Gruppe Enigma - Texthaufen

Inspirationshilfe

Re: Inspirationshilfe

Susi war sechszehn und es war ihre erste Reise ohne die Eltern. Es sollte mit der Jugendgruppe nach Korsika gehen. Auf der Fähre sprach sie ein junger Matrose an. Er war Franzose. Sie verstand ihn nicht. Er trug einen blauen Overall, wie alle aus der Mannschaft, dazu braune schulterlange Locken und schwarze Augen. Er zog Susi mit sich in die Gänge der Angestellten, zeigte ihr die Brücke, ließ sie eine Minute lang das Schiff steuern, brachte sie in die Kombüse, machte anzügliche Witze mit dem Koch. Sie verstand die beiden nicht. Er zog sie tiefer in das Innere des Schiffes, zeigte ihr den Maschinenraum. Wann immer ihnen andere Matrosen begegneten, wurde wissend gelacht. Er zog sie noch tiefer in den Bauch der Fähre. Es dröhnte und brummte. Hier trafen sie auch keine Menschen mehr, sie waren tief unter der Wasseroberfläche. Nach tausend Gängen und Treppen, Abzweigungen und Türen, kamen sie zu seiner Schlafkabine. Er schloss hinter sich die Tür.
Hier unten im seltsam künstlichen Licht war er schön. Er streichelte ihre Wange und sagte vielleicht das einzige Wort, das er auf deutsch kannte:
Liebhaberin.
Susi war sechzehn. Sie wollte gerne eine Liebhaberin sein. Aber als er seinen Overall öffnete, ihn am Reißverschluss ganz bis nach unten öffnete und darunter absolut nackt war, entströmte ihm ein billiger Geruch von abscheulichstem Männerperfum. Der Geruch war so geschmacklos, unpassend und aufdringlich, dass Susi hemmungslos zu kichern anfing. Sie lachte und lachte und lachte, riß die schwere Kabinentür wieder auf und rannte wie ein flinkes Kind durch all die Gänge und Abzweigungen, fort von diesem Ort, an dem sie doch zu früh gelandet war. Ein Stück weit lief er ihr hinterher und rief ihr etwas zu. Sie verstand ihn nicht.
Und ich erzähle euch, Susi fand ohne Umwege zurück zu ihrer Gruppe, aber wie ich aus dem Labyrinth herausgefunden habe, weiß ich bis heute nicht.


Schattenküsse

Re: Inspirationshilfe

Wer bist Du denn?

Im zweiten Teil kippt der nüchterne Stil und Du benutzt viel mehr Adjektive. Ist das beabsichtig? Ich wäre eher bei weniger geblieben. Gute Geschichte!
Matrose und Franzose passt gut.

Re: Inspirationshilfe

DerStilbruch ist mir vorher nicht aufgefallen. Aber du hast Recht, die Sätze werden länger.

Re: Inspirationshilfe

Schattenküsser

Bittersüße Schattenküsse
Wie ich sie am Tag vermisse
In Umarmung, nachts, mein Stern
Ist das Licht für mich so fern.

Zuckersüße Dunkelliebe
Du mein Küsser liebst die Triebe
Lass uns sterben, hier zu zwei’n
Uns verzehr’n im Dämmerschein.

Zarte, bittre Leidenschaft
Gib mir Lust, du gibst mir Kraft
Ich will tasten dich statt seh’n
Blind mit dir in Ecken steh’n.

Bebend, lebend Zittern, ach
Hält des Nachts mich bittend wach
Für dein Küssen, du mein Held
Flög ich bis zum Himmelszelt.

Bittersüßer Schattenküsser
Was uns treibt, wird ungewisser
Ich press mich an Häuserwände:
Jetzt kommt Licht, ist es zu Ende?


