Die Taverne zum weissen Turm - Stammtisch

Die Reise nach Gorvit ...

Re: Die Reise nach Gorvit ...

"Hey!" Rufe ich in gespielter Empörung. "Dir Bauernlümmel gehören Manieren beigebracht"
Ich gebe meinem Pferd die Sporen und presche hinter Wieland her. Mal folgen wir dem Weg zur Ordensburg, mal geht es quer Feld ein und wir springen über Hecken und Gräben. Es ist knapp, aber Wieland erreicht die Zugbrücke zur Ordensburg als erster.
Ich schlage ihm auf die Schulter. "Meinen Glückwunsch Bruder. Heute geht die erste Runde auf mich." Lachend lenken wir unsere Pferde durch den dunklen Torbogen und mich beschleicht das Gefühl, dass es vermutlich für lange Zeit der letzte unbeschwerte Moment für uns war. Zum Glück konnten wir die Packfperde bei der Hafenmeisterei in Chisothiar unterstellen, denn sonst wäre dieser kleine Spaß für uns unmöglich gewesen.
Wir übergeben unsere Pferde den herbeieilenden Kirchendienern und erfrischen uns kurz an einer Tränke. Auf dem halben Weg in die Räume des Großmeisters kommt uns dessen Stellvertreten mit finsterer Mine entgegen. "Ihr beide glaubt wohl, dass die Pferde unseres Ordens nur zu eurem Vergnügen da sind? Darüber reden wir noch, aber jetzt folgt mir erst einmal!"
"Ja Bruder Gerhardt." Antworten wir im Chor und schauen wie getadelte Buben zu Boden. Doch hinter Gerhardts Rücken können sich weder Wieland noch ich das Grinsen verkneifen. Erst als uns auffällt, dass Bruder Gerhardt nicht den Weg in die Arbeitsräume des Großmeisters einschlägt schauen wir uns fragend an.


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"Er trägt eine weiße Rüstung, ich vertraue ihm."

Re: Die Reise nach Gorvit ...

Von Askon fahre ich mit einem Flussschiff bis zu dem kleinen beschaulichen Küstenort Simiar. Für ein paar Kupfermünzen heuere ich mir einen Träger an, der meine Ausrüstung auf den Küstensegler bringen soll. Doch es stellt sich als schwerer heraus als ich erst dachte. Der letzte Segler ist am Vortag gefahren. Ein Hafenarbeiter berichtet mir, dass der nächste wahrscheinlich erst in vier Tagen fährt. Damit ist mein Wunsch eine schnelle und bequeme Passage nach Chisothiar zu haben geplatzt. Die Reisekutsche hätte elf Tage gebraucht, um über Helgod und Mesindus nach Chisothiar zu fahren. Die Fahrt mit dem Flusskahn nach Simiar dauert nur einen Tag und der Küstensegler sollte nach fünf Tagen sein Ziel erreichen. Damit wäre ich fast eine Woche eher am Ziel und hätte in der großen Hafenstadt noch ein paar angenehme Tage verbringen können. Das kann ich mir nun abschminken.

So werde ich wohl auch erst nach zehn oder elf Tagen in Chisothiar ankommen. Um meine Passage nach dem Festland der Mittellande hin rechtzeitig zu erreichen, habe ich nach meiner Ankunft kaum mehr als zwei Tage Zeit. Das war es dann mit den angenehmen Tagen nach der Reise. In Chisothiar soll ich auf Ulrich und Wieland stoßen. Ich bin gespannt was den beiden widerfahren ist, während ich die Legion in Sturmfels unterstützt habe. Bestimmt treffen sie mit dem Schiff aus den Mittellanden ein, mit dem wir wenige Tage später wieder zurück fahren. Die beiden sind ja auch ständig unterwegs. Ob die wohl eine Familie hier haben, die auf sie wartet? So wie ich ...

