A David Caruso Tribute - FanFiction

Another year has gone by

Re: Another year has gone by

Verwirrung

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Drei Tage nach der Aufführung im Alley Pond Park wanderte Laurie noch immer unruhig in ihrer Wohnung auf und ab. Alles war so klar, so offensichtlich gewesen. Sie würde aus New York weggehen und ein neues Leben beginnen. Sie würde das alte hinter sich lassen und sich ganz neuen Zielen widmen.

Und dann hatte in der kurzen Pause zwischen zwei Auftritten, einem Instinkt nach gegeben und war zum Bühneneingang gegangen, von wo sie einen direkten Blick auf die Zuschauer hatte.

Atemlos und strahlend kam sie von der Bühne. Sie war so glücklich, dass alles so gut geklappt hatte, denn das war nicht ihre Choreografie gewesen, die sie heute hatte tanzen müssen. Zwar ähnlich, aber doch nicht gleich.

Zehn Minuten Zeit hatte sie nun, um in das nächste Kostüm zu schlüpfen und die blonde Perücke mit der schwarzhaarigen zu vertauschen. Zehn Minuten wo sie eine halbe Wasserflasche austrinken und die schmerzenden Beine reiben konnte.

Und während sie das Wasser trank, war plötzlich dieser Gedanke da. Ganz langsam setzte sie die Flasche ab und sah vor sich auf den Fußboden.

Sein Ordner. Er war immer da gewesen.

Aber heute konnte er nicht wissen, dass sie hier sein würde. Julias Anruf in dem sie Laurie bat für sie den Auftritt zu übernehmen, da Jimmy mit einer Doppelschicht belegt worden war, war selbst für sie so überraschend gewesen, dass er von ihrem Auftritt unmöglich wissen konnte. Laurie schaute vom Fußboden hoch und suchte den Vorhang hinter dem sich der Bühnenausgang verbergen würde. Er war schwarz, stellte Laurie diese Unwichtigkeit fest. Sie mochte kein schwarz. Dennoch konnte sie den Blick nicht von ihm nehmen und ging schließlich langsam auf ihn zu. Das Plastik der Wasserflasche bog sich unter dem festen Griff ihrer Finger.

Sie öffnete ihn nicht, stand nur davor. So dicht, dass ihre Nase fast den Stoff berührte und sie seinen muffigen Geruch aufnehmen konnte.

Er konnte von dem Auftritt nichts wissen. Er war nicht angesagt gewesen.

Sie beobachtete ihre Hand, wie sie sich wie in Zeitlupe hob und den Vorhang zur Seite schob.

„Noch acht Minuten, Laurie.“

So lange würde sie nicht brauchen. Eine Minute reichte ihr um zu wissen, dass er nicht da war. Er konnte nicht da sein.

Ihr Herz klopfte wild und ihre Finger waren kalt und klamm.

Was war, wenn er doch da war?

Die Tür öffnete sich leicht und quietschte nicht, als sie sie aufzog. Frische, kühle Luft steigt ihr in die Nase und verdrängt dort den Schweiß der Tänzer. Der Wind der ihr die klare Luft zutrug, zerrt auch an ihren Haaren und lässt es fliegen. Sie blieb wo sie war. Setzte, anstatt den Schritt in die Türöffnung zu laufen, die Wasserflasche an die Lippen und trank.

Er konnte nicht da sein.

Und er war es doch.

Ihr klopfendes Herz verdoppelte seinen Rhythmus.

Es war inzwischen fast dunkel und zu viele Zuschauer stehen zwischen ihnen, als das sie sein Gesichtsausdruck sehen kann. Nur sein Haar sieht sie im Licht der Bühnenbeleuchtung. Aber wie er da steht, wie er den Rücken durch drückt, verrät ihr, dass er es ist. Fünfzehn Jahre war sie mit ihm zusammen gewesen, wenn sie ihn nicht nur anhand seiner Körperhaltung erkannte,  dann war sie nicht die Frau, die ihn liebte.

Obwohl sein Anblick sie verunsichert, bedauert sie es, dass sie sein Gesicht nicht sehen kann. Gerne hätte sie dieses stolze Lächeln von ihm noch einmal gesehen, dass er ihr nach ihrem Auftritt auf dem Polizeiball geschenkt hatte.

Ein Scheinwerfer von der Bühne, schwenkt durch den Zuschauerraum und für einen kurzen Augenblick kann sie sein Gesicht sehen.

Aber da liegt kein stolzes Lächeln auf seinen Lippen. Statt dessen offenbart das grelle Licht wütend zusammen gekniffene Lippen und Augenbrauen, die über die schmalen Schlitze seiner Augen fast an die Nase heranreichen.

Sollte sie sich mit ihrer gerade erbrachten Leistung doch so geirrt haben? War sie doch nicht so gut gewesen wie sie dachte?

Aber dann sieht sie, wie der rote Schopf einen Schritt nach vorn geht und John eine Hand auf die Schulter seines Vordermannes legt. Sie kann nicht hören was er sagt und sie sieht auch nicht sein Gesicht während er es sagt, aber seine ganze Körpersprache drückt Unmut und Wut aus. Jessie hatte Recht! schoss es Laurie durch den Kopf. John beschütze sie noch immer!

Sie fühlt, wie ihr Tränen in die Augen schießen, denn obwohl Jessies Worte plausibel geklungen haben, und obwohl sie John und seinen Beschützerinstinkt so lange kennt, ist Wissen ein Sache. Sehen aber, eine ganz andere.

Und, was hatte ihr dieses Wissen nun gebracht? Nichts! Gar nichts! Außer dass sie verwirrter war als jemals zuvor.

Mitten im Flur, umgeben von den kahlen Wänden, blieb Laurie stehen. Und wie der Blick manchmal eine objektive Wahrnehmung preis gibt, so änderte sich auch ihre Sichtweise. Glitt von dem Vertrauten in die fremde Wahrnehmung, von der Gegenwart in die Vergangenheit, wo genau diese Wände ihr Leben mit John wiedergespiegelt hatten. Fotos hatten hier gehangen, von den verschiedenen Stadien ihre Beziehung und schließlich ihrer Ehe. Gerahmt in Bilderrahmen, die versuchten den Moment für die Ewigkeit zu bewahren und das Besondere in ihnen zu verschließen. Laurie drehte sich um ihre eigene Achse und sah auf die Wände, die nun nicht mehr in dem hellen beige gestrichen waren, welches John so sehr liebte, sondern in einem warmen Apricot das ihr Herz erwärmte. Aber im Augenblick wärmte sie gar nichts.

Mit einem tiefen Seufzen drehte sie den Wänden den Rücken zu, ging in die Küche, wo sie aus der Speisekammer eine Flasche von ihrem Lieblingswein holte und schenkte ihn großzügig in eines von ihren Weingläsern ein. Nicht in eins von diesen kleinen, normalen Weingläsern die man in den Lokalen bekam. Auch nicht in eines ihrer Wassergläser, sondern in das große Burgunderglas, welches, wenn man es richtig voll füllte, die Hälfte einer Flasche fassen konnte. Ganz so voll füllte sie das Glas zwar nicht, aber doch wesentlich voller, als üblicherweise.

Den Griff von der Schublade in der sie ihre Zigaretten aufbewahrte, fanden ihre Finger ganz von allein. Sie zog sie auf und dort, neben der Eintrittskarte für eine Buchlesung, lag sie ihre weiße Schachtel für den Notfall. Und das war ein Notfall, davon war  Laurie mehr als überzeugt. Ihre Hände zitterten und ihr Körper war so angespannt, dass er ihr schon weh tat. In ihren Gedanken herrschte ein Orkan, der nichts anderes zu tun hatte, als Verwirrung zu stiften und die Klarheit der Überlegungen durcheinander zu werfen.

Dennoch starrte sie unschlüssig auf die Schachtel. Eine Zigarette würde ihr nicht die Ruhe zurück geben, nur die Sucht nach einer weiteren anfachen. Und morgen früh hätte sie dann wieder dieses kratzen im Hals, welches ihr klar vor Augen führte, das dies nicht Lösung gewesen war. Also griff sie nach der Eintrittskarte und schloss schnell die Schublade, bevor sie es sich anders überlegte.

Sylvia hatte sie gestern gefragt, ob sie nicht Lust hätte mit ihr hinzugehen. Nachdem Andy sie schon vor drei Tagen für die wandernde Ausstellung versetzt hatte, wollte sie nicht auch noch das Risiko eingehen, die Lesung zu verpassen.

Laurie liebte Buchlesungen und sie freute sich jetzt schon auf den Tag in der nächsten Woche, wenn sie mit Sylvia in den großen, vollbesetzen Saal sitzen würde.

Sie sah wieder auf die Schublade.

Und schneller als sie selbst realisieren konnte, öffnete sie die Lade ein weiteres Mal, warf die Karte zurück und holte statt dessen die Schachtel mit dem dazu gehörigen Feuerzeug hinaus. Heftig ging Atem, als sie mit der Schachtel in der Hand da stand und heiß war der Fluch den sie ausstieß, weil sie schon wieder schwach geworden war. Wie sollte sie denn aufhören zu rauchen, wenn jedes Mal, wo sie sich verunsichert fühlte, sofort wieder zur Zigarette griff?

Trotzdem zog sie mit zittrigen Fingern eine der weißen Stangen aus dem Päckchen und zündete sie sich an.

Verdammt John. Verdammt seist du, dass du diesen Ordner angelegt hast!

Und verdammt sei sie selbst, dass sie, als sie seine Sachen zusammengepackt hatte, keinen Gedanken übrig gehabt hatte, um in den Pc zu schauen und auch von dort seine Sachen runter zu schmeißen.

Laurie senkte den Kopf und starrte auf ihre Füße. Ohne Strümpfe und ohne Schuhe waren sie nackt und ungeschützt, eine Scherbe konnte sie verletzten und sie unfähig machen weiter zu laufen. Es gab keine Scherben auf ihrem Küchenfußboden, jedenfalls keine die sie sehen konnte. Aber es gab immer Dinge an denen man sich die Füße aufreißen konnte.

Sie drehte sich wieder zu dem Weinglas auf der Ablage hin und betrachtete es ebenso unglücklich wie die Zigaretten. Wein, Zigaretten….wohin sollten diese Laster sie noch führen?

Schließlich holte sie aus dem Schrank über sich den Aschenbecher, nahm ihr Glas zur Hand und wanderte mit vollen Händen wieder zurück ins Wohnzimmer. Doch sie ging nicht gleich hinein, sondern blieb statt dessen in der Tür stehen.

Und mit der gleichen Traurigkeit mit der sie soeben noch ihr Glas Wein betrachtete hatte, glitt ihr Blick nun über die gepackten Kartons, welche teilweise ordentlich geschichtet unter dem Fenster standen, oder weit geöffnet mitten im Zimmer.

Hier verschwand ihr Leben. Wurde sorgfältig in Kisten verpackt, gestapelt und beschriftet.

Hier ruht das feine, weiße Porzellan.

Hier ruhen ihre Bücher.

Hier ruhen ihre CDs.

Und in ihren Gedanken ruht die Leere der Gegenwart und die Verwirrung um die Zukunft.

Vorsichtig stellte Laurie das Weinglas an der Wand auf dem Fußboden ab und setzt sich dann schwerfällig dazu. Der Aschenbecher findet auf ihrem Schoß einen Platz, die Zigarette ein kurzfristiges zu Hause zwischen ihren Lippen, bevor Laurie sie beiläufig über den Aschenbecher hält. Ihr Rücken lehnt an der Wand, genauso wie ihr Kopf dort seinen Platz gefunden hat.

Hier ruhen die Bilder ihres Lebens.

Hier ruhen die Vasen, die sie in ihrem Wohnzimmerschrank aufbewahrt hatte.

Hier ruhen die vielen Kleinigkeiten, welche eine Wohnung erst in ein gemütliches zu Hause verwandeln.

Sie trinkt ein Schluck Wein und betrachtete dabei die verschiedenen Aufschriften der Kartons. Kann man ein Leben so einfach in einen Karton packen? Müde verschließt Laurie die Augen vor den Kartons und zieht ein weiteres Mal an der Zigarette. Als sie die Augen wieder öffnet, sieht sie wie der bläuliche Qualm in langen Schlieren zur Zimmerdecke hinaufsteigt. Sie sollte das Fenster öffnen, denkt sie. Dennoch bewegt sie sich nicht, starrte einfach dem Rauch hinterher bis er sich aufgelöst hat und pustet dann neuen in die Luft.

Alles war so klar gewesen. Alles so offensichtlich.

Sie würde New York verlassen und für sich einen neuen Anfang starten. Vergessen, dass ein Teil ihres Herzens Danny gehörte und sie würde verdrängen, dass der Rest davon wesentlich heftiger für ihren Mann klopfte. Ihrem Noch-Ehemann. Und tief in sich selbst, für niemanden sichtbar, würde sie den Kummer und die Einsamkeit vergraben, welche sich mit dem Tod ihres kleinen Mädchens in ihrem Innersten ausgebreitet hatte.

Wir hatten keine Schuld.

Das war Logik, wusste Laurie, während sie mit zitternden Händen nach ihrem Weinglas griff um es an ihre Lippen zu führen, welche an den Gedanken an ihre Tochter nicht minder bebten. Aber es war nicht ihr Herz, das diese Wahrheit erkannte. Ihr Herz wollte beschuldigen, weil es damit der Unfassbarkeit einen Rahmen gab und die Wut den Schmerz in Grenzen hielt.

Aufsteigende Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln und begehrten zu fließen. Doch Laurie blinzelte sie fort und sog statt dessen ein weiteres Mal an der Zigarette, um sie nach danach sorgfältig im Aschenbecher zu zerdrücken. Der Aschenbecher wanderte von ihrem Schoß neben das Weinglas und die jetzt freien Arme umklammerten die angezogenen Knie, wo sich ihre Hände wie zu einem Gebet ineinander verschlangen. Ihre Augen aber, schauten noch immer auf die gepackten Kartons.

Da stand ihr Leben.

Ihr da sein.

Das was sie ausmacht.

Ein Teil von sich selbst.

Hatte sie sich selbst verpackt, als sie die Kartons einräumte? Als sie die einzelnen Teile Stück für Stück in Zeitungspapier gepackt und dann ordentlich aufeinander gestapelt hatte.

Und wenn sie die ganzen Kartons jetzt wegschmeißen würde, könnte sie dann neu anfangen, weil sie dann diesen Teil von sich entfernt hatte?

Oder würde sie das was sie selbst ausmachte wegschmeißen und es würde nichts von ihr übrig bleiben als eine leere Hülle?

Laurie griff nach der Zigarettenschachtel zu ihrer linken und zog mit fahrigen Fingern eine Zigarette aus ihr heraus. Sie zündete sie jedoch nicht gleich an, sondern trank statt dessen einen weiteren Schluck von ihrem Wein, während ihre Gedanken immer weiter wanderten.

Die Kartons waren das Bindeglied, wurde ihr plötzlich klar, als sie von dem Wein nippte. Abrupt ließ sie das Glas in ihren Schoß sinken und vergaß, dass sie in der anderen Hand ihre Zigarette hielt. Sie entglitt ihren Fingern und rollte unbemerkt über den weichen Teppich, wo sie in einiger Entfernung still liegen blieb.

Sie verkörperten Vergangenheit und Gegenwart. Machten ihr bewusst wer sie einmal gewesen war, und wo sie nun mit ihren Erfahrungen stand.

Einen Augenblick lang blieb Laurie noch still sitzen, dann aber stellte sie das Glas zu ihrer Seite ab und ging langsam zu den Kartons hinüber. Behutsam strichen ihre Finger über die Beschriftung, ganz vorsichtig, als ob sie etwas ganz besonders waren. Und wider erwarten waren sie das auch – sie bedeuteten ihr Leben!

Das Porzellan ihrer Mutter, welches sie zur Hochzeit mit John bekommen hatten.

Die Bücher, welche sie mit ihren fantasievollen Geschichten immer wieder in eine fremde Welt entführten.

Ihre CDs. Von Pavarotti bis Pop. Von Klassik bis Rock. Je nachdem in welcher Stimmung sie sich gerade befand.

Die Vasen, die sie in ihrem Wohnzimmerschrank aufbewahrt hatte. Für die Blumen, die sie so selten von John bekommen hatte.

Ihre Finger strichen über den Schriftzug mit den Bildern und verharrten dort. Alles verharrte dort. Ihre Finger, ihre Augen, ihre Gedanken. Dann stand Laurie aus ihrer gehockten Haltung wieder auf und fing an die drei Kartons herunter zu nehmen, die sie auf den untersten, jetzt im Augenblick den wichtigsten, gestapelt hatte. Immer hektischer wurden ihre Bewegungen, immer ungenauer die Stapeltechnik zu ihrer rechten. Der letzte Karton kippelte schon bedrohlich, doch sie war bei dem wichtigen angekommen und hatte keinen Blick mehr zu dem wackligen Turm an ihrer Seite, wo sich der zuletzt gestapelte Karton nun endgültig von seinem neuen Platz löste und mit einem lauten Krachen auf den Boden schlug. Gleichgültig sah Laurie zu der Kiste und nur flüchtig ging er der Gedanke durch den Kopf, ob das der Karton mit dem Geschirr war, doch dann richtete sie ihr Augenmerk wieder auf die Kiste vor sich und ging vor ihr in die Hocke.

Diesmal strichen ihre Finger über das braune Pack Band, vorsichtig und leicht, bis sie es mit einem energischen Ruck löste und den Karton öffnete.

Fotoalben von einem ganzen Leben waren hier übereinander gestapelt. In verschiedenen Farben hoben sie sich von dem Braun des Kartons ab und zeigten nur Anhand ihrer Farbe wie besonders ihr Inhalt war. Laurie nahm die obersten vier Alben raus, kehrte mit ihnen zurück zu ihrer Wand und setzte sich neben dem Weinglas und ihren Aschenbecher. Vorsichtig, damit der rote Wein keine Flecken in ihre helle Auslegware hinterließ, schob sie das Glas ein Stück weit von sich fort und  legte dann die Alben neben sich. Zwei rote, ein grünes, ein blaues.

Rücken und Kopf lehnten sich wieder an die Wand an, die Beine zog sie zu ihrem Bauch und die Lider ihrer Augen schlossen sich, während ihre Hand wie von selbst zu den Alben wanderte und dort für einen kurzen Moment verweilte.

Ihre Vergangenheit.

Laurie öffnete ihre Augen und tastete nach der einen Zigarette, die ihr vorhin aus der Hand gefallen war. Diesmal entzündete sie sie, blies den Rauch in die Luft und griff dann nach dem Glas mit ihrem Wein. Immer im Blick die Fotoalben zu ihrer Seite. Doch erst als sie das Glas wieder beiseite gestellt hatte, nahm sie das erste zur Hand.

Es war eins aus ihrer Schulzeit, wie sie schnell bemerkte, denn ihr Haar war damals um einiges länger gewesen, während das von John sehr viel kürzer als jetzt war. Lächelnd schlug sie die Seiten um, versank mit ihnen in den Jahren als Probleme noch darauf beruhten, das man am Morgen nicht wusste was man anziehen sollte, oder die größte Sorge darin lag beim Unterricht sich nicht zu Tode zu langweilen. Wer hatte eigentlich diese Bilder aufgenommen? Laurie wusste es nicht mehr zu sagen, aber im Grunde genommen spielte es sowie so keine Rolle.

