Jethro hatte das Gefühl, sich irgenwo im Nichts zu befinden, körper- und schwerelos. Doch irgendetwas störte, eine Hand stieß ihn an und holte ihn in die kalte und unangenehme Wirklichkeit zurück. Er fühlte sich noch immer seltsam abwesend, er merkte, dass Hollis etwas von ihm wollte, doch er verstand kaum, was sie sagte. Irgend etwas mit "meine Seite" und "rutschen". Der Agent nickte schlaftrunken und hievte sich vorsichtig auf die andere Luftmatratze. Es dauerte über fünf Minuten, bis er endlich dort angekommen war. Ihm war noch immer glühend heiß, so dass er sich nicht die Mühe machte, nach der zurückgebliebenen Decke zu suchen. Er blieb einfach nur liegen und dachte an gar nichts mehr.
Re: Ein Wintermärchen
Hollis
Nachdem Jethro sich mühevoll auf die Seite gekullert hatte, versuchte Hollis den Schlafsack unter ihm vorzuziehen. Mit nur einem Arm gestaltete sich das ziemlich schwierig und Jethro rührte sich keinen Zentimeter mehr. Irgendwie schaffte sie es aber doch und legte fürsorglich den ausgebreiteten Schlafsack über ihn. Dann kroch sie in ihren eigenen, rutschte aus alter Gewohnheit ganz nah an ihn heran und ergriff seine Hand. Kurz darauf war sie fest eingeschlafen.
Ethan
Ethan hatte sich in der Zwischenzeit im Büro eines Reisebüros einquartiert. Mit ein paar gefundenen Decken machte er es sich auf einer Sitzecke bequem und versuchte in den Schlaf zu finden. Sein Handgelenk war merkwürdig verdreht und tat höllisch weh. Er verfluchte noch immer diesen Tag, das kleine Mädchen und vor allem den Kerl, der sich in seine Angelegenheiten mischen musste. Ohne diesen Typen würden sie jetzt irgendwo in einer warmen Notunterkunft sitzen und er wäre aus dem Schneider. Doch so hatte er jede Menge Ärger am Hals und seine Ware war auch verschwunden. Beschissener konnte es kaum noch werden!
Re: Ein Wintermärchen
Gibbs
Wenige Stunden später wachte der Agent wieder auf. Einen Moment lang war er verwirrt, doch er erinnerte sich rasch an das, was gestern geschehen war. An die unvermutete Begegnung mit Hollis, an Ethan und das Mädchen und an den gestrigen Abend. Liebevoll blickte er zu Hollis herüber, die Shania im Arm hielt und noch immer fest schlief. Besorgt registrierte er, wie sie selbst im Schlaf die verletzte Schulter schonte. Es wurde dringend Zeit, dass sie zu einem Arzt kam. Seine eigenen Verletzungen hatten sich in der Nacht auch nicht unbedingt in Luft aufgelöst, auch wenn er zumindest wieder besser atmen konnte. Vor allem seine Nieren machten ihm immer noch jede Bewegung zur Qual, und selbst der Bereich zwischen den Beinen meldete sich inzwischen wieder zu Wort. Und das hing nicht mit seinen aktuellen Gedanken an Hollis zusammen - jedenfalls nicht nur.
Ächzend richtete der Agent sich auf. Er sehnte sich nach einer Tasse Kaffee, doch daran war in einem Raum voller Koffer wohl kaum zu denken. Nach einem weiteren Blick auf die beiden Schlafenden beschloss er, sich auf die Suche nach Frühstück zu machen. Mühsam beförderte er seine schmerzenden Glieder aus dem Zelt, sorgsam bemüht, die beiden nicht zu wecken. Hollis' Rucksack stand direkt neben dem Zelteingang, Jethro erinnerte sich, dass sie ihn vom Imbiss geholt hatte. Und da sie eine vorausschauende Frau war, hatte sie vermutlich einiges eingepackt. Tasächlich lag er richtig mit dieser Vermutung, es war zwar nicht dass, was er normalerweise zum Frühstück bevorzugte (eigentlich bestand sein Frühstück ohnehin nur aus zwei Tassen starkem Kaffee), aber er wollte nicht wählerisch sein. Eine kleine Metallpatte, die sich von der Wandverkleidung gelöst hatte, diente ihm als Tablett, auf dem er die Snacks dekorativ anrichtete. Sein Atem bildete weiße Wolken in der kalten Luft, als er die Sachen leise vor dem Zelteingang absetzte. Sie würden sie finden, sobald sie erwachten.
