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Ein Wintermärchen - Thread 1

Re: Ein Wintermärchen

Gibbs

Müde richtete sich der Ermittler noch einmal auf und nahm dankbar die angebotete Tablette. Er hoffte, dass sie besser wirken würde als die letzte. Doch Hollis war schließlich ebenfalls verletzt, vermutlich würde die Tablette bei ihr wesentlich mehr Erfolg zeigen. Er selbst würde ohnehin nicht schlafen können, dazu würde er stärkere Geschütze brauchen - oder eine Bratpfanne.

"Nimm du sie besser," erklärte er heldenmütig. "Ich glaube, bei mir wird sie eh nicht viel nützen."




Re: Ein Wintermärchen

Hollis

Die blonde Frau umschloss seine Hand und schob sie sacht zurück. „Danke, das ist nett, aber ich habe schon“, gab sie leise zu und öffnete den Reißverschluss des Schlafsackes. Dann rückte sie ein Stück beiseite, befreite sich von den Schuhen und ihrer Jacke bevor sie nach einem der dicken Pullover griff. Fröstelnd kroch sie umständlich hinein und warf Gibbs einen zu. „Den solltest du besser auch anziehen, wenn du nicht frieren willst.“ Dann rutschte sie in ihrem Schlafsack nach unten und kullerte an seine Seite. Erfahrungsgemäß gab es natürlich auch andere und bessere Möglichkeiten um nicht zu erfrieren, aber die zog sie im Moment nicht in Betracht.

Re: Ein Wintermärchen

Gibbs

Schmunzelnd betrachtete der Ermittler, wie Hollis sich schlafen legte. Er griff nach dem Wasser und der Tablette und seufzte. Vielleicht würde es ja zumindest gegen die Übelkeit helfen. Anschließend griff er nach dem Schlafsack und öffnete mit klammen Fingern den Reißverschluss. Mittlerweile war er völlig steifgefroren, und so sehr er sich auch bemühte, er schaffte es nicht, in den Schlafsack hineinzurutschen. Er konnte seine Beine nicht genug anwinkeln, um auch nur ansatzweise in die Nähe der Öffnung zu kommen. Mit einem wütenden Grunzen zog er schließlich ruppig den Reißverschluss vollständig nach unten, legte sich so, wie er war, auf die Matratze und deckte sich mit dem Schlafsack zu.




Re: Ein Wintermärchen

Hollis

Hollis beobachtete wie Jethro mit dem Schlafsack kämpfte, doch bevor sie ihm helfen konnte, hatte er den Kampf schon beendet. Langsam drehte sie sich zu ihm auf die Seite und stütze sich auf ihren noch intakten Arm. „Was war vorhin eigentlich los mit dir? Warum warst du sauer auf mich? Habe ich was falsch gemacht?“ Obwohl Hollis genau wusste, dass es womöglich nicht der richtige Zeitpunkt war, wollte sie es doch gern wissen. Sie hatte zwar eine Ahnung, aber trotzdem konnte sie falsch liegen und würde sich dann verdammt albern vorkommen. Wie unangenehm sich das anfühlen konnte, daran erinnerte sie sich noch ziemlich genau. An den Tag, an dem sie aus Fort Bragg zurück kam und annahm, dass er sie verlassen wollte. Daran, dass sie überreagierte und er ihr nur einen Gefallen tat, indem er die ganze Nacht an ihrem Haus bastelte. Diesen Fehler wollte sie nicht noch einmal begehen.

Re: Ein Wintermärchen

Gibbs

"Habe ich was falsch gemacht?"
Der Agent glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Warum zum Teufel musste sie genau jetzt mit diesem Thema anfangen? Warum gönnte sie ihm nicht wenigstens eine Nacht lang die Illusion, dass sie ihn noch immer liebte? Wütend fuhr er hoch, bereute die schnelle Bewegung im nächsten Moment jedoch bitter. Er war nicht mehr in der Lage, sich aufzuregen oder wütend zu werden. Nachdem er ein paar Mal tief durchgeatmet hatte, war er zumindest wieder in der Lage, zu sprechen. "Holly, ich sehe vielleicht nicht mehr gut, aber ich höre noch immer ausgezeichnet. Und ich bin nicht blöd. Glaubst du nicht, dass du mir etwas erzählen solltest?"  Beispielsweise, wer der junge Mann namens Nick ist und was er in deinem Leben zu suchen hat, fügte er in Gedanken hinzu. Doch das sprach er nicht aus. Seine Kraft war endgültig zu Ende, er ließ sich vorsichtig wieder auf die Matratze sinken und sehnte sich nach einem Arzt. Oder irgendjemand anderem, der diesen verdammten Schmerz abschalten konnte - ihm selber gelang es nicht.