Vier Tage in Simiar sind geprägt von erholsamen Strandspaziergängen und mäßig ruhigen Abenden am Kaminfeuer des einzigen Gasthauses hier. Da in Simiar keine fremden Schiffe anlegen dürfen sind Reisende hier selten. Die örtliche Bevölkerung nutzt das Gasthaus als Treffpunkt nach erfülltem Tagwerk. Lauter hingegen sind die Flussschiffer, die hier auch zur Übernachtung einkehren. Als Magier der Kirche steche ich hier heraus. Aber der Respekt vor der heiligen gorodianischen Kirche beschert mir etwas Ruhe. So kann ich bis zum Tag meiner Abreise doch noch ein paar angenehme Tage verbringen. Auch wenn ich die meiste Zeit für mich allein bin, und lieber bei meiner Familie wäre, ist die herzliche und freundliche Art der einfachen Gläubigen hier doch Balsam für meine von heimweh geplagte Seele. In der kleinen Kapelle danke ich unserem strengen und gütigen Schützer mit der roten Gabe des Gläubigen.

Im roten Schein der untergehenden Sonne legt der Küstensegler im Hafen von Chisothiar an. Wieder schmälere ich meine Reisekasse, um ein paar Träger anzuheuern. Mit einer Kutsche lasse ich mich zur Ordensburg bringen. An den Toren werden wir angehalten. Die angeheuerten Knechte dürfen ab hier nicht weiter. Ordensknechte übernehmen meine Habe und der Wachmann am Tor mustert mein Gepäck und mich voller Argwohn:
"Ein gelehrter Magus aus dem Kloster in Askon seid ihr also? Dann habt ihr sicher eine Legitimation?"
Wortlos reiche ich ihm die Dokumentenrolle. Nachdem er die Schriften geprüft hat reicht er sie zurück. Sein Verhalten ist wie verwandelt als er den Weg frei gibt:
"Willkommen in der Ordensburg der Brüder Chirons, gelehrter Herr Richard."
Die schwarzen Mauern aus sturmfelser Basalt wirken düster und bedrohlich. Der Mörtel in den schmalen Fugen schimmert rötlich. Ein Anblick, der viele Angreifer an anderen Festungen schon zur Umkehr bewegt hat. Ich habe nie erfahren was es mit diesem Schimmern auf sich hat. Und vielleicht sollte ich als einfacher Gläubiger das auch nicht zu genau fragen. Die Kirche bewahrt ihre Mysterien sehr gut.

Ein Poltern reißt mich aus den Gedanken. Hinter mir fällt meine Reisetruhe hart auf den Boden, als einer der fremden Knechte sie von der Kutsche zerrt. Das Scheppern meiner Ausrüstung hallt wie Peitschenhiebe in meinen Ohren. Sofort eile ich herbei und fluche lauthals auf den Tölpel ein. Der Wachhabende schaut einen Moment lang zu und erlöst den armen Kerl aus seiner Situation, in dem er ihn kurzerhand verhaften lässt. Als ich die Kiste öffne und den Schaden sehe bin ich erleichtert. Meine Messinstrumente sind noch ganz. Es hat sich schlimmer angehört als es tatsächlich war. Aber mein Gefluche war sicher bis zur Kanzlei des Großmeisters zu hören.

Ich halte mir die Hand vor Augen und Stirn. Ein leises Stöhnen entweicht meinen Lippen. Mein erster Besuch hier in der Ordensburg von Chisothiar wird von solch einem Auftritt geprägt. Ich hätte zu Hause in den Sümpfen von Askon bleiben und Torfstecher werden sollen wie meine Eltern...


<hr>


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Re: Die Reise nach Gorvit ...