Neugierig blickte der Agent sich um und nahm seine Umgebung unter die Lupe. Es herrschte Halbdunkel im Raum, was nicht an der morgendlichen Dämmerung lag. Die schmalen Fenster unter der Decke waren zum Großteil vom Schnee zugeweht und ließen nur wenig Licht durch. Offensichtlich hatte der Blizzard ganze Arbeit geleistet. Es würde schwer werden, in die Stadt zu kommen, aber der Agent war nicht bereit, auf Hilfe zu warten. Sie würden es schon schaffen. Ethan war vermtulich mittlerweile über alle Berge, hoffentlich war er im Schneesturm erfroren. Im gleichen Moment erinnerte Gibbs sich an den Teddy - und an den Verdacht, der sich gestern abend in seinem vernebelten Verstand gebildet hatte. Die Kleine hatte das Stofftier auf ihrer Flucht vermutlich mitgenommen, und Hollis hatte sie hier gefunden. Vermutlich lag der Bär irgendwo hinter den Koffern, und der Agent machte sich vorsichtig auf die Suche. Er war neugierig, ob sich sein Verdacht bestätigen würde.
Tatsächlich hatte er das Biest eine gute Stunde später gefunden. Und nach einem Kuscheltier fühlte sich dieses harte Etwas nun wirklich nicht an, kein Wunder, dass die Kleine ihn nicht gemocht hatte. In der Nähe des Teddys entdeckte er mehrere geöffnete Taschen, vermutlich hatte Shania vor Kälte eine Decke oder etwas zum Anziehen gesucht. Ob sie traurig sein würde, wenn er ihr den Teddy nicht zurückgeben konnte? Sie mochte ihn nicht, aber ganz ohne Stofftier war auch Kelly lange Zeit nicht zufrieden gewesen. Mehr aus Gewohnheit nahm der Agent die verstreuten Sachen unter die Lupe. Dabei fiel sein Blick auf eine hässliche blassgrüne Sporttasche, die an der Seite aufgeplatzt war. Offensichtlich hatte sie den Sturz aus dem Gepäckschacht nicht unbeschadet überstanden. Doch aus dem Riss ragte etwas, was sie Aufmerksamkeit des Agenten auf sich zog - es war ein leicht mitgenommener Stoffhund. Jethro zögerte etwas, doch er war sicher, dass der Besitzer der Tasche ohnehin nicht so schnell zurückkehren würde. Kurzentschlosssen nahm er den Hund an sich und machte sich auf den Weg zurück zum Zelt.
Hollis und Shania schliefen noch immer, und so legte er den Hund neben das Frühstück und machte sich erneut auf den Weg. Schlafen konnte er nicht mehr, und auch wenn er sich noch immer kaum bewegen konnte, lenkte es ihn besser von seinen Schmerzen ab als alles andere. Außerdem war es zu kalt, um stehen zu bleiben. Und letztendlich musste er mittlerweile dringend pinkeln, und das wollte er nicht in diesem Raum tun. Also machte er sich auf den Weg zurück zur Herrentoilette, ohne darüber nachzudenken, dass er Ethan dort noch einmal begegnen konnte.