Re: Ein Wintermärchen

Hollis

Also doch. Hollis schüttelte kaum merklich den Kopf und seufzte. Es ging um ihr Telefonat mit Nick. Sie hatte es natürlich geahnte, wusste aber nicht ob sie darüber erfreut oder verärgert sein sollte. Es war ihr Leben und welches Recht hatte Jethro, nach all der Zeit so zu reagieren? Aus diesem Grund versuchte sie ihm so ruhig wie möglich zu antworten. „Nein, das glaube ich nicht“, gab sie ihm eindeutig ernst zu verstehen. „Aber ich werde es trotzdem tun, denn du hast ja keine Ahnung“, fügte sie leise hinzu und versuchte ihre aufkommenden Tränen herunter zu schlucken. Er hatte nicht im geringsten Ahnung wie sie sich fühlte als sie ihn verließ. Als sie Washington vor allem wegen ihm den Rücken kehrte und seit über einem Jahr krampfhaft versuchte ihn zu vergessen. Nach einem Moment hatte Hollis sich wieder gefasst und setzte sich aufrecht hin. Es war mittlerweile so dunkel, dass sie sein Gesicht kaum noch erkennen konnte. Obwohl eine Taschenlampe zwischen ihnen lag, ließ sie das Licht jedoch aus. Sie wollte nicht, dass er ihre Tränen sehen konnte. Dann holte sie noch einmal tief Luft und fuhr fort. „Weisst du, es ist mir nicht leicht gefallen dich zu vergessen. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich es je richtig kann. Aber ich habe erkannt, dass ich so nicht weitermachen konnte.“ Sie machte eine kurze Pause und senkte den Blick. „Dass das Leben auch ohne dich weiter geht. Dass ich nicht ewig auf etwas warten und hoffen kann, dass ich verloren habe.“ Jetzt war es raus und gesagt. Worte, die ihr schon lange auf der Seele brannten und die gesagt werden mussten. „Was willst du jetzt noch von mir hören? Ja, ich habe jemanden kennen gelernt und ja, ich mag ihn, aber ich...“ ´...liebe ihn nicht´, beendete sie den Satz im Gedanken und schlug die Hände vor das Gesicht. Verdammt, warum hatte sie mit dem Thema überhaupt angefangen. Sie wollte nicht weinen. Nicht jetzt, nicht hier und vor allem nie wieder wegen ihm.



Re: Ein Wintermärchen

Gibbs

Jethro lag schweigend auf dem Rücken und rührte sich nicht. Er musste ihr Gesicht nicht sehen, um zu wissen, dass sie weinte. Er hatte keine Ahnung, was er nun sagen sollte, oder ob Hollis von ihm überhaupt erwartete, dass er etwas sagte. Er war kein Mann vieler Worte, dass wusste sie.

Und dennoch. Es tat gut, zu hören, dass ihr der Abschied nicht leicht gefallen war. Noch einmal dachte er an den verhängnisvollen Abend in seinem Keller zurück. Er hätte die Dinge damals richtig stellen müssen, doch er hatte es nicht gekonnt. Die Stimmen von Shannon und Kelly so unvermittelt und völlig unvorbereitet zu hören, hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen. Er war gefangen in seiner Trauer, in seinen eigenen Schutzmauern, die er über fünfzehn Jahre lang errichtet hatte. Und selbst wenn er es gewollt hätte, ließen sie sich nicht so einfach einreißen.

Er hörte ihr leises, unterdrücktes Schluchzen in der Dunkelheit. Er selbst hatte keine einzige Träne vergossen. Weder an jenem Abend noch in den Wochen danach, als ihm seine erneute Einsamkeit schmerzlich bewusst wurde. Er hatte keine Tränen mehr, seit sechzehn Jahren hatte er um nichts und niemanden mehr geweint. Nur in den Wochen nach seinem Unfall auf der "Bakir Kamir", als er seine Erinnerung verloren hatte, waren sie für wenige schlaflose Nächte zurückgekehrt.

Er erinnerte sich an den Tag, als Hollis von ihrer letzten Dienstreise zurückgekehrt war. An ihren Wutausbruck, weil sie geglaubt hatte, er würde ihre Beziehung beenden wollen. "Eines Tages wirst du feststellen, dass du etwas gutes weggeworfen hast." Die Worte hallten noch immer in seinem Ohr.