Wieland und ich sitzen in meiner Zelle und trinken den Wein mit dem ich meine "Rennschulden" bezahlt habe. Eigentlich hätte Bruder Richard schon bei unserer Ankunft da sein sollen, aber irgendetwas hat seine Reise wohl verzögert. Also haben wir die Packtiere aus Chisothiar geholt und den Tag genutzt um unsere Ausrüstung zu pflegen.
Ein lautes Poltern, gefolgt von einer Fluchtirade, die einen Bierkutscher erröten lassen würde, reißt uns aus unseren Gedanken an glorreiche Kämpfe und gefallene Brüder.
"Ich glaube das muss er sein." Sage ich nachdem ich ans Fenster zum Innenhof getreten bin. "Aber keine Ahnung ob es der Richard aus Sturmfels ist." Leider ist es zu dunkel, um das Gesicht des Mannes zu erkennen. Aber sein Gepäck und die Kutsche in der er reist sagen, dass es zumindest unser Gelehrter ist. "Wollen wir ihn gleich begrüßen? Gerhard bringt ihn bestimmt direkt zum Großmeister, und dann erfahren wir hoffentlich auch den Rest unseres Auftrags." Bisher wissen wir nur, dass wir einen Kirchengelehrten namens Richard mit einem besonderen Auftrag in die Mittellande begleiten sollen.


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Re: Die Reise nach Gorvit ...

Müde reibe ich mir die Stirn. Dieser Wein von Bruder Ulrich steigt mir immer sofort in den Schädel. Wie er das nur immer so gut wegsteckt? Vermutlich Übung...

Ich erhebe mich und begebe mich ebenfalls zum Fenster und schaue in den Innenhof, wo ein gehetzt aussehender Mann zwischen offensichtlich schweren Kisten umherspringt und auf die Träger einredet.

" Vielleicht sollten wir schon einmal mehr Packtiere anfordern? Ich habe keine Lust mich mit diesem Plunder zu belasten.

Der Mann im Innenhof hat seinen hier in Chisothiar ziemlich unnützen Sonnenhut abgenommen und reibt sich, offensichtlich mit den Nerven am Ende, seine Stirn.

" Komm Ulrich, wir sollten dem armen Kerl zu Hilfe eilen bevor er noch in irgendeinen Fettnapf tritt und von unserem überaus wohlmeinenden Bruder Karsov mit einem dezenten Tritt in den Hintern begrüsst wird. Du weisst ja wie er es mit Gelehrten und Nicht-Brüdern hält.



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Re: Die Reise nach Gorvit ...

"Hehe, du hast Recht. Obwohl unserem lieben Karsov die kleine Lektion in Demut, die Gerhard ihm danach sicher verpasst, ganz gut tun würde. Seit er vom Ordensmeister in den Inneren Zirkel berufen wurde trägt er seine Nase etwas zu hoch, für meinen Geschmack." Und mit einem Augenzwinkern sage ich. "Aber so ists auch gut, dann können wir uns gleich dran gewöhnen auf ihn aufzupassen."
Als ich das Licht löschen will fällt mir Wielands noch halb voller Becher auf. Dabei war es doch erst sein zweiter ...
Ich stürze den Becher hinunter und folge Wieland auf den Gang. "Sag mal, wenn dir der Wein meiner Mutter nicht schmeckt, dann sags ruhig! Ich kann sie auch um einen anderen bitten." Und nach einer kurzen Pause füge ich hinzu. "Am besten um einen roten aus Bretonien. Den trinkt sie zwar selbst am liebsten, aber mir wird sie schon was abgeben. Bretonischer Wein ist nicht so leicht und fruchtig wie der den wir gerade getrunken haben. Der kam aus Scharfenberg und da bekommt er gerade so noch ausreichend Sonne. Aber in Bretonien mein Freund, da bekommen die Reben mehr als genug Sonne. Und das macht den Wein kräftig und schwer. DER wird dir schmecken, glaubs mir!"


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Re: Die Reise nach Gorvit ...

" Ach weißt du, ich habs heute nicht so mit Wein. Vielleicht bekommt mir eins der Biere aus Bruder Filus Herstellung besser.
Für den Moment wird das Ulrich wohl zufrieden stellen, aber spätestens in 1-2 Tagen wird er mir wieder Wein anbieten. Aber ein Bruder Chirons stellt sich jeder Herausforderung, auch wenn der Kampf schwer ist...

Wir gehen mit erfahrenen Schritten die steile Treppe aus den Unterküften hinab zum Burghof. Dort steht unser Gast mittlerweile alleine und schaut sich um. Offenbar haben die Dienstleute sein Gepäck schneller weggescchafft als erwartet und den armen Kerl allein zurückgelassen.