Dort angekommen, erstarrte er, als er die Tür öffnete. Auf dem Boden waren noch immer die Spuren des gestrigen Kampfes zu sehen, in der Ecke lagen die Tücher, mit denen Hollis ihn verartztet hatte. Auf den Fliesen entdeckte er mehere eindeutige Flecken, offensichtlich von seiner Nase. Es stank bestialisch nach Erbrochenem, auch diese Reste entdeckte der Agent neben den Waschbecken. Ihm war nicht bewusst gewesen, wie stark er tatsächlich verletzt gewesen war, nun, er hatte auch nicht mehr allzu viel mitbekommen, nachdem Hollis aufgetaucht war. Doch nun war zum Glück alles vorbei, sie würden den Kerl schon noch kriegen. Das Kind war in Sicherheit, und Ethan würde seine gerechte Strafe bekommen. Vorsichtig trat der Agent an eines der Urinale. Zwischendurch warf er sicherheitshalber einen kurzen Blick nach unten, ob sein Urin Blutbeimengungen aufwies - selbst er wusste, wie gefährlich das war. Tatsächlich schien die Flüssigkeit ungewöhnlich dunkel, teilweise auch leicht rötlich zu sein, aber Jethro war nicht sicher, ob er sich das eingebildet hatte. Außerdem schmerzte das Wasserlassen höllisch, und er versuchte, es möglichst schnell hinter sich zu bringen. Um alles andere konnte sich ein Arzt kümmern, den sie ja sowieso aufsuchen mussten. Und zwar unabhängig von seinem Urin so schnell wie möglich. Der Agent wusch sich gründlich die Hände und machte sich anschließend auf den Rückweg, so schnell es seine Verletzungen zuließen.
Re: Ein Wintermärchen
Ethan
Die Nacht war kurz und kalt. Grimmig starte Ethan an eine mit Palmentapete verzierte Wand vor sich. Ein weiter Sandstand mit azurblauem Meer gaukelte ihm Wärme und Sonne vor. Brummend schloss er die Augen und versuchte wieder einzuschlafen, aber es ging einfach nicht. Die Schmerzen in seinem Handgelenk waren stärker geworden und die Kälte steckte in seinen Gliedern.Draußen begann es langsam zu dämmern undda er ohnehin nicht schlafen konnte, beschloss er sich noch einmal auf die Suche nach dem Kind zu machen. Mit ein bisschen Glück war sie irgendwo einschlafen und erfroren. Das würde die Sache vereinfachen und er wäre ein Ärgernis los. Müde trat er in die Abfertigungshalle und blieb wie vom Donner gerührt stehen. War das nicht der Kerl, denn er am Vortag zusammen geschlagen hatte? Wieso war der noch hier? Instinktiv ging er hinter einem Getränkeautomaten in Deckung und beobachtete den Mann. Soweit Ethan sehen konnte, musste er von der Gepäckabfertigung gekommen sein. Seine Gedanken überschlugen sich und er war drauf und dran Gibbs zu folgen. Doch sein Verstand riet ihm davon ab. Statt dessen wartete er bis der Grauhaarige in den Toiletten verschwunden war und machte sich auf den Weg zur Abfertigung.
Hollis
Steif und durch gefroren wurde Hollis munter. Shanias lag fest an sie gekuschelt und sie brauchte einen Moment, um sich von der Kleinen zu befreien. Verschlafen sah die blonde Frau sich um und stellte verwundert fest, dass Gibbs schon auf war. Es war ihr ein Rätsel wie er sich in seinem Zustand überhaupt noch bewegen konnte, aber im Grunde wunderte sie bei diesem Mann mittlerweile gar nichts mehr. Mühsam zog sie sich ihre Schuhe an und krochlangsam nach draußen, wo sie Jethros kleines Frühstücktablett entdeckte. Ein Lächen huschte über ihr Gesicht. Der Marine verblüffte sie tatsächlich immer wieder und sie wünschte er wäre da. Doch bis zur Morgenbegrüßung musste sie sich noch etwas gedulden. Schmunzelnd schob die ehemalige Agentin sich im sitzen einen Snack in den Mund und wollte sich aufrichten, als sie ein Geräusch neben sich vernahm. Erschrocken blickte sie auf und sah Ethan in voller Größe vor sich stehen. Ihr habt es euch hier ja richtig gemütlich gemacht, stellte er hämisch lachend fest. Schade, wenn ich das gewusst hätte, wäre ich eher vorbei gekommen. Aber so habe ich es wenigstens zum Frühstück geschafft.
