Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Dr. Kody es schaffte, seinen Körper wieder unter Kontrolle zu bekommen. Erleichtert registrierte er, dass Mrs. Mann den Einbrecher mit der Hundeleine fesselte. Tief durchatmend lehnte er sich an den Kühlschrank. Der Niedergeschlagene rührte sich nciht, doch er blutete auch nicht, und schien nicht schwer verletzt zu sein. Langsam schaffte er es, sich in Bewegung zu setzen und hockte sich neben den reglosen Agenten auf den Boden. Fachmännisch prüfte er den Puls, er war kräftig und regelmäßig, wenn auch etwas zu langsam. Ansonsten schien er äußerlich unverletzt, wenn man von den bisherigen Blessuren absah - und der Tatsache, dass er mittlerweile ziemlich unterkühlt war.
"Würden Sie eine Decke holen, Ma'am?" bat er höflich, aber bestimmt. Während die blonde Frau sich auf den Weg machte, trat das kleine Mädchen näher. "Die lagen auf dem Boden," erklärte Shania ängstlich. "Ich glaube, ich bin drauf getreten." Entsetzt starrte der Tierarzt auf die beiden leeren Spritzen, die sie ihm hinhielt. "Was zum Teufel..." murmelte er, ehe er die blau angelaufenen Einstichstellen am Oberschenkel des Agenten entdeckte. Mrs. Mann kehrte mit einer Decke zurück, breitete sie über ihren reglosen Kollegen und sah ihn fragend an. "Er ist okay..." knurrte der Veterinär. "Zumindest hoffe ich das. Können Sie mir erklären, was zum Teufel er um diese Zeit in der Küche zu suchen hatte, ohne Krücke, und warum er sich eine doppelte Ladung Betäubungsmittel verabreicht hat?!?! Die Dosis würde reichen, um einen ausgewachsenen Bullen ins Reich der Träume zu schicken!!" Er blickte zu der übernächtigten Agentin hoch. "Hier sollte er jedenfalls nicht bleiben. Im Moment schläft er, so wie es aussieht, wird er einfach wieder aufwachen, wenn die Wirkung nachlässt - wenn die Dosis nicht zu hoch ist. Ich weiß nicht, wie das Zeug bei Menschen wirkt. Sein Puls ist stabil, aber langsam. Der Schlaf wird ihm gut tun, wenn..." Er sprach lieber nicht weiter. "Die Alternative ist, dass ich ihm ein Gegenmittel gebe, aber das kann ich genauso schlecht dosieren und es hat mindestens genauso viele Nebenwirkungen. Ich denke, wir sollten ihn aufs Sofa legen und schlafen lassen - und regelmäßig nach ihm sehen." Der Doc war müde und erschöpft, und die Aussicht auf eine Nachtwache verbesserte seine Laune nicht unbedingt. "Kommen Sie, helfen sie mir..."
Mit vereinten Kräften schafften es die beiden Erwachsenen, den schweren Körper des Agenten auf das Sofa zu bugsieren und erneut eine Decke über ihn zu breiten. "So," schnaufte der Tierarzt anschließend. "Jetzt werfe ich noch einen Blick auf den anderen Kandidaten, und anschließend hätte ich von ihnen gerne eine Erklärung, was ihr Kollege für eine Kamikaze- AKtion in meiner Küche vorhatte und was um alles in der Welt DIESER junge Mann" - er deutete auf Ethan, der noch immer schlief - "hier gesucht hat?! Sie schienen ihn offensichtlich ganz gut zu kennen."
