder die Augen. Sah sich um. Sah das Büro um sich herum, daß wie immer eine nüchterne Distanz aufwies und den Hörer, aus dem nun wieder wesentlich leiser Dannys Stimme kam. Leiser und doch noch immer sehr besorgt. Wie aus weiter Ferne sah sie wie ihre Hände mit kaltem Schweiß überzogen waren, doch mit jedem Stück mit dem sie sich an den Hörer herantastete näherte sie sich wieder der Realität an.

 „Ich bin noch da.“ Wieder erwarten klang ihre Stimme nicht so außer Atem wie sie vermutet hatte und auch keine schiefe Tonlage trübte sie. Sie war ganz normal. So wie immer. So als ob nie etwas passiert wäre. Und genauso leicht kam Laurie die Lüge über die Lippen. „Entschuldige bitte, daß ich dich fallengelassen habe“, sie kicherte amüsiert über ihr eigenes Wortspiel – so als ob nichts passiert wäre. Als ob es die letzte Minute in ihrem Gedächtnis nicht gegeben hätte. Und es gab sie auch nicht mehr. Fort gedrückt aus reiner Willensanstrengung, vergraben in den Tiefen des Unterbewußtseins.

„Mein Chef ist gerade gekommen und hat mich damit etwas aus der Fassung gebracht. Heute hatte ich ihn wirklich nicht mehr erwartet.“ Sie nahm einen der Kugelschreiber vor sich aus dem Glas und rollte ihn zwischen ihren Fingern hin und her. Eine ganz normale Handlung, für eine ganz normale Situation.

„Aha.“ Laurie konnte nur zu gut aus Dannys Stimme hören, daß er nicht so ganz überzeugt war. „Es ist wirklich nichts“, beruhigte ihn Laurie und nun umspielte wieder ein belustigtest Lächeln ihre Lippen. „Und nichts aha. Ich würde mal sagen, daß du deinen Job schon viel zu lange ausübst, wenn du aus jedem plötzlichen fallenlassen des Telefonhörers, gleich einen Mord machst!“ Sie grinste vor sich hin und malte sich in ihren Gedanken aus, wie Danny in gespielten Ernst die Augenbrauen zusammen zog und dem Telefonhörer einen bösen Blick zuwarf. Dafür hatte sie ihn schon zu oft mit solchen Scherzen geärgert, um seine Reaktion darüber nicht voraussehen zu können. „Starr den Hörer nicht so an“, sagte sie deswegen auch und mußte nun wirklich anfangen zu lachen. „Das arme Ding kann nichts für meine schlechten Scherze.“ Dannys lachen antwortete ihr. „Woher weißt du, daß ich den Hörer anstarre?“, fragte er. Seine Stimme klang nun zwar fröhlich und unbekümmert, aber noch immer konnte Laurie eine gewisse Besorgnis aus ihr hören – wenn sie auf seine Stimmlage gehört hätte. Aber sie wollte nur auf die Worte lauschen, nicht auf das, was er sie zwischen den Zeilen fragte. „Weil“, antwortete sie ihm kichernd, „ich dich schon oft genug beobachtet habe wie du reagierst, wenn du Sticheleien über deinen Beruf zu hören bekommst.“ Ein Kichern von Danny kam zurück und eine Frage kam dazu. „Also, was hast du heute so den lieben langen Tag so gemacht.“

Da war sie wieder die Normalität. Die Fragen und Sorgen eines Alltages. Liebvolle Neckereien und zärtliche geflüsterte Worte.

„Oh, nichts besonders“, antwortete ihm Laurie und starrte dabei die fallengelassene Rose an. Von John hatte sie nur sehr, sehr selten welche geschenkt bekommen. Laurie schüttelte über sich selbst den Kopf. Wie kam sie jetzt auf den Gedanken? Warum dachte sie ausgerechnet jetzt an John, wo Dannys Stimme sie mit Alltäglichkeiten liebkoste? „Warum habe ich nur das Gefühl“, mischte sich Danny in ihre Gedanken, „daß der Tag nicht ganz so ereignislos war, wie du mir weiß machen möchtest?“ Schmunzeln und Beklommenheit. Nicht ausgesprochen, aber dennoch da.

Und Laurie in ihrem Büro, an ihrem Schreibtisch, den Kugelschreiber vergessen neben sich, die Rose vor sich sanft berührend, seufzte leise, aber noch immer hörbar für Danny, vor sich hin.

Jede Rose die sie von John bekommen hatte, war etwas Besonderes gewesen – war ein Liebesbeweis, wie er größer nicht hätte sein können. Und nur drei Tage vor ihrem Streit, hatte er ihr eine mitgebracht.....