Was wollen Sie?, fragte Hollis mit fester Stimme und versuchte sich aufzurichten, wurde von Ethan jedoch unsanft zurück gestoßen.
Von euch gar nichts. Ich will nur den da, und mit ausgestreckter Hand zeigte er auf den braunen Plüschbären. Erst jetzt entdeckte Hollis die beiden Stofftiere, die am Abend noch nicht dort gesessen hatten. Demzufolge war Jethro fündig geworden, was ihr jetzt allerdings zum Verhängnis wurde. Sind Sie nicht schon ein bisschen zu alt, um mit einem Teddybären zu spielen, bemerkte sie sarkastisch und sah sich suchend nach einer brauchbaren Waffe um.
Das geht dich gar nichts an, bluffte Ethan zurück. Die Schlampe sollte keinen Ärger machen, den konnten sie beide nicht gebrauchen. Los her damit!, forderte er sie barsch auf und funkelte Hollis grimmig an.
Dann holen Sie ihn sich selber, fauchte sie zurück und rutschte beiseite. Gleichzeitig nutzte sie jedoch die Gelegenheit, trat ihn mit voller Wucht vor die Schienbeine und versuchte an ihm vorbei zu kommen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht ging der Mann in die Knie, richtete sich jedoch schnell wieder auf und versuchte sie wütend zu greifen, doch Hollis war schneller. Ehe der blonde Mann sich versah, hatte sie eine Tasche gegriffen und mit Schwung gegen ihn geschleudert. Er taumelte zurück, fing sich wieder, erwischte sie an ihrem verletzten Arm und zog sie zu sich. Betäubt von dem stechenden Schmerz, schaffte Hollis sich nicht aus seinem Griff zu befreien und erntete eine kräftige Ohrfeige. Der Schlag traf sie mit solcher Intensität, dass ihr schwindlig wurde und sie von außen gegen das Zelt flog. Sie spürte, dass ihre Nase blutete und ihre Wange brannte. Während Hollis versuchte sich wieder aufzurichten, hörte sie Shania entsetzt schreien. Das kleine Mädchen war wach geworden und hatte alles ängstlich verfolgt. Shania, veschwinde, brachte Hollis nur keuchend hervor und sah wie die Kleine Ethan in die Hand biss als er nach ihr greifen wollte. Blitzschnell huschte das Mädchen an ihm vorbei, griff die zwei Plüschtiere und rannte hinter das Zelt. Bevor Ethan sie jedoch verfolgen konnte, war Hollis wieder auf den Beinen und rannte den jungen Mann förmlich um. Ungebremst gingen sie beide zu Boden. Hollis tat alles weh und während sie versuchte wieder aufzustehen, hatte Ethan sie an den Beinen erwischt. Unkontrolliert versuchte sie sich frei zu strampeln und trat ziellos zu. Als Ethan einen Moment von ihr abließ, schaffte sie es aufzustehen und stürzte förmlich in Richtung Kofferberg.
Durch das plötzliche Blitzen von Blaulicht auf der Fensterseite der Halle abgelenkt, blieb Ethan kurz stehen. Der Sicherheitsdienst oder eine Polizeistreife schienen im Anmarsch zu sein und seine Zeit wurde knapp. Außer sich vor Wut wollte er die Frau um jeden Preis erwischen und ihr folgen, als ihn ein derber Schlag in den Magen traf. Nach Luft ringend sah er die blonde Frau mit einem Golfschläger vor sich stehen. Ihm blieb keine Zeit darüber nachzudenken wo sie diesen her hatte, da der zweite Schlag schon auf ihn niedersauste. Bevor sie jedoch zum dritten Schlag ausholen konnte, sammelte er all seine Kraft und rannte sie um. Keuchend gingen sie beide erneut zu Boden. Miststück, brüllte er sie an, holte aus und schlug zu. Dann ließ er von ihr ab, verwüstete das Zelt und rannte fluchend davon.