Re: Ein Wintermärchen
Hollis
Ziemlich erledigt folgte Hollis dem Arzt zurück in die Küche und ließ sich erschöpft auf einen Stuhl fallen. Unser Freund hier, dabei stieß sie Ethan derb mit dem Fuß an, war mit Sicherheit weniger hinter uns her.. Wir haben etwas was er gern wieder haben wollte. Ja, den hässlichen Teddy, warf Shania plötzlich ein und rannte zu Hollis auf den Schoss. Schmunzelnd strich die Frau der Kleinen über die Haare. Du solltest doch im Bett bleiben. Ich habe aber Angst, erwiderte Shania und sah Hollis treuherzig an. O.k. lauf schon vor, ich komme gleich, mit diesen Worten schob sie das Mädchen vom Schoss und wandte sich wieder an den Arzt. Wir vermuten das Shanias Vater oder was auch immer der Kerl ist, Drogen in dem Plüschtier schmuggeln wollte. Bisher sind wir jedoch noch nicht zum nachsehen gekommen. Shanias Stimme schallte erneut durch den Flur. Wann kommst du? Seufzend richtete Hollis sich auf. Ich erkläre ihnen den Rest morgen. Am besten wir sperren den Kerl irgendwo ein und sehe zu, dass wir ihn morgen los werden.
Re: Ein Wintermärchen
Dr. Kody
"Ja, das denke ich auch," murmelte Dr. Kody leise, während er sich prüfend über den Gefesselten beugte. Er war nicht schwer verletzt, eine Scherbe des Küchenfensters hatte ihm eine kleinere Schnittwunde unter dem Auge verpasst, aber ansonsten schien er keine Schäden davongetragen haben. Das Mittel würde noch eine Weile wirken, dennoch hatte der Tierarzt keine Lust auf weitere Überraschungen. "Warten Sie einen Moment hier", erklärte er der Agentin und holte eine alte Isomatte aus dem Lager. Gemeinsam zogen sie Ethan darauf und schleiften ihn zur Praxis herüber. "ICh habe hier hinten ein paar Abteile, wo ich ab und zu Patienten unterbringe," erklärte Dr. Kody. "Zwei davon sind groß genug." Obwohl die Käfige abgeschlossen waren, blieb die Leine, wo sie war. Man konnte nie wissen, was dem Drogendealer noch alles einfallen würde. "So, und jetzt ab mit ihnen, die Kleine wartet sicher schon," verabschiedete der Vet die blonde Frau. Hollis verschwand mit einem erleichterten Seufzer.
Dr. Kody seufzte ebenfalls, verzog sich in sein Bett und stelle stöhnend den Wecker. Der Verrückte hatte definitiv zu viel Betäubungsmittel gespritzt, er würde bis zum Morgen schlafen, wenn alles gut ging - wenn. Der Tierarzt beneidete den Agenten um diesen langen, ungestörten Schlaf, doch er legte nicht den geringsten Wert darauf, am Morgen auch noch einen toten Bundesagenten im Haus zu haben. Lebendige waren anstrengend genug, von dem anderen ungebetenen Gast ganz zu schweigen.
Re: Ein Wintermärchen
Hollis
Müde und erschöpft wünschte die Agentin dem Doc eine Gute Nacht. Obwohl die Schmerzen in ihrem Arm zugenommen hatten, wollte sie sich nicht mehr verarzten lassen. Alles was sie wollte war Ruhe. Im Gästezimmer hatte Shania es sich auf Gibbs´ Seite gemütlich gemacht und wartete darauf das die blonde Frau sich zu ihr legte. Gähnend kuschelte das Mädchen sich ganz fest an sie und war innerhalb weniger Minuten eingeschlafen. Hollis konnte allerdings keinen Schlaf finden. Die Ereignisse der letzten Stunden hatten sie völlig aufgewühlt. In ihrem Kopf herrschte ein heilloses Durcheinander. Nach einer Weile stand sie wieder auf, nahm die letzte Schmerztablette und verließ den Raum.
