Re: Another year has gone by
Um ehrlich zu sein, ich langweile mich da zu Tode. Die Kanzlei ist so klein, daß die wirklich interessanten Fälle nur an die renommierten Anwälte gehen. Die Neuankömmlinge machen den Schriftkram. Oh Gott du Arme. Was für eine Verschwendung deines Talentes. John hörte die Traurigkeit in ihrer Stimme, griff zu ihr rüber und streichelte ihr sanft über den Arm. Komm her. Er zog Laurie in seinen Arm und drückte sie fest an sich. Seine Hand über ihren Kopf streichend, wie er es immer getan hatte und Laurie schmiegte sich mit der gleichen instinktiven Geste an ihn, wie sie es immer in solchen Situationen getan hatte.
Das Gluckern der Kaffeemaschine verkündete das der Kaffee fast fertig war. Laurie löste sich von ihm und machte sich daran eine Tasse und den Zucker aus dem Schrank zu holen.
Hast du mal überlegt, den Job wieder zu wechseln? Er lehnte sich wieder an den Schrank und beobachtete wie sie ihm den Kaffee einschenkte und zwei Stück Zucker hinzufügte.
Ich habe Sylvia erzählen hören, daß sie bei sich noch eine stellvertretene Bezirksstaatsanwältin suchen. Wäre das nicht eher was für dich? Laurie hielt John seinen Kaffe hin und nahm dann ihren eigenen Filter aus der Teetasse. Maxime hat auch schon so etwas erzählt. Meinst du ich wäre dafür geeignet? Sie gingen zum Eßtisch und setzten sich. John antworte nicht sofort, sondern strich mit der Hand über das seidige Material der Weihnachtsdecke. Sie ist schön. Neu? Laurie nickte und nippte an ihrem Tee, verzog aber gleich darauf das Gesicht. Sie hatte den Zucker vergessen.
Ja, antwortete sie auf ihrem Weg zur Zuckerdose. Ich habe sie am Samstag in einem akuten Shoppinganfall gekauft, bevor ich dir über den Weg gelaufen bin. Sie kam mit der Zuckerdose wieder zurück zum Tisch und strich ebenfalls über die Decke. Sie hat mich ein Vermögen gekostet. Eigentlich eine Verschwendung, dafür das man sie nur so kurze Zeit benutzen kann. Aber, John lächelte sie aufmunternd an, eine Verschwendung die sich gelohnt hat.
Sie tranken beide aus ihren Tassen. Ich glaube schon, daß der Job was für dich wäre, nahm John den Faden von ihrem vorherigen Gespräch wieder auf. Ich meine, wenn du keine Probleme damit hättest, mit mir zusammen zu arbeiten. Laurie schaute John über ihre Tasse hinweg an. Nein, hätte ich nicht. Wenn mir deine Freundin nicht über den Weg läuft, setzte sie hinzu. Sie lächelte ihn entschuldigend an. Tut mir leid. Ich habe nichts gegen sie, es ist nur... Laurie schwieg, denn sie wußte nicht wie sie den Satz zu Ende bringen sollte, ohne das sie zuviel sagte. Eine alte Gewohnheit von ihr.
...so verletzend?, brachte John leise den Satz zu einem Ende. Laurie seufzte und lies ihre Schultern ein Stück hängen. Ja. Ein verlegendes Lächeln umspielte ihre Lippen. Es ist einfach merkwürdig dich mit einer anderen Frau zu sehen. Nicht das ich es dir nicht gönne!, stieß sie noch schnell hervor, bevor er auf falsche Gedanken kam.
Aber John kam nicht auf falsche Gedanken, sondern griff über den Tisch nach ihrer Hand. Schon gut, ich weiß was du meinst.
Für einen Augenblick gab er sich der Hoffnung hin, daß es vielleicht doch wieder was mit ihnen werden könnte. Wenn es ihr etwas ausmachte ihn mit Mika zu sehen, dann war er ihr bei weitem nicht so egal, wie er immer gedacht hatte. Er senkte den Blick auf ihre Hand und seine Finger die sie streichelten, dann stutze er für den Bruchteil einer Sekunde. Sie hatte ihren Ring abgelegt. Er schaute zu Laurie hoch und sah, daß sie seinem Blick gefolgt war. Traurigkeit hatte sich über ihre Züge gelegt und ließen die ersten Fältchen um ihren Augen und ihren Mundwinkeln stärker hervortreten.
John strich ihr noch einmal kurz über den Handrücken und zog dann seine Hand langsam zurück. Die letzte Hoffnung war gestorben.
Er räusperte sich. Ich denke es wird Zeit meine Sachen mitzunehmen. Tapfere Worte aus einem Herz das sich gar nicht so tapfer anfühlte.