Hollis lag regungslos am Boden. Ihr Kopf dröhnte und alles brannte wie Feuer. Sie spürte noch immer Ethans Körper auf ihrem und seine Hand in ihrem Gesicht. Alles tat weh und sie war nicht in der Lage aufzustehen. Ihre Beine waren wie Gummi und ihre Schulter gar nicht mehr zu bewegen. Hollis war wütend. Wütend auf diesen Kerl und wütend auf sich. Sie hätte es wissen und kommen sehen müssen. Wo war nur ihr Instinkt geblieben? Wo war ihre jahrelange Erfahrung hin?
Re: Ein Wintermärchen
Gibbs
Als der Agent sich erneut dem Gepäckraum näherte, stellte er zu seinem großen Schreck fest, dass diese offen stand. Er war sicher, sie hinter sich geschlossen zu haben, damit die Kälte der Abflughalle draußen blieb. Im gleichen Moment nahm er eine Bewegung war: Ethan, der wie vom Teufel gejagt aus dem Raum stürzte. Der Agent zögerte keine Sekunde.
"Halt!!!" brüllte er. "Bundesagent! Keine Bewegung!" Gleichzeitig setzte er sich in Bewegung und rannte auf den blonden Mann zu, der sich einen Moment lang irritiert umdrehte. Als er sah, dass Gibbs keine Waffe bei sich trug, lachte er hämisch und setzte seine Flucht fort. Jethro folgte ihm, das in Sekundenschnelle freigesetzte Adrenalin ließ ihn alle Schmerzen vergessen. Als er die Tür des Gepäckraums passierte, erinnerte er sich kurz an Hollis Warnung vor dem Glatteis - doch da war es schon zu spät. In voller Fahrt aus dem Gleichgewicht gebracht, rutschte der Agent unkontrolliert über das Eis und landete unsanft auf dem Hosenboden, ehe ein Verkaufsstand seine Rutschpartie radikal beendete. Jethro schrie auf, im Versuch, das Schlimmste zu verhindern, hatte er das linke Bein unglücklich angezogen, so dass es zwischen zwei Holzpfosten verkantete und durch den Schwung des vorbeirutschenden Körpers kräftig verdreht wurde. Keuchend vor Schmerz blieb der Agent einen Moment lang auf dem Eis liegen. Ethan war nun endgültig über alle Berge, vermutlich hätte er ihn ohnehin nie eingeholt.
Jethro setzte sich auf und begann, Arme und Beine zu sortieren. Offensichtlich war alles heile geblieben - bis er versuchte, das linke Bein zu bewegen. Das Knie und vor allem der Knöchel brannten wie Feuer, und als er versuchte, sich hinzustellen, wäre er beinahe sofort wieder umgekippt. Er spürte, dass nichts gebrochen oder gerissen war (das fühlte sich anders an), doch das Bein trug sein Gewicht nicht mehr. Erst hast du kein Glück und dann kommt auch noch Pech dazu, seufzte der Agent in Gedanken. Das durfte doch wohl echt nicht wahr sein.
Dann fiel sein Blick erneut auf die offene Tür. Hollis!! Verdammt, Ethan musste sie erwischt haben, warum sonst war sie ihm nicht gefolgt?! Panik ergriff den verletzten Mann, und er schob sich so schnell er konnte auf allen Vieren, na ja, dreien in Richtung Gepäckraum. Was er dort sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Von Shania und den Kuscheltieren war nichts mehr zu sehen. Doch Hollis lag mit blutigem Gesicht neben einem Golfschläger auf dem Kofferberg und rührte sich nicht. "Holly!!" rief der Silberfuchs entsetzt und störte sich nicht daran, dass seine Stimme sich fast überschlug. Er biss die Zähne zusammen, richtete sich erneut auf und hüpfte auf einen Bein an ihre Seite. "Holly, verdammt, was ist passiert? Antworte!!!"