In dem nächsten Einband zeigten sich Fotos, die ihren Ursprung schon wesentlich mehr in der Zukunft hatten. Es gab sogar eins, wo John mit Andy drauf zu sehen war. An diese Entstehung konnte sie sich sogar dran erinnern, denn es war an einem der seltenen Wochenenden entstanden, als sie noch studierte und John in New York bereits dabei war sich ein Leben aufzubauen. Es hatte damals keine Beziehung mehr zwischen ihnen gegeben, denn New York und Harvard waren zu weit auseinander, als das man sich häufig sehen konnte. Jeder hatte den anderen für sein privates Glück freigegeben – und doch hatten sie sich so oft wie möglich gesehen.

Ob John in der Zeit an anderes Mädchen gehabt hatte?

Jetzt nach all diesen Jahren fragte Laurie sich das, was sie vorher nicht hatte wissen wollen.

In Melancholie versunken, blätterte Laurie auch noch die anderen beiden Alben durch. Rauchte dabei noch eine weitere Zigarette und trank ihr Glas dabei zur Hälfte aus, bis sie schließlich auch das Letzte zur Seite legte.

Nachdenklich sah sie zu dem Stapel an ihrer Seite. Da lag also ihre Vergangenheit. Sie sah weiter zu den gepackten Kisten unter dem Fenster. Stand dort drüben ihre Zukunft?

Erschöpft von den vielen kreisenden Gedanken in ihrem Kopf, ließ Laurie den Kopf auf ihre Knie sinken, während  ihre Arme fest die Beine umschlangen. Ganz klein machte sie sich, so wie ein Kind, welches versucht sich vor den mahnenden Blicken der Eltern zu verstecken. Ich kann nichts sehen und keiner kann mich sehen....

Aber die Gedanken blieben, vor ihnen konnte sie sich nicht verstecken.

Oh John, warum warst Du bei dem Osteressen nur so aufmerksam und verständnisvoll? Da war der erste Riss in ihrer Entscheidung entstanden.

Warum hast du mich nur so liebevoll angelächelt, als Du meine Hand gehalten hast? Warum hast Du sie überhaupt gehalten? Wie Jessie es vorher gesehen hatte, war dies der Zweite gewesen.

Warum warst Du bei der Aufführung, von der Du nichts wissen konntest?

Mit einem Seufzen löste sie sich aus ihrer Haltung und streckte die Beine weit von sich fort. Ihre Kniegelenke knackten leise unter der plötzlichen Streckung und um ihren Beinen auch noch die letzte Spannung zu nehmen, streckte sie ihre nackten Füße weit dem Fußboden entgegen, den Blick nun wieder auf die Kartons vor sich gerichtet.

 

Die Gedanken in ihrem Kopf fanden keine Ruhe, denn genauso wenig wie sie fähig war die Vergangenheit hinter sich zu lassen, genauso wenig war sie in der Lage den Schritt in die Zukunft zu gehen. Egal in welche Zukunft.

Stöhnend ließ Laurie den Kopf wieder an die Wand sinken und starrte an die Decke hinauf.

Oh John....

Es war ein Impuls der sie dazu brachte in die Küche zu gehen und aus ihrer Handtasche den Umschlag mit ihren Namen heraus zu nehmen. Osteressen hatte Sylvia in ihrer eigenen Handschrift drauf geschrieben. Mehr nicht. Es war nicht der Umschlag der sie interessierte, als sie ihre Finger an der Gummierung entlang führte und ihn öffnete. Es waren die Bilder, die sie aus ihm hinauszog. Irgend jemand hatte sich an diesem Sonntag die Zeit genommen Fotos zu machen, die entspannte und fröhliche Atmosphäre einzufangen und dann, damit jeder eine schöne Erinnerung haben konnte, Abzüge davon machen zu lassen.

Lächelnd lehnte sich Laurie über den Tresen und betrachtete das erste Bild, dass einen Andy zeigte, wie er seine kleine Rede hielt. Ihr leichtes Lächeln wuchs schnell zu einem breiten Grinsen an, als sie sich an die Schweißperlen auf seiner Stirn dabei erinnerte. Es war nur eine einfache Kamera gewesen und der Fotograf hatte leider zu weit weg gestanden, um auch diese einfangen zu können, aber die Nervosität, die Andy bei seiner Offenbarung begleitete hatte, die hatte er hervorragend getroffen.

Sie schob es hinter das Letzte und betrachtete neugierig das Nächste. Es mochte nur eine einfacher Fotoapparat gewesen sein, der offensichtlich keinen Zoom besaß, aber der Fotograf hatte ein gutes Auge für den Augenblick und er hatte die dort herrschenden Stimmung so echt auf das Zelluloid gebannt, dass Laurie das Gefühl hatte wieder an diesem Tisch zu sitzen und den Unterhaltungen zu lauschen. Es gab sogar ein Foto von John und ihr, wie sie sich unterhielten.

Sie legte die restlichen Abzüge neben sich auf die Platte, während sie das Bild eingehender betrachtete und versuchte herauszufinden, wann es entstanden war. Nach dem Gespräch würde sie tippen, denn sie hielt ein Wasserglas in der Hand. Und Wasser hatte sie erst getrunken, nachdem sie während des Gespräches ihren Wein ausgetrunken und John ihr Glas mit Wasser nachgefüllt hatte.

Nachdem sie sich über den Zeitpunkt im klaren war, betrachtete sie die beiden Personen darauf genauer. Sie sahen glücklich aus, befand sie. Aber das war nicht gerade ein Wunder, wenn man bedachte was für einen Streit sie gerade hinter sich gebracht hatten, so konnte der darauf folgende Gesichtsausdruck nur von Freude sprechen.

Ihre Finger strichen über die feinen Lachfältchen um Johns Augen.

Lachfältchen? Laurie hob das Foto näher zu sich heran und studierte es genauer. Tatsächlich, sie waren wirklich da und nicht aus einer Erinnerung heraus entstanden, dass sie da sein müssten. Aber wenn sie die Fältchen um seine Augen sehen konnte, wie nah war der Fotograf dann bei ihnen gewesen? Einen Meter? Das würde heißen, dass er auf der anderen Seite des Tisches gesessen hatte - und sie hatten es beide nicht bemerkt?! Wie konnte man denn nicht bemerken, wenn keinen Meter von einem plötzlich ein Blitz aufleuchtete?

Aber es war ihnen nicht aufgefallen. Sie würde sich dran erinnern, wenn jemand sie versucht hätte zu fotografieren! Und so wie John sie auf dem Foto anlächelte, konnte sie davon ausgehen, dass auch er es nicht bemerkt hatte.

Verblüfft ließ Laurie das Foto wieder sinken – nur um es sogleich wieder zu ihren Augen zu heben. Etwas anders war ihr gerade ins Auge gesprungen, etwas, dass sie beim flüchtigen Betrachten gar nicht wahrgenommen hatte, aber dass sich ihr jetzt so auffällig darbot, dass sie sich fragte, wie sie es bisher hatte übersehen konnte.

Es war die Art wie sie sich ansahen. Fast so, als ob das Lächeln nur eine Begleiterscheinung war.

So schnell sie konnte, trugen ihre Füße sie zurück ins Wohnzimmer, wo sie sich auf den Boden sinken ließ und das letzte der Fotoalben noch einmal aufschlug. Wie im Fieber blätterte sie die Seiten durch, bis sie zu dem Bild kam, welches sie schon vorhin so aufmerksam studiert und wo ihre Finger in zarter Melancholie drüber geglitten waren. Dicht brachte sie die Nase an das Album heran, dann nahm sie das Foto von dem Osteressen wieder zur Hand und betrachtete auch dieses. Legte beide Bilder schließlich nebeneinander, damit sie den direkten Vergleich hatte.

Aber sie hatte sich nicht geirrt. Auf beiden Fotos trugen John und sie den gleichen Gesichtsausdruck, sprachen dieselbe Körpersprache – der einzige Unterschied war, dass eins von den Bildern gerade erst aufgenommen war. Fünfzehn Jahre nach Entstehung des Bildes aus dem Fotoalbum.

Es war noch da?

Es war noch da!

Nach allem was passiert war?

War es doch noch da?

Laurie ließ sich zurücksinken und kam auf ihren Fersen zu sitzen, betrachtete nun aus der Ferne die beiden Bilder, die so ungleich waren und doch einander so ähnlich.

Ein freudiger Hoffnungsschimmer blitze in ihr auf und brachte ihr Herz dazu vor Begeisterung unkontrollierte Hüpfer zu machen. Doch schon nach kurzer Zeit senkte sich eine neue Nachdenklichkeit über diesen Ansturm aus Freude. Es hatte Gründe dafür gegeben, dass sie sich voneinander entfernt hatte und auch die Tatsache, dass noch immer eine Verbindung zwischen ihnen Beiden bestand, hieß nicht das Lösen des Problems.

Nachdenklich sah sie zu den aufgestapelten Kartons zu ihrer Seite. Ihr Sein, ihr Leben. Für einen Moment vergrub Laurie ihren Kopf zwischen den Händen. Ihre Vergangenheit und ihre Zukunft. Sie sah wieder zu den Kisten und stöhnte leise vor sich hin. Die Verbindung zwischen ihnen bestand noch – das Bild besagte es ganz eindeutig - war es dann nicht einen Versuch wert für eine gemeinsame Zukunft zu kämpfen?

Aber wollte John denn dafür kämpfen? Eine Menge Zeit war vergangen, in der bestimmt auch er sich Gedanken über sie gemacht hatte. Was war, wenn er festgestellt hatte, dass es zwar schön war das sie noch Freunde waren, aber nicht mehr?

Und trotz dieser ernüchternden Überlegung, stand Laurie auf und begann die Kisten wieder auszuräumen.





Re: Another year has gone by

Ein fiktives Gespräch

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In der Nähe seines Schreibtisches stand Andy am Fenster und sah durch die milchigen Scheiben gedankenverloren auf die Straße hinab.

John saß hinter ihm an seinem Platz und hämmerte mit entnervender Langsamkeit auf die Tasten seines Computers und weiter hintern hörte er James mit Medavoy sprechen. Ansonsten war es heute in der Etage der Detectives relativ ruhig und nur selten verirrte sich nur selten ein Zivilist zu ihnen.

Andy hätte auch was tun können, die Arbeit auf seinem Schreibtisch wartete schon seit geraumer Zeit auf ihn, doch er war im Augenblick nicht in der Stimmung, um auch nur ein Blatt anzufassen. Statt dessen trank er lieber einen Schluck von seiner Diät Cola und beobachtete die Passanten auf der Straße, wie sie nach dem kurzen Regenschauer ihre Schirme wieder zusammenklappten und eilig ihrer Wege zogen.

Hinter ihm klingelte das Telefon, doch es war nicht das, welches auf seiner Seite des Tisches stand und so bewegte Andy sich nicht. John jedoch beendete das Klingeln indem er den Hörer abnahm und sich mit seinem Namen meldete.

„Kelly?“ Es folgte eine kurze Pause in der John lauschte und dem dann ein erfreuter Ausruf folgte, der Andy zusammenzucken ließ. Doch nicht etwa weil die Stimme seines Freundes dabei so laut geworden war, sondern weil John die einzige Person begrüßte, welche seinen ganzen Plan für heute zum Scheitern bringen konnte.

„Rose!“

Wenn Rose John auf der Arbeit anrief hatte sie ein Anliegen und das bedeutete zu 97 % das er das Revier verlassen würde. Andy erstarrte auf der Stelle und traute sich aus Angst, dass er wichtige Teile des Gespräches verpassen konnte,  sich nicht einmal mehr sich zu bewegen. Bitte nicht heute, betete er stumm. Aber da hörte er schon, wie John wie John lächelnd seine Zustimmung gab.

„Natürlich werde ich sie begleiten!“

Alles was bisher noch nicht in Andy erstarrt war, holte es nun mit unglaublicher Geschwindigkeit nach. Steif stand er am Fenster, lauschte den Worten des Freundes, während seine Gedanken in außerordentlicher Geschwindigkeit anfingen zu rasen. Und dann doch nur bei einem Punkt ankamen – er musste sofort mit Sylvia sprechen.

Abrupt drehte er sich vom Fenster weg, lächelte John einmal kurz zu und versuchte dann mit so gemächlichen Schritten, wie es ihm in seiner Eile möglich war, den Raum zu verlassen. Sein Ziel war das Verhörzimmer von dem er wusste, dass es im Moment nicht genutzt wurde. Doch kaum war er aus Johns Sichtweite, fing er an seine Schritte zu beschleunigen und damit der Eile in sich nachzugeben, die bei ihm mit der Nennung von Rose ihren Namen und dem des Juweliers in ihm aufgekommen war.

Vor lauter Ungestüm riss Andy die Tür fast aus den Angeln, als er den Raum betrat, aber es schien ihm jetzt unmöglich die Hast in ihm zu unterdrücken. Sein Plan – ihr Plan – war gerade dabei den Bach hinunter zu gehen. Eine Woche Arbeit und ewiges nachdenken umsonst? Nein, Andy wollte nicht, dass sie jetzt, so kurz vor dem Ziel, noch irgend etwas dazwischen kam.

Ungeduldig wartete er, dass Sylvia an ihr Handy ging, doch das monotone Tuten in der Leitung verschwand nicht. Er ging wieder zurück zu Tür und linste durch den Spalt den er offen gelassen hatte. Nicht dass er John von hier aus sehen konnte, aber wenn er ganz genau hinhörte, dann konnte er, zwar nur leise und sehr entfernt, seine Stimme hören.

„Hey Andy!“ Endlich hatte Sylvia ihr Handy gefunden und er stieß erleichtert die Luft aus.

„Hat sie die Karte?“, begrüßte er seine Freundin, ganz auf seinen Plan konzentriert und ganz vergessend, das ein privates Telefonat mit seiner Freundin doch etwa anders beginnen sollte. Ein leises ungläubiges Lachen antwortete ihm. „Ich freu mich auch deine Stimme zu hören, Andy! Es ist mir jedes Mal ein Vergnügen, wenn du mit der Tür ins Haus fällst:“

„Tut mir leid“, antwortete ihr Andy zerknirscht und er war es auch, auch wenn er jetzt die Tür ein Stück weiter öffnete und den Kopf hinaus streckte. Und in dem Augenblick sagte John genau das was er die ganze Zeit schon befürchtet hatte, nämlich dass sie sich ein einer Stunde auf der Fith Avenue treffen könnten. NEEIN. Das ging nicht! Das ging ganz und gar nicht! Der Schweiß brach Andy aus den Poren und er fingerte mit der freien Hand in der Hosentasche nach seinem Taschentuch.

„Andy?“ Sylvias Stimme brachte ihn wieder zurück in das hier und jetzt. „Bist du noch da?“

„Ja, bin ich“, keuchte er atemlos nur vom Zuhören von Johns Telefonat. „Sylvia, sei mir jetzt bitte nicht böse, aber hat Laurie die Karte für die Buchlesung heute Abend?“

„Ja, hat sie. Andy, ich habe dir doch schon längst erzählt, dass ich sie ihr letzte Woche gegeben habe! Was ist denn los mit dir? Warum rufst du mich an, wenn du mit den Gedanken ganz woanders bist?“

„Es tut mit leid“, wiederholte Andy reumütig, während er die Tür schloss und zu dem Tisch ging, wo er sich mit einem tiefen Seufzen auf einen der alten Stühle setzte. „Hier taucht gerade ein unerwartetes Problem auf. In dem Augenblick telefoniert John gerade mit Mrs. McKenzie und sie wollen sich in einer Stunde treffen!“ Er stützte sich mit dem Ellenbogen auf den Tisch auf und rieb sich verzweifelt über die Stirn. „Wenn wir ihm jetzt die zweite Karte geben, und nicht wie wir geplant hatten zum Feierabend hin, dann könnte er auf den Gedanken kommen sie seiner Freundin zu geben, wenn er sich nachher mit ihr trifft.“

„Aber Laurie kennt doch diese Mrs. McKenzie gar nicht“, wandte Sylvia ein, „John würde doch niemals eine fremde Frau zu ihr schicken, um mit ihr den Abend zu verbringen!“

„Nein?“

„Nein, ganz bestimmt nicht. Komm schon Andy, es wird schon gut gehen. Du wirst sehen, er wird mit Laurie zu der Buchlesung gehen und es wird sich genau das ergeben was du dir erhoffst!“ Sylvias Stimme an seinem Ohr klang so sanft, so verständnisvoll, so das Andy sich nur allein von ihr schon getröstet fühlte. „Du hast recht!“ Andy setzte sich in seinem Stuhl kerzengrade auf und reckte vor Trotz sein Kinn zur Decke. „Es wird gut gehen. Also, nur noch einmal für mich zur Bestätigung, Laurie hat die Karte und wird heute Abend zu der Buchlesung gehen?“

Nein er würde sich nicht von den widrigen Umständen unterkriegen lassen. Er hatte einen Auftrag und den würde er erfüllen!

Doch anstatt ihm Sylvia auf seine Frage, entweder entnervt oder belustigt, antwortete, herrschte Schweigen in der Leitung. Und zwar für so lange, dass Andy sich fragte, ob er mit der Wiederholung nicht doch übertrieben hatte.

„Sylvia?“

„Was meinst du damit du hast einen Auftrag?“ Ihre Gegenfrage klang merklich verwirrt und Andy zuckte unter ihr zusammen. Unstet wanderte sein Blick über die kahlen, verputzten Wände des Zimmers, dieweil seine Gedanken rasten. Sollte er seinen Gedanken gerade laut ausgesprochen haben?

Sylvias Stimme am anderen Ende erholte sich von der Überraschung und wechselte nun in die Skepsis. „Einen Auftrag?“, wiederholte sie. „Andy wovon redest du? Was für einen Auftrag und wer hat dir den erteilt?

Verdammt! Er spürte wie seine gerade wiedergewonnen Selbstsicherheit wieder anfing zu bröckeln. Was sollte er denn jetzt sagen? Sein Pakt mit Amor war sein Geheimnis und niemals hatte er darüber gesprochen. Sylvia würde ihn für verrückt erklären, wenn er ihr jetzt von seiner Fantasie erzählte, dass er Amors Gehilfe war bei dem Versuch John und Laurie wieder zusammen zu bekommen. Naja, er tat es ja ganz offensichtlich, aber sie konnte ja nicht wissen, wie er sich selbst bei Laune hielt, um bei der Sturheit der Beiden nicht das Handtuch zu werfen.

„Andy? Bist du noch da?“

Verzweifelt suchte Andy nach einer plausiblen Erklärung womit er das Wort Auftrag vertuschen konnte. Doch auf die Schnelle wollte ihm einfach nichts einfallen und Sylvias Stimme, welche am Anfang noch verwirrt geklungen hatte, hatte jetzt einen eindeutig fordernden Tonfall angenommen und das machte ihm die Suche nach einer Ausrede nicht sehr viel einfacher. Er sollte ins kalte Wasser springen und es ihr einfach sagen. Das hatte bei dem Osteressen ja auch funktioniert, warum nicht auch hier? Dann wusste sie wenigstens gleich in was für einen Mann sie sich verliebt hatte – einen der die Stimme des Liebesgottes hören konnte.