Gibbs lag noch immer tief und fest schlafend im Wohnzimmer auf dem Sofa. Kopfschüttelnd ließ Hollis sich mit einem tiefen Seufzer in einen Sessel fallen. Leroy Jethro Gibbs, was bist du nur für ein Idiot?!, fragte sie traurig in den dunklen Raum hinein. Weißt du, als wir uns auf dem Flughafen trafen, hatte ich mir fest vorgenommen, mich nicht wieder auf dich einzulassen. Und was ist passiert? Das ganze Gegenteil. Erneut schüttelte sie den Kopf. Wie konnte ich auch nur so dumm sein und glauben, dass du es wirklich willst? Dass wir noch eine Chance hätten? Dass du endlich begreifst, dass ich dich liebe. Schniefend wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. Aber so kann ich nicht weitermachen. Alleine die Hoffnung, dass du dieses Gefühl vielleicht auch irgendwann zulässt, reicht mir nicht. Es tut mir leid, mit diesen Worten gab sie ihm einen Kuss auf die Stirn und ging zurück ins Bett. Jegliche Energie war aus ihr verschwunden. Sie hatte Angst vor dem Morgen und vor dem was noch kommen würde.
Re: Ein Wintermärchen
Gibbs
Der grauhaarige Agent merkte nichts davon, dass Hollis neben ihm um ihre Beziehung trauerte. Er merkte auch nichts davon, dass sein Retter jede Stunde schlaftrunken neben das Sofa stolperte, um seine Vitalzeichen zu überprüfen. Er schlief tief und traumlos und erwachte erst, als die Morgensonne einen vorsichtigen Strahl durchs Fenster schickte. Sein Kopf dröhnte, und seine Zunge fühlte sich pelzig an. Vorsichtig öffnete er ein Auge und stellte fest, dass er sich in einem Zimmer befand, dass ihm völlig fremd war. Es roch ein bisschen wie in einem Krankenhaus, aber die Einrichtung verriet ihm, dass es eine Privatwohnung war. Auch der Rest seines Körpers schmerzte bei jeder Bewegung, und mit einer gewissen Verwirrung bemerkte Jethro, dass sein linker Fuß in einem Gipsverband steckte. Grübelnd richtete er sich langsam auf, gab diesen Versuch aber sofort wieder auf, als sämtliche Muskeln massiven Protest einlegten. Was um alles in der Welt war passiert?!
Erst als wenige Minuten später die Gestalt des Tierarztes neben ihm auftauchte, erinnerte er sich. An Ethan, an die Nacht im Flughafen und an Hollis. Und an die letzte Nacht. "Es wäre schön, endlich wieder daheim zu sein. Ja, du fehlst mir auch." Ihre Stimme klang noch immer geradezu höhnisch in seinen Ohren. Er hatte vor der Tür gestanden, sie hatten sich gestritten... allerdings konnte er sich beim besten Willen nicht daran erinnern, was danach geschehen war - geschweige denn, wie er auf dieses Sofa gekommen war. Und noch viel weniger, warum Dr. Kody ihm im nächsten Moment eine schallende Ohrfeige verpasste.
"Was soll das?!" fragte Gibbs wütend und schoss hoch, sämtliche Schmerzen ignorierend. Seine Beine gehorchten ihm nicht, er schaffte es nur, sich aufzusetzen, doch für den Anfang musste es reichen. "Die war schon lange überfällig," knurrte der Tierarzt, unter dessen Augen tiefe Schatten lagen. "Was zum Teufel haben Sie sich dabei gedacht?!? Wenn Sie sich umbringen wollten, hätten Sie es nur zu sagen brauchen!!" Umbringen? Jethro verstand die Welt nicht mehr. Warum glaubte der Mann, er habe sich umbringen wollen? Und warum war er so wütend darüber, was ging ihn das an?! Er funkelte den schwarzhaarigen Mann wütend an. "Vielleicht erklären Sie mir erst mal, warum..." Weiter kam er nicht, sein Hals war so rauh, dass seine Stimme schlicht und ergreifend versagte. Wütend gestikulierte er in Zeichensprache weiter, auch wenn er ziemlich sicher war, dass der Tierarzt sie ohnehin nicht verstand.