Re: Ein Wintermärchen
Hollis
Ganz langsam begann sich das Schwarz vor Hollis Augen zu lichten und sie hörte Jethros Stimme neben sich. Mühsam versuchte sie sein Gesicht zu erkennen, aber vor lauter Anstrengung schloss sie gleich wieder die Augen. Dann probierte sie es erneut und schaffte zumindest ihm eine Antwort auf seine Frage zu geben. Ihre Lippen fühlten sich wie aufgespritzt an und ihr Unterkiefer taub wie nach einem Zahnarztbesuch. Die Worten kam daher nur sehr undeutlich hervor. Ethan war plötzlich hier. Er wollte den Teddy und... Sie musste eine Pause machen und schloss erneut kurz die Augen. Ihre Schulter brachte sie fast um und ihr Gesicht fühlte sich an wie in heißes Wasser getaucht. Shania ist weggelaufen m-mit dem Teddy. Jethro, d-du musst sie finden, b-bevor Ethan sie..., stieß sie aufgeregt hervor und versuchte sich wieder aufzurichten, was ihr jedoch nicht gelang. Mit schmerzverzerrtem Gesicht und Tränen in den Augen fiel sie zurück auf das Gepäck.
Re: Ein Wintermärchen
Gibbs
"Shhhh... ganz ruhig." Vorsichtig ließ sich der Silberfuchs neben ihr auf dem Gepäck nieder. "Mach dir keine Sorgen, ich werde sie schon finden." Dass er keine Ahnung hatte, wie er auf einem Bein über die Kofferberge kommen sollte, verschwieg er. Es war im Moment nicht wichtig. Ethan hatte die Kleine mit Sicherheit noch nicht gefunden, sie war nicht bei ihm gewesen, als er aus dem Raum kam. Und er war in die entgegengesetzte Richtung geflohen.
Trotz allem, was passiert war, behielt Jethro die Nerven und war die Ruhe selbst. Es musste wohl eine Berufskrankheit sein, dass er immer ruhiger wurde, je verrückter und schrecklicher die Situation um ihn herum wurde. Vorsichtig strich er eine Haarstähne aus Hollis Gesicht und betrachtete kritisch ihre Verletzungen. Nun stand endgültig fest, dass er Ethan umbringen würde, sollte er ihm noch einmal begegnen. Hollis Verletzungen waren nicht schwer, doch sie bedurften einer dringenden Behandlung. Über die Lippe und das Kinn zog sich eine kräftige Platzwunde, die schleunigst genäht werden musste, wenn Hollis nicht den Rest ihres Lebens wie ein Pirat herumlaufen wollte. Außerdem wusste er aus eigener Erfahrung nur zu gut, wie sehr solche Wunden schmerzten. Vor allem, wenn man sie nicht gewohnt war.
Hollis sagte kein Wort, sie blickte ihn nur an und aus ihren Augen sprach die Sorge um Shania. "Bleib ganz ruhig," flüsterte der Agent zärtlich. "Es wird alles wieder gut. Ich mache mich auf die Suche, und dann sehen wir zu, dass wir hier rauskommen. Und dieser Mistkerl wird dich nicht noch einmal anfassen, dafür werde ich sorgen..." Er verfluchte sich noch immer selbst dafür, dass er die beiden Frauen überhaupt allein gelassen hatte, doch das war nun nicht mehr zu ändern. Mit einem ironischen Grinsen betrachtete der Agent den Golfschläger, der neben seiner Freundin auf dem Boden lag. Er weckte üble Erinnerungen in ihm, doch im Moment kam er ihm grade recht.
Jethro erhob sich, um sich auf die Suche zu machen, doch dass war mit dem lädierten Fuß gar nicht so einfach. Er konnte nicht verhindern, dass ihm ein leiser Schmerzensschrei entfuhr, als er sich auf den Weg machte. Der Golfschläger diente ihm als provisorische Krücke, war allerdings nicht besonders gut für diesen Zweck geeignet. Jethro blickte sich um. Vermutlich war Shania erneut über das Fließband gekrabbelt, in der Hoffnung, dass sie dort niemand finden würde. Doch er wusste, dass er ihr in seinem derzeitigen Zustand nicht mehr in den engen Gang folgen konnte. Trotzdem kämpfte sich der Agent zu der kleinen Luke durch. Sein Gefühl sagte ihm, dass die Kleine nicht weit fort war. Sie mochte Hollis und hatte Angst gehabt, doch sie war nicht weit fortgelaufen. Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis er endlich am Schacht angekommen war. Zitternd vor Erschöpfung klammerte er sich an das Blech. "Shania?" rief er leise. "Shania, bist du da drin? Es ist alles gut, du kannst rauskommen. Ethan ist nicht hier. Es ist alles in Ordnung! Shania? Hörst du mich?"