„Amor hat mir diesen Auftrag erteilt!“ Schweigen antwortete ihm und Andy lächelte still vor sich hin, als er sich Sylvias Gesicht bei dieser Offenbarung vorstellte. „Also nicht wirklich“, beeilte er sich noch hinzu zu setzten, bevor sie in Betracht ziehen konnte eine Irrenanstalt anzurufen und ihn dort einweisen zu lassen. „Bei dem kolossalen Streit den John und Laurie hatten, kam mir irgendwann in den Sinn, dass Amors Pfeile nicht mehr so richtig funktionieren können. Wahrscheinlich sind die Spitzen im Laufe der Zeit stumpf geworden und haften nun nicht mehr richtig. Also habe ich mir vorgestellt, dass ich sein Gehilfe bin, der ihn unterstützt!“

Noch immer sagte Sylvia nichts.

„Nirgendwo steht geschrieben, dass Amors Gehilfe ein Adonis sein muss“, setzte Andy zu seiner Verteidigung noch hinzu, „oder das er selbst fliegen kann!  Und da ich gerade zur Stelle war, habe ich mich halt bereit erklärt ihm zu helfen.“

Stille. Und dann prustete Sylvia so laut los, das Andy erschrocken das Handy vom Ohr riss, bevor er in die Gefahr lief von ihrem lauten Lachen taub zu werden.

Sie lachte noch immer, als sie hörbar nach Luft schnappte um etwas dazu sagen zu können. Doch wider Erwarten erklang in Andys Ohr kein Du Spinner, statt dessen sagte sie nur äußerst liebevoll: „Andy du bist mein Held! Amors Gehilfe!“, kicherte sie. „Der ist gut! Himmel, ich wusste gar nicht wie langweilig mein Leben war, bevor ich mit dir zusammen gekommen bin.“

Erleichtert, dass Sylvia seine Fantasie mit Humor nahm, stieß Andy die kleine Wolke Atem aus, welche sich in der letzten Minute in seiner Lunge niedergelassen hatte.

„Also“, grinste er dann in den Hörer, „Laurie hat also die Karte schon seit letzter Woche. Ist sie denn schon weg?“

„Ja. Sie ist vor einer halben Stunde gegangen, um sich ein neues Handy zu kaufen.“ Ein letztes Schmunzeln vibrierte in ihrer Stimme mit, das jedoch schnell wieder verschwand, als sie sich dem letzten Teil des Planes zuwandten. „Und bevor du mich jetzt gleich fragst, was aus dem Antrag geworden ist, den sie bei ihrem Chef gestellt hat um eins für die Überbrückung zu bekommen bis sie wieder ein eigenes hat, dann kann ich dir sagen, dass dieser auf Eis liegt. Kendra schuldete mir noch einen Gefallen und sie hat den Antrag diskret in einer Schreibtischschublade verschwinden lassen.“

„Sehr gut“, schnurrte Andy, „ich wusste doch, dass ich in dir eine fähige Verbündete habe. Jetzt müssen wir also nur noch John die zweite Karte zuspielen. Kannst du gleich rüber kommen? Ich weiß nicht, ob John noch einmal reinkommen wird, wenn er sich jetzt mit Mrs. McKenzie trifft.“

„Eigentlich kann ich zur Zeit überhaupt nicht hier weg“, seufzte Sylvia und Andy konnte sich nur zu gut vorstellen, wie sie dabei über den Papierwust auf ihrem Schreibtisch schaute. „Aber ich sehe zu was ich machen kann, ok?“

„In Ordnung. Aber lass dir nicht zu viel Zeit, ich weiß nicht wie lange John noch da ist“, und dann setzte er noch mit einem Lächeln hinzu: „Amor wäre stolz auf dich!“ In ihrem Lachen das auf seine Neckerei folgte, beendete Andy die Verbindung. Sylvia würde kommen so schnell sie nur konnte, wusste er, denn auf dem Grund ihrer Seele war sie auch ein Engel – auch wenn sie manchmal etwas spitze Zähne besaß.

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Sylvia brauchte wirklich nicht lange, bis sie mit dem scheinbaren Ziel mit Andy über einen ihrer Verbrecher zu reden, auf dem Revier auftauchte.

John war zu dem Zeitpunkt ihres Eintreffens gerade nicht auf der Etage und so brauchten sie nicht ein Gesprächsthema vorzuschieben, an denen sie sowieso kein Interesse hatten, sondern konnten ganz in Ruhe noch mal ihren Plan durchsprechen.

„Meinst du das funktioniert?“, wollte Sylvia noch einmal von Andy wissen, denn obwohl sie in der letzten Woche kaum ein andere Unterhaltung geführt hatten, enthielt ihr Plan einfach zu viele unsichere Variablen. Sicher, John hatte Andy bisher jeden Gefallen erwiesen um den er ihn gebeten hatte. Und ja, John war sensibel genug, um zu wissen, wie wichtig Andy sein Sohn aus seiner vergangenen Ehe war und das er nur sehr ungern zu einem Treffen allein gehen würde.

Aber im Gegenzug wussten sie beide auch, dass zwischen Laurie und ihm einfach schon zu lange Funkstille auf der privaten Ebene herrschte, als das sie sicher gehen konnten, dass John ohne mit der Wimper zu zucken Laurie zu der Lesung begleiten würde.

„Ich weiß es nicht“, seufzte Andy und widerstand der Versuchung in Sylvias Hand Hoffnung zu schöpfen. „Wenn wir ihm die Karte heute Abend kurz vor Feierabend hätten geben können, dann bin ich sicher, dass wir ihn hätten überzeugen können. Aber so liegt einfach zu viel Zeit dazwischen, wo er es sich anders überlegen kann.“

„Vorsicht er kommt….“ Sylvia, welche den Blick zur Tür hatte, sah wie John hineinkam und mit Donna ein paar kurze Worte wechselte. Schnell trafen sich ihre Augen noch mal mit denen von Andy. „Wenn er nicht mit Laurie dorthin geht…“, flüsterte sie und hob drohend den Finger, „…dann man Freund, dann schuldest Du mir einen so großen Gefallen wie du es dir nicht vorst….

Ach Andy, jetzt mach dir doch nicht so viel Sorgen darum“, seufzte sie auf einmal und trat einen Schritt näher an ihn heran. „Es wird schon schief gehen.“ Absolut die falschen Worte um Andy zu beruhigen, aber sie waren schon lange sorgfältig ausgesucht worden, um dieses fiktiver Gespräch zu beginnen. Für Andy jedoch, der mit einem Themenwechsel zwar durchaus gerechnet hatte, kam er doch ein weinig zu abrupt.

Verwirrt blinzelte er Sylvia an, die ihm unauffällig auf den Fuß trat. Ein deutlicheres Stichwort konnte sie ihm nicht liefern, denn John kam in dem Augenblick zu seinem Schreibtisch.

„Hallo John!“, begrüßte Sylvia ihn, gleichzeitig hoffte sie, dass die Begrüßung seines Partners Andy aus seiner Überraschung riss und er seine Stummheit überwand. „Hey“, lächelte John zurück, doch bevor er noch was hinzu setzen konnte, hatte Andy seine Sprache wieder gefunden und er griff nach Sylvias Hand, um ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken.

„Es wird schon schief gehen????“, beschwerte er sich und plusterte sich dabei auf wie ein kleiner, gelber Kanarienvogel in der Mauser. Er trat einen Schritt zur Seite und schob Sylvia gleichzeitig mit dem Rücken zu seinem Schreibtisch. Für einen zufälligen Beobachter mochte es so aussehen, als ob er ein weiteres Gespräch zwischen Sylvia und John unterbinden wollte. Doch der Platzwechsel diente einzig und allein dafür, um John im Blickfeld zu haben.

„Wie kannst du sagen es wird schon schief gehen? Wenn ich nur an heute Abend denke, wird mir schon ganz flau im Magen! Weißt du wie lange ich meinen Sohn schon nicht mehr gesehen habe?!“

„Andy, er ist keine acht mehr und er wird dir ganz bestimmt nicht den Kopf abreißen, nur weil du dich von seiner Mutter getrennt hast. Wie alt ist er? Fünfzehn?“ Sylvia schüttelte den Kopf. „Ich bitte dich, das ist doch ein Alter wo sich durchaus schon vernünftig über die Vergangenheit unterhalten kann!“ 

„Woher willst du das wissen?“, fragte Andy ungehalten nach, dabei glitt sein Blick unauffällig über Sylvias Schulter zu John hinüber. Sein Partner sah sie zwar nicht an, dennoch war Andy sich sicher, dass John jedes Wort der leise geführten Unterhaltung zwischen ihm und Sylvia mitbekam. Andeutungsweise nickte er Sylvia zu und signalisierte ihr damit, dass ihr Plan bis zu dieser Stelle aufging.

„Hast du ein Kind? Oder hast du schon Erfahrungen in einer Ehe gesammelt, dass du dir einen solchen Spruch erlauben kannst?“

„Ja!“

Verblüfft prallte Andy zurück und starrte Sylvia aus weit aufgerissenen Augen an. „Was?“, flüsterte er fassungslos. Das hatte er jetzt nicht gewusst.

„Ich sagte Ja“, wiederholte Sylvia ruhig, „ich habe eine gescheiterte Ehe hinter mir und es hat sehr lange gedauert, bis wir wieder miteinander gesprochen haben. Und das nur aus falschem Stolz, weil keiner von uns beiden bereit war über seine Fehler zu reden.“

Trotzig hatte sie ihr Kinn in die Luft gestreckt, doch die Augen mit dem sie ihn ansah waren liebevoll und sanft. „Mach nicht den gleichen Fehler mit deinem Sohn. Er ist noch so jung und noch so leicht zu beeinflussen. Geh, fasse dir ein Herz und rede mit ihm. Er mag vielleicht widerspenstig sein, oder auch wütend auf dich, weil er sich von dir im Stich gelassen fühlt. Aber er ist dein Sohn, Andy.“ Sie griff nun mit beiden Händen nach den seinen und drückte sie zärtlich, und Andy sah auf ihrer beider Hände hinab.

„Ich will ja mit ihm reden“, sagte er dann kleinlaut, unterdessen er gedankenvoll mit den Daumen über ihren Handrücken strich. „Aber ich habe Angst.“ Seine Stimme war nur sehr leise für Sylvia zu verstehen. Sie sagte nichts, verstärkte nur den Druck ihrer Hände.

„Kannst du nicht mitkommen?“, fragte er schließlich kaum hörbar.

Wo war inzwischen der Unterschied zwischen einem realen Gespräch und einem fiktiven? Auch wenn Andy eigentlich gar nicht vorhatte sich heute Abend mit seinem Sohn zu treffen, so waren die Gründe über die sie sich gerade unterhielten keine erfundenen.

Wenigstens kannte Sylvia noch ihren Text. „Andy, schau mich an.“ Sie wartete bis er den Blick zu ihr gehoben hatte. „Ich werde jedes andere Mal, wenn ihr euch treffen wollt mitkommen. Das verspreche ich dir bei allem was mir heilig ist. Aber heute Abend kann ich nicht. Ich habe…. Andy, bitte…mach es mir doch nicht so schwer.“ Abermals wartete sie bis er den bereits wieder vor Enttäuschung gesenkten Blick ein weiteres Mal zu ihr hob.

„Aber ich kann heute Abend nicht. Ich bin mit Laurie zu der Buchlesung verabredet.“

„Du kannst sie doch anrufen und absagen!“ Eine erste Hoffnung schwang in seiner Stimme für eine Verabredung mit, die es so gar nicht gab.

Sylvia lachte leise auf. „Du bist ja nett, ich soll vier Stunden vor Beginn ihr sagen, dass sie allein hingehen muss?“

„Du sagst ihr einfach, dass dir was dazwischen gekommen ist und dann hat sie noch immer vier Stunden Zeit jemanden zu finden der mit ihr dahin geht!“ Die Hoffnung ließ Andys Stimme lauter werden und Sylvias Lachen herzlicher.

„Ich kann ihr nicht absagen, Andy. Mach dir keine falsche Hoffnung“, Sylvias Finger strichen zärtlich über seine Krawatte, während sie ihn mit schräg geneigtem Kopf ihr aufrichtiges Bedauern darüber bekundete. „Aber nachdem Laurie nun schon so lange auf das Arbeitshandy wartet und sich da einfach nichts tut, hat sie heute beschlossen sich ein Neues kaufen zu gehen. Wir holen es einfach ein anders Mal nach, ok?“

Nein, das war absolut nicht ok, aber das war der Plan. John an seinem Schreibtisch, hatte sich bereits zurückgelehnt und schenkte ihrer Unterhaltung schon wesentlich mehr Aufmerksamkeit als noch zuvor.

„Sie ist nicht mehr im Büro? Habt ihr denn keine Arbeit mehr?“ Andy mußte über seinen eigenen Witz lachen, kannte er doch nur zu genau, diese ewigen Papierstapel auf ihren Schreibtischen. Und handelte sich damit einen liebevollen Stoß von Sylvia ein, der nicht ganz so sanft ausfiel, wie man es von einer verliebten Frau erwarten sollte.

„Blödmann“, brachte sie auch noch verbal zum Ausdruck was sie von seinem Scherz hielt. Andy griff nach ihren beiden Händen und hielt sie fest. „Nicht böse sein, ich weiß ja das ihr viel Arbeit habt, war nur ein Scherz.“

John lächelte und Andy leitete den nächsten Teil ihres Plans ein  - das schlechte Gewissen.

„Ruf sie doch zu Hause an!“, schmeichelte er Sylvia, jetzt wieder ganz in seiner Rolle des Intriganten. „Ach Andy“, seufzte Sylvia und verkniff sich das Lächeln, als sie bemerkte, dass nun die letzte Phase eingeleitet wurde. Wenn John jetzt nicht von sich aus anbiss, dann blieb nur noch die direkte Frage, ob er Laurie begleiten wollte. Er würde es tun – da war Andy ganz sicher gewesen. Aber es war dann keine freiwillige Entscheidung und dann hieß es auch nicht, dass der Abend jene Früchte trug, welche sie sich erhofften. Unabhängig von einander flehten Andy und Sylvia Amor an, seine Pfeile doch wenigstens ein bisschen anzuspitzen.

„Das geht doch nicht. Du weißt doch, dass es runter gefallen und damit kaputt gegangen ist.“ Mit Absicht betonte sie das Wort runtergefallen so, als ob sie nicht so Recht an Lauries Version glaubte. Natürlich glaubte sie nicht daran, immerhin hatte sie ihr die Wahrheit in mühevoller Kleinarbeit bei einem gemeinsamen Kaffee, aus der Nase gezogen. Jedenfalls jenen Teil der Wahrheit, dass Laurie versucht hatte John anzurufen, aber er einfach aufgelegt hatte. Warum sie versuchte ihn zu erreichen, hatte Laurie ihr nicht erzählt, doch Sylvia vermutete, dass sie sich bei John für ihr Verhalten entschuldigen wollte.

„Jedenfalls hat sie die ganze Anlage in die Werkstatt gebracht. Wahrscheinlich hegt sie die Hoffnung das sie noch zu reparieren ist.“

Andy linste ein weiteres Mal unauffällig über Sylvias Schulter und sah John wie er vergnügt vor sich hin grinste. Bis ihm einfiel, dass wenn Laurie die ganze Anlage in die Reparatur gebracht hatte, auch kein Anrufbeantworter mehr da war. Das Lächeln verschwand wieder aus seinem Gesicht und hinterließ Nachdenklichkeit.

Dafür aber schlich sich ein feines Lächeln auf Andys Gesicht. Der Fisch war schon ganz in der Nähe des Hakens. Er konnte regelrecht hören, wie es in Johns Gehirn anfing zu arbeiten, wusste er doch, wie wichtig Andy sein Sohn war. Das war der Punkt, und damit der Dreh und Angelpunkt des ganzes Plans den Andy zusammen mit Sylvia entworfen hatte. 

„Komm schon Sylvia, du willst mir doch nicht erzählen, dass Laurie so gar nicht erreichbar ist? Es gibt doch bestimmt ein Handy was sie vom Büro bekommen hat?“ Andy gab seiner Stimme einen bewusst skeptischen Ton. „Andy, hast du mir gerade nicht zugehört? Nein, sie hat kein Handy vom Büro! Du weißt doch selbst wie langsam Bürokratie sein kann!“ Vor allen Dingen wenn der Antrag darauf so ganz nebenbei in einer Schublade verschwunden war. Sylvia kicherte noch ein wenig in sich hinein, wurde dann aber schnell wieder ernst. Während sie einen imaginären Fussel von seinem Ärmel strich, schaute sie bedauernd zu ihm auf. „Andy, es tut mir wirklich leid. Ich wäre wirklich, wirklich  gerne heute Abend mitgekommen. Aber du siehst selbst, dass es nicht geht. Ich kann Laurie nicht einfach so hängen lassen!“

Das waren nun die abschließenden Worte, die John eigentlich dazu bringen sollten, aufzustehen und Sylvia anzubieten, dass er für sie hingehen würde. Aber John blieb sitzen.

Ratlos schaute Andy seine Freundin an. Und jetzt?

Jetzt ging Sylvia noch einen Schritt weiter. Sie trat ganz dicht an Andy heran und flüsterte laut genug für John, in Andys Ohr: „Sei nicht traurig, dass ich nicht mitkomme….“,  sie hauchte ihm einen Kuss aufs Ohr, der Andy erschauern ließ. „…aber wenn du dich heute Abend mit deinem Sohn triffst, dann tu mir bitte ein Gefallen….“

„Welchen?“ Andys Stimme war, abgelenkt von Sylvias Zärtlichkeit, nicht mehr als ein undeutliches Murmeln. „Versuche deine Tollpatschigkeit ein wenig zu zügeln und nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen.“

„Wer ist hier tollpatschig?!“ Zum zweiten Mal bei ihrem Gespräch vergaß er den Grund warum sie es führten. Entrüstet schob er Sylvia von sich fort. Tollpatschig?  Er?

 „Du bist es!“ Und diese Stimme gehörte nun endlich John, welcher sich inzwischen zu ihnen gesellt hatte. „Wenn du magst, Sylvia, dann kann auch ich heute Abend Laurie begleiten. Und du kannst dafür sorgen, dass dieser Detective hier“, sein Finger stocherte auf Andys Brust herum, „das er nicht jedes Fettnäpfchen mitnimmt, was sich ihm in den Weg stellt.“ „Hey...“, pikiert trat Andy nun auch einen Schritt von John zurück. „Oh, das wäre wirklich lieb von dir!“, fiel Sylvia Andy ins Wort, bevor Andy diese Anschuldigung noch weiter vertiefte. Mach jetzt keinen Unsinn, warnte sie ihren Freund nur mit den Augen. Wir haben John da wo wir ihn haben wollten, jetzt halt um Gottes Willen deinen Mund!

Und Andy schwieg. Wiederwillig zwar, und er schnappte noch ein paar Mal entrüstet nach Luft, aber er hielt den Mund.

„Ich wär dir wirklich dankbar, wenn du das tun könntest, John. Ich würde Andy wirklich sehr gern begleiten.“ Noch während sie sprach, war sie bereits damit beschäftigt die Karte aus ihrer Handtasche zu ziehen und John somit die Möglichkeit zu verweigern, dass er es sich doch noch einmal anders überlegen konnte.