"Eines Tages wirst du feststellen, dass du etwas Gutes weggeworfen hast", wiederholte er ihre Worte von damals leise. "Ich habe dich nie weggeworfen, Holly. Ich... es ist... es war... es lag nicht an dir." Der Silberfuchs schwieg erneut. Hollis hatte recht, es ging ihn nichts mehr an, was sie tat oder wen sie liebte. Vielleicht lag es an den Verletzungen, an den Schmerzen, die ihn an den Aufenthalt im Krankenhaus damals erinnerten. Vielleicht war es auch die Angst, sie erneut zu verlieren, die in ihm den Drang weckte, weiterzusprechen. Ihr etwas zu schenken, dass er noch nie einem Menschen geschenkt hatte. Seine Erinnerungen an Shannon und Kelly. Er war nicht sicher, ob sie dafür bereit war, doch er wusste, dass er sich in alle Ewigkeit dafür hassen würde, wenn er es nicht tat. Die Angst, sie zu verlieren war größer als die Angst davor, verletzt zu werden. Und vielleicht gab es ohne Vergangenheit einfach keine Zukunft.

"An diesem Abend... an jenem Tag... im Aufzug... ich habe dir gesagt, dass ich darüber hinweg bin." Er schwieg erneut einen kurzen Moment. "Nun, das war gelogen." Er wusste, dass Hollis ihm das ohnehin nie geglaubt hatte, sie hatte ihn schon immer durchschaut. Doch bevor sie etwas erwidern konnte, fuhr er fort. "Shannon... meine Frau... ich habe sie geliebt. Sie war so wunderbar... ihr Haar hat in der Sonne geleuchtet, und wenn sie gelacht hat, haben ihre Augen Funken gesprüht. Wenn sie sich geärgert hat, hat sie die Nase ganz kraus gezogen..." Die Bilder waren lebendig, er sah sie vor sich, als müsste er nur zur Tür hinaus gehen, um sie zu berühren. Es fühlte sich seltsam an, wieder über Shannon zu sprechen, ihren Namen auszusprechen, doch Hollis Gegenwart erfüllte ihn mit einer seltsamen Ruhe und Kraft. "Und Kelly... meine kleine Kelly. Sie war ihr so ähnlich... so voller Leben."

Dem Agenten versagte die Stimme. Er konnte nicht weiter sprechen, wollte nicht einmal weiter denken. Andere Gedanken holten ihn ein, Gedanken an einen Nachmittag unter kuwaitischer Sonne. An Hitze, Durst, Sand und Staub. Und an die Stimme seines Kommandanten. "Sie sind beide tot, Gunny. Es tut mir leid." Etwas warmes lief über sein Gesicht, doch Jethro versuchte nicht, die Tränen wegzuwischen. Er war froh, dass es dunkel war, so dass Hollis sie nicht sehen konnte. Doch er schämte sich ihrer nicht.





Re: Ein Wintermärchen

Hollis

Der Schneesturm hatte den kleinen Flughafen fest in seiner Gewalt. Fenster klapperten, Türen flogen auf und zu und man hörte das gespenstische Pfeifen des Windes. Doch in dem kleinen Zelt bekam man von alledem nichts mit. Trotz der Kälte begann sich eine innere Wärme in den zwei erwachsenen Bewohnern auszubreiten. Hollis wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und hob den Kopf als Gibbs zu reden begann. Sie hatte Angst. Angst, dass er sie falsch verstanden haben könnte und Angst vor dem was er sagen würde. Ihre eigenen Worte von damals zu hören, verwirrten und überraschten sie. Sie konnte es nicht glauben, Gibbs hatte sie sich tatsächlich gemerkt. Neue Tränen traten ihr in die Augen als sie seine darauf folgenden Worte „Ich habe dich nie weggeworfen, Holly.“ hörte. Sie war komplett durcheinander und es fiel ihr schwer die Bedeutung dieser Worte zu realisieren. Er nannte sie wieder Holly. Nie und nimmer hätte sie erklären können, wie viel ihr das alles bedeutete Und dann hörte sie Jethro zum ersten Mal in ihrer Gegenwart von Shannon und Kelly erzählen. Was für eine Überwindung musste es ihn kosten darüber zu reden? Ihr Körper zitterte vor Aufregung und sie war nicht in der Lage etwas zu erwidern. Ihr Herz raste und Hollis versuchte nicht mehr ihre Tränen zu verbergen. Sie schniefte leise und rutschte ganz nah zu ihm. Schweigend hob sie die Hände und suchte im Dunkeln seine Gesicht. Vorsichtig, bedacht ihm nicht weh zu tun, strich sie zärtlich über seine Wangen. Die blonde Frau spürte seine Tränen zwischen ihren Fingern und stoppte in der Berührung. Sie hatte den Agenten noch nie weinen sehen und doch war es das Natürlichste auf der Welt für sie. Am liebsten hätte sie ihn geküsst und ihm gezeigt wie dankbar sie ihm war. Wie sehr sie ihn noch immer liebte. Dass sie nie aufgehört hatte ihn zu lieben. Doch zum ersten Mal in ihrem Leben hatte Hollis Angst vor ihrer eigenen Courage. Ohne nachzudenken lehnte sie ihre Stirn gegen seine und flüstere leise. „D-Danke für dein Vertrauen.“ Mehr brachte sie nicht hervor, denn sein Vertrauen, ihr endlich von seiner Familie zu erzählen, bedeutete ihr unendlich viel. Sie spürte seinen warmen Atem im Gesicht und wünschte die Zeit könnte stehen bleiben, als Shania im Schlaf plötzlich aufschrie.