Er horchte weiter in die Dunkelheit des Schachts und glaubte, ein leises Atmen zu hören. Lange würde er hier nicht mehr stehen und warten können, und er wollte lieber gar nicht daran denken, dass er gleich wieder zurück über die Koffer klettern musste. Als er sich gerade wieder auf den Weg machen wollte, erklang endlich eine vorsichtige, ganz leise Stimme. "Ich bin hier..." Tatsächlich schob sich wenige Sekunden später ein dunkler Haarschopf aus der Luke. Sie hatte sich nicht eher gerührt, als bis sie sicher war, dass der Mann nicht Ethan war, sondern der stöhnende grauhaarige Mann. "Ist er wirklich weg?" fragte sie noch einmal vorsichtig. "Ja, das ist er," bekräftigte Jethro. "Magst du wieder zu uns kommen?" Das ließ sich die Kleine nicht zweimal sagen, geschickt kletterte sie aus dem Schacht und brachte die beiden Stofftiere mit. "Jemand hat Pedro gefunden!" verkündete sie freudestrahlend. Der Agent lächelte und vermerkte gleichzeitig in seinem Hinterkopf, dass die kaputte Tasche offensichtlich Ethan gehörte. "Super! Dann komm. Hollis ist verletzt, wir müssen sie zu einem Arzt bringen." Einen Moment lang wünschte er, er hätte das nicht gesagt. Ihre Augen wurden groß vor Angst, doch er hatte keine andere Wahl - besser, er erklärte ihr den Ernst der Lage, als dass sie über die Koffer kletterte und Hollis mit blutigem Gesicht fand. "Mach dir keine Sorgen," fügte er sanft hinzu. "Wir bringen sie zu einem Arzt, und dann wird alles wieder gut. Es ist nicht schlimm." Shania sah ihn ernst an und begann, in Windeseile über die Koffer zu klettern. Jethro seufzte, ein ähnliches Tempo hätte er auch gern angeschlagen. Doch auf einem Bein und mit einem Golfschläger als Krücke, sowie nach wie vor schmerzenden Nieren (und anderen Körperteilen, wie er stirnrunzelnd feststellen musste) würde er für den Rückweg wohl ein klein wenig länger brauchen.
Und danach konnte von ihm aus die Hölle losbrechen, er würde Hollis und sich selbst zu einem Arzt schaffen - und sonst nichts. Seine Kraft war endgültig am Ende.
Re: Ein Wintermärchen
Hollis
Hollis hatte sich in der Zwischenzeit etwas erholt. Es war schon ein paar Jahre her, dass sie sich so mies wie in diesem Augenblick fühlte. Es war noch vor ihrer Zeit bei der CID und während eines Army Einsatzes in Somalia. Damals war es jedoch weitaus wärmer und sie nach einem Hinterhalt schwerer verletzt als heute. Ein paar unschöne Narben erinnerten sie immer noch daran. Also biss sie die Zähne zusammen und versuchte sich aufzurichten, als sie plötzlich Shania auf sich zu klettern sah. Das kleine Mädchen schlang sogleich die Arme um sie und sah sie mit großen Kulleraugen an. Hat er dir tolle weh getan? Meine Mommy sah auch mal so aus wie und sie sagte dann, das geht alles wieder vorbei.