Vielleicht war das auch besser so, denn auch dem Silberfuchs wurde ziemlich schnell klar, dass es ziemlich peinlich wirken musste, zu fragen, warum man auf einem fremden Sofa herumlag. Dr. Kody hingegen rastete unterdessen völlig aus. Eine derartige Standpauke hatte Jethro Gibbs lange nicht zu hören bekommen, und sein noch immer verschlafener Verstand rekonstruierte aus der Schimpftirade nur mühsam, was geschehen war. Offensichtlich hatte der Arzt ihn in der Küche auf dem Boden gefunden - und wie durch einen Nebel erinnerte sich der Agent, dass er sich am Schmerzmittel im Kühlschrank bedient hatte. "Ich... ich konnte nicht schlafen," erklärte er etwas kleinlaut, als Dr. Kody eine kurze Pause einlegte. "Nicht schlafen?!" echote der Veterinär. "Hören Sie, ich kann verstehen, wenn Sie Schmerzen haben, Mann, aber dann sagen Sie doch einfach Bescheid!! Das hier ist doch kein Selbstbedienungsladen, was denken Sie sich eigentlich?! Sie hätten sterben können!!" Jethros Verteidigung kam beinahe automatisch. "An einem bisschen Schmerzmittel?! Ich bitte Sie!" Dr. Kody atmete tief durch, um nicht auf der Stelle unter die Decke zu schießen. "Haben Sie eigentlich Augen im Kopf?!" fauchte er zurück. "Können Sie lesen?! Ansonsten lassen Sie besser einfach die Finger von Dingen, von denen Sie keine Ahnung haben!!" Der Blick des Agenten verriet ihm deutlich, dass er auch genauso gut mit einer Wand hätte reden können. "Das, was Sie als ein bisschen Schmerzmittel bezeichnen, war eine doppelte Dosis eines Beruhigungsmittels für Rinder. Vielleicht sollten Sie wenigstens auf die Aufschrift der Injektionen achten, wenn Sie schon meinen, sich selbt behandeln zu müssen!!" Nun blickte Jethro ihn verwirrt an. Hatte er etwa tatsächlich nicht nachgesehen?! Na klasse, da hatte er wohl noch Glück gehabt, dass er nicht die Tollwutimpfung erwischt hatte. Verlegen blickte er zu Boden.
Dr. Kody war mittlerweile die Luft ausgegangen. Im hinteren Teil der Wohnung klingelte plötzlich ein Telefon, und er stürzte aus dem Raum. Jethro erhob sich mühsam und stolperte in die Küche, wo er auf der Stelle erschöpft auf einen Stuhl fiel. Er fühlte sich wie zerschlagen und wollte nur noch nach Hause und in sein Bett. Weit weg von allen Ärzten, Frauen und dem Rest der Welt. Und warum war eigentlich das Küchenfenster kaputt? Hatte er das etwa auf dem Gewissen? Doch er konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern. Im nächsten Moment kam ein dunkelhaariger Wirbelwind durch die Küchentür, Shania schoss auf ihn zu und kletterte glücklich auf seinen Schoß. Auch Hollis erschien in der Küchentür, doch der Agent wich ihrem Blick aus.