Das kleine Mädchen wälzte sich unruhig von einer Seite auf die andere. Panisch rief sie immer wieder nach immer „Mommy“ und begann wild zu strampeln, als sie Gibbs neben sich wahr nahm. Ihre Tritte zielten unkontrolliert in seine Richtung. Erst als Hollis etwas unsanft über Gibbs sprang und sie fest in den Arm nahm, begann sie sich allmählich zu beruhigen.

Re: Ein Wintermärchen

Gibbs

Der grauhaarige Agent war vollständig in seinen Erinnerungen versunken, als er Hollis sanfte Finger auf seinem Gesicht spürte. Sie stockten, als sie die Tränen spürten, doch Jethro bewegte keinen Muskel. Er wusste, dass sie ihn verstand und er sich nicht zu schämen brauchte. Dass es auch für sie nicht einfach war, mit seiner Situation umzugehen. Wenige Augenblicke später fühlte er ihren warmen Atem, als sie sich über ihn beugte. Er sog jeden Moment ihrer Nähe in sich auf, um die schrecklichen Bilder an die schwärzeste Zeit seines Lebens in Schach zu halten. Er wollte sie in den Arm nehmen und an sich ziehen und sie nie wieder los lassen.

Doch im nächsten Moment musste er sich fest auf die Lippen beißen, als ihn ein kräftiger Tritt von Shania in die Seite traf. Er war zu steif und zu verletzt, um rasch ausweichen zu können, so dass er noch einige weitere Treffer abbekam, als das Kind in Panik um sich trat. Offensichtlich hatte sie schlecht geträumt, und Hollis beeilte sich, die Kleine zu trösten. Auch sie stieß ihn dabei mehrfach unsanft an, und er unterdrückte nur mit Mühe einen Schrei. Beide hatten ihn nicht besonders fest getroffen, doch da er vermutlich von oben bis unten mit Blutergüssen übersät war, reagierten seine Nerven überempfindlich. Während Hollis Shania beruhigte, versuchte der Agent sich zu entspannen. Er blieb einfach nur regungslos liegen und blickte in die Dunkelheit. Die Wärme der Frau und des Mädchens halfen, die Geister fernzuhalten, und nach einer Weile hatte er das Gefühl, seinen geschundenen Körper gar nicht mehr zu spüren. Ihm war nicht mehr kalt, im Gegenteil. Er glühte innerlich, und er fühlte sich seltsam leicht, wie lange nicht mehr.




Re: Ein Wintermärchen

Hollis

Shania ließ sich nur schwerlich beruhigen und hing wie eine Klette an Hollis. Ihre kleinen Arme umklammerten sie ganz fest und sie bat weinerlich. „Bitte geh nicht weg.“ Die blonde Frau strich dem Mädchen beruhigend über die Haare und merkte, wie sie langsam wieder einzuschlafen begann. Doch indem Moment als Hollis sie hinlegen und zudecken wollte, schoss ihr Kopf wieder erschrocken und weinend nach oben. Es dauerte nochmals einige Minuten bis das Mädchen sich beruhigte. Hollis merkte wie ihre Glieder immer müder wurden. Der Platz zwischen Shania und Gibbs war für sie jedoch zu eng zum schlafen und daher musste sie den Agenten zu ihrem Bedauern noch einmal stören. Sie fand es schade, dass sie so jäh unterbrochen wurden waren, aber vielleicht sollte es so sein. Sie brauchten beide dringend Ruhe und würden hoffentlich noch andere, bessere Gelegenheiten zum reden finden. Doch in diesem Moment wollten sie wahrscheinlich beide nur noch schlafen. „Jethro“, vorsichtig stupste sie ihn an die Schulter. „Kannst du bitte auf meine Seite rutschen? Ich glaube, es ist besser wenn ich die Nacht neben Shania verbringen. Außerdem...“ Sie schmunzelte vor sich hin. „kann ich mich so besser um euch beide kümmern.“