Möglichst unbedrohlich gehen Ulrich und ich auf den Gelehrten zu.

" Gorod zum Gruße Bürger. Das ist Bruder Ulrich und ich heiße Bruder Wieland. Ihr wurdet uns angekündigt. Sagt, was führt Euch nach Chisothiar und in die Arme des Ordens? Unser Großmeister war bisher recht vage in seinen Ausführungen.



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Re: Die Reise nach Gorvit ...

"Ich glaube das ist der aus Sturmfels." Raune ich Wieland zu.


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Re: Die Reise nach Gorvit ...

Etwas verdrossen stehe ich in der Nähe des Torbogens.
Schon wieder klappt vorne und hinten nichts. Ich will über den Sommer bei meiner Familie sein. Die Marschen sind wunderbar in dieser Jahreszeit. Und nun? Nun stehe ich in der Ordensburg von Chisothiar und habe sicher schon meinen Ruf weg...

Meine Ausrüstung ist bereits weggebracht worden und ich bin etwas unschlüssig wohin ich nun gehen soll. Gerade als ich mich nach einer geeigneten Richtung umsehe - das Burgtor und der Weg nach Hause sagt mir derzeit am meisten zu .... - kommen zwei Gestalten auf mich zu. Das sind bestimmt Ulrich und Wieland. Freundlich grüße ich die beiden.

"Gorod mit Euch. Ich bin Richard. Reliquienknecht der heiligen gorodianischen Kirche. Ihr seid sicher Bruder Ulrich und Bruder Wieland?"






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Re: Die Reise nach Gorvit ...

"Dann sei uns willkommen Bruder Richard."

Ich ziehe meinen Dolch, um nach tirdanischer Sitte meinen Respekt zu zeigen.

"Am besten wir bringen dich direkt zum Großmeister. Er erwartet dich schon seit ein paar Tagen, musst du wissen. Folge uns!"

Als ich mich umdrehe werfe ich Wieland einen vielsagenden Blick zu. Ein Reliquienknecht also. Kein Wunder, dass alle hier so ein riesiges Geheimnis daraus machen. Einen dieser kauzigen Magister zu begleiten bedeutet eine große Ehre für Wieland und mich, denn die Bergung von Artefakten und Reliquien ist wichtig und kann sehr ruhmreich sein. Aber es bedeutet auch, dass nicht wir beide es sind, welche unbedingt nach Tirda zurückkehren müssen. Mal sehen auf welchen blutgetränkten Flecken Erde wir diesmal geschickt werden, denn unsere Begleitung kann nur bedeuten, dass an dem Ort gekämpft wird.
Ich streife die trüben Gedanken ab. Die Heilige Mutter Kirche braucht mich, mein Orden braucht mich und meine beiden Mitbrüder brauchen mich. Nichts anderes zählt ab diesem Augenblick. Ich werde meinem Orden Ehre machen und, was auch immer es ist, heim nach Tirda bringen. Koste es was es wolle.
Ohne es zu merken strecke ich meinen Rücken durch und beschleunige meinen Schritt. Ein grimmiges Lächeln ist auf meinem Gesicht erschienen.

"Sag mal Richard, trinkst du gern Wein?"


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Re: Die Reise nach Gorvit ...

Still mustere ich unseren neuen Begleiter. Reliquienknechte sind meist hochbegabte aber etwas wunderliche Zeitgenossen und dieser hier scheint keine Ausnahme zu sein. Bruder Ulrich scheint sich die selben Gedanken zu machen, aber wie immer ist das nur ein kurzer Schatten der über sein Gesicht zieht.
Ulrich setzt sich in Bewegung und führt Richard in Richtung des Audienzzimmers unseres Großmeisters. Und wie immer schafft Ulrich es das Eis zu brechen indem er über den großartigen Wein seiner Heimat fachsimpelt.
Nach einigen Metern richte ich das Wort an Richard.
Sagt Richard, habt ihr schon viele Reliquien bergen können? Habt ihr Erfahrung mit den Gefahren außerhalb Tirdas?



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