"So," erklang die entschiedene Stimme des Tierarztes hinter ihr. "Ich habe mit der Leitstelle telefoniert - die Straßen in die Stadt sind wieder einigermaßen passierbar. Für unseren Freund von gestern nacht ist ein Streifenwagen hierher unterwegs, für sie beide ein Krankenwagen, der sie ins nächste Hospital bringen wird.." Er blickte seine Besucher an. "Es tut mir leid, dass wir ihnen Ärger gemacht haben," gab der Agent zu - noch immer nicht sicher, ob die kaputte Scheibe auf sein Konto ging oder nicht. "Der NCIS wird sich mit ihnen in Verbindung setzen, wir kommen für die entstandenen Schäden auf." Dr. Kody warf ihm einen beinahe spöttischen Blick zu. "Sehen Sie lieber zu, dass Sie keine Schäden zurückbehalten," knurrte er leise. "Es wird noch eine Weile dauern, bis die Wagen hier sind," fuhr er in normaler Lautstärke fort. Er blickte Hollis und Shania an. "Bis dahin denke ich, dass wir die Zeit zum Frühstücken nutzen können." Erleichtert wollte Gibbs nach der Kaffeemaschine greifen, doch Dr. Kody hielt ihn unmissverständlich zurück. "SIE bekommen bestenfalls Tee. Zum einen können ihre Nieren im Moment definitiv keinen Kaffee brauchen. Nachdem sie über Nacht noch einen Haufen Sedierung abbauen durften, haben sie sich eine Pause redlich verdient. Zum anderen habe ich keine Ahnung, was meine Kollegen von der Humanmedizin noch mit ihnen vorhaben - sie sollten nicht vergessen, ich mag ihnen geholfen haben, aber ich bin immer noch Veterinär. Ich will nicht ausschließen, dass die ihren Bänderriss chirurgisch behandeln wollen. Auf jeden Fall wird es mit Sicherheit besser sein, wenn sie bis dahin nüchtern bleiben und stattdessen ihren Nieren etwas Gutes tun." Er stellte die Kanne auffordernd vor den Agenten auf den Tisch.
Jethro goss sich eine Tasse ein, trank aber nichts. Er schwieg, während der Tierarzt, Hollis und Shania frühstückten. Auch von ihnen sprach keiner mehr als das Nötigste. Nachdem ihn mehrere mahnende Blicke getroffen hatten, nippte Gibbs notgedrungen an seinem Tee, doch seine Gedanken waren weit fort. Er konzentrierte sich nach Kräften darauf, Hollis nicht anzublicken - er war zu enttäuscht. Und zu verwirrt, weil sein Verstand ihn so betrogen hatte. Es hatte sich so echt angefühlt, so herrlich glücklich... doch es war nur eine Illusion gewesen. Sie hatte längst einen Neuen und konnte es kaum erwarten, in Nicks Arme zurückzukehren. Und das tat einfach nur weh, mehr als alle physichen Verletzungen zusammen. Er hatte ihr vertraut, hatte seine Schutzschilde gesenkt - und prompt einen Volltreffer kassiert. Trotzig starrte er sie an. Warum? fragten seine Augen. Warum tust du mir das an? Womit habe ich das verdient? Los, sag es mir, Holly. Warum habe ich mich je auf dich eingelassen?
Re: Ein Wintermärchen
Hollis
Als Hollis von Shania am Morgen geweckt wurden war, hatte sie eine Weile gebraucht, bis sie begriffen hatte wo sie sich befanden. Mit den Erinnerungen kamen aber auch gleichzeitig die Schmerzen und die Angst zurück. Vor allem die Angst, auf die sie gern verzichtet hätte. Zu ihrer Erleichterung wusste sie jetzt aber wenigstens, dass es Gibbs den Umständen entsprechen gut ging. Zumindest, dass er halbwegs unter den Lebenden weilte, wie sie selbst sehen konnte. Trotzdem war die Stimmung am Frühstückstisch gedrückt und Hollis hatte überhaupt keinen Appetit. Sie spürte Jethros vorwurfsvollen Blick und fragte sich was in seinem Kopf vorging. Bis jetzt hatte sie noch immer keine Ahnung, warum er am Abend plötzlich abgeblockt und wütend das Zimmer verlassen hatte. Mittlerweile war sie sich auch gar nicht mehr sicher, ob sie es überhaupt wissen wollte. Egal ob und wie schwer er körperlich verletzt war, seine undefinierbare Reaktion taten ihr weh, dass sollte er endlich begreifen. Obwohl sie sich nicht gestritten hatten und sie auch nicht wusste, welche Laus ihm über die Leber gelaufen war, stand ein plötzlich wieder eine Mauer zwischen ihnen.