Münzfernsprecher

Re: Inspirationshilfe

"... und als ich dann die Frau fragte, ob ich mal ihr Handy benutzen könne, sagt die doch glatt, sie hätte so was nicht. Hätte sie auch nie gebraucht.
Was ist DAS denn?, dachte ich. Nie gebraucht? Immerhin hätte sie doch JETZT eins brauchen können, wo ich danach gefragt habe.
Aber egal. Ich habe sie gefragt, wie sie sich das denn nun vorstelle. Immerhin wollte SIE doch, dass ich meinen Vater anrufe, damit der bestätigt, dass ich nicht von zuhause abgehauen bin und er mich dann dort abholt.
Von zuhause abhauen, ey! Als ob ich noch vierzehn wäre! Echt, ne! Hab' ja nicht nach Alk gefragt, das hätt' ich noch verstanden, dass die mir kein Beck's geben darf ...
Jedenfalls drückt sie mir ein paar Cent in die Hand und sagt, ich könne ja von einem Münzfernsprecher aus anrufen.
Ich frag noch: "Münzfernsprecher? Was soll'n DAS sein?" Da kuckt die mich so komisch an, als ob ich vom Lande kommen würde, und meint, verarschen könne sie sich selbst.
Ey, Münzfernsprecher. SO kleine Handys gibt's doch gar nicht, dass die jetzt schon in eine Münze passen! Die spinnt doch, die Alte.
Dann wollte die mir doch glatt weißmachen, dass es Telefone gibt, in die man Münzen REINSTECKEN kann, um zu telefonieren. Die war total durch, ey!

Aber dann habe ich überlegt, dass das vielleicht gar nicht so schlecht wäre, wenn man ins Handy gleich so Münzen reinstecken kann und nicht gleich immer 'ne ganze Prepaid-Karte kaufen muss. Weil: die Münzen gibt's ja in ganz Europa. Na gut, EC-Automaten auch, aber dann muss man ja immer diese unhandliche EC-Karte mitschleppen. Und da kommt ja auch nicht immer was raus. Oder der Automat ist mal wieder zerdeppert. Wär ja normal.
Also, so'n Münzfernsprecher, das wär mal 'ne Innovation. Gerade wenn die Kohle mal knapp ist. Einfach 'n Euro reinstecken – schon kannste 'ne SMS verschicken.
Einziger Nachteil wahrscheinlich: Es müsste irgendwo einen Automaten geben, wo man den Münzfernsprecher dann entladen kann, wenn er voll ist. Na ja, dann nimmt man vielleicht so lange eins von den alten, die man aufladen muss ...



Frauen neigen zum Gegenteil.


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Hier stand früher: "Frauen neigen zum Gegenteil." Aber jetzt nicht mehr.

Re: Inspirationshilfe

Ach ja: Hornbrille



Frauen neigen zum Gegenteil.


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Re: Inspirationshilfe

Gooetz, das ist witzig!

Re: Inspirationshilfe





Frauen neigen zum Gegenteil.


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Re: Inspirationshilfe

^Jou, definitiv witzig!

Re: Inspirationshilfe

Eine Brille mit zierlichem Gestell lag still, lag immer sanfstmütig neben ihrer angetrauten Brille auf dem Beisstelltischchen in der Stube. Vertraut und aneinander gewöhnt lagen die beiden Brillen auf der Tageszeitung, meist auf der Rätselbeilage. Über die Jahre kam ein goldenes Pillendöschen und ein besonders edler Kugelschreiber dazu.
Sonst änderte sich nichts.
Aber eines Tages lag die zierliche Brille auf einem fremden Nachtschränkchen in dem unpersönlichen Zimmer eines Hotels. Neben ihr lag eine Sonnenbrille, eine mit feschem Sportbügel. Einmal lag sie dort und nocheinmal und nocheinmal. Gerade, als sie die jugendliche Sonnenbrille lieben lernte, hörten die Hotelbesuche auf.
Von nun an lag sie wieder auf dem Beistelltischchen in der Stube auf der Rätselbeilage der Tageszeitung mit ihrer angetrauten, nunmehr gehörnten Brille. Man könnte sagen, es war nun eine Hornbrille.





Spagettiträger