„Kein Problem, wenn ich euch damit helfen kann!“, sagte er und nahm im selben Atemzug die Karte entgegen.

„Das kannst du, ganz eindeutig!“ Sylvia hätte dem gern noch etwas

hinzugefügt, aber zu Andys Glück mischte sich Donna in ihr Gespräch ein.

„Detective Kelly? Da ist noch einmal eine Mrs. McKenzie für sie am Telefon!“ Mit ihren riesigen blauen Augen sah sie fragend zu John hinüber, der auch sofort zustimmend nickte. „Danke Donna. Stellen sie ruhig durch“, und dann noch einmal zu Andy gewandt: „Du kannst wirklich von Glück sagen, dass du so eine liebe Freundin hast!“ Aufmunternd und zugleich beruhigend für das was Andy am Abend erwartete, klopfte John ihm noch einmal auf die Schulter und ging dann auf seine Seite des Schreibtisches, um Rose ihre Stimme zu hören.

Andy lächelte John nonchalant hinterher, drehte sich aber dann mit finsterem Blick zu Sylvia um. „Könnte ich dich mal bitte unter vier Augen sprechen?“ Seine Stimme klang nicht nach dem gerade erhaltenen Triumph. Und er wartete ihre Antwort auch gar nicht erst ab, sondern führte mit der Hand an ihrem Ellenbogen sogleich weit von Johns Schreibtisch hinfort zu einem Ort, wo sein Partner ihn nicht würde hören können...

„Was sollte das denn eben?“, stellte er sie sogleich zur Rede, als sie auf dem Flur standen und ignorierte dabei geflissentlich ihren vorwurfsvollen Blick. „Musstest du mich denn gleich bloß stellen?“

„Was heißt hier bloß stellen? Ich habe nur nach einer Möglichkeit gesucht, dass John diese verdammte Karte an sich nimmt. Hast du denn nicht gemerkt, dass er gar keine Anstalten in der Richtung gemacht hatte?“ Erbost stemmte Sylvia die Hände in die Hüfte. „Ich hätte mir diesen Spruch natürlich auch sparen können und ich hätte mich dann sehr gefreut, wenn ich mit Laurie zu dieser Buchlesung gegangen wäre. Aber nein, ich habe versucht dich in deinem Plan zu unterstützten und darf mir jetzt noch Vorwürfe darüber anhören?“

Missmutig zogen sich Andys Augenbrauen zusammen, jedoch war er so klug nicht weiter auf diesem Thema herumzureiten. Im Grunde genommen hatte Sylvia ja Recht, aber....

„Ich bin nicht tollpatschig“, hielt er noch einmal für sie fest, trat aber gleichzeitig einen Schritt näher zu ihr heran um seine Nähe zu ihr zu demonstrieren und um ihr zu zeigen das ihm sein Ausbruch gerade leid tat. Offenbar mit Erfolg, denn Sylvia schmiegte sich versöhnlich an ihn heran. „Natürlich nicht“, log sie aus Liebe zu ihrem Freund. „Das war nur für John. Aber es ist doch großartig gelaufen, oder?“ Besänftig legte Andy seine Arme um sie. „Ja, das ist es. Ich schulde dir was dafür!“ Er schob sie ein kleines Stück von sich fort, entließ sie aber nicht aus seiner Umarmung.

„Weißt du was? Ich werde dir als Danke schön das Buch von der Lesung kaufen sobald es auf dem Markt ist. Und ich werde dich heute Abend ganz groß zum Essen ausführen!“ Nachdem er sich umgeschaut hatte, dass keiner seiner Kollegen gerade in seine Nähe schaute, beugte er sich zu Sylvia hinunter und küsste sie sanft auf dem Mund

„Ein Essen?“, murmelte sie an seinen Lippen. „Ich finde dafür habe ich mir mindestens drei Abendessen verdient. Und sieben Mal Kaffee ans Bett!“, frech grinste sie ihn an.

„Das ist unverschämt“, entrüstete er sich, doch es war ihm nicht ernst mit diesem Ausruf, denn er beugte sich ein weiteres Mal vor um sie zu küssen.

„Manchmal vergesse ich wirklich, dass ich mit einer Anwältin zusammen bin! Aber du hast Recht, das hast du dir verdient!“

„Prima!“, jetzt, wo Sylvia erreicht hatte was sie wollte, löste sie sich aus seinem Arm und trat einen Schritt zurück. „Nachdem wir das geklärt haben, muss ich auch wieder zurück ins Büro. Wir sehen uns später!“ Ein letztes Mal beugte sie sich zu ihm herüber, küsste ihn zum Abschied und lief dann mit schnellen Schritten zur Tür. Jedoch blieb sie auf der Hälfte des Weges stehen und drehte sich wieder zu Andy um.

 „Ach übrigens, ich wollte mir am Wochenende neue Schuhe kaufen gehen. Du kommst doch sicher mit?!“ Sie warf ihm lächelnd eine Kusshand zu und verschwand dann endgültig. Und ließ einen Andy mit hängenden Schultern zurück. Schuhe kaufen! Er hätte damit rechnen müssen, dass Sylvia noch eine Gemeinheit für ihn auf Lager hatte und sich nicht nur mit drei Mal Essen und sieben Mal Kaffee zufrieden geben würde.

Sollte sein Plan aufgehen, und John wieder mit Laurie zusammen kommen, dann würde er sich etwas für John ausdenken. Irgend etwas, das genauso schlimm war, wie mit einer Frau Schuhe einkaufen gehen zu müssen!





Re: Another year has gone by

Hallo Leute, da es doch ein wenig länger braucht, bis ich diese vielen Seiten ins Forum kopiert habe, stelle ich hier erst einmal weiter rein.

Also hier geht es weiter

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Tiffanys

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Die Fith Avenue war eine der berühmtesten Straßen in New York und es gab wohl nicht einen Touristen, der nicht mindestens einmal einen Schaufensterbummel über diese exklusive Einkaufsmeile machte. Aber hier gab es nicht nur Mode von Luis Vuitton oder Versace zu bestaunen, sondern auch viele bekannte Bauwerke hatten hier ihren Platz, wie zum Beispiel das Rockefeller Center oder das Metropolitan Museum, um nur zwei von ihnen zu nennen.

Doch die Herzstücke, das wirklich Besondere, waren die beiden Juweliere, welche hier ihren Platz hatten.

Hier trafen sich mit Tiffanys und Harry Winston, die wohl zwei berühmtesten Schmuckhäuser von ganz New York, mit ihrer ausgewählten Kundschaft aus der ganzen Welt. Ein jeder der beiden berühmten Juweliere hatte eine eigene kleine Geschichte zu erzählen, war nicht nur berühmt geworden durch ihren außergewöhnlich schönen Schmuck, sondern auch durch Huldigung von Film und Musik. Tiffanys konnte sich mit Audrey Hepburn rühmen, welche in den Film `Breakfast at Tiffanys `  ihre Liebe zu dem Juwelier zum Ausdruck gebracht hatte, der nicht nur für seine Silberkollektionen ausgezeichnet worden war, sondern inzwischen auch ganze Königshäuser zu seinem Kundenstamm zählte. Harry Winston dagegen hatte Marylin Monroe. Die kühle Blonde besang in ihrem Lied `Diamonds are the girls best friend` die Exklusivität dieser wunderschönen Edelsteine, für die Winston seinen Ruhm erlangt hatte.

Doch zu welchem der beiden Juweliere John seine Verabredung mit Rose führen würde, wusste er nicht zu sagen. Sie hatten sich nur an einer der vielen Ecken auf der Fith verabredet und von da aus würde er sich überraschen lassen müssen.

John machte sich jedoch keine Gedanken wohin ihn sein Weg gleich führen würde, vielmehr waren sie bei der Karte für die Buchlesung heute Abend und was diese für ihn bedeutete. Im Grunde genommen wusste er nicht einmal so genau, ob sie überhaupt etwas bedeutete, doch die Tatsache mit Laurie dort hinzugehen und damit eine alte, gemeinsame Leidenschaft nach so langer Zeit wieder aufleben zu lassen, verursachte ihm schon ein gewisses ziehen in der Magengegend.

Liebt sie mich noch? hatte er Jessie gefragt und obwohl sie ihm nicht direkt darauf geantwortet hatte, war ihr Mund zu einem liebevollen Lächeln verzogen gewesen. Sein Herz hatte vor Freude schneller geschlagen und es beruhigte sich immer noch nicht, wenn er Laurie sah oder mit ihr sprach.

Aber wollte er wirklich noch eine gemeinsame Zukunft? Wollte er ihre Ehe wieder haben?

John wusste es nicht zu sagen, denn durch den Streit um Mika, hatte er Abstand zu ihr gewonnen und es geschafft sich ein eigenes Leben aufzubauen, welches er es in dem Maße noch nie geführt hatte. Ein Leben, wo es keine ewigen Wutausbrüche von Laure mehr gab und keine überzogenen Diskussionen über Nichtigkeiten.

Die Verabredung heute Abend ging ihm zu schnell! Er brauchte Zeit! Er mußte nachdenken, um zu wissen in welche Richtung sich seine neue Freundschaft mit ihr hin entwickeln sollte.

Fast beneidete er Laurie, dass sie nicht wusste, dass er ihre Begleitung für den heutigen Abend sein würde.

Es war unmöglich, in der Nähe von der besagten Ecke ihrer Verabredung einen Parkplatz zu bekommen und so konnte John Rose nur hilflos zuwinken und ihr anhand von Handbewegungen zu verstehen geben, dass er gleich bei ihr sein würde. Rose winkte ab und lächelte. Und John, in dem heillosen Durcheinander seiner Gedanken verstrickt, lächelte aufrichtig zurück.

Gut sah sie heute aus. Gepflegt, wie immer und vor Lebenslust strahlend, wie erst seit dem Zeitpunkt, an dem sie ihren Dienst bei der Telefonseelsorge angetreten hatte und damit ihren Sinn des Lebens wieder entdeckt hatte. Kaum zu glauben, dass diese Dame schon 77 Jahre alt war. Ein Alter was er bei dieser zarten Person, mit dem starken Willen nun wirklich nicht vermutet hätte. Hätte John sie schätzen müssen, so hätte er sie keinen Tag älter als Mitte sechzig geschätzt. Und hätte er Rose von seiner Schätzung erzählt, so hätte sie wahrscheinlich schallend aufgelacht und erwidert, dass er ja auch ein sehr gut erzogener Mann war und sich immer zu Gunsten der Frau verrechnen würde.

John fand zwei Straßen weiter einen Parkplatz, allerdings so klein, dass er sich ernsthaft fragte, ob er da jemals wieder heraus kommen würde. Dennoch verfolgte er seine Sorge nicht weiter in seinen Gedanken, parkte statt dessen unter einigen Schwierigkeiten ein und lief dann mit schnellen Schritten wieder zu Rose zurück.

„John!“ Rose kam mit stürmischem Schritt auf ihn zu, streckte sich zu ihm herauf und begrüßte ihn mit einem Kuss auf die Wange. John Arme umfassten automatisch ihre schmale Taille und erwiderte den Kuss auf der ihm nahen Wange.

„Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Aber der Verkehr hatte es mal wieder ganz schön in sich.“ Rose löste sich aus seiner Umarmung und winkte sofort achtlos ab. „ Machen sie sich keine Vorwürfe. Ich bin auch gerade erst angekommen.“

Sie hakte sich bei ihm unter und führte ihn dann an Harry Winston vorbei. Also Tiffanys, dachte John. Wie hätte es auch bei Rose etwas anderes sein können.

„Danke, dass sie so spontan für mich Zeit hatten. Ich weiß, es war wirklich etwas kurzfristig, aber ich bin erst kurz vor dem Anruf bei ihnen, auf das ideale Geschenk für Anne-Maries Tochter gekommen. Und da sie ja gerne möchten, dass ich nicht mehr allein auf den Friedhof gehen, dachte ich mir, dass sie bestimmt auch nicht wollen, dass ich mit soviel Geld in der Tasche herum laufe.“

 Fröhlich drückte sie seinen Arm. Und John sparte sich die Argumentation, dass sie dann auch kein Taxi hätte nehmen dürfen. Aber er sah den Schalk in ihren Augen blitzen und die Unnachgiebigkeit, auch darauf verzichten zu müssen.

„Schon gut. Ich beschütze sie gerne!“, grinste er. Warf dann aber noch hinterher: „Rose, haben sie sich vielleicht schon mal Gedanken gemacht, sich von ihrer Bank Karten geben zu lassen und nicht immer mit Bargeld herum zu laufen?“ Vergnügt lachte Rose auf.

„Natürlich habe ich daran gedacht. Und es wieder verworfen. Bargeld ist mir einfach lieber, da weiß ich wenigstens was ich in der Hand habe, während man bei einer Karte doch gar kein Wertgefühl für das Geld besitzt.“

Natürlich, dachte John. Aber mit Tausenden von Dollars durch New Yorks unsichere Straßen zu wandeln, daran verschwendete sie nicht einen Gedanken. John wünschte Kyle würde noch leben und seiner Frau mal so richtig den Kopf waschen, wie gefährlich das ganze war. So seufzte er aber nur auf und schwor sich selbst, dass er so gut es eben ging, auf seine alte Dame aufpassen würde.

„Und an was haben sie gedacht zu verschenken? Für welche ihrer Töchter ist es überhaupt? Für Sabrina, Beatrice oder Nikki?“ Inzwischen war er in die Familiengeschichte um Rose eingeweiht und kannte auch alle drei Namen der Töchter von Anne-Marie und ihren sieben, beziehungsweise jetzt ja inzwischen acht, Enkelkindern.  „Für Nikki und ihrer Tochter Swantje“, antwortete ihm Rose und fing bereits an die Auslagen von Tiffanys zu begutachten. „Swantje?“ John war erstaunt, dass war doch ein sehr nordischer Name für eine schottische Familie, mit viel Sinn für Tradition.

„Ja, ungewöhnlich, nicht wahr?“ Rose wandte sich von dem Schaufenster ab und drehte sich wieder zu John um. „Nikki fällt wohl ein wenig aus der Rolle mit ihrer Namensgebung. Aber damit hätte Anne-Marie rechnen müssen“, befand Rose. „Wenn sie einen Rebell in der Familie hat, dann ist es mit Sicherheit Nikki.“

Mit einem Blick an John vorbei, erspähte sie den Eingang zu dem Juwelier. „Kommen sie, junger Mann, ich zeige ihnen jetzt, wo man den schönsten Silberschmuck in ganz New York kaufen kann.“ Sie hakte sich wieder bei John unter und zog ihn regelrecht hinter sich in das Geschäft hinein.

Und John fühlte sich wie ein Kind beim Weihnachtsmann, als er in dem Verkaufsraum stand. Überall blitze und glänzte es, liefen Damen in Kostümen geschäftig hin und her und zeigten ihren Kunden kleine Kästchen mit den wertvollsten Stücken. Sanfte Töne untermalten die Harmonie zwischen Käufer und Verkäufer. Unterstrichen die Einzigartigkeit eines jeden einzelnen Schmuckstückes.

Hier gab es keinen Stress. Hier gab es nur Luxus, lächelnde Gesichter und gezückte Kreditkarten.

Sie hatten kaum das Geschäft betreten, als ein Aufruf der Freude sich über die leise Musik hob.

„Mrs. McKenzie!“ John sah einen Herrn in den Sechzigern, gekleidet in den dunkelblauen Stoff eines perfekt sitzenden Anzuges, lächelnd auf Rose zu kommen.

Seine Hand streckte sich schon im gehen auf sie zu und ergriff dann ihre einzelne mit beiden Händen gleichzeitig.

„Wie schön, dass sie uns wieder einmal besuchen.“ Wieder einmal besuchen? Wiederholte es sich in Johns Gedanken. Er wusste wohl, dass Rose über Geld verfügte, aber nicht, dass es soviel war, dass sie mal wieder hierher kam. Und mit Namen angesprochen wurde. Und mit Handschlag begrüßt wurde.

„Mr. Faison, wie schön sie zu sehen. Wie geht es ihrer Frau?“

Mr. Faison? Sie kannte sogar den Namen des Verkäufers und seine Lebensgeschichte?

„Clara geht es gut. Wahrscheinlich geht es ihr in diesem Augenblick sogar sehr gut, denn sie wird gerade ein kleines Vermögen mit meiner Kreditkarte ausgeben.“ Verschwörerisch zwinkerte er der Lady vor ihm zu. „Sie ist nämlich für heute mit ihrer Freundin zum shoppen verabredet und hat schon am Frühstückstisch eine lange Liste geschrieben, mit den Dingen die sie unbedingt braucht!“

 „Oh oh, das klingt teuer.“ Rose griente den grauhaarigen Mann vor sich an. „Hoffentlich lässt sie ihnen noch etwas von dem Geld übrig.“ Ein liebevolles Lächeln legte sich über das Gesicht von Mr. Faison.

„Darum brauche ich mir, glaube ich, keine Sorgen zu machen. Clara ist eine sehr vernünftige Frau.“ Er lächelte nun auch John, zu Rose ihrer Seite, an und reichte seine Hand auch an ihn weiter.

„Kann ich ihnen irgendwie behilflich sein?“, fragte Mr. Faison bei Rose nach. „Suchen sie etwas bestimmtes, oder wollen sie sich von dem Glanz der Auslagen verführen lassen?“

„Wir wollen uns erstmal ein wenig umschauen. Ich habe noch nichts Genaues im Sinn.“

Mr. Faison nickte verständnisvoll. „Dann viel Spaß ihnen beiden. Sagen sie mir Bescheid, wenn ich ihnen helfen kann.“ Er lächelte sie freundlich an und verschwand dann in einen anderen Winkel des Geschäftes, wo bereits ein Ehepaar auf Hilfe wartete.

Kaum war er gegangen, als Rose sich auch schon die Hand vor die Stirn schlug. „Oh, wie ungeschickt von mir“, sprach sie halb mit sich und halb mit John. „Ich habe vollkommen vergessen, sie einander vorzustellen.“ Entschuldigend sah sie zu John, welcher aber nur lächelnd den Kopf schüttelte. „Kein Problem. Ich denke mal, wir werden es beide überleben“, scherzte er.

Gemeinsam schlenderten sie an den Vitrinen vorbei und betrachteten die verschiedensten Kostbarkeiten, zuerst nur flüchtig, bis Rose sich zumindestens für eine Form des Schmuckstückes entschieden hatte. Preisschilder gab es nicht, aber John war sich sicher, dass bereits ein einziges Teil seinen Wochenlohn um einiges übersteigen mußte.

„Haben sie schon etwas im Kopf, was sie Nikki zur Geburt ihres Kindes schenken wollen?“ Neugierig schaute John Rose von der Seite her an. So ganz mochte er ihren Worten, das sie noch nichts im Sinn hatte nämlich nicht glauben. Rose war niemand der sich spontan für etwas entschied.

Eine Vermutung, die sich mit ihren nächsten Worten bestätigte.