Laurie nickte. Ich habe das meiste in den Keller gebracht, habe aber noch ein paar Dinge von dir hier oben gefunden. Warte ich hole sie. Sie stand auf und verließ die Küche.
John stand gleichfalls auf und folgte ihr fast bis zur Küchentür. Neben dem Küchenbuffet blieb er stehen und schaute ihr nachdenklich nach. Sie wirkte so anders auf ihn, als es sonst immer der Fall gewesen war. So... introvertiert, auf eine Stille Weise, die ihm nicht behagte.
Sein Blick fiel auf die Wände im Flur. Ihre gemeinsame Bildergalerie gab es nicht mehr.
John lies den Kopf sinken und betrachtete angestrengt den Fußboden zu seinen Füßen. Er wollte wieder zurück zum Eßtisch und dort auf sie warten. Wollte keinen Schritt weiter in die Wohnung, in der er nicht mehr zu Hause war. In der Drehung zurück zum Tisch, blitze es in seinem Augenwinkel golden auf. John blieb stehen und schloß seine Augen. Er bewegte sich nicht einen Zentimeter nach rechts oder links, stand einfach nur da, mit den geschlossenen Augen und lauschte auf Lauries Schritte, welche aus dem vorderen Teil der Wohnung zu ihm hinüber schalten.
Ein leises Stöhnen entglitt seinen Lippen, als er die Augen wieder öffnete und dann genau den einen Schritt tat, der ihm zu dem Schrank fehlte. Wieder sah er etwas Goldenes aufblitzen, aber bevor er den Inhalt genauer erfassen konnte, schloß er seine Augen ein weiteres Mal. Er wollte nicht sehen, was dort lag, auch wenn ganz genau wußte was es war.
Schließlich öffnete er die Augen und starrte auf den Inhalt der Schale, dann schaute er auf den Ring an seinem Finger. Das war er also, der Augenblick. Er spürte wie sich seine Kehle zusammenzog und der Druck auf seiner Brust, den er schon längst vergessen hatte, auf einmal wieder da war. Seine Hand tastete zu seiner Krawatte und lockerte sie. Er schaute wieder auf den Ring an seiner Hand und dann auf den ihren in der Schale. Mit zittrigen Fingern striff er sich seinen eigenen von der Hand und legte ihn zu den ihrigen. Zusammenfügend was zusammen gehörte.
Als Laurie mit einer großen Tasche wieder zurück in die Küche kam, saß John wieder am Tisch. So hier ist der Rest. Sie stellte die Tasche am Tresen ab. Der Rest ist wie gesagt im Keller. Ich hoffe es macht dir nichts aus, wenn ich dich nicht hinunter begleite. Ich habe mir ein bißchen Arbeit mit nach Hause gebracht, die ich bis morgen unbedingt erledigt haben will. John stand auf und griff nach der Tasche zu ihren Füßen. Formulare in zehnfacher Ausfertigung?, versuchte er sich mit einem Scherz. Laurie lachte. Um ehrlich zu sein ist es nur eine fünffache. Du weißt doch, wir Frauen neigen gerne zu Übertreibungen um zu verdeutlichen, wie viel es uns bedeutet. John lächelte ein verunglücktes Lächeln. Denk noch mal über die Stelle bei der Bezirksanwaltschaft nach. Sylvia könnte bestimmt ein gutes Wort für dich einlegen.
Sie gingen zur Tür. Nein, danke. Wenn ich mich bewerbe, dann will ich es schaffen, weil meine Referenzen für mich sprechen und nicht weil jemand mir dabei unter die Arme gegriffen hat. An der Tür drehte sie sich zu ihm um. Du kennst mich doch.
John lächelte. Ja, ich denke schon.
Einen Augenblick blieben beide bei geöffneter Tür unschlüssig stehen. Dann stellte John die Tasche zu seinen Füßen ab und nahm Laurie in den Arm. Fröhliche Weihnachten, Laurie. Seine Stimme klang belegt. Er trat einen Schritt zurück, hielt aber ihre Hände noch immer in den seinen. Tränen schimmerten in ihren Augen, genauso wie in den seinen. Dir auch Fröhliche Weihnachten, flüsterte sie.
Laurie stand bei ausgeschaltetem Licht hinter den Gardinen in ihrem Wohnzimmer und beobachtete John wie er seine Kartons im Auto verstaute. Sie hätte es nicht übers Herz gebracht ihm dabei zu helfen, deswegen hatte sie Arbeit vorgeschoben, wo es keine gab.
Sie ließ die aufgesetzte Maske der Fröhlichkeit, die schon bei der Verabschiedung brüchig geworden war, endgültig fallen. Dieses würde kein fröhliches Weihnachten werden.