Muss Ethan jetzt ins Gefängnis?, riss Shania die Anwesenden plötzlich aus ihren Gedanken und sprang von ihrem Stuhl. Geschwind eilte sie zu einer neben dem Herd stehenden Bratpfanne und nahm sie schwingend in die Hand. Dabei sah sie zu Gibbs und erzählte stolz: Hollis, war richtig toll, wie sie ihn damit umgehauen hat. Und du warst auch spitze, denn sonst hätte er Jethro tot gestochen, bemerkte sie in einem Atemzug zum Doktor und stellte sich grinsend neben ihn. Der Arzt schenkte dem kleinen Mädchen ein verlegenes Lächeln und sah zu seinem kaputten Küchenfenster. Das war eine Nacht die er nicht so schnell vergessen würde.
Nachdenklich spielte Hollis mit dem Henkel ihrer Kaffeetasse und warf einen ernsten Blick zu Gibbs, der scheinbar noch gar nicht mitbekommen hatte was in der letzte Nacht alles geschehen war. Es wunderte sie zwar, denn immerhin hatte Dr. Kody mehr als eine Andeutung gemacht, aber Jethro war wohl doch noch nicht ganz der Alte. Vor Ethan brauchen deine Mommy und du jetzt keine Angst mehr haben. Er wird für eine lange Zeit ins Gefängnis gehen, das verspreche ich dir. Dabei fuhr Hollis sich überlegend über das Kinn und bat Shania. Kannst du mir bitte den Teddybären aus meiner Tasche holen? Ich glaube mit Dr. Kodys Hilfe können wir heute nachsehen, was der Teddy hässliches gegessen hat. Dabei warf sie einen erneuten Blick zu Jethro und hoffte auf eine Reaktion von ihm. Wenigstens auf irgend eine, die ihr das Gefühl gab, dass er ihr Handeln akzeptierte.
Ja, ich hole ihn und Pedro soll sich der Doktor mit untersuchen. Er hat doch auch eine anstrengende Reise hinter sich, antwortete die Kleine und rannte hüpfend davon.
Re: Ein Wintermärchen
Gibbs
Ethan? Verwirrt blickte Jethro auf. Warum war Ethan hier und warum hatte Hollis ihn mit einer Bratpfanne erschlagen?! Okay, das "warum" war hierbei die geringere Frage. Und was brachte Shania darauf, dass Ethan ihn beinahe totgestochen hätte? Dr. Kody hatte ihm doch vor wenigen Minuten noch vorgeworfen, dass er das mit dem Bullenzeug beinahe selbst hinbekommen hätte. Sein Kopf dröhnte noch immer von dem Teufelszeug, und sein Verstand hatte sich offensichtlich mittlerweile Urlaub genommen.
Doch bevor er nachfragen konnte, hatte Hollis bereits Shania losgeschickt, den Teddy zu holen. Das war eine gute Idee, dann hatten sie wenigstens handfeste Beweise, wenn die Polizei hier auftauchte. Und ein netter Tierarzt wie dieser würde ihn sicher auch kindgerecht "operieren" können. Das war eine verdammt gute Lösung für diese heikle Situation, und er nickte Hollis anerkennend zu - oder zumindest deutete er so etwas in der Art an. Wenige Augenblicke später tauchte der kleine Wirbelwind wieder auf, Pedro in der einen und den Drogenteddy in der anderen Hand. Sie schien vor Spannung zu platzen, ob die beiden die anstrengende Reise gut überstanden hatten.
Jethro streichelte Shania liebevoll über den Kopf, als sie ihn begeistert mitziehen wollte. "Geh schon mal vor," erklärte er ihr lächelnd. "Ich... ich bin noch ein bisschen müde. Du erzählst mir ja nachher bestimmt, wie es den beiden geht, oder?" Shania sah den grauhaarigen Mann verwundert an. "Warum bist du denn müde, wenn du die ganze Nacht so fest geschlafen hast?" fragte sie erstaunt. "Los, komm, du musst doch mitkommen!" Doch Jethro ließ sich nicht erweichen. "Nein, Shania," antwortete er sanft, aber bestimmt. Er wusste, dass er die Kleine enttäuschte, und es tat ihm leid. Doch er war weder in der Lage, bis in den Behandlungsraum zu laufen noch wollte er unnötig lange in der Gegenwart von Hollis verbringen. Es tat einfach zu weh.