„Ich dachte an etwas Traditionelles. Ein Schmuckstück, welches von einer Generation in die nächste weiter gereicht wird. Aber ich weiß noch nicht was genau. Vielleicht ein Ring oder eine Kette.“ Rose blieb vor einer Auslage mit Ohrringen aus Diamanten stehen. „Oh, wie schön.“

John warf nur einen halbherzigen Blick auf die Ohrringe. Statt dessen dachte er an Lauries Kette, die sie von Maxime zur Hochzeit bekommen hatte. Ebenfalls ein Erbstück aus einer Familie. Traurig dachte er an das Schmuckstück, welches nun in einem Bankschließfach zusammen mit unzähligen Fotos und Erinnerungen lag, und damit weit aus Lauries Sichtweite.

„Wie geht es ihnen eigentlich?“ Erstaunt sah John von den Ohrringen zu der kleinen Frau an seiner Seite. „Gut geht es mir. Wie kommen sie denn jetzt darauf?“ Rose beendete die Betrachtung der Ohrringe vor ihr und wandte sich der nächsten Auslage zu. „Oder hatten sie mit ihrer Frage was bestimmtes im Sinn?“ John wurde den Verdacht nicht los, dass Rose irgendwelche Hintergedanken bei ihrer Frage gehabt hatte. Argwöhnisch sah er sie von der Seite her an, sah aber nichts anderes als eine Frau, welche von dem Schmuck vor ihr vollkommen in seinem Bann gezogen worden war. Anscheinend.

„Na ja“, bekannte seine Granny nach ein paar Sekunden der Stille. „Ich habe mich gefragt, wie sie mit Laurie momentan zu Recht kommen.“ Sie sah von dem Schmuck hoch, direkt in Johns Augen und der Ausdruck in ihren Augen sprach von dem Verlangen nach Wahrheit. „Wie also ist der momentane Stand der Dinge?“

John blinzelte, schwieg aber. Er sollte zumindest überrascht darüber sein, dass sie sich so unverblümt nach ihrer Freundschaft erkundigte. Er sollte, aber er war es nicht. Das war halt Rose: diskret und doch geradezu schockierend neugierig.

„Wir sind heute Abend zu einer Buchlesung verabredet“, gestand er schließlich zögernd ein.

„Aber?“

„Aber sie weiß noch nichts davon!“, seufzte John und auf Rose ihrem Gesicht deutete sich aufrichtige Überraschung ab, als sie sich zum ihm umdrehte.

„Sie sind verabredet, aber sie weiß noch nichts davon? John, bitte seien sie mir jetzt nicht böse, aber ich verstehe nicht, was sie mir da gerade erzählen wollen.“ Vergessen war der Schmuck zu ihrer Seite.

John seufzte abermals und im Gegensatz zu Rose, fand er die Vitrinen nun auf einmal sehr interessant. „Ich bin für die Freundin eines Freundes eingesprungen, welcher etwas dazwischen gekommen ist. Und da Laurie momentan über kein Telefon verfügt, kann sie auch niemand erreichen, um ihr mitzuteilen, dass nicht Sylvia sondern ich sie begleiten werde.“

„Aha“, Rose betrachtete nun ebenfalls wieder den Schmuck vor ihr, während sie versuchte nicht das Grinsen zu zeigen, welches sich so gerne auf ihr Gesicht stehlen wollte. Das klang in ihren Ohren, nach einem sehr ausgeklügelten Plan. Dem Anschein nach machten sich auch Johns Freunde um ihn Gedanken und weil sie sich nicht direkt einmischen wollten, versuchten sie es nun durch die Hintertür. Was war besser als der Überraschungsmoment? Sowohl für John, der nun plötzlich mit den Karten für eine Buchlesung da stand, sowie für Laurie, die heute Abend vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. Ach, wie gerne würde sie da gerne Mäuschen spielen!

„Aber sie sind offenbar nicht so begeistert, die Dame heute Abend zu begleiten. Mit Absicht versuchte sie das Wort Ex Frau zu vermeiden. Versuchte, nicht durch die Bedeutung eines Wortes, die Verhältnisse zwischen John und Laurie klar zu stellen.

„Ich weiß nicht was ich davon halten soll“, gestand John ihr ein. Einen Augenblick lang überlegte er, ob er Rose von seiner Zerrissenheit in Bezug auf Laurie erzählen sollte und er hätte sich wohl auch dagegen entschieden, wenn Rose ihn nicht so offen ins Gesicht gestarrt hätte, so als ob sie auf Einzelheiten wartete. Er blinzelte, sie blinzelte – und sie gewann dieses Augenduell. 

Also erzählte John. Von dem Gespräch mit Jessie, von seiner Verwirrtheit. Seine Überlegungen in Bezug auf ihre Ehe und von seiner Zerrissenheit ob er sie bei Lauries unkontrollierten Wutausbrüchen überhaupt wollte.

Leise spielte die Musik im Hintergrund und untermalte Johns Erzählung mit einem viel fröhlicheren Gefühl, als er es momentan empfand. Still standen Rose und er in einer Umgebung der Geschäftigkeit – er  vertieft in seinen Gedanken, welche nun zum ersten Mal in Worte gefasst wurden und sie aufmerksam lauschend, den Blick nicht von ihm nehmend.

 „Was meinen sie, was ich tun soll“, fragte John, nachdem er mit seinem Bericht geendet hatte.

„Hingehen!“, grinste Rose und schaffte es zumindestens für einen kurzen Moment wieder das unbekümmerte Lächeln von John auf sein Gesicht zu zaubern.

„Ja, ich glaube das ist eine gute Idee!“, grinste er, wurde aber sogleich wieder ernst.

 „Ich weiß, was sie mich eigentlich gefragt haben“, erwiderte seine Granny. „Aber ich kann ihnen jetzt keinen Ratschlag mehr geben. Ich kann ihren Standpunkt verstehen, wenn sie sich fragen, warum sie sich ihr noch einmal nähern sollten. Abgesehen von der Sache mit Mika ist da noch immer das eigentliche Trennungsthema, dass sich auch im Laufe der Zeit nicht geändert haben wird. Vielleicht ist es für den Augenblick verschwunden, weil andere Dinge sie beschäftigen, aber er ist nicht vom Tisch. Ich verstehe, wenn sie sagen sie würden nicht mehr wollen.“

Rose machte einen kurzen Augenblick Pause um wieder zu Atem zu kommen. „Aber“, und sie betonte das Wort auch ganz deutlich. „Sie sollten sich die Zeit nehmen und ihre Überlegungen einem Spiegel erzählen. Vielleicht würde ihnen dann eine Entscheidung leichter fallen.“

Sie wandte sich von John ab und folgte den Schmuckstücken in den Vitrinen weiter in den Raum hinein, bewunderte wundervolle Edelsteine in filigranen Fassungen und Silber in solch außergewöhnlichen Formen, dass sie am liebsten jedes einzelne Stück gekauft hätte.

Rose seufzte still in sich hinein und hoffte, dass John ihren Wink mit dem Spiegel verstanden hatte.

Auf jeden Fall hatte ihn dieser Satz nachdenklich gemacht, denn als er zu ihr aufschloss und neben ihr herging, schwieg er. Ob sie dieses Thema fallen lassen sollte? Rose war sich nicht ganz sicher, ob das eine gute Idee war, genauso wenig wie sie sicher war es fort zu führen.

Sie hüllte sich ebenfalls in Schweigen und beschloss dann sich doch erst einmal um das Geschenk von Nikki zu kümmern, bevor sie sich darum Gedanke machen würde.

Suchend sah sie sich in dem luxuriösen Raum nach Mr. Faison um und hatte wirklich das Glück, dass er gerade die Kreditkarte des Ehepaares an sich nahm. In respektvollen Abstand stellte sie sich hinter das Paar und wartete, dass er Zeit für sie fand.

Mr. Faison schaute nur kurz an dem vor ihm stehenden Paar vorbei, doch das winzige Lächeln auf seinem Gesicht, zeigte Rose, dass er sie gesehen hatte. John schwieg noch immer neben ihr.

„Auf Wiedersehen. Ich wünsche ihnen noch einen schönen Aufenthalt in New York und genießen sie das schöne Wetter!“ Mr. Faison nahm die Hand der Dame und küsste sie mit einer nonchalanten Geste, während ihr Mann  nachsichtig über das Erröten seiner Frau lächelte. Für ihn hatte Mr. Faison einen kräftigen Händedruck parat und weitere Wünsche für einen schönen Tag. Er begleitete das Ehepaar zum Eingang, der durchaus auch als Ausgang fungierte und wartete lächelnd, auf das Öffnen der Tür durch einen Mann in Uniform, welcher ausschließlich nur für diesen Job eingestellt war. Wieder eine Verabschiedung von dem Paar und ein Danke für ihren Besuch.

Erst dann kehrte Mr. Faison zu Rose und John zurück. Sein Lächeln wurde strahlender, als es noch zuvor bei seinen Kunden gewesen war.

„Sie haben sich entschieden?“, fragte er bei seinem letzten Schritt auf die beiden zu. Fragend war sein Blick, den Rose lächelnd erwiderte.

 „Nun, ich denke, dass ich ihre Hilfe benötige, Mr. Faison. Aber bevor ich es wieder vergesse, möchte ich ihnen als aller erstes meinen Begleiter vorstellen. Mr. Faison....“ Ihre Hand deutete zu John an ihrer Seite. „Dies ist Detective Kelly.“

Die beiden Männer reichten sich die Hand zu Rose begleitenden Worten. „Mr. Kelly.... Harold Faison. “ 

Der ältere und der jüngere Mann nickten einander freundlich zu, bevor sich ihre Hände wieder trennten und Mr. Faison seine Aufmerksamkeit wieder Rose schenkte. Nach diesem kleinen Zwischenspiel der Begrüßung, wechselte dann Rose auch wieder zu ihrem eigentlichen Anliegen zurück.

„Die Tochter von meiner besten Freundin hat ein Kind bekommen und ich möchte ihr ein Geschenk machen. Ich dachte an etwas, was vielleicht in der Familie weitergegeben werden kann. Von Tochter zu Tochter.“ Mr. Faison grinste. „Und was ist mit den Söhnen? Sollen die nicht auch etwas davon haben?“

John musste ebenfalls grinsen, äußerte sich aber nicht zu den Worten des Verkäufers.

„Söhne gibt es keine in der Familie“, erklärte die alte Lady zu seiner Seite. „Meine Freundin hat drei Töchter und mittlerweile acht Enkelkinder und ein jedes davon ist ein Mädchen. Sollte in dieser Ahnenreihe versehentlich mal ein Sohn auftauchen, würde mich das schon sehr verwundern.“

 Der grauhaarige Mann lachte vergnügt auf. „Also einen Ring oder eine Kette würde ich mal sagen.“ Er führte Rose und John zu den Auslagen zu seiner rechten. „Von Ohrringen würde ich absehen“, erläuterte er auf ihren Weg dorthin. „Zum einen geht ein einzelner schnell mal verloren und zum anderen besteht ja vielleicht doch noch die Möglichkeit eines männlichen Nachkommens.“

Er umrundete die Theke mit den Schmuckstücken und stand damit Rose gegenüber. Seine Hand deutete auf eine kleine Auswahl an Ringen direkt vor ihm. Schmale silberne, einfache breite; Ringe im schlichten Design aber mit einem herrlichen Edelstein geschmückt. Egal für welchen sich Rose auch entscheiden würde, ein jeder von ihnen hier war ein Unikat und nur aus einem einzigen Grund hergestellt: um jemanden Freude zu bereiten.

John stellte sich neben die Frau, stützte seine linke fast schon mit einem schlechten Gewissen auf der Glasplatte ab und besah sich ebenfalls die Ringe vor ihnen. Mr. Faison würde bestimmt ein Putztuch zur Hand haben, um Johns Fingerabdrücke für den nächsten Neugierigen zu entfernen.

„Wunderschöne Ringe“, hauchte Rose und fügte zu Johns Fingerabdrücken noch die Ihrigen hinzu.

Mr. Faison lächelte geschmeichelt. Dann wanderte sein Blick automatisch zu Johns Hand hin. „Oh, sie haben ihren Ehering verloren!“, rief er entsetzt aus. Und hielt Johns zusammen zucken für eine Bestätigung seiner Annahme.

Johns Blick wanderte ebenfalls zu dem hellen Streifen an seinem Finger, wo so viele Jahre sein Ring gesessen hatte. Noch hatte die Sonne noch nicht genügend Gelegenheit gehabt, den Streifen wieder dunkler zu färben, noch erinnerte er auch John daran, was er dort getragen hatte. Zusammen mit dem Gefühl, dass er noch immer an seinem Finger saß, so wie ein Armamputierter noch immer behaupten würde, dass er seinen Arm noch spüren kann. Ein Phänomen des Gedächtnisses, welches manchmal auf so grausame Art und Weise die Erinnerung als Realität vorgaukelte.

Mr. Faison wartete Johns Antwort erst gar nicht ab. Er gehörte einer Generation und einem Alter an, wo eine Scheidung nicht das Erste war, was ihm beim Fehlen eines Eheringes in den Sinn kam. Er überließ Rose die Betrachtung der Ringe und holte dann aus einem andern Schränkchen ein Tablett mit Eheringen.

„Vielleicht sollten sie ihn ersetzten“, bemerkte er zu John. „Bevor ihrer Frau auffällt, dass er verschwunden ist.“ Perplex schaute John zuerst auf das Tablett vor ihm und dann auf Mr. Faison.

Im Gegenzug zu Mr. Faison kam John aus einer Generation und einem Alter, wo Scheidungen immer wieder an der Tagesordnung standen und so schaute er nur den Mann vor sich an und überlegte, was er ihm darauf antworten sollte.

Und Rose die neben ihm stand huschte ein wissendes Lächeln auf dem Gesicht, als sie Johns Zögern bei seiner Antwort bemerkte. Denn in seinen Gedanken war er nicht geschieden, war er getrennt von Laurie, aber nicht geschieden. Das war es gewesen, was Rose vorhin gesehen hatte, als John ihr seinen Gedanken erzählte.

„Wissen sie. Mir ist das auch schon mal passiert“, zwinkerte Mr. Faison ihn  verschwörerisch zu. „Eins meiner Hobbys damals, war das Basteln an Autos und weil ich die Gravur von meinem Ehering nicht in Öl ertränken wollte, nahm ich ihn zum schrauben ab. Als ich ihn ein paar Stunden später wieder anstecken wollte, war er weg. Wahrscheinlich von der Armatur des Waschbeckens in den Abfluss gefallen.“

Er machte eine kunstvolle Pause und fuhr dann fort: „ Es hat genau zehn Minuten beim Abendessen gedauert, bis meine Frau darauf aufmerksam wurde. Und ich habe ungelogen die ganze Nacht gebraucht, um sie von ihrem Tobsuchtsanfall wieder hinunter zu bekommen.“ Interessiert schaute Rose auf.

„Die ganze Nacht? Na na na Mr. Faison. Nun übertreiben sie aber etwas!“ Der grauhaarige Mann auf der anderen Seite der Vitrine schüttelte lächelnd den Kopf.

„Nein Ma’am, dass tue ich nicht. Sie ist rothaarig müssen sie wissen.“ Er sagte diese Worte so nebenbei, als ob sie alles erklären würden. „Und wenn ich etwas in den vergangenen Jahren gelernt habe, dann ist es die Tatsache, dass wenn ihr Temperament anfing mit ihr durchzugehen, ich am besten verschwinden sollte.“

Vergnügt lachte er vor sich hin. „Ich muss gestehen, dass als ich sie damals geheiratet habe, hatte ich gehofft, dass sie etwas ruhiger wird. Aber jetzt, nach über vierzig Jahren kann ich nur sagen, sie wurde es nicht.“ Doch entgegen seiner kritischen Worte, sprach der Ausdruck in seinem Gesicht und sein Lächeln ausschließlich von der Liebe zu seiner Frau.

John öffnete abermals den Mund um etwas zu sagen, wurde diesmal aber von Rose daran gehindert.

„Seine Frau ist ebenfalls rothaarig“, erklärte sie Mr. Faison lachend. John schloss wieder seinen Mund und schaute statt dessen entgeistert zu der alten Dame an seiner Seite, welche so unverblümt über sein Privatleben sprach. Mitleidig und doch lachend sah Mr. Faison John an. „Na, dann wissen sie ja, wovon ich spreche!“

„Ich...“, John setzte zu einer Erwiderung an, wurde jedoch sofort wieder von Rose unterbrochen. Langsam fragte er sich, warum er überhaupt versuchte etwas zu sagen.

„Wissen sie was, Mr. Faison? Ich glaube gar nicht das Temperament an der Haarfarbe liegt. Es liegt an den Männern!“

Doch als sie sah, wie ein junges und ein älteres Augenpaar sie empört musterten, fügte sie noch hinzu: „Und an den Umständen!“

„Was für Umstände?“, endlich schaffte John es einen Satz einzuwerfen. Es war zwar nicht der, den er vor fünf Minuten hatte sagen wollen, aber zumindestens ein Satz.

„Na ja, vielleicht, wie das Leben an ihnen vorbei geht“, versuchte sich Rose zu erklären, befand aber selbst, dass das nicht gerade eine geistreiche und erklärende Aussage gewesen war. Ihr war auf die Schnelle nichts anderes eingefallen, denn immerhin lag die eigentliche Betonung ja auf Männer. Welche nichts anderes so gut konnten, wie Frau auf die Palme zu jagen. Und dann unten zu stehen, abwartend bis sie vom Baum fielen, um sie dann liebevoll in die Arme zu schließen und ihnen zu erzählen wie sehr sie sie liebten.

„Ich glaube rothaarige sind eigentlich ganz friedvoll und werden nur auf Grund des Vorurteils als temperamentvoll abgestempelt. Oder gehören sie auch zu den Leuten, mit denen ihr Temperament durch geht?“ Die letzte Frage war eindeutig an John mit seinen eigenen roten Haaren gerichtet.

Mr. Faison unterbrach an dieser Stelle mit einem Schmunzeln Rose ihre Ausführungen und rettete somit John vor einer Antwort, die nicht gut hätte ausgehen können. Jedenfalls nicht wenn man in Betracht zog, wie sehr sich die Frau vor ihm in das Thema hineinsteigerte.

„Und wie gefallen ihnen diese Ringe?“, fragte er Rose und schnitt damit wieder ein neutrales Thema an und der Grund ihres Besuches. Skeptisch wandte sich Rose wieder den Ringen zu, wohl wissend, dass es nichts weiter als ein billiger Ablenkungsversuch war. Trotzdem nahm sie sie nacheinander wieder in Augenschein.

 

Laurie hatte ihr Temperament schon besessen, bevor sie zusammen gekommen waren, erinnerte sich John. Aber vielleicht hatte seine Granny doch Recht, wenn sie sagte, dass vielleicht die äußeren Umstände schuld daran sein könnten. Denn Lauries Temperament hatte sich in ihrer Ehe doch beachtlich gesteigert. Oder Rose hatte damit Recht, dass er daran schuld war.

„Die Ringe sind ja allesamt wunderschön“, stimmte Rose irgendwann nach genauester Betrachtung zu. „Aber finden sie nicht, dass sie sehr klein sind? So ein Ring geht dann bestimmt schnell verloren und außerdem passt er auch nicht jedem!“

Abgelenkt ihrer Frage, schob John seine Überlegungen wieder in den Hintergrund und schenkte der Auslage vor ihm seine Beachtung. Das Tablett mit den Eheringen war diskret wieder zur Seite geräumt und würde vielleicht später noch einmal zum Einsatz kommen. Wenn Rose abgelenkt genug war, um nicht wieder mit dem Thema Rothaarig anzufangen. „Also lieber eine Kette!“ Mr. Faison verlor seine Geduld nicht, sondern führte John und Rose drei Vitrinen weiter, zu einer Auslage die ausschließlich von Ketten in den verschiedensten Variationen belegt war.