Die blonde Frau atmte erleichtert auf brachte ein umständliches Grinsen zustande. Ja, ein wenig, aber deine Mommy hat recht, es geht wieder vorbei. Dann schob sie sich weiter nach oben und zeigte auf ihren Rucksack. Kannst du mir bitte meine Tasche holen? Nickend sprang Shania sofort auf, warf den ungeliebten Teddy hin und drückte ihr Pedro in den Arm. Der passt so lange auf dich auf. Während die Kleine kurz verschwand, sah Hollis sich suchend nach Jethro um. Für ihn musste wohl auch jede Bewegung eine Qual sein und sie hoffte inständig, dass sie bald zu einem Arzt konnten, denn sie machte sich noch immer mehr Sorgen um ihn als um sich. Als Shania mit dem Rucksack wieder auftauchte, rieb Hollis sich notdürftig das Blut mit dem Wasser aus ihrer Trinkflasche aus dem Gesicht und wünschte das Jethro bald wieder auftauchte.
Re: Ein Wintermärchen
Gibbs
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, auf den riesigen Kofferberg zu klettern, und er musste die Zähne kräftig aufeinander beißen. Seine Kraft war zu Ende, er wusste, dass er beim Besten willen nicht wieder herunterklettern konnte. Sein Bein trug ihn einfach nicht mehr, es wäre Wahnsinn gewesen, es auch nur zu versuchen. Einen Moment lang blieb er auf dem Bauch liegen, wo er war, und sah sich um. Shania hatte den Rückweg zum Glück problemlos geschafft und sich um Hollis gekümmert, die immer noch nicht besonders gut aussah. Er machte sich Sorgen um sie und war nicht bereit, länger zu warten. Kurzentschlossen packte er einen großen Koffer, schob sich bäuchlings darauf und stieß sich ab. Der Kofferberg war allerdings wesentlich unsanfter als jede Skipiste, so dass der Agent und sein "Gefährt" bereits auf halber Strecke getrennte Wege gingen. Glücklicherweise bestand der folgende Teil überwiegend aus Reisetaschen, die den Sturz des Silberfuchses dämpften. Trotzdem stürzte er in Sekundenschnelle von einer Kante zur nächsten, stieß mit Kopf, Armen und Beinen gegen Ecken und Kanten und konnte nicht verhindern, dass er vor Schmerz regelrecht um sein Leben schrie. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis er unten angekommen war und einen Moment lang reglos liegen blieb. Er spürte etwas heißes über sein Gesicht laufen, und in seinem Mund machte sich erneut ein vertrauter, aber dennoch unwillkommener Metallgeschmack breit. Sein Körper schien nun vollständig in Flammen zu stehen. Langsam hob der Agent den Kopf und blickte zu Hollis herüber. Ein breites Lachen schob sich wie von selbst auf sein schmerzverzerrtes Gesicht. "Verdammt, ich glaube, es wird wirklich Zeit, dass wir hier rauskommen!" grinste er.
Re: Ein Wintermärchen
Hollis
Lautes Poltern und Gibbs´ Schrei schreckte Hollis auf. Was war geschehen? Eschrocken blickte sie sich um und entdeckte den Agenten hinter sich. Shania stand neben ihr und sie schaffte es ebenfalls ein leichtes Grinsen zustande zu bringen. Ja, das wird es, erwiderte sie erleichtert das er wieder da war. Über das Wie dachte sie allerdings lieber nicht weiter nach, denn er sah furchtbar aus. Mit einem Ruck erhob sie sich vorsichtig und reichte Gibbs die Hand. Du hast mir vielleicht einen Schreck eingejagt. Wenn das so weitergeht befürchte ich, dass wie das neue Jahr nicht mehr erleben, versuchte sie zu witzeln, meinte es aber verdammt ernst. In zwei Tagen war Silvester und im Augenblick war ihr alles andere als nach feiern zumute. Wo hast du eigentlich Pedro gefunden?, schwenkte sie auf ein anderes Thema um und sah aus den Augenwinkeln wie Shania ihren Lieblingshund fest an sich drückte.
Während die beiden mit sich beschäftigt waren, betraten zwei Polizisten den verlassenen Flughafen und begannen sich umzusehen. Vorsichtig arbeiten sie sich durch die vereiste Empfangshalle und erreichten kurz Zeit später die Abfertigungshalle. Hallo, ist hier jemand?