Warum konnte sie nicht aufhören an John zu denken? Laurie schob die Rose ein Stück von sich fort, starrte sie aber weiterhin aus der Entfernung an. Hatte sie nicht Danny angerufen, weil sie sich endgültig entschieden hatte ein Leben mit ihm zu beginnen? Was sollten nun diese Gedanken aus dem Nichts von ihrem Ex Mann?

......und sie hatte sich nicht einmal für die Rose bedankt – sie hatte sie einfach nur in eine Vase gestellt und gesagt, daß das Essen gleich fertig ist.

„Laurie?“ Diesmal wußte Danny, daß seine Freundin noch am Telefon war, aber er konnte auch spüren, daß sie mit den Gedanken nicht bei ihm war. „Ich bin noch da“, wiederholte Laurie ihre Worte von vorhin, zog aber die Rose wieder zu sich hin und fuhr leicht mit den Finger über ihre Blüte. Es war Dannys Rose, rief sie sich ins Gedächtnis – und konnte sich doch nicht von John lösen.

„Laurie?“, fragte es erneuert an ihrem Ohr. „Ist alles in Ordnung mit dir?“ Leise und drängend. Mit der Rose in der Hand ließ sich Laurie wieder in die Lehne ihres Sessels fallen. Ob alles in Ordnung war? Ordnung, das war ein sehr weitläufiger Begriff, überlegte sie, während die roten Blütenblätter ihre Lippen streichelten. „Ja, bei mir ist soweit alles ok!“, gab sie automatisch Antwort. Und merkte doch im gleichen Augenblick, daß das nicht der Wahrheit entsprach. Anscheinend war es doch nicht so einfach unter John einen Strich zu ziehen. Dann sei wenigstens ehrlich zu Danny. Du hast es ihm und dir versprochen. Rede mit ihm. Erzähle ihm von van Clandon..... Du wolltest bei ihm besser machen, was du bei John verpaßt hattest. 

 „Ich möchte nicht am Telefon darüber reden. Ich erzähle dir von meinem Tag, wenn du wieder da bist, in Ordnung?“ Das war ein Mittelweg, befand Laurie – auch wenn es kein sehr fairer war Danny so in der Luft hängen zu lassen. Doch dieses Thema am Telefon zu besprechen hielt Laurie für noch viel schlimmer. Sie konnte an Dannys Schweigen hören, daß auch er nicht gerade begeistert davon war, doch er stimmte ihr schließlich zu.

 „In Ordnung“, bemerkte er, doch sie konnte hören, daß es nicht in Ordnung war. Fieberhaft suchte sie in ihren Gedanken irgend etwas was sie ihm zur Aufmunterung sagen konnte. Aber außer einem ich liebe dich, wollte ihr nichts einfallen. „Ich liebe dich auch.....“, antwortete er ihr. „Ich bin in ein paar Tagen wieder in der Stadt. Was hältst du davon, wenn wir dann gemeinsam zu Abend essen?“ „Klingt gut.“ Laurie nahm die Rose und stellte sie wieder zu den anderen. „Ich könnte für uns kochen, wenn du möchtest.“ Dannys fröhliches Lachen steckte auch Laurie in ihrer Nachdenklichkeit an. „Lach nicht“, fügte sie amüsiert über seine offensichtliche Belustigung hinzu, „ich kann kochen!“ „Oh ich weiß, daß du es kannst. Und ich werde auch sehr gerne dein Angebot annehmen.“ Danny machte eine kurze Pause. „Dann sehen wir uns also bald. Ich melde mich, sobald ich wieder im Lande bin.“ „Tu das! Ich freu mich schon drauf“, und sie meinte es genauso wie sie es sagte. Und dann, nachdem eine Weile niemand etwas von ihnen sagte, beendete Laurie das Gespräch. „Schlaf gut.“ „Du auch“, antwortete Danny ihr sofort, „ ...und träum von mir!“ Grinsend steckte Laurie den Kugelschreiber wieder in seinen Behälter zu den anderen Stiften auf ihrem Schreibtisch. „Immer.“





Re: Another year has gone by

Ich will ja nicht schon wieder unken...aber ich war vor kurzem auch auf einem Seminar und wenn ich dort in dem Raum nicht so gefroren hätte, dann hätte mein Kopf auch mit der Tischplatte Bekanntschaft gemacht *gähn*.
Ich kann Danny so gut verstehen!

Aber ich mache mir nun wirklich langsam Sorgen um Laurie. Dieser Aussetzer am Telefon und ihre Verdrängung der Gefühle für John....das gefällt mir gar nicht.
Was mir aber gefallen hat, ist Deine Beschreibung dieser Szene, dieses Wegtreten und die Satzfetzen von damals und das ganze Drumherum. Das war sehr eindrucksvoll. Du hast sehr gut die innerlich zerissene Laurie beschrieben, die in manchen Momenten weder ein noch aus weiß.

LG Eve