Abermals versenkte sich Rose in den Anblick der Schmuckstücke, vergaß John zu ihrer Seite und dachte nichts anderes als an das Geschenk von Nikki. Viele Ketten lagen dort. Silberne mit kleinen Anhängern, mit Steinen besetzt, oder aber aus einem Stück in einer ganz einfachen Anfertigung.

John sah, wie Rose immer wieder auf eine deutete und sie sich von Mr. Faison vorlegen ließ. Eine davon, hatte es ihr besonders angetan. Ein relativ einfaches Schmuckstück, ohne Stein, nur mit einem Muster geschmückt. Der Anhänger, ein Medaillon, von schlichter Eleganz, die Kette zart und doch stabil. John starrte auf die Kette, welcher Lauries so ähnlich sah und doch ganz anders. Die beiden Bilder verschoben sich vor seinem Auge und rangen um seine Aufmerksamkeit. Die Erinnerung an Lauries Kette gewann.

Erschien so klar und deutlich vor seinem inneren Auge, als ob sie dort vor ihm auf dem Tisch liegen würde. Und mischte sich mit der Unterhaltung die Rose und Mr. Faison noch bei den Ringen geführt hatten.

Es gab einen Grund für Lauries steigende Wutausbrüche und in diesem Augenblick, mit der Erinnerung an Maximes Kette und dem Gespräch von eben, wurde John auf einmal klar, seit wann Lauries Temperament so leicht entzündet werden konnte.

Durcheinander schwappende Gedanken ordneten sich und ergaben nun ein klares Bild. Wie hatte er nur so blind sein können?





Re: Another year has gone by

 

So Mädels - es ist glaube ich soweit, die Herrscharen ins neue Forum zu bitten:

             www.davidcaruso.foren-city.de

Wer möchte, und wir wünschen uns, das Alle möchten, kann bitte wechseln!!!

Jetzt isses noch ein bisserl nackt, wir hoffen, Ihr füllt es mit Leben!!!!

GLG   Anke + Martina!




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Re: Another year has gone by

Hey chyio,

da anscheinend keiner mehr reviewt auf Deine wunderbare FF, was ich nebenbei bemerkt sehr schade finde....man muß ja nicht unbedingt soviel schreiben, aber eine kleine Bemerkung, dass man die Geschichte mitverfolgt reicht doch eigentlich schon aus. Es verwundert mich ein bisschen, da es doch in diesem Forum noch mehr als zwei User gibt!
So will ich es nun ein letztes Mal tun, da Gäste ja in Eurem "neuen" Forum nicht mehr schreiben können!! Was natürlich schade ist! :-(

Ich sagte Dir ja bereits....ich mag Rose und sie kommt hier wieder mal schön zur Geltung. Insgesamt ist es ein sehr schönes harmonisch Kap. Nach allem hin und her in den einzelnen Beziehungen ist sie immer so eine Art Ruhepol. Sehr schön geschrieben!!! Und desweiteren kennst Du ja meine Meinung. Die einzelnen Kaps betreffend. :-)

LG Eve

Re: Another year has gone by

Hi Eve, wunder Dich bitte nicht, wir sind umgezogen, und hier läuft nix mehr!

Bitte schaue nach bei www.davidcaruso.foren-city.de

Bis dann bei uns unter neuer Adresse!!   LG  Angie

Re: Another year has gone by

Ein kleiner Kolibri


Es war noch immer derselbe Tag.
Nur war die Sonne gerade dabei sich schlafen zu legen, während der Mond bereits sein fahles Licht, zusammen mit den letzten Strahlen der Sonne, über die schlanke Gestalt von Laurie legte. Mit der Sonne verschwanden auch die wärmenden Strahlen und Laurie zog fröstelnd ihre Strickjacke enger um sich herum. Mai war halt nicht Juli, wo sie um diese Uhrzeit definitiv keine Jacke gebraucht hätte. Und die Sonne um halb acht sich auch noch nicht verabschieden würde.
Langsam schlenderte Laurie die Straße vor dem Gebäude der Lesung auf und ab. Ein Schritt vor den anderen setzend, den Blick auf den Fußboden geheftet, um ihre Gedanken nicht von den vorbei laufenden Passanten ablenken zu lassen. Es waren keine bestimmte Gedanken, nur solche die von einem anstrengenden Tag in Handy Shops kündeten. Von ewig lächelnden Verkäufern, genervten Kunden und ein Überangebot von Handys. Laurie schüttelte noch immer den Kopf, wenn sie daran dachte, wie eilig es so mancher Kunde hatte. Wenn sie in ein Geschäft ging, um sich ein Handy zu kaufen, dann wußte sie doch im Vorfeld, daß es Zeit in Anspruch nehmen würde. Warum also, wußten es nicht andere Kunden auch?

Sie löste den Arm mit ihrer Uhr von ihrer Taille und warf einen schnellen Blick hinauf. Kurz nach halb acht. Sie seufzte. Es wurde Zeit das Sylvia endlich kam und sie in den Saal gehen konnten. Der wahrscheinlich schon aus allen Nähten zu platzen schien, wenn sie sah, wie viele Laute an ihr vorbei liefen und den Eingang ansteuerten. Ihre Augen ließen von der Tür ab und blickten in die Ferne der Straße, in der Hoffnung ihre Arbeitskollegin dort laufen zu sehen. Doch die Straße war leer. Also nicht wirklich leer, aber es zeigte sich auch keine Sylvia mit ihrem energischen Schritt, auf dem Weg zu Laurie. Dafür hörte sie hinter sich eine Stimme, die ihr nicht unbekannt war.
„Hallo Laurie!“ Laurie drehte sich zu der Stimme um und sah, daß sie sich mit ihrem ersten Eindruck nicht getäuscht hatte. Diese Stimme gehörte John. „Hi“, erwiderte sie. „Was machst du denn hier? Hast du auch Karten für die Lesung?“ Sie sah wie John leicht lächelte und dabei zwei Karten aus der Innentasche seines Jacketts zog. „Ja. Unsere.“ Er wartete einen Augenblick lang, bis sich seine Worte in Laurie gesetzt hatten und fügte dann die Erklärung hinzu, warum er die Karten hatte und nicht Sylvia.

„Andy junior ist in der Stadt, und Andy hat Sylvia gebeten ihn zu diesen Treffen zu begleiten.“ Bevor John noch etwas hinzufügen konnte, so etwas wie: und weil du kein Telefon hast, bin ich eingesprungen. Oder: ich hoffe es macht dir nichts aus, daß ich für heute Abend deine Begleitung bin, fing Laurie schon an zu lachen. „Eine weise Entscheidung von ihm!“ Auch sie kannte Andys Verhältnis zu seinem Sohn. Genauso wie sie wußte, wie ungeschickt Andy manchmal mit seinen Worten sein konnte, wenn er sehr aufgeregt war. Und ein Treffen mit Andy junior fiel gewiß in diese Kategorie.
„Es macht dir also nichts aus, wenn ich für heute Abend deine Begleitung bin?“, fragte John nun doch noch einmal nach. Laurie sah zwar mit ihrem Lächeln im Gesicht nicht so aus, als wenn sie das stören würde, aber er wollte doch lieber auf Nummer sicher gehen. Und hoffte dabei, daß sie Nein sagte.
„Nein!“ Laurie lächelte John an. „Es macht mir nichts aus.“ Im Gegenteil, sie freute sich darüber. Nichts gegen Sylvia, aber John war halt...John. War der Mann, von dem sie sich doch wieder eine Annäherung erhoffte.
„Wir sollten nur langsam hinein gehen. Ich glaube wir sind nicht die einzigen.“ Mit ihrem Kopf nickte sie in Richtung der weit geöffneten Türen, durch die immer mehr Leute stürmten. Johns Blick folgte der Geste ihres Kopfes und seine Augen weiteten sich überrascht, als er sah, wie viele Menschen da waren. „Das wird voll“, war jedoch das Einzige, was er dazu sagte.

Seine Hand legte sich sanft in Lauries Rücken und schob sie in Richtung der Türen. „Warum habt ihr euch so spät verabredet? Du weißt doch, wie schnell sich solch ein Saal füllen kann.“ Gemeinsam schlossen sie sich der Menge an und ließen sich von ihnen mitziehen. „Ich weiß es schon, aber Sylvia wohl nicht“, erklärte Laurie John, während sie einem beleibten Mann, der es sehr eilig hatte aus dem Weg ging. Sie schüttelte den Kopf. Schon wieder einer der hastigen Sorte. Als sie wieder hinter John auftauchte, fuhr sie fort: „Ich habe Sylvia erzählt, daß wir Schwierigkeiten mit den Plätzen bekommen könnten, daß es nicht so wie im Kino ist, mit den durch numerierten Sitzen. Aber irgendwie war sie auf diesem Ohr taub.“ Sie sah, wie John die Karten vorzeigte und spürte wie er ihr abermals die Hand auf den Rücken legte. Vorsichtig schob er sie vor sich her. Vorbei an dem Türsteher, vorbei an diesen vorrausschauenden Leuten, welche gleich hinter dem Mann mit den abgerissenen Ecken der Karten in seiner Hand, zum stehen gekommen waren. Ihr Gespräch erstarb, bis sie den größten Teil, des Menschenauflaufes hinter sich gebracht hatten.
„Dabei klang es nicht so, als ob dies ihre erste Lesung ist.“ Laurie nahm den Faden den Unterhaltung wieder an der Stelle auf, an der sie der Türsteher unterbrochen hatte. „Vielleicht gehört sie auch zu der eiligen Sorte von Mensch?“ John zwinkerte Laurie zu. Er kannte ihre Abneigung gegenüber von Leuten die sich blind und mit Hast durch das Leben zwängten. Und er teilte diese Abneigung mit ihr.

Johns Zwinkern löste ein wenig von der Anspannung in Laurie, die sich mit seinem Erscheinen in ihr festgesetzt hatte. Aber es verstärkte das Kribbeln in ihrem Magen. „Vielleicht“, lächelte sie und sah sich dann suchend in dem Saal nach zwei zusammenhängenden Plätzen um. „Dort?“ Ihre Hand deutete fragend zu zwei Sitzen am Rand, doch fast in der Mitte des Raumes. „Ja.“ John ließ Laurie den Vortritt zu den beiden Plätzen. Er freute sich, daß sie noch immer daran dachte, daß er für seine Beine ein wenig Freiheit gut gebrauchen konnte. Nichts war schlimmer für ihn, als über Stunden eingepfercht in den schmalen Reihen zu sitzen und schon nach zehn Minuten nicht mehr zu wissen, wie er den Krampf in ihnen wieder lösen konnte. Ganz am Anfang ihrer Beziehung, damals noch in der Schule, hatten sie einmal den Fehler gemacht, sich im Kino mitten hinein in die Reihe zu setzten. Bereits nach einer halben Stunde hatten sie den Film wieder verlassen müssen, weil John so unruhig geworden war, daß Laurie Mitleid mit ihm hatte und ihm statt dessen zu einem Eis eingeladen hatte. In einer Eisdiele, wo die Tische genügend Abstand aufwiesen, damit John seine Beine in Ruhe sortieren konnte.

John lächelte bei der Erinnerung daran und teilte dann, auf einen fragenden Blick von Laurie hin, ihre gemeinsame Erinnerung ein zweites Mal mit ihr. Hell lachte Laurie auf, als er ihr dieses Ereignis wieder ins Gedächtnis rief. „Oh, mein Gott, daß ist jetzt aber schon lang her. Ich kann mich kaum noch daran erinnern!“ Sie nahm auf den zweiten Stuhl Platz und überließ John den am Rand. „Obwohl“, überlegte sie laut. „Jetzt wo du es sagst. Hattest du nicht den Film später aus der Videothek geholt, damit wir ihn uns noch einmal zu Hause anschauen können?“........ wo sie ihn auch nicht gesehen hatten, wie sich Laurie mit einem erröten bei ihrem damaligen Zeitvertreib erinnerte. Schnell sah sie nach vorne zu dem Pult und wechselte im selben Augenblick das Thema. John verhielt sich zwar ihr gegenüber anders als er es sonst in letzter Zeit getan hatte, aber trotzdem wollte sie nicht gleich wieder alles mit einer solch einfachen Erinnerung wieder zunichte machen.

„Ich bin gespannt, ob der Autor auch gut vorlesen kann. Ein Buch zu schreiben, heißt nicht auch lesen zu können.“ Sie rutschte auf ihrem Stuhl ein Stück nach vorne und warf einen Blick auf das Buch, welches bereits auf dem Pult lag. „Auf jeden Fall, gibt es eine Menge Lesezeichen in dem Buch“, bemerkte sie zu John, ohne die gelben Zettel zwischen den Seiten aus den Augen zu lassen. „Ein gutes Zeichen.“ Sie grinste erfreut vor sich hin. „Weißt du noch, bei der einen Buchlesung, waren wir genau zwanzig Minuten da, weil der Autor nicht soviel von seinem Buch hergeben wollte. Was für eine Geldverschwendung!“
Huch, schon wieder so eine private Erinnerung, fiel Laurie auf. Sie sollte damit dringenst aufhören, wenn sie nicht wollte, daß sie demnächst hier alleine sitzen würde. Aber das war gar nicht so einfach. Immerhin hatte sie die meiste Zeit ihres Lebens mit John verbracht.

„Wir haben den Film immer noch nicht gesehen.“ Eine leise Antwort auf Lauries erste Frage. Überrascht drehte sich Laurie zu John um und schaffte es doch tatsächlich ein zweites Mal innerhalb von wenigen Minuten zu erröten.
Mein Gott, sie saß doch hier neben John. Den Mann mit dem sie fast ihr ganzes Leben zusammen verbracht hatte! Warum wurde sie denn immer noch rot bei ihm? Sollte sie nicht ein wenig abgeklärter sein und irgendeine geistreiche Antwort für ihn auf Lager haben?
Nein, beschloß Laurie selbst. Nicht wenn man bedachte, was innerhalb der letzten Monate alles passiert war.

„Nun, ich glaube nicht, daß dies eine kurze Lesung wird.“ Johns Stimme hatte wieder seine normale Lautstärke angenommen. „Immerhin waren wir schon einmal bei einer Probe seines Könnens!“ Eine Antwort auf ihr Ablenkungsmanöver. „Ach!“ Wieder war Laurie erstaunt, aber diesmal aus einem anderen Grund. „Wirklich? Du meinst wir waren schon auf einer Lesung von Dan Brown? Was für ein Buch soll das denn gewesen sein?“ Ihre Augen kniffen sich vor Anstrengung zusammen, den Namen mit einem Buch in Verbindung zu bringen. Sie schüttelte den Kopf, nur Sekunden bevor John ihr den Namen des Buches sagte. „ `Digital Fortress`* .“ Laurie war sich sicher den Namen noch nie gehört zu haben. „Kenn ich nicht. Da mußt du mit jemand anderem gewesen sein.“ John antwortete nicht sogleich, sondern betrachtete Laurie statt dessen mit spöttisch verzogenem Mund. Und beobachtete sie dabei, wie sie versuchte sich auch daran zu erinnern. Typisch Laurie, erst mal Nein sagen.

„Laurie, das Buch mit dem Super Computer von der NSA!“ Laurie schüttelte abermals den Kopf, obwohl in einem entfernten Winkel des Gedächtnisses ein kleines Lämpchen anging. „Komm schon Laurie, wir waren zusammen dort. Es ging um den Translator von der NSA der durch einen ausgeklügelten Code von einem ehemaligen Mitarbeiter, lahm gelegt wurde.“

Ein weiteres Lämpchen schaltete sich ein, brachte aber noch nicht die vollständige Erinnerung an das Buch zurück. Laurie wandte den Blick von John und nahm statt dessen den blauen Teppich des Saales in Augenschein. Sie blinzelte ein paar Mal, doch eine weitere Erinnerung wollte sich einfach nicht einstellen. Sie sah wieder hoch zu John. „Und? Warum hat er es getan?“ Das spöttische Lächeln verschwand nicht von Johns Lippen. Nicht zu glauben, daß sie sich mit einem fabelhaften Gedächtnis rühmte und dann das Buch doch vergaß. Er lehnte sich mit verschränkten Armen vor der Brust in seinen Stuhl zurück und genoß den Augenblick des Triumphes, daß er sich an etwas erinnern konnte, was aus ihrem Gedächtnis verschwunden war.
Plötzlich schien sich in Laurie etwas zu regen. „Warte mal!“, unterbrach sie den schweigenden John. „Welche Farbe hatte das Cover?“ „Das Cover? Was hat das mit dem Buch zu tun?“, fragte er nach und konnte in diesem Augenblick Lauries Gedankengänge so überhaupt nicht nachvollziehen. „Ja, das Cover, welche Farbe hatte es?“, wollte Laurie erneuert wissen.
John dachte nach. „Ich glaube es war...beige und grün. Die obere Hälfte beige, die untere Hälfte grün.“
„Ah, ich weiߓ, erinnerte sich Laurie an das Buch. „Ensai Tankado hatte den Code entwickelt, um die Machenschaften des NSA an die Öffentlichkeit zu bringen. Wenn sie es nicht schaffen, den Virus wieder zu eliminieren, dann würde er das Sicherheitssystem des NSA platt machen und damit jedem Hacker Zugang zu den geheimen Daten erlauben.“ Triumphierend sah Laurie wieder John an. „Ha!“, stieß sie noch aus. „Und ich konnte mich deswegen mich nicht gleich an das Buch erinnern, weil du es in die Badewanne geschmissen hattest und ich ewig warten mußte, bis du eine neues gekauft hast.“ Und gleich hatte sie auch noch eine Schuldzuweisung für ihren Gedächtnisverlust gefunden. Abwehrend hob John seine Hände. „Moment mal. Jetzt mach nicht mich dafür verantwortlich. Wenn du es nicht auf den Rand der gefüllten Wanne abgelegt hättest, dann wäre mir auch das Buch nicht ins Wasser gefallen, sondern nur in eine leer Wanne!“ „Ja, aber dann hätte das Buch da auch nicht gelegen“, schoß Laurie sofort zurück.