"Weißt du," flüsterte er der Kleinen schließich verschwörerisch ins Ohr, "ich will dir ein kleines Geheimnis verraten. Etwas, das nur du und ich wissen dürfen. Sonst niemand. Kannst du schweigen?!" Shania starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an, bis zum Zerreißen gespannt vor Spannung. Aufgeregt nickte sie kräftig. "Es ist so..." flüsterte der Agent weiter, "ich will nicht in den Raum drüben mitkommen. Ich habe ein bisschen Angst davor, verstehst du?" Er hatte so leise gesprochen, dass weder Dr. Kody noch Hollis etwas verstehen konnten. Shania nickte mit ernstem Gesicht, sie konnte verstehen, dass Jethro Angst hatte. Sie erinnerte sich noch genau, dass er gestern fürchterlich geschrien und ihr große Angst eingejagt hatte. "Glaubst du, der Doktor tut Pedro auch so weh?!" fragte sie vorsichtig. "Nein," lachte Gibbs zurück. "Er ist ganz vorsichtig. Du kannst ihm vertrauen. Und wenn es zu schlimm wird, dann sag Bescheid. Dann komm ich rüber und helfe euch. Aber Hollis ist ja auch da, und das macht es für Pedro und den Bären viel leichter."
Er schwieg, weil er sich daran erinnerte, wie sehr ihm ihre Anwesenheit am Vortag noch geholfen hatte. Und es tat schon wieder so verdammt weh, an ihre Worte aus der Nacht zu denken. Shania zog unterdessen Hollis und den Arzt mit sich. Der Agent blieb sitzen, den Kopf schwer auf die Hände gestützt. Er hatte noch immer keine Ahnung, was eigentlich in der letzten Nacht passiert war. Vermutlich war es allerdings gar nicht so schlecht, dass er so tief geschlafen hatte. Eine Begegnung mit Ethan hätte er in seinem gestrigen Zustand vermutlich nicht überlebt - ebensowenig wie jetzt.
Re: Ein Wintermärchen
Hollis
Als die zwei Erwachsenen und das Kind in der Praxis ankamen, war von dem Chaos des Vorabend nichts mehr zu sehen. Der Arzt hatte schon alles aufgeräumt. Er bat Shania die beiden Plüschtiere auf den Stahltisch zu setzen, auf dem am Vortag noch Jethro gelegen hatte. Dann widmete er sich als erstes dem braunen Bären, gab ihm eine imaginäre Spritze und desinfizierte seinen Bauch. Hollis stand schweigend dabei und beobachte stumm das Treiben des Arztes, während Shania beruhigend ihren Pedro streichelte. Als Dr. Kody ansetzte, um dem Teddy den Bauch aufzuschneiden, griff eine kleine Hand plötzlich nach Hollis ihrer und drückte sie ganz fest. Ängstlich schloss Shania die Augen und wartete auf die Operation. Gespannt wartete auch Hollis auf das Resultat der OP und war nicht sonderlich erstaunt, als ein mit Granulat und bunten Pillen gemischter Beutel zum Vorschein kam. Auf Kodys Frage: Ist es das was Sie vermuteten?, nickte sie nur stumm und seufzte leise. Soviel Ärger, Schmerz und Leid wegen ein paar verfluchter Pillen. Ist es vorbei?, wollte Shania aufgeregt wissen. Schmunzelnd strich der Arzt dem Mädchen über die Wange. Ja, du kannst gucken. Es war gar nicht schlimm. Neugierig trat Shania an Hollis´Seite und begutachtet den Beutelinhalt. Komisch, in meinem Pedro steckt nicht so komisches Zeug. Das weiß ich genau, weil Grandma ihn schon mal genäht hat. Dann wollen wir uns mal deinen Pedro ansehen, mit diesen Worten hing der Doc dem Kind sein Stethoskop um den Hals und zeigte ihr wie es funktioniert.