Eine ganz kleine Diskussion war zwischen den beiden entstanden, aber keine die man als Streit hätte ansehen können. Mehr wie ein liebevoller Austausch von Erinnerungen an ein Buch, welches nicht das einzige war, das seinen Weg in die Wanne gefunden hatte. Laurie hatte ein unschätzbares Talent dafür an den Tag gelegt, Bücher nach der Hälfte des Lesens mit Wasser zu begießen. Wie der Farn, über der Badewanne regelmäßig von ihr mit Wasser versorgt worden war.
Beiden schien zur gleichen Zeit derselbe Gedanke durch den Kopf zu gehen, denn sie sahen sich nur grinsend an. Laurie unterbrach de Blickkontakt als erstes.
John als zweites, als er sich wieder bequem in seinen Stuhl zurück lehnte und das Pult mit dem Buch seine Aufmerksamkeit schenkte. Auf einmal fand er es gar nicht mehr so schlimm, mit Laurie über vergangene Gemeinsamkeiten zu reden. Etwas was für ihn am Anfang des Tages noch undenkbar erschienen war. Wenn er sich nur eine Stunde später mit Laurie getroffen hätte, dann wäre das Treffen sicherlich anders ausgefallen. Ruhig, distanziert und schnell wieder beendet. Mit gemischten Gefühlen, durcheinander gehenden Gedanken und vielleicht auch mit Zweifel, ob er sich richtig verhalten hat. Aber die Lesung war keine Stunde später, sondern erst für viele tausend Sekunden später angesetzt gewesen. Nach seinem Treffen mit Rose, nach dem Gespräch zwischen Mr. Faison und ihr, und nach einer Erkenntnis von Johns Seite aus. Jetzt war dieses Geplänkel zwischen ihnen ok und John empfand sogar ein gewisses Vergnügen daran, Laurie in Verlegenheit zu bringen. Wie lange hatte er das schon nicht mehr geschafft?

Die Lichter im Saal verdunkelten sich. Alle, bis auf das Licht auf dem Lesepult und einem kleinen Scheinwerfer, der nun einen Mann in Jeans, hellem Sakko und schwarzem Rollkragenpullovern anstrahlte. „An den kann ich mich erinnern“, flüsterte Laurie John zu, als sie sich an ihren eigenen Stuhl anlehnte. „Bei seiner ersten Lesung hatte er genau dasselbe getragen!“ John warf Laurie nur einen amüsierten Blick zu. Auch das war mal wieder für den Unterschied zwischen ihnen beiden typisch. Während John sich den Mann durch seine dunklen Augen, der hohen Stirn und dem Grübchen im Kinn eingeprägt hatte, erkannte Laurie ihn an Hand seiner Kleidung wieder. Was wäre gewesen, wenn er heute Abend etwas anderes getragen hätte, fragte sich John. Hätte Laurie dann wieder behauptet, daß sie mit ihm nicht auf einer Lesung von Dan Brown gewesen war?

Mit einem leichten Seitenblick betrachtete er Laurie zu seiner Seite. Aufmerksam saß sie da, soweit man von dieser Position noch von sitzen reden konnte. Hatte die bequeme Position in ihrem Stuhl wieder aufgegeben und saß nun bei den einleitenden Worte des Autors, vornüber auf ihre Oberschenkel gestützt. Den Kopf in beiden Händen vergraben, mit leicht geöffneten Lippen, den Blick nicht von dem Schriftsteller nehmend.
Trotz des entspannten Geplänkels zwischen ihnen und trotz des Wunsches ihr doch wieder nahe sein zu wollen, seufzte John still in sich hinein. Ging es überhaupt, daß sie sich wieder annäherten? Rose hatte durchaus Recht, wenn sie sagte, daß das Trennungsthema noch immer bestand. Leider war das kein Thema, das sie beide so einfach vom Tisch reden konnten. Wenn sie darüber sprachen, dann mußte wieder Vertrauen zwischen ihnen da sein. Dann mußte auch die Möglichkeit da sein, reden zu können. Und das war etwas, was schon lange nicht mehr konnten.
Johns Blick ruhte weiterhin nachdenklich auf Laurie. Auf ihrem dunklem, roten Haar, welches durch das gedämpfte Licht fast schon an das braun verwelkter Blätter erinnerte. Sie drehte sich kurz zu ihm hin, sah, daß er sie betrachtete und wandte sich sofort wieder dem Pult zu, wo inzwischen Mr. Brown Platz genommen hatte.
Gab es eine Möglichkeit, fragte sich John abermals, einen Neuanfang zu machen, ohne die Mitte zu betrachten?

Die ersten Sätze aus einem Buch mit vielen gelben Zetteln gelesen, brachte John wieder auf den heutigen Abend zurück. Vielmehr auf dem Grund, warum er eigentlich hier war. Er wandte seine Aufmerksamkeit nun ebenfalls dem Mann mit dem schwarzen Rollkragenpullover zu und ließ sich von seinen Worten in eine andere Welt entführen. In die Welt von `Angels and Demons`**.
Tauchte, zusammen mit den vielen Zuhörern hier im Saal, in die Welt von Maximilian Kohler und CERN. Betrachtete die Vatikanstadt aus den Augen des Schriftstellers und verspürte das heimliche Bedürfnis, wenigstens einen kurzen Blick auf Vittoria Vetra zu werfen. Einer Frau von solch Temperament, Feuer und Starrsinn, daß John grübelte, ob sie vielleicht auch rote Haare besaß, oder ob das einfach nur ihr italienisches Erbe war. Seine Begegnung mit den Illuminati war eher flüchtig, aber die Freude von Langdon in das Geheimarchive des Vatikans zu gelangen, löste auch in ihm Freude aus. Jedenfalls solange, bis die Stromversorgung zusammenbrach, die Lichter in dem Büchertresor ausgingen und mit ihnen die Lüftung für die verglaste Kammer. Bis zu dem Augenblick, wo er zusammen mit Langdon regelrecht zu spüren schien, wie die dünne Luft in dem Raum immer weniger wurde und das Atmen immer schwerer.

Eine schmale, kühle Hand schob sich in die Seine und brachte Johns Aufmerksamkeit wieder zurück in die Wirklichkeit, als er desorientiert einen Blick darauf warf. Und dann zu der Frau zu seiner linken, welche steif neben ihm auf einem der blaubezogenen Stühle saß und mit weit geöffneten Augen, den Mann betrachtete, der ihnen diese Spannung unterbreitete. Nichts schien Laurie um sich herum wahrzunehmen. Nicht einmal wie John verblüfft wieder auf ihrer beiden Hände schaute.
So vertraut war diese Reaktion von ihr, auf die Spannung im Saal. So unbewußt und unschuldig, berührte sie mit dieser Geste Johns Herz, so daß auch der letzte Funke von Zweifel in ihm erlosch.
Ein einzelnes, zartes Blatt, aus einem einfachen Samenkorn in Johns Herzen gepflanzt, schob sich nun vorwitzig der Sonne entgegen.

Und das war die Geste, auf der Andys gesamter Plan basiert hatte.

Die Spannung ebbte ab. Wurde unterbrochen von einem grinsenden Dan Brown, der verkündete, daß wenn jemand wissen wollte, wie diese Szene zu Ende ging, er sich das schon das Buch kaufen müßte. Vereinzelte Lacher erklangen. Die Anspannung in Laurie verschwand und das Gefühl für ihren Körper setzte wieder ein. Und mit ihr die Erkenntnis, daß ihre Hand sich nicht mehr wie zuvor in ihrem Schoß befand, sondern in warmen Händen zu ihrer rechten. In diesem Augenblick brauchte Laurie keinen Spiegel um festzustellen, daß ihr Gesicht schon wieder diese dezente rote Färbung angenommen hatte. Sie spürte es schon an der Hitze, welche sich auf ihren Wangen ausgebreitet hatte.
Verlegen löste sie ihre Hand aus Johns Fingern.
„Ich bin gleich wieder da!“, flüsterte sie zu John geneigt, um mit ihrer Stimme nicht den Schriftsteller zu übertönen. Scheinbar gelassen schlängelte sie sich an ihm vorbei und erst als sie sicher war, daß der Teppich den Laut ihrer Schritte verschlucken würde, beschleunigte sie diese, und stürmte durch den breiten Gang dem Foyer entgegen.

Im Foyer herrschte plötzlich wieder die Realität. Verschwand die Welt von Dan Brown hinter dem grellen Licht der Beleuchtung und gelangweilten Angestellten bei ihrer Arbeit. Leise Unterhaltungen drangen zu Lauries Ohren durch, ebenso wie verwunderte Blicke über die zarte Röte im Gesicht der rothaarigen Frau, welche nun zielstrebig den Raum durchquerte und die Tür zu den Damentoiletten aufstieß.

Keuchend blieb Laurie an den Waschbecken stehen. Einatmen, ausatmen. Mein Gott, wie viele Male hatte sie diese Prozedur in den letzten Monaten so bewußt eingesetzt?
Ihre Hände stützen sich auf den Rand des Beckens, während sie mit gesenktem Kopf versuchte ihr heftig klopfendes Herz wieder unter Kontrolle zu bekommen. Ein...aus...ein...aus...
Verdammt, was war nur los mit ihr? Das war nur John, neben dem sie saß. Den Mann den sie seit nunmehr fünfzehn Jahren kannte und mit dem sie bestimmt schon viel peinlichere Momente geteilt hatte, ohne dabei ständig die Gesichtsfarbe zu wechseln. Aber schon alleine die Erinnerung daran, wie er sie lächelnd angesehen hatte, als sie an ihm vorbeigestürzt war, machte aus ihrem Herz wieder einen kleinen Kolibri.
Das kalte Licht der Neonröhre über ihr, ließ ihr Gesicht in dem Spiegel fahl wirken. Zeigte ihr blaue Auge und erhitze Wangen, Verwirrung und doch ein wenig Freude.
Bei Danny hatte sie sich schon wie eine sechzehnjährige gefühlt, warum denn jetzt auch bei John? Immerhin hatte sie Danny nicht gekannt, alles war damals so neu und aufregend. In dem Fall waren Nervosität und Unsicherheit die vollkommen natürlichen Begleiter bei ihren Verabredungen gewesen.

Aber John kannte sie. Da dürfte doch so etwas überhaupt nicht passieren.
Laurie starrte in den Spiegel, musterte dort ihr Gesicht so genau, als ob sie dort die Antwort auf ihre Frage finden könnte. Aber wie auch schon zuvor, war da nichts.
Ein leises Summen aus ihrer Handtasche, lenkte Lauries Aufmerksamkeit von dem Spiegel auf das Handy, welches im unbekümmerten Rhythmus gegen ihr Brillenetui schlug. Fahrig öffnete sie die Tasche und holte das winzige Telefon aus ihr. Unbekannter Anrufer. Wer sollte sie auch anrufen, immerhin hatte sie ihr neues Handy erst seit ein paar Stunden? Trotzdem klappte sie ihr Handy auf und nahm damit den Anruf entgegen. „Hallo? “ Ihre Stimme klang so unsicher, wie ihre Wangen noch rot waren. Jedoch setze auch mit dem Klang ihrer Stimme wieder ihr Erinnerungsvermögen ein. Jessie. Nur sie konnte diese Nummer haben, denn Laurie hatte den Ratschlag ihrer Freundin angenommen und war irgendwann doch zu Peter ins Geschäft gegangen, um sich von ihm beraten zu lassen. Und Jessies Freund hatte eine Engelsgeduld mit ihr gehabt. Ihm allein war es zu verdanken, daß Laurie nun wieder ein Handy hatte und Jessie sie anrufen konnte.





Re: Another year has gone by

„Jessie?“ Ein leises Kichern drang an ihr Ohr. „Hey, Süße. Ich konnte einfach nicht widerstehen, Ich mußte einfach die erste sein, die dich zu deinem neuen Handy beglückwünscht. Ich hoffe es ist in Ordnung für dich, daß Peter mir die Nummer gegeben hat?“ Selbst wenn es nicht ok gewesen wäre, hätte es Jessie nicht wirklich gekümmert. Laurie war ihre Freundin und damit fühlte sie sich durchaus auch berechtigt, ihre Nummer ausfindig zu machen. Und wenn es auch durch gemeine Erpressung Peter gegenüber war. Keine Telefonnummer, kein gemeinsames Abendessen. Punkt. So einfach konnte es sein, wenn man einen Mann zu etwas zwingen wollte. Das der Schuß in soweit nach hinten losgegangen war, daß sie nun für das Abendessen zuständig war, war nur eine dieser kleinen unwichtigen Nebensächlichkeiten, welche Jessie nicht wirklich störte.

„Das ist wirklich lieb von dir. Trotzdem muß ich dir leider sagen, daß du einen äußerst ungünstigen Zeitpunkt für deinen Glückwunsch gewählt hast. Ich bin doch auf der Buchlesung!“ Jessies kichern verschwand hinter einem bestürzten Oh. „Daran habe ich gar nicht mehr gedacht. Warum bist du dann ans Handy gegangen. Oder vielmehr, warum hast du es nicht ausgeschaltet“, wollte Jessie von ihrer Freundin wissen, welche sich in diesem Augenblick das gleiche fragte. „Ich habe nicht mehr daran gedacht. Anscheinend habe ich mich so an einem Leben ohne Handy gewöhnt, daß mir diese Kleinigkeiten entgangen ist.“ Laurie drehte dem ungnädigen Spiegel nun den Rücken zu und lehnte sich mit den Hintern ans Waschbecken.

„Und“, fragte Jessie weiter. Offensichtlich trotz des ungünstigen Zeitpunktes nicht bereit, das Gespräch zu beenden. „Wie ist es mit Sylvia. Benimmt sie sich auch anständig?“ Laurie befand, daß Jessie eindeutig langweilig sein mußte, wenn sie ihr jetzt mit einer solch banalen Frage kam. Welche allerdings gar nicht so banal war, wenn man bedachte, daß nicht Sylvia, sondern John neben ihr saß.

„Sylvia ist im letzten Moment was dazwischen gekommen und hat abgesagt.“ Laurie starrte die weißen Fliesen zu ihren Füßen an. Sollte sie Jessie erzählen, daß sie mit John hier war? Eine Frage, deren Antwort Jessie ihr sogleich abnahm. „Oh du Arme, bist du jetzt allein da? Auf jeden Fall haben wir keine gute Verbindung, es hallt fürchterlich.“ Laurie lächelte. „Nein, das liegt nicht an der Verbindung. Ich bin im Waschraum.“ Und dann nach einer Sekunde des Zögerns, beantwortete sie auch Jessies erste Frage. „Ich bin mit John da.“ Laurie hörte, wie Jessie am anderen Ende überrascht die Luft einsog. „Wie ist es denn dazu gekommen?“ Laurie zuckte mit den Schultern. Eine automatische Reaktion auf Jessies Frage, welcher aber natürlich nicht von ihr gesehen werden konnte und so antworte ihr Laurie: „Andys Sohn ist in der Stadt und Sylvia will ihren Freund zu dem Treffen begleiten. John war so nett, und ist eben eingesprungen.“ Laurie fragte sich, wie oft diese Erklärung heute schon die Runde gemacht hatte.

Und sie hätte sich vielleicht auch fragen sollen, warum jeder, der davon hörte, sich versuchte das Lachen zu verbeißen. Nun, Jessie tat es zwar auch, aber wenn Laurie sie jetzt gesehen hätte, dann hätte sie eine Jessie gesehen, welche über das ganze Gesicht strahlte und Peter einen hochgestreckten Daumen zeigte. Und ein verwirrtes Gesicht von Peter, der gar keine Ahnung hatte, worum es bei diesem Gespräch eigentlich ging.

„Und wie läuft es zwischen dir und John?“ Vorsichtig fragte Jessie nach. Wollte erst einmal Lauries Reaktion abwarten, bevor sie ihr noch ein paar gute Tips für den Abend gab. Zum Beispiel solche, die ihr Temperament und ihr loses Mundwerk betrafen.

Laurie verzog spöttisch den Mund. Wie es lief? Grauenvoll, wenn sie den Abend zu einem einzigen Wort zusammenfassen sollte. „Ganz toll“, tropfte dann auch die Ironie aus ihrer Stimme. „Ich wechsele hier schneller die Gesichtsfarbe, als Jimmy Doughnuts in sich hineinstopfen kann.“ Und das war verdammt schnell, wie die beiden Freundinnen von Julias Mann wußten. An ihrem Ohr, hörte Laurie Jessies glucksen. „Ich weiß nicht was du hast, du hast doch schon mit Danny dieses Spiel gespielt.“

„Ja, aber da habe ich wenigstens immer eine Stunde dazwischen Zeit gehabt mich wieder davon zu erholen, bevor ich zur nächsten Färbung übergegangen bin. Bei John schaffe ich es im fünf Minuten Rhythmus.“ Das leise Glucksen wurde zu einem herzhaften Lachen. „Oh, wie schade, daß ich da nicht bei bin. Ist das der Grund, warum du nicht auf deinem Platz bist?“ „Ja“, antwortete ihr Laurie durch zusammen gebissene Zähne. „Genau das ist der Grund und...“ Laurie kam nicht mehr ihren Satz zu beenden, denn Jessie fiel ihr übermütig ins Wort. „Komm schon Süße. Beiß in den sauren Apfel und gehe jetzt brav wieder zurück. Du wirst schon sehen, in einer Stunde hast du das Schlimmste hinter dir!“ Daraufhin kam von Jessie nur noch ein schnelles: „Machs gut.“ Und dann war die Leitung tot. Jessie hatte den Hörer aufgelegt, ohne Laurie die Chance zu geben sich ebenfalls zu verabschieden. Entgeistert über die Dreistigkeit ihrer Freundin, starrte Laurie das kleine Handy in ihrer Hand an. Was sollte das denn? Jessie war doch diejenige gewesen die unbedingt plaudern wollte und jetzt, wo Laurie dazu bereit gewesen war, legte sie einfach auf? Vielleicht hatte sie ja gewußt, daß wenn Laurie jetzt weiter geredet hätte, sie nicht mehr so schnell in den Saal gegangen wäre. Das sie sich erstmal ihren ganzen Frust vom Herzen redete.

Und genau das hatte Laurie auch vorgehabt. Immerhin war inzwischen mehr als eine Stunde vergangen, seit sie John heute abend das erste Mal gegenübergestanden hatte und es war noch immer keine Besserung in Sicht.

Ergeben schaltete Laurie nun ihr Handy endlich aus und machte sich dann zurück in den Saal. Jessie hatte Recht. Es hatte keinen Sinn, sich auf der Toilette zu verstecken.

In den schummrigen Saal, herrschte noch immer eine angespannte Atmosphäre. Laurie fragte sich, wieviel sie inzwischen verpaßt hatte, doch in den zehn Minuten in denen sie weggewesen war, konnte doch noch nicht so viel passiert sein. Es sei denn, es war ein seeehr spannendes Buch.

Sie schenkte John ein leichtes Lächeln, als sie sich wieder an ihm vorbei zu ihrem Platz schob. In einer normalen Gesichtsfarbe und ohne die Absicht noch einmal zu erröten. Für den heutigen Abend, hatte sie das wirklich genügend praktiziert.

„Habe ich was verpaßt?“, wisperte sie leise, um die erwartungsvolle Stille nicht zu stören. Und John nickte. „Einiges“, flüsterte er genauso leise zurück. Gab ihr jedoch keine weitere Auskunft über den verpaßten Teil, sondern lauschte wieder dem Schriftsteller in seiner Vorlesung. Hmmm, das half ihr jetzt nicht wirklich weiter, dennoch lehnte sie sich wieder in das blaue Polster zurück und versuchte sich wieder auf das Geschehen von Robert Langdon und Vittoria Vetra zu konzentrieren. Mit Erfolg. Nur wenige Minuten später war sie abermals genauso von dem Buch gefangen, wie auch schon vor dem Verlassen des Raumes.

Vittoria war verschwunden, war das erste, was Laurie auffiel, als sie der dunklen Stimme lauschte. Und Langdon war auf der Suche nach dem vierten Ort für das Verbrechen an dem letzten Kardinal. Er war in einer Kirche, vor sich einen Plan der Feuerwehr ausgebreitet und markierte auf ihr die drei verschiedenen Stätten, wo die Hinrichtungen der ersten drei Kardinäle stattgefunden hatten. Seine Hand verband die drei Orte und seine Augen verfolgten diese Linien, in dem Bewußtsein, daß er irgend etwas übersehen hatte.

Laurie auf ihrem Platz, weit von der italienischen Kirche Santa Maria della Vittoria, versteifte sich und runzelte die Stirn.

 

Er hatte erst drei Punkte gefunden, und es waren insgesamt  vier. Und wo ist das verdammte Wasser? Der vierte Punkt würde das Dreieck zerstören – es sei denn, er befand sich innerhalb des Dreiecks, im Zentrum. Langdom betrachtete die Stelle auf der Karte. Nichts. Der Gedanke ging ihm trotzdem nicht aus dem Kopf. Die vier Elemente der Wissenschaft hatten als gleichwertig gegolten. Wasser war nichts Besonderes gewesen  - ganz sich hatte es nicht im Zentrum der übrigen drei Elemente gestanden.

Trotzdem, so sagte ihm sein Instinkt, konnte die symmetrische Anordnung unmöglich  Zufall sein.***

Parallel mit Langdon, versuchte sich auch Lauries Gedächtnis an etwas zu erinnern, das sie vor einiger Zeit von Sylvia gehört hatte. Die es von Andy hatte. Der dabei gewesen war, als......

Es dauerte dreißig weitere Sekunden, bis es ihm wie Schuppen von den Augen fiel, und schlagartig verspürte er ein Hochgefühl wie noch nie zuvor während seiner akademischen Laufbahn.***

.....als John ebenfalls an Hand einer Karte, daß nächste mögliche Ziel von Diabolo herausgefunden hatte.

Laurie drehte ihren Kopf zu John hin, verblüfft und fragend gleichzeitig. Und ein wenig amüsiert, daß John den gleichen verwirrten Ausdruck im Gesicht trug wie sie selbst. „Schau mich nicht so an“, flüsterte John, als er sich zu ihr hinüberneigte. „Ich kenne den Mann nicht! Und das Buch ist noch nicht veröffentlicht.“ Er sah wie Laurie anfing zu grienen. „Wir müssen Wanzen im Büro haben, anders kann ich es mir nicht erklären!“

Leider war auch mit diesem Abschnitt aus dem Buch, das Vorlesen von Mr. Brown beendet. Wieder strahlte er seine Zuhörer an und verkündete, daß der Rest ihrer Fantasie überlassen sei, oder aber, daß sie sich vielleicht doch das Buch kaufen sollten, wenn sie wissen wollten wie es weiter geht.

Die Lichter erhellten wieder den Saal und machten ein jeden von ihnen klar, das es hier nicht wie bei einem Konzert, eine Zugabe geben würde. Murmeln erklang, das Rücken von Stühlen und das Rascheln von Jacken und Taschen. John und Laurie erhoben sich zusammen mit den anderen Besucher dieser Lesung. „Möchtest du es gleich haben?“ John deutete auf einen kleinen Stand, wo bereits der Verkauf der Bücher begonnen hatte. Eine lange Schlange hatte sich innerhalb weniger Minuten vor ihm gebildet und immer weitere Männer und Frauen stellten sich artig an ihrem Ende an. Warteten geduldig, bis auch sie an die Reihe kamen und ließen sich dann auch gleich das Buch mit einer persönlichen Widmung von dem Autor versehen.

„Wie brav sie warten!“, bemerkte Laurie. „Ich wünschte die Leute, die mit mir heute in dem Handy Laden gewesen waren, wären genauso geduldig gewesen.“ Ein Seufzen entfuhr ihren Lippen, als sie die Schlange sah, die immer schneller anwuchs. Gern hätte sie das Buch gleich gehabt, aber bei dem sich ihr bietender Anblick, entschied sie sich dagegen. „Nein. Ich kann noch warten, ab morgen kann ich es sowieso überall kaufen.“ Sie griff nach ihrer Tasche. „Keine Widmung?“, lächelte John, der ganz genau wußte, wie unwichtig Laurie solche Dinge waren. Wichtig war das Buch und nicht, was jemand zusätzlich hinein geschrieben hatte.

„Keine Widmung!“, lachte sie zurück. „Wie sieht es bei dir aus? Willst du es gleich mitnehmen?“ „Nein. Ich möchte erstmal eine nacht darüber schlafen und dann werde ich wie immer eine Woche warten, bis ich es mir kaufe.“ John trat einen Schritt beiseite, um Laurie den Vortritt zu geben. „Ich verstehe. Du willst dich eine Woche daran freuen, was für ein schönes Buch du dir kaufen willst.“ „Richtig!“, grinste John Laurie vor sich an.

Gemeinsam schoben sie sich an der wartenden Schlange vorbei, durchquerten das Foyer und standen nur kurze Zeit später in der frischen Luft vor dem Gebäude.

„Wollen wir noch was trinken gehen?“ Aufmerksam schaute John Laurie an und wünschte sich, daß sie ja sagen würde. Er wollte den Abend nicht so schnell beschließen, wollte gerne noch ein bißchen Zeit mit ihr verbringen. Doch diesmal kam kein Ja von Lauries Lippen. „Nein, lieber nicht. Ich habe morgen gleich ganz früh einen Termin im Gericht und da möchte ich ungern mit Kopfschmerzen erscheinen.“ Und als sie den enttäuschten Gesichtsausdruck von ihm sah, fügte sie noch lächelnd hinzu: „Aber du darfst mich zum meinem Wagen bringen, wenn du gern magst!“ John schaute kurz auf den Boden, um gleich darauf wieder den Blick zu heben und sie mit geneigtem Kopf von unten her anzulächeln. „Das würde ich sehr gern.“ Wärme durchflutete Laurie bei diesen Worten und diesem Blick. Angefangen in ihrem Magen und sich dann schlagartig ausbreitend bis zu ihrem Gesicht. Doch diesmal blieb sie tapfer und schaute nicht weg, sondern erwiderte trotzdem das  Leuchten in seinen Augen. Konnte man sich, obwohl man bereits liebte, auch wieder verlieben? Und zwar in den gleichen Mann?

„Na dann komm, wir müssen da entlang.“

Eine Weile liefen sie schweigend nebeneinander, sprachen kein Wort, sondern suchten die Nähe zueinander in einem gleichmäßigen Rhythmus ihrer Schritte. John hatte seine Hände, wie so häufig bei einem Sparziergang, in seinen Hosentaschen vergraben. Lauries umfaßten ihre Handtasche. Und doch hätten beide gern in diesem Augenblick mit ihren Händen etwas anderes gemacht.

Mit Erleichterung stellte John fest, daß Laurie anscheinend nicht in der Nähe der Veranstaltung geparkt hatte, sondern sich vermutlich einen Parkplatz gesucht hatte, wo sie bequem und ohne größere Schwierigkeiten in die Parklücke gekommen war. „Und wie fandest du das Buch?“, fragte er auf der Suche nach einem Gesprächsthema bei Laurie nach. „Gut. Ausgesprochen gut sogar. Das was unser guter Mr. Brown vorgelesen hat, war wirklich sehr spannend. Und wie hat es dir gefallen?“ „Auch sehr gut!“ Johns Antwort kam etwas zerstreut, denn ihm gingen gerade zwei ganz andere Dinge durch den Kopf. Das eine davon war, daß sie inzwischen wirklich schon sehr weit gelaufen waren, ohne das Lauries Auto in Sichtweite kam. „Laurie?“ „Hmmm?“ Laurie schaute ihn nicht an, sondern deutete mit dem Finger um eine weitere Ecke. „Da herum“, gab sie nur knapp die Richtung vor.

„Laurie?“, setzte John erneuert an, nachdem sie die Ecke umrundet hatten. „Wo steht eigentlich dein Wagen?“ Die Richtung, in die sie nun gingen, kam ihn eindeutig bekannt vor.

„Vor meiner Haustür!“  Kichernd vergrößerte Laurie den Abstand zwischen ihnen, um einen möglichen Stubser von John aus dem Weg zu gehen. „Ich dachte mir, daß wenn du gerne mit mir was trinken gehen magst, hast du auch sicher nichts gegen einen kleinen Sparziergang.“ Der auch ungefähr eine Stunde dauern würde, wenn John sich ansah, wo sie eigentlich waren. Aber er mußte ebenfalls über Lauries Einfallsreichtum lachen, der ihr auf den Weg nach Hause ein sicheres Geleit gab. „Geschickt eingefädelt“, bemerkte er. „Du wußtest doch, daß ich dich zu deinem Auto begleiten würde.“

Er sah, wie Laurie lächelnd, aber achtlos die Schultern hob. „Wie sollte ich das denn einfädeln? Ich wußte doch nicht, daß du mich zu dieser Lesung begleiten würdest. Meinst du ernsthaft, ich hätte Sylvia gebeten mich auf diesem kleinen Spaziergang zu begleiten?“ Sie vergrub nun ebenfalls die Hände in den Hosentaschen.  John lächelte, wußte er doch, daß Laurie mit Absicht seine Frage falsch ausgelegt hatte.

Wieder liefen sie eine Weile in einträchtiger Ruhe nebeneinanderher, paßten unbewußt ihre Schrittgeschwindigkeit einander an und genossen die süße Abendluft, welche nun wirklich das Gefühl von Frühling vermittelte.

Die zweite Sache, die John durch den Kopf ging, war schon schwieriger in Worte zu kleiden. Denn es ging um Danny. So wie Mika kein Thema mehr zwischen ihnen war, so war auch Danny in das Schweigen ihrer Gedanken zurückgeschoben worden. Aber wenn er wirklich versuchen wollte ihre verlorene Ehe wieder zu retten, dann mußte er sich sicher sein, daß es keinen weiteren Mann mehr in Lauries Leben gab. Nun, er hatte Danny gesehen und er war sich sicher, daß seine Einschätzung die richtige gewesen war, jedoch war es für ihn wichtig, es aus Lauries Mund zu hören.

Trotzdem konnte er sich nicht gleich überwinden, sie etwas so persönliches zu fragen. Also fing er an über die einfachen Dinge des Lebens zu reden. Fing an zu spekulieren, wie wohl der Abend zwischen Andy und seinem Sohn laufen würde. Lachte mit Laurie bei der Überlegung, ob Sylvia es mit ihrer diplomatischen Art schaffen würde, daß gespannte Verhältnis zwischen ihnen beiden zu glätten. Redete mit ihr über die Arbeit und fing eine Diskussion mit ihr über den Inhalt des Buches an, von dem sie heute beide gehört hatten. Und vermied in jeder Gesprächspause, das Thema anzuschneiden, welches ihm eigentlich am Wichtigsten war.

Doch ihm lief die Zeit davon. Von der geschätzten Stunde, die sie unterwegs sein würden, waren bereits drei Viertel vergangen. Schon tauchten vor John die ersten bekannten Häuser auf und wiesen ihn daraufhin, daß ihm nicht mehr viel Zeit blieb, um dieses unliebsame Thema zur Sprache zu bringen. Die Pausen in seinen Antworten bei der Diskussion wurden immer länger und ihre Inhalte immer fahriger.

„Was ist los John?“ Mitten in ihrem Satz über den Vatikan, wechselte Laurie abrupt das Thema. Ließ den angefangenen Satz unfertig in der Luft hängen und blieb statt dessen stehen. John war schon ein paar Schritte weiter, bevor ihm auffiel, daß Laurie an seiner Seite fehlte. Überrascht blieb er ebenfalls stehen und schaute sich nach seiner Begleiterin um. „Was ist los, Laurie? Bist du umgezogen und wir sind schon da?“, scherzte John mit ihr.

Laurie dagegen stand da und beobachtete seine schlanke Gestalt, wie sie sich lächelnd zu ihr umdrehte. Wußte sie es doch. John hatte ihr zum Schluß gar nicht mehr zugehört. Doch anstatt nun sauer auf ihn zu werden, wie sie es vielleicht noch vor einem Jahr geworden wäre, schaute sie ihn einfach nur an und wiederholte ihre Frage. „John, was ist los mit dir? Was geht dir durch den Kopf, daß du mir gar nicht mehr zuhörst?“ Das war eine sehr private Frage, die sie ihm da stellte, und vielleicht sogar eine die sie nichts anging, aber irgend etwas in seinem Verhalten sagte ihr, daß seine Zerstreutheit durchaus etwas mit ihr zu tun hatte.

Sie sah, wie er sich auf die Lippe biß und überlegte wie er es ihr sagen konnte.

Was sagen konnte? Furcht brach in Laurie aus, als sie sah, wie er sie abschätzend betrachtete. Angst darüber, daß sie sich geirrt hatte, daß er gar keine Annäherung mehr zu ihr wollte. Kalt wurden ihre Hände und weiß wurde ihr Gesicht, als sie merkte, wie sämtliches Blut in ihrem Körper den Schwerpunkt seiner Zirkulation auf ihre Füße verschob. Dennoch klang ihre Stimme ruhig, während sie ihn ein drittes Mal fragte was los sei. Zwar ruhig, aber mit einer Stimme, die in ihren eigenen Ohren weit entfernt klang.

„John? Nun, sag schon, was liegt dir auf dem Herzen?“ Und wollte es doch nicht hören.

John zögerte in Lauries Augen noch immer sichtbar. Dennoch nahm er, nachdem er noch ein paar Mal unwohl auf seiner Lippe herumgekaut hatte, seinen Mut zusammen und fing endlich an zu reden.

„Laurie... was ist mit Danny?“ Seine Stimme klang genauso leise und weit entfernt, wie die von ihr. Aber noch immer laut genug, daß sie seine Worte verstehen konnte. Sie blinzelte. Einmal, zweimal und fühlte dabei, wie ihr Kreislauf wieder anfing sich zu erholen.

„Wir sind getrennt“, schaffte sie es dann doch endlich ihm zu antworten. Ihre Stimme wurde wieder kräftiger und klang wieder sehr viel näher.  „Seit Anfang April“, fügte sie noch für John hinzu, obwohl ihr in diesem Augenblick nicht ganz klar war, warum es ihr so wichtig war, daß er es wußte.

John lächelte. Lächelte Laurie so liebevoll an, daß der kleine Kolibri in ihrem Herzen wieder anfing mit den Flügeln zu schlagen.

Fortsetzung folgt...

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*       Dan Brown, Diabolus, 1996

**     Dan Brown, Illuminati, 2000

***   Dan Brown, Illuminati, 2000

.......ich glaube, daß ich das aus urheberrechtlichen Gründen hier erwähnen muß.

Auch sei hier erwähnt, daß ich die Erscheinungsdaten für meine Geschichte ein wenig verändert habe. So ist bei mir `Illuminati` erst jetzt erschienen und das `Sakrileg` existiert noch nicht. Illuminati paßte in dem Fall aber besser in die Geschichte hinein.





Re: Another year has gone by

Epilog

Es gab eine Menge Leute, welche dazu beigetragen hatten, daß John und Laurie wieder einen Weg zueinander fanden.

Angefangen von ihren inzwischen fünf Freundinnen, mit ihrer Überwachung von Mika. Was zwar durchaus eine unbedachte Aktion mit ungeahnten Folgen gewesen war, die aber wider Erwarten doch durch die neu geschaffene Distanz, den Weg für einen Neuanfang geebnet hatte.......

Rose hatten sie gehabt, welche John sooft sanft, aber bestimmt, in das Verständnis für die Welt der Frauen gedrängt hatte. Welche immer wieder versucht hatte, ihm bewußt werden zu lassen, wie wichtig Laurie für ihn noch war. Und welche ihm schlußendlich, nach der Episode mit Larson, ans Herz gelegt hatte, den Streit um Mikas Abschied zu begraben........

Im Gegenzug zu Rose, hatte Laurie Jessie. Ihre langjährige, liebste Freundin, die ihr in der Küche so unverblümt auf den Kopf zugesagt hatte, daß sie John noch immer liebte.. .........

Van Clandon, der mit seiner unangenehmen Art, unbewußt ein Paar, wenn auch nur kurzfristig, wieder geeint hatte..........

Zwei unbekannte Männer in einem Park, welche mit ihrem Gespräch Johns Unmut wachsen ließen........

Natürlich darf in dieser Aufzählung auch nicht Andy und Sylvia vergessen werden. Andy, welcher immer ein offenes Ohr für seinen Freund hatte, und der zusammen mit seiner Freundin diesen einen letzten Plan geschmiedet hatte, um die beiden wieder zusammen zu bringen........

Selbst Mika, die John erzählt hatte, daß Laurie aus Eifersucht gehandelt hätte, hatte dadurch unbewußt einen weiteren Stein auf deren Weg zueinander gelegt.......

Aber wer weiß, ob John und Laurie wirklich noch mal die Chance auf einen Neuanfang gehabt hätten, wenn nicht Danny in seiner sensiblen Art bemerkt hätte, daß Lauries Gefühle für ihren Ex Mann tiefer waren als sie sich selbst eingestanden hatte. Danny......der seine eigene Liebe Laurie gegenüber, in sich verschloß, um ihr damit einen Weg zurück zu John zu geben. Einen Weg, den sie von alleine vielleicht nie gegangen wäre.

Sie alle zusammen hatten geschafft, was ein einzelner von ihnen nicht zu schaffen vermag hätte.....

Laurie und John fanden tatsächlich wieder einen Weg zu einander. Noch langsam und bedächtig, aber stetig wachsend.

Aus verstohlenen Blicken, wurden offen gesuchte..... Aus einer flüchtigen Berührung, viele kleine Schmetterlinge der Freude..... Ein Lächeln war nicht mehr nur ein Lächeln, sondern bekam plötzlich eine ganz andere Bedeutung. Und auch die Begegnungen waren bei weitem nicht mehr so zufällig wie noch die Monate zuvor......

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.......und vielleicht hätte diese Geschichte in diesem Kapitel einen Abschluß gefunden......

Wenn nicht Idy gewesen wäre. Oder aber Lauries Temperament.

Möglicherweise lag es auch daran, daß der Inhaber der Anwaltskanzlei, Jeremy Sanders, Hendrik nicht in Ruhe ließ.

Möglicherweise war auch Mika mit Schuld daran.

Aber ganz bestimmt hatte es mit dem zu tun, daß John und Laurie vor drei Jahren aufgehört hatten miteinander zu reden.......





Re: Another year has gone by

So meine Lieben...

nachdem ich Euch nun ein Jahr mit dieser Geschichte gequält habe, findet sie an dieser Stelle nun ein vorläufiges Ende.

Danke an Alle, die mich die ganzen Monate begleitet haben! Und danke an diejenigen unter Euch, die mir fleißig Reviews hinter lassen haben.
Ein besonders Danke Schön an meine Tony, Smilla und natürlich auch Eve, welche mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben.

Danke!
Alles liebe Chyio





Re: Another year has gone by

Hallo Chyio,

auch wenn ich nicht mehr aktiv poste, ich habe doch immer wieder auf Updates gewartet. Ich gratuliere dir jedenfalls (nochmals/wiede) zu deiner Geschichte und hast sie ja nun auch zu einem wirklich schönen Ende gebracht.

Ich nehme an, auf die nächste Fanfiction werden wir wohl länger warten müssen?

Alles Liebe

Smilla