Hollis machte sich indes mit dem Beutel zurück in die Küche und setzte sich zu Gibbs an den Tisch. Für einen Moment sah sie ihn nur schweigend an und legte eine Hand auf seine. Ihr fiel es noch immer schwer zu begreifen, was mit ihnen geschehen war. Es war nur ein schwacher Versuch, bei dem sie es aber nicht schaffte zu fragen was los war. Dafür stand sich sich mit ihrem Stolz selbst im Wege. Langsam zog die blonde Frau ihre Hand wieder zurück und präsentierte dem Agenten den gefundenen Beutel. Hiermit dürften wir unsere Aussagen gegen Ethan mehr als beweisen können.
Re: Ein Wintermärchen
Gibbs
Als Hollis allein aus dem Behandlungszimmer zurückkehrte, blickte Jethro verlegen auf den Boden. Er wollte ihr aus dem Weg gehen, aber sein Fuß schmerzte zu stark und er war nicht in der Lage dazu. Verwirrt spürte er ihre warme Hand, die sich einen Moment lang auf seine legte. Doch Hollis zog sie rasch wieder zurück und kehrte zum beruflichen zurück. Jethro warf nur einen kurzen Blick auf die Drogen und nickte. Es war gut, dass sie sie gefunden hatten. Sie würden noch ein paar Aussagen machen müssen, und dann würde dieser Mistkerl von der Bildfläche verschwinden und nie wieder kleine Mädchen bedrängen.
Doch der Agent schaffte es nicht, sich lange auf den Job zu konzentrieren. Er fühlte sich hundsmiserabel und konnte noch immer nicht begreifen, wie er sich so in Hollis hatte täuschen können. Doch er wusste, dass ihn diese Frage vermutlich bis an sein Lebensende verfolgen würde, wenn er sie nicht äußerte. Was sollte schließlich schon passieren? Er war bis auf den Grund seiner Seele verletzt, viel schlimmer ging es eigentlich nicht mehr. Sollte sie ihm doch einfach sagen, was sie an dem anderen fand. Ein Marine war schließlich kein Feigling.
Jethro nahm seine letzten Kraftreserven zusammen und hob den Kopf. Wütend, beinahe hasserfüllt blickte er die blonde Frau an. Doch seine Stimme weigerte sich, zu funktionieren. "Warum?" brachte er schließlich heiser hervor. "Warum belügst du mich, Holly? Ich... ich will mich gar nicht mit dir darüber streiten. Aber... sag mir... sag mir nur, warum du es tust." Seine Augen begannen zu brennen, und er musste kräftig schlucken. Er würde nicht noch einmal in Tränen ausbrechen. Nicht jetzt, nicht hier und schon gar nicht vor ihr. Nie wieder. Das Vertrauen war zerstört und das Band zwischen ihnen zerrissen.
Re: Ein Wintermärchen
Hollis
Jethros Vorwürfe kamen für sie überraschend und Hollis sah ihn entgeistert an. Sie verstand keine Wort von dem was er sagte. Wie kam er darauf, dass sie ihn belogen hat? Ihre Gefühle für ihn waren vollkommen und echt. Alles was sie ihm sagte entsprach der Wahrheit. Das war nicht fair. War nicht er, der sie und sich selbst belog? W-wie kommst du darauf?, wollte sie mit belegte Stimme wissen. Ich dachte, du würdest das gleiche empfinden. A-aber scheinbar... Hollis versagte die Stimme und sie stand ruckartig auf. Seine Nähe war ihr fast unerträglich und sie versuchte krampfhaft nicht zu weinen. Bist du immer noch nicht so weit. Sie drehte sich langsam wieder zu ihm um. Es tut mir leid, aber so kann ich nicht weitermachen. Ich liebe dich. Hollis´ Stimme zitterte. Jetzt war es raus und gesagt, aber es änderte nichts. Aber entweder du sagst mir was los ist und wo wir stehen oder... Die Worte fielen ihr sichtlich schwer. W-wir sollten ein für alle Mal getrennte Wege gehen.